Titel:
Tatbeteiligte, Kostenentscheidung, Mittäter, Gesamtschuldnerhaftung, Wertersatz, Bankkonten, Einziehung, Tatbeute, Verfügungsmacht, Landgerichte, Verfügungsgewalt, Rechtsfehler, Tatertrag, Allgemeine Sachrüge, Ablieferungspflicht, Rechtsmittel, Urteilstenor, Rechtswidrige Tat, Besondere Vorschriften, Tatgericht
Schlagworte:
Einziehung von Wertersatz, Faktische Verfügungsgewalt, Tatbeteiligung, Transitorischer Besitz, Betrugsgewinne, Gesamtschuldnerhaftung, Kostenentscheidung
Vorinstanz:
LG München II, Urteil vom 19.03.2025 – 9 NBs 62 Js 17764/22
Fundstelle:
BeckRS 2025, 17118
Tenor
I. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts München II vom 19. März 2025 wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass die Liste der angewendeten Vorschriften um §§ 73 Abs. 1, 73c S. 1 StGB ergänzt wird.
II. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
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1. Die Nachprüfung des angefochtenen Urteils aufgrund der auf die nicht weiter ausgeführte allgemeine Sachrüge gestützten Revision hat keine Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).
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Der Senat sieht lediglich Anlass zu folgenden Ausführungen:
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Die nunmehr allein zur Überprüfung stehende Anordnung der Einziehung von Wertersatz in Höhe von 15.430,- Euro ist revisionsrechtlich im Ergebnis nicht zu beanstanden.
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Die Einziehung des Wertes von Taterträgen gemäß § 73c Satz 1 StGB knüpft an § 73 Abs. 1 StGB an und setzt voraus, dass der Täter durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt hat. Erforderlich ist bei einer Tatbegehung durch mehrere Beteiligten eine faktische oder wirtschaftliche Mitverfügungsmacht des von der Einziehung Betroffenen über die Tatbeute (BGH, Urteil vom 19. Juli 2023 – 2 StR 369/22 –, Rn. 19, juris).
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Soweit das Landgericht davon ausgeht, der Angeklagte habe die betrügerisch erworbenen Buchgelder in diesem Sinne bereits dadurch erlangt, dass sie seinem Bankkonto gutgeschrieben wurden (UA S. 9), kann der Senat dem nur eingeschränkt folgen.
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Anders liegt es nämlich dann, wenn der Tatbeteiligte den Gegenstand nur transitorisch erhalten hat, weil er ihn kurzfristig weiterzuleiten hatte. Ein solcher transitorischer Besitz ist allerdings dann nicht anzunehmen, wenn der Tatbeteiligte den durch die Tat erlangten Gegenstand – ungeachtet einer Ablieferungspflicht und etwaiger engmaschiger telefonischen Kontrolle – über eine nicht unerhebliche Zeit unter Ausschluss der anderen Tatbeteiligten in seiner faktischen Verfügungsgewalt hält. Relevant sind also vor allem Dauer und Intensität des Besitzes sowie die tatsächliche Möglichkeit der Einflussnahme durch weisungsbefugte Hinterleute aufgrund ihrer Anwesenheit vor Ort. Ob die tatsächlichen Verhältnisse eine faktische Verfügungsgewalt des Täters belegen, obliegt in erster Linie der Wertung des Tatgerichts (BGH, Urteil vom 26. März 2025 – 5 StR 436/24 –, Rn. 16, juris; Hervorh. Senat).
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Vorliegend hat das Landgericht das „Erlangen“ der Buchgelder durch den Angeklagten neben dem Umstand, dass sie dem Bankkonto des Angeklagten gutgeschrieben wurden, ergänzend darauf gestützt, dass der Angeklagte von diesem Konto auch private Abverfügungen tätigte sowie dass er die eingegangenen Beträge „später“ (mithin nicht „sofort“) abgehoben und an die Hintermänner weitergeleitet hat. In der Gesamtschau der festgestellten Tatumstände kann der Senat daher der Wertung des Tatgerichts folgen, dass der Angeklagte faktische Verfügungsmacht über die Betrugsgewinne erlangt hat.
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Soweit das Landgericht den einzuziehenden Betrag fälschlich mit 15.430,- Euro berechnet hat (richtig: 16.180,- Euro) wird der Angeklagte dadurch nicht belastet.
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Die neben ihm als Gesamtschuldner haftenden Mittäter mussten im Urteilstenor nicht namentlich benannt werden (BGH, Beschluss vom 7. September 2021 – 3 StR 128/21 –, juris, Rn. 4).
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Die für die Bestimmung der Rechtsfolgen maßgebenden besonderen Vorschriften, namentlich §§ 73 ff StGB, sind in die gem. § 260 Abs. 5 S. 1 StPO zu erstellende Liste der angewendeten Vorschriften aufzunehmen (Stuckenberg in Löwe/Rosenberg, Kommentar zur StPO, 27. Aufl., Rn. 133). Dies hat der Senat nachgeholt (BGH, Beschluss vom 22. August 1985 – 4 StR 447/85 –, juris; NJW 1986, 1116 (1117)).
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2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO.