Inhalt

VGH München, Beschluss v. 21.07.2025 – 23 CS 25.1046
Titel:

Verwaltungsgerichte, Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung, Veräußerung des Tieres, Antragstellers, Beschwerdeverfahren, Antragsgegner, Behördenakten, Fortnahme, Vorläufiger Rechtsschutz, Hundehaltung, Fristsetzung, Rückgabe, Anordnung des Sofortvollzugs, Tierschutzrechtliche Anordnung, Abänderung, Prozeßbevollmächtigter, Tierhaltungsverbot, anderweitige Unterbringung, gegenüber Mitarbeitern, öffentlich-rechtliche Verwahrung

Schlagworte:
Tierschutzrecht, Tierfortnahme, Verhältnismäßigkeit, Eigentumseingriff, Einsichtsfähigkeit, Rückgabevoraussetzungen, Sofortvollzug
Vorinstanz:
VG München, Beschluss vom 20.05.2025 – M 23 S 25.1605
Fundstelle:
BeckRS 2025, 17482

Tenor

I. In Abänderung der Ziffern I. und II. des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 20. Mai 2025 (Az.: M 23 S 25.1605) wird der Antrag auf vorläufigen Rechtschutz vom 14. März 2025 insgesamt abgelehnt.
II. In Abänderung der Ziffer IV. des erstinstanzlichen Beschlusses trägt die Antragstellerin die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1
Mit der Beschwerde wendet sich der Antragsgegner gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 20. Mai 2025, soweit dort dem Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen die Anordnung de dauerhaften Fortnahme und Veräußerung ihrer Hündin „B. “ unter Auflagen stattgegeben wurde.
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Aufgrund einer Meldung an das Veterinäramt M. wurde die Hundehaltung de Antragstellerin am 4. Februar 2025 kontrolliert. Die bei ihr vorgefundene sechs Monate alte Magyar Viszla-Hündin „B. “, die die Antragstellerin nach eigenen Angaben drei Monate zuvor aus Ungarn mitgebracht hatte, war laut Feststellungen der Amtstierärztin in einem sehr schlechten Ernährungszustand und völlig kachektisch (BCS 1 von 9; etwa die Hälfte des Gewichts im Vergleich zum Rassestandard). Das Tier wies zudem ein reduziertes Allgemeinbefinden und einen sehr schlechten Pflegezustand auf (Ohrmilben). Nach Angaben der Amtstierärztin habe sie gegenüber der Antragstellerin mündlich angeordnet, umgehend einen Tierarzt aufzusuchen, da der Hund andernfalls an einer weiter bestehenden Mangelversorgung eingehen könnte, zumal es gerade bei Welpen schnell zu einer gefährlichen Unterversorgung kommen könne. Diese habe sich jedoch geweigert und eine tierärztliche Untersuchung als nicht notwendig erachtet. Sie habe erklärt, die Hündin wie ihr vom ungarischen Züchter angeraten zu füttern. „B. “ solle nicht so viel fressen, sie sei weder zu dünn noch krank.
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Daraufhin ordnete die Amtstierärztin vor Ort mündlich die Fortnahme und anderweitige pflegliche Unterbringung der Hündin an. „B. “ wurde in ein Tierheim verbracht und dort tierärztlich untersucht. Laut den im Anschluss daran erhobenen Befunden habe die Hündin an einem quantitativen und qualitativen Nährstoffmangel gelitten, bei moderater Fütterung habe sie bereits nach sechs Tagen fast 4 kg zugenommen; andere Erkrankungen als mögliche Ursache der Abmagerung seien nicht festgestellt worden.
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Nach Anhörung der Antragstellerin bestätigte das Landratsamt M. mit Bescheid vom 17. Februar 2025 die am 4. Februar 2025 erfolgte dauerhafte Fortnahme der Viszla- Hündin „B. “ sowie deren anderweitige pflegliche Unterbringung auf Kosten de Antragstellerin (Ziffer 1) und verfügte darüber hinaus, dass die Befugnis zu Eigentumsübertragung an dem Tier auf das Landratsamt übergeht und die Antragstellerin die Veräußerung der Hündin zu dulden hat (Ziffer 2). Zudem ordnete es die sofortige Vollziehung der Ziffern 1 und 2 an (Ziffer 3) und erlegte de Antragstellerin die Kosten des Verfahrens auf (Ziffer 4). Die Anordnungen würden auf § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 TierSchG gestützt. Nach dem amtstierärztlichen Gutachten sei die Hündin „B. “ mangels Erfüllung der Anforderungen des § 2 TierSchG nach Art und Dauer erheblich vernachlässigt worden. Ihr sei im Wachstum über Monate nicht die bedarfsgerechte Menge an Futter verabreicht worden, sodass sie sich in einem Zustand fortgeschrittener Abmagerung befunden habe und nicht altersgemäß entwickelt gewesen sei. Zudem sei bei der Hündin eine beidseitige Otitis festgestellt worden, die tierärztlicher Versorgung bedurft hätte. Den Tierhalterverpflichtungen einer angemessenen Ernährung und Pflege sei hier eklatant zuwidergehandelt worden. Mildere Mittel als die angeordneten Maßnahmen seien nicht in Betracht gekommen. Die Einräumung einer Frist zur Herstellung tierschutzgerechte Bedingungen sei nicht zweckdienlich gewesen, da aufgrund der festgestellten Verstöße eine Rückgabe des Hundes an die Antragstellerin nicht in Betracht komme. Bis zuletzt habe seitens der Antragstellerin keinerlei Einsicht in die begangenen Verstöße bestanden, sodass keine Gesichtspunkte dafürsprächen, dass sie sich zukünftig tierschutzgerecht verhalten werde. Daher sei auch beabsichtigt, ein Tierhalte- und Betreuungsverbot für Hunde gegen sie auszusprechen. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Ziffern 1 und 2 sei im öffentlichen Interesse geboten; aufgrund der Bedeutung des § 2 TierSchG müsse das private Interesse de Antragstellerin zunächst zurückstehen.
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Am 14. März 2025 ließ die Antragstellerin durch ihre Bevollmächtigte beim Verwaltungsgericht die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer am selben Tag gegen die am 4. Februar 2025 erfolgte dauerhafte Fortnahme der Viszla- Hündin „B. “ und gegen den Bescheid vom 17. Februar 2025 erhobenen Klage sowie die Rückgabe der Hündin und der mitfortgenommenen Papiere (Reise- und Impfpass der Hündin) an sie nach § 80 Abs. 5 VwGO beantragten und dazu ausführen: Die Anordnungen verletzten sie in ihrem Eigentumsgrundrecht und seien offensichtlich unverhältnismäßig. Sie sei willens und in der Lage, den Hund künftig ordnungsgemäß zu ernähren, zu pflegen und zu halten. Sie habe sich nunmehr einsichtig gezeigt und bereits eine konkrete Tierarztpraxis für die tierärztliche Versorgung kontaktiert, von de sie sich künftig betreuen und auch bei der Fütterung beraten lassen wolle. Sie habe sich auch für einen Hundeführerschein angemeldet, um sich fortzubilden. Das Landratsamt könne die Rückgabe der Hündin von Auflagen wie Tierarztbesuchen abhängig machen; auch unangekündigte Kontrollbesuche wären möglich und stellten das mildere Mittel zur Erreichung des Tierschutzes dar.
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Mit Beschluss vom 20. Mai 2025 stellte das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Ziffern 1 bis 4 des Bescheids des Antragsgegners vom 17. Februar 2025 bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache unter der Auflage wieder her, dass die Antragstellerin die Hündin, beginnend ab Juni [2025], monatlich von einem Tierarzt untersuchen zu lassen und den entsprechenden tierärztlichen Befundbericht (erstmalig Ende Juni [2025]) dem Landratsamt unaufgefordert vorzulegen hat (I.), und ordnete die Rückgabe der Hündin sowie der fortgenommenen Papiere (Reisepass und Impfpass) an die Antragstellerin an (II.); im Übrigen lehnte es den Antrag ab (III.). Die Kosten des Verfahrens wurden gegeneinander aufgehoben (IV.). Die Erfolgsaussichten der Klage seien nach summarischer Prüfung im Hauptsacheverfahren derzeit als offen zu erachten. Im Rahmen der demnach erforderlichen Abwägung der Interessen des Tierschutzes (Art. 20a GG) und der Interessen der Antragstellerin sei für maßgeblich zu halten, dass eine sofort vollziehbare endgültige Fortnahme mit Veräußerungsanordnung als einschneidende und irreversible Maßnahme einen nicht unerheblichen endgültigen Eingriff in die Tierhaltung der Antragstellerin bedeute, andererseits jedoch elementare Pflichten eines Tierhalters wie die lebenswichtige Fütterung eines Tieres inmitten stünden, deren Verletzung bereits zu erheblichen Leiden des Tieres geführt habe. Mithin könne zur Verhütung nicht hinnehmbarer tierschutzwidrige Zustände die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage im vorliegenden Einzelfall nur unter der im Tenor genannten Auflage erfolgen. Es sei davon auszugehen, dass die Gesundheit des Hundes inzwischen soweit wiederhergestellt sei, dass die Antragstellerin hierauf aufbauen könne und sie nur für die Gesunderhaltung, aber nicht für die Gesundheitswiederherstellung sorgen müsse. Weiter sei anzunehmen, dass die Antragstellerin auch unter dem Eindruck des Verfahrens ihre aktenkundige uneinsichtige Haltung aufgegeben habe und in Zukunft die Versorgung der Hündin sicherstellen werde, mithin durch ihr Verhalten das Hauptargument des Veterinäramts entkräfte. Die Auflage stelle insoweit eine notwendige, regelmäßige fachliche externe Kontrolle sicher; bei ihrer Einhaltung erscheine die Tierhaltung auch unter tierschutzrechtlichen Aspekten bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache hinnehmbar, zumal der Antragstellerin eine entsprechende Nachweispflicht auferlegt worden sei. Auch bleibe es der zuständigen Tierschutzbehörde unbenommen, unangemeldete tierschutzrechtliche Vor-Ort-Kontrollen durchzuführen.
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Gegen diese Entscheidung hat der Antragsgegner am 3. Juni 2025 Beschwerde eingelegt, mit der er beantragt,
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den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 20. Mai 2025 (Az.: M 23 S 25.1605) abzuändern und den Antrag abzulehnen.
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Zur Begründung macht er unter dem 17. Juni 2025 geltend, entgegen der – lediglich in einem Satz festgestellten – Auffassung des Verwaltungsgerichts seien die Erfolgsaussichten in der Hauptsache nicht offen, vielmehr werde die Klage voraussichtlich keinen Erfolg haben. Aufgrund der gutachterlichen Äußerung des Veterinäramts vom 10. Februar 2025 sowie der ergänzenden Stellungnahme vom 5. Juni 2025 stehe fest, dass die Antragstellerin grobe Verstöße gegen tierschutzrechtliche Vorschriften begangen habe, die zu erheblichem Leiden und bei Fortbestehen binnen kurzer Zeit zum Tode des Hundes geführt hätten. Die dauerhafte Fortnahme sowie die Veräußerungsanordnung mit entsprechender Duldungsverpflichtung seien trotz des damit verbundenen Verlusts des Eigentums an der Hündin angesichts der Bedeutung des Staatsziels Tierschutz (Art. 20a GG) auf der Rechtsgrundlage des § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 TierSchG hinzunehmen und angemessen. Es habe hier auch keiner – aus Verhältnismäßigkeitsgründen grundsätzlich verlangten – Fristsetzung bedurft, da die Herstellung tierschutzgerechter Zustände durch die Antragstellerin als aussichtslos zu erachten gewesen sei. Bei der Kontrolle am 4. Februar 2025 habe sich die Antragstellerin geweigert, entsprechend der Anordnung des Veterinäramts umgehend einen Tierarzt aufzusuchen; der von der Amtsveterinärin festgestellte akut lebensbedrohliche Zustand der Hündin sei von der Antragstellerin schlicht nicht zur Kenntnis genommen und pauschal abgelehnt worden. Ferner habe die Antragstellerin anschließend bei allen weiteren Telefongesprächen mit verschiedenen Mitarbeitern des Landratsamts und des Tierheims immer wieder angegeben, dem Hund sei es bei ihr gut gegangen, er sei nicht zu dünn gewesen, sie habe bei der Fütterung nichts falsch gemacht und ein Tierarztbesuch sei nicht nötig gewesen. Im Verlauf des Verwaltungsverfahrens sei daher immer mehr offenkundig geworden, dass die tierschutzwidrigen Zustände nicht auf eine möglicherweise kurzfristige und vorübergehende Überforderung, sondern auf eine auch vom Verwaltungsgericht ausdrücklich festgestellte „aktenkundige uneinsichtige Haltung“ der Antragstellerin zurückzuführen und nicht durch Ermahnungen und Belehrungen zu überwinden gewesen seien; das fehlende Problembewusstsein der Antragstellerin schließe eine nachhaltige und verlässliche Verbesserung der Haltungsbedingungen aus. Zwischenzeitlich sei gegenüber der Antragstellerin auch ein sofort vollziehbares Hundehaltungs- und Betreuungsverbot erlassen worden, was die Rückgabe der Hündin an sie ebenfalls ausschließe. Selbst wenn man mit dem Verwaltungsgericht von offenen Erfolgsaussichten ausgehe, sei die von ihm vorgenommene Interessenabwägung fehlerhaft und nicht vertretbar. Das Gericht habe offenbar die akute lebensbedrohliche Situation, in die der Hund bei der Antragstellerin geraten sei und angesichts ihrer fehlenden Einsichtsfähigkeit bei einer – auch nur vorläufigen – Rückgabe erneut geraten könnte, nicht berücksichtigt. Fehlerhaft sei das Gericht auch davon ausgegangen, dass die Antragstellerin unter dem Eindruck des Verfahrens ihre aktenkundige uneinsichtige Haltung aufgegeben und in Zukunft die Versorgung der Hündin sicherstellen werde. Es sei schon nicht ersichtlich, woran das Gericht diese Schlussfolgerung festmache; außerdem sei nach ständiger obergerichtlicher Rechtsprechung ein unter dem Druck behördlicher Kontrollen an den Tag gelegtes Wohlverhalten grundsätzlich nicht geeignet, eine grundlegende und nachhaltige Änderung in den Haltungsbedingungen zu belegen. Schließlich sei die tenorierte Auflage einer monatlichen Überwachung nicht geeignet, tierschutzwidrige Zustände zu verhindern, da eine unzulängliche Ernährung über einen solchen Zeitraum erneut zu erheblichen Leiden führen würde. Die Schaffung irreversibler Tatsachen hätte auch dadurch verhindert werden können, dass das Gericht etwa die Aussetzung des Sofortvollzugs auf die Veräußerung beschränkt hätte. Abgesehen davon sei der irreversible Zustand vom Gesetzgeber in § 16a TierSchG ausdrücklich vorgesehen und begegne auch im gerichtlichen Eilverfahren keinen Bedenken.
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Die Bevollmächtigte der Antragstellerin ist der Beschwerde mit Schriftsatz vom 4. Juli 2025 entgegengetreten. Die von der Antragstellerin im Laufe des Verfahrens getätigten Äußerungen seien lediglich aus reiner Panik und Überforderung in den konkreten Situationen entstanden. Sie habe gedacht, dass sie nur mit solchen Äußerungen ihre Hündin zurückerhalten werde. Sie werde natürlich in Zukunft alles dafür tun werde, dass es dem Tier gut gehe. Sie bedauere sehr, dass es „B. “ schlecht gegangen sei. Natürlich sei es nie ihre Absicht gewesen, ihr Schmerzen oder Leiden zuzufügen. Von einem einmaligen Fehlverhalten auf künftiges Fehlverhalten zu schließen sei nicht sachgerecht. Auch die 16-jährige Tochter der Antragstellerin kümmere sich um den Hund und leide sehr unter der Fortnahme und der aktuellen Situation. Gegen das vom Antragsgegner sofort vollziehbar erlassene Tierhaltungs- und Betreuungsverbot für Hunde habe die Antragstellerin am 4. Juli 2025 Klage erhoben und gleichzeitig die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage beantragt.
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Die Antragstellerin hat sich bereit erklärt, bis zum rechtskräftigen Abschluss des Beschwerdeverfahrens auf die Rückgabe der Hündin „B. “ zu verzichten; der Antragsgegner hat zugesichert, solange keine vollendeten Tatsachen durch Veräußerung des Tieres zu schaffen und die Tierheimkosten zu tragen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

II.
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Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Die vom Antragsgegner fristgerecht vorgebrachten Einwendungen, auf deren Prüfung der Senat im Beschwerdeverfahren gemäß § 146 Abs. 4 Satz 1 und 6 VwGO beschränkt ist, führen unter Abänderung des erstinstanzlichen Beschlusses zur Ablehnung des Antrags der Antragstellerin auf vorläufigen Rechtsschutz insgesamt.
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1. Aufgrund der durch den Senat im Rahmen der Beschwerdeentscheidung selbst vorzunehmenden Interessenabwägung überwiegt das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der verfügten tierschutzrechtlichen Maßnahmen gegenüber dem Interesse der Antragstellerin an deren Aufschub.
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Mit der Beschwerde geht der Senat davon aus, dass die in der Hauptsache erhobene Klage voraussichtlich ohne Erfolg bleiben wird, weil sich die streitgegenständlichen Anordnungen nach summarischer Prüfung als offensichtlich rechtmäßig erweisen (1.1) und auch im Übrigen die Anordnung des Sofortvollzugs dringlich und trotz des damit verbundenen Eingriffs in Rechte der Antragstellerin gerechtfertigt ist (1.2).
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1.1 Nach § 16a Abs. 1 Satz 1 TierSchG trifft die zuständige Behörde die zur Beseitigung festgestellter Verstöße und zur Verhütung künftiger Verstöße gegen tierschutzrechtliche Bestimmungen notwendigen Anordnungen und kann nach § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 TierSchG insbesondere ein Tier, das nach dem Gutachten des beamteten Tierarztes mangels Erfüllung der Anforderungen des § 2 TierSchG erheblich vernachlässigt ist oder schwerwiegende Verhaltensstörungen aufzeigt, dem Halter fortnehmen und so lange auf dessen Kosten anderweitig pfleglich unterbringen, bis eine tierschutzgerechte Haltung durch den Halter sichergestellt ist (Halbs. 1); ist eine anderweitige Unterbringung des Tieres nicht möglich oder ist nach Fristsetzung durch die zuständige Behörde eine den Anforderungen des § 2 TierSchG entsprechende Haltung durch den Halter nicht sicherzustellen, kann die Behörde das Tier veräußern (Halbs. 2). Diesbezüglich verpflichtet § 2 Nr. 1 TierSchG den Halter, das Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen zu ernähren, zu pflegen und verhaltensgerecht unterzubringen. Diese Grundpflicht wird für die Haltung von Hunden in § 8 Abs. 1 Satz 2 TierSchHuV derart konkretisiert, dass Hunde mit artgemäßem Futter in ausreichender Menge und Qualität zu versorgen sind.
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Hinsichtlich der Einschätzung, ob die Anforderungen des § 2 TierSchG erfüllt sind, insbesondere auch, ob im Rahmen des § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Halbs. 1 TierSchG eine erhebliche Vernachlässigung vorliegt, kommt den beamteten Tierärzten mit Blick auf die ihnen gesetzlich zugeschriebene Rolle als unabhängigen Sachverständigen (vgl. § 15 Abs. 2 TierSchG) eine vorrangige Beurteilungskompetenz zu (stRspr, vgl. z.B. BayVGH, B.v. 30.8.2023 – 23 C 23.1045 – juris Rn. 7 m.w.N.). Ein amtstierärztliches Gutachten ist deshalb grundsätzlich ausreichend und maßgeblich dafür, einen Verstoß gegen die Grundpflichten artgerechter Tierhaltung nachzuweisen (vgl. BVerwG, B.v. 2.4.2014 – 3 B 62.13 – juris Rn. 10); schlichtes Bestreiten, pauschale (Gegen-)Behauptungen oder bloße (eidesstattliche) Versicherungen des Tierhalters können die Aussagekraft der amtstierärztlichen Beurteilung daher regelmäßig nicht entkräften (BayVGH, B.v. 30.8.2023 u. B.v. 25.9.2020 jeweils a.a.O.).
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Dies zugrunde gelegt, bestehen an der Rechtmäßigkeit der Anordnung der (dauerhaften) Fortnahme, anderweitigen pfleglichen Unterbringung und durch die Antragstellerin zu duldende Veräußerung der Hündin „B. “ keine Bedenken.
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a) Eine die Fortnahme und anderweitige Unterbringung erforderlich machende erhebliche Vernachlässigung i.S.v. § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Halbs. 1 TierSchG lag – unstreitig – vor. Nach den maßgeblichen Feststellungen der Amtsveterinäre im Bericht vom 4. Februar 2025 (Behördenakten S. 10), in der ausführlichen gutachterlichen Stellungnahme vom 10. Februar 2025 (Behördenakten S. 19 ff.) sowie in der vom Antragsgegner im Beschwerdeverfahren vorgelegten zweiten ergänzenden fachlichen Stellungnahme vom 5. Juni 2025 geht der Senat davon aus, dass die Antragstellerin die Hündin „B. “ entgegen § 2 Nr. 1 TierSchG und § 8 Abs. 1 Satz 2 TierSchHuV nicht ausreichend mit Futter versorgt hat, das Tier deshalb über einen Zeitraum von mehreren Monaten Hunger leiden musste und sich dadurch im Zeitpunkt der Fortnahme in einem Zustand lebensbedrohlicher Abmagerung befand, d.h. am Verhungern war. Dieser fachkundigen Einschätzung ist die Antragstellerin nicht ansatzweise substantiiert entgegengetreten; vielmehr hat sie nach Aktenlage darauf beharrt, dass sie ihre Hündin entsprechend den Empfehlungen des ungarischen Züchters gefüttert habe und das Tier nicht so viel fressen solle; es sei „normal“ und weder zu dünn noch krank (vgl. u.a. Behördenakten S. 10, 19 ff., 31, 33).
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b) Die wegen der festgestellten erheblichen Vernachlässigung verfügten Maßnahmen sind auch unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten gerechtfertigt; dies gilt insbesondere auch im Hinblick darauf, dass die angeordnete Fortnahme seitens der Behörde von Vornherein „auf Dauer“ angelegt war.
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aa) Es liegt auf der Hand, dass die vor Ort getroffene Entscheidung der Fortnahme und anderweitigen pfleglichen Unterbringung der Hündin „B. “ zur Beseitigung der bei der Kontrolle festgestellten tierschutzwidrigen Umstände erforderlich und angemessen war; angesichts der akuten Kachexie, die ein sofortiges Handeln gebot, und der dokumentierten Weigerung der Antragstellerin, umgehend einen Tierarzt aufzusuchen (vgl. u.a. Behördenakten S. 20), wäre ein Belassen der Hündin bei der Antragstellerin unter Auflagen nicht gleichermaßen geeignet und wirksam gewesen. Dies räumt auch die Beschwerdeerwiderung (Schriftsatz v. 4.7.2025 S. 4) ein.
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bb) Nach der gesetzlichen Konzeption des § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 TierSchG ist die anderweitige Unterbringung des Tieres grundsätzlich vorläufig (vgl. § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Halbs. 1 TierSchG: „so lange“) und geschieht in der begründeten Erwartung einer Rückkehr zum Halter (vgl. Metzger in Lorz/Metzger, TierSchG, 7. Aufl. 2019, § 16a Rn. 23). Die der Fortnahme nachfolgende Unterbringung bildet dabei den Rechtsgrund für die (weitere) öffentlich-rechtliche Verwahrung des jeweiligen Tieres, solange eine den Anforderungen des § 2 TierSchG entsprechende Haltung nicht gewährleistet ist (vgl. OVG SH, B.v. 5.6.2019 – 4 MB 42/19 – juris Rn. 13).
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Eine Rückgabe fortgenommener und anderweitig pfleglich untergebrachter Tiere an den Halter kann (und muss) aber erst dann erfolgen, wenn dieser die Sicherstellung einer – in jeder Hinsicht – mangelfreien (d.h. in allen Punkten den Anforderungen des § 2 TierSchG entsprechenden) Tierhaltung nachgewiesen hat (stRspr, vgl. BayVGH, B.v. 30.8.2023 – 23 C 23.1045 – juris Rn. 14; OVG NW, B.v. 23.8.2024 – 20 B 503/24 – juris Rn. 14). Hierzu ist ihm grundsätzlich eine angemessene Frist einzuräumen; dies ergibt sich – als gesetzliche Ausprägung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (vgl. Metzger in Lorz/Metzger, TierSchG, 7. Aufl. 2019, § 16a Rn. 23) – aus § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Halbs. 2 2. Alt. TierSchG, wonach die zuständige Behörde das Tier (erst) dann veräußern kann, wenn nach Fristsetzung eine den Anforderungen des § 2 TierSchG entsprechende Haltung durch den Halter nicht sicherzustellen ist. Eine Fristsetzung kann allerdings ausnahmsweise dann entbehrlich sein, wenn (von Vornherein) feststeht, dass eine Rückgabe des Tieres auf absehbare Zeit nicht in Betracht kommt. Dies ist nach ständiger Rechtsprechung dann der Fall, wenn gegen den Halter schon vorher ein Tierhaltungsverbot nach § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Halbs. 1 TierSchG oder nach § 20 TierSchG ergangen ist oder auch gleichzeitig mit der Fortnahmeanordnung oder im zeitlichen Zusammenhang mit ihr ein solches Verbot verhängt und für sofort vollziehbar erklärt wird (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 31.1.2017 – 9 C 16.2023 – juris Rn. 17; B.v. 27.4.2004 – 25 CS 04.2360 – juris Rn. 3; VGH BW, B.v. 17.3.2005 – 1 S 381/05 – juris Rn. 14; Hirt/Maisack/Moritz/Felde, TierSchG, 4. Aufl. 2023, § 16a Rn. 33 m.w.N.). Gleiches gilt, wenn es unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalles – insbesondere der Fehlverhaltensweise des Halters oder seiner mangelnden Sachkunde oder Zuverlässigkeit – ausgeschlossen erscheint, dass der Halter die nötigen Haltungsbedingungen zeitnah wird sicherstellen können (vgl. BayVGH, B.v. 31.1.2017 a.a.O.; Hirt/Maisack/Moritz/Felde a.a.O.).
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Dies zu Grunde gelegt ist mit der Beschwerde davon auszugehen, dass die von der Antragstellerin im Rahmen der Kontrolle vor Ort und auch anschließend im Laufe des Verfahrens getätigten Äußerungen eine solche Uneinsichtigkeit hinsichtlich der von ihr begangenen tierschutzrechtlichen Verstöße zu Tage treten ließen, die die Annahme rechtfertigten, dass eine grundlegende Änderung ihrer Einstellung und damit eine nachhaltige und verlässliche Einhaltung der Anforderungen des § 2 Nr. 1 TierSchG auf absehbare Zeit nicht zu erwarten war. Der Antragsgegner hat unter Bezugnahme auf diverse Aktenvermerke und Protokolle (Beschwerdebegründung S. 7) zu Recht darauf verwiesen, dass die Antragstellerin gegenüber Mitarbeitern des Veterinäramts und des Tierheims wiederholt behauptet habe, der Hund sei „gesund und normal“, er sei „nicht zu dünn“, ein Tierarztbesuch sei „nicht nötig gewesen“, sie habe „bei der Fütterung nichts falsch gemacht“, ihm sei es „bei ihr gut gegangen“. Davon ausgehend teilt der Senat die Einschätzung des Antragsgegners, dass mangels entsprechenden Problembewusstseins ein Verständnis der Antragstellerin für tierschutzgerechte Hundehaltung im Allgemeinen und der eines Magyar Viszla im Besonderen nicht vorlag und absehbar nicht hergestellt werden konnte, eine bloße Fristsetzung zur Herstellung tierschutzgerechter Haltungsbedingungen dem mit § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 TierSchG verfolgten präventiven Schutzzweck nicht gerecht geworden wäre und eine Rückgabe des Hundes deshalb von Vornherein nicht in Betracht kam, weil die Herstellung tierschutzgerechter Haltungsbedingungen durch die Antragstellerin als aussichtslos erachtet werden musste (a.a.O. S. 8).
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cc) Das Vorbringen der Antragstellerin kann diese Einschätzung nicht entkräften, sodass die Voraussetzungen für eine Rückgabe der Hündin (weiterhin) nicht vorliegen.
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Mit der Beschwerdeerwiderung vom 4. Juli 2025, in der die Antragstellerin betonen lässt, sie bedauere, dass es ihrer Hündin damals leider aufgrund falscher Fütterung sehr schlecht gegangen sei, es sei natürlich nie ihre Absicht gewesen, ihr Schmerzen oder Leiden zuzufügen, ihre 16-järige Tochter leide ebenfalls sehr unter der Fortnahme und der aktuellen Situation, sie würden sich künftig um „B. “ kümmern und alles Erforderliche tun, damit die Hundehaltung den tierschutzrechtlichen Anforderungen entspreche, wird nicht substantiiert und glaubhaft dargelegt, dass die Antragstellerin zukünftig eine mangelfreie, d.h. in allen Punkten den Anforderungen des § 2 TierSchG entsprechende Tierhaltung sicherstellen kann, sodass eine Rückgabe an die Antragstellerin auch (weiterhin) nicht in Betracht kommt.
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Der Senat sieht diese Beteuerungen der Antragstellerin, die im diametralen Gegensatz zu ihren bisherigen Bekundungen stehen, vielmehr als bloße „Lippenbekenntnisse“ an, um „B. “ zurückzubekommen, die aber nicht von wirklicher Einsicht zeugen. So erscheint es nicht glaubhaft, wenn die Antragstellerin vortragen lässt, es sei natürlich nie ihre Absicht gewesen, dem Hund Schmerzen oder Leiden zuzufügen, nachdem sie zunächst wiederholt erklärt hat, er solle nicht so viel fressen, er sei nicht zu dünn, er solle so aussehen (!) etc., obwohl das Tier bereits im Februar 2025 extrem abgemagert war, was nur den Schluss zulässt, dass sie es gewollt abmagern hat lassen. Auch stellt die Antragstellerin ersichtlich nach wie vor nicht das Tierwohl in den Vordergrund, wenn sie beklagt, dass sie und ihre Tochter sehr unter der Wegnahme von „B. “ und der aktuellen Situation litten, ohne die Ursache hierfür zu Recht bei sich zu suchen.
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Soweit die Prozessbevollmächtigte geltend macht, die Antragstellerin habe zwar Fehler bei der Hundehaltung begangen, es sei aber nicht sachgerecht, von einem einmaligen Fehlverhalten auch weiterhin auf künftiges Fehlverhalten zu schließen, ist dem entgegenzuhalten, dass sich ohne gegenteilige Anhaltspunkte eine negative Prognose weiterer tierschutzrechtlicher Verstöße regelmäßig anhand der Zahl und/oder der Schwere bisheriger Verstöße begründen lässt; dabei kann ein einmaliges Fehlverhalten ausreichen, wenn es sich – wie hier – um grobe Verstöße handelt, die zu erheblichen Leiden geführt haben (vgl. BayVGH, 8.5.2019 – 23 ZB 18.756 – juris Rn. 7; Hirt/Maisack/Moritz/Felde, 4. Aufl. 2023, TierSchG § 16a Rn. 48).
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Soweit die Prozessbevollmächtigte weiter vorträgt, zwar habe die Antragstellerin sehr „unglückliche“ Äußerungen (u.a. „dem Hund sei es gut gegangen“) getätigt, diese seien allerdings aus Gründen der „Überforderung und Panik“ und in der Annahme der Antragstellerin entstanden, nur so könne sie die Wegnahme des Hundes verhindern bzw. diesen zurückbekommen, sie änderten aber nichts daran, dass die Antragstellerin eingesehen habe, dass es ihrem Hund damals leider aufgrund falscher Fütterung sehr schlecht gegangen sei, und dass sie in Zukunft alles Erforderliche tun werde, damit die Hundehaltung den tierschutzrechtlichen Anforderungen entspreche, ergibt sich auch hieraus keine andere Beurteilung. Vielmehr steht die beharrliche Uneinsichtigkeit, mit der die Antragstellerin gegenüber Mitarbeitern des Veterinäramts bzw. des Tierheims bis zuletzt jegliches Fehlverhalten von sich gewiesen hat, im ersichtlichen Widerspruch zu den nunmehrigen Bekundungen, bei denen es sich in den Augen des Senats um bloße unglaubhafte Schutzbehauptungen handelt, die aber keine Einsicht belegen.
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Auch die erklärte Bereitschaft der Antragstellerin, sich weitere Sachkunde anzueignen, insbesondere einen „Hundeführerschein“ zu absolvieren sowie künftig einen Tierarzt aufzusuchen, belegt nicht die Sicherstellung einer in jeder Hinsicht mangelfreien Tierhaltung. Zum einen hat die Antragstellerin das ihr von ihrer Bevollmächtigten empfohlene Seminar noch nicht vollständig abgeschlossen (Behördenakten S. 186); abgesehen davon beinhaltet es primär die Themen Sozialverhalten, Körpersprache, Erziehung und Ausbildung eines Hundes, nicht aber tierschutzrechtliche Belange (Behördenakten S. 163). Soweit darauf verwiesen wird, dass die Antragstellerin unmittelbar nach dem Beschluss des Verwaltungsgerichts für den 10. Juni 2025 einen Tierarzttermin ausgemacht habe, kam sie damit (lediglich) der tenorierten Auflage nach. Im Übrigen ist ein unter dem Druck eines laufenden Verfahrens beabsichtigtes oder an den Tag gelegtes Wohlverhalten ohne erkennbaren Reifeprozess i.d.R. nicht geeignet, eine grundlegende und nachhaltige Änderung der Haltungsbedingungen zu belegen (vgl. BayVGH, B.v. 11.8.2022 – 23 CS 22.1285 – juris Rn. 23).
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dd) Abgesehen davon steht einer Rückgabe der Hündin derzeit auch das gegenüber der Antragstellerin mit Bescheid vom 11. Juni 2025 angeordnete und für sofort vollziehbar erklärte Haltungs- und Betreuungsverbot für Hunde entgegen.
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c) Aufgrund der Entbehrlichkeit der Fristsetzung liegen auch die Voraussetzungen für eine Veräußerung der Hündin „B. “ samt Duldungsverpflichtung der Antragstellerin nach § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Halbs. 2 2. Alt. TierSchG vor. Die entsprechende Anordnung in Ziffer 2 des Bescheids vom 17. Februar 2025 stellt sich trotz des damit verbundenen Eingriffs in das Eigentumsgrundrecht der Antragstellerin (Art. 14 Abs. 1 GG) auch nicht als ermessensfehlerhaft (§ 114 Satz 1 VwGO), insbesondere nicht als unverhältnismäßig dar. Das Landratsamt M. hat zutreffend darauf abgestellt, dass aufgrund der fehlenden Einsicht bei der Antragstellerin eine den Anforderungen nach § 2 TierSchG genügende Haltung der Hündin „B. “ nicht durch mildere Mittel sichergestellt werden könne; das Staatsziel Tierschutz gemäß Art. 20a GG überwiege insoweit im vorliegenden Fall als überragend wichtiges Gemeinschaftsgut gegenüber der als gering einzuschätzenden wirtschaftlichen Belastung der Antragstellerin. Dabei durfte das Landratsamt auch berücksichtigen, dass die Unterbringungskosten relativ rasch den Wert des untergebrachten Tieres übersteigen können (vgl. SächsOVG, B.v. 17.8.2016 – 3 B 173/16 – juris Rn. 14; Hirt/Maisack/Moritz/Felde, TierSchG, 4. Aufl. 2023, § 16a Rn. 33a m.w.N.).
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1.2 Es besteht auch eine das besondere Vollziehungsinteresse rechtfertigende Eilbedürftigkeit der tierschutzrechtlichen Anordnungen (vgl. dazu z.B. OVG RhPf, B.v. 4.2.2021 – 7 B 11571/20 – juris Rn. 36; VGH BW, B.v. 14.2.2007 – 2 S 2626/06 – juris Rn. 15; vgl. auch BVerfG, B.v. 21.2.2011 – 2 BvR 1392/10 – juris Rn. 16; Schoch in Schoch/Schneider, VwGO, 46. EL August 2024, § 80 Rn. 387 m.w.N.).
34
Zum Schutz der Tiere im Sinne von Art. 20a GG hat der Adressat von tierschutzrechtlichen Anordnungen deren Folgen schon vor der Bestandskraft der Verwaltungsentscheidung hinzunehmen, wenn hinreichender Anlass zu der Annahme besteht, dass ansonsten (erneut) eine Gefahr für die angemessene Ernährung, Pflege und verhaltensgerechte Unterbringung der Tiere entsteht; angesichts der hohen Bedeutung des Tierschutzes kann dann das Risiko, dass es bei einer Aussetzung der angeordneten sofortigen Vollziehung einer Fortnahme- und Veräußerungsanordnung zu weiteren Verstößen gegen die Tierhaltebestimmungen kommt, nicht eingegangen werden (vgl. OVG RhPf, B.v. 4.2.2021 – 7 B 11571/20 – juris Rn. 37 m.w.N.).
35
Im Fall der Antragstellerin liegen – wie sich aus den vorstehenden Ausführungen unter 1.1 ergibt – stichhaltige Gründe für die Annahme vor, dass es ohne die sofortige Vollziehung der Anordnungen bis zur Bestandskraft des Bescheides zu weiteren, nicht hinnehmbaren Verstößen gegen Tierschutzbestimmungen kommen könnte. Mit dem Antragsgegner geht der Senat auf der Grundlage der in den Behördenakten dokumentierten Äußerungen der Antragstellerin gegenüber Mitarbeitern des Veterinäramts und des Tierheims davon aus, dass es der Antragstellerin trotz der anderslautenden Beteuerungen und Absichtserklärungen im Beschwerdeverfahren (weiterhin) an der erforderlichen Einsicht in ihr tierschutzrechtliches Fehlverhalten mangelt; so werden auch keine Umstände dargelegt (z.B. psychologisches Gutachten, tierschutzrechtlicher Sachkundenachweis etc.), aus denen sich überzeugend ergibt, dass eine Läuterung in ihrem Verhalten gegenüber potentiell zu haltenden Tieren eingetreten ist und bei ihr ein individueller Lernprozess stattgefunden hat, der sich auf die inneren Gründe für die Handlung bezieht und nachvollziehbar werden lässt, dass diese so nachhaltig entfallen sind, dass mit hinreichender Gewissheit künftig auszuschließen ist, dass die Antragstellerin wiederum ähnlich schwerwiegende tierschutzwidrige Zuwiderhandlungen begeht (vgl. BayVGH, B.v. 28.2.2022 – 23 ZB 21.448 – juris Rn. 17; OVG NW, B.v. 16.7.2024 – 3 M 109/24 – juris Rn. 5; jeweils zu § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Halbs. 1 TierSchG).
36
Der Gefahr, dass die Hündin im Falle einer Rückgabe (zumindest) für die Dauer des Hauptsacheverfahrens (erneut) erheblichen Leiden ausgesetzt wird, kann aus Sicht des Senats auch nicht gleichermaßen effektiv mit Auflagen, wie sie das Verwaltungsgericht im Rahmen seines Maßgabenbeschlusses angeordnet hat, begegnet werden bzw. kommt unter Berücksichtigung der Tierwohlbelange nicht in Betracht. Die noch im Wachstum befindliche Hündin war bei der Antragstellerin über Wochen hinweg einer Mangelernährung bis hin zu einem akut lebensbedrohlichen Abmagerungszustand einhergehend mit tief eingezogenen Bauch und schmerzhaft aufgekrümmtem Rücken ausgesetzt und konnte sich nicht altersgemäß entwickeln. Bei dieser Vorgeschichte liegt für den Senat auch ohne tierpsychologisches Gutachten auf der Hand, dass bei einer – auch nur vorübergehenden – Rückkehr des Tieres zur Antragstellerin, die sie fast verhungern hat lassen, die Gefahr einer Retraumatisierung im Raum steht, die mit Blick auf das Tierwohl und die weitere Entwicklung der jungen Hündin keinesfalls hinnehmbar ist. Dies entspricht auch der Einschätzung der Abteilungsleiterin Tierschutz beim Träger des Tierheims (vgl. Behördenakten S. 183), wonach es für die Psyche der Hündin nicht zuträglich sein könne, wenn sie jetzt aus ihrer aktuellen Umgebung entrissen und an die Antragstellerin zurückgegeben werde, um danach gegebenenfalls erneut weggenommen zu werden und zurück zu ihrer Pflegestelle zu kommen, zumal sie zu ihrer Pflegeperson wie zu den anderen Tieren bereits Bindungen entwickelt habe.
37
Hinter diese dringlichen Belange des Tierschutzes hat das Interesse der Antragstellerin, bis zu einer rechtskräftigen Hauptsachentscheidung vom Sofortvollzug der angeordneten Maßnahmen verschont zu bleiben, zurückzutreten. Soweit in der Beschwerdeerwiderung geltend gemacht wird, die für sofort vollziehbar erklärte dauerhafte Fortnahme und Anordnung der Veräußerung stellten einen irreversiblen Eingriff in das Eigentumsgrundrecht und die Tierhaltung der Antragstellerin dar, ist darauf hinzuweisen, dass die in der Veräußerungsanordnung liegende Beeinträchtigung des Eigentums des Tierhalters sich angesichts des in Art. 20a GG verankerten Staatsziels Tierschutz im Rahmen der von Art. 14 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 GG gezogenen Schranken und Begrenzungen hält (vgl. Hirt/Maisack/Moritz/Felde, TierSchG, 4. Aufl. 2023, § 16a Rn. 33a m.w.N.), der irreversible Zustand einer „faktischen Enteignung“ in § 16a TierSchG ausdrücklich vorgesehen ist und dies auch im verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren keinen grundsätzlichen Bedenken begegnet (vgl. BayVGH, B.v. 13.11.2020 – 23 CS 20.2354 – juris Rn. 19).
38
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
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3. Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 52 Abs. 2 GKG i.V.m. Nrn. 1.5 und 35.2 1. Alt. des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2025 (https://www.bverwg.de/ user/data/media/streitwertkatalog.pdf; wie Vorinstanz).
40
Dieser Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.