Titel:
Objektive Klagehäufung, rechtswidrige Trennung von Verfahren durch das Verwaltungsgericht, Verbindung von Verfahren zur gemeinsamen Entscheidung, Verletzung rechtlichen Gehörs (Überraschungsentscheidung), (keine) Zurückverweisung des Verfahrens an das Verwaltungsgericht, Aufbewahrungsverstoß (Innenfach, Behältnisse der Sicherheitsstufe A und B), waffenrechtliche Unzuverlässigkeit, waffenrechtliche Prognoseentscheidung, (grob) fahrlässige Fehleinschätzung eines Gegenstands als Dekorationswaffe.
Normenketten:
VwGO §§ 80 Abs. 5
VwGO § 146
VwGO § 44
VwGO § 93 S. 1
VwGO § 130 Abs. 2 Nr. 1
VwGO § 150 S. 1 ZPO i.V.m. § 173 S. 1
WaffG § 2 Abs. 5
WaffG § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b, § 5 Abs. 2 Nr. 5
WaffG § 45 Abs. 2
WaffG § 36 Abs. 4
BJagdG § 18 S. 1
AWaffV § 13 Abs. 2 S. 1 Nr. 1
GKG. § 63 Abs. 3 S. 1 Nr. 2
Schlagworte:
Objektive Klagehäufung, rechtswidrige Trennung von Verfahren durch das Verwaltungsgericht, Verbindung von Verfahren zur gemeinsamen Entscheidung, Verletzung rechtlichen Gehörs (Überraschungsentscheidung), (keine) Zurückverweisung des Verfahrens an das Verwaltungsgericht, Aufbewahrungsverstoß (Innenfach, Behältnisse der Sicherheitsstufe A und B), waffenrechtliche Unzuverlässigkeit, waffenrechtliche Prognoseentscheidung, (grob) fahrlässige Fehleinschätzung eines Gegenstands als Dekorationswaffe.
Vorinstanz:
VG Würzburg, Beschluss vom 23.07.2024 – W 9 S 25.167 , W 9 S 25.168
Fundstelle:
BeckRS 2025, 16975
Tenor
I. Die Abtrennung des auf die Ungültigerklärung und Einziehung des Jagdscheins im Bescheid des Landratsamts ... vom 3. Januar 2025 bezogenen Teils des Antragsbegehrens (Beschluss des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 3.2.2025) wird aufgehoben. Die beim Verwaltungsgerichtshof rechtshängigen Verfahren 24 CS 25.556 und 24 CS 25.553 werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.
II. Die Beschwerden werden zurückgewiesen.
III. Der Antragsteller hat die Kosten der Beschwerdeverfahren zu tragen.
IV. Der Streitwert wird – unter Abänderung der jeweiligen Nummer III der Beschlüsse des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 27. Februar 2025 in den Verfahren W 9 S 25.167 und W 9 S 25.168 – für beide Rechtszüge einheitlich jeweils auf 24.750,00 € festgesetzt.
Gründe
1
Der Antragsteller begehrt die Anordnung und Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen den Widerruf seiner waffenrechtlichen Erlaubnisse sowie gegen die Ungültigerklärung und Einziehung seines gültigen Jagdscheins.
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Der Antragsteller ist seit langem Inhaber waffenrechtlicher Erlaubnisse in Form von Waffenbesitzkarten und einem Jagdschein. Am 23. April 2024 führte das Landratsamt ... (im Folgenden: Landratsamt) in seiner Wohnung eine verdachtsunabhängige und unangekündigte Kontrolle durch. Dabei wurde insbesondere festgestellt, dass eine Kurz- und eine Langwaffe an einer Wand im Wohnzimmer als Dekorationsstücke angebracht waren.
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Nachdem anfänglich unklar war, ob es sich bei diesen Gegenständen um Waffennachbildungen handele, hat zwischenzeitlich eine sachverständige Untersuchung ergeben, dass die Pistole keine funktionsfähige Schusswaffe, sondern eine Nachbildung ist, die Langwaffe aber als funktionsfähige Waffe vor dem 1. Januar 1871 gefertigt worden ist. Die Langwaffe ist nach der Einschätzung des Sachverständigen gegenwärtig nicht funktionsfähig. Das Zündloch ist mit einem Metallstück blockiert; der Hahn muss repariert werden. Die Reparaturen sind mit haushaltsüblichem Werkzeug und ohne besonderes Fachwissen nicht möglich.
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Daraufhin widerrief das Landratsamt mit Bescheid vom 3. Januar 2025 die waffenrechtlichen Erlaubnisse des Antragstellers (Nr. 1) und verpflichtete diesen, die Waffenbesitzkarten zurückzugeben (Nr. 2) sowie seine Waffen und die Munition nach näheren Vorgaben dauerhaft unbrauchbar zu machen, einem Berechtigten zu überlassen oder an eine zuständige Behörde abzugeben (Nr. 3). Der Jagdschein wurde für ungültig erklärt und eingezogen (Nr. 4) sowie eine diesbezügliche Rückgabeverpflichtung ausgesprochen (Nr. 5). Des Weiteren wurde die sofortige Vollziehung der Nummern 4 und 5 angeordnet (Nr. 6) und Zwangsgelder (Nr. 7, 9) sowie gegebenenfalls die Sicherstellung angedroht (Nr. 8). Das Landratsamt begründete seinen Bescheid damit, dass die bei der Kontrolle vorgefundene Aufbewahrung nicht den gesetzlichen Vorgaben entsprochen habe und deshalb von der Unzuverlässigkeit des Antragstellers im Sinne § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG auszugehen sei. Es sei nicht gestattet, die Langwaffe als erlaubnisfreie Waffe an der Wand (anstatt in einem Waffenschrank) aufzubewahren. Auch wenn der Antragsteller von einem Dekorationsobjekt ausgegangen sei, hätten sich ihm aufgrund des Aussehens und der Beschaffenheit Zweifel aufdrängen müssen, ob es sich tatsächlich um eine reine Nachbildung handele. Der Verstoß habe zudem über lange Zeit bestanden.
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Der Antragsteller hat hiergegen am 3. Februar 2025 Klage erhoben und einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gestellt. Das Gericht trennte die Verfahren in der Hauptsache und im vorläufigen Rechtschutzverfahren hinsichtlich der waffenrechtlichen und der jagdrechtlichen Anordnungen jeweils mit Beschluss vom gleichen Tag (3.2.2025) voneinander ab (W 9 K 25.165 und W 9 K 25.165 sowie W 9 S 25.167 und W 9 S 25.168). Die Eilanträge hatten keinen Erfolg. Der Antragsgegner sei voraussichtlich zu Recht vom Fehlen der Zuverlässigkeit des Antragstellers ausgegangen. Insbesondere stelle die gewählte Form der Aufbewahrung einer der Langwaffen einen erheblichen Verstoß gegen die einschlägigen Vorschriften dar. Außerdem habe der Antragsteller – ausweislich eines mit Schriftsatz des Antragsgegners vom 11. Februar 2025 (Bl. 72 der Gerichtsakte) vorgetragenen Sachverhalts – die erlaubnispflichtigen Kurzwaffen unzulässigerweise in einem Sicherheitsbehältnis, das der Sicherheitsstufe A nach VDMA 24992 (Stand: Mai 1995) entspreche, zusammen mit erlaubnispflichtigen Langwaffen aufbewahrt und somit gegen Aufbewahrungsvorschriften verstoßen. Deshalb bestehe ein Vorrang des öffentlichen Interesses am Sofortvollzug; das gelte auch hinsichtlich der jagdrechtlichen Anordnungen, zumal vorliegend auch Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit der Jagdausübung bestünden.
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Mit seinen Beschwerden verfolgt der Antragsteller sein Rechtsschutzziel weiter. Er beantragt,
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die Verfahren 24 CS 25.553 und 24 CS 25.556 zur gemeinsamen Entscheidung zu verbinden und das Verfahren zur anderweitigen Entscheidung an das Verwaltungsgericht zurückzuverweisen oder – hilfsweise – unter Änderung der Beschlüsse des Verwaltungsgerichts W 9 S 25.167 und W 9 S 25.168 die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid des Landratsamtes ... vom 3. Januar 2025 hinsichtlich der Nummern 1, 2 und 3 anzuordnen und hinsichtlich der Nummern 4 und 5 wiederherzustellen.
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Zur Begründung des Antrags auf Verfahrensverbindung trägt der Antragsteller vor, dass die Trennung der Verfahren durch das Verwaltungsgericht angesichts gleichgelagerter Zuverlässigkeitsfragen rechtswidrig sei. Die Zurückverweisung sei geboten, weil das Verwaltungsgericht einen wesentlichen Teil seiner Begründung auf den Sachvortrag des Antragsgegners aus dem Schriftsatz vom 11. Februar 2025 stütze, in dem neue Vorwürfe erhoben worden seien. Der Schriftsatz sei dem Antragsteller nicht zugeleitet worden, das Gericht habe mit seinem zwei Tage später getroffenen Beschluss daher eine Überraschungsentscheidung getroffen, die das rechtliche Gehör verletze. In der Sache sei die Unzuverlässigkeitsprognose nicht gerechtfertigt. Hinsichtlich der Langwaffe liege zwar ein Aufbewahrungsverstoß vor. Dieser rechtfertige aber die Prognose der Unzuverlässigkeit nicht. Denn im Kern gehe es allein um den Vorwurf des fahrlässigen Nichterkennens der Eigenschaften der vermeintlichen Dekorationswaffe; das liege am untersten Rand der Vorwerfbarkeit und betreffe nicht den Umgang mit Waffen im Allgemeinen. Der Vorwurf der unzulässigen Aufbewahrung von Kurzwaffen in einem „A-Schrank“ könne erst nach Durchführung einer Nachklassifizierung aufgeklärt werden. Im Übrigen sei die seit Jahren unveränderte Aufbewahrung dem Landratsamt bekannt gewesen und bei einer Kontrolle im Jahr 2020 durch das Landratsamt nicht beanstandet worden. Auf dem Protokoll sei angekreuzt worden: „keine Beanstandungen“. Der Antragsteller habe daher darauf vertrauen dürfen, dass seine Aufbewahrung zulässig sei.
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Der Antragsgegner beantragt,
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die Beschwerde zurückzuweisen,
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und verteidigt den erstinstanzlichen Beschluss.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und auf die vorgelegte Behördenakte verwiesen.
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I. Die Beschwerdeverfahren sind antragsgemäß nach § 93 Satz 1 VwGO zu verbinden (1.). Die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Abtrennung eines Teils des Begehrens des Antragstellers ist aufzuheben (2.).
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1. Die eingeleiteten Beschwerdeverfahren sind zur gemeinsamen Entscheidung nach § 93 Satz 1 VwGO zu verbinden. Eine gemeinsame Entscheidung ist ersichtlich zweckmäßig, weil in beiden Verfahren insbesondere die Unzuverlässigkeit des Antragstellers im Raum steht, die – trotz unterschiedlicher Vorschriften im Waffengesetz und im Bundesjagdgesetz – inhaltlich im Wesentlichen nach den gleichen Kriterien und auf Basis der gleichen tatsächlichen Geschehnisse zu beurteilen ist; deshalb hat auch die Behörde nur einen einzigen Bescheid erlassen. Entsprechend sind die beiden angegriffenen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts insbesondere im Rahmen der Zuverlässigkeitsprognose weitgehend wortgleich (vgl. BA S. 24 ff. – W 9 S 25.167 und BA S. 23 ff. – W 9 S 25.168).
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2. Die Abtrennung eines Teils des Begehrens des Antragstellers durch das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 3. Februar 2025 ist rechtswidrig; sie ist deshalb aufzuheben (zu den Folgen für den Streitwert vgl. Rn. 57 f.).
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a) Der Senat ist zur Aufhebung der Abtrennung trotz der Unanfechtbarkeit des Trennungsbeschlusses befugt, weil beide getrennte Verfahren bei ihm rechtshängig gemacht worden sind. Die Trennung nach § 93 Satz 2 VwGO kann nach § 150 Satz 1 ZPO i.V.m. § 173 VwGO durch das Gericht aufgehoben werden (vgl. zur Anwendbarkeit Steinbeiß-Winkelmann/Naumann in Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, Werkstand August 2024, § 173 VwGO Rn. 157). Hieran ist es durch die Unanfechtbarkeit des Trennungsbeschlusses nicht gehindert (vgl. BayVGH, B.v. 1.2.2006 – 1 CE 04.734 – juris Rn. 64). Zuständig ist grundsätzlich das Gericht, das die Trennung vorgenommen hat. Im Falle eines Rechtsmittelverfahrens steht diese Befugnis dem Rechtsmittelgericht zu, sofern – wie hier – alle von der Trennung betroffenen Verfahren bei ihm rechtshängig sind (vgl. BVerwG, B.v. 8.9.2022 – 6 B 6.22 – juris Rn. 10; BayVGH, B.v 31.3.2025 – 11 C 25.27 – juris Rn. 10; BayVGH, B.v. 7.12.2010 – 14 ZB 10.1396 – juris Rn. 1; W.-R. Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 30. Aufl. 2024, § 93 Rn. 7; Stadler in Musielak/Voit, ZPO, 22. Aufl. 2025, § 150 Rn. 1; Roth in Stein, ZPO, 24. Aufl. 2024, § 150 ZPO Rn. 2).
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b) Das vom Antragsteller gemäß § 44 VwGO einheitlich verfolgte Antragsbegehren hat das Verwaltungsgericht routinemäßig getrennt (und einen späteren Antrag auf (Wieder-)Verbindung abgelehnt). Die Trennung ist unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar und von Anfang an rechtswidrig.
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aa) Eine Trennung nach § 93 Satz 2 VwGO ist nur zulässig, wenn sie der Ordnung des Prozessstoffes im Interesse einer besseren Übersichtlichkeit dient (vgl. BVerwG, B.v. 23.10.2023 – 8 A 2.23 – juris Rn. 2). Hieran fehlt es regelmäßig, wenn das abgetrennte Verfahren absehbar weder zusätzlichen Streitstoff aufweist noch ein deutlich geringerer Verfahrensaufwand zu erwarten ist, als er ohne Trennung bestanden hätte (vgl. BayVGH, B.v. 8.7.2019 – 7 C 19.1154 – juris Rn. 7; OVG NW, B.v. 13.9.1977 – X B 1415/77 – juris Rn. 5; Wöckel in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 93 Rn. 8). Auch die durch eine Trennung verursachte Gefahr von Missverständnissen bei der Aktenführung kann einer Trennung entgegenstehen und ist bei der Ermessensausübung durch das Gericht zu berücksichtigen (vgl. BVerwG, B.v. 17.9.2012 – 7 A 22.11 – juris Rn. 1). Es versteht sich von selbst, dass im Rahmen der Ermessensausübung auch andere gegenläufige Belange der Beteiligten zu würdigen sind. Zu diesen gehört beispielsweise das durch den trennungsbedingten Wegfall der Gebührendegression erhöhte Kostenrisiko (vgl. OVG NW, B.v. 13.9.1977 – X B 1415/77 – Leitsatz und juris Rn. 5), auch wenn dieses anerkanntermaßen einer Trennung nicht von vornherein entgegensteht (vgl. BVerwG, B.v. 3.3.2016 – 3 PKH 3.15 – juris Rn. 6; Bamberger in Wysk, VwGO, 4. Aufl. 2025, § 93 Rn. 11).
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bb) Hieran gemessen erweist sich mit Blick auf die einheitlichen Rechts- und Tatsachenfragen (vgl. Rn. 14) das Vorgehen des Verwaltungsgerichts als rechtswidrig. Tragfähige Ermessenserwägung hat es weder angestellt noch sind sie anderweitig erkennbar. Die fehlende Bereitschaft des Verwaltungsgerichts, eine Ermessensentscheidung im Einzelfall zu treffen, ist schon daran erkennbar, dass – nicht nur im vorliegenden Fall – bereits unmittelbar nach Eingang der Klage und des Eilantrags (und damit noch vor Kenntnis der in den Akten dokumentierten konkreten Einzelfallumstände) auf Blatt 1 der Gerichtsakte das Anlegen von zwei Haupt- und zwei Eilverfahren in einer (entweder von einen Mitglied des Spruchkörpers oder sogar nur von der Geschäfts- oder Rechtsantragsstelle zu verantwortenden) Annotation festgehalten wurde (Sachgebietsschlüssel 05 11 – Waffenrecht – und Schlüssel 04 40 – Jagd-, Forst- und Fischereirecht). Die Begründung des am selben Tag erlassenen Trennungsbeschlusses (Bl. 56 der Gerichtsakte W 9 S 25.167) und die Begründung der späteren Ablehnung des gestellten Verbindungsantrags (BA S. 20 – W 9 S 25.167) sind nicht tragfähig und zeigen, dass das Verwaltungsgericht nicht gewillt ist, der Funktion und dem Inhalt des ihm obliegenden Ermessens trotz bereits in der Vergangenheit wiederholt ergangener Hinweise durch den Senat Rechnung zu tragen.
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Die bei Vorliegen mehrerer Streitgegenstände abstrakt stets bestehende Möglichkeit einer unterschiedlichen Entwicklung der Verfahren, auf die sich das Verwaltungsgericht stützt, ist zwar der Grund für die Existenz von § 93 Satz 2 VwGO, für sich genommen aber kein Grund für dessen Anwendung. Das dem Gericht eingeräumte Ermessen verlangt stets nach einer einzelfallbezogenen, auf Verwirklichung des jeweiligen Normzwecks gerichteten Entscheidung. Eine standardisiert-automatisierte Abtrennung der Verfahren in jedem Fall einer Anfechtung unterschiedlicher Regelungsgehalte eines Bescheids ist hiermit unvereinbar. Entsprechend verfängt der Verweis des Verwaltungsgerichts auf eine hypothetische Möglichkeit einer (zukünftigen) unterschiedlichen Entwicklung der Streitgegenstände nicht, zumal eine Abtrennung auch jederzeit während des laufenden Verfahrens möglich ist.
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Das Gericht befasst sich ferner nicht mit den konkret vorgebrachten Einwänden in dem Antrag auf Verbindung. Es geht weder auf den Vortrag eines erhöhten Verfahrensaufwands und damit verbundener Risiken für die Aktenführung noch auf den Aspekt der erhöhten Prozesskosten ein und verursacht damit zu Lasten des unterliegenden Antragstellers einen nicht unerheblichen finanziellen Nachteil, dem kein prozessökonomischer Vorteil gegenübersteht (unter Zugrundelegung der vom Verwaltungsgericht angenommenen Streitwerte entsteht dem unterliegenden Antragsteller durch die Trennung im Eilverfahren für die Gerichtskosten und die Rechtsanwaltsvergütung ein finanzieller Mehraufwand in Höhe von insgesamt 539,92 €).
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Auch die etwaige Erwägung, die in gerichtlichen Verfahren betroffenen Sachgebiete verwaltungsstatistisch transparent zu erfassen, kann die Trennung der Verfahren nicht rechtfertigen. Anlage 11 Satz 1 der Anordnung über die Erhebung von statistischen Daten in der Verwaltungsgerichtsbarkeit (VwG-Statistik) vom 1. Januar 2025 legt fest, dass für die Erfassung des Sachgebietsschlüssels der Schwerpunkt des Verfahrens maßgeblich ist; den Schwerpunkt bildet im Regelfall und auch hier das Waffen- und nicht das Jagdrecht.
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II. Der Antrag, die Verfahren 24 CS 25.553 und 24 CS 25.556 zur anderweitigen Entscheidung an das Verwaltungsgericht zurückzuweisen, hat allerdings keinen Erfolg. Die Voraussetzungen des § 130 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegen nicht vor. Zwar ist eine Zurückverweisung in analoger Anwendung der Vorschrift auch im Beschwerdeverfahren grundsätzlich möglich (vgl. BayVGH, B.v. 26.9.2024 – 7 CE 24.1612 – juris Rn. 20; OVG LSA, B.v. 29.10.2012 – 4 M 145/12 – juris Rn. 7) und leidet das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht auch an einem wesentlichen Mangel. Das Verwaltungsgericht hat das rechtliche Gehör des Antragstellers dadurch verletzt, dass es den Schriftsatz des Antragsgegners vom 11. Februar 2025 nicht an den Antragsteller weitergeleitet hat und seine Entscheidung (auch) auf in diesem Schriftsatz mitgeteilte Informationen in tragender Weise gestützt hat. Es hat insoweit eine Überraschungsentscheidung getroffen (vgl. Rn. 26 f.). Jedoch ist vorliegend im Rahmen des Beschwerdeverfahrens eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme i.S.v. § 130 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht notwendig.
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III. Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.
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Aus den im Beschwerdeverfahren fristgerecht dargelegten Gründe, auf die sich die Prüfung des Senats gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt, ergibt sich nicht, dass die nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO unter Berücksichtigung der Erfolgsaussichten der Klage des Antragstellers zu treffende Abwägungsentscheidung zu einem anderen Ergebnis hätte führen müssen. Der Antragsteller rügt zwar teilweise zu Recht die Unzuverlässigkeitsprüfung des Verwaltungsgerichts. Jedoch ergeben sich aus den Akten im Ergebnis derzeit ausreichend Tatsachen, die die Zuverlässigkeit des Antragsstellers zumindest so weitgehend in Zweifel ziehen, dass das Hauptsacheverfahren allenfalls als offen angesehen werden kann. Wegen des gesetzlich vorgesehenen Sofortvollzugs setzt sich vor diesem Hintergrund das Vollzugsinteresse des Antragsgegners gegen das Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seiner Klage durch.
26
Die Rüge der Überraschungsentscheidung verhilft der Beschwerde von vornherein nicht zum Erfolg (I.). Bei der vorliegend gebotenen summarischen Prüfung sind die Erfolgsaussichten des Hauptsacherechtsbehelfs derzeit (nur) als offen anzusehen (II.). Die deshalb gebotene erfolgsunabhängige Interessenabwägung führt zu dem Ergebnis, dass – hinsichtlich der waffenrechtlichen Widerrufsentscheidung unter Berücksichtigung der gesetzgeberischen Entscheidung für einen gesetzlichen Sofortvollzugs – das öffentliche Vollzugsinteresse das Interesse des Antragstellers an der Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner in der Hauptsache erhobenen Klage überwiegt (III.).
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Mit seiner Rüge eines Verfahrensfehlers dringt der Beschwerdeführer nicht durch. Das Rechtsmittel der Beschwerde nach § 146 Abs. 4 VwGO kann mit der Behauptung von Verfahrensfehlern des Verwaltungsgerichts nicht geführt werden. Im Rahmen der durch § 146 Abs. 4 Satz 3 und 6 VwGO gezogenen Grenzen überprüft der Verwaltungsgerichtshof als zweite Tatsacheninstanz die angegriffene Entscheidung des Verwaltungsgerichts. Daher kann der hier zu bejahende Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht jedenfalls dadurch geheilt werden, dass der Antragsteller seine Einwände im Beschwerdeverfahren vorbringen konnte und auch vorgebracht hat. Der Gehörsverstoß kann daher durch die nachholende Berücksichtigung des Vorbringens des Antragstellers im Beschwerdeverfahren geheilt werden (vgl. BayVGH, B.v. 22.4.2022 – 3 CS 21.3245 – juris Rn. 19; B.v. 7.1.2022 – 7 CS 21.3151 – juris Rn. 2 m.w.N.).
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Die Erfolgsaussichten des Hauptsacherechtsbehelfs sind derzeit als offen anzusehen. Nach Aktenlage kann weder von der fehlenden noch von der bestehenden Zuverlässigkeit des Antragstellers und damit auch nicht von der Rechtswidrigkeit des auf § 45 Abs. 2 des Waffengesetzes (WaffG) i.d.F. d. Bek. vom 11. Oktober 2002 (BGBl I S. 3970), zuletzt geändert durch Gesetz vom 25. Oktober 2024 (BGBl 2024 I Nr. 332), und auf § 18 Satz 1 des Bundesjagdgesetzes i.d.F. d. Bek. vom 29. September 1976 (BGBl I S. 2849), zuletzt geändert durch Gesetz vom 25. Oktober 2024 (BGBl 2024 I Nr. 332), gestützten Bescheids ausgegangen werden (1.). Die unzulässige Verwendung einer Langwaffe als Wohnzimmerdekoration rechtfertigt entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts vorliegend zwar keine Prognose i.S.v. § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG (2.). Nicht ausgeschlossen erscheint es – vorbehaltlich weiterer Aufklärung im Hauptsacheverfahren – entgegen der Rüge des Antragstellers aber zum einen, eine solche Prognose auf den Umstand zu stützen, dass erlaubnispflichtige Kurzwaffen in einem „A-Schrank“ außerhalb dessen Innenfachs aufbewahrt wurden (3a). Zum anderen erscheint es nicht ausgeschlossen, die Fehleinschätzung des Antragstellers hinsichtlich der zur Dekoration verwendeten Langwaffe als grob fahrlässig zu werten und daher auch den hieraus folgenden Aufbewahrungsverstoß als gröblich i.S.v. § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG anzusehen (3b). Auf die übrigen im Raum stehenden Vorwürfe und ihre etwaige zwischenzeitliche Entkräftung kommt es vor diesem Hintergrund nicht an (4.).
29
1. Nach § 45 Abs. 2 WaffG ist eine Erlaubnis nach diesem Gesetz zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen. Dies ist der Fall, wenn sich der Antragsteller nachträglich im maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheiderlasses als unzuverlässig i.S.v. § 5 WaffG erweist. In gleicher Weise ist in diesem Fall die Jagdbehörde verpflichtet, den Jagdschein nach § 18 Satz 1 i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 4 BJagdG zu entziehen und für ungültig zu erklären.
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a) Die Zuverlässigkeitsprüfung ist hierbei grundsätzlich prospektiv ausgerichtet und verlangt die Vornahme einer Prognose (vgl. ausführlich BayVGH, B.v. 20.4.2023 – 24 CS 23.495 – Rn. 21 f.). Kommt es bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit einer Widerrufsentscheidung wie hier maßgeblich auf eine konkrete verhaltensbezogene Prognose an, so kann diese jedenfalls in Grenzfällen kaum ohne persönlichen Eindruck vom Antragsteller getroffen werden (vgl. BayVGH, B.v. 28.9.2023 – 24 CS 23.1196 – Rn. 15 f.). Umso sorgfältiger müssen die Umstände des Einzelfalles gewürdigt werden, wenn bereits im Eilverfahren entschieden werden soll, dass der Bescheid wegen zutreffender Prognose voraussichtlich rechtmäßig und die Erfolgsaussichten der Klage daher nicht nur offen, sondern gering seien.
31
b) Nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG fehlt die Zuverlässigkeit, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Waffeninhaber Waffen oder Munition nicht sorgfältig verwahren wird. Im Rahmen der hiernach erforderlichen Prognose ist insbesondere entscheidend, ob die ermittelten Tatsachen nach der Lebenserfahrung eine plausible Wahrscheinlichkeit dafür begründen, dass der Betroffene künftig das prognoserelevante Verhalten begehen wird. Häufig bildet eine festgestellte fehlerhafte Aufbewahrung aus der Vergangenheit eine Tatsache, die eine Prognose künftiger Aufbewahrungsverstöße i.S.v. § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG trägt. Dennoch ist bei der Wahrscheinlichkeitsbeurteilung den Umständen jedes Einzelfalls Rechnung zu tragen und im Allgemeinen zu beachten, dass eine Wiederholung entsprechender Aufbewahrungsverstöße umso mehr zu erwarten sein wird, je mehr in dem nachgewiesenen Verhalten eine allgemeine Distanz des Betroffenen zu den gesetzlich, insbesondere waffenrechtlich begründeten (Sorgfalts-)Pflichten zum Ausdruck kommt; je geringfügiger der Verstoß ist, umso eher kann die schlichte Annahme einer Wiederholung verneint werden (vgl. zum Ganzen BayVGH, B.v. 20.4.2023 – 24 CS 23.251 – juris Rn. 18 ff. m.w.N.).
32
c) Nach § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG besitzen die erforderliche Zuverlässigkeit in der Regel Personen nicht, die wiederholt oder gröblich gegen insbesondere die Aufbewahrungsvorschriften des Waffengesetzes verstoßen. Anders als für § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG kommt es vorliegend zunächst auf die Feststellung eines bereits begangenen Verstoßes und dessen Gewichtung an. Hieran anknüpfend hat sodann der Gesetzgeber die gebotene Prognose über das künftige Verhalten des Erlaubnisinhabers zur Erleichterung für Behörden und Gerichte dahingehend vorgezeichnet, dass sie im Regelfall gegen den Betroffenen ausfällt und nur ausnahmsweise trotz der Verstöße das Fehlen der Zuverlässigkeit verneint werden kann (vgl. BayVGH, B.v. 28.2.2025 – 24 CS 24.2004 – juris Rn. 18).
33
2. Vorliegend liegt unbestritten ein Aufbewahrungsverstoß hinsichtlich der als Wohnzimmerschmuck aufgehängten Langwaffe vor, die der Antragsteller fälschlicherweise als Dekorationswaffe (vgl. zum technischen Begriff Nr. 1.4 der Anlage 1 zum WaffG) eingeschätzt hat. Allerdings wendet der Antragsteller im Beschwerdeverfahren zutreffend ein, dass die hierauf gegründete Annahme des Verwaltungsgerichts künftiger Aufbewahrungsverstöße i.S.v. § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG nicht überzeugend begründet werden kann.
34
a) Nach § 13 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Allgemeine Waffengesetz-Verordnung (AWaffV) vom 27.10.2003 (BGBl. I S. 2123), zuletzt geändert durch Verordnung vom 1.9.2020 (BGBl. I S. 1977), sind Waffen oder Munition, deren Erwerb von der Erlaubnispflicht freigestellt ist, ungeladen mindestens in einem verschlossenen Behältnis aufzubewahren. Die im Wohnzimmer zur Dekoration aufgehängte Langwaffe ist eine solche Waffe; das ist nach anfänglichen Unsicherheiten mittlerweile geklärt. Die Aufbewahrung in Form des Aufhängens an der Wohnzimmerwand war auch ersichtlich nicht ordnungsgemäß. Offensichtlich ist auch, dass der Antragsteller den Aufbewahrungsverstoß zu verantworten hat; fraglich ist allein der Grad der Fahrlässigkeit (vgl. hierzu Rn. 46 ff.).
35
b) Unter Anwendung dieses Maßstabs kann gleichwohl die Prognose künftiger Aufbewahrungsverstöße i.S.v. § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG nicht auf diesen Verstoß gestützt werden. Der Antragsteller rügt in der Sache zu Recht, dass das Verwaltungsgericht für seine Prognose herkömmliche Erfahrungssätze zu schematisch anwendet und hierdurch den vorliegenden Besonderheiten des Aufbewahrungsverstoßes nicht ausreichend Rechnung getragen hat.
36
aa) Der Senat geht derzeit mit dem Verwaltungsgericht davon aus, dass der Vortrag des Antragstellers hinsichtlich einer Fehleinschätzung über die Natur des Gegenstands „Langwaffe“ als aufbewahrungspflichtige Waffe Ursache für das Aufhängen und damit den Aufbewahrungsverstoß war und nicht etwa eine Schutzbehauptung darstellt, die darüber hinwegtäuschen soll, dass der Antragsteller allgemein und daher auch ihm bekannte Aufbewahrungsvorschriften bewusst ignoriert hat; eine solche innere Haltung wäre ohne weiteres eine Tatsache, die die Prognose nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG tragen würde. Dass die Fehleinschätzung hinsichtlich der Dekorationswaffe pars pro toto Ausdruck allgemeiner Nachlässigkeit des Antragstellers ist, kann ebenfalls nicht angenommen werden. Dafür ist der konkrete Vorgang aus geschenkter, vermeintlicher Dekorationswaffe und dem Fehlen vergleichbarer Aufbewahrungsverstöße zu speziell.
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bb) Somit ist der Aufbewahrungsverstoß ausnahmsweise nicht unmittelbare Folge vorsätzlicher oder fahrlässiger Missachtung von Aufbewahrungsvorschriften. Vielmehr trifft den Antragsteller der Vorwurf, zu Unrecht von einem Dekorationsgegenstand ausgegangen zu sein. Ist das aber der maßgebliche Unrechtsgehalt seines Verhaltens, so kann die Erwartung künftiger Aufbewahrungsverstöße nicht auf den festgestellten Aufbewahrungsverstoß selbst gestützt werden. Denn es ist weder lebensnah, anzunehmen, dass sich künftig Fehleinschätzungen des Antragstellers hinsichtlich anderer Waffen wiederholen könnten, noch, dass der Antragsteller die konkrete Langwaffe weiterhin an der Wand hängen lassen wird.
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Folgerichtig trifft auch der Einwand des Antragstellers zu, dass die Frage nach dem Grad der Fahrlässigkeit kein relevanter Aspekt für eine Prognose nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG (vgl. aber zu § 5 Abs. 2 Nr. 5 Rn. 44 ff.) sein kann (vgl. BA S. 25 – W 9 S 25.167: „hätten(n) sich … Zweifel aufdrängen müssen“; wortgleich BA S. 24 – W 9 S 25.168). Von vornherein verfängt daher auch der Ansatz des Verwaltungsgerichts bzw. des Antragsgegners nicht, dem Antragsteller sei vorzuwerfen, dass er eine Einschätzung der Waffe nicht in gewissen Abständen hinterfragt habe (Bescheid S. 8; Bezugnahme nach § 117 Abs. 5 VwGO analog in BA S. 24 – W 9 S 25.167 und BA S. 22 – W 9 S 25.168). Ebenso wenig überzeugt vor diesem Hintergrund, wenn das Verwaltungsgericht dem Umstand Bedeutung beimisst, dass „die nicht sorgfältige Unterbringung bereits seit Längerem“ bestehe (UA S. 26). Ein „Unzuverlässigkeits-Zusammenhang“ zwischen Pflichtverletzung und Zeitverlauf kann nur vorliegen, wenn der Waffeninhaber sich seines Rechtsverstoßes grundsätzlich bewusst ist, ihn aber gleichwohl nicht beseitigt und ihn damit fortwährend aktualisiert. An einem solchen prognoserelevanten Ausweis von Gleichgültigkeit gegenüber waffenrechtlichen Vorschriften fehlt es aber, wenn – mit welchem Grad an Fahrlässigkeit auch immer – der Antragsteller als Waffeninhaber sich eines Verstoßes nicht bewusst ist, weil er den Charakter eines Gegenstands als Waffe verkennt.
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3. Gleichwohl allenfalls offen und jedenfalls nicht bereits erfolgsversprechend ist die Hauptsache aber zum einem deshalb, weil die Rüge des Antragstellers hinsichtlich der vom Gericht zusätzlich angenommenen unrechtmäßigen Aufbewahrung der erlaubnispflichtigen Kurzwaffen im „A-Schrank“ derzeit nicht durchgreift und insoweit eine Prognose nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG zumindest nicht ausgeschlossen ist (a). Zum anderen erscheint es ebenfalls nicht ausgeschlossen, die Fehleinschätzung des Antragstellers hinsichtlich des Waffencharakters als gröblichen Verstoß zu werten und insoweit das Fehlen der Zuverlässigkeit auf Basis von § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG anzunehmen (b).
40
a) Maßgeblich für die Aufbewahrung der Kurzwaffen des Antragstellers ist wegen der Bestandsschutzregelung in § 36 Abs. 4 WaffG im vorliegenden Fall § 36 des Waffengesetzes vom 11. Oktober 2002 (BGBl I S. 3970, 4592; 2003 I S. 1957), in der Fassung des Gesetzes vom 13. April 2017 (WaffG a.F., BGBl I S. 872), und § 13 der Allgemeinen Waffengesetz-Verordnung vom 27. Oktober 2003 (BGBl I S. 2123), in der Fassung des Gesetzes vom 29. März 2017 (BGBl I S. 626). Hiernach ist es dem Antragsteller erlaubt, bis zu zehn Langwaffen in einem Behältnis der Sicherheitsstufe A nach VDMA 24992 (Stand Mai 1995) aufzubewahren (§ 36 Abs. 2 Satz 2 WaffG a.F.) und zugleich in einem Innenfach eines solchen Schrankes bis zu fünf Kurzwaffen aufzubewahren, wenn das Fach insbesondere dem Sicherheitsstandard der Norm DIN/EN 1143-1 Widerstandsgrad 0 (Stand: Mai 1997) oder der Sicherheitsstufe B nach VDMA 24992 (Stand: Mai 1995) entspricht.
41
Es bestehen Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller entgegen dieser Vorgaben Kurzwaffen zwar in einem solchen Schrank, nicht aber in einem Innenfach aufbewahrt hat. Der vom Antragsteller in seiner Beschwerde erhobene Einwand, es handele sich um einen willkürlichen Vorwurf ist nach Aktenlage nicht überzeugend. Ausweislich des vom Verwaltungsgericht ausgewerteten Schriftsatzes vom 11. Februar 2025 geht der Antragsgegner davon aus, dass Kurzwaffen zusammen mit Langwaffen aufbewahrt worden sind.
42
Der vorgetragene Aufbewahrungsverstoß stützt sich auf das Protokoll der Kontrolle vom 23. April 2024 (Seite 1 der im PDF-Format vorgelegten, aber nicht paginierten Behördenakte). Dort ist handschriftlich vermerkt: „Kurzwaffen in A-Schrank (nur Langwaffen)“. Diese Formulierung ist mehrdeutig und der mit ihr beschriebene tatsächlich vorgefundene Zustand im Hauptsacheverfahren aufzuklären. Sollte sie zum Ausdruck bringen, dass die Kurzwaffen im Schrank, aber außerhalb seines Innenfachs aufbewahrt worden sind, so läge unzweifelhaft ein Verstoß vor, der wohl auch eine entsprechende Prognose und damit das Urteil der fehlenden Zuverlässigkeit tragen dürfte. Waren hingegen die Kurzwaffen im Innenfach aufbewahrt (hiervon geht wohl der Antragsgegner in seinem Schriftsatz vom 23.4.2025, S. 4, aus), ist wegen fehlender Typenschilder am Waffenschrank vorerst noch unklar, ob dieses Innenfach den vorgeschriebenen Sicherheitsstandard aufweist. So wäre jedenfalls – bis zum Abschluss des derzeit ausgesetzten Nachklassifizierungsverfahrens – nicht ausgeschlossen, dass ein Aufbewahrungsverstoß vorliegt; daher ist der Bescheid derzeit jedenfalls nicht offenkundig rechtswidrig. Ungeachtet dessen verfängt die Rüge des Antragstellers, es sei nicht nachgewiesen, welche Kurzwaffen von dem Vermerk betroffen seien, deshalb nicht, weil es auf den genauen Waffentyp nicht ankommt. Kurzwaffen aller Art müssen, werden sie in einem „A-Schrank“ aufbewahrt, innerhalb eines geeigneten Innenfachs verwahrt werden.
43
Der Einwand des Antragstellers, dass der angetroffene Zustand der Behörde auch wegen im Jahr 2017 übersandter Fotos bekannt und sogar bei einer Kontrolle im Jahr 2020 nicht beanstandet worden war, kann den Verstoß nicht in Frage stellen. Keinesfalls stellt eine beanstandungsfreie Kontrolle eine „Bescheinigung der ordnungsgemäßen Aufbewahrung“ dar, die, wie der Antragsteller der Sache nach zu meinen scheint, einen zusageähnlichen Charakter hat oder einen Vertrauenstatbestand schafft. Allenfalls könnte dieser Einwand die im Verstoß zum Ausdruck gekommene Nachlässigkeit relativieren und damit möglicherweise eine entsprechende Prognose ausnahmsweise hindern. Ob das der Fall ist, wird im Verfahren der Hauptsache zu klären sein und kann vorliegend offen bleiben, weil sich jedenfalls dem vorgelegten Protokoll aus dem Jahr 2020 nicht entnehmen lässt, welcher Zustand genau bei der beanstandungsfreien Prüfung vorgefunden wurde und ob dieser, wie der Antragsteller vorträgt, mit dem nun beanstandeten Zustand tatsächlich identisch war. Gleiches gilt hinsichtlich etwaiger Auswirkungen des Umstands, dass in der Vergangenheit offenbar die Verwendung nicht klassifizierter Schränke von früheren Mitarbeitern geduldet worden waren (vgl. Schriftsatz des Antragsgegners vom 23.4.2025).
44
b) Nach § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG, von dessen näheren Prüfung das Verwaltungsgericht abgesehen hat, besitzen die erforderliche Zuverlässigkeit in der Regel Personen nicht, die wiederholt oder gröblich gegen insbesondere die Aufbewahrungsvorschriften des Waffengesetzes verstoßen.
45
aa) Ob ein wiederholter Verstoß vorliegt, kann derzeit nicht abschließend entschieden werden. Zwar ist das Andauern eines Verstoßes durch die Nutzung der Langwaffe als Dekorationsgegenstand außerhalb eines Behältnisses etwas anderes als eine Wiederholung eines Verstoßes. Ein wiederholter Verstoß wäre allerdings zu bejahen, sollte neben dem Aufbewahrungsverstoß hinsichtlich der Langwaffe noch ein Verstoß hinsichtlich der Kurzwaffen vorliegen.
46
bb) Gröblich ist die Verletzung der Pflicht zu sicheren Aufbewahrung, wenn sie nach ihrem objektiven Gewicht und dem Grad der Vorwerfbarkeit eine schwerwiegende Zuwiderhandlung darstellt (vgl. Nr. 5.4 Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Waffengesetz – WaffVwV – vom 5.3.2012; BayVGH, B.v. 7.1.2025 – 24 CS 24.1690 – juris Rn. 17; BayVGH, B.v. 11.12.2023 – 24 CS 23.1495 – Rn. 21). Maßgeblich ist insoweit eine wertende Gesamtbetrachtung (vgl. SächsOVG, B.v. 12.7.2022 – 6 B 159/22 – juris Rn. 8, 10).
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Im vorliegenden Fall kann Anknüpfungspunkt für den Grad der Vorwerfbarkeit und das Gewicht der Zuwiderhandlung – in Gestalt des Aufhängens der Waffe zum Zwecke der Dekoration anstelle der Verwahrung in einem hierfür geeigneten Behältnis – allein die Fehleinschätzung hinsichtlich der Dekorationseigenschaft, nicht aber die Dauer des Verstoßes sein. Das Gewicht der Zuwiderhandlung ergibt sich aus dem Grad der Fahrlässigkeit, der der Fehleinschätzung zugrunde liegt. Dieser bestimmt sich wiederum zum einen dadurch, wie sehr dem Antragsteller selbst die Verkennung der „Echtheit“ der Waffe vorzuwerfen ist, und zum anderen dadurch, wie sehr ihm vorzuwerfen ist, diese Einschätzung bis zum Zeitpunkt der Kontrolle selbst und nicht durch fachkundige Dritte vorgenommen zu haben.
48
Das Gewicht des Fahrlässigkeitsvorwurfs kann im Eil- bzw. im Beschwerdeverfahren nicht abschließend bestimmt werden. Die vorliegenden Erkenntnisse genügen aber, um derzeit eine entsprechende Prognose nach § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG nicht ausschließen und deshalb jedenfalls im Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung nicht von der Rechtswidrigkeit des Bescheids ausgehen zu können. Gegen ein allzu großes Gewicht der Fahrlässigkeit könnte zwar sprechen, dass die Waffe auch durch andere sachkundige Personen, insbesondere einen Büchsenmacher, möglicherweise auch einen Polizeibeamten, zunächst als Dekorationswaffe eingeordnet worden ist, immerhin auch die Kurzwaffe treffend eingeschätzt wurde und die Langwaffe ersichtlich nicht funktionsfähig ist (blockiertes Zündloch, beschädigter Hahn). Demgegenüber könnte es jedoch als ausreichend schwerwiegend angesehen werden, dass der Antragsteller sich – bis zu den durch die Behörde geweckten Zweifel – auf seine eigene Einschätzung verlassen hat und nicht von Anfang an versucht hat, sich zumindest eine zweite fachkundige Einschätzung einzuholen, zumal § 2 Abs. 5 WaffG Besitzern eines Gegenstandes, dessen Erfassung durch das Waffengesetz unklar ist, das Recht einräumt, einen entsprechenden Antrag beim Bundeskriminalamt (§ 48 Abs. 3 WaffG) auf Erlass eines Feststellungsbescheids zu stellen. Der Vortrag des Antragstellers, auch die Behörde sei einer erheblichen Fehleinschätzung der Eigenschaften der Kurzwaffe, bei der es sich – nunmehr unstreitig – um eine bloße Dekorationswaffe handele, unterlegen, greift daher nicht durch. Vielmehr illustriert die gegenläufige Fehleinschätzung der Behörde möglicherweise den bestehenden Bedarf, die Frage frühzeitig durch externen Sachverstand klären zu lassen. Nicht durchgreifend ist auch der vom Antragsteller erhobene Einwand, mit der Aufhängung der Langwaffe an der Wand sei wegen ihrer umfassenden Reparaturbedürftigkeit bzw. fehlender Schussfähigkeit keine Gefährdung für hochrangige Rechtsgüter verbunden gewesen. Für die Frage, wie schwer der Vorwurf der „Selbst-Einschätzung“ hinsichtlich der „Waffennatur“ der Langwaffe wiegt, ist ihre bestehende oder fehlende konkrete Gefährlichkeit bzw. Einsatzfähigkeit nicht entscheidend, solange sich hieraus nicht gerade das Fehlen der „Waffennatur“ ergibt. Über den anzulegenden Sorgfaltsmaßstab muss das Verwaltungsgericht im Hauptsacheverfahren entscheiden. Sollte von einem gröblichen Verstoß auszugehen sein, so lässt sich derzeit weder annehmen noch ausschließen, dass die Eigenart des konkreten Falles ausnahmsweise eine Abweichung von der im Gesetz angelegten Regelvermutung rechtfertigen kann (vgl. auch BayVGH, B.v. 7.1.2025 – 24 CS 24.1690 – juris Rn. 20; BayVGH, B.v. 11.12.2023 – 24 CS 23.1495 – Rn. 23).
49
4. Hinsichtlich der jedenfalls (nur) offenen Erfolgsaussichten kommt es nicht darauf an, ob die vom Antragsgegner benannten weiteren Indizien, die auf Unzuverlässigkeit hindeuten sollen – vorübergehender Verlust der Waffenbesitzkarten und u.a. Verstoß gegen jagdrechtliche Anzeigepflichten (vgl. Art. 16 Abs. 3 BayJG und 17 Abs. 2 Satz 1 BayJG i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 1 BJagdG) – vorliegen oder nicht.
50
Vor dem Hintergrund der insoweit offenen Erfolgsaussichten der Klage hat die Beschwerde keinen Erfolg, weil bei der gebotenen Interessenabwägung die differenzierte gesetzgeberische Wertung des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 45 Abs. 5 WaffG einerseits und § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO andererseits zu berücksichtigen ist (vgl. BVerfG, B.v. 17.1.2017 – 2 BvR 2013/16 – Rn. 17). Aus diesem Grund überwiegt vorliegend das Vollzugsinteresse der Behörde das Suspensivinteresse des Antragstellers. Vom Antragsteller sind in der Beschwerdeschrift keine Gründe vorgetragen, die über die im Regelfall mit der Anordnung sofortiger Vollziehung verbundenen Umstände hinausreichen. Inmitten steht ausschließlich das Interesse am weiteren Waffenbesitz und der Möglichkeit der entsprechenden Weiternutzung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens (vgl. BayVGH, B.v. 28.9.2023 – 24 CS 23.1196 – Rn. 17; BayVGH, B.v. 16.5.2022 – 24 CS 22.737 – juris Rn. 18).
51
Dieses öffentliche Interesse am sofortigen Vollzug besteht auch für die bislang (vgl. aber nunmehr § 46 Abs. 6 WaffG) nicht vom gesetzlich angeordneten sofortigen Vollzug erfassten und mit der Widerrufsentscheidung verbundenen Nebenanordnung nach § 46 Abs. 1 Satz 1 WaffG und § 46 Abs. 2 Satz 1 WaffG (vgl. BayVGH, B.v. 15.7.2025 – 24 CS 25.644 – juris Rn. 24; B.v. 2.12.2020 – 24 CS 20.2211 – juris Rn. 29 m.w.N.). Entsprechendes gilt auch für die übrigen waffenrechtlichen (Neben-)Anordnungen.
52
Im Ergebnis gilt das auch hinsichtlich der den Jagdschein betreffenden Regelungen des Bescheids. Auch hier ist das öffentliche Vollzugsinteresse bei einer Entziehung des Jagdscheins wegen etwaiger Unzuverlässigkeit inhaltlich deckungsgleich mit demjenigen des waffenrechtlichen Widerrufs (vgl. näher BayVGH, B.v. 9.8.2022 – 24 CS 22.1575 – juris Rn. 25). Mangels anderweitigem Vortrag in der Beschwerdeschrift überwiegt auch insoweit das öffentliche Interesse am Sofortvollzug.
53
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.
54
Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren folgt aus §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG unter Berücksichtigung der in den Nummern 1.5, 20.4 und 50.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit i.d.F. vom 21. Februar 2025 enthaltenen Empfehlungen.
55
Für den Widerruf von Waffenbesitzkarten sind – unabhängig von der Anzahl der Karten – grundsätzlich 5.000,00 € zuzüglich 1.500,00 € für jede weitere Waffe anzusetzen (Nr. 50.2 des Streitwertkatalogs). Nicht zu berücksichtigen sind insoweit, das hat das Verwaltungsgericht übersehen, die beiden eingetragenen Schalldämpfer (vgl. BayVGH, B.v. 10.7.2025 – 24 CS 25.818 – juris Rn. 25 ff.; vgl. auch BayVGH, B.v. 29.1.2025 – 24 CS 24.1884 – Rn. 37, 40). Die waffenrechtlichen Nebenanordnungen bleiben bei der Streitwertfestsetzung ebenfalls unberücksichtigt. Der Antragsteller verfügt ausweislich des Bescheids über 24 Waffen, der Streitwert beträgt insoweit 39.500,00 € (5.000,00 € + [23 x 1.500,00 €]). Eine Deckelung ist bei dieser Streitwerthöhe noch nicht geboten. Die im Beschluss des Senats vom 29. Januar 2025 – 24 CS 24.1884 – juris Rn. 37 gezogene Obergrenze von 35.000 € ist mit Blick auf die im neuen Streitwertkatalog (i.d.F. vom 21.2.2025) berücksichtigte allgemeine Wertsteigerung auf 50.000,00 € zu erhöhen; der Streitwertkatalog kennt nunmehr in Nr. 50.2 eine solche Grenze. Hinsichtlich der Ungültigerklärung und Einziehung des Jagdscheins hat der Streitwert eine Höhe von 10.000,00 € (Nr. 20.4 des Streitwertkatalogs).
56
In der Hauptsache beträgt der Streitwert damit insgesamt 49.500,00 €; für das Eil- bzw. Beschwerdeverfahren ist er auf 24.750,00 € zu halbieren (Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs).
57
Die Aufhebung der Trennung durch den Verwaltungsgerichtshof als Rechtsmittelgericht wegen anfänglicher Rechtswidrigkeit wirkt auf den Zeitpunkt der Trennung zurück (ex tunc). Die vom Verwaltungsgericht festgesetzten Streitwerte (jeweils in Nr. III der Beschlüsse vom 27.2.2025 in den Verfahren W 9 S 25.167 und W 9 S 25.168) sind deshalb unzutreffend. Allein die Festsetzung eines einzigen, das Waffen- und das Jagdrecht berücksichtigenden Streitwerts für das verwaltungsgerichtliche Verfahren wäre rechtmäßig gewesen.
58
Deshalb setzt der Senat unter Abänderung der Streitwertfestsetzungen in den genannten Beschlüssen einheitlich für das Verfahren im ersten Rechtszug nach § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG von Amts wegen einen Streitwert in Höhe von 24.750,00 € fest; für die Bezifferung des maßgeblichen Interesses des Antragstellers i.S.v. § 52 Abs. 1 GKG wird der Streitwertkatalog 2025 zugrunde gelegt.
59
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).