Inhalt

VGH München, Beschluss v. 23.06.2025 – 11 CS 25.711
Titel:

Aberkennung der Inlandsgültigkeit einer polnischen Fahrerlaubnis wegen Nichtbeibringung eines ärztlichen Gutachtens (gemischt schizoaffektive Störung) – einstweiliger Rechtsschutz – Beschwerde

Normenketten:
VwGO § 80 Abs. 5, § 146 Abs. 4
StVG § 2 Abs. 8 S. 1, § 3 Abs. 1
FeV § 11 Abs. 2 S. 1, S. 2, S. 3 Nr. 1, Abs. 6 S. 2, Abs. 8, § 46 Abs. 1, Abs. 3, Abs. 5, Anl. 4 Nr. 7.5, Nr. 7.6
Leitsätze:
1. Eine schizoaffektive Störung stellt eine nicht nur vorübergehende fahreignungsrelevanten psychischen Erkrankung iSv Anl. 4 Nr. 7 FeV dar. Für die ermessensfehlerfreie Anordnung der Fahrerlaubnisbehörde, ein fachärztliches Gutachten beizubringen, ist es nicht erforderlich, dass eine solche Erkrankung oder ein solcher Mangel bereits feststeht, es genügt vielmehr schon der Hinweis darauf im Sinne eines "Anfangsverdachts" (vgl. VGH München BeckRS 2019, 27427 Rn. 21 mwN). (Rn. 21 – 23) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Fahrerlaubnisbehörde muss der Beibringungsanordnung keine Liste beifügen, in der zur Begutachtung bestimmte Fachärzte namentlich benannt werden. Die Verpflichtung zur Angabe der für die Untersuchung in Betracht kommenden Stelle(n) gestattet ihr nur eine abstrakte Eingrenzung auf die in § 11 Abs. 2 S. 3 Nr. 1–5 FeV aufgezählten Arztgruppen bzw. Begutachtungsstellen, nicht aber die Fixierung auf einen bestimmten Arzt oder eine konkrete medizinische Einrichtung. (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)
3. Ist der Betroffene etwa aufgrund mangelnder Sprachkenntnisse nicht imstande, einen für die Begutachtung geeigneten Facharzt zu finden, ist es ihm zuzumuten, der Behörde rechtzeitig zur Kenntnis zu bringen, dass er nicht imstande ist, einen Facharzt mit verkehrsmedizinischer Qualifikation zu finden, sodass die Suche mit behördlicher Hilfe und die angeordnete Begutachtung noch innerhalb der gesetzten Frist erfolgen können. (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)
4. Eine nach Erlass der Beibringungsanordnung und dem Erlass der Aberkennung der Inlandsgültigkeit einer ausländischen Fahrerlaubnis und damit nach dem jeweiligen Beurteilungszeitpunkt für deren Rechtmäßigkeit erklärte Bereitschaft, das ärztliche Gutachten noch beizubringen, kann erst im Wiedererteilungsverfahren zum Tragen kommen. (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Aberkennung des Rechts von einer ausländischen Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen, wegen Nichtbeibringung eines ärztlichen Gutachtens, gemischt schizoaffektive Störung, ausreichende Tatsachen für die Anordnung eines psychiatrischen Gutachtens, Begutachtungsanordnung, Anfangsverdacht, fahreignungsrelevante psychische Erkrankung, Liste geeigneter Fachärzte, Facharztsuche, Erklärung der Untersuchungsbereitschaft, Wiedererteilungsverfahren
Vorinstanz:
VG Ansbach, Beschluss vom 27.03.2025 – AN 10 S 25.69
Fundstelle:
BeckRS 2025, 15674

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 2.500,-EUR festgesetzt.

Gründe

I.
1
Der Antragsteller, seit 28. August 2008 Inhaber einer polnischen Fahrerlaubnis der Klassen B, AM und L, wendet sich gegen die sofortige Vollziehbarkeit der Aberkennung seines Rechts, von dieser Fahrerlaubnis in Deutschland Gebrauch zu machen, und die Verpflichtung, seinen Führerschein zur Eintragung eines Sperrvermerks vorzulegen.
2
Durch polizeiliche Mitteilung wurde der Antragsgegnerin bekannt, dass die Polizei am 20. Januar 2023 nach einem Notruf der Ehefrau des Antragstellers die gemeinsame Wohnung aufsuchte, in der sich das Ehepaar mit ihren zwei Kindern befand. Der Antragsteller habe völlig neben sich gewirkt und sich verbal aggressiv gezeigt. Sein Verhalten sei sehr sprunghaft und ein normaler Dialog mit ihm nicht möglich gewesen. Zwischenzeitlich habe er den Anschein erweckt, zeitlich und örtlich orientiert zu sein. Sein Gemütszustand habe sich aber regelmäßig schlagartig geändert und sei in eine aggressive Verhaltensweise umgeschlagen, die sich durch lautstarkes Schreien und Schimpfen geäußert habe. Er habe nur gebrochen deutsch gesprochen und von Flugzeugen und vom Balkonfenster gesprochen. Seine Gedankengänge seien zusammenhanglos und nicht nachvollziehbar gewesen. Nach Angaben der Ehefrau leide er an Schizophrenie und sei in ambulanter Behandlung, verweigere jedoch die Einnahme der ihm verordneten Medikamente. Der Antragsteller sei zur Eigensicherung mit Handschellen gefesselt und nach Vorführung im Gesundheitsamt im Bezirkskrankenhaus untergebracht worden.
3
Am 27. Januar 2023 gab die Ehefrau des Antragstellers bei einem weiteren Polizeieinsatz an, er habe sie und den zehn Monate alten Sohn umbringen wollen. Der Aussage habe er Nachdruck verliehen, indem er mit seinem Daumen eine Streichbewegung am Hals gemacht habe. Er habe nicht versucht, dies in die Tat umzusetzen, und ein vergleichbares Verhalten bei dem vorherigen Vorfall gezeigt. Der Antragsteller habe wirre und zusammenhanglose Angaben gemacht, immer wieder das Thema gewechselt und den Eindruck erweckt, nicht zu wissen, um was es gehe. Die Ehefrau habe eine Verordnung vom 26. Januar 2023 für eine ambulante Krankenhausbehandlung wegen einer aktuellen polymorphen psychotischen Störung vorgezeigt. Den Termin habe der Antragsteller nicht wahrnehmen wollen. Ein Gespräch mit dem Krisendienst und eine freiwillige Begleitung ins Krankenhaus habe er verweigert. Daher sei er erneut zwangsweise im Bezirkskrankenhaus untergebracht worden.
4
Am 23. Februar 2023 flüchtete die Ehefrau des Antragstellers nach einer verbalen Auseinandersetzung mit diesem aus Angst vor einer körperlichen Auseinandersetzung mit dem Kleinkind aus der Wohnung. Der Antragsteller habe sich deutlich unkooperativ gezeigt. Die Polizei habe ein Kontaktverbot und einen Platzverweis ausgesprochen. Nachdem der Antragsteller zur Wohnung zurückgekehrt sei, habe man ihn in eine Notschlafstelle verbracht. Er sei wiederum zur Wohnung zurückkehrt und daraufhin in Gewahrsam genommen worden. Nach der Entlassung am nächsten Morgen sei er erneut vor der Wohnung erschienen und habe sich aggressiv verhalten. Er sei nach Rücksprache mit dem Gesundheitsamt im Klinikum N. N. vorgestellt worden.
5
Auf Anforderung der Antragsgegnerin mit Schreiben vom 16. Mai 2024 legte der Antragsteller einen Bericht der ihn behandelnden Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie vom 18. Juni 2024 vor, der die Diagnosen gemischt schizoaffektive Störung (F25.8 G), Zustand nach psychotischer Exazerbation unter Alkoholeinfluss (zuletzt Ende 2022/Anfang 2023) und nach Cannabiskonsum (zuletzt Ende 2022) enthielt. Der Antragsteller erhalte sei Mai 2023 Quetiapin. Er habe sich nach seinen Angaben in Bezug auf Alkohol und Cannabis abstinent verhalten. Psychisch sei er symptomfrei und stabil. Aus psychiatrischer Sicht sei bei anhaltender Abstinenz und Fortführung der medikamentösen Behandlung mit kontinuierlichen regelmäßigen Verlaufskontrollen aktuell von keiner erhöhten Rezidivgefahr auszugehen.
6
Daraufhin forderte die Antragsgegnerin den Antragsteller mit Schreiben vom 26. Juni 2024 unter Bezugnahme auf die Vorfälle vom 20. und 27. Januar 2023 und „23. März 2023“ auf, bis 4. Oktober 2024 ein ärztliches Gutachten eines Facharztes für Psychiatrie mit verkehrsmedizinischer Zusatzqualifikation zu der Frage vorzulegen, ob bei ihm eine Erkrankung vorliege, die nach Nr. 7 der Anlage 4 zur FeV die Fahreignung in Frage stelle.
7
Nachdem kein Gutachter benannt und kein ärztliches Gutachten vorgelegt worden war, hörte die Antragsgegnerin den Antragsteller mit Schreiben vom 15. Oktober 2024 zur beabsichtigten Aberkennung des Rechts, von seiner ausländischen Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen, an.
8
Mit Schreiben vom 10. Oktober 2024 teilte der Antragsteller mit, er habe im September zur Vereinbarung eines Termins zur ärztlichen Untersuchung Kontakt mit einer Psychiaterin aufgenommen, leider aber noch keinen Termin erhalten. Im Oktober habe er erneut die Arztpraxis kontaktiert. Ihm sei mitgeteilt worden, die Ärztin sei bis 21. Oktober 2024 im Urlaub. Sobald er den Termin und das Gutachten habe, werde er sich melden. Die Antragsgegnerin wies mit Schreiben vom 22. Oktober 2024 darauf hin, dass der ausgewählte Facharzt für die Begutachtung eine verkehrsmedizinische Zusatzqualifikation benötige. Der Antragsteller werde gebeten, diese zusammen mit der Einverständniserklärung und einer Terminbestätigung bis 5. November 2024 vorzulegen.
9
Mit Schreiben vom 4. November 2024 bat der Antragsteller um eine weitere Fristverlängerung, da derzeit kein Termin verfügbar sei. Mit Schreiben vom 8. November 2024 zeigte der Bevollmächtigte des Antragstellers seine Vertretung an. Mit Übersendung der Akten am 13. November 2024 wies die Antragsgegnerin darauf hin, dass die Beibringungsfrist verstrichen sei. Bis heute liege keine Erklärung vor, bei welchem Facharzt der Antragsteller sich begutachten lassen wolle. Eine Frist zur Stellungnahme wurde bis 25. November 2024 gewährt. Mit Schreiben vom 25. November 2024 bat der Bevollmächtigte um eine Fristverlängerung von einer Woche. Mit weiterem Schreiben vom 27. November 2024 wurde mitgeteilt, der Antragsteller sei bereit, sich begutachten zu lassen, bekomme aber leider keinen Termin. Es werde gebeten, eine Liste geeigneter Ärzte zu schicken. Hieran wurde mit weiterem Schreiben vom 9. Dezember 2024 erinnert.
10
Mit Bescheid vom 13. Dezember 2024 erkannte die Antragsgegnerin dem Antragsteller gestützt auf § 11 Abs. 8 FeV das Recht ab, von seiner polnischen Fahrerlaubnis in Deutschland Gebrauch zu machen und verpflichtete ihn unter Androhung unmittelbaren Zwangs (Einziehung), den Führerschein innerhalb einer Woche nach Zustellung des Bescheids zur Eintragung der Aberkennung (Sperrvermerk) vorzulegen. Ferner ordnete sie den Sofortvollzug dieser beiden Verfügungen an.
11
Am 9. Januar 2025 ließ der Antragsteller Klage beim Verwaltungsgericht Ansbach erheben und zugleich die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes beantragen.
12
Das Verwaltungsgericht lehnte den Eilantrag mit am 1. April 2025 zugestelltem Beschluss vom 27. März 2025 ab, weil der Antragsteller der rechtmäßigen Aufforderung zur Beibringung eines Fahreignungsgutachtens nicht gefolgt sei (§ 11 Abs. 8 Satz 1 FeV). Psychische (geistige) Störungen wie affektive (Nr. 7.5 Anlage 4 zur FeV) oder schizophrene Psychosen (Nr. 7.6 Anlage 4 zur FeV) könnten die Fahreignung beeinträchtigen. Gemäß Nr. 7.6.1 der Anlage 4 zur FeV bestehe die Fahreignung in akuten Phasen einer schizophrenen Psychose für beide Fahrzeuggruppen nicht. Nach Ablauf der akuten Phase sei die Eignung zumindest für die Gruppe 1 nach Nr. 7.6.2 der Anlage 4 zur FeV gegeben, wenn keine Störungen nachweisbar seien, die das Realitätsurteil erheblich beeinträchtigten (vgl. Nr. 3.12.5 der Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung). Es habe einen hinreichenden Anlass für die Beibringungsanordnung gegeben, nachdem die Antragsgegnerin von erheblichen psychischen Auffälligkeiten und (verbal) aggressivem Verhalten des Antragstellers gegenüber seinen Familienangehörigen erfahren habe. Unschädlich sei, dass sich die polizeilich mitgeteilten Vorfälle nicht auf den Straßenverkehr bezogen hätten. Der Antragsteller habe sich bei beiden Vorfällen im Januar 2023 zusammenhanglos und wirr geäußert und sich sprunghaft und schlagartig wechselnd, auch aggressiv, verhalten. Beim ersten Vorfall hätten ihm Handschellen angelegt werden müssen. Beim zweiten Vorfall habe er seine Ehefrau und das Kind mit dem Tod bedroht. Die Ehefrau habe jeweils angegeben, er leide unter Schizophrenie bzw. einer psychischen Erkrankung und nehme die ihm verordneten Medikamente nicht ein, weshalb sich seine psychische Verfassung verschlechtere. Sie habe den Polizeibeamten auch eine Verordnung vom 26. Januar 2023 über eine Krankenhausbehandlung wegen einer aktuell polymorphen, psychotischen Störung gezeigt. Am 20. und 27. Januar 2023 sei der Antragsteller wegen Eigen- und Fremdgefährdung zwangsweise im Bezirkskrankenhaus untergerbacht worden. Darüber hinaus sei es am 23. Februar 2023 zu einem weiteren Vorfall gekommen, der in der Beibringungsanordnung fälschlicherweise unter dem 23. März 2023 wiedergegeben worden sei. Hierbei handle es sich um eine korrigierbare offenbare Unrichtigkeit (Art. 42 BayVwVfG analog). Die Ehefrau sei mit dem Kleinkind aus Angst vor einer körperlichen Auseinandersetzung aus der Wohnung geflüchtet. Der Antragsteller habe sich unkooperativ und aggressiv gezeigt und ein Kontaktverbot und einen Platzverweis missachtet. Er sei letztlich im Gesundheitsamt im Klinikum N. N. vorgestellt worden. Im Übrigen hätten bereits die beiden Vorfälle vom Januar 2023 sowie der vorgelegte ärztliche Befundbericht zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für das mögliche Vorliegen einer psychischen Erkrankung nach Nr. 7 Anlage 4 zur FeV geboten. Mit den Versuchen, die beiden Vorfälle vom Januar 2023 durch Hinweise auf sprachliche Schwierigkeiten und die Erregung wegen Ehestreitigkeiten zu relativieren, könne der Antragsteller nicht durchdringen. Polizeibeamte würden regelmäßig zu solchen (familiären) Konfliktsituationen gerufen. Sie könnten aufgrund ihrer Ausbildung und beruflichen Erfahrung grundsätzlich zwischen Kommunikationsschwierigkeiten wegen fehlender Sprachkenntnisse und einer situationsbedingten Erregtheit und psychisch bedingten Auffälligkeiten einer Person differenzieren. Die zweimalige zwangsweise Unterbringung im Bezirkskrankenhaus untermauere die erheblichen psychischen Auffälligkeiten des Antragstellers zu diesem Zeitpunkt. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass die Polizeibeamten vor Ort die Lage fehlerhaft eingeschätzt hätten. Ihre Einschätzung werde durch den ärztlichen Befundbericht vom 18. Juni 2024 gestützt, dem u.a. die Diagnose einer gemischt schizoaffektiven Störung (F25.8 G) und die medikamentöse Behandlung mit Quetiapin, einem Neuroleptikum zur Therapie schizophrener Psychosen, zu entnehmen sei. Die Beurteilung der behandelnden Ärztin, dass bei anhaltender Abstinenz und Fortführung der medikamentösen Behandlung mit kontinuierlichen regelmäßigen Verlaufskontrollen von keiner erhöhten Rezidivgefahr auszugehen sei, sei nicht geeignet, die Bedenken an der Fahreignung des Antragstellers auszuräumen. Hieraus ergebe sich keine verkehrsmedizinische Einordnung der psychischen Erkrankung des Antragstellers, die die behandelnde Ärztin mangels verkehrsmedizinischer Qualifikation auch nicht leisten könne. Im Übrigen solle eine ärztliche Begutachtung nicht durch den behandelnden Arzt erfolgen (vgl. § 11 Abs. 2 Satz 5 FeV). Auch wenn die Vorfälle zum maßgeblichen Zeitpunkt der Beibringungsaufforderung Ende Juni 2024 ca. 17 Monate zurückgelegen hätten, seien sie weiterhin von fahreignungsrechtlicher Relevanz gewesen. Denn es hätten keine Anhaltspunkte dafür vorgelegen, dass die Erkrankung des Antragstellers nur vorübergehend oder ausgeheilt sei. Vielmehr habe sich aus dem vorgelegten Befundbericht der behandelnden Ärztin ergeben, dass der Antragsteller wegen einer gemischt schizoaffektiven Störung medikamentös therapiert werde. In Anbetracht dessen habe die Antragsgegnerin ohne Vorlage eines ärztlichen Fahreignungsgutachtens nicht beurteilen können, ob und inwieweit die Erkrankung seine Fahreignung beeinträchtige. Vor diesem Hintergrund werde durch die Beibringungsanordnung auch nicht in unverhältnismäßiger Weise in die Rechte des Antragstellers eingegriffen. Die Antragsgegnerin habe zunächst einen Befundbericht der behandelnden Ärztin angefordert und erst danach ein ärztliches Gutachten angeordnet. Mildere Mittel seien in den fahrerlaubnisrechtlichen Vorschriften nicht vorgesehen und wegen der bestehenden Eignungszweifel nicht in Betracht gekommen. Aus den fahrerlaubnisrechtlichen Vorschriften ergebe sich nicht, dass die Anordnung eines ärztlichen Gutachtens wegen einer möglichen Erkrankung begangene Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten voraussetze. Die Antragsgegnerin habe das ihr in § 11 Abs. 2 Satz 1 FeV eingeräumte Ermessen erkannt und in nicht zu beanstandender Weise ausgeübt. Auch begegne die Fragestellung keinen rechtlichen Bedenken. Es sei nicht zu beanstanden, dass diese sich ohne weitere Konkretisierung auf Nr. 7 der Anlage 4 zur FeV beziehe. Aus der Gutachtensanordnung sei die zu klärende gesundheitliche Problematik erkennbar. Es werde aufgrund entsprechender Anknüpfungstatsachen nach der in Betracht kommenden Erkrankung und ggf. notwendigen Auflagen oder Beschränkungen gefragt. Da kein Fall einer Cannabismedikation vorliege, müsse auch die Frage nach einer ausreichenden Adhärenz bzw. Compliance nicht zwingend im Rahmen einer medizinisch-psychologischen Untersuchung nach § 11 Abs. 3 FeV beantwortet werden, zumal ein Psychiater in der Lage sei, zu Fragen der Compliance und Adhärenz Stellung zu nehmen. Ferner entspreche die Beibringungsanordnung den weiteren Anforderungen gemäß § 11 Abs. 6 FeV. Dass die Fahrerlaubnisbehörde dem Antragsteller in der Beibringungsanordnung nicht die für die Untersuchung in Betracht kommenden Stellen durch Beifügung einer Liste o.ä. mitgeteilt habe, führe nicht zu deren Rechtswidrigkeit. Ebenso sei die zur Beibringung des ärztlichen Gutachtens gesetzte Frist angemessen gewesen. Die dem Antragsteller eingeräumte Frist von mehr als drei Monaten sei großzügig bemessen gewesen und um einen Monat verlängert worden. Dem Bevollmächtigten sei nochmals eine Fristverlängerung zur Stellungnahme bis 25. November 2024 gewährt worden. Im Rahmen der von der Behörde insoweit zu treffenden Ermessenentscheidung (vgl. Art. 31 Abs. 7 Satz 1 BayVwVfG) sei keine weitere Fristverlängerung geboten gewesen. Der Antragsteller, der erst im September 2024 Kontakt zu einer möglichen Gutachterin aufgenommen habe, hätte sich umgehend nach Erhalt der Beibringungsanordnung um einen Begutachtungstermin bemühen müssen. Der Bitte um Vorlage einer Terminbestätigung des ausgewählten Facharztes sei er nicht nachgekommen. Mit der bloßen Erklärung, grundsätzlich zu einer Begutachtung bereit zu sein, habe er die ihm im Rahmen einer Begutachtung obliegenden Mitwirkungspflichten nicht erfüllt. Auch die Androhung unmittelbaren Zwangs gemäß Art. 29 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 4, Art. 34 Satz 1, Art. 36 VwZVG sei voraussichtlich rechtmäßig. Die Antragsgegnerin habe das ihr zustehende Ermessen erkannt und im konkreten Einzelfall unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes in ausreichender Weise ausgeübt. Sie habe ausgeführt, dass sonstige Zwangsmittel, namentlich das Zwangsgeld, keinen rechtzeitigen Erfolg versprächen, um eine zeitnahe Durchsetzung der Vorlageverpflichtung im Interesse einer wirksamen Gefahrenabwehr sicherzustellen.
13
Mit seiner Beschwerde, der die Antragsgegnerin entgegentritt, macht der Antragsteller geltend, die geschilderten Vorkommnisse in Zusammenhang mit dem Polizeieinsatz seien durch den Ehestreit und die damit verbundene Ausnahmesituation bedingt gewesen. Es seien keine Rückschlüsse auf das Verhalten des Antragstellers im Verkehr möglich. Etwaige Beeinträchtigungen des Antragstellers im Straßenverkehr hätten sich irgendwann in Form von Verkehrsverstößen oder Unfällen zeigen müssen. Seit den Polizeieinsätzen Anfang 2023 seien mehr als zwei Jahren vergangen. In dieser Zeit hätte sich eine vom Antragsteller ausgehende Gefahr für den Straßenverkehr verwirklichen müssen. Somit sei dieser schutzwürdig und müsse seine Fahrerlaubnis bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens behalten dürfen. Dass er bisher kein Gutachten vorgelegt habe, liege zum einen an der Schwierigkeit, einen Facharzttermin zu erhalten, zu dem der Antragsteller erklärtermaßen bereit sei, und zum andern daran, dass die Antragsgegnerin ihm auf seine Bitte keine entsprechenden Ärzte genannt habe. Hierauf sei er wegen geringer Deutschkenntnisse angewiesen. Vor allem aber ergebe die mittlerweile erfolgte Behandlung, dass er mittlerweile symptomfrei leben könne. Somit könne als sicher vorausgesetzt werden, dass ein Gutachten für den Antragsteller günstig ausfallen würde und er das Hauptsacheverfahren gewinnen werde. Damit sei aber gerade nicht von einer fehlenden Fahreignung auszugehen, aufgrund des noch fehlenden Gutachtens, das in Kürze erstellt werde, gerade nicht auf eine Ungeeignetheit für den Verkehr geschlossen werden könne. Denn der Antragsteller verweigere das Gutachten nicht (§ 11 Abs. 8 FeV). Vielmehr sei es ihm aufgrund der nicht zugesandten Ärzteliste nur noch nicht möglich gewesen, eines erstellen zu lassen. Aufgrund fehlender Verkehrsdelikte und der positiven ärztlichen Beurteilung vom 18. Juni 2024, demgemäß von keiner erhöhten Rezidivgefahr auszugehen sei, entfalle außerdem der für die Einforderung eines Gutachtens notwendige Anfangsverdacht. Wenn es keine Verkehrsverstöße und ein positives ärztliches Gutachten gebe, sei von Verkehrstüchtigkeit auszugehen. Es frage sich auch, wieso das Hauptsacheverfahren nicht noch abgewartet werden könne, obwohl die Antragsgegnerin fast zwei Jahre lang untätig geblieben sei und der Antragsteller sich in der Zwischenzeit keine Verkehrsdelikte habe zuschulden kommen lassen.
14
Mit Schreiben vom 28. April 2025 ließ der Antragsteller auf die Erwiderung der Antragsgegnerin hin weiter vortragen, es sei nicht ersichtlich, wieso die Beschwerde unzulässig sein solle. Da das Verwaltungsgericht das Vorbringen des Antragstellers fehlerhaft gewürdigt habe, sei es notwendig gewesen, die Fehler des Gerichts zu demonstrieren und dazu das Vorbringen zwingend zu wiederholen. Das Gericht verkenne, dass das Verhalten des Antragstellers beim Eintreffen der Polizei auf den vorangegangenen Ehestreit sowie mangelhafte Deutschkenntnisse zurückzuführen sei, indem es fehlerhaft davon ausgehe, Polizeibeamte wären in der Lage, zwischen situationsbedingter Erregtheit und psychisch bedingten Auffälligkeiten einer Person zu unterscheiden. Denn hierzu seien nur Ärzte imstande. Dass die Ehefrau auf die psychische Erkrankung des Antragstellers hingewiesen habe, sei irrelevant, da sie ebenfalls keine medizinischen Kenntnisse besitze und im Übrigen nicht neutral agiert habe, da sie die Polizei gerufen und ein Interesse an der Entfernung des Antragstellers aus der Wohnung gehabt habe. Auch könne entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts von der Einschätzung der behandelnden Ärztin des Antragstellers, es bestehe keine erhöhte Rezidivgefahr, sehr wohl auf dessen Fahreignung geschlossen werden. Im Übrigen liege damit auch der für eine Begutachtung erforderliche Anfangsverdacht nicht vor. Zweifelhaft erscheine zudem, dass das Verwaltungsgericht Polizisten die Fähigkeit zugestehe, zwischen situationsbedingter Erregtheit und psychisch bedingten Auffälligkeiten einer Person zu unterscheiden und deren Fahreignung einzuschätzen, einer Ärztin jedoch nicht zutraue, Gesundheitszustand und Fahreignung des Antragstellers richtig einzuschätzen, nur weil sie über keine verkehrsmedizinische Qualifikation verfüge. Gerade weil eine Ärztin dem Antragsteller nur eine geringe Rezidivgefahr bei medikamentöser Behandlung bescheinigt habe, die streitgegenständlichen Vorfälle schon lange zurücklägen und der Antragsteller noch nie Verkehrsverstöße begangen habe, habe das Verwaltungsgericht nicht von einem Gefahrenverdacht ausgehen dürfen. Ferner hätte die Antragsgegnerin dem über nur schlechte Deutschkenntnisse verfügenden Antragsteller für eine Begutachtung in Frage kommende Stellen aufzeigen müssen, wie aus § 11 Abs. 6 Satz 2 FeV folge. Denn wegen seiner schlechten Deutschkenntnisse sei der Antragsteller nicht imstande, sich aus allgemeinzugänglichen Verzeichnissen einen geeigneten Arzt herauszusuchen. Deshalb sei im Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 15. November 2010 (11 C 10.2329) auch nur davon die Rede, dass der Regelung des § 11 Abs. 6 Satz 2 Fev Bedeutung vor allem bei der Anforderung medizinisch-psychologischer Gutachten zukomme. Aus der Formulierung „vor allem“ in Verbindung mit dem Gesetzeswortlaut ergebe sich jedoch keineswegs, dass vorliegend keine Stellen hätten nachgewiesen werden müssen. Da der Antragsteller außerdem ersichtlich Schwierigkeiten gehabt habe, einen entsprechend qualifizierten Arzt zu finden, hätte ihm die Antragsgegnerin auch mehr Zeit für die Beibringung des Gutachtens einräumen müssen.
15
Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.
II.
16
Die Beschwerde ist zulässig, jedoch unbegründet.
17
1. Die Antragsgegnerin hat in ihrer Beschwerdeerwiderung zu Recht bemängelt, dass mit der Beschwerdebegründung vom 4. April 2025 noch nicht die Darlegungsanforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO erfüllt waren, weil jene das erstinstanzliche Vorbringen ohne konkreten Bezug zu den Erwägungen des Verwaltungsgerichts und ohne Auseinandersetzung hiermit lediglich wiederholt hat. Entgegen der Auffassung des Antragstellers sind „die Fehler des Gerichts“ nicht „demonstriert“, sondern ist lediglich die eigene Rechtsauffassung dargelegt worden.
18
Nach § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO muss eine Beschwerde die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist sie als unzulässig zu verwerfen (§ 146 Abs. 4 Satz 4 VwGO). Der Beschwerdeführer muss ausgehend von der Entscheidung konkret aufzeigen, in welchen Punkten und weshalb sie aus seiner Sicht nicht tragfähig und überprüfungsbedürftig ist, was voraussetzt, dass er den Streitstoff prüft, sichtet, rechtlich durchdringt und sich mit den Gründen des angegriffenen Beschlusses befasst (Guckelberger in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 146 Rn. 76). An der nötigen inhaltlichen Auseinandersetzung mit der angefochtenen Entscheidung fehlt es, wenn der Beschwerdeführer lediglich sein Vorbringen aus erster Instanz wiederholt, ohne auf die tragenden Erwägungen der angefochtenen Entscheidung einzugehen, oder sich mit pauschalen, formelhaften Rügen begnügt. Ferner reicht es grundsätzlich nicht aus, wenn er lediglich eine eigene Würdigung der Sach- und Rechtslage vorträgt, die im Ergebnis von derjenigen des Verwaltungsgerichts abweicht. Vielmehr müssen die die Entscheidung des Verwaltungsgerichts tragenden Rechtssätze oder die dafür erheblichen Tatsachenfeststellungen mit schlüssigen Gegenargumenten infrage gestellt werden (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 146 Rn. 22a ff.; Guckelberger, a.a.O. Rn. 75 ff.; BayVGH, B.v. 17.10.2024 – 11 CS 24.1484 – juris Rn. 12; B.v. 19.5.2023 – 10 CS 23.783 – juris Rn. 3 jeweils m.w.N.).
19
Allerdings hat der Antragsteller mit dem innerhalb der einmonatigen Begründungsfrist (§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) beim Verwaltungsgerichtshof eingegangenen Schriftsatz vom 28. April 2025 den Anforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO noch rechtzeitig genügt.
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2. Aus den im Beschwerdeverfahren vorgetragenen Gründen, auf deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Sätze 1 und 6 VwGO), ergibt sich jedoch nicht, dass die Entscheidung des Verwaltungsgerichts zu ändern oder aufzuheben wäre.
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Der Kritik des Antragstellers, sein von der Polizei der Fahrerlaubnisbehörde der Antragsgegnerin mitgeteiltes Verhalten vom Januar und Februar 2023 sei durch eheliche Auseinandersetzungen und mangelnde Sprachkenntnisse bedingt, aber nicht krankheitsbedingt gewesen, was ohnehin nur ärztlich beurteilt werden könne, kann nicht gefolgt werden. Denn maßgebend ist nicht, was den Antragsteller an den Tagen der Polizeieinsätze subjektiv dazu veranlasst hat, sich wie von der Polizei geschildert zu verhalten, sondern dass er – ärztlich gesichert diagnostiziert – an einer nicht nur vorübergehenden fahreignungsrelevanten psychischen Erkrankung im Sinne von Nr. 7 der Anlage 4 zur Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr vom 13. Dezember 2010 (Fahrerlaubnis-Verordnung – FeV, BGBl I S. 1980), zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt des Bescheiderlasses zuletzt geändert durch Verordnung vom 2. Oktober 2024 (BGBl I Nr. 299), litt und sich aus dem beobachteten Verhalten Hinweise darauf ergaben. Bei einer schizoaffektiven Störung treten neben affektiven Symptomen, die die Kriterien einer Manie oder einer Depression erfüllen, Symptome auf, die die Kriterien einer Schizophrenie erfüllen, vor allem Wahn, Halluzinationen oder Ich-Störungen, (Pschyrembel Online, https://www.pschyrembel.de/Schizoaffektive% 20St%C3%B6rung/P021G), und die Wahrnehmung, Aufmerksamkeit, das Lernen, Gedächtnis, Denken und die Realitätsbeziehungen erheblich beeinträchtigen können (vgl. Nr. 3.12.5 der Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung vom 27.1.2014 [Vkbl S. 110] in der Fassung vom 17.2.2021 [Vkbl S. 198]; Schubert/Huetten/Reimann/Graw, Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung, Kommentar, 3. Aufl. 2018, S. 236; vgl. auch die Symptome einer Schizophrenie nach ICD 10: F20-) und damit fahreignungsrelevant sind. Dies hat die Antragsgegnerin bereits in ihrer Beibringungsanordnung vom 26. Juni 2024 (S. 2 f.) dargelegt. Das Verhalten des Antragstellers im Januar und Februar 2023 lieferte deutliche Anhaltspunkte für eine derartige psychische Erkrankung und einen Realitätsverlust. Eine hohe Erregung im Zuge ehelicher Auseinandersetzungen oder das Bemühen, sich sprachlich verständlich zu machen, führt nach der Lebenserfahrung im allgemeinen nicht dazu, dass der Betroffene wie „völlig neben sich“ wirkt, zusammenhanglose, nicht nachvollziehbare Gedankengänge äußert, sein Gemütszustand sich mehrmals schlagartig ändert, ein Gespräch mit ihm nicht mehr möglich ist und er zum Ausschluss einer Gefährdung für sich und andere anschließend im Bezirkskrankenhaus untergebracht werden muss. Die Angaben der Ehefrau passten zu den Beobachtungen der Polizeibeamten und wurden durch die von ihr vorgezeigte Verordnung einer ambulanten Krankenhausbehandlung wegen einer psychotischen Störung vom 26. Januar 2023 bestätigt. Es kann daher dahinstehen, ob sie auch ein Interesse an der Entfernung des Antragstellers aus der Wohnung gehabt haben mag. Psychotische Symptome beinhalten Erfahrungen, die mit verändertem Selbst- und Realitätsbezug einhergehen, bei denen sich Ich-Störungen und Derealisationserleben zeigen und es u.a. zu Störungen der Wahrnehmung (Halluzinationen) und der Realitätsbeurteilung (Wahn) kommt (Pschyrembel Online, https://www. pschyrembel.de/Psychotische%20Symptome/Z03XL.) Insofern hat das Verwaltungsgericht nichts verkannt.
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Schließlich hat die den Antragsteller behandelnde Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie in ihrem Bericht vom 18. Juni 2024 das Bestehen einer fahreignungsrelevanten psychischen Erkrankung bestätigt. Die Diagnose „gemischt schizoaffektive Störung“ (ICD 10: F25.8), die sie als gesichert („G“) bezeichnet hat, kann nach der Internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme (ICD 10) – unabhängig davon, ob sie mit dem Schlüssel F25.2 oder F25.8 gekennzeichnet ist – mit der falschen Beurteilung der Wirklichkeit und Sinnestäuschungen sowie häufig wechselnden oder zusammenhanglosen Gedanken einhergehen. Chronische Verläufe sind häufig (Pschyrembel Online a.a.O.). Zudem hat die Ärztin dem Antragsteller das atypische Neuroleptikum Quetiapin verschrieben, das zur Behandlung von Schizophrenie und mäßigen bis schweren manischen Episoden zugelassen ist (vgl. Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft, Mitteilung vom 8.9.2006, https://www.akdae.de/arzneimittelsicherheit/bekanntgaben/newsdetail/ thrombotisch-thrombozytopenische-purpura-unter-quetiapin-seroquelr-uaw-news-international).
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Vor diesem Hintergrund ist das Verwaltungsgericht auch zutreffend davon ausgegangen, dass die Fahrerlaubnisbehörde der Antragsgegnerin ihr Ermessen im Rahmen von § 11 Abs. 2 Satz 1 FeV im Sinne der Anordnung, ein fachärztliches Gutachten beizubringen, ausüben durfte. Insofern genügt es, wenn Tatsachen bekannt werden, die Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung des Fahrerlaubnisinhabers begründen. Nicht erforderlich ist also, dass eine solche Erkrankung oder ein solcher Mangel bereits feststeht. Es genügt der Hinweis auf eine Erkrankung nach Anlage 4 zur FeV (§ 11 Abs. 2 Satz 1 und 2 FeV) bzw. ein „Anfangsverdacht“ (vgl. BayVGH, B.v. 16.10.2019 – 11 CS 19.1434 – juris Rn. 21 m.w.N.). Mit dem fachärztlichen Bericht vom 18. Juni 2024 lag indessen bereits eine gesicherte Diagnose vor.
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Soweit der Antragsteller behauptet hat, die Antragsgegnerin habe von seiner Fahreignung ausgehen müssen, weil die Fachärztin prognostiziert habe, aktuell sei keine erhöhte Rezidivgefahr gegeben, hat er dies nicht weiter begründet. Dies trifft auch nicht zu. Der Arztbericht vom 18. Juni 2024 nimmt keine Stellung zur Fahreignung des Antragstellers. Wie das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt hat, ist die Ärztin hierzu auch nicht berufen, da sie nicht über eine verkehrsmedizinische Qualifikation verfügt und als behandelnde Ärztin gemäß § 11 Abs. 2 Satz 5 FeV ohnehin nicht für ihren Patienten gutachtlich tätig werden soll. Anhaltspunkte dafür, dass die Erkrankung des Antragstellers, der fortlaufend behandelt wird, vorübergehender Natur ist (vgl. Vorbemerkung Nr. 1 der Anlage 4 zur FeV) oder geheilt wäre, sind nicht ersichtlich. Die psychiatrische Prognose schließt ein Rezidiv nicht aus und hält diese Gefahr entgegen der Behauptung des Antragstellers auch nicht für gering, sondern lediglich für nicht erhöht, ohne dass ausgeführt wird, was dies konkret bedeutet. Die Prognose hängt zudem von mehreren Voraussetzungen (Abstinenz von in der Vergangenheit konsumiertem Alkohol und Cannabis, Fortführung der medikamentösen Behandlung, kontinuierliche regelmäßige Verlaufskontrollen) ab, die teilweise allein auf den Angaben des Antragstellers beruhen (Abstinenz), von denen sich die Ärztin also nicht selbst überzeugt hat, oder von seinem Willen abhängen (Medikamenteneinnahme, regelmäßige Arztbesuche). Dies ist ein hinreichender Anlass, die Fahreignung des Antragstellers fachärztlich abklären zu lassen.
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Das Verwaltungsgericht ist auch zutreffend davon ausgegangen, dass aus § 11 Abs. 6 Satz 2 FeV nicht abzuleiten ist, die Fahrerlaubnisbehörde müsse der Beibringungsanordnung eine Liste beifügen, in der zur Begutachtung bestimmten Fachärzte namentlich benannt werden. Die Verpflichtung zur Angabe der für die Untersuchung in Betracht kommenden Stelle(n) bezieht sich vom Wortlaut ausgehend auf die in § 11 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 bis 5 FeV aufgezählten Arztgruppen bzw. Begutachtungsstellen. Damit wird der Fahrerlaubnisbehörde eine abstrakte Eingrenzung gestattet, nicht aber die Fixierung auf einen bestimmten Arzt oder eine konkrete medizinische Einrichtung (Siegmund in juris-PK Straßenverkehrsrecht, Stand 2.6.2025, § 11 FeV Rn. 147). Dafür spricht auch § 11 Abs. 6 Satz 3 FeV, wonach der Betroffene die Fahrerlaubnisbehörde darüber zu unterrichten hat, welche Stelle er mit der Untersuchung beauftragt hat. Die Erfüllung dieser Mitteilungspflicht setzt voraus, dass der Betroffene zwischen verschiedenen Stellen bzw. Gutachtern auswählen kann (Siegmund, a.a.O.). Das Verwaltungsgericht hat der Rechtsprechung des Senats folgend (vgl. BayVGH, B.v. 15.11.2010 – 11 C 10.2329 – juris Rn. 39) zu Recht angenommen, dass dem Betroffenen bei Anordnung eines ärztlichen Gutachtens im Sinn von § 11 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1, 3 oder 4 FeV zuzumuten ist, sich anhand jedermann zugänglicher Quellen einen Arzt der von der Behörde vorgegebenen Fachrichtung selbst zu suchen.
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Etwas anderes mag gelten, wenn der Betroffene hierzu erkennbar nicht in der Lage ist. Als aus dem allgemeinen Rechtssatz von Treu und Glauben folgende akzessorische Rechte, denen auch konkrete Betreuungspflichten (sog. ungeregelte Betreuungspflichten) korrespondieren, können sich Ansprüche auf Betreuung aus dem entweder verfahrensrechtlichen oder materiellrechtlichen Angewiesensein auf die behördliche Unterstützung im Einzelfall ergeben, um so bestimmte Rechte überhaupt erst verfolgen zu können. Dabei muss die Behörde erkennen, dass der Betroffene gerade auf diese Art der Betreuung angewiesen ist, weil ansonsten die Gefahr irreparabler Rechtsnachteile oder -verluste zu befürchten wäre (Schwarz in Fehling/Kastner/Störmer, Verwaltungsrecht, 5. Aufl. 2021, § 25 Rn. 10 ff.).
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Dies kann vorliegend jedoch offenbleiben, weil der Antragsteller erst nach Ablauf der großzügig bemessenen Beibringungsfrist mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 27. November 2024 behaupten ließ, er sei aufgrund mangelnder Sprachkenntnisse nicht imstande, einen entsprechenden Facharzt zu finden. In diesem Fall ist es dem Betroffenen jedoch zuzumuten, der Behörde rechtzeitig zur Kenntnis zu bringen, dass er nicht imstande ist, einen Facharzt mit verkehrsmedizinischer Qualifikation zu finden, sodass die Suche nach einem Facharzt mit behördlicher Hilfe und die angeordnete Begutachtung noch innerhalb der gesetzten Frist erfolgen können. Vorliegend war das Unvermögen des Antragstellers, einen Facharzt zur Begutachtung zu finden, für die Fahrerlaubnisbehörde bis Fristablauf indes nicht erkennbar. Zwei Monate ist er untätig geblieben, bevor er sich bei einer Fachärztin – nach deren Internetauftritten ohne die erforderliche verkehrsmedizinische Qualifikation – um einen Termin bemüht hat. Sodann wollte er ohne vorherige Rücksprache mit der Behörde abwarten, bis diese aus dem Urlaub zurückkehrt, und hat deshalb eine entsprechende Verlängerung der Beibringungsfrist beantragt. Hieraus bzw. aus seinem Schreiben vom 10. Oktober 2024 ist ersichtlich, dass er die Beibringungsanordnung durchaus verstanden hat, wohingegen Sprachschwierigkeiten hieraus nicht ersichtlich werden. Im Übrigen wäre es dem Betroffenen bei fehlendem Verständnis auch zuzumuten, sich ggf. um eine Übersetzung der Beibringungsanordnung zu bemühen. Die Amtssprache ist deutsch (Art. 23 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG). Dementsprechend kann ein Ausländer nicht beanspruchen, dass an ihn gerichtete behördliche Erklärungen oder Bescheide in seiner Muttersprache ergehen. Er ist vielmehr verpflichtet, sich über den Inhalt eines ihm nicht verständlichen Schriftsatzes mit Hilfe eines Dolmetschers Kenntnis zu verschaffen (Schwarz, a.a.O. § 23 Rn. 16; BVerwG 14.8.1974 – I B 3.74 – Buchholz 310 § 58 VwGO Nr. 27 = juris 1. Ls.).
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Nachdem für die Rechtmäßigkeit der Beibringungsanordnung in zeitlicher Hinsicht ihr Erlass, hier also der 26. Juni 2024 (vgl. BVerwG, U.v. 17.11.2016 – 3 C 20.15 – BVerwGE 156, 293 Rn. 14; BayVGH, B.v. 7.2.2022 – 11 CS 21.2385 – juris Rn. 15 jeweils m.w.N.), und für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Aberkennung des Rechts, von einer ausländischen Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen, der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, hier also den Bescheiderlass am 13. Dezember 2024, maßgeblich sind (vgl. BVerwG, U.v. 7.4.2022 – 3 C 9.21 – BVerwGE 175, 206 Rn. 13; U.v. 4.12.2020 – 3 C 5.20 – BVerwGE 171, 1 Rn. 12; U.v. 11.4.2019 – 3 C 14.17 – BVerwGE 165, 215 Rn. 11), kann die Bereitschaft des Antragstellers, das ärztliche Gutachten noch beizubringen, erst im Verfahren auf Erteilung des Rechts, von der ausländischen Fahrerlaubnis im Inland wieder Gebrauch machen zu dürfen (vgl. § 3 Abs. 6 StVG), zum Tragen kommen.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 47, § 52 Abs. 1, 2 i.V.m. § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG und den Empfehlungen in Nr. 1.5 Satz 1, Nr. 46.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.
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4. Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).