Inhalt

VG München, Beschluss v. 24.03.2025 – M 7 S 24.2006
Titel:

Widerruf waffenrechtliche Erlaubnisse, Widerruf sprengstoffrechtliche Erlaubnis, Unzuverlässigkeit, Eigener Umbau einer Waffe

Normenketten:
WaffG § 45 Abs. 2 S. 1
WaffG § 4 Abs. 1 Nr. 2
WaffG § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b
WaffG § 5 Abs. 2 Nr. 5
WaffG § 46
SprengG § 34 Abs. 2 S. 1
SprengG § 8 Abs. 1 Nr. 1
SprengG § 8a Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b
SprengG § 8a Abs. 1 Nr. 5
SprengG § 32 Abs. 5
Schlagworte:
Widerruf waffenrechtliche Erlaubnisse, Widerruf sprengstoffrechtliche Erlaubnis, Unzuverlässigkeit, Eigener Umbau einer Waffe
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 17.07.2025 – 24 CS 25.697
Fundstelle:
BeckRS 2025, 16984

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 8.750,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.
1
Der Antragsteller wendet sich in der Hauptsache gegen den Widerruf seiner Waffenbesitzkarten und seiner sprengstoffrechtlichen Erlaubnis sowie Folgeanordnungen mit Bescheid des Landratsamts M. (im Folgenden: Landratsamt) vom 20. März 2024.
2
Der Antragsteller teilte dem Landratsamt am ... November 2023 mit, dass er seinen „… Einzellader, Serien Nr. … in WBK gelb … LRA M. NWR ID …“ nach telefonischer Rücksprache mit einem Mitarbeiter des Landratsamts auf Mehrladefunktion zurückgebaut habe, und bat um den Übertrag der Mehrladefunktion in seine „WBK gelb … LRA M.“.
3
Im Rahmen der Anhörung zu beabsichtigten waffenrechtlichen Widerrufsmaßnahmen trugen die früheren Bevollmächtigten des Antragstellers mit Schreiben vom 6. Dezember 2023 vor, der Antragsteller sei seit dem Jahr … Mitglied beim BSSB und dort „ … Referent“ bei der Schützengilde … Die ganzen Jahre sei sein Verhalten und sein Umgang mit Schusswaffen einwandfrei und ohne Beanstandung gewesen. Im August 2023 sei er dann dem BDS beigetreten. Dort werde die Disziplin „Mehrlader Büchse“ in mehreren Kalibern angeboten und geschossen. Das hier fragliche Gewehr sei seinerzeit als „Kleinkaliber UHR als Einzellader“ in die alte WBK („Gelb“) eingetragen worden. Um regelkonform mit dieser Waffe an Wettkämpfen etc. des BDS teilzunehmen, sei ein Rückbau zum „Mehrlader“ erforderlich gewesen. Die Waffe mit dem Baujahr … sei den damaligen Anforderungen entsprechend mit der Verklebung des Magazinrohrs, welches kein wesentlicher Bestandteil der Waffe sei, als Einzellader registriert worden. Die Waffe habe der Antragsteller … gekauft. Er habe Ende Oktober 2023 bei dem Landratsamt telefonisch nachgefragt, wie in einem solchen Fall zu verfahren sei. Er habe dort mit dem Mitarbeiter Herrn M … (phon.) gesprochen. Dieser habe die Auskunft gegeben, es sei kein Problem. Er dürfe die Verklebung des Magazinrohrs selbst entfernen und solle danach eine „kurze“ Mitteilung an das Landratsamt machen. Die Waffe würde dann als „Mehrlader“ umgetragen. Die Verklebung (Holzstopfen) sei dann vom Antragsteller auf Grund dieser Auskunft mit Lösungsmitteln aus dem Magazinrohr entfernt worden. Die Waffe an sich sei völlig unversehrt geblieben. Entsprechende Fotos seien beigefügt. Die Entfernung einer Verklebung aus dem Magazinrohr betreffe keinen wesentlichen oder gefahrträchtigen Bauteil der Waffe. Die Funktion der Waffe an sich bleibe völlig gleich. Es liege somit schon gar keine „Bearbeitung“ einer Schusswaffe vor.
4
Der Sachbearbeiter des Landratsamts Herr M* … führte in einem Aktenvermerk vom 11. Dezember 2023 aus, es sei ihm nicht möglich, sich an die genauen Details des Telefonats zu erinnern, da sie ständig Anfragen zu Umbauten von Waffen und sämtlichen anderen Bereichen bekämen, die das Waffenrecht beträfen. Er gebe aber mit Sicherheit nicht die Auskunft, dass Waffen von Privatpersonen selbst umgebaut werden könnten.
5
Mit Bescheid vom 20. März 2024, dem Bevollmächtigten des Antragstellers am 26. März 2023 zugegangen, widerrief das Landratsamt die dem Antragsteller ausgestellten (vier) waffenrechtlichen Erlaubnisse – Waffenbesitzkarten Nrn. … und … sowie Waffenbesitzkarten für Sportschützen Nrn. … und … (Nr. 1). Zudem wurde die sprengstoffrechtliche Erlaubnis nach § 27 SprengG des Antragstellers (Nr. …, zuletzt bis einschließlich 5. Februar 2028 verlängert) widerrufen und hierzu weiter ausgeführt, dass mit dem Tag der Zustellung des Bescheids die erteilte Erlaubnis zum Erwerb, Umgang (auch Aufbewahrung) und Beförderung von Nitrozellulosepulver erloschen sei (Nr. 2). Der Antragsteller wurde verpflichtet, die in seinem Besitz befindlichen (im Folgenden einzeln aufgelisteten elf) Waffen (bzw. Wechselsysteme) und ggf. Munition bis spätestens einen Monat nach Zustellung des Bescheids einem Berechtigten zu überlassen oder unbrauchbar zu machen und dies dem Landratsamt schriftlich nachzuweisen (Nr. 3). Weiter wurde angeordnet, dass der Antragsteller den vollständigen, sich noch in seinem Besitz befindlichen Bestand an Nitrozellulosepulver binnen eines Monats ab Zustellung des Bescheids an einen Berechtigten überlasse oder unbrauchbar mache bzw. machen lasse. Dies sei dem Landratsamt ebenfalls unverzüglich nach Erledigung schriftlich nachzuweisen (Nr. 4). Die in Nr. 1 genannten Originalausfertigungen der waffenrechtlichen Erlaubnisse sowie die in Nr. 2 genannte sprengstoffrechtliche Erlaubnis seien innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung des Bescheids dem Landratsamt zu übergeben (Nr. 5). Die Nrn. 1 und 2 des Bescheids seien kraft Gesetzes sofort vollziehbar. Die sofortige Vollziehung der Nrn. 3 bis 5 des Bescheids werde angeordnet (Nr. 6). Sollte der Antragsteller die Nr. 5 des Bescheids nicht innerhalb der gewährten Frist erfüllen. Werde ein Zwangsgeld in Höhe von 200,- Euro pro Dokument zur Zahlung fällig. Für den Fall der Nichterfüllung sei auch die Anordnung von mehrfach gesteigertem Zwangsgeld zulässig (Nr. 7). Falls der Antragsteller den Verpflichtungen in Nrn. 3 und 4 nicht innerhalb der gesetzten Frist nachkomme, würden die Waffen und Munition sowie das Nitrozellulosepulver kostenpflichtig sichergestellt. Sofern der Antragsteller nicht innerhalb eines Monats nach Sicherstellung gegenüber dem Landratsamt einen empfangsbereiten Berechtigten benenne, werde die Einziehung und Verwertung oder Vernichtung der sichergestellten Waffen, Munition bzw. Nitrozellulosepulver angeordnet (Nr. 8). Dem Antragsteller wurden die Kosten des Verfahrens auferlegt und Gebühren und Auslagen in Höhe von insgesamt 253,07 Euro festgesetzt (Nr. 9).
6
Der Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnisse wurde auf § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 2 WaffG i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG gestützt. Der Rückbau der als Einzelladerbüchse eingetragenen Waffe auf Mehrladefunktion stelle einen nicht sachgemäßen Umgang mit der Waffe im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG dar. Zum nicht sachgemäßen Umgang seien auch Fälle zu rechnen, in denen die dem Schutz vor den Gefahren von Gegenständen dienenden Vorschriften missachtet würden. Dazu zählten insbesondere auch Missachtungen von Regelungen, die staatliche Kontrolle gewährleisten oder erleichtern sollten. Für eine solche an der Waffe vorgenommene Arbeit hätte der Antragsteller eine Erlaubnis gemäß § 26 Abs. 1 Satz 1 WaffG benötigt, die zur nicht gewerbsmäßigen Herstellung, Bearbeitung oder Instandsetzung von Schusswaffen durch einen Erlaubnisschein erteilt werde. Gemäß § 1 Abs. 4 WaffG i.V.m. Anlage 1 Abschnitt 2 Nr. 8.2.1 werde eine Schusswaffe insbesondere bearbeitet, wenn sie verkürzt, in der Schussfolge verändert oder so geändert werde, dass andere Munition oder Geschosse anderer Kaliber aus ihr verschossen werden könnten (Umbau). Eine Veränderung der Schussfolge liege z.B. beim Umbau eines Einzelladers zu einer Repetierwaffe vor. Durch die Entfernung der Verklebung im Magazinrohr habe der Antragsteller die Einzelladerbüchse zum Mehrlader umgebaut. An der Aussage des Mitarbeiters der Waffenbehörde, wonach dieser mit Sicherheit keine Auskunft gebe, dass Waffen von Privatpersonen selbst umgebaut werden könnten, bestünden keine Zweifel, da er mit den diesbezüglichen Regelungen des Waffengesetzes vertraut sei. Der sorglose Umgang mit seiner erlaubnispflichtigen Waffe rechtfertige die Prognose, dass der Antragsteller auch zukünftig mit Waffen und Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen werde. Im Bereich des Waffenrechts könne angesichts der erheblichen Gefahren, die von Waffen und Munition für hochrangige Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit ausgingen, ein Restrisiko nicht hingenommen werden. Bei einem solch gröblichen Verstoß gegen das Waffengesetz sei daher der Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnis unumgänglich. Der Widerruf der sprengstoffrechtlichen Erlaubnis wurde auf § 34 Abs. 2 Satz 1 SprengG i.V.m. § 8 Abs. 1 Nr. 1 SprengG i.V.m. § 8a Abs. 2 Nr. 5 SprengG gestützt. Besondere Umstände, die im Fall des Antragstellers ein Abweichen von der Regelvermutung rechtfertigen würden, seien nicht ersichtlich. Nach geltender Rechtslage sei es zudem nicht von Bedeutung, dass keine sprengstoffrechtliche Verfehlung zugrunde liege. Somit könne davon ausgegangen werden, dass der Antragsteller keine Gewähr mehr für die Zuverlässigkeit biete, welche für eine sprengstoffrechtliche Erlaubnis zwingend erforderlich sei. Die Anordnung in Nr. 3 des Bescheids wurde auf § 46 Abs. 2 Satz 1 WaffG gestützt. Die Anordnung verfolge einen legitimen Zweck, sei geeignet, mit ihr den angestrebten Zweck zu erreichen, sei erforderlich, da kein milderes Mittel ersichtlich sei und schließlich auch angemessen. Auch die Frist sei angemessen, sodass es dem Antragsteller auch möglich sei, dieser Verpflichtung fristgerecht nachzukommen. Die Anordnung in Nr. 4 des Bescheids wurde auf § 32 Abs. 5 Satz 1 SprengG gestützt. Auch diese Anordnung verfolge einen legitimen Zweck, sei geeignet, mit ihr den angestrebten Zweck zu erreichen, sei erforderlich, da kein milderes Mittel ersichtlich sei und schließlich auch angemessen. Auch die Frist sei angemessen, sodass es dem Antragsteller auch möglich sei, dieser Verpflichtung fristgerecht nachzukommen. Die Anordnung in Nr. 5 wurde auf § 46 Abs. 1 Satz 1 WaffG und § 35 Abs. 2 SprengG, Art. 52 BayVwVfG gestützt. Die sofortige Vollziehung der Nrn. 3, 4 und 5 des Bescheids habe gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO im überwiegend öffentlichen Interesse angeordnet werden können, da bei Ausschöpfung der möglichen Rechtsmittel unter Umständen ein sehr langer Zeitraum bis zur Wirksamkeit des Bescheids verginge, währenddessen die Überlassung bzw. Unbrauchbarmachung der Waffen und explosionsgefährlichen Stoffe und die Rückgabe der sprengstoffsowie waffenrechtlichen Dokumente nicht vollzogen werden könnten. Wegen des besonderen Sicherheitsbedürfnisses im Bereich des Sprengstoff- und Waffenrechts und wegen der Gefahren für das Leben und die Gesundheit Dritter durch eventuellen Missbrauch von Schusswaffen sei eine rasche Durchsetzung der getroffenen Anordnungen erforderlich. Die Abwägung des öffentlichen Interesses gegenüber dem privaten Interesse des Antragstellers, die Waffen, das Nitrozellulosepulver und die Erlaubnisdokumente bis zur Unanfechtbarkeit des Bescheids zu besitzen, ergebe einen Vorrang der öffentlichen Belange. Besondere Umstände bei dem Antragsteller seien diesbezüglich nicht ersichtlich. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gründe des Bescheids Bezug genommen.
7
Am … April 2024 erhob der Bevollmächtigte des Antragstellers Klage (M 7 K 24.2004) und stellte einen Eilantrag.
8
Zur Begründung wurde vorgetragen, der angefochtene Bescheid stütze sich auf falsche Tatsachen. Der Antragsteller habe das Röhrenmagazin eines seiner Unterhebelrepetierer chemisch dahingehend behandelt, dass der dort verklebte Holzstab, welcher bisher die Zuführung von Patronen blockiert hätte, gelöst worden sei. Der Behördenmitarbeiter habe dem Antragsteller die Auskunft gegeben, dass es für die Behörde kein Problem sei, wenn er die Waffe umbaue. Das Röhrenmagazin eines Repetiergewehrs sei kein wesentliches Teil einer Waffe im Sinne der Anlage 1 Abschnitt 1 Unterabschnitt 1 Nr. 1.3, welches ausgetauscht, geändert oder in seiner Haltbarkeit beeinträchtigt worden sei. Auch sei das nicht wechselbare Röhrenmagazin nicht für mehr als 10 Patronen ausgelegt. Die Legaldefinition der Magazine finde sich in Anlage 1 Abschnitt 1 Unterabschnitt 1 Nr. 4.4. Die sog. verbotenen Magazine seien in Anlage 2 Abschnitt 1 Nrn. 1.2.4.3 bis 1.2.4.5 benannt. Als fest verbautes Langwaffenmagazin für ein Repetiergewehr mit weniger als 10 Schuss unterfalle auch das modifizierte Röhrenmagazin nicht der Verbotsnorm. Als Ersatzteil sei es frei im Handel erwerblich. Die sog. „alte WBK“ sei am 11. Oktober 2020 von der „neuen“ Gelben WBK nach § 14 Abs. 4 WaffG abgelöst worden. Wer noch im Besitz einer „alten“ Gelben WBK (§ 28 Abs. 2 WaffG) sei, könne nach dem Wortlaut nur Einzelladerwaffen mit glatten und gezogenen Läufen (Büchsen und Flinten) mit einer Länge von mehr als 60 cm erwerben. Gelegentlich sei auf der „alten“ WBK unter „Amtliche Eintragungen“ die neue gültige Fassung des § 14 WaffG vermerkt worden. Sei einem Sportschützen die „alte“ Gelbe WBK in eine „neue“ Gelbe WBK (§ 14 Abs. 6 WaffG) umgeschrieben worden, könne er z.B. bis zu 10 „Einzellader-Langwaffen mit glatten und gezogenen Läufen (Flinten und Büchsen) mehrschüssige Repetier-Langwaffen mit gezogenen Läufen (Büchsen)“ erwerben. Tatsächlich biete der BDS, bei welchem der Antragsteller Mitglied sei, auch die Disziplin „Mehrlader Büchse“ (mit Repetiervorrichtung) an. Der Gesetzgeber habe – wohl im Hinblick auf die europäischen Waffengesetze – diese Waffen, welche alle zu der Kategorie C gehörten, gleichgestellt. Der Formalverstoß des Antragstellers – soweit überhaupt vorliegend – dürfte als gering anzusehen sein. Auch habe ihm die Behörde nicht den Umbau untersagt oder ihm davon abgeraten. Nach seinen Angaben habe er sogar „grünes Licht“ für den Rückbau erhalten. Durch Straftaten sei der Antragsteller ebenfalls nicht aufgefallen. Im vorliegenden Fall spreche nichts dafür, dass der Antragsteller durch einen Waffenmissbrauch das Gemeinwesen stören werde. Hierfür gebe es vorliegend keine Anhaltspunkte, der Widerrufsbescheid stelle auch keinen faktenbasierten Zusammenhang zu einem zu befürchtenden Waffenmissbrauch her. Noch nie zuvor habe der Antragsteller Auffälligkeiten im Zusammenhang mit seinem Waffenbesitz gezeigt. Auch eine Unzuverlässigkeit nach § 8a SprengG – ein spezifisch sprengstoffrechtlicher Verstoß – liege nicht vor. Zur Begründung des Eilantrags wurde weiter ausgeführt, der Lebenssachverhalt, welcher dem Widerrufsbescheid zugrunde liege und den Sofortvollzug stützen solle, sei nicht ausreichend evaluiert. Der Antragsteller trage vor, dass er durch die Behörde darin bestätigt worden sei, den streitgegenständlichen Umbau vorzunehmen. Dieser sei ohne großen Aufwand erfolgt. Die Begründung des Bescheids, insbesondere die Ausführungen zum Sofortvollzug, seien rechtlich nicht haltbar. Auf die Modifizierung des Magazinhohlrohrs durch geringste Einwirkungen werde im Zusammenhang mit dem Sofortvollzug nicht eingegangen. Der Widerrufsbescheid stelle lediglich allgemeine Erwägungen zum Thema Sofortvollzug an, er stelle aber nicht kausal den Zusammenhang zu einem möglichen, zu befürchtenden Waffenmissbrauch des langjährig unbescholtenen Antragstellers her. Einen derartigen Zusammenhang gebe es auch in seiner Person nicht. Auch werde bei dem Abwägungsvorgang zwischen den Interessen des Antragstellers und der Allgemeinheit nicht die Schwere eines eventuellen Verstoßes gewichtet. Das Verhältnismäßigkeitsprinzip gebiete es, den Verstoß zu gewichten, bevor er in einen Abwägungsvorgang einbezogen werde. Vorliegend sei mit Billigung der Behörde eine minimale Veränderung (chemische Lösung eines Klebstoffs) vorgenommen worden. Es spreche nichts dafür, dass der Antragsteller Waffen missbräuchlich verwende. Der Antrag erweise sich als begründet, denn das private Interesse des Antragstellers, welcher langjähriger Schütze sei und dort auch sozial verankert sei, an einem vorläufigen Aufschub der Verfügungen überwiege das öffentliche Interesse an deren sofortigen Vollziehung. Bei der im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen und auch ausreichenden summarischen Prüfung erweise sich der Ausgang der Klage des Antragstellers als offen. Die vorzunehmende Abwägung der sorgsam zu ermittelnden und zu gewichtenden wechselseitigen Interessen führe zu dem Ergebnis, dass dem Aussetzungsinteresse des Antragstellers für die Dauer des Hauptsacheverfahrens Vorrang vor dem Vollzugsinteresse des Antragsgegners gebühre. Vorliegend könne nämlich der Vollzug des Bescheids ohne schwerwiegende Beeinträchtigung der öffentlichen Interessen aufgeschoben werden. Unterfertigter verkenne bei dieser Bewertung nicht, dass bei Entscheidungen der Behörde nach dem Waffengesetz wegen mangelnder persönlicher Eignung oder Unzuverlässigkeit des Waffeninhabers regelmäßig ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung bestehe, um die Gefahr, die von einem unzuverlässigen Waffenbesitzer ausgehe, möglichst bald zu beseitigen. Aus den besonderen Umständen des vorliegenden Falles, nämlich der belegbar überdurchschnittlichen Seriosität des Antragstellers, welcher als langjähriger Schütze auch Ehrenämter innehabe, ergebe sich indes eine hiervon abweichende Bewertung der beiderseitigen Interessen. Es lasse sich aufgrund des bisherigen untadeligen Verhaltens des betagten Antragstellers (insbesondere in waffenrechtlichen Belangen) keine von ihm ausgehende Gefahr für Dritte und keine erhebliche Gefahr einer Eigenverletzung erkennen. Daher erscheine die sofortige Vollziehung der Rücknahme der waffenrechtlichen Erlaubnisse nicht dringlich oder geboten.
9
Der Antragsteller beantragt,
Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid des Landratsamts M. vom 20. März 2024, Ziff. 1 und 2 wird angeordnet. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid des Landratsamts M. vom 20. März 2024, Ziff. 3, 4, 5, 6 wird wiederhergestellt.
10
Der Antragsgegner beantragt,
Der Antrag ist als unbegründet abzuweisen.
11
Hierzu führte das Landratsamt mit Schriftsatz vom 13. Mai 2024 aus, der Umbau eines Einzelladers in eine Repetierwaffe stelle eine Bearbeitung einer Schusswaffe dar (Anlage 1 Abschnitt 2 Nr. 8.2.1 zum WaffG). Hierbei sei es nicht relevant, dass der Umbau technisch einfach und auch von einem Laien durchführbar sei. Es spiele auch keine Rolle, dass das nicht wechselbare Röhrenmagazin kein wesentliches Teil im Sinne der Anlage 1 Abschnitt 1 Unterabschnitt 1 Nr. 1.3 zum WaffG sei. Durch die Bearbeitung des Röhrenmagazins werde eine Veränderung der Schussfolge erwirkt, was einen Umbau der kompletten Waffe vom Einzellader in einen Mehrlader zur Folge habe. Die Bearbeitung einer Schusswaffe dürfe nur durch einen Inhaber einer gewerblichen WaffenherstelIungserIaubnis (§ 21 WaffG) oder durch eine Person mit einer Erlaubnis zur nichtgewerbsmäßigen Herstellung, Bearbeitung oder Instandsetzung von Schusswaffen (§ 26 WaffG) durchgeführt werden. Die Bearbeitung einer Waffe ohne Erlaubnis nach § 26 Abs. 1 Satz 1 WaffG sei ein Straftatbestand nach § 52 Abs. 3 Nr. 3 WaffG und damit ein gröblicher Verstoß gegen das Waffengesetz. Es handele sich daher nicht um einen Formalverstoß, der als geringfügig anzusehen sei. Zur Auskunft des Behördenmitarbeiters sei nochmals zu bemerken, dass dieser niemals einem Waffenbesitzer mitteilen würde, dass er selbst seine Waffe umbauen dürfe. Wahrscheinlicher sei, dass die Auskunft gegeben worden sei, dass es kein Problem sei, die Änderung der Eintragung in der Waffenbesitzkarte von Einzelladerbüchse in Repetierbüchse vornehmen zu lassen, nachdem die Waffe von einem Büchsenmacher umgebaut und der Umbau durch Vorlage einer Bescheinigung nachgewiesen worden sei. Durch den gröblichen Verstoß gegen das Waffengesetz sei der Antragsteller auch im sprengstoffrechtlichen Sinne unzuverlässig (§ 8a Abs. 2 Nr. 5 SprengG). Ein spezifisch sprengstoffrechtlicher Verstoß sei nicht notwendig. Das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheids überwiege das Interesse des Antragstellers an der Aussetzung der Vollziehung bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache. Die Prüfung der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit sei dabei anhand einer umfassenden Einbeziehung und Bewertung aller Tatsachen vorzunehmen, die für die zu treffende zukunftsbezogene Beurteilung bedeutsam sein könnten. Die erforderliche Prognose habe sich insbesondere am ordnungsrechtlichen Zweck des Waffengesetzes zu orientieren (vgl. § 1 Abs. 1 WaffG), nämlich die Allgemeinheit vor den schweren Folgen eines nicht ordnungsgemäßen Umgangs mit Waffen zu bewahren. Dabei werde nicht der Nachweis verlangt, dass der Betroffene mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen werde, sondern es genüge vielmehr eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für einen nicht ordnungsgemäßen Umgang mit Waffen, wobei ein Restrisiko nicht hingenommen werden müsse. Entscheidend sei eine nach objektivem Gewicht und Vorwerfbarkeit schwerwiegende Zuwiderhandlung. Das objektive Gewicht und die Vorwerfbarkeit des vom Antragsteller begangenen Verstoßes zeige sich auch daran, dass mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft werde, wer ohne Erlaubnis nach § 2 Absatz 2 WaffG i.V.m. Anlage 2 Abschnitt 2 Unterabschnitt 1 Satz 1 i.V.m. § 26 Abs. 1 Satz 1 WaffG eine Schusswaffe herstelle, bearbeite oder instand setze. Hinzu komme die mangelnde Einsicht des Antragstellers, dass er den Umbau nicht selbst hätte vornehmen dürfen.
12
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte, die Gerichtsakte im Klageverfahren (M 7 K 24.2004) sowie die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
II.
13
Der zulässige Antrag hat keinen Erfolg.
14
Der Antrag ist darauf gerichtet, dass die aufschiebende Wirkung der Klage bezüglich der Nrn. 1 und 2 des streitgegenständlichen Bescheids angeordnet und bezüglich der Nrn. 3, 4 und 5 wiederhergestellt wird.
15
Der Antrag ist unbegründet, da die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Nrn. 3, 4 und 5 des Bescheids formell rechtmäßig ist und das (insbesondere bezüglich des Widerrufs in Nrn. 1 und 2 des Bescheids kraft Gesetzes bestehende – vgl. § 45 Abs. 5 WaffG, § 34 Abs. 5 SprengG – öffentliche Vollzugsinteresse das Interesse des Antragstellers an der Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner in der Hauptsache erhobenen Klage überwiegt.
16
Für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist dabei maßgeblich auf den Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, hier des Bescheidserlasses, abzustellen. Im Folgenden werden daher die Vorschriften in der zu diesem Zeitpunkt (bis 30. Oktober 2024) gültigen (alten) Fassung des Waffengesetzes herangezogen.
17
Die behördliche Sofortvollziehbarkeitsanordnung betreffend die Nrn. 3, 4 und 5 des Bescheids ist formell rechtmäßig. Die von der Waffenbehörde vorgebrachte Begründung – an die keine übermäßig hohen Anforderungen zu stellen sind (vgl. Hoppe in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 80 Rn. 55 m.w.N.) – genügt formell den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO, da es sich dabei um eine auf den konkreten Fall abstellende, nicht lediglich formelhafte schriftliche Begründung des besonderen öffentlichen Interesses an der sofortigen Vollziehbarkeit des Verwaltungsakts handelt. Es reicht dabei jede schriftliche Begründung, die zu erkennen gibt, dass die anordnende Behörde eine Anordnung des Sofortvollzugs im konkreten Fall für geboten erachtet. Die Begründung muss kenntlich machen, dass sich die Behörde bewusst ist, von einem rechtlichen Ausnahmefall Gebrauch zu machen (vgl. Hoppe in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 80 Rn. 55). Im Bereich des Sicherheitsrechts sind die Anforderungen an die Begründung der Anordnung eines Sofortvollzugs ohnehin gering, weil es um den Schutz von Leben und Gesundheit geht und deshalb der Sofortvollzug in der Regel bereits aus der Natur der Sache begründet ist (vgl. BayVGH, B.v. 15.8.2008 – 19 CS 08.1471 – juris Rn. 3; B.v. 23.3.2006 – 19 CS 06.456 – juris Rn. 12). § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO verpflichtet die Behörde nicht, eine Begründung zu geben, die ausschließlich auf den konkreten Einzelfall zutrifft oder eine im Einzelfall bestehende konkrete Gefahr darlegt. Gerade dann, wenn – wie insbesondere im Sicherheitsrecht – immer wiederkehrenden Sachverhaltsgestaltungen eine typische Interessenlage zugrunde liegt, kann sich die Behörde – wie hier geschehen – zur Rechtfertigung der Anordnung der sofortigen Vollziehung vielmehr darauf beschränken, die für diese Fallgruppen typische Interessenlage aufzuzeigen und deutlich zu machen, dass diese Interessenlage nach ihrer Auffassung auch im konkreten Fall vorliegt (vgl. OVG NW, B.v. 25.8.2010 – 20 B 613/10 – juris Rn. 5).
18
Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 VwGO ganz oder teilweise anordnen, im Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ganz oder teilweise wiederherstellen. Das Gericht trifft dabei eine originäre Ermessensentscheidung. Es hat bei seiner Entscheidung über die Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung abzuwägen zwischen dem kraft Gesetzes bestehenden beziehungsweise von der Behörde geltend gemachten Interesse an der sofortigen Vollziehung ihres Bescheids und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs. Bei dieser Abwägung sind auch die Erfolgsaussichten der Hauptsache als wesentliches, wenn auch nicht alleiniges Indiz für die vorzunehmende Interessenabwägung zu berücksichtigen. Ergibt die im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO allein mögliche, aber auch ausreichende summarische Prüfung, dass der Hauptsacherechtsbehelf offensichtlich bzw. mit hoher Wahrscheinlichkeit erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid schon bei summarischer Prüfung als offensichtlich bzw. mit hoher Wahrscheinlichkeit rechtswidrig, besteht kein öffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens nicht hinreichend absehbar, verbleibt es bei einer (dann reinen) Interessenabwägung.
19
Vorliegend ergibt die summarische Prüfung, dass vieles dafür sprechen dürfte, dass sich der Bescheid, soweit er hier streitgegenständlich ist, als rechtmäßig erweisen wird und den Antragsteller daher nicht in seinen Rechten verletzen dürfte (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Nach summarischer Prüfung dürften sich keine schwerwiegenden Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Widerrufs der waffenrechtlichen und sprengstoffrechtlichen Erlaubnisse in Nrn. 1 und 2 des Bescheids und den hierzu ergangenen Folgeanordnungen in Nrn. 3, 4 und 5 des Bescheids ergeben. Jedenfalls stellen sich die streitgegenständlichen Verfügungen bei der im Rahmen des vorliegenden Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage nicht als offensichtlich rechtswidrig dar. Unabhängig davon, dass eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg der Klage in der Hauptsache insoweit wohl nicht angenommen werden kann, würde selbst bei offenen Erfolgsaussichten vorliegend das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit des Widerrufs der waffenrechtlichen und sprengstoffrechtlichen Erlaubnisse sowie an den hierzu ergangenen streitgegenständlichen Folgeanordnungen das Interesse des Antragstellers an der Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage überwiegen.
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Der Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnisse (Waffenbesitzkarten) in Nr. 1 des Bescheids dürfte nach summarischer Prüfung wohl gerechtfertigt sein, jedenfalls erweist er sich nicht als offensichtlich rechtswidrig.
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Gemäß § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG ist eine waffenrechtliche Erlaubnis – vorliegend die Waffenbesitzkarten – zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen. Eine waffenrechtliche Erlaubnis ist nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1 WaffG zu versagen, wenn der Antragsteller nicht die erforderliche Zuverlässigkeit i.S.v. § 5 WaffG besitzt. Bei der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit im Sinne des § 5 WaffG handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, dessen Auslegung und Anwendung der uneingeschränkten Prüfung durch die Verwaltungsgerichte unterliegt.
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Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG besitzen Personen die erforderliche Zuverlässigkeit nicht, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie Waffen oder Munition missbräuchlich oder leichtfertig verwenden werden (Buchst. a) oder dass sie mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen oder diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahren werden (Buchst. b) oder Waffen oder Munition Personen überlassen werden, die zur Ausübung der tatsächlichen Gewalt über diese Gegenstände nicht berechtigt sind (Buchst. c). Die erforderliche Zuverlässigkeit besitzen in der Regel auch Personen nicht, die wiederholt oder gröblich gegen die Vorschriften des Waffengesetzes, des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen, des Sprengstoffgesetzes oder des Bundesjagdgesetzes verstoßen haben (vgl. § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG).
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In dem für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheidserlasses dürften Tatsachen vorgelegen haben, welche geeignet sind, die Unzuverlässigkeitsprognose gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG zu rechtfertigen.
24
Über die waffenrechtliche Zuverlässigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG ist aufgrund einer Prognose des künftigen Verhaltens zu entscheiden, deren Maßstab dem Gesetzeszweck Rechnung zu tragen hat. Es muss stets und umfassend dem Zweck des Waffengesetzes Rechnung getragen werden, der darin besteht, die Risiken, die mit jedem Waffenbesitz verbunden sind, auf ein Mindestmaß zu beschränken. Das Gebot der Risikominimierung ist Ausdruck der dem Waffengesetz insgesamt zu Grunde liegenden präventiven Gefahrenvorsorge. Daraus folgt, dass nur solche Personen als zuverlässig gelten können, bei denen die tatsächlichen Umstände keinen vernünftigen Zweifel zulassen, dass sie mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen werden (vgl. BVerwG in stRspr, zuletzt B.v. 20.1.2022 – 6 B 9/21 – juris Rn. 16 m.w.N.). In Anbetracht des Sinns und Zwecks der gesetzlichen Regelungen in § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG und der erheblichen Gefahren, die von Waffen und Munition für hochrangige Rechtsgüter ausgehen, ist für die gerichtlich uneingeschränkt nachprüfbare Prognose nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG kein Nachweis erforderlich, dass der Betroffene mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit einen in § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG normierten Unzuverlässigkeitstatbestand verwirklichen wird. Ausreichend ist vielmehr, dass eine hinreichende Wahrscheinlichkeit hierfür besteht (vgl. BVerwG, U.v. 28.1.2015 – 6 C 1/14 – juris Rn. 17). Unter Berücksichtigung des strikt präventiven, auf die Umsetzung grundrechtlicher Schutzpflichten gerichteten Regelungskonzepts des Waffengesetzes ist die Prognose der Unzuverlässigkeit nur dann nicht gerechtfertigt, wenn die Tatsachen, auf die sie gestützt ist, nach aller Lebenserfahrung kein plausibles Risiko dafür begründen, dass der Betroffene künftig Verhaltensweisen im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG begehen werde (vgl. BVerwG, U.v. 28.1.2015 – 6 C 1.14 – juris Rn. 17). An die von § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG geforderte Prognose, ob Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass zukünftig eine der in der Vorschrift aufgeführten Verhaltensweisen verwirklicht wird, dürfen keine überhöhten Anforderungen gestellt werden (vgl. NdsOVG, B.v. 10.11.2023 – 11 ME 363/23 – juris Rn. 29; B.v. 27.5.2024 ‒ 11 LB 508/23 ‒ juris Rn. 42). Die Prüfung der Zuverlässigkeit ist anhand einer umfassenden Einbeziehung und Bewertung aller Tatsachen vorzunehmen, die für die zu treffende zukunftsbezogene Beurteilung bedeutsam sein können (vgl. BVerwG, B.v. 31.1.2008 – 6 B 4/08 – juris Rn. 5). Wird im Rahmen der anzustellenden Prognose von einem in der Vergangenheit gezeigten, hinter den Anforderungen zurückbleibenden Verhalten als Tatsache auf das in Zukunft zu erwartende Verhalten des Betroffenen geschlossen, muss im Bereich des Waffenrechts kein Restrisiko hingenommen werden. Vor diesem Hintergrund kann auch bereits ein einmaliger Verstoß (z.B. gegen waffenrechtliche Aufbewahrungspflichten) die Feststellung der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit rechtfertigen (vgl. NdsOVG, U.v. 27.5.2024 ‒ 11 LB 508/23 ‒ juris Rn. 42 m.w.N.; vgl. auch VG Düsseldorf, B.v. 18.9.2024 – 22 L 1895/24 – juris Rn. 43 ff.m.w.N.).
25
Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe dürften hier Tatsachen vorliegen, die geeignet sind, die Annahme zu rechtfertigen, dass der Antragsteller mit Waffen auch in Zukunft nicht sachgemäß umgehen wird.
26
Der Antragsteller hat (nichtgewerbsmäßig) eine erlaubnispflichtige Schusswaffe bearbeitet, ohne im Besitz der hierfür erforderlichen Erlaubnis nach § 26 Abs. 1 Satz 1 WaffG zu sein. Dieses Verhalten stellt einen nicht sachgemäßen Umgang mit der Waffe im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG dar.
27
Das Waffengesetz regelt den Umgang mit Waffen oder Munition unter Berücksichtigung der Belange der öffentlichen Sicherheit und Ordnung (vgl. § 1 Abs. 1 WaffG). Gemäß § 1 Abs. 3 WaffG hat Umgang mit einer Waffe auch derjenige, der diese bearbeitet. Der Umgang mit erlaubnispflichtigen Waffen bedarf grundsätzlich der Erlaubnis (vgl. § 2 Abs. 2 WaffG). Eine Schusswaffe wird (u.a) bearbeitet, wenn sie verkürzt, in der Schussfolge verändert oder so geändert wird, dass andere Munition oder Geschosse anderer Kaliber aus ihr verschossen werden können („Umbau“; vgl. Anlage 1 zu § 1 Abs. 4 WaffG Abschnitt 2 Nr. 8.2 und Nr. 8.2.1). Eine Schusswaffe wird nicht bearbeitet, wenn lediglich geringfügige Änderungen, insbesondere am Schaft oder an der Zieleinrichtung, vorgenommen werden (vgl. Anlage 1 zu § 1 Abs. 4 WaffG Abschnitt 2 Nr. 8.2.3).
28
Für die von ihm an der Waffe vorgenommene Bearbeitung in Form der Veränderung der Schussfolge (von Einzellader auf Mehrlader) hätte der Antragsteller eine Erlaubnis gemäß § 26 Abs. 1 Satz 1 WaffG benötigt, die zur nichtgewerbsmäßigen Herstellung, Bearbeitung oder Instandsetzung von Schusswaffen durch einen Erlaubnisschein erteilt wird. Eine solche besaß er jedoch nicht. Die Vorschrift ist eingeführt worden, weil der frühere Rechtszustand dem Gesetzgeber mit den Interessen der öffentlichen Sicherheit nicht mehr vereinbar erschien; der Regelung kommt im Wesentlichen eine Verbotsfunktion zu (vgl. BT-Drucks. VI/2678, S. 34). Eine Veränderung der Schussfolge liegt z. B. vor beim Umbau eines Einzelladers zu einer Repetierwaffe (wie hier), durch Umstellung der Schusswaffe auf vollautomatische Patronennachführung und Ladung oder durch Steigerung der Schussleistung (vgl. VG Oldenburg, B.v. 21.11.2006 – 11 B 4846/06 – juris Rn. 6 m.w.N.). Die Bearbeitung setzt einen fertigen oder zumindest vorgearbeiteten Gegenstand voraus und bezeichnet die Arbeitsvorgänge, die auf eine Veränderung des Gegenstandes gerichtet sind; lediglich die Verschönerung oder Verzierung der Waffe oder die Anbringung oder Veränderung von Teilen, die für die Funktionsfähigkeit, Funktionsweise oder Haltbarkeit der Waffe nicht wesentlich sind, unterliegen nicht der Erlaubnispflicht (vgl. VG Oldenburg, B.v. 21.11.2006 – 11 B 4846/06 – juris Rn. 6 m.w.N.). Aufgrund dieser klaren Vorgaben kommt es dabei hingegen nicht darauf an, ob der Umbau technisch kompliziert oder einfach ist und daher auch von einem Laien durchgeführt werden könnte. Weiterhin kommt es nicht maßgeblich darauf an, an welchen konkreten Teilen der Waffe Veränderungen durchgeführt werden, sondern primär darauf, welche Auswirkungen damit verbunden sind bzw. welchen Zweck diese verfolgen. Daher ist es hier auch nicht entscheidungserheblich, dass es sich bei dem wechselbaren Röhrenmagazin nicht um ein wesentliches Teil der Waffe (vgl. Anlage 1 zu § 1 Abs. 4 WaffG Abschnitt 1 Unterabschnitt 1 Nr. 1.3) handelt.
29
Das Vorgehen des Antragstellers stellt auch einen nicht sachgemäßen Umgang mit den Waffen im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 2 b) WaffG dar. Zum nicht sachgemäßen Umgang sind nämlich auch Fälle zu rechnen, in denen die den Schutz vor den Gefahren von Gegenständen dienenden Vorschriften missachtet werden. Dazu zählen insbesondere auch Missachtungen von Regelungen, die staatliche Kontrolle gewährleisten oder erleichtern sollen (vgl. VG Oldenburg, B.v. 21.11.2006 – 11 B 4846/06 – juris Rn. 6; vgl. auch Gade, WaffG, 3. Aufl. 2022, § 26 Rn. 14). Dabei dürfte im Übrigen auch davon auszugehen sein, dass dem Antragsteller eine Erlaubnis nach § 26 Abs. 1 Satz 1 WaffG nicht hätte erteilt werden können, denn dies kommt nur in besonderen Ausnahmefällen in Betracht, beispielsweise für Personen, die nicht gewerbsmäßig Forschungen auf waffentechnischem Gebiet treiben (vgl. BT-Drs. VI/2678, S. 34; vgl. auch Nr. 26.2 WaffVwV).
30
Im Fall des Antragstellers dürfte unter umfassender Einbeziehung und Bewertung aller Tatsachen, die für die zu treffende zukunftsbezogene Beurteilung bedeutsam sein können, auch die Einschätzung gerechtfertigt sein, dass nach aller Lebenserfahrung ein plausibles Risiko dafür begründet ist, dass der Antragsteller auch künftig nicht zuverlässig den Anforderungen für einen sachgemäßen Umgang mit Waffen gerecht werden wird.
31
Die Annahme, dass der Betroffene erneut einschlägige Verhaltensweisen zeigen wird, ist umso mehr gerechtfertigt, je mehr in dem nachgewiesenen Verhalten eine grundlegend mangelhafte Einstellung des Betroffenen in Bezug auf die Einhaltung der waffengesetzlich begründeten (Sorgfalts-)Pflichten zum Ausdruck kommt; je geringfügiger der Verstoß ist, umso eher kann die Annahme, dass es erneut zu spezifisch waffenrechtlich missbilligten Verhaltensweisen im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG kommen wird, verneint werden. Letzteres kann insbesondere anzunehmen sein, wenn das betreffende Verhalten als situative Nachlässigkeit minderen Gewichts einzustufen ist und bei nur einmaligem Auftreten noch toleriert werden kann (vgl. NdsOVG, U.v. 27.5.2024 – 11 LB 508/23 – juris Rn. 76).
32
Der Antragsteller ist vorliegend nicht lediglich mit einem Verhalten aufgefallen, welches als situative Nachlässigkeit minderen Gewichts eingestuft werden könnte. Er hat vielmehr einen schwerwiegenden Umgangsverstoß begangen und ist damit in gravierender Weise nicht den Anforderungen gerecht geworden, die an einen sachgemäßen Umgang mit Schusswaffen zu stellen sind. Der Antragsteller hat durch den nicht erlaubten Umbau seiner Waffe einen Straftatbestand erfüllt (vgl. § 52 Abs. 3 Nr. 3 WaffG). Dabei ist auch die nur fahrlässige Begehung unter Strafe gestellt (vgl. § 52 Abs. 4 WaffG mit Strafrahmen von Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe). Von einem sachkundigen Waffenbesitzer ist zu erwarten, dass er Kenntnisse der maßgeblichen Umgangsvorschriften und Strafvorschriften des Waffengesetzes hat. Dies gilt in deutlicher Weise auch für den Antragsteller als langjährigen Schützen, der innerhalb seines Schützenvereins sogar eine hervorgehobene Funktion (als „… Referent“) innehat. Soweit der Antragsteller geltend macht, ein Mitarbeiter des Landratsamts habe ihm die Auskunft erteilt, dass er die Verklebung selbst entfernen dürfe, wurde dies von Seiten des Landratsamts nicht bestätigt. Beweise oder Beweisangebote für diesen – auch sonst nicht weiter glaubhaft gemachten – Vortrag hat der Antragsteller nicht vorgelegt. Demnach kann im Rahmen des Eilverfahrens schon nicht die Richtigkeit seiner Behauptung unterstellt werden. Vorliegend dürfte angesichts des gravierenden Rechtsverstoßes im Umgang mit einer erlaubnispflichtigen Schusswaffe im Rahmen der anzustellenden Prognose von dem einmalig in der Vergangenheit gezeigten, weit hinter den Anforderungen zurückbleibenden Verhalten – als Tatsache – auch der negative Schluss auf das in Zukunft zu erwartende Verhalten des Antragstellers gerechtfertigt sein, ohne dass noch weitere negative Umstände im Hinblick auf das Umgangsverhalten des Antragstellers mit Waffen und Munition hinzukommen müssten. Wie ausgeführt, muss im Bereich des Waffenrechts kein Restrisiko hingenommen werden. Der Verstoß sowie der allgemeine Zweck des Gesetzes nach § 1 Abs. 1 WaffG, beim Umgang mit Waffen und Munition die Belange der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu wahren und die Risiken, die mit jedem Waffenbesitz verbunden sind, nur bei solchen Personen hinzunehmen, die nach ihrem Verhalten das Vertrauen verdienen, mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umzugehen, dürfte daher die Prognose der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit des Antragstellers rechtfertigen.
33
Weiterhin spricht einiges dafür, dass auch der Regelunzuverlässigkeitstatbestand des § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG erfüllt sein dürfte, worauf es jedoch nicht mehr entscheidungserheblich ankommen dürfte.
34
Auch gegen die mit dem Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnis verbundenen notwendigen Folgeanordnungen in den Nrn. 3 und 5 des streitgegenständlichen Bescheids dürften keine rechtlichen Bedenken bestehen. Solche wurden auch nicht geltend gemacht. Die Anordnung zur Überlassung bzw. Unbrauchbarmachung der Waffen und Munition in Nr. 3 des Bescheids wurde zutreffend auf § 46 Abs. 2 Satz 1 WaffG gestützt. Die Verpflichtung zur Rückgabe der Erlaubnisurkunden in Nr. 5 des Bescheids wurde ebenfalls rechtlich zutreffend auf § 46 Abs. 1 Satz 1 WaffG gestützt. Soweit dem Landratsamt dabei jeweils Ermessen eingeräumt war, dürften Ermessensfehler nicht ersichtlich sein und wurden auch nicht vorgetragen.
35
Der Widerruf der sprengstoffrechtlichen Erlaubnis des Antragstellers nach § 27 SprengG (Nr. 2 des Bescheids) dürfte sich nach summarischer Prüfung voraussichtlich ebenfalls als rechtmäßig erweisen.
36
Gemäß § 34 Abs. 2 SprengG ist eine Erlaubnis nach dem Sprengstoffgesetz zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen. Die Erlaubnis ist zu versagen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Antragsteller die erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt (vgl. § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SprengG). Die erforderliche Zuverlässigkeit besitzen (u.a.) Personen nicht, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie mit explosionsgefährlichen Stoffen nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen (vgl. § 8a Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b SprengG). Weiterhin besitzen die erforderliche Zuverlässigkeit in der Regel auch Personen nicht, die wiederholt oder gröblich gegen die Vorschriften des Waffengesetzes verstoßen haben (vgl. § 8a Abs. 2 Nr. 5 SprengG).
37
Die sprengstoffrechtliche Unzuverlässigkeit des Antragstellers dürfte sich bereits aus § 8a Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b SprengG ergeben. Von der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit kann auch auf die sprengstoffrechtliche Unzuverlässigkeit geschlossen werden. Denn der festgestellte Verstoß gegen den sachgemäßen Umgang mit Waffen begründet eine Tatsache, die die Annahme rechtfertigt, dass der Antragsteller auch mit explosionsgefährlichen Stoffen nicht sachgemäß umgehen wird (vgl. BVerwG, B.v. 17.8.1994 – 1 B 134/94 – juris Rn. 5; U.v. 28.1.2015 – 6 C 1/14 – juris Rn. 18; vorgehend BayVGH, U.v. 10.10.2013 – 21 BV 12.1280 – juris Rn. 73; VG Bayreuth, U.v. 27.9.2022 – B 1 K 21.1057 – juris Rn. 35; VG Köln, U.v. 29.4.2010 – 20 K 567/09 – juris Rn. 24; VG Bayreuth, U.v. 27.9.2022 – B 1 K 21.1057 – juris Rn. 35; Adolph/Waldmann/Bannach, Waffenrecht, Stand: Dezember 2024, § 8a SprengG Rn. 12). Zudem dürften auch die Voraussetzungen der Regelunzuverlässigkeit nach § 8a Abs. 2 Nr. 5 SprengG vorliegen. Die Rechtsverletzung wiegt – wie ausgeführt – objektiv schwer und ist dem Antragsteller auch in subjektiver Hinsicht als grobe Pflichtverletzung zuzurechnen, wobei der Verstoß die fehlerhafte Einstellung des Antragstellers zu waffenrechtlichen Ordnungsvorschriften wiederspiegelt (vgl. Adolph/Waldmann/Bannach, Waffenrecht, Stand: Dezember 2024, § 8a SprengG Rn. 34). Ausnahmebegründende Umstände dürften nicht ersichtlich sein, insbesondere kann den Antragsteller auch hier die (nur) behauptete Auskunftserteilung durch den Landratsamtsmitarbeiter nicht entlasten.
38
Auch gegen die mit dem Widerruf der sprengstoffrechtlichen verbundenen notwendigen Folgeanordnungen in den Nrn. 4 und 5 des streitgegenständlichen Bescheids dürften keine rechtlichen Bedenken bestehen. Solche wurden auch nicht geltend gemacht. Die Anordnung zur Überlassung bzw. Unbrauchbarmachung seines Bestands an Nitrozellulosepulver in Nr. 4 des Bescheids wurde zutreffend auf § 32 Abs. 5 Satz 1 SprengG gestützt. Die Verpflichtung zur Rückgabe der Erlaubnisurkunde in Nr. 5 des Bescheids wurde ebenfalls rechtlich zutreffend auf Art. 52 BayVwVfG gestützt. Soweit dem Landratsamt dabei jeweils Ermessen eingeräumt war, dürften auch Ermessensfehler nicht ersichtlich sein und wurden auch nicht vorgetragen.
39
Das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit des Widerrufs der waffen- und sprengstoffrechtlichen Erlaubnisse und der streitgegenständlichen Folgeanordnungen überwiegt auch – selbst bei Annahme noch offener Erfolgsaussichten – das gegenläufige Interesse des Antragstellers.
40
In Fällen der gesetzlichen Sofortvollzugsanordnung unterscheidet sich die Interessenabwägung von derjenigen, die in den Fällen einer behördlichen Anordnung stattfindet. Während im Anwendungsbereich von § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO bei der Interessenabwägung die Grundsatzentscheidung des Gesetzgebers für die aufschiebende Wirkung von Rechtsbehelfen bedeutsam wird, ist in Fällen der Nrn. 1 bis 3 zu beachten, dass hier der Gesetzgeber einen grundsätzlichen Vorrang des Vollziehungsinteresses angeordnet hat und es deshalb besonderer Umstände bedarf, um eine hiervon abweichende Entscheidung zu rechtfertigen. Hat sich schon der Gesetzgeber für den Sofortvollzug entschieden, sind die Gerichte – neben der Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache – zu einer Einzelfallbetrachtung grundsätzlich nur im Hinblick auf solche Umstände angehalten, die von den Beteiligten vorgetragen werden und die Annahme rechtfertigen können, dass im konkreten Fall von der gesetzgeberischen Grundentscheidung ausnahmsweise abzuweichen ist (vgl. BVerfG, B.v. 10.10.2003 – 1 BvR 2025/03 – juris Rn. 21 f.).
41
Im Hinblick auf den Widerruf der waffen- und sprengstoffrechtlichen Erlaubnisse in Nrn. 1 und 2 des Bescheids intendiert die gesetzliche Wertung des § 45 Abs. 5 WaffG bzw. des § 34 Abs. 5 SprengG bereits ein überwiegendes Vollzugsinteresse. Der Gesetzgeber hielt in dieser Fallgruppe die Anordnung der sofortigen Vollziehung für dringend angezeigt. In derartigen Fällen sei im Interesse der öffentlichen Sicherheit und Ordnung immer eine umgehende Beendigung des Waffenbesitzes geboten bzw. ein höherwertiges legitimes Interesse an einem weiteren Waffenbesitz bis zum Eintritt von Bestands- oder Rechtskraft (u.U. mehrere Monate oder Jahre) überhaupt nicht zu erkennen. Den berechtigten Belangen der Betroffenen könnte in Ausnahmefällen durch eine abweichende (Eil-)Anordnung der Verwaltungsgerichte Rechnung getragen werden (vgl. BayVGH, B.v. 25.4.2018 – 21 CS 17.2459 – juris Rn. 29 unter Verweis auf BT-Drs. 16/7717, S. 33). Gleiches gilt hinsichtlich des Sprengstoffbesitzes. Der Antragsteller hat hier keine Gründe vorgetragen, die auf besondere, über die im Regelfall mit der Anordnung sofortiger Vollziehung verbundenen Umstände hinausgehend, hingewiesen hätten, aufgrund derer eine Abwägung zu Gunsten seiner privaten Interessen ausfallen müsste. Der im streitgegenständlichen Bescheid verfügte Widerruf dient demgegenüber dem besonderen Sicherheitsinteresse der Allgemeinheit an einem sicheren und zuverlässigen Umgang mit Schusswaffen, Munition und Sprengstoff und daher dem Schutz überragender Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit der Bevölkerung. Gegenüber diesem gewichtigen öffentlichen Interesse hat das private Interesse des Antragstellers am weiteren Besitz seiner Waffen zur Ausübung des Schießsports, auch unter Berücksichtigung der mit der Entscheidung für ihn verbundenen Auswirkungen, zurückzustehen.
42
Im Hinblick auf die streitgegenständlichen Folgeanordnungen ist auf Grund des RegelAusnahme-Verhältnisses von § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO zu § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ein besonderes Vollzugsinteresse erforderlich, welches das Aussetzungsinteresse überwiegt. Dieses besteht vorliegend in dem besonderen öffentlichen Interesse an einer effektiven Gefahrenabwehr. Denn es besteht ein überragendes Interesse der Allgemeinheit daran, das mit dem Waffen- und Sprengstoffbesitz verbundene erhebliche Sicherheitsrisiko möglichst gering zu halten und nur bei Personen hinzunehmen, die nach ihrem Verhalten Vertrauen darin verdienen, dass sie mit Waffen, Munition und Sprengstoff jederzeit und in jeglicher Hinsicht ordnungsgemäß umgehen (vgl. BayVGH, B.v. 15.8.2008 – 19 CS 08.1471 – juris Rn. 21). Vorliegend ist jedoch auch unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nicht erkennbar, dass das Aussetzungsinteresse des Antragstellers das sofortige Vollzugsinteresse überwiegt.
43
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
44
Der Streitwertfestsetzung folgt aus § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 und 2 Gerichtskostengesetz – GKG – unter Berücksichtigung der Nrn. 1.5 und 50.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Danach ist für den Widerruf der Waffenbesitzkarten einschließlich einer Waffe ein Betrag von 5.000,- Euro (zuzüglich 750,- Euro für jede weitere Waffe – hier: 10 weitere Waffen einschließlich Wechselsysteme) anzusetzen und für den Widerruf der sprengstoffrechtlichen Erlaubnis der Regelstreitwert von 5.000,- Euro. Daraus errechnet sich für das Hauptsacheverfahren ein Gesamtstreitwert von 17.500,- Euro, der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes halbiert wird. Die Kammer geht dabei wie bisher davon aus, dass sich nicht nur Waffen, sondern auch eintragungspflichtige wesentliche Teile von Waffen – hier Wechselsysteme – streitwerterhöhend auswirken (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 8.1.2016 – 21 CS 15.2465 – juris Rn. 29; B.v. 27.9.2018 – 21 ZB 15.2305 – juris Rn. 20; U.v. 2.11.2022 – 24 BV 21.3213 – juris Rn. 49; OVG Hamburg, B.v. 7.8.2015 – 5 Bs 135.15 – juris Rn. 2 und 24; VGH BW, U.v. 23.6.2021 – 6 S 1481/18 – juris Rn. 72; OVG NW, B.v. 26.6.2019 – 20 E 6/18 – juris Rn. 10; vgl. auch ausführlich VG Düsseldorf B.v. 24.5.2023 – 22 L 1071/23 – juris Rn. 105; a.A. nunmehr ohne Begründung BayVGH, B.v. 29.1.2025 – 24 CS 24.1884 – juris Rn. 40; B.v. 26.2.2025 – 24 CS 24.2030 – juris Rn. 41).