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VG München, Urteil v. 03.06.2025 – M 5 K 22.32475
Titel:

Asyl, Uganda, Politische Unterstützung der NUP, Inhaftierung, unglaubhaft

Normenketten:
AsylG § 3
AufenthG § 60
Schlagworte:
Asyl, Uganda, Politische Unterstützung der NUP, Inhaftierung, unglaubhaft
Fundstelle:
BeckRS 2025, 15373

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1
Die Kläger sind ugandischer Staatsangehörige. Sie reisten am 22. April 2022 auf dem Luftweg in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 5. Mai 2022 unbeschränkte Asylanträge.
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Bei ihrer Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am 21. November 2022 gab die Klägerin zu 1) für sich und ich am ... 2020 geborenen Kind an, dass sie Uganda verlassen habe, da sie für die politischen Partei The National Unity Platform (NUP) aktiv gewesen sei. Ihre Aufgabe sei in dieser Partei gewesen, die Jugendlichen dazu zu bewegen, ihre ID Karten von den Behörden zu holen und an den Wahlen teilzunehmen. Ihre Gruppe hätten die Jugendlichen angesprochen und ihnen bewusst gemacht, in den verschiedenen Wahl-Registrierungsbüros nachzuschauen, ob sie dort aufgelistet worden seien.
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Im Januar 2021 eine Woche vor der Wahl sei etwas passiert. Nach ihrer Arbeit sei sie zum Supermarkt gegangen um einzukaufen. Als sie von dem Supermarkt rausgekommen sei, sei ihr Weg von zwei Männern blockiert worden. Sie hätten sie beschimpft, weiterhin hätten sie ihr gesagt, weil sie sich für Rot (Partei-Farbe) entschieden habe, müsse sie büßen. Sie hätten sie in einem schwarzen Van gedrängt. Nach einer Weile hätten sie sie zu einem unbekannten Ort geführt. Sie habe später festgestellt, dass diese Leute der NRM (National Resistance Movement) gewesen seien. Sie hätten sie gefoltert und ihr gesagt, dass sie die Seite wechseln solle, ansonsten würden sie sie
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töten. Sie habe ihr Kind nicht stillen können, eine Entzündung und Fieber bekommen, außerdem aufgrund der Schläge Verletzungen an den Beinen gehabt. Sie gezwungen worden politisch die Seite zu wechseln, was sie auch getan habe.
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Auch sei ihr Stiefvater – welcher selbst nicht politisch aktiv gewesen sei – sei durch einen Angriff von Mitgliedern der NRM ums Leben gekommen. Die Familie habe ihr die Schuld dafür gegeben.
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Mit Bescheid vom 14. April 2022 erkannte das Bundesamt die Flüchtlingseigenschaft nicht zu (Nr.1), lehnte den Antrag auf Asylanerkennung ab (Nr. 2) und erkannte den subsidiären Schutzstatus nicht zu (Nr. 3). Zudem stellte das Bundesamt fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) nicht vorliegen (Nr. 4) und forderte die Klagepartei auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen, andernfalls wurde der Klagepartei die Abschiebung nach Uganda oder in einen anderen Staat, in den die Klagepartei einreisen darf oder der zu ihrer Rücknahme verpflichtet ist, angedroht (Nr. 5). Das gesetzliche Einreise und Aufenthaltsverbot wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 6).
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Am 28. April 2022 hat die Klagepartei Klage erhoben und beantragt,
I.
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Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 14. Dezember 2022 wird in den Ziff. 1.), 3.) bis 6.) aufgehoben.
II.
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Die Beklagte wird verpflichtet, den Klägern die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen,
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hilfsweise den Klägern den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen,
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hilfsweise festzustellen, dass bei den Klägern Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG hinsichtlich Ugandas vorliegen.
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Die Klägerin zu 1.) habe die politische Arbeit von R. K. S. unterstützt sei Mitglied der National Unity Platform (NUP). Sie war in der Jugendarbeit der Partei engagiert und war insbesondere dafür zuständig, Erstwähler für die NUP zu rekrutieren. Sie sei vorverfolgt ausgereist. Zum Gesundheitszustand der Klägerin zu 1) sei mitzuteilen, dass sie mittlerweile unter einer chronisch rezidivierenden Pankreatitis nach ICD10: K86.18 leide. Es ist ein ärztliches Attest vom 7. März 2025 sowie ein ärztliche Stellungnahme vom 27. Januar 2023 vorgelegt worden, die der Klägerin zu 1) eine Pankreatitis attestieren.
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Die Beklagte hat die Akten vorgelegt, ohne sich in der Sache zu äußern.
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Mit Beschluss vom 7. Februar 2025 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen, § 76 Abs. 1 AsylG.
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Die Klägerin zu 1) ist im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 23. Mai 2025 informatorisch angehört worden.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die vorgelegte Behördenakte sowie das Protokoll vom 23. Mai 2025 verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Über die Klage konnte trotz des Nichterscheinens der Beklagten in der mündlichen Verhandlung verhandelt und entschieden werden, da sie ordnungsgemäß geladen und dabei auf die Folgen ihres Ausbleibens hingewiesen wurde (vgl. § 102 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung(/VwGO).
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Die zulässige Klage ist unbegründet. Der streitgegenständliche Bescheid stellt sich im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 des Asylgesetzes/AsylG) als rechtmäßig dar und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 und 5 VwGO). Das Gericht folgt insoweit den Ausführungen im streitgegenständlichen Bescheid (§ 77 Abs. 3 AsylG).
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1. Den Klägern steht weder ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§ 3 AsylG), noch ein Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes (§ 4 AsylG) zu.
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a) Nach § 3 Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 AsylG besteht ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft bzw. Anerkennung als Asylberechtigte (bei Einreise auf dem Luftweg) dann, wenn sich der Ausländer aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt oder dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will und er keine Ausschlusstatbestände erfüllt. Eine Verfolgung i.S.v. § 3 Abs. 1 AsylG liegt nach § 3a AsylG bei Handlungen vor, die auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Artikel 15 Abs. 2 der Konvention vom 4. November 1959 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist (§ 3a Abs. 1 Nr. 1 AsylG), oder in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte bestehen, die so gravierend sind, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nr. 1 beschriebenen Weise betroffen ist (§ 3a Abs. 1 Nr. 2 AsylG). Als Verfolgung im Sinne des Abs. 1 können unter anderem gemäß § 3a Abs. 2 AsylG die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt, gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden oder auch unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung gelten. Dabei muss zwischen den genannten Verfolgungsgründen und den als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen gemäß § 3a Abs. 3 AsylG eine Verknüpfung bestehen.
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Die Verfolgung kann gemäß § 3c AsylG vom Staat oder von Parteien oder Organisationen ausgehen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, oder aber von nichtstaatlichen Akteuren, sofern die vorgenannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d AsylG Schutz vor Verfolgung zu bieten und dies unabhängig davon, ob im Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.
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Die Flüchtlingseigenschaft wird nicht zuerkannt, wenn im Herkunftsland eine interne Schutzmöglichkeit besteht, § 3e AsylG.
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Die Furcht vor Verfolgung ist begründet, wenn dem Ausländer die Gefahren aufgrund der in seinem Herkunftsland gegebenen Umstände in Anbetracht seiner individuellen Lage tatsächlich drohen; das entspricht dem Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit. Dieser Wahrscheinlichkeitsmaßstab setzt voraus, dass bei einer zusammenfassenden Würdigung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhalts die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen. Dabei ist eine „qualifizierende“ Betrachtungsweise im Sinne einer Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung anzuwenden. Es kommt darauf an, ob in Anbetracht dieser Umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Betroffenen Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann (vgl. BVerwG, U.v. 20.2.2013 – 10 C 23/12 – juris Rn. 32; B.v. 7.2.2008 – 10 C 33/07 – juris Rn. 37).
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Die begründete Furcht vor Verfolgung kann dabei sowohl auf tatsächlich erlittener oder unmittelbar drohender Verfolgung bereits vor der Ausreise im Herkunftsstaat (Vorverfolgung) oder auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Ausländer das Herkunftsland verlassen hat (Nachfluchtgründe), insbesondere auch auf einem Verhalten des Ausländers, das Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsland bestehenden Überzeugung oder Ausrichtung ist (§ 28 Abs. 1a AsylG).
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Der der Prognose zugrunde zu legende Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit bleibt auch dann unverändert, wenn der Ausländer bereits Vorverfolgung erlitten hat. Allerdings ist nach Art. 4 Abs. 4 der RL 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 – Qualifikationsrichtlinie – (ABl. L 337 S. 9) die Tatsache, dass ein Ausländer bereits verfolgt wurde bzw. von solcher Verfolgung unmittelbar bedroht war, ein ernsthafter Hinweis darauf, dass die Furcht des Ausländers vor Verfolgung begründet ist, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass der Ausländer erneut von solcher Verfolgung bedroht wird. Dies ist im Sinne einer widerlegbaren tatsächlichen Vermutung zu verstehen (vgl. BVerwG, U.v. 27.4.2010 – 10 C 5/09 – juris Rn. 23).
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Das Gericht muss auf einer hinreichenden Tatsachengrundlage von der Richtigkeit seiner gewonnenen Prognose drohender Verfolgung die volle richterliche Überzeugung erlangt haben (vgl. BVerwG, U.v. 13.2.2014 – 10 C 6/13 – juris Rn. 18).
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Für die Beurteilung der Glaubhaftigkeit des Vorbringens gilt nach den in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen, die sich in Art. 4 Abs. 1, 2 und 5 der Qualifikationsrichtlinie widerspiegeln, dass es dem Ausländer obliegt, von sich aus umfassend die Gründe für das verfolgungsbedingte Verlassen der Heimat substantiiert, unter Angabe genauer Einzelheiten und in sich stimmig darzulegen.
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Der Vortrag, insbesondere zu den in die eigene Sphäre fallenden Ereignissen, muss geeignet sein, den Schutzanspruch lückenlos zu tragen (vgl. BVerwG, U.v. 24.3.1987 – 9 C 321/85 – juris Rn. 9).
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Das Gericht muss sich in vollem Umfang die Überzeugung von der Wahrheit des von dem Ausländer behaupteten individuellen Verfolgungsschicksals verschaffen, wobei allerdings der typische Beweisnotstand hinsichtlich der Vorgänge im Herkunftsland bei der Auswahl der Beweismittel und bei der Würdigung des Vortrags und der Beweise angemessen zu berücksichtigen ist. Unauflösbare Widersprüche und erhebliche Steigerungen des Vorbringens sind hiermit unvereinbar und können dazu führen, dass dem Vortrag im Ganzen nicht geglaubt werden kann, es sei denn, die Widersprüche und Unstimmigkeiten können überzeugend aufgelöst werden (vgl. BVerwG, U.v. 12.11.1985 – 9 C 27/85 – juris Rn. 11 ff.; B.v. 21.7.1989 – 9 B 239/89 – juris Rn. 3).
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b) Gemessen an diesen Maßstäben erfüllen die Kläger die Voraussetzungen für die die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nicht. Das Gericht ist nach dem persönlichen Eindruck, den es von der Klägerin zu 1) in der mündlichen Verhandlung gewonnen hat, nicht überzeugt, dass die Klägerin zu 1) in Uganda politisch aktiv gewesen ist und bereits politisch verfolgt worden ist oder dass ihr im Falle ihrer Rückkehr nach Uganda mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit die geltend gemachte politische Verfolgung droht.
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aa) Die Klägerin zu 1) hat nicht glaubhaft gemacht, dass sie sich in Uganda politisch engagiert hat und deshalb politisch verfolgt worden sei. Denn es finden sich zahlreiche Widersprüche und Ungenauigkeiten im Vortrag. Auch ist ihr Vortrag zum Teil sehr lebensfern.
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So gelingt es der Klägerin zu 1) nicht plausibel darzulegen, warum sie genau im Februar 2020 politisch aktiv geworden ist und genau zu diesem Zeitpunkt die Jugend hat mobilisiert.
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Daran, dass die Klägerin Mitglied der NUP ist hat das Gericht keine Zweifel. Dies hat sie durch ihren Mitgliedsausweis und die vorgelegten Fotos darlegen können. So gibt sie an 2018 Mitglied er NUP geworden zu sein. Da sie aber die Partei noch analysieren musste, sei sie erst im Februar 2020 für die Partei aktiv geworden. Es erscheint lebensfern, dass man erst viele Monate nach dem Eintritt in eine Oppositionspartei, die teilweise unter Repressalien der Regierung leidet, anfängt die Partei zu analysieren. Die Analyse eine Partei und Auseinandersetzung mit den Inhalten der Partei erfolgt in der Regel vor dem Eintritt in eine Partei.
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Die Kläger zu 1) führt weiter aus, dass die Initialzündung für ihr Aktivwerden, ihre Motivation gewesen sei gegen die Korruption vorzugehen. Sie habe zudem nicht mehr unter demselben Präsidenten leben wollen der seit ihrer Geburt regiere. Die Präsidentenwahl hat im Januar 2021 stattgefunden, der Beginn der politischen Aktivität der Klägerin zu 1) war im Februar 2020, also noch ein knappes Jahr vor der Präsidentschaftswahl. Einen plausiblen Grund, warum die Klägerin Hochschwanger (Geburtstermin ihres Kindes ist der 8.2.2020) mit ihren Aktivitäten genau im Februar 2020 begonnen hat vermag die Klägerin nicht zu erklären. Zumal sie erst auf Nachfrage des Gerichtes, erwähnt, dass sie Schwanger gewesen ist und dass sie trotz Schwangerschaft nicht aufgegeben habe. Sie sei ja durch die Schwangerschaft nicht behindert oder eingeschränkt. Weiter führt sie auf Rückfrage des Gerichts aus, dass sie nachdem sie entbunden hatte, nicht aktiv gewesen sei und sich um das Kind gekümmert habe. Es erscheint sehr lebensfern, wenn eine Frau acht Tage vor ihrer Entbindung beginnt politisch erstmals aktiv zu werden in der Form, dass sie zu den Leuten geht und diese mobilisieren versucht. Zumal die Klägerin zu 1) auch angegeben hat, dass sie zwar Hauptsächlich in Kansanga, ihrem Wohnort, die Leute angesprochen habe, aber auch zu anderen Städten gefahren sei.
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Weiter erscheint lebensfern, dass die Klägerin zu 1), obwohl sie nach ihrer Entbindung die aktive Tätigkeit eingestellt hat, im November 2020 bedroht und im Januar 2021 entführt worden sein soll.
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bb) Unabhängig davon ist auch insgesamt kein politisches Engagement von hinreichender Intensität erkennbar, das eine politische (Vor-)Verfolgung im Allgemeinen wahrscheinlich machen würde. Die Klägerin hat insbesondere nicht glaubhaft gemacht, wieso sie sich für eine politische Verfolgung besonders exponiert hätte.
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Nach dem Länderinformationsblatt Uganda des Österreichischen Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27. September 2017 (S. 6 f.) kann die politische Lage in Uganda als relativ stabil bezeichnet werden. Nach der Wahl 2021 errangen die Oppositionsparteien NUP einen Stimmenanteil von 34,83%, die FDC einen Stimmenanteil von 3,24% (Konrad-Adenauer-Stiftung, Länderbericht Januar 2021, Wahlen in Uganda, S. 2). Nach der Erkenntnislage droht jedenfalls solchen Personen, die sich in herausgehobener Stellung in einer Oppositionspartei engagiert haben, eine Verfolgung in Uganda. Insbesondere die Führung des Kampagnenteams von B. W. (R. K.) ist kurz vor den am 14. Januar 2021 abgehaltenen Wahlen festgenommen worden (Konrad-Adenauer-Stiftung, Länderbericht Januar 2021, Wahlen in Uganda, S. 1). Ebenso kann nicht ausgeschlossen werden, dass entsprechende Maßnahmen auch gegenüber Personen angewendet werden, die dem persönlichen Umfeld von populären Oppositionspolitikern zugerechnet werden (VG München, U.v. 25.4.2023 – M 5 K 19.33903 – juris Rn. 29). Der Sicherheitsapparat des Landes wurde daneben insbesondere in Wahljahren zur Einschüchterung und Einschränkung der Medien eingesetzt (Konrad-Adenauer-Stiftung, Länderbericht Januar 2021, Wahlen in Uganda, S. 1 f.).
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Die von der Klägerin geschilderten Tätigkeiten stellen kein herausgehobenes Engagement für eine der Oppositionsparteien dar, sodass nicht ersichtlich ist, wieso sie mit einer politischen Verfolgung rechnen muss. Die Klägerin steht nicht in einer hinreichenden Verbindung zur politischen Bewegung „People Power Movement“ oder zur Oppositionspartei NUP, der „B. W.“ vorsteht. Sie hat nicht dargelegt, dass sie sich in der Bewegung oder Partei besonders engagiert hat. Vielmehr hat die Klägerin angegeben, dass sie und „B. W.“ sich nicht kennen würde und sie keine offizielle Funktion innehabe. Selbst wenn sie ein Treffen des „People Power Movement“ organisiert haben sollte, stellt dies kein herausgehobenes Engagement dar, das eine Verfolgung wahrscheinlich machen würde. Dies gilt auch für ihren Einsatz als politische Aktivistin. Insbesondere hat die Klägerin nicht glaubhaft gemacht, tatsächlich über sensible Informationen über illegale Enteignungen zu verfügen, die Regierungsmitarbeiter belasten könnten. Die Ausführungen hierzu sind wenig nachvollziehbar. Ein darüberhinausgehendes Engagement, mit dem sich die Klägerin besonders exponiert hätte und mit dem sie ins Fadenkreuz von Regierung oder Polizei gelangt sein soll, hat sie nicht glaubhaft dargelegt. Das geschilderte Engagement erreicht diese Schwelle nicht.
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Gegen eine tatsächliche Verfolgungsgefahr spricht auch, dass sich die Klägerin bis zu ihrer Ausreise noch 15 Monate in Uganda aufgehalten hat, ohne eine Verfolgung erlitten zu haben. Die Behauptete Verfolgung ihrer Steifvaters in dieser Zeit erscheint lebensfern. Es ist nicht ersichtlich, weshalb dieser den Repressalien anstellende der Klägerin zu 1) ausgesetzt worden sein sollte. Zudem war zu diesem Zeitpunkt die Wahl bereits vorbei und den angeblichen Verfolgern wäre es ohne weiteres möglich gewesen den Steifvater unbehelligt zu lassen und in das Haus zu gehen, in dem sich die Klägerin zu 1) zum Zeitpunkt des Angriffs auf den Stiefvater vor dem Haus, aufgehalten haben will. Daneben sind seit dem Zeitpunkt des geschilderten politischen Engagements inzwischen über drei Jahre vergangen, sodass nicht erkennbar ist, dass der Klägerin (noch) eine Verfolgung drohen sollte.
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c) Das Bundesamt hat im Übrigen zu recht die Zuerkennung subsidiären Schutzes (§ 4 AsylG) abgelehnt. Insbesondere hat die Klägerin nicht glaubhaft gemacht, dass sie in Uganda von staatlichen Stellen gefoltert worden sei. Hinsichtlich der Zweifel an der Glaubwürdigkeit ihres Vortrages wird auf die Ausführungen zum Flüchtlingsschutz verwiesen. Es ist nicht ersichtlich, wieso ihr in Uganda Folter oder eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung drohen sollte. Auch insoweit wird auf die Ausführungen zum Flüchtlingsschutz Bezug genommen.
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2. Ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG besteht für die Kläger nicht.
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Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention – EMRK) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist. Nach Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Strafe unterworfen werden. Folter in diesem Sinne ist jede absichtliche unmenschliche Behandlung, die sehr schweres und grausames Leid verursacht. Strafen sind Maßnahmen mit Sanktionscharakter. Sie sind unmenschlich oder erniedrigend, wenn die mit ihnen verbundenen Leiden oder Erniedrigungen über das in rechtmäßigen Bestrafungsmethoden enthaltene unausweichliche Leidens- oder Erniedrigungselement hinausgeht. Eine Behandlung ist unmenschlich im Sinne des Art. 3 EMRK, wenn absichtlich schwere psychische oder physische Leiden zugefügt werden, und erniedrigend, wenn sie in den Opfern Gefühle der Angst, der Schmerzen und der Unterlegenheit wecken, die geeignet sind, die Opfer in den eigenen Augen zu demütigen und ihren körperlichen und moralischen Widerstand zu brechen (vgl. Möller/Stiegeler in Hofmann, Ausländerrecht, 2. Auflage 2016, § 60 AufenthG Rn. 25 f. m.w.N.). Da der Verweis auf die EMRK lediglich zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse umfasst (BVerwG, U.v. 31.1.2013 – 10 C 15/12 – NVwZ 2013, 1167, beck-online Rn. 35), kann sich ein Abschiebungsverbot nur aus einer dem widersprechenden Behandlung im Zielstaat ergeben. Voraussetzung für ein Abschiebungsverbot gem. § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK ist, dass dem Betroffenen im Falle einer Abschiebung im Zielgebiet mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine einzelfallbezogene, individuell bestimmte und erhebliche Gefahr der Folter oder unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Bestrafung droht (BVerwG, B.v. 17.04.2008 – 10 B 28/08 – juris Rn. 6). Es bedarf somit einer tatsächlichen Gefahr („real risk“, EGMR, Große Kammer, U. v. 28.02.2008 – 37201/06 – juris). Eine solche kann auch von nichtstaatlichen Akteuren oder von den allgemeinen Lebensumständen ausgehen (vgl. Möller/Stiegeler in Hofmann, Ausländerrecht, 2. Auflage 2016, § 60 AufenthG Rn. 21 m.w.N.).
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Daran gemessen ergibt sich für die Kläger kein Abschiebungsverbot aus den allgemeinen Lebensumständen in Uganda. Insbesondere ist davon auszugehen, dass die Kläger zu 1) in der Lage sein wird, den Lebensunterhalt der Familie zu erwirtschaften. Dies ist ihr vor der Ausreise auch gelungen. Die Klägerin ist einer Beschäftigung nachgegeben und hat einen Universitätsabschluss. Zudem kann sie auf die Unterstützung ihres Ehemannes und/oder ihrer Familie zurückgreifen.
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3. Es liegen zum Entscheidungszeitpunkt auch die Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot gem. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vor.
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Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Erforderlich ist somit eine mit hoher Wahrscheinlichkeit drohende Extremgefahr.
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Eine Extremgefahr für Leib, Leben oder Freiheit durch eine Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure oder aufgrund der wirtschaftlichen Lage kommt von vorherein nicht in Betracht, wenn bereits die gegenüber § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG geringere Gefahrenschwelle des § 60 Abs. 5 AufenthG (vgl. BVerwG, B.v. 23.8.2018 – 1 B 42.18 – juris Rn. 13; BayVGH, U.v. 6.6.2020 – 13a B 18.32817 – juris Rn. 37; VG München, B.v. 8.10.2021 – M 8 S 21.31595 – Rn. 41, n.v.) nicht erreicht ist.
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Für ein Abschiebungsverbot aus gesundheitlichen Gründen ist erforderlich, dass sich eine nachgewiesenermaßen aktuell vorhandene (vgl. BayVGH, U.v. 14.11.2019 – 13a B 19.31153 – juris Rn. 53 zur Aussagekraft in zeitlicher Hinsicht) Erkrankung des Ausländers aufgrund zielstaatsbezogener Umstände in einer Weise verschlimmern, die zu einer erheblichen und konkreten Gefahr für Leib und Leben führen, das heißt, dass eine wesentliche Verschlimmerung der Erkrankung alsbald nach der Rückkehr des Ausländers droht (vgl. BVerwG, U.v. 17.10.2006 – 1 C 18/05 – juris Rn. 15). Eine wesentliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes liegt nicht schon dann vor, wenn von einer Heilung der Erkrankung im Zielland der Abschiebung wegen der dortigen Verhältnisse nicht auszugehen ist, die Erkrankung sich aber auch nicht gravierend zu verschlimmern droht. Das Abschiebungsverbot dient nämlich nicht dazu, dem ausreisepflichtigen erkrankten Ausländer die Heilung seiner Erkrankung im Rahmen des sozialen Systems der Bundesrepublik Deutschland zu eröffnen; vielmehr stellt es alleine den Schutz vor einer gravierenden Beeinträchtigung von Leib und Leben im Zielland einer Abschiebung oder Rückkehr sicher. Der Ausländer muss sich grundsätzlich auf den Behandlungsstandard, der in seinem Herkunftsland für die von ihm geltend gemachten Erkrankungen allgemein besteht, verweisen lassen, wenn damit keine grundlegende Gefährdung verbunden ist (OVG NW, B.v. 15.9.2003 – 13 A 3253/03.A – juris). Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat gleichwertig ist mit derjenigen in der Bundesrepublik Deutschland (§ 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG).
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Dabei kann sich eine krankheitsbedingte zielstaatsbezogene Gefahr im Einzelfall auch daraus ergeben, dass der erkrankte Ausländer eine notwendige und an sich in Zielstaat verfügbare medizinische Behandlung tatsächlich – auch aus finanziellen Gründen – nicht erlangen kann (vgl. BVerwG, U.v. 22.3.2012 – 1 C 3/11 – juris Rn. 34). Beim gesundheitlichen Grund muss es sich um äußerst gravierende, insbesondere lebensbedrohliche Erkrankungen handeln (vgl. Koch in BeckOK AuslR, Stand 1.7.2020, § 60 AufenthG, Rn. 40 mit Verweis auf BT-Drs. 18/7538, 18). An die Gefahrenprognose hinsichtlich der Erheblichkeit der Verschlechterung des Gesundheitszustandes ist der Maßstab der hohen Wahrscheinlichkeit anzulegen, der dann erfüllt ist, wenn der Ausländer bei einer Rückkehr in den Abschiebungszielstaat einer extremen Gefahrenlage ausgesetzt wäre (vgl. BVerwG, B.v. 23.8.2018 – 1 B 42/18 – juris Rn. 13 m.w.N.), aufgrund der er gewissermaßen sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgesetzt wäre (vgl. BayVGH, B.v. 24.7.2015 – 9 ZB 14.30457 – juris Rn. 11 m.w.N.).
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Die vom Kläger zu 1) geltend gemachte chronisch rezidivierende Pankreatitis führt nicht zur Feststellung eines krankheitsbedingten Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Eine solche Erkrankung ist gem. § 60 Abs. 7 Satz 2 in Verbindung mit § 60a Abs. 2c Satz 2 und 3 AufenthG durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung nachzuweisen, die insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach der ärztlichen Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten soll.
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Das vorgelegte Attest der Hausärztin vom 7. März 2025 erfüllt diese Voraussetzungen nicht, da insbesondere weder die individuellen Folgen der Erkrankung, noch die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist sowie die Methode der Tatsachenerhebung benannt ist.
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Auch der vorläufige Arztbrief vom 23. August 2022 benennt die individuellen Folgen der Erkrankung nicht, zumal der dieser Arztbrief wohl nicht mehr hinreichen aktuell sein dürfte.
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Auch die ärztliche Stellungnahme vom 27. Januar 2023 erfüllt dies oben genannten Voraussetzungen nicht, da insbesondere weder die individuellen Folgen der Erkrankung, noch die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist sowie die Methode der Tatsachenerhebung benannt ist.
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4. Auch die Abschiebungsandrohung und das Einreise- und Aufenthaltsverbot sind rechtmäßig. Insbesondere steht der Gesundheitszustand der Klägerin zu 1) einer Abschiebung nach § 34 Abs. 1 Satz. 1 Nr. 4 AsylG nicht entgegen (siehe Rn. 44ff.)
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5. Die Kostenfolge ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. Zivilprozessordnung (ZPO).