Titel:
Voraussetzungen eines Haftbefehls wegen Nichterscheinens zum Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft
Normenkette:
ZPO § 802b Abs. 2, § 802g
Leitsatz:
Ein Haftbefehl nach § 802g ZPO kommt in Betracht, wenn sich der Schuldner seiner Verpflichtung zum Erscheinen im Termin erzogen hat oder die Abgabe der Vermögensauskunft grundlos verweigerte. (Rn. 9) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Haftbefehl, Vermögensauskunft, Nichterscheinen
Vorinstanz:
AG München vom 26.02.2025 – 1505 M 2384/25
Fundstelle:
BeckRS 2025, 17040
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Schuldners wird der Haftbefehl des Amtsgerichts München vom 26.02.2025, Az. 1505 M 2384/25, aufgehoben.
Gründe
1
Vollstreckt wird aus einer Mehrzahl von Kostenfestsetzungsbeschlüssen eine Hauptforderung in Höhe von 20.536,52 € gemäß Vollstreckungsauftrag vom 15.07.2024, mit welchem auch Antrag auf Erlass eines Haftbefehls gestellt worden war. Mit Schreiben vom 09.09.2024 bestimmte der Gerichtsvollzieher Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft auf den 01.10.2024, die Ladung wurde dem Schuldner am 10.09.2024 zugestellt.
2
Zu diesem Termin erschien der Schuldner, leistete eine Zahlung in Höhe von 100 € in bar und vereinbarte mit dem Gerichtsvollzieher eine Ratenzahlung beginnend ab 30.10.2024 bei Monatsraten in Höhe von 1200 €.
3
Nachdem die 1. Rate nicht einging, wurde die Ratenzahlungsvereinbarung widerrufen und es erging am 18.11.2024 Eintragungsanordnung wegen Nichtabgabe der Vermögensauskunft, welche auf Widerspruch und Beschwerde mit Beschluss des Landgerichts München I vom 23.06.2025 aufgehoben wurde (16 T 2980/25).
4
Am 09.12.2024 legte der Gerichtsvollzieher den Antrag auf Erlass eines Haftbefehls dem Amtsgericht vor mit der Begründung, dass der Schuldner ohne Entschuldigung zum Termin nicht erschienen sei.
5
Das Amtsgericht München, Vollstreckungsgericht, erließ den Haftbefehl am 26.02.2025.
6
Gegen diesen Haftbefehl richtet sich die sofortige Beschwerde des Schuldners vom 14.04.2025, welcher das Amtsgericht mit Beschluss vom 11.06.2025 unter Bezugnahme auf eine Begründung des Haftbefehls am 26.02.2025 nicht abhalf. Zuvor hatte das Amtsgericht mit Verfügung vom 08.05.2025 den Schuldner darauf hingewiesen, die Voraussetzungen des Erlasses eines Haftbefehls nach Prüfung der beigezogenen Gerichtsvollzieherakten durchgeführt zu haben und die Rücknahme angeregt. Die vom Beschwerdegericht im Verfahren über der Eintragungsanordnung angeforderte Stellungnahme des Gerichtsvollziehers vom 15.04.2025 war zuvor zur Akte des Haftbefehlsverfahrens des Vollstreckungsgerichts gelangt.
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Die sofortige Beschwerde ist zulässig und erweist sich als begründet. Nach Prüfung der beigezogenen Sonderakte des Gerichtsvollziehers und der vom Amtsgericht, Vollstreckungsgericht, schließlich mit diesem Beschwerdeverfahren vorgelegten Stellungnahme des Gerichtsvollziehers vom 15.04.2025 lagen und liegen die Voraussetzungen zum Erlass eines Haftbefehls nicht vor.
8
Zwar leidet das Abhilfeverfahren unter einem Verfahrensfehler, nachdem eine Auseinandersetzung mit dem Vortrag der Beschwerde nicht erfolgte und in der Begründung des Beschlusses vom 11.06.2025 alleine auf eine Begründung des Haftbefehls vom 26.02.2025 Bezug genommen wurde, welche nicht existiert, nachdem dort alleine der Gesetzeswortlaut wiedergegeben wurde. Die Beschwerde wurde aber auch ohne Durchführung eines ordnungsgemäßen Abhilfeverfahrens beim Beschwerdegericht anhängig und war daher zu entscheiden (MüKoZPO/Hamdorf, 7. Aufl. 2025, ZPO § 572 Rn. 16).
9
Wie bereits aus der Sonderakte des Gerichtsvollziehers hervorging und mit der Stellungnahme klargestellt wurde, war der Schuldner zum Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft erschienen. Der Haftbefehl nach § 802g ZPO dient der Erzwingung der Verpflichtung des Schuldners zur Abgabe der Vermögensauskunft. Er setzt daher voraus, dass sich der Schuldner zuvor dieser Verpflichtung entzogen hat. Sein Erlass kommt daher dann in Betracht, wenn sich der Schuldner - wovon das Amtsgericht unter Verkennung des Sachverhalts ausging – seiner Verpflichtung zum Erscheinen im Termin erzogen hat oder die Abgabe der Vermögensauskunft grundlos verweigerte. Beides war vorliegend nicht der Fall.
10
Der Schuldner war im Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft erschienen. Er verweigerte deren Abgabe (sofern er dazu aufgefordert worden sein sollte, was aus der Sonderakte nicht hervorgeht) aber nicht grundlos. Im Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft war eine Ratenzahlungsvereinbarung nach § 802b Abs. 2 ZPO geschlossen worden. Diese hat aber die Wirkung, dass die Vollstreckung ... ist. Mit dem späteren Widerruf wurde der Zahlungsplan und der Vollstreckungsaufschub zwar hinfällig. Dennoch traf den Schuldner bis zu diesem Zeitpunkt keine Verpflichtung, die Vermögensauskunft abzugeben. Wenn er demnach die Vermögensauskunft nicht leistete, stellte dies keine grundlose Verweigerung der Abgabe der Vermögensauskunft und damit auch kein pflichtwidriges Verhalten des Schuldners dar.
11
Eine Kostenentscheidung war nicht veranlasst, nachdem Gerichtskosten für die erfolgreiche Beschwerde nicht anfallen und eine Kostenerstattung im Verfahren über den Haftbefehl nicht stattfindet.
12
Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 I Satz 1 Nr. 2, II ZPO nicht zuzulassen, da die vorliegende Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts nicht erforderlich ist. Es handelt sich um eine reine Einzelfallentscheidung.