Titel:
Vollstreckungsklausel, Abgabe einer Willenserklärung, Rückgriffsansprüche, Kosten des Beschwerdeverfahrens, Zwangsvollstreckungsmaßnahme, Zug-um-Zug-Verurteilung, Zug-um-Zug-Leistung, Schuldnerleistung, Gerichtsvollzieher, Gläubiger, Sofortige Beschwerde, Gegenleistung, Öffentlich beglaubigte Urkunde, Willenserklärungen, Abtretungserklärung, Abtretungsvertrag, Vollstreckbarkeit, Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts, Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung, Sachverständige
Schlagworte:
Zwangsvollstreckung, Zug-um-Zug-Leistung, Willenserklärung, Abtretungsvertrag, Gerichtsvollzieher, Sachpfändung, Beschwerdeverfahren
Vorinstanz:
AG München, Beschluss vom 07.05.2025 – 1509 M 2491/25
Fundstelle:
BeckRS 2025, 16106
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde des Gläubigers vom 10.05.2025 gegen den Beschluss des Amtsgerichts München vom 07.05.2025, Az. 1509 M 2491/25, wird zurückgewiesen.
2. Der Gläubiger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gründe
1
Die sofortige Beschwerde des Gläubigers vom 10.05.2025, bei Gericht eingegangen am 10.05.2025, gegen den Beschluss des Amtsgerichts München vom 07.05.2025, Az. 1509 M 2491/25, mit dem die Erinnerung des Gläubigers vom 20.02.2025 zurückgewiesen und der dem Gläubiger am 10.05.2025 zugestellt wurde, ist zulässig, jedoch in der Sache ohne Erfolg.
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Zur Begründung wird zunächst auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Beschlusses des Amtsgerichts München vom 07.05.2025 Bezug genommen. Ergänzend ist folgendes auszuführen:
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1.Zwar bedarf es im vorliegenden Fall entgegen der von der Obergerichtsvollzieherin vertretenen Auffassung keiner sog. qualifizierten titelergänzenden Vollstreckungsklausel gem. § 726 I ZPO. Das ergibt sich, wie bereits das Amtsgericht im angegriffenen Beschluss vom 07.05.2025 zutreffend ausgeführt hat, aus § 726 II ZPO. Danach ist, wenn die Vollstreckung von einer Zug um Zug zu bewirkenden (Gegen-) Leistung des Gläubigers an den Schuldner abhängt, der Beweis, dass der Schuldner (wegen der vom Gläubiger zu erbringenden Gegenleistung) befriedigt oder im Verzug der Annahme ist, nur dann erforderlich, wenn die dem Schuldner obliegende Leistung in der Abgabe einer Willenserklärung liegt. Letzteres ist vorliegend aber nicht der Fall. Denn die streitgegenständliche, der Schuldnerin nach dem Urteil des Amtsgerichts Möchengladbach-Rheydt obliegende Leistung besteht in der Zahlung von 421,02 € nebst Zinsen an den Sachverständigen J. Lediglich die von dem Gläubiger nach dem Urteil hierfür Zug um Zug zu erbringende Gegenleistung besteht in der Abgabe einer Willenserklärung, nämlich der Zustimmung zum Abschluss eines Vertrags mit dem Schuldner über die Abtretung etwaiger diesem zustehenden Rückgriffsansprüche gegen den Sachverständigen gem. § 398 BGB. Daher bedarf es in einem solchen Fall gem. § 726 II ZPO gerade keiner qualifizierten titelergänzenden Vollstreckungsklausel gem. § 726 I ZPO (vgl. Ulrici in BeckOK zur ZPO, 56. Edition, Stand: 01.12.2024, Rn 9.2 zu § 756 ZPO).
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2. Entgegen der Auffassung des Schuldners ist allerdings auch die Vorschrift des § 894 Satz 2 ZPO nicht einschlägig. Denn diese betrifft gleichfalls nur Urteile, die den Schuldner zur Abgabe einer Willenserklärung verpflichten. Das Urteil des Amtsgerichts Möchengladbach-Rheydt vom 04.11.2024, aus dem der Gläubiger die Zwangsvollstreckung betreibt, verpflichtet die Schuldnerin aber, wie dargelegt, nicht zur Abgabe einer Willenserklärung, sondern zur Zahlung eines Geldbetrages. Lediglich die Gegenleistung des Gläubigers, von deren Erbringung die Verpflichtung der Schuldnerin abhängig gemacht wird, besteht in der Abgabe einer Willenserklärung. Eine rechtskräftige und vollstreckbare Entscheidung über die Gegenleistung ist aber in dem Urteil gerade nicht ergangen. Denn bei einer Zug-um-Zug-Verurteilung ist nur die sich aus dem Bestehen des Gegenanspruchs ergebende Beschränkung des Klageanspruchs rechtskraftfähig, während der Anspruch auf die Gegenleistung als solcher nicht in Rechtskraft erwachsen kann (vgl. BGH, Beschluss vom 05.10.2021, Az: II ZR 244/19, juris Rn 6).
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3. Vielmehr erfolgt die Vollstreckung auch dann, wenn sie von einer Zug um Zug zu erbringenden Gegenleistung des Gläubigers abhängt, die in der Abgabe einer Willenserklärung wie einer Abtretungserklärung besteht, nach der Bestimmung des § 756 ZPO (vgl. BGH, Beschluss vom 16.06.2016, Az: I ZB 58/15, juris Rn 11, 12; Heßler in Münchener Kommentar zur ZPO, 6. Aufl., Rn 14 zu § 756 ZPO; Werner Sternal in Kindl/Meller-Hannich, Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung, 4. Aufl., Rn 6 zu § 756 ZPO). Danach darf der Gerichtsvollzieher die Zwangsvollstreckung, wenn sie von einer Zug um Zug zu bewirkenden Leistung des Gläubigers an den Schuldner abhängt, nicht beginnen, bevor er dem Schuldner die diesem gebührende Leistung in einer den Verzug der Annahme begründenden Weise angeboten hat, sofern nicht der Beweis, dass der Schuldner befriedigt oder im Verzug der Annahme ist, durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden geführt wird und eine Abschrift dieser Urkunden bereits zugestellt ist oder gleichzeitig zugestellt wird. Letzteres ist hier nicht der Fall. Insbesondere fingiert das Urteil, wie dargelegt, nicht gem. § 894 ZPO die Abtretungserklärung durch den Gläubiger, weil es keine rechtskraftfähige Entscheidung hierüber enthält. Daher konnte die Obergerichtsvollzieherin die von dem Schuldner beantragte Zwangsvollstreckungsmaßnahme in Form der Sachpfändung gem. § 808ff ZPO nicht beginnen und war dementsprechend berechtigt diese abzulehnen, solange sie nicht durch den Gläubiger in die Lage versetzt worden war, der Schuldnerin die Abtretung etwaiger dem Gläubiger zustehender Rückgriffsansprüche gegen den Sachverständigen J in einer den Verzug der Annahme begründenden Weise anzubieten (vgl. BGH, Beschluss vom 16.06.2016, Az: I ZB 58/15, juris Rn 12). Hierzu wäre es erforderlich, dass der Gläubiger die Obergerichtsvollzieherin beauftragt und bevollmächtigt, der Schuldnerin die Schließung eines Abtretungsvertrags gem. § 398 Satz 1 BGB mit ihm anzubieten gem. § 145 BGB (vgl. BGH, Beschluss vom 16.06.2016, Az: I ZB 58/15, juris Rn 14) oder dass er den Gerichtsvollzieher damit beauftragt, der Schuldnerin ein von ihm abgegebenes Angebot zum Abschluss eines Abtretungsvertrags als Erklärungsboten zu überbringen (vgl. Ellenberger in Grüneberg, 84. Aufl., Rn 11 vor § 164 BGB). Beides ist vorliegend unstreitig nicht erfolgt.
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Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 97 I ZPO.
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Die Rechtsbeschwerde war gemäß § 574 I Satz 1 Nr. 2, II ZPO nicht zuzulassen, da die vorliegende Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts nicht erforderlich ist. Es ging um eine reine Einzelfallentscheidung.