Titel:
Anfechtungsklage, Corona-Soforthilfe, Widerruf wegen Zweckverfehlung, Liquiditätsengpass, Auslegung des Bewilligungsbescheides, Definition des Liquiditätsengpasses mit Bezug auf Sach- und Finanzaufwand, keine Förderung für Personalaufwand, Betrachtung „ex Post“ im Nachhinein, Förderung nur für tatsächlich eingetretenen Liquiditätsengpass, intendiertes Widerrufsermessen, Rückzahlungsverpflichtung, kein Ausnahmefall, kein schutzwürdiges Vertrauen, keine Verfristung, keine Verwirkung, keine Grundrechtsverletzung, keine Willkür, keine Rechtswidrigkeit durch, angeblich häufige, Versäumung der einjährigen Widerrufsfrist in anderen Verfahren
Normenketten:
BayVwVfG Art. 49 Abs. 2a S. 1 Nr. 1
BayVwVfG Art. 49 Abs. 2a S. 2
BayVwVfG Art. 48 Abs. 4 S. 1
BayVwVfG Art. 49a Abs. 1 S. 1
VwGO § 114 S. 2
GG Art. 3 Abs. 1
GG Art. 12 Abs. 1
GG Art. 14 Abs. 1
Schlagworte:
Anfechtungsklage, Corona-Soforthilfe, Widerruf wegen Zweckverfehlung, Liquiditätsengpass, Auslegung des Bewilligungsbescheides, Definition des Liquiditätsengpasses mit Bezug auf Sach- und Finanzaufwand, keine Förderung für Personalaufwand, Betrachtung „ex Post“ im Nachhinein, Förderung nur für tatsächlich eingetretenen Liquiditätsengpass, intendiertes Widerrufsermessen, Rückzahlungsverpflichtung, kein Ausnahmefall, kein schutzwürdiges Vertrauen, keine Verfristung, keine Verwirkung, keine Grundrechtsverletzung, keine Willkür, keine Rechtswidrigkeit durch, angeblich häufige, Versäumung der einjährigen Widerrufsfrist in anderen Verfahren
Fundstelle:
BeckRS 2025, 16052
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
1
Die Klägerin, die einen Baumarkt betreibt, wendet sich gegen den Widerruf der ihr gewährten Soforthilfe Corona in Höhe von 30.000,00 EUR sowie gegen die Verpflichtung zur Rückzahlung.
2
Die Klägerin beantragte mit Soforthilfeantrag vom 2. April 2020 die Gewährung einer Soforthilfe Corona gemäß den Richtlinien für die Unterstützung der von der Corona-Virus-Pandemie (SARS-CoV-2) geschädigten Unternehmen und Angehörigen freier Berufe („Soforthilfe Corona“) des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie in Höhe von 30.000,00 EUR. Als Grund für die existenzbedrohliche Wirtschaftslage bzw. den Liquiditätsengpass gab sie an: Aufgrund der durch die Staatsregierung angeordneten Schließung der Baumärkte hätten sie erhebliche Liquiditätsprobleme. Die Monate März/April/Mai machten ihr Jahresergebnis. Die Schließung bringe ihnen erhebliche finanzielle Einbußen. Pflanzenverderb noch nicht eingerechnet. Sie versicherte, dass die existenzbedrohliche Wirtschaftslage bzw. der Liquiditätsengpass eine Folgewirkung der Coronakrise vom Frühjahr 2020 sei. Sie nehme davon Kenntnis, dass kein Rechtsanspruch auf die Gewährung der Soforthilfe bestehe.
3
Mit Bescheid vom 18. Mai 2020 erhielt die Klägerin auf Grundlage der Richtlinien für die Unterstützung der von der Corona-Virus-Pandemie (SARS-CoV-2) geschädigten Unternehmen und Angehörigen freier Berufe („Soforthilfe Corona“) des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie vom 17. März 2020 in der gültigen Fassung – im Folgenden: Richtlinien Soforthilfe Corona – eine Soforthilfe in Höhe von 30.000,00 EUR (Nr. 1). Die Soforthilfe sei zweckgebunden und diene ausschließlich der Bewältigung der existenzgefährdenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten, in die der Empfänger infolge der Corona-Pandemie geraten sei, weil die fortlaufenden Einnahmen aus dem Geschäftsbetrieb voraussichtlich nicht ausreichten, um die Verbindlichkeiten in den auf die Antragstellung folgenden drei Monaten aus dem fortlaufenden erwerbsmäßigen Sach- und Finanzaufwand (z.B. gewerbliche Mieten, Pachten, Leasingraten) zu zahlen (Liquiditätsengpass). Nicht umfasst seien Liquiditätsengpässe, die vor dem 11. März 2020 entstanden seien (Nr. 4). Grundlage und Bestandteil des Bescheides seien der Antrag vom 2. April 2020 sowie alle dazu gegebenenfalls eingereichten Unterlagen. Auf Grund der im Antrag gemachten Angaben zur Mitarbeiterzahl (17,2) und des angegebenen Liquiditätsengpasses in Höhe von 250.000 EUR werde die Höhe der ”Soforthilfe Corona“ auf einen Betrag von 30.000,00 EUR festgesetzt (Nr. 5).
4
Dem Bescheid waren unter anderem folgende Nebenbestimmungen beigefügt: Die Klägerin wurde verpflichtet, unverzüglich der Bewilligungsbehörde anzuzeigen, wenn sich die für die Bewilligung der Soforthilfe maßgeblichen Umstände änderten oder wegfielen (Nr. 1.1). Für den Fall, dass sich nach Stellung des Antrages durch nachträglich eintretende Ereignisse herausstelle, dass die Soforthilfe nicht oder nicht in der vollen gewährten Höhe benötigt werde, behielten sie sich den teilweisen Widerruf dieses Bescheides bis zur Höhe der tatsächlich benötigten Soforthilfe vor (Nr. 3). Weiter behielten sie sich im Einzelfall eine Prüfung der Verwendung der Soforthilfe vor. In diesem Fall sei die Bewilligungsstelle berechtigt, Bücher, Belege und sonstige Geschäftsunterlagen anzufordern sowie die Verwendung der Soforthilfe durch örtliche Erhebungen zu prüfen oder durch Beauftragte prüfen zu lassen. (Nr. 4). Die Soforthilfe sei zu erstatten, soweit dieser Bescheid nach dem Verwaltungsverfahrensrecht (Art. 43, 48, 49 BayVwVfG) oder anderen Rechtsvorschriften mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen oder widerrufen worden oder sonst unwirksam geworden sei. Dies gelte insbesondere, wenn die Soforthilfe durch unrichtige oder unvollständige Angaben erwirkt worden sei oder sich durch nachträglich eintretende Ereignisse herausstelle, dass die Soforthilfe nicht oder nicht in der vollen gewährten Höhe benötigt werde. Der Erstattungsanspruch sei vom Eintritt der Unwirksamkeit des Bescheides an mit drei Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB jährlich nach Maßgabe des Art. 49a Abs. 3 BayVwVfG zu verzinsen (Nr. 5).
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Mit Schreiben vom 28. November 2022 erhielten die Soforthilfeempfänger, wie die Klägerin, vom Beklagten eine Erinnerung an die Verpflichtung zur Überprüfung der erhaltenen Corona-Soforthilfe. Die Corona-Soforthilfen seien auf der Grundlage einer bei der Antragstellung getroffenen Prognose gewährt worden. Aufgrund des Bewilligungsbescheides sei die Klägerin verpflichtet, zu überprüfen, ob die Prognose zu dem bei Antragstellung erwarteten Liquiditätsengpass auch tatsächlich eingetreten sei oder ob sie die Soforthilfe – gegebenenfalls auch anteilig – zurückzahlen müsse. Die Höhe der Soforthilfe dürfe den tatsächlichen Liquiditätsengpass nicht übersteigen. Der Liquiditätsengpass berechne sich aus dem erwerbsmäßigen Sach- und Finanzaufwand (unter anderen gewerblichen Mieten, Pachten, Leasing-Aufwendungen; keine Personalkosten) abzüglich der Einnahmen (im dreimonatigen Betrachtungszeitraum). Sollte die Durchführung der Berechnung ergeben, dass die Klägerin mehr Soforthilfe erhalten habe, als angesichts der tatsächlichen Entwicklung von Einnahmen und Ausgaben zur Verhinderung eines Liquiditätsengpasses erforderlich gewesen wäre, sei sie verpflichtet, diese sogenannte Überkompensation zurückzuzahlen.
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Die Rückmeldefrist wurde bis zum 31. Dezember 2023 verlängert.
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Mit Schriftsatz der Klägerbevollmächtigten vom 28. Februar 2024 ließ die Klägerin gegenüber der Regierung von Unterfranken im Wesentlichen vorbringen: Die offenbare Entscheidung der Staatsregierung, eine Rückzahlung gewährter Corona-Soforthilfen zu verlangen, wenn und soweit sich im Nachhinein herausgestellt habe, dass die gewährte Soforthilfe den tatsächlichen ”Liquiditätsengpass“ in den drei Monaten nach Antragstellung überstiegen habe, sei rechtswidrig. Sie verstoße bereits gegen die Bestimmungen von Bescheid und Richtlinien. Eine Rückforderung würde aber auch einen Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit der Klägerin (Art. 12 GG) sowie einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 GG) sowie Treu und Glaube (in der Ausprägung des Grundsatzes der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung) bedeuten. Es liege schon keine wirksame Definition des Dreimonatszeitraums vor. Faktisch hätten sich die Bewilligungsvoraussetzungen geändert. Die Richtlinien hätten legal definiert, dass die fortlaufenden Einnahmen aus dem Geschäftsbetrieb voraussichtlich nicht ausreichen würden. Eine Widerrufsmöglichkeit bestehe auch nicht aufgrund der Nebenbestimmungen. Der Widerrufsvorbehalt sei bereits unwirksam formuliert. Außerdem sei die Jahresfrist des Art. 48 Abs. 4 BayVwVfG nicht eingehalten. Weiter liege ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz sowie ein Verstoß gegen Treu und Glaube vor. Die Rückforderung sei verwirkt. Das Erinnerungsschreiben sei erst neunzehn Monate nach Beendigung des Lockdowns erfolgt. Außerdem sei seitens des Wirtschaftsministeriums verlautbart worden, dass die Soforthilfe nicht zurückgezahlt werden müsse. Unabhängig davon werde mitgeteilt, dass die Klägerin entgegen ihrer zutreffenden ursprünglichen Prognose im relevanten Dreimonatszeitraum überkompensiert worden sei. Die Einnahmen in Höhe von 676.725,69 EUR hätten den erwerbsmäßigen Sach- und Finanzaufwand in Höhe von 430.935,01 EUR überschritten.
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Mit Schriftsatz vom 17. April 2024 entgegnete die Regierung von Unterfranken im Wesentlichen: Die tatbestandlichen Voraussetzungen für einen Widerruf gemäß Art. 49 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1 BayVwVfG lägen vor. Die Soforthilfe Corona sei zweckgebunden zur Bewältigung eines durch die Corona-Virus-Pandemie bedingten betrieblichen Liquiditätsengpasses gewährt worden und könne nur dafür verwendet werden, wenn und soweit ein solcher betrieblicher Liquiditätsengpass tatsächlich im maßgeblichen Betrachtungszeitraum entstanden sei. Bei der Berechnung des betrieblichen Liquiditätsengpasses sei der Personalaufwand nicht zu berücksichtigen. Den haushaltsrechtlichen Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit käme eine ermessenslenkende Bedeutung zu. Im Regelfall sei die Zuwendung zurückzufordern. Die Rückforderung sei auch nicht durch Vertrauensschutzgesichtspunkte ausgeschlossen. Gemäß Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG werde die Möglichkeit gegeben, sich zum beabsichtigten Widerruf und einer vollständigen Rückforderung der gewährten Soforthilfe Corona zu äußern.
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Mit Schriftsatz vom 17. Mai 2024 wiederholte die Klägerbevollmächtigte im Wesentlichen ihr bisheriges Vorbringen und nahm weiter dahingehend Stellung, dass die Klägerin die Soforthilfe zweckentsprechend im Sinne des Bewilligungsbescheides verwendet habe, weil der Zweck prognostisch ex ante zu beurteilen sei und nicht im Nachhinein ex post. Unter anderem liege auch ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz vor, weil die Klägerin einen Baumarkt betreibe und Konkurrenten, die ähnliche Produkte über das Internet vertrieben, gegenüber dem überwiegend stationären Handel der Klägerin deutlich im Vorteil gewesen seien. Die Klägerin werde auch im Verhältnis zu Konkurrenten im außerbayerischen Bundesgebiet benachteiligt.
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Mit Widerrufsbescheid vom 17. Juni 2024 widerrief die Regierung von Unterfranken den Bescheid über die Bewilligung der Soforthilfe Corona vom 18. Mai 2020 mit Wirkung für die Vergangenheit (Nr. 1). Der gewährte Soforthilfebetrag in Höhe von 30.000,00 EUR sei bis zum 24.07.2024 zu erstatten (Nr. 2). Zur Begründung ist im Bescheid im Wesentlichen ausgeführt: Rechtsgrundlage für den Widerruf des Soforthilfe-Corona-Bescheides sei Art. 49 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1 BayVwVfG. Danach könne ein rechtmäßiger Verwaltungsakt widerrufen werden, wenn die Leistung nicht für den im Verwaltungsakt bestimmten Zweck verwendet werde. Gemäß Nr. 4 des Soforthilfe Corona Bescheides seien mit der gewährten Soforthilfe Corona betriebliche Liquiditätsengpässe, die in Folge der Covid-19 Pandemie entstanden seien, zu kompensieren. Ein betrieblicher Liquiditätsengpass liege nach Nr. 4 des Soforthilfe Corona Bescheides vor, wenn die fortlaufenden Einnahmen aus dem Geschäftsbetrieb in den auf die Antragstellung folgenden drei Monaten nicht ausreichten, um die Verbindlichkeiten aus dem fortlaufenden erwerbsmäßigen Sach- und Finanzaufwand (z.B. gewerblichen Mieten, Pachten, Leasingraten) zahlen. Der Klägerin sei kein betrieblicher Liquiditätsengpass im Sinne der Richtlinie Soforthilfe Corona entstanden, da die Einnahmen den erwerbsmäßigen Sach- und Finanzaufwand im maßgeblichen Dreimonatszeitraum, wie von der Klägerbevollmächtigten mitgeteilt, überstiegen. Der dreimonatige Betrachtungszeitraum für die Berechnung des Liquiditätsengpasses sei hinreichend bestimmt. Dem Günstigkeitsprinzip folgend, stünden dem Empfänger mehrere Möglichkeiten der Berechnung zur Verfügung, wie die betreffenden FAQ ausführten. Die Bewilligung habe auf einer Prognoseentscheidung beruht, sonst hätten die Hilfen in der beabsichtigten Form – zur Vermeidung eines drohenden Liquiditätsengpasses – nicht ausbezahlt werden können. Dass ein tatsächlich entstandener Liquiditätsengpass in mindestens der Höhe der gewährten Soforthilfe Voraussetzung für deren Behaltendürfen gewesen sei, ergebe sich zweifelsfrei aus der im Bescheid unter Nr. 4 enthaltenen Zweckbindung sowie aus den Nebenbestimmungen Nr. 1.1 und Nr. 3. Dass Personalkosten nicht zu berücksichtigen seien, folge zwingend bereits aus den Bestimmungen der Richtlinie Soforthilfe Corona, die in Nr. 2 ausschließlich auf den betrieblichen Sachund Finanzaufwand abstelle. Damit knüpfe die Richtlinie an den im öffentlichen Haushaltswesen abschließend definierten Begriff des Sach- und Finanzaufwand an, der klar vom Personalaufwand abgegrenzt sei. Die Richtlinie Soforthilfe Corona enthalte unter Nr. 6.2 ein Verbot der Überkompensation. Zu einer solchen wäre es aber praktisch zwingend gekommen, wenn die Soforthilfe auch zur Deckung von Personalkosten gewährt worden wäre. Denn für Personalkosten hätten umfangreiche andere Hilfen bestanden, insbesondere in Form des Kurzarbeitergeldes. Das Recht zum Widerruf und zur Rückforderung sei auch nicht verwirkt. Die Jahresfrist für den Widerruf sei zweifelsfrei eingehalten. Dass bei der Klägerin entgegen der Prognose kein Liquiditätsengpass eingetreten sei, sei der Bewilligungsbehörde erstmals mit Schreiben der Klägerbevollmächtigten vom 28. Februar 2024 bekannt geworden. Der Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 GG sei nicht verletzt. Der gleichmäßigen Verwaltungspraxis entspreche die Nichtberücksichtigung von Personalkosten und die Bezugnahme auf den Dreimonatszeitraum. Für die Regierung von Unterfranken sei die außerbayerischen Handhabung der Gewährung der Soforthilfen nicht relevant. Insbesondere führe eine abweichende Handhabung in anderen Bundesländern nicht zu einer relevanten Ungleichbehandlung. Die Gewährung von Zuwendungen sei nur für das jeweilige Bundesland verbindlich. Bei der Soforthilfe handele es sich um eine Billigkeitsleistung nach Art. 53 BayHO, mithin um eine freiwillige staatliche Maßnahme. Sie sei nicht geeignet, die Funktion rechtlich bestehender Ersatzverpflichtungen zu übernehmen. Der Widerruf sei nicht durch Vertrauensschutzgesichtspunkte ausgeschlossen. Im Bescheid sei ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass die Soforthilfe Corona widerrufen werden könne, wenn sie nicht oder nicht in voller Höhe benötigt werde, Nr. 3 der Nebenbestimmungen. Pressemitteilungen seien nicht geeignet, Vertrauensschutzgesichtspunkte zu begründen. Bloße Informationen der Öffentlichkeit könnten nicht den im Bescheid rechtsverbindlich vorgesehenen Nebenbestimmungen ihrer Wirksamkeit berauben. Außerdem enthielten die Pressemitteilungen den ausdrücklichen Hinweis, dass ein aus dem Delta der erzielten Einnahmen und dem tatsächlich entstandenen Sach- und Finanzaufwand errechneter betrieblicher Liquiditätsengpass Voraussetzung sei. Den haushaltsrechtlichen Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit komme eine ermessenslenkende Bedeutung zu. Im Regelfall sei die Zuwendung zurückzufordern. Die vorgebrachten Gesichtspunkte sowie die Pressemitteilungen hätten im Hinblick auf die Nebenbestimmungen des Bescheides kein überwiegendes schutzwürdiges Vertrauen auf unveränderte Belassung der Soforthilfe Corona begründen können. Bei zusammenfassender Würdigung aller relevanten Umstände entspreche es pflichtgemäßem Ermessen, den Soforthilfe Corona Bescheid vollständig mit Wirkung für die Vergangenheit zu widerrufen. Unabhängig davon seien auch die Voraussetzungen des im Bescheid enthaltenen Widerrufsvorbehalts gegeben. Gemäß Art. 49a Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BayVwVfG sei eine Leistung zu erstatten, wenn der zugrundeliegende Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen worden sei.
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1. Am 27. Juli 2024 ließ die Klägerin durch ihre Prozessbevollmächtigte Klage gegen den streitgegenständlichen Bescheid erheben.
12
Zur Klagebegründung ließ die Klägerin mit Schriftsatz vom 30. September 2024 im Wesentlichen ausführen: Bereits die Regelungen zum Dreimonatszeitraum seien unwirksam, da unklar und widersprüchlich formuliert. In den Bescheiden sowie den Richtlinien sei stets die Rede davon gewesen „in den auf die Antragstellung folgenden drei Monaten“. Im Erinnerungsschreiben vom 28. November 2022 werde dieser Zeitraum nicht konkretisiert. Der Klägerin habe sich nicht erschlossen, ob der Dreimonatszeitraum bereits am 1. des Antragsmonats, am Tag der Antragstellung oder am 1. des Folgemonats begonnen habe. Dem Wortlaut nach dürfte der Tag der Antragstellung wohl am naheliegendsten sein. Für die konkrete Berechnung sei aber von entscheidender Bedeutung, welche Einnahmen berücksichtigt würden. Die offenbare Entscheidung, eine Rückzahlung gewährter Corona-Soforthilfen zu verlangen, wenn und soweit sich im Nachhinein herausgestellt habe, dass die gewährte Soforthilfe den tatsächlichen „Liquiditätsengpass“ summiert in drei Monaten nach Antragstellung überstiegen habe, sei im Übrigen von den Bestimmungen nicht gedeckt. In den Richtlinien vom 3. April 2020 sei der Liquiditätsengpass unter Nr. 2.2 lediglich mit den Worten legal definiert, dass die fortlaufenden Einnahmen aus dem Geschäftsbetrieb voraussichtlich nicht ausreichen würden, um die Verbindlichkeiten in den auf die Antragstellung folgenden drei Monaten aus dem fortlaufenden erwerbsmäßigen Sach- und Finanzaufwand (z.B. gewerbliche Mieten, Pachten, Leasingraten) zu zahlen. Dies bedeute eine folgenschwere nachträgliche Änderung der Bewilligungsgrundlagen. Hinzu komme ein weiteres: Dass in den erwerbsmäßigen Sach- und Finanzaufwand keine Personalkosten einberechnet werden dürften, habe sich offensichtlich erst im Laufe des Jahres 2020 entschieden. Zum Zeitpunkt der Antragstellung sei dies der Klägerin nicht klar gewesen. Auf der Homepage des Bayerischen Wirtschaftsministeriums sei im März 2020 nachzulesen gewesen, dass Liquiditätsengpass bedeute, dass keine ausreichende Liquidität vorhanden sei, um insbesondere laufende Verpflichtungen zu begleichen. Erst am 18. April 2020 sei auf der Homepage nachzulesen gewesen, dass Personalaufwendungen nicht berücksichtigt werden könnten. Zu diesem Zeitpunkt sei die Soforthilfe seit langem beantragt worden.
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Die ausbezahlte Soforthilfe sei auch zweckentsprechend verwendet worden. Der Zweck der Soforthilfe sei es gerade gewesen, Unternehmen unter die Arme zu greifen, die bei der Antragstellung im Frühjahr 2020 prognostisch – und damit ex ante – befürchteten, einen Liquiditätsengpass zu erleiden. Entgegen der Ansicht des VG Ansbach sei in dem Bescheid an keiner Stelle anzunehmen gewesen, dass der Liquiditätsengpass im Nachhinein, also ex post zu beurteilen wäre. Diese Ansicht werde im Übrigen auch von der Verwaltung in Hessen geteilt. Es bestehe auch keine Widerrufsmöglichkeit aufgrund der Bestimmungen des Bescheides. Die Formulierungen in Nr. 1.1 und Nr. 3 mit den Begriffen „Umstände“ und „Ereignisse“ seien völlig unklar. Anerkannt sei, dass hinreichend deutlich geworden sein müsse, dass und inwieweit ein Verwaltungsakt unter Widerrufsvorbehalt ergehen solle. Der Freistaat Bayern könne sich jedenfalls wegen Art. 49 Abs. 3 Satz 2 BayVwVfG i.V.m. Art. 48 Abs. 4 BayVwVfG auf den Vorbehalt nicht mehr berufen, weil dies nur innerhalb eines Jahres zulässig sei.
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Des Weiteren werde gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßen, da offensichtlich nicht zwischen den Branchen differenziert werde. Art. 3 Abs. 1 GG gewähre gegenüber Art. 12 GG einen weitreichenderen Schutz, wenn Eingriffe in die Berufsfreiheit gerechtfertigt seien, der Staat dafür aber Ausgleichsleistungen gewähre und dabei seine begrenzten finanziellen Leistungsmöglichkeiten berücksichtige. Bereits im Verwaltungsverfahren sei vorgetragen worden, dass die Klägerin einen Baumarkt betreibe und gegenüber Konkurrenten benachteiligt würde, die ähnliche Produkte überwiegend über das Internet vertrieben. Hinzu komme, dass das Gewerbe der Klägerin im Gegensatz zu anderen besonders personalintensiv sei. Der Umstand, dass die Klägerin gegenüber den Internethändlern massiv benachteiligt worden sei, sei seitens des Beklagten beim Erlass des angefochtenen Bescheides nicht berücksichtigt worden. Dies stelle einen Ermessensfehler dar. Ergänzend werde auf die anderen Bundesländer Bezug genommen, bei denen Personalkosten von den Einnahmen absetzbar gewesen seien. Durch die Pandemiemaßnahmen sei auch die Klägerin empfindlich in ihrer Berufsausübungsfreiheit sowie in ihrem Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb getroffen worden. Zur Kompensation von Einbußen durch staatliche Maßnahmen zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie sei sowohl grundrechtlich als auch rechtsstaatlich von der Pflicht des Staates auszugehen, effektive Hilfsprogramme zu etablieren. Es könne daher nicht davon ausgegangen werden, dass die Soforthilfe-Leistungen aus Gründen bloßer Billigkeit ausgereicht worden seien.
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Schließlich verstoße eine Rückforderung der Soforthilfen gegen den übergesetzlichen Grundsatz von Treu und Glauben. Die Vorschriften in Zusammenschau mit den politischen Äußerungen hätten ein schützenswertes Vertrauen der Klägerin hervorgerufen. Ob die Rückforderung der Soforthilfen rechtsmissbräuchlich sei, solle mit Hilfe der Rechtsprechung des BGH zur Verwirkung beantwortet werden. Bei der Verabschiedung der Soforthilfen sei nicht vermittelt worden, dass nicht der weitergehende komplette Ersatz aller Einnahmeverluste erfolgen solle. Den Äußerungen der Politiker sei anderes zu entnehmen gewesen. Von einer ex-post-Prüfung des Liquiditätsengpasses habe sich damals kein Wort gefunden. Bei der Ermittlung des Zwecks einer Zuwendung sei auf den Wortlaut des Zuwendungsbescheides sowie analog § 133 BGB auf den objektiven Gehalt der Erklärung aus Sicht des Empfängers und auf die den Begünstigten bekannten und erkennbaren Umstände abzustellen. Die Zweckverfehlung dürfe hingegen nicht aus einer etwaigen Förderpraxis abgeleitet werden. Es sei von einer Kehrtwende im Bayerischen Wirtschaftsministerium auszugehen.
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Mit Schriftsatz vom 21. Mai 2025 brachte die Klägerbevollmächtigte mit Bezug auf eine Mitteilung des bayerischen Wirtschaftsministeriums an den bayerischen Landtag vom 14. Mai 2025 im Wesentlichen noch vor: Bei ihr hätten Mandanten im hohen zweistelligen Prozentbereich auf Rückmeldungen bis zum heutigen Tag keine Reaktion erfahren. So sei das Prinzip der Transparenz verletzt und auch der Vertrauensschutz. Bürger müssten in gleichgelagerten Fällen gleichbehandelt werden. Aus den vorliegenden Zahlen ergäben sich Anhaltspunkte, dass es eine erhebliche Anzahl von Empfängern gebe, die vor mehr als einem Jahr die Mitteilung zur Überkompensation getätigt hätten, so dass eine Rückforderung gemäß Art. 48 Abs. 4 BayVwVfG nicht mehr möglich sei. Daher stelle sich die Frage, ob die Klägerin nicht einer durch eine zufällige oder gar willkürliche Auswahl zu der Minderheit von Soforthilfe-Empfängern gehöre, die einen Widerrufsbescheid erhalten hätten.
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2. Die Regierung von Unterfranken trat der Klage für den Beklagten mit Schriftsatz vom 23. Oktober 2024 entgegen. Zur Begründung der Klageerwiderung führte die Regierung von Unterfranken für den Beklagten im Wesentlichen aus: Durch die Rechtsprechung der Bayerischen Verwaltungsgerichte zu den Corona-Soforthilfen sei geklärt, dass bei fehlendem Liquiditätsengpass der Widerruf des Soforthilfebescheides zu recht wegen Zweckverfehlung gemäß Art. 49 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1 BayVwVfG erfolgt sei. Für den im Soforthilfebescheid bestimmten Zweck, zur Deckung eines näher definierten Liquiditätsengpasses zu dienen, habe die Klägerin die erhaltene Soforthilfe nicht verwenden können, weil ihr kein entsprechender Liquiditätsengpass entstanden sei. Der der Gewährung der Corona-Soforthilfe beigemessene Zweck könne daher endgültig nicht mehr erreicht werden.
18
Ein Rechtsanspruch auf Förderung bestehe nur ausnahmsweise aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz durch Selbstbindung der Verwaltung, wenn die in den Richtlinien dargelegten Fördervoraussetzungen vorlägen und vergleichbare Anträge in ständiger Förderpraxis auch positiv verbeschieden seien. Es sei allein Sache des Zuwendungsgebers, die Modalitäten der Förderung festzulegen und seine Richtlinien auszulegen und den Förderzweck zu bestimmen sowie die Förderpraxis an den Vorstellungen entsprechend auszurichten.
19
Bei der Ermittlung des Zuwendungszwecks sei auf den Wortlaut des Zuwendungsbescheides sowie analog § 133 BGB auf den objektiven Gehalt der Erklärung aus Sicht des Empfängers und auf die dem Begünstigten bekannten und erkennbaren Umstände abzustellen. Der Soforthilfebescheid beruhe auf den Richtlinien des Freistaates Bayern für die Unterstützung der von der Corona-Virus-Pandemie (SARS-CoV-2) geschädigten Unternehmen und Angehörigen freier Berufe („Soforthilfe Corona“) vom 17. März 2020. Zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses am 18. Mai 2020 seien die Richtlinien in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. April 2020 maßgeblich gewesen. Die Richtlinien Soforthilfe Corona hätten in Nr. 1 den Zweck der Soforthilfe bestimmt. Nach Nr. 1 Satz 3 der Richtlinien Soforthilfe Corona sei die Soforthilfe gewährt worden, insbesondere um die wirtschaftliche Existenz der Unternehmen und Freiberufler zu sichern, Liquiditätsengpässe nachrangig zu kompensieren und Arbeitsplätze zu erhalten. Korrespondierend hierzu habe Nr. 2 der Richtlinien den Liquiditätsengpass als Voraussetzung der Soforthilfe statuiert. Diese seit 17. März 2020 bestehende Vollzugspraxis, wonach bei der Berechnung des Liquiditätsengpasses Personalkosten keine Berücksichtigung fänden, sei bereits seit dem 31. März 2020 durch die konkretisierte Fassung von Nr. 2 der Richtlinie bestätigt worden. Der Antragsteller habe danach glaubhaft versichern müssen, dass er durch die Corona-Pandemie in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten sei, die seine Existenz gefährdeten, weil die fortlaufenden Einnahmen aus dem Geschäftsbetrieb voraussichtlich nicht ausreichten, um die Verbindlichkeiten in den auf die Antragstellung folgenden drei Monaten aus dem fortlaufenden erwerbsmäßigen Sach- und Finanzaufwand (beispielsweise gewerbliche Mieten, Pachten, Leasing-Raten) zu zahlen (Liquiditätsengpass). Schließlich regele Nr. 4 des Soforthilfebescheides vom 18. Mai 2020, dass die Gewährung der Zuwendung zweckgebunden erfolge und ausschließlich der Kompensation tatsächlich entstandener Liquiditätsengpässe gedient habe. Aus dem Wortlaut der Richtlinien Soforthilfe Corona habe sich unzweifelhaft ergeben, dass die Soforthilfe zur Abfederung der nachteiligen wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie, zur Liquiditätssicherung und damit zur Existenzsicherung der Unternehmen habe dienen sollen. Entgegen der klägerischen Ansicht habe der Zweck der Corona-Soforthilfe nicht in der Kompensation von wirtschaftlichen Einbußen gelegen, die aufgrund staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie eingetreten seien.
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Es liege auch eine Zweckverfehlung vor. Die Klägerin habe die gewährte Soforthilfe nicht zur Erfüllung des im Soforthilfebescheides bestimmten Zwecks verwendet, da bei ihr insoweit kein Liquiditätsengpass im Sinne des Soforthilfebescheides und der Soforthilfe-Richtlinien vorgelegen habe. Dies ergebe sich aus den Angaben der Klägerin im Rechtsanwaltsschreiben vom 28. Februar 2024, wonach im relevanten Dreimonatszeitraum die betrieblichen Einnahmen in Höhe von 676.725,69 EUR den erwerbsmäßigen Sach- und Finanzaufwand in Höhe von 430.935,01 EUR um mehr als 240.000 EUR überstiegen hätten. Der Zweck der gewährten Corona-Soforthilfe habe daher nicht erreicht werden können, denn die Klägerin habe sich ganz offensichtlich nicht in einer durch die Covid-19-Pandemie ausgelösten existenzgefährdenden Wirtschaftslage befunden. Die gewährte Soforthilfe könne zweckentsprechend nur zur Kompensation eines im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie entstandenen Liquiditätsengpasses verwendet werden, wenn und soweit dieser beim Soforthilfeempfänger tatsächlich im maßgeblichen Betrachtungszeitraum entstanden sei. Zeige es sich ex post, dass den Antragstellern kein Liquiditätsengpass entstanden sei, mangele es an berücksichtigungsfähigen Ausgaben zur Kompensation desselben.
21
In der Rechtsprechung der bayerischen Verwaltungsgerichte sei geklärt, dass es dabei auf den tatsächlich eingetretenen und nicht auf den bei Antragstellung prognostizierten Liquiditätsengpass ankomme. Für die Berechnung sei auf die der Antragstellung folgenden drei Monate abzustellen gewesen. In ständiger Verwaltungspraxis sei hinsichtlich des Betrachtungszeitraums für die Gegenüberstellung der fortlaufenden Einnahmen und Ausgaben für Verbindlichkeiten des erwerbsmäßigen Sach- und Finanzaufwands grundsätzlich auf drei volle Kalendermonate abgestellt worden, beginnend mit dem Monat, in dem erstmals ein Antrag auf Soforthilfe gestellt worden sei. Dies habe den Hintergrund, dass durch ein Abstellen auf volle Kalendermonate auf bewährte buchhalterische Abrechnungsmethoden habe zurückgegriffen werden können.
22
Personalkosten hätten nicht zum erwerbsmäßigen Sach- und Finanzaufwand gehört und seien dementsprechend bei der Berechnung des Liquiditätsengpasses nicht zu berücksichtigen gewesen. Die bayerische Verwaltungspraxis der Nichtberücksichtigung von Personalkosten bei der Berechnung des Liquiditätsengpasses sei von der Rechtsprechung wiederholt als rechtmäßig bestätigt worden. Diese Bewilligungspraxis habe von Anfang an der durch den Freistaat Bayern als Zuwendungsgeber vorgegebenen Weichenstellung entsprochen, wonach Personalkosten nicht bei der Corona-Soforthilfe zu berücksichtigen gewesen seien, sondern durch die Regelung des Kurzarbeitergeldes aufgefangen werden sollten, deren Zugangsvoraussetzungen zu diesem Zweck durch den Bund erleichtert worden seien. Es sei auch nicht willkürlich, sondern sachgerecht gewesen. In Bayern sei es – anders als in Nordrhein-Westfalen – insofern auch nicht zu einer nachträglichen Änderung der Bewilligungspraxis oder einer rechtlichen Neubewertung der Bewilligungsvoraussetzungen gekommen. Von Anfang an sei der erwerbsmäßige Sach- und Finanzaufwand maßgeblich gewesen. Daraus habe von Anfang an die einheitliche Vollzugspraxis der Bewilligungsstellen resultiert, Personalkosten nicht bei der Berechnung des Liquiditätsengpasses zu berücksichtigen. So habe auch schon das VG Würzburg in seinem Urteil vom 19. April 2021 entschieden und zwar: Es entspreche der ständigen Verwaltungspraxis sowie der Erfahrung des Gerichts in anderen gerichtsbekannten Fällen zu Corona-Soforthilfen, Personalkosten nicht zur Berechnung des Liquiditätsengpasses heranzuziehen.
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Soweit die Klägerbevollmächtigte auf Art. 3 GG verweise, sei dies unzutreffend. Sie übersehe, dass es dem Richtliniengeber freistehe, sich für eine bestimmte Verwaltungspraxis zu entscheiden. Nur der Zuwendungsgeber bestimme den Förderzweck und lege seine Richtlinien aus und richte seine Förderpraxis entsprechend aus. Die Verwaltungspraxis in anderen Bundesländern sei unbeachtlich. Eine abweichende Verwaltungspraxis in anderen Bundesländern sei für die bayerische Bewilligungsstelle nicht maßgeblich. Die Rechtsprechung der bayerischen Verwaltungsgerichte habe bereits geklärt, dass ein Vergleich mit der Förderpraxis in anderen Bundesländern mit Blick auf eine mögliche Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG nicht anzustellen sei, da allein die Verwaltungspraxis im Freistaat Bayern ohne Rücksicht auf die Praxis in anderen Bundesländern und den dortigen Förderleistungen maßgeblich sei. Die föderale Struktur rechtfertige unterschiedliche Regelungen und Förderungen sowie Schwerpunktsetzungen in einzelnen Bundesländern und damit auch eine abweichende Ausgestaltung der Förderpraxis im Detail.
24
Es bestehe auch kein Vertrauensschutz. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof habe im Beschluss vom 18. Januar 2024 ausgeführt, dass sich der Soforthilfeempfänger nicht auf Vertrauensschutz berufen könne, weil die Rechtsgrundlage für den Widerruf der Soforthilfescheide, Art. 49 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1 BayVwVfG, keinem dem Art. 48 Abs. 2 BayVwVfG entsprechenden Vertrauenstatbestand normiere. Der Vertrauensschutz sei, anders als bei einer Rücknahme nach Art. 48 BayVwVfG, gerade keine Tatbestandsvoraussetzung des Widerrufs und könne daher allenfalls im Rahmen der Ermessensentscheidung Berücksichtigung finden. Tatbestandsmerkmal des Art. 49 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1 BayVwVfG sei vielmehr allein, dass die Leistung an einen bestimmten Zweck gebunden sei und nicht für diesen Zweck verwendet worden sei. Für ein Vertrauen auf Behalten der Leistung trotz zweckwidriger Verwendung sei daher kein Raum.
25
Der Widerruf stehe im Ermessen. Das öffentliche Interesse am Widerruf des Soforthilfebescheides und der Rückforderung habe die Belange der Klägerin überwogen. Beim Widerruf des Soforthilfebescheides komme den haushaltsrechtlichen Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit ermessenslenkende Bedeutung zu (vgl. Art. 7, 23 und 44 BayHO). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts könne wegen des haushaltsrechtlichen Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit bei Zuwendungen, die ihren Zweck verfehlten, im Regelfall das Widerrufsermessen nur durch Widerruf fehlerfrei ausgeübt werden. Diese Haushaltsgrundsätze überwögen im Allgemeinen das Interesse des Begünstigten, den Zuschuss behalten zu dürfen, und verböten einen großzügigen Verzicht auf Widerruf von Subventionen (sogenanntes intendiertes Ermessen zum Regelfallwiderruf). Staatliche Hilfen dürften den tatsächlich entstandenen Bedarf nicht übersteigen (Verbot der Überkompensation). Die zur Hilfestellung verwendeten Steuergelder seien durch den Staat wirtschaftlich und sparsam einzusetzen.
26
Der Hinweis der Klägerin auf die öffentlichen Äußerungen von Mitgliedern der bayerischen Staatsregierung ändere nichts am fehlenden Vertrauensschutz und an der Ermessensentscheidung. Auf die Entscheidung des VG Ansbach (U.v. 29.1.2024) werde verwiesen, wonach in der Pressemitteilung enthaltene Aussagen politischer Entscheidungsträger nicht tauglich seien, schutzwürdigen guten Glauben ins dauerhafte Behaltendürfen einer Zuwendung zu begründen.
27
Schließlich habe die Klägerin auch angesichts der eindeutigen Regelung in Nr. 4 sowie der Nebenbestimmungen Nr. 1.1., 3, 4 und 5 des Soforthilfebescheides vom 18. Mai 2020 zu keinem Zeitpunkt darauf vertrauen dürfen, dass sie die ausgezahlte Soforthilfe unabhängig von der tatsächlichen Geschäftsentwicklung habe behalten dürfen. Einem verständigen Unternehmer hätte klar sein müssen, dass die Soforthilfe zu Unrecht gewährt worden sei, wenn sich die wirtschaftlichen Verhältnisse eines Unternehmens besser entwickelt hätten als bei der Antragstellung prognostiziert und somit gerade kein Liquiditätsengpass entstanden sei. In der Nebenbestimmung Nr. 3 des Bescheides sei ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Bescheid widerrufen werden könne, wenn die Soforthilfe nicht oder nicht in voller Höhe benötigt werde. Somit sei auch die Konsequenz eines nicht vorhandenen Liquiditätsengpasses im Soforthilfebescheid klar kommuniziert gewesen.
28
Alle Soforthilfeempfänger seien gleichbehandelt worden. Maßgeblich sei allein gewesen, ob die Antragsberechtigung in Form des Liquiditätsengpasses vorgelegen habe. Denn die Soforthilfe habe nach ihrem Zuwendungszweck gerade keine Ausgleichsleistung für staatliche Eingriffe in die Berufsfreiheit dargestellt. Analog zu Antragstellung und zur Soforthilfegewährung müssten daher alle Soforthilfeempfänger auch bei der Überprüfung, ob die Soforthilfe zu Recht gewährt worden sei, gleichbehandelt werden, ohne dass nach Branchen differenziert werden dürfe. Im Rahmen der Ermessensausübung seien dabei selbstverständlich individuelle, dem Widerruf ausnahmsweise entgegenstehende, besonders gewichtige und überwiegende Interessen des Soforthilfeempfängers zu berücksichtigen. Diese seien von der Klägerin im Verwaltungsverfahren aber nicht vorgetragen worden. Auch der Umstand, dass die Klägerin gegenüber Internethändlern massiv benachteiligt worden wäre, begründe keinen Ermessensfehler. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die Betriebsschließungen bei Bauund Gartenmärkten bereits am 20. April 2020 geendet hätten, also etwas mehr als zwei Wochen nachdem die Klägerin den Soforthilfeantrag gestellt habe. Die von der Klägerin geltend gemachte Benachteiligung habe demnach nur in weniger als einem Drittel des für die Soforthilfe relevanten Dreimonatszeitraums bestanden. Zudem habe den Soforthilferichtlinien der Gedanke zugrunde gelegen, denjenigen Unternehmen zu helfen, die hohe fortlaufende Sach- und Finanzkosten aufwiesen, aber keine ausreichenden Einnahmen erzielten, um diese zu bestreiten. Maßgeblich sei stets die Unterdeckung des Sach- und Finanzaufwandes durch die Einnahmen gewesen, die das Unternehmen in eine existenzgefährdende Lage gebracht habe. Die Klägerin habe nach eigenen Angaben aber im relevanten Dreimonatszeitraum einen Überschuss von mehr als „370.000,00“ EUR (richtig wohl: 240.000,00 EUR) erzielt. Die Benachteiligung von Bauund Gartenmärkten gegenüber Onlinehändlern habe die Klägerin nicht in eine existenzgefährdende Lage gebracht.
29
Die Jahresfrist des Art. 49 Abs. 2a Satz 2, Art. 48 Abs. 4 BayVwVfG sei eingehalten. Bei dieser Frist handele es sich um eine Entscheidungsfrist. Eine positive Kenntnis setze das Bewusstsein über die Notwendigkeit, eine Widerrufsentscheidung zu treffen, voraus. Es sei nicht auf das Ende des Lockdowns im Juni 2020 abzustellen. Es komme auf das Ende der Lockdown-Maßnahmen gar nicht an, da der Zweck der Corona-Soforthilfe nicht in der Kompensation von wirtschaftlichen Einbußen bestanden habe, die aufgrund staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie, wie des Lockdowns, eingetreten seien. Vielmehr sei es auf das Vorliegen oder Nichtvorliegen des tatsächlichen Liquiditätsengpasses angekommen. Dementsprechend habe die Jahresfrist zu laufen begonnen zu dem Zeitpunkt, in dem die Bewilligungsbehörde von Tatsachen Kenntnis erhalten habe, aus denen sich ergebe, dass beim jeweiligen Soforthilfeempfänger kein Liquiditätsengpass vorgelegen habe. Das sei erst mit dem Rechtsanwaltsschreiben vom 28. Februar 2024 der Fall gewesen.
30
Des Weiteren sei keine Verwirkung eingetreten. Für die Beurteilung, ob ein Verstoß gegen Treu und Glauben vorliege, müsse längere Zeit verstrichen sein (Zeitmoment) und der Berechtigte müsse unter Verhältnissen untätig geblieben sein, unter denen vernünftigerweise etwas zur Wahrung des Rechts unternommenen zu werden pflege (Umstandsmoment). Das schaffe eine Situation, auf die ein Beteiligter vertrauen, sich einstellen und einrichten dürfe (Vertrauensmoment). Zeit-, Umstands- und Vertrauensmoment seien nicht präzise voneinander zu trennen. Maßgeblich sei eine Gesamtbewertung aller zeitlichen und sonstigen Umstände. Auch für die Beurteilung schutzwürdigen Vertrauens sei eine Gesamtbewertung vorzunehmen. Dabei sei der Verpflichtete kaum schutzwürdig, wenn er annehmen müsse, dass der Berechtigte von der Existenz des ihm zustehenden Rechts, auf dessen Nichtausübung der Verpflichtete vertraue, keine Kenntnis habe. Nach ständiger Rechtsprechung der bayerischen Verwaltungsgerichte zu den Corona-Soforthilfen habe der Freistaat Bayern die Möglichkeit zur Rückforderung der Corona-Soforthilfe nicht verwirkt. Bereits das Umstandsmoment fehle. Bereits die Pressemitteilung des bayerischen Wirtschaftsministeriums vom 27. Februar 2021 führe dazu, dass das für eine Verwirkung erforderliche Umstandsmoment nicht eintreten könne, denn darin sei explizit an die nach wie vor bestehende Rückmelde- und Rückzahlungsverpflichtung der Soforthilfeempfänger aus den Soforthilfebescheiden erinnert worden. Dieser Verpflichtung sei die Klägerin weder in den Jahren 2020 und 2021 noch im Jahr 2022, auch nicht nach schriftlicher Erinnerung vom 28. November 2022, sondern erst mit dem Schreiben vom 28. Februar 2024 nachgekommen. Schon dieses pflichtwidrige Verhalten der Klägerin stehe der Behauptung, der Zuwendungsgeber habe seine Widerrufsbefugnis verwirkt, von vornherein entgegen. In Anlehnung an § 242 BGB liege hier vielmehr ein treuwidriges Verhalten und unzulässige Rechtsausübung durch die Klägerin vor. Wegen der Maßgabe in Nr. 1.1 des Soforthilfebescheides vom 18. Mai 2020 habe der Klägerin klar sein müssen, dass sie unabhängig von einer etwaigen Abfrage durch den Beklagten zur Mitteilung verpflichtet gewesen sei, dass sie entgegen der Prognose keinen oder nur einen geringen Liquiditätsengpass erlitten habe. Insofern sei sie nicht schutzwürdig. Im Übrigen hätte ihr klar gewesen sein müssen, dass die Bewilligungsstelle mangels Rückmeldung der Soforthilfeempfänger gar keine Kenntnis von etwaigen Rückforderungsansprüchen habe haben können. Demnach habe sie nicht auf einen bewussten Verzicht auf die Geltendmachung von Rückforderungsansprüchen vertrauen können.
31
Die festgesetzte Erstattung in Höhe von 30.000,00 EUR sei ebenfalls rechtmäßig und beruhe auf Art. 49a Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG.
32
3. Mit Beschluss vom 26. März 2025 gestattete die Kammer der Prozessbevollmächtigten der Klägerin, per Videokonferenz an der mündlichen Verhandlung am 23. Mai 2025 teilzunehmen.
33
In der mündlichen Verhandlung am 23. Mai 2025 nahm die Prozessbevollmächtigte der Klägerin per Videokonferenz an der mündlichen Verhandlung teil.
34
In der mündlichen Verhandlung vom 23. Mai 2025 beantragte die Klägerbevollmächtigte für die Klägerin:
Der Bescheid der Regierung von Unterfranken vom 17. Juni 2024 wird aufgehoben.
35
Der Beklagtenvertreter beantragt für den Beklagten,
36
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte (einschließlich der zusätzlich beigezogenen Akte des Verfahrens W 8 K 25.235) sowie die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
37
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
38
Die Klage ist als Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Halbs. 1 1. Alt. VwGO zulässig (vgl. VG Bremen, U.v. 26.8.2024 – 7 K 678/22 – juris Rn. 16; VG Ansbach, U.v. 29.1.2024 – AN 15 K 23.1634 – juris Rn. 60).
39
Die Klage ist unbegründet.
40
Der streitgegenständliche Bescheid der Regierung von Unterfranken vom 17. Juni 2024 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
41
Weder der Widerruf der Bewilligung noch die Rückforderung und Rückzahlungsverpflichtung sind von Rechts wegen zu beanstanden. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf das Behaltendürfen der Soforthilfe Corona.
42
Dass die Voraussetzungen für den Widerruf der Soforthilfe Corona samt Rückforderung und Rückzahlungsverpflichtung in Höhe von 30.000,00 EUR vorliegen, hat der Beklagte im streitgegenständlichen Bescheid vom 17. Juni 2024, auf dessen Gründe, die sich das Gericht zu eigen macht, zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird (§ 117 Abs. 5 VwGO) zutreffend begründet und im Klageerwiderungsschriftsatz vom 23. Oktober 2024 (siehe Tatbestand unter II.2) sowie in der mündlichen Verhandlung vertiefend, schlüssig und nachvollziehbar erläutert.
43
Des Weiteren wird auf ein Urteil der Kammer in einer vergleichbaren Fallgestaltung und mit vergleichbarer Argumentation von Klägerseite vom 13. Januar 2025 verwiesen (siehe VG Würzburg, U.v. 13.1.2025 – W 8 K 24.641 – juris). Den dagegen gestellten Antrag auf Zulassung der Berufung hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 15. Mai 2025 unanfechtbar abgelehnt (BayVGH, B.v. 15.5.2025 – 21 ZB.473).
44
Rechtsgrundlage des Widerrufs des Bewilligungsbescheides vom 18. Mai 2020 ist Art. 49 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1 BayVwVfG. Danach kann ein rechtmäßiger Verwaltungsakt, der eine einmalige Geldleistung zur Erfüllung eines bestimmten Zwecks gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise auch mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen werden, wenn die Leistung nicht, nicht alsbald nach der Erbringung oder nicht mehr für den in dem Verwaltungsakt bestimmten Zweck verwendet wird.
45
Theoretisch könnte auch Art. 48 BayVwVfG anwendbar sein, wenn von einem rechtswidrigen Bewilligungsbescheid auszugehen wäre. Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, hier der Bewilligungsbescheid, wäre anzunehmen, wenn die Voraussetzungen für die Bewilligung einer Soforthilfe Corona von vornherein nicht vorgelegen hätten (vgl. zu so einem Fall VG Würzburg, U.v. 19.4.2021 – W 8 K 20.1732 – juris Rn. 28 ff.). Bei Art. 48 Abs. 2 Satz 3 BayVwVfG genügt, dass die dem Bewilligungsbescheid zu Grunde liegenden Angaben, mithilfe derer die Begünstigte den Verwaltungsakt erwirkt hat, objektiv unrichtig oder unvollständig waren. Ob die Begünstigte dies wusste, ist genauso unerheblich wie ein fehlendes Verschulden (VG Würzburg, U.v. 19.4.2021 – W 8 K 20.1732 – juris Rn. 44). Jedoch war im Zeitpunkt der Entscheidung über die Gewährung der Förderung am 18. Mai 2020 eine Prognose zu treffen, ob ein Liquiditätsengpass eintreten wird. Eine Prognose – hier über den zu erwartenden Liquiditätsengpass – kann aber zum Zeitpunkt ihrer Abgabe korrekt und fehlerfrei getroffen worden sein, selbst wenn sich dann im Nachhinein herausstellt, dass der prognostizierte Liquiditätsengpass so nicht eingetreten ist. Die Annahme des Beklagten, dass ein rechtmäßiger Bewilligungsbescheid zugrunde liegt, ist nicht zu beanstanden, weil gerade eine Prognose zu einem voraussichtlichen Liquiditätsengpass zu stellen war und zu diesem Zeitpunkt der Engpass für diesen Bewilligungszeitpunkt noch nicht feststehen musste (vgl. BayVGH, B.v. 27.3.2025 – 21 ZB 24.514 – juris Rn. 26 f.).
46
Letztlich kann die Frage der Rechtmäßigkeit aber sogar offenbleiben, da Art. 49 BayVwVfG auch auf rechtswidrige Verwaltungsakte angewendet werden kann (vgl. BVerwG, U.v. 19.9.2018 – 8 C 16/17 BVerwGE 163, 102, juris Rn. 17; vgl. auch VG Ansbach, U.v. 19.1.2024 – AN 15 K 23.1634 – juris Rn. 67 ff.).
47
Die Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 49 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1 BayVwVfG sind erfüllt, weil die Klägerin die im Bewilligungsbescheid vom 18. Mai 2020 gewährte Förderung nicht zweckentsprechend verwendet hat. Der Beklagte hatte die Soforthilfe Corona an die Klägerin explizit bezogen auf einen konkreten aktuellen Liquiditätsengpass als eine zweckgebundene Geldleistung gewährt und die Klägerin hat die Geldleistung nicht für diesen bestimmten Zweck verwendet.
48
Entscheidungserheblich und streitig ist im Wesentlichen – da die übrigen Tatbestandsvoraussetzungen unstreitig vorliegen –, ob die einmalig gewährte Geldleistung, die für einen bestimmten Zweck gewährt worden ist, nicht für den im Bewilligungsbescheid bestimmten Zweck verwendet wurde, mithin eine Zweckverfehlung vorliegt.
49
Maßgeblich für die Beurteilung der Erfüllung eines bestimmten Zwecks ist der im Bewilligungsbescheid ausgewiesene Zuwendungszweck. Der Zweck einer Zuwendung muss dem Bescheid selbst mit hinreichender Bestimmtheit zu entnehmen sein. Nach den gemäß §§ 133, 157 BGB für die Auslegung von Willenserklärungen auch im öffentlichen Recht geltenden Maßstäben ist darauf abzustellen, wie der Empfänger aus seiner Sicht den Inhalt des Bescheides und weitere in diesem in Bezug genommene Inhalte bei objektiver Würdigung unter Berücksichtigung aller für ihn erkennbaren Umstände verstehen musste. Neben dem Wortlaut des Bescheides sind maßgeblich dafür auch der Inhalt der von ihm in Bezug genommenen Richtlinien, die Grundlage der Bewilligung der Zuwendung gewesen sind. Nicht ausreichend ist ein Zuwendungszweck, der sich einzig aus der Förderpraxis der Bewilligungsbehörde ergibt, wenn diese sich im Zuwendungsbescheid nicht wiederfindet (vgl. BVerwG, U.v. 11.2.1983 – 7 C 70.80 – juris Rn. 16, B.v. 18.7.1990 – 3 B 88/90- juris Rn. 4; BayVGH B.v. 25.1.2021 – 6 ZB 20.2162, BeckRS 2021, 1713, Rn. 9 sowie VG Bremen, U.v. 20.11.2024 – 7 K 681/22 – juris Rn. 24; VG Berlin, U.v. 11.7.2024 – 26 K 289/23 juris Rn. 34; VG Ansbach, U.v. 29.1.2024 – AN 15 K 23.1634 – juris Rn. 75 jeweils m.w.N.).
50
Aus der Auslegungsbedürftigkeit eines Begriffs wie dem des Liquiditätsengpasses gründet sich dabei noch nicht dessen Unbestimmtheit (OVG BlnBbg, B.v. 4.3.2024 – OVG 6 N 14/24 – juris Rn. 3). Enthält – wie hier – der Bewilligungsbescheid in Verbindung mit den ausdrücklich zugrundegelegten Richtlinien Soforthilfe Corona eine Definition des Liquiditätsengpasses, bedarf es zur hinreichenden Bestimmtheit des Zuwendungszwecks keiner weiteren Konkretisierungen (vgl. VG Halle, U.v. 6.12.2024 – 4 A 113/23 HAL juris Rn. 26; VG Bremen, U.v. 20.11.2024 – 7 K 681/22 – juris Rn. 26 f.). Auch kleinere Abweichungen von Wortlaut und Zeichensetzung der zitierten Richtlinien führen nicht dazu, dass der Bescheid als solcher unbestimmt wäre (BayVGH, B.v. 15.5.2025 – 21 ZB.473 – BA Rn. 9).
51
Maßgeblich bei der Ermittlung des Zwecks sind danach im Wesentlichen der Wortlaut des Zuwendungsbescheids vom 18. Mai 2020, die diesem zugrundeliegenden Bewilligungsgrundlagen, insbesondere der Soforthilfeantrag vom 2. April 2020, und die Richtlinien für die Gewährung von Überbrückungshilfen des Bundes für die von der Corona-Virus-Pandemie (SARS-CoV-2) geschädigten Unternehmen und Soloselbstständigen („Corona-Soforthilfen insbesondere für kleine Unternehmen und Soloselbständige“) des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie vom 17. März 2020 in der Fassung vom 16. April 2020 sowie weitere erkennbare Informationen wie die FAQ usw.
52
Ausgehend davon war gesamtbetrachtend offenkundig von einem Liquiditätsengpass nur in Bezug auf den laufenden Sach- und Finanzaufwand, nicht aber unter Einbezug des Personalaufwandes oder sonstiger Aufwendungen als Förderzweck auszugehen.
53
Das Antragsformular vom 2. April 2020 spricht von einer existenzbedrohlichen Wirtschaftslage bzw. dem Liquiditätsengpass.
54
Nr. 4 des Bewilligungsbescheides besagte ausdrücklich: Die Soforthilfe ist zweckgebunden und dient ausschließlich der Bewältigung der existenzgefährdenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten, in die der Empfänger infolge der Corona-Pandemie geraten ist, weil die fortlaufenden Einnahmen aus dem Geschäftsbetrieb voraussichtlich nicht ausreichen, um die Verbindlichkeiten in den auf die Antragstellung folgenden drei Monaten aus dem fortlaufenden erwerbsmäßigen Sach- und Finanzaufwand (z.B. gewerbliche Mieten, Pachten, Leasingraten) zu zahlen (Liquiditätsengpass). Nicht umfasst sind Liquiditätsengpässe, die vor dem 11. März 2020 entstanden sind.
55
Der Bewilligungsbescheid bezieht sich explizit auf die Richtlinien Soforthilfe Corona vom 17. März 2020 als seine Grundlage.
56
Eine Definition des Liquiditätsengpasses wurde zudem – noch vor Antragstellung sowie Bescheidserlass – in die Nr. 2 mit der Änderung vom 1. April 2020 (BayMBl. Nr. 170, in Kraft getreten am 31.3.2020) eingefügt:
„Voraussetzung der Finanzhilfe
Der Antragsteller muss glaubhaft versichern, dass er durch die Corona-Pandemie in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten ist, die seine Existenz bedrohen, weil die fortlaufenden Einnahmen aus dem Geschäftsbetrieb voraussichtlich nicht ausreichen, um die Verbindlichkeiten in den auf die Antragstellung folgenden drei Monaten aus dem fortlaufenden erwerbsmäßigen Sach- und Finanzaufwand (bspw. gewerbliche Mieten, Pachten, Leasingraten) zu zahlen (Liquiditätsengpass).“
57
Mit der weiteren Änderung vom 16. April 2020 (BayMBl Nr. 204) – auch noch vor Bescheidserlass – wurde das Wort „bedrohen“ durch das Wort „gefährden“ ersetzt. Maßgeblich sind die Richtlinien in der Fassung, die zum Zeitpunkt des Bewilligungsbescheides galten, weil grundsätzlich für eine Behörde bei Bescheidung eines Antrags die Rechtslage in der Form maßgeblich ist, wie sie sich zum Zeitpunkt der Behördenentscheidung darstellt (vgl. BayVGH, B.v. 27.3.2025 – 21 ZB 24.514 – juris Rn. 9 und 14).
58
Durch die Bezugnahme des Bewilligungsbescheides auf die Richtlinien Soforthilfe Corona vom 17. März 2020 ist die vorstehende Definition integraler Bestandteil des Bescheides geworden, und zwar in ihrer zum maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheiderlasses – wie auch sonst bei Subventionen – geltenden, veröffentlichten Fassung, die für die Klägerin auch erkennbar war. Denn dem materiellen Recht folgend kommt es auf den Zeitpunkt des Bescheidserlasses an, weil auf die Förderpraxis abzustellen ist und staatliche Mittel – wie auch bei sonstigen Subventionen – aus den haushalterischen Gründen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit auf der Basis der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Förderentscheidung ausgereicht werden.
59
Schon allein aufgrund des Wortlauts des Bewilligungsbescheides sowie der einschlägigen Richtlinien Soforthilfe Corona war der Liquiditätsengpass und damit der Förderzweck hinreichend bestimmt definiert.
60
Hinzu kommen darüber hinaus – ohne dass es noch entscheidungserheblich darauf ankommt – die weiteren Informationen, wie Verlautbarungen der Wirtschaftsministerien, insbesondere die FAQ (vgl. OVG NRW, u.v. 17.3.2023 – 4 A 1987/22 – juris Rn 150), in denen – ebenfalls vor Erlass des Bewilligungsbescheides – schon ausdrücklich angeführt war, dass Personalkosten bei der Annahme eines Liquiditätsengpasses nicht zu berücksichtigen sind. Insoweit ist auch anzumerken, dass Corona-Soforthilfen seinerzeit auch Gegenstand ausführlicher Berichterstattung und öffentlicher Diskussion waren (OVG BlnBbg, B.v. 4.3.2024 – OVG 6 N 14/24 – juris Rn. 6).
61
In einer Veröffentlichung des bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie vom 20. März 2020 ist ausgeführt: Liquiditätsengpass bedeutet, dass keine (ausreichende) Liquidität vorhanden ist, um zum Beispiel laufende Verpflichtungen zu zahlen (vgl. VG Regensburg, U.v. 22.1.2024 – RN 16 K 21.2296 – UA S.6, unveröffentlicht).
62
In den FAQ vom 29. März 2020 ist ausgeführt: Massive Umsatzeinbußen und Gewinneinbrüche sind kein ausreichender Grund für eine Förderung. Es muss deutlich gemacht werden, dass und warum die laufenden Kosten (in welcher Art und Höhe) jetzt oder in naher Zukunft nicht mehr gedeckt werden können. Das Unternehmen muss in eine für das Unternehmen existenzbedrohliche Wirtschaftslage gekommen sein, in der es laufenden Verpflichtungen nicht mehr nachkommen kann. Liquiditätsengpass bedeutet, dass keine (ausreichende) Liquidität vorhanden ist, um insbesondere laufende Verpflichtungen (beispielsweise Mieten, Kredite für Betriebsräume, Leasingraten) zu begleichen. Zeitnahe, in der Zukunft (den nächsten drei Monaten) liegende, aber sicher bestimmbare Verpflichtungen können berücksichtigt werden. Für die Berechnung des Engpasses kann ein Zeitraum von maximal drei Monaten herangezogen werden. Bei der Festlegung wird der Zeitraum März bis Mai zugrunde gelegt. Liquiditätsengpass entspricht nicht einem Umsatz- oder Gewinnrückgang; entgangene Provision oder entgangener Umsatz reichen nicht aus. Eine möglicherweise spätere Überprüfung ist nicht ausgeschlossen.
63
Einer Pressemitteilung des Bundesfinanzministeriums vom 29. März 2020 ist zu entnehmen, dass sich Bund und Länder am heutigen Tag auf die nötige Verwaltungsvereinbarung für Soforthilfe geeinigt hätten. Die Soforthilfe diene der Sicherung der wirtschaftlichen Existenz der Unternehmen und zur Überbrückung von akuten Liquiditätsengpässen infolge der Coronakrise. Eine Kumulierung mit anderen Beihilfen sei möglich. Eine Überkompensation sei aber zurückzuzahlen (vgl. dazu auch beck-aktuell vom 30.3.2020).
64
Die Kurzfakten zum Corona-Soforthilfe-Programm des Bundes vom 30. März 2020 erläutern: Der Antragsteller legt bei der Angabe, in welcher Höhe er die Billigkeitsleistung beantragt, seinen voraussichtlichen Liquiditätsengpass zugrunde. Dieser wird auf der Basis seines voraussichtlichen Umsatzes sowie des betrieblichen Sach- und Finanzaufwands für die drei auf die Antragstellung folgenden Monate ermittelt. Sofern die Soforthilfe wie beantragt bewilligt wird und später festgestellt wird, dass der Sachund Finanzaufwand des Unternehmens oder die tatsächliche Umsatzeinbuße doch geringer war, ist das Unternehmen zu einer Rückzahlung des überzahlten Betrages verpflichtet. … Das Soforthilfeprogramm des Bundes unterstützt entsprechend den am 23. März 2020 beschlossenen Eckpunkten kleine Unternehmen usw. durch einen Zuschuss bei der Sicherung ihrer wirtschaftlichen Existenz und der Überbrückung von akuten Liquiditätsengpässen. Diese laufenden Betriebskosten können unter anderem gewerbliche Mieten, Pachten, Kredite für Betriebsräume und Leasingaufwendungen umfassen, bezogen auf die drei der Antragstellung folgenden Monate.
65
In einer Pressemitteilung des bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie vom 31. März 2020 heißt es: Zudem wurden auch die Antragsvoraussetzungen für die Soforthilfe noch einmal gelockert. Ab sofort gilt: Der Antragsteller muss glaubhaft versichern, dass er durch die Corona-Pandemie in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten ist, die seine Existenz bedrohen, weil die fortlaufenden Einnahmen aus dem Geschäftsbetrieb voraussichtlich nicht ausreichen, um die Verbindlichkeiten in den auf die Antragstellung folgenden drei Monaten aus dem fortlaufenden erwerbsmäßigen Sach- und Finanzaufwand (bspw. gewerbliche Mieten, Pachten, Leasingraten) zu zahlen.
66
Eine Zusammenfassung der Bundesrechtsanwaltskammer vom 31. März 2020 referiert zum Bund unter Nr. 3.1 auf Seite 10 als Ziel: Zuschuss zur Sicherung der wirtschaftlichen Existenz der Antragsteller und zur Überbrückung von akuten Liquiditätsengpässen, unter anderem durch laufende Betriebskosten wie Mieten, Kredite für Betriebsräume, Leasingraten und Ähnlichem. Sie führt weiter unter Nummer 3 auf Seite 16 für Bayern eine Definition zum Liquiditätsengpass wie folgt auf: Ein Liquiditätsengpass liegt vor, wenn infolge der Corona-Pandemie fortlaufende Einnahmen aus dem Geschäftsbetrieb voraussichtlich nicht ausreichen, um die Verbindlichkeiten in den auf die Antragstellung folgenden drei Monaten aus dem fortlaufenden erwerbsmäßigen Sach- und Finanzaufwand (beispielsweise gewerbliche Mieten, Pachten, Leasingraten) zu zahlen.
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In den FAQ vom 9. April 2020 heißt es: Der Antragsteller muss glaubhaft versichern, dass er durch die Corona-Pandemie in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten ist, die seine Existenz bedrohen, weil die fortlaufenden Einnahmen aus dem Geschäftsbetrieb voraussichtlich nicht ausreichen, um die Verbindlichkeiten in den auf die Antragstellung folgenden drei Monaten aus dem fortlaufenden erwerbsmäßigen Sach- und Finanzaufwand (bspw. gewerbliche Mieten, Pachten, Leasingraten) zu zahlen (Liquiditätsengpass). Personalaufwendungen können nicht berücksichtigt werden. Die Soforthilfen leisten einen Beitrag zu den laufenden betrieblichen Sach- und Finanzaufwendungen (unter anderem gewerbliche Mieten, Pachten, Kredite für Betriebsräume und -ausstattung sowie Finanzierungskosten oder Leasingaufwendungen für unternehmerisch genutzte Pkw, Maschinen etc.). Personalkosten sind nicht abgedeckt, da weder Sach- noch Finanzaufwand. Der gesamte Personalaufwand (Gehälter, Kranken- und Sozialversicherungsbeiträge etc.) ist nicht umfasst. Sofern das Personal nicht beschäftigt werden kann, muss – sofern möglich – Kurzarbeit angemeldet werden. Ausgehend von den einschlägigen Richtlinien war ab dem 9. April 2020 auch den betreffenden FAQ explizit zu entnehmen, dass Personalkosten keine berücksichtigungsfähigen Ausgaben darstellten (BayVGH, B.v. 27.3.2025 – 21 ZB 24.514 – juris Rn. 14).
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Außerdem können zusätzlich die „Häufig gestellten Fragen“ des bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie vom 18. April 2020 berücksichtigt werden. Dort heißt es unter anderem: Das bayerische Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie erläutert zu seinen „Häufig gestellten Fragen“ vom 18. April 2020 (ebenso FAQ vom 9.4.2020) unter III. zusätzlich zu der Definition des Liquiditätsengpasses aus den Richtlinien Soforthilfe Corona: „Personalaufwendungen können nicht berücksichtigt werden.“ bzw. „Personalkosten sind nicht abgedeckt“, „da weder Sach- noch Finanzaufwand“. Der gesamte Personalaufwand (Gehälter, Kranken- und Sozialversicherungsbeiträge etc.) ist nicht umfasst. Sofern das Personal nicht beschäftigt werden kann, muss – sofern möglich – Kurzarbeit angemeldet werden.
69
Aus dem objektiven Empfängerhorizont eines Bescheidsempfängers waren danach insbesondere schon allein infolge des Wortlauts des Bewilligungsbescheides und der der Förderentscheidung zugrundegelegten Richtlinien Soforthilfe Corona die Personalkosten bei der Berechnung des Liquiditätsengpasses ohne Belang, da sie nicht zum Sach- oder Finanzaufwand zählen. Ergänzend bestätigen die betreffenden – vorstehend referierten – FAQ und die Verlautbarungen dieses eindeutige Verständnis und belegen die dahingehende Förderpraxis des Beklagten.
70
Personalkosten bleiben bei der Ermittlung eines Liquiditätsengpasses demnach außer Betracht, weil es nach dessen Definition nicht dem Zuwendungszweck entspricht, Personalkosten zu kompensieren. Dass Personalkosten nicht umfasst sind, ist aus den genannten Beispielen für den fortlaufenden erwerbsmäßigen Sach- und Finanzaufwand erkennbar, wie beispielsweise gewerbliche Mieten, Pachten und Leasingraten (VG Bremen, U.v. 20.11.2024 – 7 K 681/22 – juris Rn. 31; U.v. 26.8.2024 – 7 K 678/22 – juris Rn. 27). Aus diesen Beispielen lässt sich schließen, dass Personalkosten nicht zu den für die Ermittlung des Liquiditätsengpasses anzusetzenden Verbindlichkeiten gehören. Unter Sachaufwand versteht man alle während der Leistungserstellung anfallenden laufenden Aufwendungen, die für Gebäude, Kraftfahrzeuge, Büros usw. anfallen. Personalaufwendungen zählen nicht zu den Sachaufwendungen. Der Finanzaufwand umfasst Aufwendungen für Zinsen und sonstige Finanzaufwendungen (VG Frankfurt, U.v. 27.11.2024 – VG 1 K 889/23 – juris Rn. 23; VG Berlin, U.v. 11.7.2024 – 26 K 289/23 juris Rn. 34; HessVGH, B.v. 1.3.2023 – 10 A 2362/21.Z – juris Rn. 11). Eine Förderung von Personalkosten würde der strikten Zweckbindung der Zuwendung zuwiderlaufen (vgl. OVG Bremen, B.v. 9.9.2024 – 1 LA 227/24 – juris Rn. 13).
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Schon angesichts der Verwaltungsvereinbarung zwischen Bund und Ländern im März 2020, nach der – gerade nicht alle Aufwendungen, sondern – nur der fortlaufende erwerbsmäßige Sach- und Finanzaufwand abgedeckt wird, zu dem die Personalkosten nicht zählen, war hinreichend klar, dass Personalkosten nicht zu berücksichtigen sind. Auch vor diesem Hintergrund ist die Darlegung des Beklagten zu seiner diesbezüglichen von vornherein so geübten Verwaltungspraxis schlüssig (vgl. HessVGH, B.v. 1.3.2023 – 10 A 2362/21.Z – juris Rn. 12 u. 20). Der Zweck der Soforthilfe Corona war die Bewältigung eines konkret benannten Liquiditätsengpasses. Er bestand aber nicht darin, sämtliche coronabedingten betrieblichen Einnahmeausfälle auszugleichen (VG Frankfurt/Oder, U.v. 29.4.2025 – 1 K 1380/24 – juris Rn. 33). Hingegen kann keine gängige Förderpraxis festgestellt werden, Personalkosten zu berücksichtigen (so ausdrücklich BayVGH, B.v. 27.3.2025 – 21 ZB 24.514 – juris Rn. 16; B.v. 15.5.2025 – 21 ZB.473 – BA Rn. 25).
72
Auf anderweitige mögliche, etwa betriebswirtschaftliche Definitionen des Liquiditätsengpasses kommt es nicht an. Der Beklagte hat ausdrücklich angemerkt, dass im öffentlichen Haushaltswesen der Begriff des Sach- und Finanzaufwandes abschließend definiert und klar vom Personalaufwand abgegrenzt wird. Vgl. Art. 90 Nr. 4 BayHO:
73
Die Prüfung erstreckt sich auf die Einhaltung der für die Haushalts- und Wirtschaftsführung geltenden Vorschriften und Grundsätze, insbesondere darauf, ob
4. die Aufgabe mit geringerem Personal- oder Sachaufwand oder auf andere Weise wirksamer erfüllt werden kann.
74
Auf die tatsächliche subjektive Kenntnis der Klägerin kommt es nicht an; es reicht die Erkennbarkeit. Genauso wenig kommt es auf das eigene subjektive Verständnis der Klägerin an, was sie unter einem Liquiditätsengpass versteht (OVG BlnBbg, B.v. 4.3.2024 – OVG 6 N 14/24 – juris Rn. 5; vgl. auch BayVGH, B.v. 9.1.2024 – 22 ZB 23.1018 – juris Rn. 14, BayVBl 2025, 26, 28).
75
Auch Gewinnprognosen und private Bedürfnisse werden im Rahmen der Soforthilfe Corona danach nicht berücksichtigt. Nach den FAQ vom 9. April 2020 sind die Soforthilfen nicht darauf ausgerichtet, den ausfallenden Gewinn zu ersetzen, mit dem der Lebensunterhalt bestritten wird. In diesem Fall ist nicht der Betrieb, sondern die (private) wirtschaftliche Existenz der Antragsteller gefährdet. Die Deckung privater Lebenshaltungskosten ist damit kein Zweck der Soforthilfe Corona.
76
Soweit im Antragsformular die Konjunktion „bzw“. zwischen den Begriffen „existenzbedrohliche Wirtschaftslage“ und „Liquiditätsengpass“ aufgeführt ist, rechtfertigt diese Formulierung im Übrigen nicht zwingend ein alternatives Verständnis, dass anstatt eines Liquiditätsengpasses auch allein eine existenzbedrohliche Wirtschaftslage für eine Förderung ausreichen würde. Denn das „bzw.“ muss – aus Sicht eines objektiven Empfängers – nicht zwingend als „oder“ verstanden werden, sondern verdeutlicht vielmehr den Zweck der Förderung im Sinne der Überwindung einer existenzgefährdenden Wirtschaftslage durch Zahlung eines Beitrags zur Überbrückung eines Liquiditätsengpasses mit Blick darauf, dass die fortlaufenden Einnahmen nicht ausreichen, die ebenfalls fortlaufenden Verbindlichkeiten zu bedienen (VG Ansbach, U.v. 29.1.2024 – AN 15 K 23.1634 – juris Rn. 109), wobei von vornherein klargestellt war, dass dabei – wie ausgeführt – gerade nicht alle fortlaufenden Verbindlichkeiten zu berücksichtigen sind.
77
Vor diesem Hintergrund sind die Ausführungen des Beklagten plausibel, dass Personalkosten von Anfang an nach der durchweg geübten Verwaltungspraxis nicht zur Berechnung des Liquiditätsengpasses heranzuziehen waren. Dies wird im Übrigen durch eine Vielzahl von gerichtsbekannten Fällen bestätigt (vgl. schon VG Würzburg, U.v. 19.4.2021 – W 8 K 20.1732 – juris Rn. 40 sowie VG Würzburg, U.v. 13.1.2025 – W 8 K 24.641 – juris Rn. 45 ff. und dazu BayVGH B.v. 15.5.2025 – 21 ZB.473 – BA Rn 25).
78
Die Konkretisierung der für die Entstehung des tatsächlichen Liquiditätsengpasses relevanten drei Monate (ganze Monate, beginnend mit dem Monat der Antragstellung) durch den Beklagten ist ebenfalls nicht zu beanstanden.
79
Der Beklagte hat auch dazu plausibel – und insoweit unwidersprochen – seine Verwaltungspraxis dargelegt, dass er auf volle drei Monate beginnend mit dem Monat der Antragstellung im Zeitraum März bis Mai 2020 abstellt. Er hat auch dazu seine Beweggründe dargelegt, und zwar unter anderem Praktikabilität sowie Vereinfachung und Pauschalierung, nicht zuletzt auch zu Gunsten der Soforthilfeempfänger, wie der Beklagte in seiner Klageerwiderung ausgeführt hat (vgl. zur Zulässigkeit des Drei-Monats-Zeitraums näher auch VG Bayreuth, U.v. 17.3.2025 – B 7 K 24.809 – juris Rn. 50 ff.).
80
Gekoppelt an den primären Zuwendungszweck, der Überwindung eines Liquiditätsengpasses im Bewilligungszeitraum musste ausgehend vom objektiven Empfängerhorizont der Liquiditätsengpass in der Summe im Zeitraum von drei aufeinanderfolgenden Monaten aufgetreten sein (VG Schwerin, U.v. 5.6.2024 – 3 A 404/23 SN – juris Rn. 29 f.).
81
Im Übrigen hat die Klägerin nicht ansatzweise vorgebracht, dass eine andere Festlegung des Zeitraums der relevanten drei Monate bei ihr zu einem anderen Ergebnis geführt hätte, sodass der Einwand auch schon unter diesem Aspekt nicht entscheidungserheblich ist und die Klägerin nicht in ihren subjektiven Rechten verletzt.
82
Bei der Beurteilung der Zweckempfehlung war des Weiteren auf den tatsächlichen Liquiditätsengpass abzustellen und zwar aus einer Betrachtung im Nachhinein (ex post) und nicht allein auf die Prognose im Voraus (ex ante).
83
Auch insoweit hat der Beklagte seine Förderpraxis plausibel dargelegt und zu Recht auf die verschiedenen Maßgaben des Bewilligungsbescheides verwiesen, wonach im Falle einer Überkompensation des Liquiditätsengpasses die Soforthilfe zurückzuzahlen sei (vgl. nur Nr. 1.1, Nr. 3, Nr. 4 und Nr. 5 des Bescheides vom 18.5.2020), da nach Nr. 4 des Bescheides die Mittel ausschließlich der Bewältigung der existenzgefährdenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten dienen, in die der Empfänger infolge der Corona-Pandemie geraten ist, weil die fortlaufenden Einnahmen aus dem Geschäftsbetrieb voraussichtlich nicht ausreichten, um die Verbindlichkeiten in den auf die Antragstellung folgenden drei Monaten aus dem fortlaufenden erwerbsmäßigen Sach- und Finanzaufwand (z.B. gewerbliche Mieten, Pachten, Leasingraten) zu zahlen (Liquiditätsengpass). Wäre die Klägerin mit den im Bewilligungsbescheid vom 18. Mai 2020 genannten Maßgaben nicht einverstanden gewesen, hätte sie dies der Bewilligungsbehörde gegenüber erklären und den gewährten Betrag unverzüglich zurückerstatten müssen (Nr. 12 des Bescheids).
84
Aus den Nebenbestimmungen des Bewilligungsbescheides ergibt sich eindeutig, dass die Soforthilfe nur der Kompensation eines dann in der Folge tatsächlich eingetretenen Liquiditätsengpasses dienen sollte, etwa aus der Anzeigepflicht bei Änderungen oder aus der Widerrufsmöglichkeit im Nachhinein, wenn die Soforthilfe nicht oder nicht zur vollen Höhe benötigt würde. Zweck der Förderung war nicht, eine finanzielle Zuwendung für einen voraussichtlichen Liquiditätsengpass zu gewähren unabhängig davon, ob auch tatsächlich ein Liquiditätsengpass eingetreten ist (VG Regensburg, U.v. 22.1.2024 – RN 16 K 21.2296 – UA S. 13 f. unveröffentlicht). Von Anfang an war klargestellt, dass eine Überkompensation zu einer etwaigen Rückzahlung führen würde. Mithin war hinreichend verdeutlicht, dass es auf einen Vergleich des bei der Antragstellung prognostizierten (= Fördersumme) mit dem real eingetretenen Liquiditätsengpass ankommen sollte. Zweck der Förderung war die Überwindung von Liquiditätsengpässen mithilfe der Soforthilfe (VG Ansbach, U.v. 29.1.2024 – AN 15 K 23.1634 – juris Rn. 76). Die zweckkonforme Verwendung einer Zuwendung setzt voraus, dass die berücksichtigungsfähigen Ausgaben jedenfalls die Höhe der ausgezahlten Fördersumme erreichen. Die Klägerin musste davon ausgehen, dass ihr die Soforthilfe nur endgültig verbleibt, sobald ihr infolge der Corona-Pandemie tatsächlich ein Liquiditätsengpass entstanden ist (VG Ansbach, U.v. 29.1.2024 – AN 15 K 23.1634 – juris Rn. 81 f.). Den zitierten Fördergrundlagen ist wie ausgeführt nach alledem mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen, dass die Zweckbestimmung der Soforthilfe dahin ging, den tatsächlichen Liquiditätsengpass zu kompensieren (vgl. VG Bayreuth, U.v. 17.3.2025 – B 7 K 24.809 – juris Rn. 44).
85
Das einstweilige Abstellen auf eine Prognose in der Antragsphase lag gerade im Interesse der Antragstellenden, um eine rasche Bewilligung und Auszahlung der Soforthilfe Corona zu ermöglichen. Die Kehrseite davon ist zwangsläufig, im Nachhinein zu überprüfen und festzustellen, ob sich die Prognose realisiert hat. Der enorme Zeitdruck im Jahr 2020 und die Masse an Anträgen, verbunden mit dem Bestreben, eine schnelle Hilfe zu leisten, bedingten, dass die Anträge nicht so tief geprüft werden sollten, sofern keine offensichtliche Unrichtigkeit oder Unglaubwürdigkeit vorhanden waren. Infolge dessen wurde auch nur eine Prognose abverlangt, um die Hilfen schon im Voraus ausbezahlen zu können. Eine Plausibilitätsprüfung war ausreichend, um vergleichsweise unbürokratisch bewilligen und auszahlen zu können (ferner vgl. BayVGH, B.v. 27.3.2025 – 21 ZB 24.514 – juris Rn. 15, 21 f., 26 f.).
86
Bei der Betrachtung, ob die Fördermittel dem Förderzweck entsprechend eingesetzt wurden, kann es demgegenüber nicht mehr auf den bei Antragstellung mittels Hochrechnung prognostizierten Liquiditätsengpass ankommen. Bei der Frage der zweckkonformen Verwendung einer Zuwendung kommt es darauf an, ob ein Liquiditätsengpass ex post betrachtet vorlag oder nicht. Entscheidend ist insofern der tatsächlich eingetretene Liquiditätsengpass. Denn die Zuwendung wurde zwar auf Basis des prognostizierten Liquiditätsengpasses ausgezahlt. Aus den oben genannten Regelungen und insbesondere den Maßgaben im Bewilligungsbescheid ist jedoch ersichtlich, dass die Klägerin nur die Fördermittel behalten durfte, die für die Überwindung des tatsächlich eingetretenen Liquiditätsengpasses benötigt wurden (VG Ansbach, U.v. 29.1.2024 – AN 15 K 23.1634 – juris Rn. 83). Denn zeigt sich ex post, also im Nachhinein, dass ein Liquiditätsengpass nicht vorgelegen hat, bedarf es keiner Zuschüsse zur Existenzsicherung und entfällt die Grundlage für das Behaltendürfen zu diesem Zweck. Bei objektiver Betrachtungsweise konnte kein berechtigter Zweifel daran bestehen, dass jedenfalls diejenigen Mittel zurückzuzahlen sind, die im Rahmen der Zweckbindung während des dreimonatigen Bewilligungszeitraums nicht benötigt worden sind (VG Karlsruhe, U.v. 11.10.2024 – 14 K 5099/23 – juris Rn. 65 f. m.w.N.). Die ex-post-Prüfung im Nachgang der zuletzt getroffenen Prognose ist gerichtlich nicht zu beanstanden und hatte – wie schon ausgeführt – auch ihren Niederschlag sowohl in den Richtlinien (Nr. 1, 2 und 6.2) als auch im Bewilligungsbescheid gefunden (vgl. Nr. 4 des Bescheides sowie Nr.1.1, 3, 4 und 5 der Nebenbestimmungen; vgl. auch VG Bayreuth, U.v. 17.3.2025 – B 7 K 24.809 – juris Rn. 45 und 47).
87
Einer Pressemitteilung des Bundesfinanzministeriums vom 29. März 2020 war zudem zu entnehmen, dass eine Überkompensation zurückzuzahlen sei (vgl. dazu auch beck-aktuell vom 30.3.2020). Die Kurzfakten zum Corona-Soforthilfe-Programm des Bundes vom 30. März 2020 erläuterten ebenfalls: Sofern die Soforthilfe wie beantragt bewilligt wird und später festgestellt wird, dass der Sachund Finanzaufwand des Unternehmens oder die tatsächliche Umsatzeinbuße doch geringer war, ist das Unternehmen zu einer Rückzahlung des überzahlten Betrages verpflichtet.
88
Darüber hinaus ergibt sich insbesondere auch aus den FAQ vom 9. April 2020 (ebenso in der späteren Fassung vom 18.4.2020) insoweit Folgendes:
89
Wird geprüft, ob dem Antragsteller die Hilfe auch wirklich zugestanden hat und wenn nein, muss die Hilfe dann ggf. zurückgezahlt werden?
90
… Auch im Falle einer Überkompensation (z. B. durch Versicherungsleistungen oder andere Fördermaßnahmen) muss die übermäßig erhaltene Soforthilfe zurückgezahlt werden (ebenso schon FAQ vom 29.3.2020).
91
Muss ich das Geld zurückzahlen?
92
Nein, bei der „Soforthilfe Corona“ handelt sich um eine Billigkeitsleistung, die nicht zurückbezahlt werden muss, soweit die relevanten Angaben im Antrag richtig und vollständig waren und wahrheitsgemäß gemacht wurden. Wer allerdings zu viel Soforthilfe bekommen hat, muss sie später wieder zurückzahlen. Das kann etwa dann der Fall sein, wenn die tatsächlich erzielten Einnahmen höher ausfallen als zum Zeitpunkt der Antragsstellung vermutet, denn dann war der Liquiditätsengpass tatsächlich geringer als erwartet. Eine Rückzahlungspflicht kann sich auch ergeben, wenn durch die gleichzeitige Inanspruchnahme von Zuschüssen aus verschiedenen Hilfsprogrammen eine Überkompensation eingetreten ist.
93
Damit war schon zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses hinreichend kommuniziert und mit aller Deutlichkeit klargestellt, dass letztlich nicht auf die Vermutung („voraussichtlich“) zum Zeitpunkt der Antragstellung abzustellen ist, sondern „ex post“ auf den tatsächlich eingetretenen Liquiditätsengpass. Weiter wird eindeutig angegeben, dass die Soforthilfe zurückzuzahlen ist, wenn sich im Nachhinein eine Überkompensation herausstellt (vgl. BayVGH, B.v. 15.5.2025 – 21 ZB.473 – BA Rn. 12).
94
In der schon erwähnten Zusammenfassung der Bundesrechtsanwaltskammer vom 31. März 2020 heißt es unter Nr. 3.1, S. 17 dazu (mit Bezug auf den Bayerischen Wirtschaftsminister Aiwanger = https://www.stmwi.bayern.de/presse/pressemeldungen/69-2020/), Ziel sei es die Liquidität zu sichern. Sollte sich „im Nachhinein“ herausstellen, dass jemand nicht berechtigt sei, müsste die Soforthilfe zurückbezahlt werden.
95
Soweit die Klägerbevollmächtigte meint, dass nicht erkennbar gewesen wäre, dass die Soforthilfe allein zum Zweck gewährt worden sei, einen Liquiditätsengpass zu verhindern, ist auf Nr. 4 zum Bewilligungsbescheid zu verweisen, in dem explizit bestimmt ist, dass die Mittel ausschließlich zur Bewältigung von existenzgefährdenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten im Zusammenhang mit einem infolge der Corona-Pandemie entstanden Liquiditätsengpass dienten.
96
Im Übrigen liegt es aus der Sicht eines objektiven Betrachters auf der Hand, dass der Bewilligungsbescheid nicht so verstanden werden konnte, dass die Soforthilfe behalten werden dürfte, auch wenn die Fördervoraussetzungen nicht vorliegen und sich dies im Nachhinein herausstellt.
97
Entsprechend den Förderbedingungen und dem im Bewilligungsbescheid ausgewiesenen Zuwendungszweck sind danach zur Ermittlung eines Liquiditätsengpasses dem förderfähigen Sach- und Finanzaufwand (ohne Personalkosten) die Einnahmen der Klägerin aus dem Geschäftsbetrieb gegenüberzustellen. Denn der Liquiditätsengpass muss im Förderzeitraum tatsächlich entstanden sein. Auf dem bei der Antragstellung erwarteten und prognostizierten Liquiditätsengpass kommt es bei der Betrachtung, ob die Fördermittel dem Förderzweck entsprechend eingesetzt wurden, nicht an. Dies ergibt sich schon aus der Definition des Liquiditätsengpasses, die auf die Deckung der förderfähigen Verbindlichkeiten durch die laufenden Einnahmen aus dem Geschäftsbetrieb abstellt, sowie aus den Hinweisen, dass im Falle einer Überkompensation die erhaltenen Zuschüsse vom Leistungsempfänger anteilig zurückzuzahlen sind. Danach dürfen die Fördermittel nur behalten werden, wenn sie für die Überwindung des tatsächlich eingetretenen Liquiditätsengpasses benötigt wurden (VG Bremen, U.v. 20.11.2024 – 7 K 681/22 – juris Rn. 29 m.w.N.; U.v. 26.8.2024 – 7 K 678/22 – juris Rn. 25; a.A. VG Stuttgart, U.v. 18.9.2024 – 15 K 7121/23 – juris Rn. 212 bei einem anderen Zweckverständnis auf Basis der abweichenden Rechtslage in Baden-Württemberg).
98
Der Beklagte geht danach zu Recht davon aus, dass das tatsächliche Vorhandensein eines Liquiditätsengpasses sachliche Grundlage für die Gewährung der streitgegenständlichen Soforthilfe sowohl dem Grunde also auch der Höhe nach war und auch im Nachgang im Hinblick auf eine mögliche Zweckverfehlung der Zuwendung überprüft werden konnte (VG Bayreuth, U.v. 15.2.2024 – B 7 K 23.378 – juris Rn. 32 ff.).
99
Eine Begrenzung der Förderung auf das Ziel, in Form eines Zuschusses die wirtschaftliche Existenz der Antragsteller zu sichern und akute – nur tatsächlich eingetretene – Liquiditätsengpässe zu überbrücken, war auch europarechtlich zwingend geboten. Nach einer Mitteilung der Europäischen Kommission vom 19. März 2020 C (2020) 1863 waren zusätzliche Beihilfemaßnahmen zu den vorgenannten Zwecken zu einem bestimmten Zeitraum nur bei enger Auslegung mit dem Binnenmarkt zu vereinbaren (vgl. OVG NRW, U.v. 1.10.2024 – 4 A 357/21 – juris Rn. 47 ff.).
100
Auch die Notwendigkeit zur Durchführung eines Verwendungsnachweisverfahrens ergibt sich aus der ebenfalls unionsrechtlich zwingenden Zweckbindung der Förderung. Die dazu bestimmten Modalitäten des Beklagten dienten auch der Einhaltung des unionsrechtskonformen Zwecks der Bewilligung (vgl. OVG NRW, U.v. 1.10.2024 – 4 A 357/21 – juris Rn. 95).
101
Soweit die Klägerbevollmächtigte demgegenüber vorbringt, es sei nur eine punktuelle, stichprobenartige Nachprüfung angekündigt gewesen, ist auf den allgemeinen schon erwähnten Widerrufsvorbehalt im Falle der Überkompensation in Nr. 3 der Maßgaben zum Bewilligungsbescheid zu verweisen. In Nr. 4 der Maßgaben ist der Vorbehalt einer Prüfung der Verwendung der Soforthilfe im Einzelfall erklärt. Außerdem ist in den FAQ vom 9. April 2020 im Zusammenhang mit der Prüfung, ob dem Antragsteller die Hilfe auch wirklich zugestanden hat, ausdrücklich angemerkt, dass es bei falschen Angaben gegebenenfalls auch zu weiteren rechtlichen Konsequenzen kommen kann. Die FAQ vom 29. März 2020 enthalten den ausdrücklichen Hinweis: „Eine möglicherweise spätere Überprüfung ist nicht ausgeschlossen.“ Ausgehend von diesen Vorgaben wird hinreichend deutlich, dass insbesondere auch wegen der – zunächst – fehlenden Rückmeldung der Klägerin, Anhaltspunkte und damit auch begründeter Anlass für eine weitere Nachprüfung gerade bei ihr bestanden und in ihrem Fall eine entsprechende nachträgliche Kontrolle stattfinden konnte. Ein entgegenstehendes schutzwürdiges Vertrauen konnte nicht begründet werden (BayVGH, B.v. 15.5.2025 – 21 ZB.473 – BA Rn. 14 ff.).
102
Soweit die Klägerseite im Bewilligungsbescheid die Begriffe „Umstände“ (dort Nr. 1 zur Anzeigepflicht) bzw. „Ereignisse“ (dort Nr. 3 zu Vorbehalt) moniert, ist nicht ersichtlich, inwiefern vermeintliche Unklarheiten zur Rechtswidrigkeit des Widerrufs führen sollten, zumal die Bedeutungen sich teilweise überschneiden und der streitgegenständliche Widerruf sich primär auf die Zweckverfehlung gemäß Art. 49 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1 BayVwVfG und nur ergänzend auf einen Widerrufsvorbehalt gemäß Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BayVwVfG stützt. Im Übrigen ist der Bewilligungsbescheid inhaltlich hinreichend bestimmt gemäß Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG (vgl. zur entsprechenden Auslegung schon VG Würzburg, U.v. 13.1.2025 – W 8 K 24.641 – juris Rn. 42 ff.; BayVGH, B.v. 15.5.2025 – 21 ZB.473 – BA Rn. 9).
103
Bei der Frage der Zweckbestimmung im Rahmen der Förderung nach den bayerischen Richtlinien Corona-Soforthilfe ist des Weiteren kein bundesweiter Vergleich mit andern Bundesländern zu ziehen (vgl. etwa VG Würzburg, U.v. 5.2.2024 – W 8 K 24.476 – juris Rn 151 ff. mit Bezug auf BayVGH-Rechtsprechung; vgl. auch VG Ansbach, U.v. 29.1.2024 – AN 15 K 23.1634 – juris Rn. 104 f.). Der Verweis auf andere Bundesländer ist irrelevant, da kein bundesweiter Vergleich anzustellen ist, da die Selbstbindung des Zuwendungsgebers nur im eigenen Zuständigkeitsbereich auf Basis der bayerischen Richtlinien Soforthilfe Corona gilt (siehe schon Widerrufsbescheid plus Klageerwiderung sowie VG Würzburg, U.v. 13.1.2025 – W 8 K 24.641 – juris Rn. 109 ff.). Eine abweichende Handhabung in anderen Bundesländern führt nicht zur Ungleichbehandlung der bayerischen Sozialhilfeempfänger, weil die Willkürprüfung auf den Kompetenzbereich der jeweils zuständigen Behörde begrenzt ist (BayVGH, B.v. 27.3.2025 – 21 ZB 24.514 – juris Rn. 18; B.v. 15.5.2025 – 21 ZB.473 – BA Rn. 13, 23, 26).
104
Soweit das Verwaltungsgericht Stuttgart (VG Stuttgart, U.v. 18.9.2024 – 15 K 7121/23 – juris, ähnlich etwa auch schon VG Freiburg, U.v. 10.7.2024 – 14 K 13517/24 – juris; VG Karlsruhe, U.v. 11.10.2024 – 14 K 2955/23 – juris) den Förderzweck auf der Basis des dortigen Bewilligungsbescheides anders versteht, und zwar, dass dieser über einen Liquiditätsengpass hinaus auch eine existenzbedrohliche Wirtschaftslage oder Umsatzeinbrüche in erheblicher Höhe umfasst, ist die dortige Fallkonstellation ohnehin nicht mit der bayerischen vergleichbar, weil sowohl der Antrag als auch der Bewilligungsbescheid sowie die einschlägigen Richtlinien andere Begrifflichkeiten enthalten. Insbesondere werden dort – anders als in Bayern – die existenzbedrohliche Wirtschaftslage, Liquiditätsengpässe oder Umsatzeinbrüche alternativ genannt. Hingegen ist im vorliegenden Bewilligungsbescheid – wie ausgeführt – ausdrücklich angemerkt, dass die Mittel ausschließlich zur Bewältigung von Liquiditätsengpässen dienen.
105
Im Übrigen lag den Entscheidungen in Nordrhein-Westfalen und in Baden-Württemberg teilweise bzw. zeitweise eine andere Rechtslage zu Grunde, weil die betreffenden Förderrichtlinien eine von den bayerischen Richtlinien abweichende Fassung enthielten. Das Verwaltungsgericht Karlsruhe hat in einer weiteren Entscheidung dazu ausdrücklich klargestellt, dass die Rechtslage auch in Baden-Württemberg in einem späteren Zeitraum infolge einer Fortschreibung der dortigen Richtlinien und sonstigen Vorgaben eine andere war, und entschieden, dass ein Widerruf rechtmäßig erfolgen kann, wenn sich die Zweckbindung des maßgeblichen Bewilligungsbescheides allein auf die Überwindung von Liquiditätsengpässen zur Sicherung der wirtschaftlichen Existenz bezieht und wenn sich dann nachträglich herausstellt, dass die Voraussetzungen eines Liquiditätsengpasses entgegen der ursprünglichen Prognose tatsächlich nicht vorgelegen haben (VG Karlsruhe, U.v. 11.10.2024 – 14 K 5099/23 – juris LS 52 ff., Rn. 60 ff.), wobei es sich ausdrücklich auf die wesentlich geänderte Formulierung der Fördervorgaben bezieht.
106
Der Widerruf erfolgte gemäß Art. 49 Abs. 2a Satz 2 i.V.m. Art. 48 Abs. 4 Satz 1 BayVwVfG innerhalb eines Jahres, weil die Jahresfrist eine Entscheidungsfrist ist. Die Widerrufsfrist von einem Jahr gemäß Art. 49 Abs. 2a Satz 2 i.V.m. Art. 48 Abs. 4 Satz 1 BayVwVfG beginnt erst mit vollständiger positiver Kenntnis der Behörde von den Tatsachen, die den Widerruf rechtfertigen (VG Halle, U.v. 6.12.2024 – 4 A 113/23 HAL – juris Rn. 35; VG Ansbach, U.v. 29.1.2024 – AN 15 K 23.1634 – juris Rn. 112; VG Regensburg, U.v. 22.1.2024 – RN 16 K 21.2296 – UA S. 20 ff. unveröffentlicht). Der Beklagte hat in der Klageerwiderung ausdrücklich und zutreffend darauf verwiesen, dass die Jahresfrist erst zu laufen begonnen hat zu dem Zeitpunkt, zu dem die Bewilligungsbehörde von Tatsachen Kenntnis erhalten hat, aus denen sich ergibt, dass beim jeweiligen Soforthilfeempfänger kein Liquiditätsengpass vorgelegen habe. Das ist erst mit dem Schriftsatz der Klägerbevollmächtigten vom 28. Februar 2024 der Fall gewesen.
107
Als Zwischenergebnis ist demnach festzuhalten, dass die Tatbestandsvoraussetzungen für einen Widerruf gemäß Art. 49 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1 BayVwVfG erfüllt sind, weil die Klägerin ausgehend von den vorstehend dargelegten Grundsätzen mangels Vorliegens eines Liquiditätsengpasses den Förderzweck verfehlt hat, da die Personalkosten nicht zu berücksichtigen waren und ohne Berücksichtigung der Personalkosten (Lohnkosten) kein negativer Saldo vorlag, sondern ein Plus, sodass sie die erhaltene Förderung nicht für den im Bewilligungsbescheid bestimmten Zweck verwendet hat.
108
Auf der Rechtsfolgenseite eröffnet Art. 49 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1 VwVfG einen Ermessensspielraum („kann“). Die Ermessenausübung ist indes nicht zu beanstanden. Ermessensfehler sind nicht ersichtlich.
109
Der Beklagte hat sein Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt und konnte seine Ermessenserwägungen zudem auch gemäß § 114 Satz 2 VwGO im verwaltungsgerichtlichen Verfahren noch ergänzen. Überwiegende entgegenstehende Gründe, insbesondere Vertrauensschutz, liegen nicht vor, zumal Stundung und Ratenzahlung bewilligt wurden.
110
Der Beklagte hat insofern auf die haushalterischen Grundsätze der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit hingewiesen, die auch bei Berücksichtigung der wirtschaftlichen und grundrechtlichen Interessen der Klägerin bei einem Nichtvorliegen der Fördervoraussetzungen in der Regel einen Widerruf der Bewilligungsentscheidung gebieten, sogenanntes intendiertes Ermessen (VG Halle, U.v. 6.12.2024 – 4 A 113/23 HAL – juris Rn. 36; OVG Bremen, B.v. 28.11.2024 – 1 LA 199/23 – juris Rn. 24; vgl. auch schon VG Würzburg, U.v. 19.4.2021 – W 8 K 20.1732 – juris Rn. 46).
111
Ein Ausnahmefall, der eine Abweichung vom intendierten Ermessen begründen könnte, liegt nicht vor. Denn eine Ausnahme vom Regelfall ist mangels außergewöhnlicher Umstände im Einzelfall und damit mangels einer atypischen Situation nicht zu erkennen, weil der streitgegenständliche Widerruf wegen Zweckverfehlung gängige Verwaltungspraxis in einer typischen Fallkonstellation ist (vgl. schon VG Würzburg, U.v. 18.10.2021 – W 8 K 21.716 – juris Rn. 57). Außergewöhnliche Umstände wurden weder vorgetragen, noch sind sie sonst ersichtlich. Liegt aber kein vom Regelfall abweichender Sachverhalt vor, versteht sich das Ergebnis von selbst, ohne dass es weiterer Ermessenserwägungen bedarf (VG Halle, U.v. 6.12.2024 – 4 A 113/23 HAL – juris Rn. 36; VG Karlsruhe, U.v. 11.10.2024 – 14 K 5099/23 – juris Rn. 72 m.w.N.).
112
Auch Vertrauensschutzgesichtspunkte gebieten keine andere Rechtsfolge.
113
Denn die Klägerin konnte nicht darauf vertrauen, auch bei einer Zweckverfehlung die Zuwendung behalten zu dürfen. Vielmehr musste sie von Anfang an damit rechnen, dass ihr die Soforthilfe nur dann endgültig gewährt würde, soweit ihr infolge der Corona Pandemie tatsächlich ein Liquiditätsengpass in den drei auf die Zuwendung folgenden Monaten entstanden ist (VG Berlin, U.v. 11.7.2024 – 26 K 289/23 – juris Rn. 36).
114
Zum Nichtvorliegen von schutzwürdigen Vertrauen kann auf die treffenden Ausführungen des Beklagten in seinen Schriftsätzen (teilweise schon im Verwaltungsverfahren) verwiesen werden. Unter anderem ist ausgeführt, dass sich schon aus dem Bewilligungsbescheid (Nr. 3 und 5) ergibt, dass im Falle eine Überkompensation des Liquiditätsengpasses die Soforthilfe zurückzuzahlen sei (vgl. BayVGH, B.v. 27.3.2025 – 21 ZB 24.514 – juris Rn. 32; B.v. 15.5.2025 – 21 ZB.473 – BA Rn. 12).
115
Für einen objektiven Empfänger liegt auf der Hand, dass eine Förderung der vorliegenden Art nicht dazu führen soll, dass die Fördermittel unabhängig von der tatsächlichen Mittelverwendung beim Empfänger verbleiben sollen, weil Sinn und Zweck der Soforthilfe Corona gerade war, Liquiditätsengpässe aufgrund der Corona-Pandemie abzumildern (OVG Bremen, B.v. 28.11.2024 – 1 LA 199/23 – juris Rn. 17 ff.).
116
Einem objektiven Empfänger des Bewilligungsbescheides drängte sich bei dessen Gesamtwürdigung unabhängig von seiner Bestandskraft auf, dass die Soforthilfe Corona ausschließlich und vollumfänglich nur zur Kompensation der unmittelbar durch die Corona-Pandemie ausgelösten wirtschaftlichen Engpässe genutzt werden durfte, entsprechende Mittelverwendung nachzuweisen und bei Einzelfallprüfungen zu belegen sowie die im gesamten Bewilligungszeitraum von drei Monaten nicht zweckentsprechend benötigte Mittel anschließend zu ermitteln und zurückzuzahlen waren. Jeder Soforthilfeempfänger konnte auf der Grundlage der Bewilligungsbescheide nur darauf vertrauen, dass er auch im Nachhinein – nur – dann keine Mittel zurückzuzahlen hatte, die er während des Bewilligungszeitraums berechtigterweise zur Überbrückung von Liquiditätsengpässen im Sinne der Förderbedingungen in Bayern verwendet hatte (vgl. OVG NRW, B.v. 11.7.2024 – 4 A 1764/23 – juris Rn. 23).
117
Abgesehen davon, dass im Bewilligungsbescheid die Möglichkeit einer späteren Nachprüfung vorbehalten war und dies auch der Klägerin von Anfang an bekannt war, hätte ihr sich der Eindruck aufdrängen müssen, dass der Bewilligung infolge der Schnelligkeit der Leistungsgewährung und der Vielzahl der vom Beklagten zu bearbeitenden Anträge der Leistungsbewilligung keine vertiefte Antragsprüfung vorausgegangen sein konnte. Als Folge dessen hat sie weder bei der Antragstellung noch beim Erhalt der Leistung berechtigterweise auf den Bestand der Bewilligung und auf das Behaltendürfen der Soforthilfe vertrauen dürfen (HessVGH, B.v. 1.3.2023 – 10 A 2362/21.Z – juris Rn. 16).
118
Vertrauen kann bei der Klägerin in schutzwürdiger Weise nicht durch Verlautbarungen von Vertretern der bayerischen Staatsregierung oder der Bundesregierung bzw. des BayStMWI oder des BMWK entstehen, da Corona-Hilfen offenkundig als Überbrückung einer möglichen Existenzgefährdung die Existenzsicherung bezwecken (VG Bayreuth, U.v. 15.2.2024 – B 7 K 23.378 – juris Rn. 38) und nicht gewährt werden sollen, wenn es dieser nicht bedarf (so auch in der Sache plausibel der Beklagte in der Klageerwiderung). Abgesehen davon sind entsprechende politische Verlautbarungen nicht isoliert zu sehen und zu bewerten, sondern gerade auch im Zusammenhang mit der einschlägigen Förderrichtlinie, den Vollzugshinweisen und den FAQ, an denen sich die Verwaltungspraxis ausgerichtet hat. Unabhängig davon dürften in Pressemitteilungen enthaltene Aussagen politischer Entscheidungsträger per se kaum tauglich sein, schutzwürdigen guten Glauben in das dauerhafte Behaltendürfen einer Zuwendung zu begründen. Ersichtlich pointierte Pressemitteilungen beinhalten keine Aussage zu den Details eines Förderprogramms. Weiter scheint kaum vorstellbar, dass politische Aussagen bei Empfängern einer Coronabeihilfe die Annahme entstehen lassen konnten, die Förderung solle voraussetzungslos – und selbst bei Nichterfüllung der Voraussetzungen dauerhaft – gewährt werden (BayVGH, B.v. 15.5.2025 – 21 ZB.473 – BA Rn. 18 f.; vgl. auch VG Ansbach, U.v. 29.1.2024 – AN 15 K 23.1634 – juris Rn. 121 ff.).
119
Im Übrigen sind – wie sonst – subjektive Meinungsäußerungen einzelner Politiker außerhalb des Gesetzgebungsverfahren im Rahmen der Auslegung von Gesetzen nachrangig, wenn nicht unerheblich. Ebenso sind unverbindliche Aussagen Einzelner zur Förderpraxis schon aus Gleichbehandlungsgründen irrelevant, sofern der Richtlinien- und Zuwendungsgeber als solcher nicht allgemein eine betreffende (geänderte) Förderpraxis billigt oder duldet (vgl. nur VG Würzburg, U.v. 5.2.2024 – W 8 K 23.476 – juris Rn. 148 mwN).
120
Die Äußerungen der Politiker konnten und durften keinesfalls so verstanden werden, dass die unbürokratisch als verlorener Zuschuss ausgezahlte Soforthilfe auch dann nicht zurückgezahlt werden musste, wenn deren Voraussetzungen gar nicht vorlagen, etwa wenn bzw. soweit überhaupt kein tatsächlicher Liquiditätsengpass vorhanden war. Schutzwürdiges Vertrauen konnte daraus unter keinem Blickwinkel entstehen (VG Bayreuth, U.v. 15.2.2024 – B 7 K 23.378 – juris Rn. 38; VG Ansbach, U.v. 29.1.2024 – AN 15 K 23.1634 – juris Rn. 121 ff.). Jedes andere Verständnis hätte Missbrauch Tür und Tor geöffnet und konnte damit offenkundig für jeden objektiven Empfänger nicht so gemeint sein. Der Hinweis darauf, dass die Soforthilfe nicht zurückzuzahlen sei, diente offenkundig für jeden erkennbar dazu, diese Zuwendung etwa von einer Bürgschaft oder einem Darlehen abzugrenzen.
121
Eine Berufung auf einen weitergehenden Vertrauensschutz ist nicht möglich, da Art. 49 Abs. 2a Nr. 1 BayVwVfG keinen dem Art. 48 Abs. 2 BayVwVfG entsprechenden Vertrauenstatbestand normiert (BayVGH, B.v. 18.1.2024 – 22 ZB 23.117 – juris Rn. 16).
122
Demnach sind die Voraussetzungen des Art. 49 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1 BayVwVfG für einen Widerruf erfüllt.
123
Des Weiteren liegt auch keine Verwirkung vor (vgl. dazu auch ausführlich VG Ansbach, U.v. 29.1.2024 – AN 15 K 23.1634 – juris Rn. 115 ff.; VG Regensburg, U.v. 22.1.2024 – RN 16 K 21.2296 – UA S. 22 ff. unveröffentlicht; siehe auch OVG MV, B.v. 11.6.2010 – 2 L 165/06 – juris Rn. 31). Auch insoweit kann auf die plausiblen Ausführungen des Beklagten im Klageerwiderungsschriftsatz vom 23. Oktober 2024 Bezug genommen werden (siehe im Tatbestand unter II.2.). Der Beklagte hat dabei zutreffend darauf hingewiesen, dass es sowohl am Zeit- als auch am Umstandsmoment fehle. Schon den veröffentlichen Verlautbarungen, auch gerade des Bayerischen Wirtschaftsministeriums, sei zu entnehmen gewesen, dass ein Rückmeldeverfahren und eine Rückzahlungsverpflichtung bestehe. Dieser Verpflichtung sei die Klägerin in den Folgejahren nach Erlass des Bewilligungsbescheides nicht nachgekommen, nicht einmal nach schriftlicher Erinnerung vom 28. November 2022, sondern erst mit Schreiben 28. Februar 2024. Schon nach den Maßgaben des Soforthilfebescheides hätte der Klägerin klar sein müssen, dass unabhängig von einer ausdrücklichen Abfrage seitens des Beklagten die Pflicht zur Mitteilung bestanden habe, dass entgegen der Prognose kein oder nur ein geringer Liquiditätsengpass vorgelegen habe. Erfolgt schon keine Rückmeldung, so dass der Beklage gar keine Kenntnis von einem nicht vorliegenden Liquiditätsengpass und damit von seinen Rückforderungsansprüchen hat, kann sich daraus kein schutzwürdiges Vertrauen der Klägerin aufbauen, die sogar zu einer Verwirkung führt (vgl. auch BayVGH, B.v. 15.5.2025 – 21 ZB.473 – BA Rn. 29 f.).
124
Beim Widerruf ist, wie schon ausgeführt, sogar die Jahresfrist für den Widerruf eingehalten, so dass nicht ersichtlich ist, dass die Klägerin gleichwohl schutzwürdig darauf vertrauen durfte, der Beklagte würde auf sein Rückforderungsrecht verzichten.
125
Des Weiteren sind entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin auch nicht ihre Grundrechte in verfassungswidriger Weise beeinträchtigt worden.
126
Ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz gemäß Art. 3 Abs. 1 GG liegt nicht vor, weil der Beklagte gleiche Sachverhalte im Rahmen seiner Widerrufpraxis gerade gleichbehandelt hat (OVG Bremen, B.v. 28.11.2024 – 1 LA 199/23 – juris Rn. 22). So ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass der Beklagte in vergleichbaren Fällen einen Liquiditätsengpass unter Einbeziehung der Personalkosten als gegeben angesehen und eine Corona-Soforthilfe gewährt und sehenden Auges beim Soforthilfeempfänger belassen hätte (vgl. schon VG Würzburg, U.v.3.8.2020 – W 8 K 20.743 – juris Rn. 45). Vielmehr würde eine gegenläufige Entscheidung unter Verstoß gegen die Verwaltungspraxis die Klägerin in gleichheitswidriger Weise bevorzugen und andere Antragsteller benachteiligen.
127
Auch eine Ungleichbehandlung mit Arbeitnehmern, die während der Corona-Pandemie Kurzarbeitergeld bezogen haben, liegt nicht vor. Die Corona-Soforthilfen stellen eine Billigkeitsleistung dar und erfüllen im Vergleich zum Kurzarbeitergeld, welches auf der Grundlage von §§ 95 ff. SGB III gewährt wird, einen anderen Zweck. Sie dienen der Überwindung eines Liquiditätsengpasses im Bewilligungszeitraum, ohne jedoch Mittel für die private Lebenshaltung abzudecken (vgl. FAQ vom 9.4.2020, Nr. IV), während Hauptzweck des Kurzarbeitergelds die Ermöglichung der Weiterbeschäftigung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und die Vermeidung von Entlassungen ist (siehe https://www.bmas.de/DE/Arbeit/Arbeitsfoerderung/Beschäftigungssicherung/kug.html). Eine Vergleichbarkeit dieser beiden Leistungen ist damit nicht gegeben.
128
Der Widerruf und der damit verbundene Ausschluss der Klägerin von der Corona-Soforthilfe ist nicht willkürlich, weil sachfremde Erwägungen nicht vorliegen. Der Zweck der Corona-Soforthilfe ist nach Nr. 1 Satz 3 der Richtlinien Soforthilfe Corona die Gewährung einer Soforthilfe, insbesondere um die wirtschaftliche Existenz der Unternehmen und Freiberufler zu sichern, Liquiditätsengpässe nachrangig zu kompensieren und Arbeitsplätze zu erhalten. Dies zeigt, dass die Soforthilfe auf eine – wie ausgeführt näher bestimmte bzw. bestimmbare – Liquiditätslücke im Unternehmen abzielt, nicht aber auf ausfallenden Gewinn oder sonstige Umsatzeinbußen (vgl. schon VG Würzburg, U.v. 29.5.2020 – W 8 K 20.670 – juris Rn. 29).
129
Es liegt im Gestaltungsspielraum des Zuwendungsgebers, welche Unternehmen er wie unterstützen möchte. Der Zuwendungsgeber darf auch den Zuwendungszweck konkret bestimmen und festlegen, unter welchen Kriterien eine Zuwendung gezahlt wird. Dabei kommt es auf sein Verständnis an und nicht darauf, ob aus der Sicht des Zuwendungsempfängers ein anderes Verständnis und eine weitergehende Förderung zweckmäßig oder sinnvoll wäre (VG Ansbach, U.v. 29.1.2024 – AN 15 K 23.1634 – juris Rn. 85).
130
Die Ausblendung von Personalkosten mit dem Hinweis auf die Möglichkeiten des Kurzarbeitergelds ist nicht willkürlich, sondern sachgerecht (HessVGH, B.v. 1.3.2023 – 10 A 2362/21.Z – juris Rn. 10; VG Ansbach, U.v. 29.1.2024 – AN 15 K 23.1634 – juris Rn. 103; ebenso schon VG Würzburg, U.v. 19.4.2021 – W 8 K 20.1732 – juris Rn. 41).
131
Weiter liegt trotz fehlender Differenzierung zwischen einzelnen Branchen, insbesondere zwischen stationären Baumärkten und Internethändlern, keine Willkür vor, da bei Massenverfahren Pauschalierung und Typisierung im Interesse der zügigen unbürokratischen Mittelvergabe sachgerecht sind. Praktikabilität, Vereinfachung und Pauschalierung sind nicht zuletzt auch zu Gunsten der Soforthilfeempfänger erfolgt (vgl. BayVGH, B.v. 27. März 2025 – 21 ZB 24.514 – juris Rn. 15, 27; vgl. auch VG Würzburg, U.v. 13.1.2025 – W 8 K 24.641 – juris Rn. 79). Im Übrigen betrieb/betreibt die Klägerin auch selbst Internethandel über ihren Online Shop.
132
Die Existenz von Branchen, die personalintensiver sind als andere, führt nicht dazu, dass der Beklagte diesbezüglich in seine Förderpraxis ein Differenzierungskriterium hätte einführen müssen. Es ist nachvollziehbar, dass bei einem Massenverfahren einzelne Regelungen für einzelne Antragsteller vorteilhafter bzw. nachteiliger sind als für andere. Ein auf den Einzelfall ausgerichtetes Hilfsprogramm wäre angesichts der Masse der Antragsteller nicht umsetzbar gewesen und entsprach damit auch nicht dem Willen des Beklagten. Insofern kann es nicht beanstandet werden, wenn für die Bestimmung der Höchstbeträge auf ein objektives Bemessungskriterium – die Beschäftigtenzahl – abgestellt wurde, um eine möglichst gerechte Verteilung der Hilfen zu erreichen. Eine Staffelung der Förderung nach der Personalintensität der Branche wäre zwar von Rechts wegen möglich, eine gerichtlich durchsetzbare Verpflichtung des Beklagten hierzu besteht allerdings nicht (so ausdrücklich BayVGH, B.v. 27. März 2025 – 21 ZB 24.514 – juris Rn. 37 f.; B.v. 15.5.2025 – 21 ZB.473 – BA Rn. 23 f.) Denn wegen der besonderen Zielsetzung der Corona-Soforthilfe kann, wie auch schon wiederholt angemerkt, auf strukturelle Einzelheiten, wie die Unterschiede in der Umsatzerzielung bei bestimmten Berufsgruppen, keine Rücksicht genommen werden (vgl. VG Frankfurt/Oder, U.v. 29.4.2025 – 1 K 1380/24 – juris Rn. 36).
133
Schließlich ist entgegen des Vorbringens der Klägerseite auch kein Verstoß gegen das Willkürverbot oder das Rechtsstaatsprinzip deshalb anzunehmen, weil eine nennenswerte Anzahl von Soforthilfeempfängern – im zweistelligen Prozentbereich aller Empfänger – von einer Rückforderung verschont bliebe, weil der Beklagte wegen der Jahresfrist des Art. 48 Abs. 4 BayVwVfG diese nicht mehr belangen könnte und es somit vom Zufall abhänge, welche Auswahl die Behörde treffe und die Klägerin damit zu einer Minderheit gehöre, der gegenüber ein Widerrufsbescheid erlassen würde (vgl. die Ausführungen im Schriftsatz der Klägerin vom 21.5.2025 mit Bezug auf eine Mitteilung des bayerischen Wirtschaftsministeriums an den bayerischen Landtag vom 14.5.2025).
134
Die Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung haben insoweit plausibel dargelegt, dass bei der Regierung von Unterfranken – also in ihrem Zuständigkeitsbereich – 24.000 Anträge zu bearbeiten gewesen seien; davon seien momentan noch 1.500 Verfahren offen. In diesen noch offenen Verfahren sei in 1.250 Fällen keine Rückmeldung erfolgt und in 250 Fällen gehe es um die Problematik eines Erlasses bzw. einer Ratenzahlung. Die Beklagtenvertreter machten weiter plausibel deutlich, dass in den noch offenen Fällen, in denen keine Rückmeldung erfolgt sei, die Jahresfrist bis Ende Oktober 2025 laufe. Sie hätten vor, alle Fälle bis dahin noch zu verbescheiden. In allen Verfahren sei es bei der Regierung von Unterfranken eine niedrige zweistellige Anzahl von Fällen, in denen die Jahresfrist nicht eingehalten worden sei.
135
Die Beklagtenvertreter verwiesen weiter auf einen Schriftwechsel in einem anderen Verfahren, an dem die Klägerbevollmächtigte mandatiert sei, und zwar auf das Verfahren W 8 K 25.235, dessen Gerichtsakte das Gericht im vorliegenden Verfahren beigezogen hat. Dort ist in einem Schriftsatz der Regierung von Unterfranken vom 25. April 2025, der auch an die Klägerbevollmächtigte weitergeleitet wurde, unter anderem ausgeführt, dass die Regierung von Unterfranken bisher knapp 5.000 Widerrufs- und Rückforderungsbescheide erlassen habe, denen nur eine geringe zweistellige Anzahl von Fällen gegenüberstehe, in denen wegen Ablauf der Jahresfrist aus Art. 49 Abs. 2a i.V.m. Art. 48 Abs. 4 BayVwfG von Widerruf und Rückforderung abgesehen worden sei.
136
In einem weiteren Schreiben der Regierung von Unterfranken vom 9. Mai 2025 im Verfahren W 8 K 25.235, das ebenfalls an die Klägerbevollmächtigte weitergeleitet worden ist, versteht die Beklagtenseite die Klägerbevollmächtigte so, dass etwa die Hälfte der Betroffenen ihre Hilfen behalten dürften, während die andere Hälfte zur Rückzahlung verpflichtet werde und damit Art. 3 Abs. 1 GG verletzt sei. Die systematische Verletzung neben den zahlreichen Verwaltungsgrundsätzen dürfe nicht zu Lasten einzelner Unternehmen gehen, die allein aufgrund eines zufälligen Vorgehens schlechter gestellt würden. Dem hält die Regierung von Unterfranken entgegen, dass die Klägerbevollmächtigte Behauptungen ins Blaue hinein aufstelle. Sie habe auch keine konkreten Belege für die bei ihr vorliegenden Fälle mit eingetretener Verfristung vorgelegt, um ihre Behauptung statistisch zu untermauern. Durch die genannten Zahlen der Regierung von Unterfranken würde die Behauptung für den hiesigen Zuständigkeitsbereich widerlegt. Im Übrigen seien die Verfahren nicht mit denen zu vergleichen, in denen die der Betroffenen weder an einem freiwilligen noch verpflichtenden Rückmeldeverfahren teilgenommen hätten. Dem Gericht sei aus einer Vielzahl von Klagen gegen erlassene Widerrufsbescheides in den letzten Monaten bekannt, dass die Fälle durch die Verwaltungssukzessive abgearbeitet würden.
137
Die vorstehenden Ausführungen der Beklagtenseite sind plausibel und nachvollziehbar. In der Tat ist gerichtsbekannt, dass gerade auch in den letzten Monaten zahlreiche Bescheide seitens der Regierung von Unterfranken erlassen wurden, die auch zu einem erheblichen Anteil beklagt worden sind. Umgekehrt hat das Gericht keine Anhaltspunkte, dass die Spekulationen der Klägerbevollmächtigten zuträfen. Schon zum jetzigen Zeitpunkt wurde ein Großteil der 24.000 Corona-Soforthilfe-Verfahren im Zuständigkeitsbereich der Regierung von Unterfranken erledigt. Die restlichen Verfahren werden von der Regierung von Unterfranken – wie glaubhaft und plausibel dargelegt – zurzeit in der noch bis Ende Oktober offenen Jahresfrist abgearbeitet. Das Gericht hat keinerlei Anhaltspunkte, dass die Klägerin willkürlich und zufällig ausgewählt wurde, während andere vom Ablauf der Jahresfrist profitieren würden. So wie sich die Sach- und Rechtslage dem Gericht darstellt, hat das Gericht keine triftigen Anhaltspunkte, dass – vor unschädlichen einzelnen Ausreisern abgesehen – zu Lasten der Klägerin in willkürlicher oder sonst rechtsstaatswidriger Weise seitens des Beklagten verfahren worden wäre.
138
Im Übrigen steht nicht fest, dass selbst in den von der Klägerbevollmächtigten angesprochenen eigenen Rückmeldeverfahren ohne Reaktion der Gegenseite sowie in sonstigen Verfahren – je nach Gestaltung – die Jahresfrist bereits unabdingbar abgelaufen wäre oder alsbald ablaufen würde, sofern etwa noch eine Anhörung gemäß Art. 28 BayVwVfG vor Erlass eines Widerrufsbescheides erforderlich wäre oder noch Fragen der Ratenzahlung oder des Erlasses offen wären.
139
Auch aus Art. 12 Abs. 1 GG ergibt sich auch bei Berücksichtigung staatlicher Schutzpflichten grundsätzlich kein konkreter Anspruch auf staatliche Leistungen, mithin auch kein Anspruch auf den Erhalt staatlicher Subventionen (OVG NRW, U.v. 6.3.2024 – 4 A 1581/23 – juris Rn. 81 ff. m.w.N. zur Rspr. des BVerfG).
140
Aus dem Umstand, dass Coronamaßnahmen, wie Betriebsschließungen, einen Eingriff in den grundrechtlich geschützten, eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb (Art. 14 Abs. 1 GG) dargestellt haben mögen, folgt ebenfalls kein Anspruch auf die streitgegenständliche Corona-Soforthilfe, weil – nicht streitgegenständliche – Schadensersatzansprüche oder Entschädigungsansprüche wegen eines rechtswidrigen Eingriffs in ein Grundrecht unabhängig von der Frage eines Anspruchs auf eine Corona-Soforthilfe als freiwilliger Billigkeitsregelung des Beklagten zu betrachten wären (VG Würzburg, U.v. 18.10.2021 – W 8 K 21.716 – juris Rn. 72; BayVGH, B.v. 15.5.2025 – 21 ZB.473 – BA Rn. 28).
141
Ausgehend von den vorstehenden Ausführungen ist auch nicht eine gänzlich andere Rechtsgrundlage zugrunde zu legen.
142
Soweit die Klägerbevollmächtigte die Rechtsgrundlage unter Verweis auf „Worms/Figuccio, Überbrückungshilfen & Co. als staatliche Billigkeitsleist…, NJW 2024, 1144“ anzweifelt, da die Annahme einer Billigkeitsleistung der konkreten Subventionssituation der Soforthilfe Corona nicht gerecht werde, weil zur Kompensation von Einbußen durch staatliche Pandemiemaßnahmen zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie sowohl grundrechtlich als auch rechtsstaatlich von einer Pflicht des Staates auszugehen sei, effektive Hilfsprogramme zu etablieren, und weil die Hilfen gezielt der Kompensation der Grundrechtseingriffe in Art. 12 und 14 GG dienten, kann auf die ständige Rechtsprechung des VG Würzburg und die betreffenden diesbezüglichen Ausführungen Bezug genommen werden (siehe VG Würzburg, U.v. 4.11.2024 – W 8 K 24.312 – juris Rn 30 ff. sowie U.v. 4.11.2024 – W 8 K 24.394 – juris Rn. 35 ff. – Letzteres betreffend dieselbe Klägerbevollmächtigte). Dort ist schon ausführlich dargelegt, dass die angewendeten rechtlichen Fördergrundlagen auch bei Corona-Beihilfen nicht zu beanstanden sind, auch weil keine rechtliche Verpflichtung zu weitergehender Förderung bestand. Abgesehen davon hätte die Klägerin auch bei einer anderen Rechtsgrundlage keinen Anspruch darauf, eine Förderung zu erhalten und behalten zu dürfen, obwohl sie die Voraussetzungen dafür nicht erfüllt.
143
Denn durch die Soforthilfe Corona sollten nicht jegliche im Zusammenhang mit der Pandemie erlittenen Verluste, Umsatzeinbußen und nicht realisierte Gewinnerwartungen ausgeglichen werden, sondern nur die nach dem Bewilligungsbescheid in Verbindung mit den Richtlinien Soforthilfe Corona usw. geförderten Positionen. Anderweitige Positionen, insbesondere auch die Personalkosten, sollten infolge der engen Zweckbindung nicht ausgeglichen werden. Bestand kein Liquiditätsengpass im Sinne der Förderbestimmungen, bestand auch kein Bedürfnis für die Inanspruchnahme entsprechender Mittel (OVG Bremen, B.v. 9.9.2024 – 1 LA 227/24 – juris Rn. 13 f.).
144
Nach alledem ist der Widerruf der Soforthilfe Corona insgesamt rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
145
Die Verpflichtung der Klägerin zur Rückzahlung findet ihre Rechtsgrundlage in Art. 49a Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG, wonach im Falle des Widerrufs eines Verwaltungsaktes mit Wirkung für die Vergangenheit bereits erbrachte Leistungen zu erstatten sind. Die Erstattung ist durch schriftlichen Verwaltungsakt festzusetzen (Art. 49a Abs. 1 Satz 2 BayVwVfG).
146
Eine Entreicherung der Klägerin ist nicht ersichtlich. Ein Wegfall der Bereicherung gemäß Art. 49a Abs. 2 Satz 1 BayVwVfG i.V.m. § 818 Abs. 3 BGB wurde von der Klägerin nicht geltend gemacht. Die Voraussetzungen liegen im Übrigen nicht vor (VG Ansbach, U.v. 29.1.2024 – AN 15 K 23.1634 – juris Rn. 125; ausführlich schon VG Würzburg, U.v. 19.4.2021 – W 8 K 20.1732 – juris Rn. 48 ff.). Denn der vollständige Verbrauch der Soforthilfe hat bei der insoweit gebotenen wirtschaftlichen Betrachtung keinen Wegfall der Bereicherung zur Folge, weil davon auszugehen ist, dass die Klägerin dann andere Ressourcen aus ihrem Vermögen hätte angreifen müssen, um den Betrieb weiterzuführen, und sich durch den Verbrauch der Fördersumme andere Aufwendungen erspart hat (vgl. BayVGH, B.v. 18.1.2024 – 22 ZB 23.117 Rn. 17; U.v. 10.11.2021 – 4 B 20.1961 – juris Rn. 33 m.w.N.).
147
Nach alledem war die Klage im vollen Umfang abzuweisen.
148
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
149
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 und Abs. 2 VwGO i.V.m. § 709 Satz 1 und Satz 2 ZPO.