Titel:
Erfolgloser Berufungszulassungsantrag wegen Ablehnung eines Bauvorbescheides für Neubau von Reihenhäusern
Normenketten:
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 2, § 124a Abs. 4 S. 4, Abs. 5 S. 2
BauGB § 34, § 35 Abs. 2, Abs. 3 S. 1
Leitsätze:
1. Bei der Bestimmung der näheren Umgebung eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils ist auf das abzustellen, was in der Umgebung tatsächlich vorhanden ist ohne Einbeziehung des geplanten Bauvorhabens. (Rn. 6) (redaktioneller Leitsatz)
2. Für die Darlegung besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten genügt allein die unterschiedliche Bewertung des Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht und den Kläger nicht. (Rn. 11) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Abgrenzung Innenbereich - Außenbereich, Beeinträchtigung der natürlichen Eigenart der Landschaft, Berufungszulassung, Baurecht, Reihenhäuser, tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten, ernstliche Richtigkeitszweifel, Darlegungserfordernis, Außenbereich, sonstiges Vorhaben, öffentlicher Belang
Vorinstanz:
VG Regensburg, Gerichtsbescheid vom 09.09.2024 – RO 7 K 21.767
Fundstelle:
BeckRS 2025, 173
Tenor
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selber trägt.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 90.000 Euro festgesetzt.
Gründe
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Die Klägerin begehrt die Erteilung eines Vorbescheids zum Neubau von neun Reihenhäusern im Stadtgebiet der Beigeladenen.
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Den entsprechenden Bauantrag lehnte das Landratsamt mit Bescheid vom 26. März 2021 ab. Die hiergegen erhobene Klage wurde vom Verwaltungsgericht mit Gerichtsbescheid vom 9. September 2024 abgewiesen. Zur Begründung wurde insbesondere ausgeführt, das Bauvorhaben liege im Außenbereich und beeinträchtige öffentliche Belange. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der vorgelegten Behördenakten verwiesen.
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Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
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1. Die Berufung ist nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts zuzulassen (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Ob solche bestehen, ist im Wesentlichen anhand dessen zu beurteilen, was die Klägerin als Rechtsmittelführerin innerhalb offener Frist (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) hat darlegen lassen (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO). Aus dem Zulassungsvorbringen der Klägerin ergeben sich solche hier allerdings nicht.
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Die Klägerin ist der Ansicht, dass das Baugrundstück dem Innenbereich zuzuordnen sei, weil der Umstand, dass es noch nicht bebaut ist, nicht zur Begründung der Außenbereichslage herangezogen werden könne. Dem ist nicht zu folgen. Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Anwendung des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil voraussetzt (UA S. 6 f.), wobei bei der Bestimmung der näheren Umgebung auf das abzustellen ist, was in der Umgebung tatsächlich vorhanden ist (vgl. BVerwG, B.v. 22.10.2020 – 4 B 18.20 – juris Rn. 8). Unabhängig davon, dass das Bauvorhaben tatsächlich noch nicht errichtet ist, muss es auch deswegen unbeachtlich bleiben, weil es als Gegenstand der Prüfung nicht zugleich Prüfungsmaßstab sein kann (vgl. BVerwG, U.v. 6.6.2019 – 4 C 10.18 – juris Rn. 17). Die Annahme einer Baulücke durch die Klägerin ist angesichts der vom Verwaltungsgericht festgestellten Entfernungen abwegig (vgl. UA S. 6 f.). Den beim Augenschein des Verwaltungsgerichts von diesem gewonnenen Eindruck, dass das Baugrundstück vielmehr Teil der weitläufigen außenbereichstypischen Grünfläche östlich der Straße „Zwischen den Städten“ ist (UA S. 7), entkräftet die Klägerin nicht.
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Auch den Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur Beeinträchtigung öffentlicher Belange nach § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB durch das sonstige Vorhaben i.S.d. § 35 Abs. 2 BauGB setzt das Zulassungsvorbringen nichts Substantiiertes entgegen. Das Verwaltungsgericht geht zutreffend davon aus, dass Außenbereichsvorhaben mit einer anderen als land- oder forstwirtschaftlichen Bestimmung im Hinblick auf § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB regelmäßig unzulässig sind (UA S. 7). Hiergegen ist nichts zu erinnern (vgl. BayVGH, B.v. 8.2.2022 – 15 ZB 21.2602 – juris Rn. 20). Anhaltspunkte dafür, dass sich das betroffene Baugrundstück wegen seiner natürlichen Beschaffenheit weder für die naturgegebene Bodennutzung noch für Erholungszwecke eignet oder es seine Schutzwürdigkeit durch bereits erfolgte anderweitige Eingriffe vollständig eingebüßt hat, legt die Klägerin nicht dar. Hierfür genügt nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts beim erstinstanzlichen Augenschein auch nicht der bloße Hinweis, dass das Bauvorhaben nach der naturschutzfachlichen Stellungnahme des Landratsamts „zustimmungsfähig“ sei. Ebenso wenig genügt die Behauptung einer an Ort und Stelle gerade typischen bandartigen Bebauung nicht, eine Beeinträchtigung der natürlichen Eigenart der Landschaft zu verneinen. Abgesehen davon, dass sich den vorliegenden Luftbildern und den vom Verwaltungsgericht gefertigten Lichtbildern eine solche bandartige Bebauung nicht entnehmen lässt, stellt das Verwaltungsgericht darauf ab, dass der nahezu einseitigen Bebauung der Straße „Zwischen den Städten“ eine trennende Wirkung zukomme (UA S. 7). Hiermit setzt sich das Zulassungsvorbringen nicht auseinander.
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Auf die vom Verwaltungsgericht zudem angenommene Beeinträchtigung des Belangs nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB kommt es damit nicht mehr entscheidungserheblich an. Unabhängig davon legt die Klägerin nichts dar, was für eine herkömmliche Streubebauung oder einen vergleichbaren Fall siedlungsstrukturell nicht zu missbilligender Außenbereichsbebauung sprechen könnte (vgl. dazu: BVerwG, U.v. 25.1.1985 – 4 C 29.81 – juris Rn. 10). Vielmehr beeinträchtigt die Ausweitung eines Ortsteils über den Bebauungszusammenhang in den Außenbereich hinaus – wie hier – als Vorgang einer siedlungsstrukturell zu missbilligenden Entwicklung öffentliche Belange (vgl. BayVGH, B.v. 18.11.2024 – 1 ZB 22.1868 – juris Rn. 13). Auf die von der Klägerin behaupteten Beispielsfälle in einer anderen Straße und anderer Lage kommt es hier nicht an.
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2. Die Rechtssache weist keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).
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Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO weist eine Rechtssache dann auf, wenn die Beantwortung der für die Entscheidung erheblichen Fragen in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht voraussichtlich das durchschnittliche Maß nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeiten bereitet, wenn sie sich also wegen der Komplexität und abstrakten Fehleranfälligkeit aus der Mehrzahl der verwaltungsgerichtlichen Verfahren heraushebt und die im Zulassungsverfahren erforderliche kursorische Prüfung der Rechtssache anhand des verwaltungsgerichtlichen Urteils keine hinreichend sichere Prognose über den voraussichtlichen Ausgang des Rechtsstreits zulässt (vgl. BayVGH, B.v.26.6.2024 – 15 ZB 24.263 – juris Rn. 11).
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Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Die Klägerin erfüllt die Darlegungsanforderungen des § 124 Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO nicht, weil sie über die bloße Behauptung des Vorliegens dieser Voraussetzungen hinaus nicht aufzeigt, worin die besonderen Schwierigkeiten bestehen sollen. Dem Zulassungsvorbringen lässt sich auch nichts über das zu § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO Ausgeführte hinaus entnehmen. Die allein unterschiedliche Bewertung des Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht und den Kläger genügt für die Darlegung besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten nicht (vgl. BayVGH, B.v. 1.12.2023 – 15 ZB 23.1654 – juris Rn. 11).
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Da sich die Beigeladene im Zulassungsverfahren nicht beteiligt hat, entspricht es der Billigkeit, dass sie ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt (§ 162 Abs. 3 VwGO).
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Die Streitwertfestsetzung für das Zulassungsverfahren beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 9.1.3 und 9.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Sie folgt der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwendungen erhoben wurden.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Entscheidung wird das angegriffene Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO).