Titel:
Widerruf von Waffenbesitzkarten, Zuverlässigkeit, Aufbewahrungsverstoß, geladene Waffen, unterschiedliche Versionen, Ungeeignetheit eines psychologischen Gutachtens
Normenketten:
WaffG § 5
WaffG § 6
WaffG § 36
WaffG § 45 Abs. 1 S. 2
AWaffV § 13
Schlagworte:
Widerruf von Waffenbesitzkarten, Zuverlässigkeit, Aufbewahrungsverstoß, geladene Waffen, unterschiedliche Versionen, Ungeeignetheit eines psychologischen Gutachtens
Fundstelle:
BeckRS 2025, 16056
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Tatbestand
1
Der Kläger wendet sich gegen den Widerruf waffenrechtlicher Erlaubnisse.
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Mit Bescheid vom 20. Juni 2024 widerrief das Landratsamt ... (im Folgenden: Landratsamt) die waffenrechtlichen Erlaubnisse des Klägers (Ziffer 1 des Bescheids). Der Kläger habe die Waffenbesitzkarten (grün) mit den Nrn. …5, …7 und …77 sowie den Europäischen Feuerwaffenpass mit der Nr. …2 (gültig bis zum 18. März 2024) an das Landratsamt – Untere Waffenbehörde – zurückzugeben (Ziffer 2). Ferner wurde der Kläger verpflichtet, seine Waffen und Munition dauerhaft unbrauchbar zu machen oder einem Berechtigten zu überlassen und dem Landratsamt Nachweis hierüber zu führen. Alternativ könne der Kläger seine Waffen am Landratsamt oder bei der Polizei abgeben (Ziffer 3). Im Übrigen beinhaltet der Bescheid jagdrechtliche Regelungen (Ziffern 4 und 5), die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Ziffern 2 bis 5 (Ziffer 6), jeweils für den Fall der Nichtbefolgung eine Zwangsgeldandrohung hinsichtlich Ziffer 2 (Ziffer 7), die Androhung der Sicherstellung von Waffen und Munition hinsichtlich Ziffer 3 (Ziffer 8) und eine Zwangsgeldandrohung hinsichtlich Ziffer 5 (Ziffer 9) sowie eine Kostenentscheidung zu Lasten des Klägers (Gebühr in Höhe von 200,00 EUR; Ziffern 10 und 11).
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Zur Begründung wurde in tatsächlicher Hinsicht ausgeführt, dass im Rahmen einer unangekündigten Aufbewahrungskontrolle am 12. März 2024 festgestellt worden sei, dass der Kläger seinen Revolver geladen aufbewahrt habe. Der Kläger sei daraufhin mit Schreiben vom 24. Mai 2024 unter Fristsetzung bis zum 12. Juni 2024 zum beabsichtigten Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnisse angehört worden. Mit Schreiben vom 12. Juni 2024 habe der Prozessbevollmächtigte des Klägers dessen rechtliche Vertretung angezeigt und um Akteneinsicht gebeten, die am folgenden Tag gewährt worden sei.
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In rechtlicher Hinsicht führte das Landratsamt im Wesentlichen aus, dass es gemäß §§ 48 Abs. 1, 49 WaffG, § 1 Abs. 1 AVWaffBeschR, Art. 30 Abs. 1 Satz 1, 20 Nrn. 1 und 2 VwZVG und Art. 3 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a BayVwVfG sachlich und örtlich zuständig sei. Der Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnisse stütze sich auf § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG. Danach seien Erlaubnisse zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten würden, die zur Versagung hätten führen müssen. Dies sei hier der Fall. Der Kläger besitze nicht die erforderliche waffenrechtliche Zuverlässigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG, da Tatsachen die Annahme rechtfertigten, dass er mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig und sachgemäß umgehen oder diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahren werde. Die Anforderungen, die für die sorgfältige Verwahrung von Waffen zu erfüllen seien, folgten aus § 36 WaffG und der Allgemeinen Waffengesetz-Verordnung (AWaffV). Bereits ein einmaliger Verstoß hiergegen rechtfertige die Feststellung der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit. Dies treffe auf den Kläger zu. Bei der Aufbewahrungskontrolle sei festgestellt worden, dass sein Revolver geladen aufbewahrt werde. Dies stelle einen schwerwiegenden Verstoß gegen die grundlegende Aufbewahrungsregel nach § 36 Abs. 1 WaffG in Verbindung mit § 13 Abs. 2 AWaffV dar. Bei den Aufbewahrungsvorschriften handele es sich um zentrale waffenrechtliche Vorschriften, welche der Umsetzung eines der vordringlichsten und wichtigsten Ziele des Waffengesetzes dienten, nämlich das Abhandenkommen oder das unbefugte An-sich-nehmen von Waffen und Munition durch unbefugte Dritte zu verhindern. In Anbetracht der erheblichen Gefahren, die von Waffen und Munition für hochrangige Rechtsgüter ausgingen, dürfe ein Restrisiko nicht hingenommen werden. Habe ein Waffenbesitzer in diesem Sinn bereits einmal versagt, sei schon allein dies ein gewichtiges Indiz dafür, dass er das in ihn gesetzte Vertrauen nicht mehr verdiene. Im Übrigen wird auf die weitere Begründung des Bescheids Bezug genommen.
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Hiergegen hat der Kläger am 24. Juni 2024 durch seinen Prozessbevollmächtigten Klage erheben und zunächst beantragen lassen, „den Bescheid des Landratsamts ... vom 20. Juni 2024, Az. […], den Widerruf/Entzug der waffen-/jagdrechtlichen Erlaubnisse des Klägers betreffend“, aufzuheben.
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Zur Klagebegründung wird geltend gemacht, dass die Aufbewahrung des geladenen Revolvers nicht in der Nachttischschublade, sondern im Waffenschrank, also gesichert vor Unbefugten, geschehen sei. Es habe sich auch nicht um den Ausdruck von Nachlässigkeit, Leichtsinn oder Unbedachtsamkeit, sondern um das Ergebnis einer besonderen Lebenssituation gehandelt. Der Kläger wohne in einer guten Wohngegend. In seiner Nachbarschaft sei wiederholt eingebrochen worden, wobei auch Personen zu Schaden gekommen und erhebliche Straftaten zu Lasten der Einbruchsopfer verübt worden seien. Hierbei sei zu beachten, dass im Haus des Klägers nicht nur seine Ehefrau, sondern auch seine beiden Kinder, sieben und fünf Jahre alt, wohnten. Der Kläger habe, wie von jedem Familienvater nachzuvollziehen, Angst um seine Frau und seine Kinder gehabt. Er habe erwogen, den jagdlichen Fangschussrevolver für die Selbstverteidigung bereit zu legen, um für einen solchen Fall gewappnet zu sein. Ihm sei klar gewesen, dass dieses Verhalten waffenrechtlich „nicht übermäßig korrekt zu sein schien“, doch in diesem Augenblick sei ihm der Schutz von Frau und Kindern wichtiger erschienen als das Waffenrecht. Weil der Kläger jedoch als gewissenhafter Waffenbesitzer die Angelegenheit „hin und her“ erwogen habe, habe er sich dann doch entschlossen, seinen ursprünglich gefassten Entschluss nicht umzusetzen, und den geladenen Revolver statt griffbereit in die Nachttischschublade wieder in den Waffenschrank gelegt, hierbei jedoch vergessen, ihn zu entladen. Dort sei er leider liegen geblieben. Weil der Kläger als Bäckermeister früh morgens in die Backstube habe gehen müssen, habe er am nächsten Vormittag das Entladen des Revolvers leider vergessen. Er habe also zunächst erwogen – und dies räume er „ehrlicherweise“ ein –, den jagdlichen Revolver zum Zweck der Selbstverteidigung zu verwenden. Nachdem der geladene Revolver vor ihm gelegen habe, habe er sich dann kurzfristig doch entschlossen, den Revolver wieder in den Waffenschrank zu legen, dabei jedoch vergessen, ihn zu entladen.
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Dies sei „nicht verzeihlich“, stelle jedoch keinen ausreichenden Grund dar, um von der Unzuverlässigkeit nach § 5 WaffG auszugehen. Wie in solchen Fällen üblich, reiche es jedenfalls nicht aus, seitens der Behörde zu behaupten, es lägen keine Anhaltspunkte vor, die ein Abweichen von der Regelvermutung zur Unzuverlässigkeit rechtfertigen könnten. Die nach § 5 Abs. 2 WaffG eingetretene Vermutung der fehlenden Zuverlässigkeit könne nur bei Vorliegen solcher Umstände als ausgeräumt erachtet werden, die einen Ausnahmefall kennzeichneten. Ein solches Abweichen von der Regelvermutung komme dann in Betracht, wenn die Umstände des Verhaltens beziehungsweise behaupteten Verstoßes die Verfehlung des Betroffenen ausnahmsweise in einem derartig milderen Licht erscheinen ließen, dass die nach der Wertung des Gesetzgebers in der Regel durch eine solche Verfehlung begründeten Zweifel an der für die waffenrechtliche Erlaubnis vorausgesetzten Vertrauenswürdigkeit des Betroffenen bezüglich des Umgangs mit Waffen und Munition nicht gerechtfertigt seien. Erforderlich sei danach eine Würdigung der Schwere der konkreten Verfehlung und der Persönlichkeit des Betroffenen, wie sie in seinem Verhalten zum Ausdruck komme. „So“ sei es hier. Der sich ansonsten völlig untadelig verhaltende Kläger sei gar nicht, und schon überhaupt nicht einschlägig, vorbestraft und habe auch ansonsten kein weiteres Fehlverhalten zu verzeichnen. Der Kläger habe ein einziges Mal Angst um seine Frau und seine Kinder gehabt, erwogen, sich mit seinem jagdlichen Revolver zu verteidigen und sei dann im letzten Moment in einer Art von „tätiger Reue“ davon abgewichen. Er habe also den Entschluss, sich unkorrekt zu verhalten, nicht umgesetzt, sondern die Waffe wieder in den Waffenschrank gelegt. Dass er hierbei vergessen habe, die Waffe zu entladen, sei zwar „unverzeihlich“, jedoch kein so schweres Fehlverhalten, dass ihm deswegen die waffenrechtlichen Erlaubnisse und der Jagdschein zu entziehen gewesen seien. Dies sei ein grober Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Es handele sich um einen einmaligen – für den ansonsten sehr zuverlässigen Kläger – untypischen Verstoß gegen das Waffenrecht, der im Übrigen jedoch nicht die Gefahr mit sich gebracht habe, dass unbefugte Dritte sich einer der dem Kläger gehörigen Waffen hätten nähern können; auch sonst habe keine Gefahr für die Allgemeinheit bestanden. Darüber hinaus legt der Kläger ein Gutachten des Diplompsychologen Herrn K. vom „26. April 2024“ vor, der auch die Berechtigung zur Begutachtung nach § 6 WaffG besitze. Daraus ergebe sich insbesondere, dass aufgrund der testpsychologischen und der psychologischen Befundlage im Rahmen der Begutachtung sich die behördlichen Zweifel an der Zuverlässigkeit und am Verantwortungsbewusstsein des Klägers nicht aufrechterhalten ließen.
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Mit Beschluss vom 24. Juni 2024 hat die Kammer den auf die jagdrechtlichen Anordnungen im Bescheid des Landratsamts vom 20. Juni 2024 bezogenen Teil des Klagebegehrens abgetrennt und das Verfahren insoweit unter dem Aktenzeichen W 9 K 24. … fortgeführt.
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Am 16. Juli 2024 hat der Kläger seine Waffenbesitzkarten und den Europäischen Feuerwaffenpass beim Landratsamt abgegeben. Im weiteren Verlauf hat er seine Waffen und Munition einem Büchsenmacher überlassen.
den Bescheid des Landratsamts ... vom 20. Juni 2024 aufzuheben, soweit die Waffenbesitzkarten des Klägers widerrufen wurden.
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Das Landratsamt ist der Klage für den Beklagten entgegengetreten und beantragt,
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Hierzu nimmt es Bezug auf den streitgegenständlichen Bescheid und ergänzt zunächst in tatsächlicher Hinsicht, dass nach Eingang der Klagebegründung die Kontrolleurin gebeten worden sei, den Hergang der Kontrolle ausführlicher zu schildern. Sie habe mitgeteilt, dass sie den Revolver aus dem Waffenschrank genommen und ihn entladen habe, nachdem sie den geladenen Zustand festgestellt habe. Der Kläger habe davon überrascht gewirkt und gesagt, dass er wohl nach der Wildschwein-Nachsuche vergessen habe, den Revolver zu entladen.
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Rechtlich führt das Landratsamt im Wesentlichen aus, dass sich aus dem Vortrag der Klageschrift keine neuen Erkenntnisse ergäben. Der Vortrag in der Klagebegründung zum Grund des Ladezustands verwundere. Der Kläger habe sich vor Ort gegenüber den Kontrolleurinnen hierzu anders geäußert. Soweit der Kläger zu § 5 Abs. 2 WaffG argumentiere, erübrige sich ein weiterer Vortrag, da es in der angegriffenen Entscheidung um die fehlende Zuverlässigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG gehe. Insoweit werde auf die Ausführungen im streitgegenständlichen Bescheid verwiesen. Insbesondere sehe das Gesetz bei Fehlern der Aufbewahrung keinen Bewertungsspielraum vor. Der Gesetzgeber habe hierfür klare und auch einfach zu befolgende Regeln aufgestellt. Vor allem das ungeladene Aufbewahren gehöre zum „Einmaleins“ des ordnungsgemäßen und sicheren Waffenumgangs. Eine Waffe sei nach dem Gebrauch immer zu entladen. Eine geladen aufbewahrte Waffe sei daher nicht bloß eine geringfügige Nachlässigkeit, sondern ein schwerwiegender Verstoß gegen das Gesetz und widerspreche den einfachsten und offensichtlichen Grundlagen der sicheren Waffenhandhabung. Zur Prognose der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit sei bereits ausführlich im Bescheid Stellung genommen worden. Die Klageschrift bestärke den Beklagten in seiner Einschätzung des Klägers, insbesondere die Gefahr, welche von geladenen Waffen ausgehe, nicht ausreichend ernst zu nehmen. Es spreche auch nicht gegen die Annahme einer negativen Prognose, dass sich der Aufbewahrungsfehler im Innern des Waffenschranks abgespielt habe, zu dem nur der Kläger Zugang gehabt habe. Die Aufbewahrungsvorschriften würden nicht nur vorgeben, dass Waffen und Munition in entsprechenden Behältnissen aufzubewahren seien, sondern auch, wie (ungeladen und gegebenenfalls getrennt voneinander). Die Argumentation, dass die Waffe nicht in der Nachttischschublade, sondern im Waffenschrank aufbewahrt worden sei, zeige, dass sich der Kläger seiner Verantwortung als Waffenbesitzer nicht bewusst sei. Die Aufbewahrungsvorschriften dienten nämlich nicht nur dem Ziel, das Abhandenkommen oder das unbefugte An-sich-nehmen von Waffen und Munition durch unbefugte Dritte zu verhindern. Sie schützten vielmehr jede Person, zum Beispiel auch die Kontrolleure oder andere Berechtigte, denen der Ladezustand der Waffe nicht bekannt sei, und letztendlich auch den Waffenbesitzer selbst vor den Gefahren, die mit einer geladenen Waffe verbunden seien. Die fehlende Einsicht sowie die Bagatellisierung des vorgefundenen Fehlers zeugten von einer nicht zu tolerierenden Nachlässigkeit und Sorglosigkeit, sodass ein begründetes Restrisiko bestehe, dass der Kläger auch zukünftig sein eigenes (falsches) Vorgehen hinsichtlich des Umgangs mit Waffen den gesetzlichen Vorgaben vorziehe.
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Die Vorlage des Gutachtens habe in dem vorliegenden Verfahren keine Relevanz. Der Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnisse beruhe auf der fehlenden Zuverlässigkeit nach § 5 WaffG und beziehe sich ausschließlich auf das verantwortbare und vorwerfbare Verhalten. Bereits nach der Gesetzessystematik könne ein Gutachten zur persönlichen Eignung nach § 6 Abs. 1 und 2 WaffG daher nicht die fehlende Zuverlässigkeit entkräften. Dem Kläger werde kein psychischer Mangel vorgeworfen. Zudem sei dem Umstand nicht weiter nachgegangen worden, dass der Kläger ursprünglich eine andere Version kundgetan habe, weshalb die Waffe geladen gewesen sei. Insoweit habe der Gutachter nicht alle relevanten Umstände abgefragt und das Gutachten müsse zurückgewiesen werden. Darüber hinaus ergäben sich aus dem Gutachten keine Gesichtspunkte, welche nicht bereits im Rahmen der Prognoseentscheidung in die Bewertung eingeflossen seien.
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Hinsichtlich des weiteren Vortrags der Beteiligten sowie der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die vorliegende Behördenakte, auch in dem Verfahren W 9 K 24. …, sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 28. April 2025 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Nach Abtrennung des die jagdrechtlichen Regelungen betreffenden Teils des streitgegenständlichen Bescheids und Klarstellung des Prozessbevollmächtigten des Klägers in der mündlichen Verhandlung sowie entsprechender Formulierung des Klageantrags ist die vorliegende Klage allein auf den Widerruf der Waffenbesitzkarten des Klägers nach Ziffer 1 des Bescheids des Landratsamts vom 20. Juni 2024 bezogen.
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1. Die Kammer hält weiterhin an der durch unanfechtbaren Beschluss (§ 146 Abs. 2 VwGO) vom 24. Juni 2024 gemäß § 93 Satz 2 VwGO erfolgten Abtrennung des Verfahrens W 9 K 24. … fest und sieht keine Veranlassung, diese wieder aufzuheben (vgl. zur jederzeitigen Möglichkeit einer solchen Aufhebung § 173 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 150 ZPO und hierzu Wöckel in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 93 Rn. 8). Hinsichtlich der Frage der Zweckmäßigkeit einer Verfahrenstrennung ist die Kammer nicht an die Auffassung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (vgl. B.v. 20.2.2024 – 24 CS 23.2264 u.a. – juris Rn. 8 f.; B.v. 5.11.2024 – 24 CS 24.1306 u.a. – juris Rn. 13) gebunden. Das Gebot der Wahrung der richterlichen Unabhängigkeit nach Art. 97 GG gilt auch innerhalb der Gerichtsbarkeit (vgl. Hillgruber in Dürig/Herzog/Scholz, GG, Werkstand: 106. EL Oktober 2024, Art. 97 Rn. 94).
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2. Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist als Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. VwGO) zulässig, aber unbegründet.
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Der Widerruf der dem Kläger erteilten Waffenbesitzkarten in Ziffer 1 des Bescheids des Landratsamts vom 20. Juni 2024 ist in dem für das Gericht maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt des Bescheiderlasses (vgl. BayVGH, B.v. 6.7.2022 – 24 ZB 22.319 – juris Rn. 20 m.w.N.) rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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Er beruht auf § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG in der hier maßgeblichen Fassung der Bekanntmachung vom 11. Oktober 2002 (BGBl. I S. 3970), zuletzt geändert durch Verordnung vom 19. Juni 2020 (BGBl. I S. 1328), und begegnet in formeller Hinsicht keinen Bedenken. Der Widerruf ist auch materiell rechtmäßig, da die Tatbestandsvoraussetzungen der Rechtsgrundlage vorliegen und es sich um eine gebundene Entscheidung handelt. Nach § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG ist eine Erlaubnis nach dem Waffengesetz zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen. Dies ist hier der Fall.
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Die streitgegenständlichen Waffenbesitzkarten des Klägers sind Erlaubnisse nach dem Waffengesetz (vgl. § 10 Abs. 1 Satz 1 WaffG). Ihre Erteilung setzt nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 WaffG unter anderem voraus, dass der Kläger die erforderliche Zuverlässigkeit im Sinne des § 5 WaffG besitzt. Hier ist die Zuverlässigkeit des Klägers in Bezug auf erlaubnispflichtige Waffen und Munition nicht (mehr) gegeben. Der Kläger ist sowohl nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG (a) als auch nach § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG (b) unzuverlässig.
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a) Der Kläger ist nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG unzuverlässig.
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Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG, auf den der Beklagte den Widerruf gestützt hat, besitzen Personen die erforderliche Zuverlässigkeit nicht, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen oder diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahren werden. Dies trifft auf den Kläger zu.
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Vorsichtig und sachgemäß im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG ist der Umgang mit Waffen und Munition nur dann, wenn alle Sicherungsmöglichkeiten ausgenutzt werden. Die Anforderungen, die für die sorgfältige Verwahrung von Waffen zu erfüllen sind, folgen aus § 36 WaffG. Nach § 36 Abs. 1 WaffG hat ein Waffenbesitzer die erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, um zu verhindern, dass Waffen oder Munition abhandenkommen oder Dritte sie unbefugt an sich nehmen. Dies wird in (§ 36 Abs. 1, Abs. 5 WaffG in Verbindung mit) § 13 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 AWaffV insbesondere dahingehend näher konkretisiert, dass erlaubnispflichtige Schusswaffen ungeladen aufzubewahren sind. Hiergegen hat der Kläger verstoßen, indem er unstreitig und wie in der Aufbewahrungskontrolle vom 12. März 2024 festgestellt, seinen Revolver geladen in seinem Waffenschrank aufbewahrte.
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Dieser Aufbewahrungsverstoß rechtfertigt als „Tatsache“ die Annahme, dass der Kläger im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen oder diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahren wird.
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Die auf Grundlage der festgestellten Tatsachen zu erstellende Prognose der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit hat den allgemeinen Zweck des Waffengesetzes zu berücksichtigen, beim Umgang mit Waffen und Munition die Belange der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu wahren (§ 1 Abs. 1 WaffG), nämlich zum Schutz der Allgemeinheit diese vor den schweren Folgen eines nicht ordnungsgemäßen Umgangs mit Waffen zu bewahren (vgl. BT-Drs. 14/7758, S. 51). Sie hat sich ferner an dem Zweck zu orientieren, die Risiken, die mit jedem Waffenbesitz ohnehin verbunden sind, nur bei solchen Personen hinzunehmen, die nach ihrem Verhalten Vertrauen darin verdienen, dass sie mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen (vgl. BVerwG, U.v. 22.10.2014 – 6 C 30.13 – juris Rn. 19; BayVGH, B.v. 2.10.2013 – 21 CS 13.1564 – juris Rn. 14).
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Bei einem Verstoß gegen Aufbewahrungsvorschriften – wie hier – ist zu beachten, dass es sich dabei um zentrale waffenrechtliche Vorschriften handelt, welche der Umsetzung eines der vordringlichsten und wichtigsten Ziele des Waffengesetzes dienen, nämlich das Abhandenkommen sowie das unbefugte Ansichnehmen von Waffen und Munition durch unbefugte Dritte zu verhindern (vgl. BayVGH, B.v. 2.10.2013 – 21 CS 13.1564 – juris Rn. 14; B.v. 14.10.2020 – 24 ZB 20.1648 – juris Rn. 9 m.w.N.). Verhindert werden soll dabei auch, dass Personen bei rechtmäßigem Aufenthalt in der Wohnung, also etwa Familienangehörige und Besucher, nicht unkontrolliert Zugriff auf Waffen haben (vgl. BT-Drs. 14/7758, S. 73; VGH BW, B.v. 3.8.2011 – 1 S 1391/11 – juris Rn. 6; NdsOVG, U.v. 27.5.2024 – 11 LB 508/23 – juris Rn. 59). Überdies sollen die an Waffenbesitzer gestellten Anforderungen im Hinblick auf die sorgfältige Verwahrung auch den Waffenbesitzer selbst vor den Gefahren, die mit einer geladenen Waffe verbunden sind, schützen (vgl. BVerwG, B.v. 3.3.2014 – 6 B 36.13 – juris Rn. 4 f.; VG Hamburg, U.v. 9.2.2016 – 4 K 2176/15 – juris Rn. 23; VG München, U.v. 29.7.2020 – M 7 K 18.4259 – juris Rn. 42). Es kommt dabei nicht darauf an, ob und in welchem Umfang durch den Verstoß im Einzelfall eine konkrete Gefährdung der Allgemeinheit eingetreten ist. Der Schutz der Allgemeinheit vor von Waffen und Munition ausgehenden Gefahren soll gerade durch die geltenden Aufbewahrungsvorschriften erreicht werden. Dementsprechend berührt jeder Verstoß gegen die Aufbewahrungsvorschriften zugleich die Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit, jedenfalls im Sinne einer abstrakten Gefährdung (vgl. BayVGH, B.v. 2.10.2013 – 21 CS 13.1564 – juris Rn. 12; B.v. 6.7.2022 – 24 ZB 22.319 – juris Rn. 19).
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Hat ein Waffenbesitzer in diesem Sinn bereits einmal versagt, ist schon allein dies ein gewichtiges Indiz dafür, dass er das in ihn gesetzte Vertrauen nicht mehr verdient. Eine dahingehende Lebenserfahrung oder aber ein entsprechender Rechtssatz, dass erst ab einem weiteren Verstoß eine negative Zukunftsprognose angestellt werden kann, existiert nicht (vgl. etwa BayVGH, B.v. 2.10.2013 – 21 CS 13.1564 – juris Rn. 14; B.v. 31.7.2015 – 21 CS 15.1156 – juris Rn. 12). In Anbetracht der erheblichen Gefahren, die von Waffen und Munition für hochrangige Rechtsgüter ausgehen, darf ein Restrisiko nicht hingenommen werden (vgl. BayVGH, B.v. 2.10.2013 – 21 CS 13.1564 – juris Rn. 14; B.v. 9.1.2008 – 21 C 07.3232 – juris Rn. 6; NdsOVG, B.v. 19.4.2010 – 11 LA 389/09 – juris Rn. 3). Die Annahme der Wiederholung ist dabei umso mehr gerechtfertigt, je mehr in dem nachgewiesenen Verhalten eine allgemeine Distanz des Betroffenen zu den gesetzlich, insbesondere waffenrechtlich begründeten (Sorgfalts-)Pflichten zum Ausdruck kommt; je geringfügiger der Verstoß ist, umso eher kann die schlichte Annahme einer Wiederholung verneint werden (vgl. BayVGH, B.v. 20.4.2023 – 24 CS 23.495 – juris Rn. 25 m.w.N.). Daher kann bereits ein einmaliger Verstoß gegen die Aufbewahrungspflichten grundsätzlich die Feststellung der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit – in Gestalt zu erwartender Verwahrungsverstöße im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG – rechtfertigen (vgl. BayVGH, B.v. 20.4.2023 – 24 CS 23.495 – juris Rn. 24 m.w.N.). Etwas anderes kann ausnahmsweise nur dann gelten, wenn es sich um eine situative Nachlässigkeit minderen Gewichts handelt, die bei nur einmaligem Auftreten noch toleriert werden könnte (vgl. BVerwG, U.v. 22.10.2014 – 6 C 30.13 – juris Rn. 19; HmbOVG, B.v. 7.8.2015 – 5 Bs 135/15 – juris Rn. 19 f.; BayVGH, B.v. 20.5.2015 – 21 ZB 14.2236 – juris Rn. 15); eine solche kann insbesondere bei einer brenzligen, hektischen oder sonst ungewöhnlichen Situation anzunehmen sein, die das (einmalige) Fehlverhalten des Betroffenen in einem erheblich milderen Licht erscheinen lässt (vgl. dazu HmbOVG, B.v. 7.8.2015 – 5 Bs 135/15 – juris Rn. 20).
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Gemessen daran ist zum insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung die Annahme gerechtfertigt, dass der Kläger auch künftig mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen wird. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Anforderungen an die Eintrittswahrscheinlichkeit eines Verwahrungsverstoßes wegen des mit jedem Waffenbesitz verbundene Sicherheitsrisikos, das möglichst gering gehalten werden soll, und der von Waffen und Munition ausgehenden Gefahren für besonders hochrangige Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit nicht hoch sind. Es bedarf nicht etwa einer mit an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit, dass der Kläger in Zukunft die waffenrechtlichen Vorschriften nicht einhalten wird; vielmehr genügt es, dass bei verständiger Würdigung aller Umstände eine gewisse Wahrscheinlichkeit für einen nicht ordnungsgemäßen Umgang mit Waffen besteht (vgl. BayVGH, B.v. 20.4.2023 – 24 CS 23.495 – juris Rn. 23 m.w.N.). Insoweit hat das Landratsamt hier zutreffend ausgeführt, dass die Aufbewahrung einer geladenen Waffe einen schwerwiegenden Verstoß gegen eine grundlegende Aufbewahrungsregel darstellt. Das ungeladene Aufbewahren gehört zum „Einmaleins“ des ordnungsgemäßen und sicheren Waffenumgangs. Es ist eine Selbstverständlichkeit, Schusswaffen nach dem Gebrauch zu entladen. Soweit eine Schusswaffe aufbewahrt wird, darf sich daher keine Patrone im Patronenlager oder aber im in die Waffe eingeführten Magazin befinden. Das Bundesverwaltungsgericht hat entsprechend (noch zur alten Rechtslage) festgestellt, dass die Aufbewahrung von Waffen in geladenem Zustand grundlegenden Vorsichtsbeziehungsweise Sorgfaltsmaßgaben im Umgang beziehungsweise bei der Aufbewahrung von Waffen und Munition im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG widerspricht, selbst wenn Waffe und Munition im selben Behältnis aufbewahrt werden dürfen (vgl. dazu etwa BayVGH, B.v. 15.3.2019 – 21 CS 17.2281 – juris Rn. 16 f. m.w.N.). Eine geladen aufbewahrte Waffe ist daher nicht bloß eine geringfügige Nachlässigkeit, sondern ein schwerwiegender Rechtsverstoß und widerspricht den einfachsten und offensichtlichen Grundlagen der sicheren Waffenhandhabung. Hieraus ergibt sich ein gewichtiges Indiz dafür, dass der Kläger das in ihn gesetzte Vertrauen nicht mehr verdient. Dabei kommt vorliegend erschwerend zum einen hinzu, dass der Aufbewahrungsverstoß hier nach Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung einen längeren Zeitraum, jedenfalls nämlich mehrere Wochen („zwei bis drei“) andauerte. Zum anderen bestätigt das Vorbringen des Klägers, er habe den geladenen Revolver nicht im Nachttisch, sondern im Waffenschrank, „also gesichert vor Unbefugten“, aufbewahrt, womit er den Aufbewahrungsverstoß offenbar entkräften will, sein fehlendes Bewusstsein für grundlegende waffenrechtliche Sorgfaltspflichten.
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Gründe dafür, gleichwohl von dem Fortbestand der Zuverlässigkeit des Klägers auszugehen, sind weder aufgezeigt noch sonst ersichtlich.
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Das Vorbringen des Klägers rechtfertigt keine andere Bewertung. Soweit er auf eine Ausnahme von der Regelvermutung des § 5 Abs. 2 WaffG rekurriert, die das Landratsamt nicht hinreichend geprüft habe, verkennt der Kläger, dass es hier um seine Unzuverlässigkeit nach § 5 Abs. 1 WaffG, also einen Fall der absoluten Unzuverlässigkeit geht. Ungeachtet dessen folgt aus dem Vorbringen auch inhaltlich nichts, was den Schluss auf eine situative Nachlässigkeit minderen Gewichts zuließe, die noch toleriert werden könnte. Insbesondere ist nicht festzustellen, dass der Aufbewahrungsverstoß auf eine brenzlige, hektische oder sonst ungewöhnliche Situation zurückzuführen wäre, die das Fehlverhalten des Klägers in einem erheblich milderen Licht erscheinen ließe.
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Soweit er erstmals mit der Klagebegründung geltend gemacht hat, dass er aufgrund einer besonderen Lebenssituation zum Schutz seiner Familie den Revolver geladen habe, ist dies nach der Überzeugung der Kammer (§ 108 Abs. 1 VwGO) schon nicht glaubhaft. Der Kläger hat erklärt, dass es seinerzeit in der Nachbarschaft wiederholt zu Einbrüchen gekommen sei, die auch zu Personenschäden geführt hätten. Er habe daher Angst um seine Frau und seine Kinder gehabt und deshalb erwogen, den jagdlichen Fangschussrevolver bereit zu legen für die Selbstverteidigung, um „für einen solchen Fall gewappnet“ zu sein. Weil er jedoch als gewissenhafter Waffenbesitzer die Angelegenheit „hin und her“ erwogen habe, habe er sich dann doch entschlossen, seinen ursprünglich gefassten Entschluss nicht umzusetzen, und den geladenen Revolver wieder in den Waffenschrank gelegt, hierbei jedoch vergessen, ihn wieder zu entladen, statt diesen griffbereit in die Nachttischschublade zu legen. Dort sei er leider liegen geblieben. Weil er als Bäckermeister früh morgens in die Backstube habe gehen müssen, habe er am nächsten Vormittag das Entladen des Revolvers leider vergessen. Dieses Vorbringen steht im klaren Widerspruch zu seiner Angabe gegenüber der Kontrolleurin im Zuge der Aufbewahrungskontrolle am 12. März 2024, wie sie in der Klageerwiderung geschildert ist. Danach habe der Kläger erklärt, er habe wohl nach der Wildschwein-Nachsuche vergessen, den Revolver zu entladen. Dieser Darstellung ist der Kläger nicht entgegengetreten, sondern hat sie in der mündlichen Verhandlung bestätigt. Dabei hat er den Widerspruch nicht überzeugend ausgeräumt. Er hat lediglich erklärt, er habe dies in der Kontrollsituation so „salopp gesagt“; er sei „total perplex“ und „in dem Moment ein wenig durcheinander gewesen“. Dies wertet die Kammer als reine Schutzbehauptung, auch vor dem Hintergrund, dass der Kläger, seinerzeit bereits durch seinen Prozessbevollmächtigten vertreten, auf die ihm von dem Beklagten vor Bescheiderlass eingeräumte Möglichkeit zur Stellungnahme keinen Gebrauch gemacht und auch die Klagebegründung erst zwei Monate nach Klageerhebung vorgelegt hat. Es ist indes nicht nachvollziehbar, weshalb der Kläger eine solche – nach seinen Worten – „besondere Lebenssituation“, die zu dem Aufbewahrungsverstoß geführt haben und diesen – aus seiner Sicht – entschuldigen soll, nicht bereits vorher angeführt hat. Soweit der Prozessbevollmächtigte des Klägers in diesem Zusammenhang in der mündlichen Verhandlung angegeben hat, ihm sei im Verwaltungsverfahren keine Akteneinsicht gewährt worden, stimmt dies mit der Aktenlage nicht überein. Danach hat ihm das Landratsamt bereits am 13. Juni 2024, also am Tag nach der Vertretungsanzeige, den ohnehin nur aus dem Protokoll der Aufbewahrungskontrolle bestehenden Verwaltungsvorgang, soweit dem Prozessbevollmächtigten nicht bereits bekannt (Anhörungsschreiben und dessen Antrag auf Akteneinsicht), elektronisch übersandt. Darüber hinaus ist die Schilderung des Klägers in sich widersprüchlich. Einerseits hat er zunächst erklärt, den geladenen Revolver wieder in den Waffenschrank gelegt, hierbei jedoch vergessen zu haben, ihn wieder zu entladen, statt diesen griffbereit in die Nachttischschublade zu legen. Unmittelbar anschließend hat er dagegen bekundet, er habe, weil er als Bäckermeister früh morgens in die Backstube habe gehen müssen, am nächsten Vormittag das Entladen des Revolvers vergessen. Diese Unstimmigkeit hat er auch in der mündlichen Verhandlung nicht ausräumen können. Vielmehr hat er auch dort zunächst nicht eindeutig erklären können, welche Version zutreffend sei, und letztlich hat sein Prozessbevollmächtigter für ihn wiederum abweichend erklärt, der Kläger habe die Entladung beim Zurücklegen vergessen, weil er wegen seines Berufs am nächsten Morgen früh habe aufstehen müssen. Dies, so der Kläger dann weiter, sei erst bei der Kontrolle zwei bis drei Wochen später aufgefallen. Auch aus dem vorgelegten Gutachten des Herrn K., Diplompsychologe, vom „26. April 2024“ ergibt sich, dass der Kläger in dem zugrundliegenden Untersuchungsgespräch lediglich angegeben hat, er habe beim Zurücklegen der Waffe in den Waffenschrank vergessen, diese wieder zu entladen. Schließlich hätte es dem Kläger oblegen, seine Angaben zu der behaupteten Einbruchsserie näher zu substantiieren und – etwa durch Vorlage entsprechender Zeitungsberichte – zu belegen (vgl. § 86 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 VwGO). Dass sich der Kläger auf ein solch unglaubhaftes Vorbringen zur Rechtfertigung seines Fehlverhaltens zurückzieht, untermauert noch die Unzuverlässigkeitsprognose des Beklagten, zumal dem Kläger offenbar nicht bewusst ist, dass dieses Vorbringen – wie nachstehend ausgeführt – seinerseits erhebliche Pflichtenverstöße durch ihn birgt und dessen Nachlässigkeit und Sorglosigkeit im Umgang mit Waffen verstärkt.
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Ungeachtet dessen führte dieses Vorbringen – als wahr unterstellt – auch der Sache nach zu keiner anderen Beurteilung. Im Gegenteil, nach dieser Version des Geschehensablaufs hat sich der Kläger aufgrund einer rein abstrakten Gefahrenvermutung bewusst über die Vorgaben des Waffenrechts (und des Jagdrechts) hinweg gesetzt und seine jagdliche Kurzwaffe schussbereit und mit der Absicht, diese gegebenenfalls (gegen Menschen) einzusetzen, in seiner Wohnung besessen. Damit hat er gegen elementare und selbstverständliche – waffenrechtliche – Pflichten eines Jägers verstoßen. Zu diesen Pflichten (vgl. auch §§ 13 Abs. 6, 12 Abs. 3 Nr. 2 WaffG; § 6 BJagdG) gehört es nämlich auch, Schusswaffen erst dann zu laden, wenn mit ihrem bestimmungsgemäßen Gebrauch im Rahmen der Jagdausübung unmittelbar zu rechnen ist (vgl. BayVGH, B.v. 13.5.2014 – 21 CS 14.720 – juris Rn. 19; OVG NRW, B.v. 28.11.2003 – 20 A 3239/03 – juris Rn. 4; NdsOVG, B.v. 19.5.2006 – 8 ME 50/06 – juris Rn. 5). Darüber hinaus hat er ernsthaft in Erwägung gezogen, die geladene Schusswaffe für Dritte ohne weiteres zugänglich in seinem Nachttisch aufzubewahren. Dies zeugt – wie auch das Landratsamt anmerkt – von einer nicht zu tolerierenden Nachlässigkeit und Sorglosigkeit des Klägers im Umgang mit Waffen. Im Übrigen hat der Kläger selbst ausgeführt, dass er nach einem längeren „Hin und Her“ seiner Überlegungen entschieden habe, den Revolver wieder in den Waffenschrank zu legen. Von einer brenzligen, hektischen oder sonst ungewöhnlichen Situation, die den schwerwiegenden Aufbewahrungsverstoß in (erheblich) milderem Licht erscheinen ließe, respektive von einem Augenblicksversagen kann daher keine Rede sein. Vielmehr hätte der Kläger gerade in dem Moment, in dem er beschließt, den Revolver wieder in den Waffenschrank zu legen, den Ladezustand der Waffe nochmals überprüfen müssen. Überdies hat der Revolver sodann zwei bis drei Wochen im geladenen Zustand im Waffenschrank gelegen. Dass er all dies als „kein so schweres Fehlverhalten“ bezeichnet und vielmehr seine „,tätige Reue‘“ hinsichtlich der Verwahrung im Nachttisch in den Vordergrund stellt, unterstreicht wiederum das fehlende Bewusstsein des Klägers für die Einhaltung grundlegender waffenrechtlicher Pflichten sowie die von Waffen ausgehenden Gefahren und die fehlende Einsicht hinsichtlich der Schwere seines Fehlverhaltens. Vor diesem Hintergrund erweist es sich als inhaltsleer, wenn der Kläger wiederholt betont, sein Fehlverhalten sei „nicht verzeihlich“ beziehungsweise „unverzeihlich“.
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Soweit der Kläger ferner darauf verweist, dass er sich ansonsten „völlig untadelig“ verhalten habe und nicht, namentlich nicht einschlägig, vorbestraft, und auch ansonsten kein weiteres Fehlverhalten zu verzeichnen sei, begründet dies angesichts der vorstehenden Ausführungen auch keinen Ausnahmefall. Vielmehr sieht der Gesetzgeber ansonsten beanstandungsfreies Verhalten als Regelfall an (vgl. auch BayVGH, B.v. 23.9.2021 – 24 CS 21.2151 – juris Rn. 14). Auch ist die Zuverlässigkeit keine dem Waffenbesitzer dauerhaft anhaftende Eigenschaft (vgl. VG Würzburg, U.v. 7.11.2024 – W 9 K 24.119 –, n.v., S. 10) und lässt sich insbesondere nicht feststellen, dass der Kläger einsichtig ist.
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Das vom Kläger vorgelegte Gutachten des Herrn K. vermag die Annahme der Unzuverlässigkeit des Klägers nicht in Zweifel zu ziehen.
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Das Landratsamt hat zutreffend darauf hingewiesen, dass ein solches psychologisches Gutachten von vornherein ungeeignet ist, um die Annahme der Unzuverlässigkeit nach § 5 WaffG zu erschüttern. Der Kläger verkennt insoweit, dass es – anders als bei der Erlaubnisvoraussetzung der persönlichen Eignung nach §§ 4 Abs. 1 Nr. 2, 6 WaffG – im Rahmen des § 5 WaffG nicht um eine psychologische Beurteilung seiner Person, sondern um die auf einem vorwerfbaren Fehlverhalten basierende, nach normativen Kriterien zu erfolgende Prognose künftigen Verhaltens geht. Soweit daher der Gutachter zu dem Ergebnis gelangt, dass aufgrund „der testpsychologischen und der psychologischen Befundlage im Rahmen der Begutachtung sich die behördlichen Zweifel an der Zuverlässigkeit und am Verantwortungsbewusstsein [des Klägers] nicht aufrechterhalten lassen“ und es „psychologisch gesehen nicht statthaft“ sei, aus „einer einmaligen Abweichung […] auf eine generelle Unzuverlässigkeit als Persönlichkeitsmerkmal“ zu schließen, liegt dies für die vorliegend anzustellende Zuverlässigkeitsprognose neben der Sache. Die Entscheidung über die Frage, ob bei dem Inhaber einer waffenrechtlichen Erlaubnis im Sinne des § 5 WaffG Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass er Waffen oder Munition missbräuchlich oder leichtfertig verwenden wird, erfordert auch im Übrigen grundsätzlich nicht die Hinzuziehung eines Sachverständigen. Das Gericht bewegt sich mit einer entsprechenden tatsächlichen Würdigung in der Regel in Lebens- und Erkenntnisbereichen, die dem Richter allgemein zugänglich sind (vgl. BayVGH, B.v. 14.12.2018 – 21 ZB 16.1678 – juris Rn. 34; VGH BW, U.v. 12.5.2021 – 6 S 2193/19 – juris Rn. 115). Dass hiervon im vorliegenden Fall nicht auszugehen ist, ist weder dargetan noch sonst ersichtlich. Vor diesem Hintergrund bestand für die Kammer auch nicht etwa, wie dagegen der Prozessbevollmächtigte des Klägers in der mündlichen Verhandlung angedeutet hat, zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts (§ 86 Abs. 1 VwGO) Veranlassung dafür, ein (weiteres) Sachverständigengutachten zur Beurteilung der Zuverlässigkeit einzuholen.
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Ungeachtet dessen rechtfertigt das Gutachten auch inhaltlich keine andere Bewertung. Der Gutachter hat – worauf das Landratsamt zurecht hinweist – den – ihm offenbar nicht bekannten, also namentlich vom Kläger nicht mitgeteilten – Umstand nicht berücksichtigt, dass der Kläger ursprünglich eine andere Version gegenüber den Kontrolleuren kundgetan hat. Angesichts dessen, dass der Gutachter selbst betont, dass das Gutachten zurückgefordert werde, sollten sich nach Erstellung neue Sachverhalte ergeben, die insbesondere durch falsche Angaben des Klienten verursacht worden seien, stellt dies die Validität des Gutachtens durchgreifend in Abrede. Überdies ist das Vorbringen des Klägers zu dem Grund des geladenen Zustands des Revolvers – Angst vor Einbrechern –, wie es auch dem Gutachten zugrunde liegt, aus den vorstehenden Gründen nicht glaubhaft und verstärkt – bei Wahrunterstellung – vielmehr noch die waffenrechtliche Unzuverlässigkeit des Klägers. Die weiteren Ausführungen des Gutachters, dass dem Kläger bewusst sei, eine falsche Prioritätensetzung vorgenommen zu haben, ihm klar sei, die eigene Lage über die gesetzlichen Bestimmungen gestellt zu haben, und er die volle Verantwortung für sein damaliges Verhalten übernehme, ohne auf externe Ursachen zurückzugreifen, vermögen nach alledem ebenfalls keine Ausnahme von der absoluten Unzuverlässigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG im Sinne der vorstehenden Maßstäbe zu begründen. Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass das Gutachten zwar nominell vom „26. April 2024“ datiert (vgl. S. 4 des Gutachtens), die zugrundeliegende Untersuchung dagegen am „19. Oktober 2024“ (vgl. S. 1 des Gutachtens) stattgefunden haben soll und der Kläger es auch erst am 28. November 2024 vorgelegt hat. Insoweit kann es schon mit Blick auf den maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt – Bescheiderlass – die Rechtmäßigkeit des Widerrufs nicht in Zweifel ziehen.
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b) Der Kläger ist überdies auch gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG als unzuverlässig anzusehen.
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Nach § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG ist unzuverlässig, wer wiederholt oder gröblich gegen die Vorschriften – unter anderem – des Waffengesetzes verstoßen hat. Ein gröblicher Verstoß ist dann anzunehmen, wenn eine nach objektivem Gewicht und Vorwerfbarkeit schwerwiegende Zuwiderhandlung begangen worden ist, die darauf schließen lässt, dass der Betreffende sich auch in Zukunft nicht an die waffenrechtlichen Vorschriften halten wird. Maßgebend für die Anwendung von § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG ist dessen ordnungsrechtlicher Zweck, das mit jedem Waffenbesitz verbundene Sicherheitsrisiko möglichst gering zu halten. Dieses Risiko soll nur hingenommen werden, wenn die betreffende Person nach ihrem Verhalten das Vertrauen verdient, dass sie mit der Waffe stets und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen und keinen unzulässigen Gebrauch davon machen wird. Darüber hinaus muss die mögliche Wiederholung oder die Erheblichkeit des Verstoßes eine mit dem Gewicht einer Straftat vergleichbare normative Missbilligung und ein sich in der Handlung offenbarendes Unrechtsbewusstsein zu erkennen geben (vgl. BayVGH, B.v. 28.9.2023 – 24 CS 23.1196 – juris Rn. 13 m.w.N.). Unter Berücksichtigung dieser Maßgaben ist hier ein gröblicher Verstoß anzunehmen, denn die Aufbewahrung einer geladenen Waffe stellt – unabhängig davon, ob vorsätzlich oder fahrlässig erfolgt – eine Ordnungswidrigkeit gemäß § 34 Nr. 12 AWaffV in Verbindung mit § 13 Abs. 2 AWaffV und § 53 Abs. 1 Nr. 23 WaffG dar (vgl. BayVGH, B.v. 28.9.2023 – 24 CS 23.1196 – juris Rn. 13), zumal er hier jedenfalls über mehrere Wochen andauerte.
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Gründe, die ein Abweichen von der Regelvermutung des § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG rechtfertigen könnten, sind nicht gegeben. Ein solches Abweichen kommt nur dann in Betracht, wenn die Umstände des Verhaltens beziehungsweise Verstoßes die Verfehlung des Betroffenen ausnahmsweise derart in einem milden Licht erscheinen lassen, dass die nach der Wertung des Gesetzgebers in der Regel durch eine solche Verfehlung begründeten Zweifel an der Vertrauenswürdigkeit des Betroffenen bezüglich des Umgangs mit Waffen und Munition nicht gerechtfertigt sind (vgl. BVerwG, U.v. 21.7.2008 – 3 B 12.08 – juris Rn. 5; BayVGH, B.v. 18.4.2011 – 21 CS 11.373 – juris Rn. 8). Dies ist hier nicht der Fall. Auf die vorstehenden Gründe – unter a) – kann insoweit verwiesen werden, die auch im Rahmen des § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG der Annahme eines Ausnahmefalls vorliegend entgegenstehen.
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2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11 und § 711 ZPO.