Inhalt

VGH München, Beschluss v. 25.06.2025 – 2 NE 25.584
Titel:

Erfolgloser Normenkontrolleilantrag gegen einen Bebauungsplan, der erlassen wurde, obwohl hiergegen ein Bürgerbegehren anhängig war

Normenketten:
VwGO § 42 Abs. 2, § 47 Abs. 6
BV Art. 7 Abs. 2, Art. 12 Abs. 3
GO Art. 18a
Leitsätze:
Das Sicherungsrecht auf Durchführung eines Bürgerentscheids kann regelmäßig keine Klagebefugnis gegen die von einer staatlichen Behörde erteilte Baugenehmigung begründen. (Rn. 20)
1. Die vorläufige Außervollzugsetzung eines Bebauungsplans ist für einen Antragsteller in der Regel nutzlos, wenn eine (jedenfalls) bestandskräftige Baugenehmigung vorliegt, durch welche (nahezu) der gesamte Bebauungsplan bereits ausgenutzt wird. (Rn. 14) (redaktioneller Leitsatz)
2. Wegen der eingeschränkten Wirkung eines Normenkontrolleilantrages, wonach bereits ergangene Verwaltungsakte und ihre Ausnutzung unberührt bleiben, kann ein Bauvorhaben, für das bereits eine Baugenehmigung erteilt wurde, mit einer einstweiligen Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO nicht mehr verhindert werden. (Rn. 14) (redaktioneller Leitsatz)
3. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass bereits ab Einreichung eines Bürgerbegehrens, aber vor Eintritt der gesetzlichen Sperrwirkung, das Recht auf Durchführung eines Bürgerentscheids gegenüber Entscheidungen der Gemeinde im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes nach § 123 VwGO gesichert werden kann, wenn das Bürgerbegehren zulässig ist. (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Normenkontrolleilantrag, Rechtsschutzbedürfnis, Bestandskräftige Baugenehmigung, Klagebefugnis, Sicherungsrecht zur Durchführung eines Bürgerentscheids, Bürgerbegehren, Bebauungsplan, Baugenehmigung, bestandskräftig, Sperrwirkung, Satzungsbeschluss, Sicherungsbedürfnis, Erhalt einer Grünfläche, Erlass einer einstweiligen Anordnung
Fundstelle:
BeckRS 2025, 15643

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerinnen tragen die Kosten des Verfahrens gesamtschuldnerisch.
III. Der Streitwert wird auf 15.000 € festgesetzt.

Gründe

I.
1
Die Antragstellerinnen begehren als Vertretungsberechtigte eines Bürgerbegehrens die vorläufige Außervollzugsetzung des Bebauungsplans Nr. … „…“, der von der Antragsgegnerin am 24. April 2024 als Satzung bekannt gemacht worden ist.
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Am 23. April 2024 um 11.35 Uhr reichten die Antragstellerinnen bei der Antragsgegnerin Unterschriften zur Beantragung eines Bürgerentscheids unter der Bezeichnung „Grünlandfläche an der D. straße“ ein. Das Bürgerbegehren bezieht sich auf ein Bebauungsplanverfahren, das die erstmalige Bebauung bisheriger Grünflächen im Gemeindegebiet vorsieht. Die Fragestellung lautete: „Sind Sie dafür, dass die geplante Bebauung der Fläche an der D. straße zwischen W. Weg, P. weg und dem G. im Norden (Bebauungsplan Nr. **) eingestellt wird und die Fläche somit in ihrer ursprünglichen Nutzung als Grünland erhalten bleibt?“
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Am Abend desselben Tages fasste der Bau- -und Umweltausschuss der Antragsgegnerin den Satzungsbeschluss des streitgegenständlichen Bebauungsplans. Dessen ortsübliche Bekanntmachung erfolgte am folgenden Tag (24. April 2024).
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Mit E-Mail vom 2. Mai 2024 bestätigte die Antragsgegnerin der Antragstellerin zu 1, dass die nach Art. 18a GO erforderliche Anzahl an Unterschriften erreicht sei. Mit Bescheid vom 27. Mai 2024 lehnte die Antragsgegnerin das Bürgerbegehren als unzulässig ab.
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Mit Bescheid vom 24. Oktober 2024 erteilte das Landratsamt eine Baugenehmigung zur Errichtung von sechs Mehrfamilienhäusern samt Tiefgarage und 20 oberirdischen Stellplätzen in dem Plangebiet.
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Am 21. März 2025 erhoben die Antragstellerinnen Normenkontrollklage, über die noch nicht entschieden ist. Zur Begründung ihres am gleichen Tag gestellten Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, insbesondere ihrer Antragbefugnis, führen ihre Bevollmächtigten aus, die Antragstellerinnen seien durch die Anwendung des Bebauungsplans in ihren Rechten aus Art. 7 Abs. 2 und Art. 12 Abs. 3 BV verletzt. Aus diesen folge, dass eine Gemeinde das grundsätzliche Recht ihrer Bürger auf Durchführung von Bürgerbegehren und Bürgerentscheid beachten müsse. Dementsprechend sei in der Rechtsprechung anerkannt, dass die Vertreter eines Bürgerbegehrens ab der Einreichung der Unterschriftenlisten einen im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes durchsetzbaren, grundsätzlichen Anspruch auf Sicherung der Durchführung des erstrebten Bürgerentscheids hätten. Die betreffende Gemeinde dürfe daher den Bürgerentscheid nicht durch die Schaffung vollendeter Tatsachen leerlaufen lassen oder anderweitig vereiteln. So habe die Antragsgegnerin trotz der erfolgten Einreichung der Unterschriften den Bebauungsplan beschlossen und bekannt gemacht. Dabei sei es den Vertretern des Bürgerbegehrens rechtlich und faktisch unmöglich gewesen, rechtzeitig den Erlass einer einstweiligen Sicherungsanordnung zu beantragen, um so die Bekanntmachung des Bebauungsplans zu verhindern. Ferner habe die Antragsgegnerin aufgrund von Falschinformationen durch das Wahlamt und den Ersten Bürgermeister zur Anzahl der benötigten Unterschriften die Entscheidung über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens verzögert. Die dadurch eingetretene Verletzung des Sicherungsrechts aus Art. 7 Abs. 2 und Art. 12 Abs. 3 BV führe vorliegend zur Nichtigkeit des streitgegenständlichen Bebauungsplans. Die Dringlichkeit ihres Antrags begründen die Antragstellerinnen insoweit, als die Schaffung vollendeter Tatsachen verhindert werden solle. Denn der bestehende Baum- und Gehölzbestand sei gerodet und jedenfalls eine Baugenehmigung bereits erteilt worden. Es müsse jederzeit mit einem Baubeginn gerechnet werden.
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Die Antragstellerinnen beantragen,
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den Bebauungsplan der Antragsgegnerin Nr. … „…“, in Kraft getreten am 24. April 2024, durch den Erlass einer einstweiligen Anordnung außer Vollzug zu setzen.
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Die Antragsgegnerin beantragt,
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den Antrag abzulehnen.
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Sie führt aus, dass die Antragstellerinnen nicht antragsbefugt seien. Denn eine Antragsbefugnis, die die Antragstellerinnen aus dem Sicherungsrecht des von ihnen vertretenen Bürgerbegehrens ableiten, bestehe jedenfalls nicht mehr. Der Sicherungszweck des Bürgerbegehrens könne nicht mehr erreicht werden, weil sich das Bürgerbegehren, das auf Einstellung des Bauleitverfahrens gerichtet sei, durch den Erlass des Bebauungsplans und der dessen Festsetzungen ausschöpfenden Baugenehmigung zeitlich überholt und damit erledigt habe. Danach habe ein Sicherungsanspruch nur bis zur Bekanntmachung des Bebauungsplans bestanden. Darüber hinaus fehle dem Antrag das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Die Antragstellerinnen hätten nicht dargelegt, inwieweit ihnen durch die Außervollzugsetzung des Bebauungsplans ein rechtlicher oder tatsächlicher Vorteil erwachse. Insbesondere könne durch die Außervollzugsetzung das ursprüngliche Bürgerbegehren nicht zugelassen und durchgeführt werden. Ebenso wenig sei von den Antragstellerinnen ein schwerer Nachteil oder andere wichtige Gründe, die eine Außervollzugsetzung des Bebauungsplans erfordern, dargelegt worden. Schließlich sei auch kein Anordnungsgrund gegeben, weil die vorläufige Außervollzugsetzung des Bebauungsplans lediglich die künftige Anwendung des Bebauungsplans untersage. Daher wären die Antragstellerinnen in jedem Fall gezwungen, die Baugenehmigung anzugreifen und die Wirksamkeit des Bebauungsplans inzident prüfen zu lassen, sollte ihnen eine Klagebefugnis zugestanden werden.
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Im Übrigen wird auf die Gerichtsakten und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
II.
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Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO bleibt ohne Erfolg. Der Normenkontrolleilantrag ist bereits unzulässig, weil den Antragstellerinnen das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis fehlt.
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1. Das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis ist dann nicht gegeben, wenn der Antragsteller sein Ziel auf anderem Weg schneller und einfacher erreichen kann oder ein Erfolg seine Rechtsstellung nicht verbessern würde (vgl. BVerwG, U.v. 10.3.1998 – 4 CN 6.97 – NVwZ 1998, 732; Wöckel in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, vor § 40 Rn. 12). Mit dem Erfordernis eines allgemeinen Rechtsschutzinteresses soll vermieden werden, dass die Gerichte in eine Normprüfung und eine Entscheidung über die Außervollzugsetzung eintreten müssen, deren Ergebnis für den Antragsteller wertlos ist. Zwar wird nicht verlangt, dass die angestrebte gerichtliche Entscheidung zum eigentlichen Rechtsschutzziel führt, sondern es genügt, wenn die gerichtliche Entscheidung die Rechtsstellung des Antragstellers verbessern kann (vgl. BVerwG, U.v. 23.4.2002 – 4 CN 3.01 – NVwZ 2002, 1126 zum Normenkontrollverfahren). Eine vorläufige Außervollzugsetzung des Bebauungsplans ist aber für den Antragsteller in der Regel dann nutzlos, wenn eine (jedenfalls) bestandskräftige Baugenehmigung vorliegt, durch welche (nahezu) der gesamte Bebauungsplan bereits ausgenutzt wird (vgl. BayVGH, B.v. 12.1.2012 – 2 NE 11.2623 – juris Rn. 14; B.v. 7.7.2003 – 1 NE 03.984 – juris Rn. 15; VGH BW, B.v. 3.7.2013 – 8 S 907/13 – juris Rn. 4; Schoch in Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, Stand August 2024, § 47 Rn. 151b). Denn die Außervollzugsetzung des Bebauungsplans durch eine einstweilige Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO wirkt nicht für die Vergangenheit. Sie führt lediglich dazu, dass der angefochtene Bebauungsplan ab dem Zeitpunkt der Anordnung vorläufig nicht mehr angewendet werden kann (vgl. BayVGH, B.v. 4.6.2024 – 2 NE 24.849 – juris Rn. 4; B.v. 19.3.2020 – 9 NE 19.2274 – juris Rn. 24; NdsOVG, B.v. 11.9.2019 – 1 MN 94/19 – juris Rn. 17; Schoch in Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, Stand August 2024, § 47 VwGO Rn. 185; Hoppe in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 47 Rn. 103). Mit der einstweiligen Anordnung könnte der Bebauungsplan auch nicht vorläufig für unwirksam erklärt werden, so dass damit auch nicht die (vorläufig) verbindliche Klärung einer Rechtsfrage verbunden ist. Wegen dieser eingeschränkten Wirkung, die bereits ergangene Verwaltungsakte und ihre Ausnutzung unberührt lässt, kann ein Bauvorhaben, für das bereits eine Baugenehmigung erteilt wurde, mit einer einstweiligen Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO nicht mehr verhindert werden (vgl. BayVGH, B.v. 26.6.2001 – 15 NE 01.1292 – juris Rn. 15; VGH BW, B.v. 3.7.2013 – 8 S 907/13 – juris Rn. 4; NdsOVG, B.v. 5.6.2008 – 1 MN 328/07 – juris Rn. 65; OVG NW, B.v. 9.12.1996 – 11a B 1710/96.NE – NVwZ 1997, 1006). Insbesondere hieran anknüpfende Ansprüche des Antragstellers, etwa auf ermessensgerechte Entscheidung der Behörde über einen Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens oder auf Rücknahme der unanfechtbar erteilten Baugenehmigung, liegen indes bei Beachtung des Vertrauensschutzes des Bauherrn regelmäßig so fern, dass mit ihrer Möglichkeit allein ein Rechtsschutzbedürfnis in der Regel nicht begründet werden kann (vgl. BVerwG, B.v. 28.8.1987 – 4 N 3.86 – BVerwGE 78, 85; BayVGH, B.v. 10.12.2020 – 2 N 18.632 – juris Rn 12; U.v. 1.6.2015 – 2 N 13.2220 – BayVBl 2015, 864; OVG MV, U.v. 13.8.2019 – 3 K 217/15 – juris Rn. 36).
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1.1 So liegt der Fall hier. Eine vorläufige Außervollzugsetzung des Bebauungsplans würde die Ausnutzung der erteilten Baugenehmigung zur erstmaligen Bebauung des Plangebiets, wogegen sich das Bürgerbegehren richtet, nicht verhindern. Die hier inmitten stehende Bebauungsplanänderung ermöglicht den Neubau von sechs Mehrfamilienhäusern samt Tiefgarage und oberirdischen Stellplätzen. Mit der erteilten Baugenehmigung vom 14. Oktober 2024 werden diese Festsetzungen umgesetzt und damit der Bebauungsplan im Wesentlichen ausgeschöpft. Weitere Baugenehmigungen sind nicht zu erwarten. Gegenteiliges haben die Antragstellerinnen auch nicht dargetan.
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1.2 Auch ist die Baugenehmigung vom 14. Oktober 2024 bestandskräftig. Nach Mitteilung der Beklagten ist die Baugenehmigung lediglich von den Antragstellerinnen angegriffen worden. Die nach Antragstellung des Normenkontroll(eil) antrags beim Verwaltungsgericht eingereichte Klage der Antragstellerinnen gegen die Baugenehmigung ist indes nicht geeignet, die Bestandskraft der Baugenehmigung zu hindern. Denn die Klage auf Aufhebung der Baugenehmigung ist mangels Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO unzulässig.
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Nach der Regelung des § 42 Abs. 2 VwGO muss der Kläger geltend machen, durch den Verwaltungsakt in seinen Rechten verletzt zu sein. Dabei ist es ausreichend, wenn der jeweilige Kläger hinreichend substantiiert Tatsachen vorträgt, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass er durch den Verwaltungsakt in einem subjektiven Recht verletzt wird. Nur dann, wenn eine Rechtsverletzung offensichtlich und eindeutig nach jeder Betrachtungsweise ausscheidet, kann die Klagebefugnis verneint werden (vgl. BVerwG, U.v. 16.6.2011 – 4 CN 1.10 – BVerwGE 140, 41; BayVGH, B.v. 25.3.2025 – 2 N 23.915 und 2 N 23.953 – juris Rn. 13; B.v. 13.9.2024 – 2 NE 24.326 – juris Rn. 11; B.v. 30.6.2022 – 2 NE 22.1132 – juris Rn. 12 zur Antragsbefugnis eines Normenkontroll(eil) antrags).
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Danach liegt eine Rechtsverletzung der Antragstellerinnen als Vertreterinnen des Bürgerbegehrens durch die Baugenehmigung offensichtlich nicht vor. Die Antragstellerinnen können insoweit nur eine Verletzung eines möglichen Sicherungsrechts aus Art. 7 Abs. 2 und Art. 12 Abs. 3 BV rügen, das mit Einreichung des Bürgerbegehrens am 23. April 2024 entstanden sein könnte.
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1.2.1. Das Recht auf Durchführung eines Bürgerentscheids ist in Art. 7 Abs. 2 und Art. 12 Abs. 3 BV als demokratisches Teilhaberecht verfassungsrechtlich verankert, seine Ausgestaltung in Art. 18a GO geregelt. Um dem grundsätzlichen Anspruch auf Durchführung des Bürgerentscheids gerecht zu werden, sieht die Regelung des Art. 18a Abs. 9 GO vor, dass ab positiver Entscheidung über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens bis zur Durchführung des Bürgerentscheids eine Sperrwirkung eintritt. Diese verbietet grundsätzlich eine dem Begehren entgegenstehende Entscheidung der Gemeindeorgane oder den Beginn des Vollzugs einer derartigen Entscheidung. Darüber hinaus ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass bereits ab Einreichung des Bürgerbegehrens, aber vor Eintritt der gesetzlichen Sperrwirkung, das Recht auf Durchführung eines Bürgerentscheids gegenüber Entscheidungen der Gemeinde im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes nach § 123 VwGO gesichert werden kann, wenn das Bürgerbegehren zulässig ist (vgl. BayVGH, U.v. 2.7.2002 – BayVBl 2002, 670; Wachsmuth in Kommunalverfassungsrecht Bayern, Stand April 2025, Art. 18a GO Nr. 2.4.7.3).
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1.2.2 Hier kann es dahin gestellt bleiben, ob ein eventueller Verstoß gegen das aus Art. 7 Abs. 2 und 12 Abs. 3 BV abzuleitende Sicherungsrecht auf Durchführung eines Bürgerentscheids grundsätzlich nach Vollzug der im Wege des Bürgerentscheids zu verhindernden Maßnahmen eine Klagebefugnis begründen kann oder mit der Entscheidung bzw. Vollzug der abzuwehrenden Handlungen endet (vgl. Thum, Rechtsfolgen bei Missachtung der Sperrwirkung oder des Sicherungsrechts eines Bürgerbegehrens, KommP BY 2006, S. 85, wonach jedenfalls die Möglichkeit der Normenkontrolle bzw. des Normenkontrolleilantrags für unter Verletzung der in Art. 18a Abs. 9 GO vorgesehenen Sperrwirkung ergangene Satzungen offen stehen soll). Denn selbst diese Annahme zugrunde gelegt, scheidet hier eine Rechtsverletzung eines möglichen Sicherungsrechts jedenfalls durch die vom Landratsamt erteilte Baugenehmigung aus. Die Geltendmachung des Sicherungsrechts kann nur die Gemeinde auf ein künftiges Verhalten festlegen. Daher kann ein wirksamer Eilrechtsschutz durch das einstweilige Verbot entgegenstehender gemeindlicher Maßnahmen entsprechend Art. 18a Abs. 9 GO das Recht auf Durchführung des Bürgerentscheids sicherstellen. Dagegen besteht keine rechtliche Möglichkeit im Wege des Eilrechtschutzes, nicht von der Sperrwirkung oder dem Sicherungsrecht erfasste behördliche Stellen zu Sicherungsmaßnahmen zu verpflichten (vgl. BayVGH, B.v. 13.12.2010 – 4 CE 10.2839 – juris Rn. 25; Suerbaum/ Retzmann in BeckOK, Kommunalrecht Bayern, Stand Mai 2025, Art. 18a GO Rn. 63). Danach wäre eine Geltendmachung des Rechts zur Sicherung der Durchführung des Bürgerentscheids gegenüber dem Landratsamt als im Rechtsstreit nicht beteiligte staatliche Baugenehmigungsbehörde mit dem Ziel der vorläufigen Untersagung der Erteilung der Genehmigung erfolglos gewesen. Wenn schon ein etwaiges Sicherungsrecht vor Erlass der Baugenehmigung nicht dazu führen kann, die Erteilung der Baugenehmigung durch das Landratsamt als nicht einem etwaigen Sicherungsanspruch unterliegende Behörde zu verhindern, kann es erst recht nicht nach Erteilung der Baugenehmigung zu einer Rechtsposition, hier der Klagebefugnis, verhelfen, die Voraussetzung für eine gerichtliche Aufhebung der Baugenehmigung gegenüber der im Rechtsstreit nicht beteiligten staatlichen Behörde wäre. Insoweit kann jedenfalls hier das Sicherungsrecht auf Durchführung des Bürgerentscheids nicht Grundlage einer möglichen Rechtsverletzung durch die Baugenehmigung sein.
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Angesichts der bestandskräftigen Baugenehmigung, die den Regelungsgehalt des inmitten stehenden Bebauungsplans im Wesentlichen ausschöpft, kann die gerichtliche Entscheidung über den Normenkontrolleilantrag die Rechtsstellung der Antragstellerinnen als Vertreterinnen des Bürgerbegehrens somit nicht verbessern.
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2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 159 Satz 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 und 8 GKG.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).