Inhalt

VGH München, Beschluss v. 08.07.2025 – 2 N 21.1474
Titel:

Erfolglose Normenkontrolle gegen einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan für ein Hotel in einer Gemengelage

Normenketten:
VwGO § 47 Abs. 5 S. 1
BauGB § 1 Abs. 3 S. 1, Abs. 6 Nr. 8a, Abs. 7, § 3 Abs. 2 S. 2, § 8 Abs. 2, § 10 Abs. 1, § 11 Abs. 1 Nr. 1, § 12 Abs. 1 S. 1, § 214 Abs. 1 Nr. 2b
EMRK Art. 6 Abs. 1 S. 1
TA Lärm Nr. 6.1
BNatSchG § 67 Abs. 1 Nr. 2
Leitsätze:
1. Eine ordnungsgemäße Ausfertigung kann auch im Fall einer sog. gedanklichen Schnur vorliegen, die die ausdrücklich ausgefertigten Seiten mit denjenigen Seiten verbindet, die nicht ausdrücklich ausgefertigt wurden. (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine städtebaulich nicht erforderliche Gefälligkeitsplanung kann nur dann angenommen werden, wenn eine planerische Festsetzung ausschließlich den Zweck hat, private Interessen zu befriedigen. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
3. Der Durchführungsvertrag und der Bebauungsplan dürfen sich inhaltlich nicht widersprechen, weil sich die Durchführungsverpflichtung auf den Vorhaben- und Erschließungsplan und damit auf den Bebauungsplan bezieht. Zulässig ist es aber, in den Durchführungsvertrag weitere Elemente, etwa Detailfestlegungen, aufzunehmen. (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)
4. Umstände, die im Zuge der Realisierung des Bebauungsplans auftreten, sind aufgrund ihrer zeitlichen Beschränktheit grundsätzlich nicht in die Abwägung einzubeziehen und können daher nicht zur Unwirksamkeit des Bebauungsplans führen. (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Bebauungsplan für ein Hotel, Normenkontrolle, ohne mündliche Verhandlung, Verfahrensermessen, zivilrechtlicher Anspruch, Bekanntmachung umweltbezogener Informationen, DIN-Normen, Ausfertigung, gedankliche Schnur, städtebauliche Erforderlichkeit, Gefälligkeitsplanung, Antragsbefugnis, Abwägungsgebot, Nutzungskonflikte, Lärmgutachten, Gemengelage, Grundsatz der gegenseitigen Rücksichtnahme, Verkehrsgutachten, zusätzlicher Straßenverkehrslärm, landschaftspflegerische Belange, Umweltbelange, Befreiung von Landschaftsschutzverordnung, Durchführungsvertrag, Anforderungen an den Vorhabensträger, Prognoseentscheidung
Fundstelle:
BeckRS 2025, 16995

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragsteller tragen gesamtschuldnerisch die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Antragsteller können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, sofern nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
V. Der Streitwert wird auf 30.000, – Euro festgesetzt.

Gründe

I.
1
Die Antragsteller wenden sich gegen den vorhabenbezogenen Bebauungsplan Nr. … der Antragsgegnerin vom 5. Juni 2020 (erneut bekannt gemacht am 24. Januar 2025). Der Bebauungsplan sieht ein Sondergebiet Fremdenverkehr zum Zweck der Errichtung eines Hotels vor. Die Antragsteller sind Eigentümer eines in unmittelbarer Nachbarschaft gelegenen Grundstücks außerhalb des Bebauungsplangebiets, das mit einem Wohnhaus bebaut ist. Sie befürchten unter anderem eine Hangrutschgefahr, unzumutbare Lärmimmissionen und eine unzureichende Erschließung. Die Baugenehmigung für das beantragte Hotel ist nach Abweisung der Nachbarklagen, unter anderem derjenigen der Antragsteller, bestandskräftig. Der Senat hat die Anträge auf Zulassung der Berufung abgelehnt. Eine Verfassungsbeschwerde der Antragsteller blieb erfolglos. Das eigentliche Bauvorhaben wurde noch nicht begonnen. Aktuell ist das überplante Areal mit einem kleineren Hotel bebaut.
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Die Antragsteller beantragen,
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festzustellen, dass der streitgegenständliche Bebauungsplan unwirksam ist.
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Die Antragsgegnerin und der Beigeladene verteidigen den angegriffenen Bebauungsplan und beantragen jeweils, den Antrag abzulehnen.
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Im Übrigen wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.
II.
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1. Der Senat legt die Schriftsätze des Bevollmächtigten der Antragsteller dahingehend aus, dass die beiden natürlichen Personen als Grundstückseigentümer als Parteien des Verfahrens gewollt sind. Zwar weist der Bevollmächtigte im „Rubrum“ seiner Schriftsätze die Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die die Antragsteller zur Bewirtschaftung des Grundstückes gegründet haben, verschiedentlich als Partei aus. Jedoch ist die Gesellschaft ausweislich des Vortrags des Bevollmächtigten nicht Eigentümerin des Grundstücks. Darüber hinaus spricht er in seinen Schriftsätzen selbst von „den Antragstellern“ und beruft sich für diese im Kern auf deren Grundstückseigentum. Im Übrigen würde eine Parteistellung der Gesellschaft selbst die Beurteilung der Zulässigkeit und der Begründetheit des Normenkontrollantrages nicht verändern.
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2. Der Senat kann nach Ausübung pflichtgemäßen Ermessens und Anhörung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss entscheiden (§ 47 Abs. 5 Satz 1 VwGO; vgl. BVerwG, B.v. 30.11.2017 – 6 BN 2.17 – NVwZ 2018, 340). Insbesondere liegt hier kein Verstoß gegen § 47 Abs. 5 Satz 1 VwGO in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK vor, der innerstaatlich im Rang eines Bundesgesetzes gilt. Nach § 47 Abs. 5 Satz 1 VwGO entscheidet der Verwaltungsgerichtshof durch Urteil oder, wenn er eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluss. Darüber, ob eine mündliche Verhandlung entbehrlich ist, entscheidet der Verwaltungsgerichtshof nach richterlichem Ermessen (vgl. BVerwG, B.v. 20.12.1988 – 7 NB 3.88 – BVerwGE 81.139). Dieses Verfahrensermessen wird jedoch durch Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK eingeschränkt. Danach hat jedermann einen Anspruch darauf, „dass seine Sache in billiger Weise öffentlich und innerhalb einer angemessenen Frist gehört wird, und zwar von einem unabhängigen und unparteiischen Gericht, das über zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen zu entscheiden hat“. Unstreitig erstreckt sich dies nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. U.v. 16.12.1999 – 4 CN 9.98 – BVerwGE 110, 203) grundsätzlich auch auf die Entscheidung über die Gültigkeit einer bauleitplanerischen Satzung nach § 47 Abs. 5 VwGO, da das Recht am Grundeigentum zu den „zivilrechtlichen“ Ansprüchen im Sinn von Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK zählt. Eine solche Satzung stellt eine Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums im Sinn von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG dar, die nur hingenommen werden muss, wenn sie auf einer rechtmäßigen Norm beruht. Aufgrund dieser eigentumsgestaltenden Wirkung der Satzung kann sich diese in vergleichbarer Weise unmittelbar auf das Grundeigentum auswirken. Dies gilt jedenfalls dann, wenn sich ein im Plangebiet befindlicher Eigentümer gegen eine sein Grundstück betreffende Festsetzung wehren möchte (vgl. BVerwG, U.v. 16.12.1999 – 4 CN 9.98 – BVerwGE 110, 203).
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Die Antragsteller liegen mit ihrem Grundstück außerhalb des Plangebiets. Die geringfügige Verkleinerung einer im Eigentum der Antragsgegnerin stehenden Fläche, in Bezug auf die den Antragstellern ein Geh- und Fahrtrecht eingeräumt ist, durch Errichtung einer Stützmauer kann im hier zu entscheidenden Fall den Antragstellern keine einer Eigentümerstellung vergleichbare Rechtsposition vermitteln. Ob eine Betroffenheit eines Grundeigentümers außerhalb des Plangebiets im verwaltungsgerichtlichen Normenkontrollverfahren gemäß Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK eine mündliche Verhandlung erfordert, lässt sich nicht in jedem Fall annehmen. Maßgeblich ist, ob die angegriffene planerische Festsetzung auf sein Grundeigentum unmittelbar einwirkt und welche konkreten Beeinträchtigungen beispielsweise erst in einem nachfolgenden Baugenehmigungsverfahren zu beurteilen sind (vgl. BVerwG, B.v. 30.7.2001 – 4 BN 41.01 – NVwZ 2002, 87). Im hier zu entscheidenden Fall stand den nicht im Plangebiet liegenden Nachbarn der Rechtschutz durch eine Nachbarklage offen, so dass bereits von daher die Annahme einer unmittelbaren Beeinträchtigung im Sinn des Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK durch die Satzung ausgeschlossen ist.
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3. Der Antrag ist zulässig. Eine Antragsbefugnis besteht für einen mit seinem Grundstück außerhalb des überplanten Bereichs liegenden Antragsteller jedenfalls dann, wenn er sich auf einen abwägungserheblichen privaten Belang berufen kann, der in der Abwägung nicht oder nicht in der gebotenen Weise behandelt wurde (vgl. BVerwG, U.v. 29.6.2015 – 4 CN 5.14 – juris). Hier befürchten die Antragsteller u.a., dass durch die Realisierung des durch den Bebauungsplan ermöglichten Vorhabens der Hang, auf dem auch ihr eigenes Grundstück liegt, ins Rutschen geraten könnte. Die Antragsgegnerin hat hierzu im Bebauungsplanverfahren ein Gutachten eingeholt und auf dessen Basis eine solche Gefahr verneint. Die Antragsteller haben ein Privatgutachten beauftragt, das insoweit teilweise zu abweichenden Ergebnissen kommt. Die Belastbarkeit des Privatgutachtens ist nicht a priori von der Hand zu weisen, sodass jedenfalls die Möglichkeit besteht, dass die Hangrutschgefahr nicht zutreffend beurteilt und abgewogen wurde.
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4. Der Antrag ist jedoch unbegründet. Es bestehen keine durchgreifenden Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bebauungsplans.
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a) Der Bebauungsplan ist formell rechtmäßig.
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aa) Die Bekanntmachung über die erneute Auslegung des Bebauungsplanentwurfes vom 13. August 2019 genügt den Vorgaben des § 3 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 BauGB. Danach ist in der Auslegungsbekanntmachung anzugeben, welche Arten der umweltbezogenen Informationen verfügbar sind. Das Ziel des § 3 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 BauGB gebietet, als strukturierendes Merkmal den Inhalt der Informationen zu wählen. Denn die Bekanntmachung nach § 3 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 BauGB soll eine Anstoßwirkung entfalten und interessierte Bürger dazu ermuntern, sich über die gemeindlichen Planungsabsichten zu informieren und gegebenenfalls mit Anregungen und Bedenken zur Planung beizutragen. Die Pflicht zur Angabe, welche Arten umweltbezogener Informationen verfügbar sind, zielt darauf, eine breitere Öffentlichkeit für Entscheidungsverfahren im Umweltbereich zu interessieren und ihre Beteiligungsbereitschaft zu fördern, um hierdurch Vollzugsdefiziten zu Lasten der Umwelt entgegenzuwirken. Die Informationen müssen daher eine erste inhaltliche Einschätzung ermöglichen, welche Umweltbelange in den vorliegenden Stellungnahmen und sonstigen Unterlagen behandelt werden. Hiermit übereinstimmend lässt der Gesetzgeber erkennen, dass er eine Zusammenfassung nach „Themenblöcken“ verlangt (vgl. BVerwG, U.v. 6.6.2019 – 4 CN 7.18 – BVerwGE 165, 387). In der Bekanntmachung der erneuten Auslegung findet sich eine tabellarische Auflistung der Arten der umweltbezogenen Informationen. Damit war eine Ermöglichung einer ersten inhaltlichen Einschätzung, welche Umweltbelange behandelt werden, gegeben. Die Auslegungsbekanntmachung ist außerdem inhaltlich vollständig. In der öffentlichen Bekanntmachung der Auslegung des Planentwurfs müssen sich die verfügbaren Umweltinformationen lediglich thematisch wiederfinden (vgl. BVerwG, U.v. 20.1.2021 – 4 CN 7.19 – juris Rn. 22). Thematisch sind die Informationen bzgl. der Betroffenheit von Fledermäusen dem in der Bekanntmachung aufgeführten Oberbegriff „Natur und Landschaft“ zuzuordnen. Jedenfalls aber wäre das Fehlen dieser konkreten Angabe unschädlich nach § 214 Abs. 1 Nr. 2 b) BauGB, da es sich hierbei lediglich um eine einzelne Angabe, welche Arten umweltbezogener Information verfügbar sind, handelt.
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bb) Es ist darüber hinaus ausreichend, dass die DIN 18920 zur Einsicht bei der Stadtverwaltung bereitgelegt wurde. Eine Einstellung ins Internet nach § 4a Abs. 4 BauGB war nicht erforderlich, da DIN-Normen nicht Bestandteil der auslegungsbedürftigen Unterlagen sind (§ 3 Abs. 2 BauGB). Die erforderliche Kenntnisnahmemöglichkeit war gegeben. Der Umfang der öffentlich auszulegenden Unterlagen beschränkt sich auf die „bereits vorliegenden“ Stellungnahmen. Die DIN-Normen waren nicht Teil dieser Stellungnahmen, auf diese wurde lediglich verwiesen, sodass die zur Verfügung gestellte Einsichtnahmemöglichkeit bei der Stadtverwaltung und der entsprechende Hinweis darauf ausreichend war (vgl. BVerwG, B.v. 11.8.2016 – 4 BN 23.16 – juris).
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cc) Die Falschbezeichnung der Fachgutachten mit der Jahreszahl 2018 statt 2019 ist unschädlich, da es hierbei um einen für die Beteiligten erkennbaren Schreibfehler handelt.
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dd) Der Bebauungsplan wurde ordnungsgemäß ausgefertigt. Aufgabe der rechtsstaatlich gebotenen Ausfertigung ist es, zu gewährleisten, dass der Inhalt der Satzung mit dem vom Satzungsgeber Beschlossenen übereinstimmt (Authentizitätsfunktion). Auszufertigen waren alle Bestandteile des Bebauungsplans sowie der Vorhaben- und Erschließungsplan. Idealerweise sind alle von der Ausfertigung umfassten Seiten mittels einer versiegelten Schnur, die den Anforderungen aus § 44 BeurkG genügt, zu verbinden, woran es hier fehlt. Eine ordnungsgemäße Ausfertigung kann aber auch im Fall einer sog. gedanklichen Schnur vorliegen, die die ausdrücklich ausgefertigten Seiten mit denjenigen Seiten verbindet, die nicht ausdrücklich ausgefertigt wurden (vgl. BayVGH, Urteil vom 11.5.2018 – 15 N 17.1175 – KommJur 2018, 268). Ob dies der Fall ist, ist letztlich eine Frage der gerichtlichen Beweiswürdigung. Eine solche ausreichende gedankliche Schnur ist auch dann anzunehmen, wenn der Bürgermeister oder ein sonst Ausfertigungsberechtigter das den Satzungsbeschluss enthaltende Gemeinderatsprotokoll unterzeichnet hat und sich aus diesem Text oder den darin enthaltenen Bezugnahmen der verbindliche Planinhalt unzweifelhaft ergibt (VGH BW, B.v. 29.3.2023 – 5 S 1291/22 – juris). So liegt der Fall hier. Der Beschlussbuchauszug aus der Abschlusssitzung des Stadtrates vom 28. April 2020, in der der Satzungsbeschluss gefasst worden ist, ist vom Bürgermeister unterzeichnet und gestempelt. In diesem Beschluss ist sowohl die Fassung des Bebauungsplans mit der Begründung und dem Umweltbericht sowie die des Vorhaben- und Erschließungsplans genannt. Eine ausreichende Verbindung der Bestandteile des Bebauungsplanes im Sinne einer gedanklichen Schnur ist damit gegeben. Auf die Ordnungsgemäßheit der hilfsweise vorgenommenen erneuten Ausfertigung und Bekanntmachung durch die Antragsgegnerin am 24. Januar 2025 kommt es daher nicht an.
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b) Der Bebauungsplan leidet auch nicht an materiell-rechtlichen Fehlern.
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aa) Der Bebauungsplan ist städtebaulich erforderlich im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB. Entgegen dem Vortrag der Antragsteller handelt es sich nicht um eine Gefälligkeitsplanung. Nach § 1 Abs. 3 BauGB haben die Gemeinden Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Was nach § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB städtebaulich erforderlich ist, bestimmt sich maßgeblich nach der jeweiligen Konzeption der Gemeinde. Welche städtebaulichen Ziele die Gemeinde sich setzt, liegt in ihrem planerischen Ermessen. Der Gesetzgeber ermächtigt sie, diejenige Städtebaupolitik zu betreiben, die ihren städtebaulichen Ordnungsvorstellungen entspricht. Nicht erforderlich im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB sind demgegenüber in aller Regel nur solche Bauleitpläne, die einer positiven Planungskonzeption entbehren und ersichtlich der Förderung von Zielen dienen, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuchs nicht bestimmt sind (vgl. Battis in Krautzberger/Löhr/Battis, 15. Aufl. 2022, BauGB, § 1 Rn. 26).
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Gemessen an diesen Maßstäben fehlt dem angegriffenen Bebauungsplan die städtebauliche Erforderlichkeit nicht. Die Antragsgegnerin hat den Bebauungsplan aufgestellt, um den Neubau eines Hotels mit Wellness und Therapie zu ermöglichen. Diese Zielsetzung der Antragsgegnerin ist städtebaulich legitim. Sie ist in § 1 Abs. 6 Nr. 8a BauGB (Belange der Wirtschaft) städtebaurechtlich verankert. Der mit der Planung verfolgte Zweck dient nicht alleine den wirtschaftlichen Interessen des Grundstückseigentümers, sondern der Beförderung des Fremdenverkehrs im gesamten Gemeindegebiet. Dem Bebauungsplan liegt somit eine positive Planungskonzeption zugrunde. Es ist grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn, wie hier, die Bauwünsche einzelner Grundstückseigentümer den Anlass für eine Bauleitplanung geben. Eine städtebaulich nicht erforderliche Gefälligkeitsplanung kann nur dann angenommen werden, wenn eine planerische Festsetzung ausschließlich den Zweck hat, private Interessen zu befriedigen. Ist dagegen der Bebauungsplan – wie hier – an bodenrechtlich relevanten Ordnungskriterien ausgerichtet, entspricht er einer geordneten städtebaulichen Entwicklung, selbst wenn er auch den Wünschen Privater entgegenkommt und diese den Anstoß für die Planung gegeben haben (vgl. BayVGH, B.v. 8.1.2025 – 2 N 21.2620 – juris). Dass auch ein einzelnes Vorhaben Rechtfertigung für eine Bauleitplanung sein kann, wird gerade durch die Existenz des rechtlichen Instruments des – hier verwendeten – vorhabenbezogenen Bebauungsplans deutlich (vgl. Dirnberger in BeckOK Spannowsky/Uechtritz, BeckOK, 66. Aufl. Stand 1.5.2025 § 1 Rn. 39).
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bb) Entgegen dem Vortrag der Antragsteller ist der streitgegenständliche Bebauungsplan auch aus dem Flächennutzungsplan entwickelt (§ 8 Abs. 2 BauGB). Die im Bebauungsplan vorgesehenen überbaubaren Flächen sind im Flächennutzungsplan in der Fassung der Änderung vom 29. Januar 2018 als sonstiges Sondergebiet mit der Zweckbestimmung Klinik/Sanatorium/Fremdenverkehr dargestellt. Dass auf der Homepage der Gemeinde möglicherweise eine veraltete Fassung des Flächennutzungsplans eingestellt ist, vermag hieran nichts zu ändern.
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cc) Bei der Abwägung der durch die Planung ermöglichten Bebauung entstehenden Hangrutschgefahr sind der Antragsgegnerin keine erkennbaren Fehler unterlaufen. Die Antragsgegnerin hat im Bauleitplanverfahren ein Baugrund- und Gründungsgutachten der F.-Grundbauingenieure vom 2. November 2012 sowie weitere Stellungnahmen vom Februar 2018 und Februar 2019 eingeholt. Angesichts der von den Antragstellern vorgelegten gutachterlichen Stellungnahme von Herrn Dr. U. vom 18. März 2023 hat die Antragsgegnerin nochmals eine Stellungnahme der F.-Grundbauingenieure (vom 17. Oktober 2023) eingeholt, die für den Senat nachvollziehbar die in der Stellungnahme vom 18. März 2023 geltend gemachten Gesichtspunkte widerlegt. Hierin wird überzeugend ausgeführt, dass insgesamt der Neubau die Stabilität des Hangs sogar verbessern werde, da die Untergeschosse als biegesteife Kästen einer potentiellen Verformung des Hangs Widerstand leisten, dass während der Errichtung des Neubaus die Baugrubensicherung die Stützfunktion für den Hang übernehme und dass der oberhalb des Neubaus liegende Hang gerade nicht als rutschgefährdet zu beurteilen sei. Von dieser Einstufung ist die Gemeinde im Rahmen des Abwägungsvorgangs ausgegangen. Dies ist nicht zu beanstanden.
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dd) Die Beurteilung der durch die Realisierung des Vorhabens hervorgerufenen Emissionen im Rahmen des Bauleitplanverfahrens ist auch in Ansehung der Ausführungen der Antragsteller im Normenkontrollverfahren – soweit sie sich auf das Bauleitplanverfahren und nicht auf das erstinstanzliche Gerichtsverfahren betreffend die Nachbarklage der Antragsteller beziehen – nicht zu beanstanden. Das von der Antragsgegnerin beauftragte und dem Bauleitplanverfahren zugrundegelegte Lärmgutachten begegnet keinen durchgreifenden Bedenken. Im hier zu entscheidenden Fall ist von einer Gemengelage auszugehen, die zur Heranziehung der Immissionsrichtwerte für ein allgemeines Wohngebiet führt. Als Gemengelage bezeichnet die TA Lärm das Aneinandergrenzen von einerseits gewerblich oder in ihrer Geräuschauswirkung vergleichbar genutzten Gebieten und von andererseits zum Wohnen dienenden Gebieten, ohne dass es auf eine entsprechende bauplanungsrechtliche Ausweisung ankommt (vgl. Hansmann in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, 106. EL Januar 2025, TA Lärm 6 Rn. 25). Es kommt auch nicht darauf an, dass die sich gegenüberliegenden Nutzungen zeitgleich entstanden sind oder dass die möglicherweise schützenswerte Nutzung zeitlich vor der möglicherweise störenden Nutzung vorhanden war. Unabhängig von dieser zeitlichen Komponente sind Nutzungskonflikte infolge von Lärmimmissionen in Gemengelagen, also in Bereichen, in denen Gebiete unterschiedlicher Qualität und Schutzwürdigkeit zusammentreffen, dem Grundsatz der gegenseitigen Rücksichtnahme entsprechend auszugleichen (vgl. BVerwG, U.v. 12.12.1975 – 4 C 71.73 – BVerwGE 50, 49). Dabei können situationsbedingte Umstände die Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme mindern und zu einer erhöhten Hinnahme von sonst nicht (mehr) zumutbaren Beeinträchtigungen führen. Angesichts der Belastung der Grundstücksnutzung mit einer gegenseitigen Pflicht zur Rücksichtnahme ist eine Art „Mittelwert“ zu bilden, der zwischen den Immissionsrichtwerten liegt, die für benachbarte Gebiete unterschiedlicher Nutzung und damit unterschiedlicher Schutzwürdigkeit – bei jeweils isolierter Betrachtung – vorgegeben sind (vgl. BVerwG, B.v. 5.3.1984 – 4 B 171.83 – NVwZ 1984, 646). Für Gemengelagen sieht die TA Lärm die Bildung eines „geeigneten Zwischenwertes der für die aneinandergrenzenden Gebietskategorien geltenden Werte“ vor. Die Zwischenwertbildung unterliegt der uneingeschränkten gerichtlichen Nachprüfbarkeit. Bei der Bildung ist von den in Nr. 6.1 TA Lärm festgelegten Immissionsrichtwerten auszugehen. Dabei ist eine Erhöhung des für das schutzbedürftige Gebiet geltenden Immissionsrichtwertes zu prüfen. Diese Erhöhung darf nicht den Immissionsrichtwert für das Gebiet mit der störenden Nutzung erreichen. Geeignet ist ein Zwischenwert dann, wenn ihm ein zutreffender Maßstab dafür entnommen werden kann, ob die in dem zum Wohnen dienenden Gebiet auftretenden Geräuschimmissionen als unzumutbare Belästigungen und damit als schädliche Umwelteinwirkungen anzusehen sind (vgl. Hansmann in Landmann/Rohmer a.a.O. TA Lärm 6 Rn. 26). Insgesamt kann damit die von den Antragstellern in Zweifel gezogene Annahme, eine Mittelwertbildung führe zu einer Zugrundelegung der Immissionsrichtwerte für ein allgemeines Wohngebiet, nicht substantiiert infrage gestellt werden. Es ist auch nichts dafür ersichtlich, dass die Einhaltung der für ein allgemeines Wohngebiet geltenden Grenzwerte durch die entsprechenden Nebenbestimmungen zur Baugenehmigung im Fall der Realisierung des Vorhabens nicht gewährleistet wären. Insoweit wird auf den Beschluss des Senats vom 20. September 2022 (Az. 2 ZB 22.1230), der unter den gleichen Hauptbeteiligten erging, Bezug genommen, der insoweit auch unter Berücksichtigung des Vortrags der Antragsteller im Normenkontrollverfahren weiterhin Geltung beansprucht.
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ee) Die von der Antragsgegnerin im Bebauungsplanverfahren zugrunde gelegten Annahmen in Bezug auf den im Fall der Realisierung des Vorhabens (zusätzlich) hervorgerufenen Straßenverkehr und einen möglicherweise notwendigen Ausbau der Zufahrtswege sowie ihre Behandlung in der Abwägung begegnen keinen Bedenken. Das insoweit eingeholte Verkehrsgutachten des Büros G. vom 11. April 2019 ist in sich widerspruchsfrei und nachvollziehbar. Die Einwände der Antragsteller hiergegen greifen nicht durch. Es erschließt sich nicht, weshalb der Verkehr nicht proportional zur Entwicklung der Zimmeranzahl ansteigen soll. In Bezug auf den Mitarbeiterverkehr legt das Verkehrsgutachten ein 5-Sterne-Hotel zugrunde, da hierbei die höchste Mitarbeiteranzahl je Zimmer zu erwarten ist. Für den Annahmefall Jahr 2030 resultiert daraus eine Zunahme des Mitarbeiterverkehrs um den Faktor 6,2. Weiter berücksichtigt das Gutachten, dass der Wirtschaftsverkehr nicht proportional zur Zimmeranzahl steigt und daher der proportionale Ansatz auf der sicheren Seite liegt. Es ist auch nicht zu beanstanden, dass pro Mitarbeiter eine An- und Abfahrt pro Tag im Gutachten angesetzt worden ist. Denn es wird nicht ein Mitarbeiter – selbst wenn er in Teilzeit arbeitet – das Hotel an einem Tag mehrfach an- und abfahren. Es ist auch nachvollziehbar, dass das Gutachten von ca. 18 – 22 Anlieferungen pro Woche ausgeht. Insoweit legt das Gutachten die Betriebsbeschreibung vom 11. April 2019 zugrunde, die dies so festlegt und insoweit realistisch erscheint. Soweit Verkehrszählungen aus den Jahren 2014 und 2015 zugrunde gelegt wurden, können diese noch als hinreichend repräsentativ angesehen werden, auch wenn sich der Verkehr bis zum Satzungsbeschluss im Mai 2020 geringfügig erhöht haben mag. Soweit die Antragsteller meinen, der für die Zunahme des Verkehrs angesetzte Faktor von 3,12 berücksichtige zu Unrecht nicht die Beschränkung der Bettenzahl des aktuellen Hotelbetriebs, ist dies unzutreffend. Die Baugenehmigung vom 27. April 2005 enthält keine Einschränkung bezüglich der Bettenzahl. Ebenfalls zutreffend ist die Annahme in dem Verkehrsgutachten, dass auch externe Gäste im aktuellen Betrieb zulässig sind. Eine entgegenstehende Beschränkung findet sich in der Baugenehmigung vom 27. April 2005 nicht. Auch aus der Baugenehmigung für die Freischankfläche vom 19. März 2009 ergibt sich eine solche Einschränkung nicht. Allein die Vorhabenbezeichnung, wonach es sich um eine Freischankfläche zum bestehenden Hotelbetrieb handelt, bedeutet keine Beschränkung der Nutzung ausschließlich für Hotelgäste.
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Es ist unzutreffend, dass das Verkehrsgutachten davon ausgeht, die O.-G.-Straße wäre mindestens 4,51 m breit. Tatsächlich geht es davon aus, dass die O.-G.-Straße in Teilen schmaler ist und aufgrund dessen Ausbaumaßnahmen zur Verbreiterung der Straße vorgesehen werden müssen. Es trifft zwar zu, dass die Tabelle 7 der Richtlinie für die Anlage von Stadtstraßen (RASt 06), die im Übrigen keine zwingend einzuhaltenden Vorgaben trifft, auf die Fahrbahnbreite abstellt. Dies wurde jedoch im Gutachten entgegen der Annahme der Antragsteller so berücksichtigt. Letztlich kommt es darauf an, dass die Straße mit einer ausreichenden Fahrbahnbreite im Bebauungsplan festgesetzt ist. Ob die Straße tatsächlich den festgesetzten Fahrbahnbreiten entspricht, ist eine Frage des Vollzugs des Bebauungsplans und hat auf die Wirksamkeit des Bebauungsplans keinen Einfluss, da nicht mit hinreichender Sicherheit feststeht, dass die Vorgaben des Bebauungsplans insoweit nicht auch tatsächlich umgesetzt werden könnten. Das Verkehrsgutachten beurteilt auch die Verkehrssituation in der N.-Straße zutreffend. Das Gutachten geht mit nachvollziehbaren Annahmen davon aus, dass die Verkehrsbelastung von unter 400 Kfz-Fahrten/h liegt, daher aufgrund der Einstufung der Straße das Mischungsprinzip anwendbar ist und somit kein gesonderter Gehweg vorhanden sein muss. Den Antragstellern ist zwar zuzugeben, dass es – wie in höher gelegenen Gemeinden im Alpenvorland und Alpenraum verbreitet – bei stärkeren Schneefällen und anschließender Räumung zu einer weiteren Einengung des Verkehrsraums kommen kann. Dabei handelt es sich jedoch um einen vorübergehenden Zustand, der nicht dazu führt, dass generell von der Notwendigkeit einer größeren Straßenbreite auszugehen wäre.
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ff) Der Bebauungsplan ist auch nicht in Bezug auf das Landschaftsbild abwägungs-fehlerhaft. Die Antragsgegnerin hat sich in ihrer Abwägung ausführlich mit den landschaftspflegerischen Belangen auseinandergesetzt. Sie war sich der besonderen Bedeutung des Landschaftsbildes im Bereich des Bebauungsplangebiets bewusst und hat sich dezidiert mit dem geplanten Vorhaben und dessen Wirkung auf das Orts- und Landschaftsbild auseinandergesetzt. Es wurde insbesondere berücksichtigt, dass das Vorhabengrundstück weit oberhalb der Stadt am Hang liegt und – je nach Standort des Betrachters – eine deutliche Sichtbarkeit des geplanten Hotels besteht. Im Hinblick auf die gewählte Baugestaltung, die Festsetzungen zur Grünordnung und die Gliederung der Baukörper hat die Antragsgegnerin die Wirkungen des Vorhabens im Hinblick auf das Landschaftsbild nachvollziehbar für vertretbar erachtet, wobei sie in gerichtlich nicht zu beanstandender Weise dem gewichtigen städtebaulichen Ziel, den Fremdenverkehrsstandort Tegernsee zu stärken, den Vorzug gegeben hat. Eine unvertretbare Beeinträchtigung des Wirkungsbereichs des Schlosses Tegernsee hat die Antragsgegnerin nicht gesehen, was sowohl unter Aspekten des Denkmal- als auch des Orts- und Landschafts(bild) schutzes aufgrund der erheblichen Entfernung zwischen Ersterem und dem geplanten Vorhaben nicht beanstandet werden kann.
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gg) Es ist nicht ersichtlich, dass die Belange der Umwelt fehlerhaft abgewogen wurden. Insbesondere kann keine Rede davon sein, dass ungerechtfertigt Flächen aus einem Landschaftsschutzgebiet herausgenommen wurden, um die Planung durchführen zu können. Vielmehr wurde eine Befreiung gem. § 67 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG von § 3 Abs. 1 der einschlägigen Landschaftsschutzverordnung erteilt. Etwaiges rechtswidriges Verhalten des Vorhabenträgers in der Vergangenheit kann entgegen den Ausführungen in der Antragsbegründung keinen Einfluss auf den Umweltbericht haben. Insgesamt hat die Antragsgegnerin erkannt, dass die Realisierung des Vorhabens nicht unerhebliche negative Auswirkungen auf Belange der Umwelt hat, sich aber in der Abwägung für aus ihrer Sicht wichtigere Belange entschieden, die für die Realisierung des Vorhabens streiten. Den dabei ihr vom Gesetzgeber eingeräumten Planungs- und Beurteilungsspielraum hat sie damit nicht überschritten.
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hh) Ein Abwägungsfehler ergibt sich auch nicht aus einer mangelnden Wirtschaftlichkeit des Projekts. Zwar können ein Bebauungsplan oder einzelne seiner Festsetzungen an einem Abwägungsfehler leiden, wenn von Anfang an feststeht, dass mit ihrer Verwirklichung nicht gerechnet werden kann, etwa weil die festgesetzte Nutzung auf Dauer an ihrer unzureichenden Wirtschaftlichkeit scheitern muss (vgl. BVerwG, U.v. 29.9.1978 – IV C 30.76 – NJW 1979, 1516). Im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Bebauungsplan war hiervon allerdings nicht auszugehen. Die Antragsgegnerin hat sich im Rahmen der Abwägung mit dem vorgelegten Betriebskonzept befasst, dieses für nachvollziehbar und umsetzbar erachtet und im Rahmen einer Prognose keine erheblichen Risiken bezüglich der Wirtschaftlichkeit des Vorhabens gesehen. Hiergegen ist aus Sicht des Senats nichts zu erinnern. Eine an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit kann insoweit nicht gefordert werden. Die von den Antragstellern im Schriftsatz vom 10. März 2025 geltend gemachten Einwendungen gegen die prognostische Bejahung der Wirtschaftlichkeit überspannen insoweit die Anforderungen; ihnen kann nicht gefolgt werden.
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ii) Auch im Zusammenhang mit dem Durchführungsvertrag (§ 12 Abs. 1 Satz 1 BauGB) ist keine Fehlerhaftigkeit des Bebauungsplans zu erkennen. Der Durchführungsvertrag gilt im Gegensatz zur städtebaulichen Satzung nur zwischen den Parteien. Der Durchführungsvertrag muss vor dem Beschluss nach § 10 Abs. 1 BauGB gefasst werden; ohne vertragliche Sicherstellung der alsbaldigen Durchführung von Vorhaben und Erschließung wäre der vorhabenbezogene Bebauungsplan unzulässig bzw. materiell unwirksam. Der Durchführungsvertrag und der Bebauungsplan dürfen sich inhaltlich nicht widersprechen, weil sich die Durchführungsverpflichtung auf den Vorhaben- und Erschließungsplan und damit auf den Bebauungsplan bezieht. Zulässig ist es aber, in den Durchführungsvertrag weitere Elemente, etwa Detailfestlegungen, aufzunehmen (vgl. Busse in BeckOK BauGB, Spannowsky/Uechtritz, 66. Aufl. Stand 1.5.2025 § 12 Rn. 48 m.w.N.). Der Durchführungsvertrag muss eine Verpflichtung zur Verwirklichung der im Vorhaben- und Erschließungsplan bezeichneten fristgebundenen Vorhaben und ihrer Erschließung enthalten (vgl. Turiaux, Der Vorhabenbezogene Bebauungsplan gem. § 12 BauGB, NJW 1999, 391 (393)). Es kann bereits im Durchführungsvertrag vereinbart werden, dass eine Verlängerung der Durchführungsfrist mit Zustimmung der Gemeinde möglich ist. Während es sich bei der Durchführungsverpflichtung im Kern um ein vertraglich vereinbartes Baugebot handelt, entspricht die vertraglich zu vereinbarende Pflicht zur Durchführung der Erschließungsmaßnahmen einem Erschließungsvertrag. Daher muss im Durchführungsvertrag im Einzelnen geregelt werden, welche Erschließungsmaßnahmen vom Vorhabenträger durchzuführen sind. Auch bezüglich der Erschließungsmaßnahmen darf der Realisierungszeitraum nicht offenbleiben (vgl. Turiaux a.a.O. S. 393).
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Diesen von Rechtsprechung und Literatur entwickelten Anforderungen entspricht der im Zusammenhang mit dem streitgegenständlichen Bebauungsplan abgeschlossene Durchführungsvertrag im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Bebauungsplan. Er war nicht auszulegen, da er – im Normalfall – nicht Teil des Bebauungsplans und seiner Begründung ist (vgl. Busse in BeckOK BauGB, Spannowsky/Uechtriz, 66. Aufl., § 12 BauGB, Rn. 47). Eine Ausnahme von diesem Grundsatz lag hier nicht vor. Der Fertigstellungszeitraum des Vorhabens liegt nach den dortigen Regelungen nicht allein in den Händen des Vorhabenträgers. Zwar sind im Durchführungsvertrag für die Durchführung der Erschließungsarbeiten keine Fristen vorgegeben; allerdings ist nach § 3 Abs. 2.2 des Durchführungsvertrags mit der Bauausführung spätestens zwölf Monate nach Eintritt der Bestandskraft der jeweiligen Baugenehmigungen und Baufreigabe durch die Stadt zu beginnen. Voraussetzung für den Baubeginn ist nach § 9 Abs. 7 des Durchführungsvertrags zwingend, die Erschließungsmaßnahmen vor dem Beginn der Baumaßnahmen abzuschließen. Insofern ist es dem Vorhabenträger nicht freigestellt, wann er die Erschließungsmaßnahmen durchführt, da er die Frist für den Baubeginn des Vorhabens einzuhalten hat. Die vereinbarten Baufristen in § 3 Abs. 2.3 des Durchführungsvertrags sind nicht unrealistisch. Im Übrigen können nach § 3 Abs. 2.5 des Durchführungsvertrags sämtliche Fristen mit Zustimmung der Antragsgegnerin verlängert werden. Entgegen der Antragsbegründung hat die Antragsgegnerin auch nicht die Straßenbaulast an der O.-G.-Straße auf den Vorhabenträger übertragen, sondern die Herstellung der Erschließungsanlagen. Dies ist im Rahmen eines Erschließungsvertrages gem. § 11 Abs. 1 Nr. 1 BauGB ohne Weiteres möglich.
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Nach § 12 Abs. 1 BauGB muss der Vorhabenträger bereit und in der Lage sein, das Vorhaben durchzuführen. Mit diesen Merkmalen werden Anforderungen an die finanzielle, fachliche und rechtliche Fähigkeit des Vorhabenträgers gestellt. Die Feststellung, dass der Vorhabenträger zur Durchführung des Vorhabens und der Erschließung in der Lage ist, erfordert eine Prognoseentscheidung. Die planende Gemeinde soll sich eine gewisse Sicherheit darüber verschaffen, dass der Vorhabenträger die im Durchführungsvertrag übernommene Verpflichtung zur Durchführung des Vorhabens innerhalb einer bestimmten Frist voraussichtlich auch zu erfüllen vermag (vgl. BayVGH, U.v. 20.4.2011 – 15 N 10.1320 – BayVBl 2012, 110). Die finanzielle Leistungsfähigkeit und die Bereitschaft zur Durchführung der Maßnahmen muss zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses vorliegen. Der Vorhabenträger war im Zeitpunkt des Abschlusses des Durchführungsvertrages bzw. der Beschlussfassung über den Bebauungsplan Eigentümer der überplanten Flächen. Über die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit hat sich die Antragsgegnerin durch das Anschreiben der T.-PartGmbB vom 23. Januar 2020 in ausreichender Form Gewissheit verschafft. Darüber hinaus wurde die Baufreigabe an die Vorlage einer konkreten Finanzierungszusage durch die finanzierende Bank geknüpft. Es bestanden somit zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses keine begründeten Zweifel daran, dass der Vorhabenträger bereit und in der Lage ist, das Vorhaben durchzuführen.
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Die im Durchführungsvertrag enthaltene Beschränkung der Nutzung der Einrichtungen des Hotels auf Hotelgäste – und damit zwanglos Übernachtungsgäste – ist auch im Bebauungsplan (§ 1 Abs. 2) selbst enthalten, sodass insoweit keine Widersprüchlichkeit oder sonstige Fehlerhaftigkeit besteht.
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jj) Die Ausführungen der Antragsteller zu der Befahrbarkeit der Straßen während der Bauphase, des Einsatzes von Baumaschinen und der Schäden aufgrund von Bautätigkeiten an Nachbargrundstücken betreffen sämtlich den Vollzug des Bebauungsplans. Umstände, die im Zuge der Realisierung des Bebauungsplans auftreten, sind aufgrund ihrer zeitlichen Beschränktheit grundsätzlich nicht in die Abwägung einzubeziehen und können daher nicht zur Unwirksamkeit des Bebauungsplans führen (vgl. BayVGH, B.v. 22.3.2021 – 1 NE 20.2322 – juris). Das gilt auch dann, wenn die vollständige Realisierung des Planes mehrere Jahre in Anspruch nimmt (vgl. BVerwG, B.v. 12.3.1999 – 4 BN 6.99 – juris). Arbeiten zur Realisierung der durch einen Bebauungsplan ermöglichten Vorhaben stellen im Verhältnis zu diesen regelmäßig eigenständige Akte dar, gegen die selbstständig Rechtsschutz beansprucht werden kann (vgl. BVerwG, B.v. 12.3.1999 a.a.O. juris Rn. 6), was die Antragsteller auch bereits in die Wege geleitet haben bzw. hatten.
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kk) Der Bebauungsplan steht mit den Vorgaben des § 12 BauGB in Einklang. Das Vorhaben ist im Vorhaben- und Erschließungsplan hinreichend konkretisiert. Es gibt keine generelle Pflicht, stets Mindestmaße in einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan festzusetzen. Aus dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 2. Mai 2018 (4 BN 7.18 – juris) ergibt sich nichts anderes. Es hat dort nicht über die Frage entschieden, ob sich die erforderliche Konkretisierung eines Vorhabens im Wesentlichen schon aus dem vorhabenbezogenen Bebauungsplan ergeben muss oder ob es ausreicht, dass das Vorhaben im Vorhaben- und Erschließungsplan konkretisiert wird.
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ll) Die Festsetzung in § 1 Abs. 2 lit. a) der Satzung ist rechtmäßig. Die Festsetzung einer maximalen Bettanzahl betrifft die Art der baulichen Nutzung und ist damit von der Rechtsgrundlage § 11 Abs. 2 Satz 1 BauNVO gedeckt. Aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. Oktober 2019 (4 CN 8.18 – juris) ergibt sich nichts anderes. Dort ging es darum, dass die Regelung der Anzahl von Betrieben nicht von der Ermächtigungsgrundlage des § 11 Abs. 2 Satz 1 BauNVO gedeckt sei.
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4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 159 VwGO i.V.m. § 162 Abs. 3 VwGO. Es entsprach hier der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen den Antragstellern aufzuerlegen, da sich diese durch die Stellung eines eigenen Antrags ins Kostenrisiko gegeben hat (§ 154 Abs. 3 Hs. 1 VwGO entsprechend). Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 1 und 8 GKG.
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5. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.
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6. Die Revision war nicht zuzulassen, da kein Zulassungsgrund des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.