Inhalt

VG München, Beschluss v. 04.06.2025 – M 5 E 25.618
Titel:

Einstweilige Anordnung, Stellenbesetzung, Abbruch des Besetzungsverfahrens, Stiftungsprofessur, Außerordentliche Kündigung des Stiftungsvertrags, Keine Besetzung beabsichtigt, Nachgeschobene Gründe, Fehlende Kausalität

Normenketten:
VwGO § 123
GG Art. 33 Abs. 2
Schlagworte:
Einstweilige Anordnung, Stellenbesetzung, Abbruch des Besetzungsverfahrens, Stiftungsprofessur, Außerordentliche Kündigung des Stiftungsvertrags, Keine Besetzung beabsichtigt, Nachgeschobene Gründe, Fehlende Kausalität
Fundstelle:
BeckRS 2025, 15372

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
1
Die Hochschule für angewandte Wissenschaften X. schrieb im Jahr 2022 die Stelle einer W2-Professur für „Digitalization in Board and Paper Industry“ aus. Bewerbungen sollten bis 31. August 2022 eingereicht werden. In der Ausschreibung ist angegeben, dass es sich um eine auf zehn Jahre befristete Stiftungsprofessur im Umfang von 25% einer Vollzeitstelle handle.
2
Nach einem Vertrag des Instituts für Verfahrenstechnik Papier e.V. (IVP) und dem Antragsgegner vom 22. Februar 2021 / 9. März 2021 (in der Fassung des Änderungsvertrags vom 22. / 28.11.2021) verpflichtet sich das IVP, ab dem Zeitpunkt der Besetzung der Professur dem Antragsgegner jährlich eine Geldsumme zur Verfügung zu stellen, der verpflichtet ist, den Betrag zur Finanzierung der Personalkosten zu verwenden. In § 5 Abs. 3 dieses Vertrages ist festgehalten, dass jedem Vertragspartner ein außerordentliches Kündigungsrecht zusteht, wenn bis zum 31. Dezember 2022 keine Ruferteilung an einen Bewerber / eine Bewerberin für die Stiftungsprofessur erfolgt ist.
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Nach Vorgesprächen mit sieben Bewerbern wurden fünf Kandidaten zu einer Probelehrveranstaltung eingeladen. Die Berufungskommission schlug am 20. Januar 2023 den Antragsteller als Listenkandidaten vor. Für die Präsidiumssitzung am 23. Mai 2023 und die Senatssitzung wurde der Antragsteller an Nr. 1 einer Zweierliste gesetzt. Mit Schreiben vom 7. Januar 2025 wurde dem Antragsteller mitgeteilt, dass das Berufungsverfahren für die Stelle einer W2-Professur für „Digitalization in Board and Paper Industry“ eingestellt worden sei. Hiergegen hat der Antragsteller am 7. Januar 2025 Widerspruch erhoben, über den – soweit ersichtlich – noch nicht entschieden ist.
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Am 31. Januar 2025 hat der Antragsteller den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt. Ein sachlicher Grund für den Abbruch des Auswahlverfahrens sei von der Hochschule weder dargetan noch sei ein solcher ersichtlich.
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Der Antragsteller hat beantragt,
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Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, das an der Hochschule für angewandte Wissenschaften X. eingeleitete Stellenbesetzungsverfahren betreffend die W2-Professur für Digitalization in Board and Paper Industry, Kennziffer BV … fortzuführen.
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Die Hochschule für angewandte Wissenschaften tritt dem Antrag entgegen, ohne einen Antrag zu stellen. Sie teilte mit Schriftsatz vom 19. März 2025 mit, dass es sich bei der streitgegenständlichen Professur um eine Stiftungsprofessur handle. Zwischen dem Stifter, dem Institut für Verfahrenstechnik Papier e.V., und dem ausgewählten Bewerber bestehe eine enge familiäre Beziehung. Die Hochschule habe sich daher bemüht, mit dem Stifter eine Einigung dahin zu erzielen, den zweitplatzierten Bewerber zu berufen oder den Stiftungsvertrag so zu ändern, dass die Berufung eines Angehörigen im Sinn von Art. 20 des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (BayVwVfG) eines Vorstandsmitglieds des Stifters ausgeschlossen sei. Da es zu keiner Einigung gekommen sei, habe sich die Hochschule dazu entschlossen, den Stiftungsvertrag außerordentlich zu kündigen. Das sei am 19. März 2025 erfolgt. Damit sei der Professur die rechtliche und vor allem finanzielle Grundlage entzogen. Die Entscheidung zur Kündigung des Stiftungsvertrags sei von der Hochschulleitung am 15. Oktober 2024 getroffen und vom Senat der Hochschule am 20. November 2024 einstimmig bestätigt worden. Die verzögerte Kündigungserklärung am 19. März 2025 sei nur auf die Überlastung der sachbearbeitenden Stelle zurückzuführen.
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Der Antragsteller entgegnete hierauf, dass er sich als der fachlich am besten geeignete Kandidat erwiesen habe. Die externen Gutachter hätten ihm hinsichtlich seiner fachlichen, pädagogischen und persönlichen Eignung jeweils das Prädikat „Hervorragend“ gegeben. Der Abbruch des Stellenbesetzungsverfahrens sei allein zur Vermeidung des Anscheins einer unzulässigen Bevorzugung – die nachweislich nicht gegeben sei – erfolgt und stelle sich als sachlich ungerechtfertigte, unzulässige Diskriminierung des Antragstellers dar. Die Hochschule habe den Stiftungsvertrag für den Antragsgegner auch erst am 19. März 2025 außerordentlich gekündigt. Der Vorstand des IVP bestehe aus vier Personen und nicht nur aus der Person, die ein naher Verwandter des Antragstellers sei. Die Entscheidung zur Ausschreibung der Stelle sei im Vorstand einstimmig getroffen worden. Die Entscheidung der Hochschule beruhe auf einer unzutreffenden sachlichen Grundlage. Es bestehe kein sachlicher Grund, der aus Sicht der Hochschule die Besorgnis einer „Klüngelei“ rechtfertigen könne.
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Bezüglich weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten verwiesen.
II.
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Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zulässig, jedoch unbegründet.
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1. Gemäß § 123 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung/VwGO kann das Gericht auch schon vor Klageerhebung eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung des Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Dafür muss sowohl ein Bedürfnis für die Inanspruchnahme vorläufigen Rechtsschutzes (Anordnungsgrund) als auch ein Anordnungsanspruch vorliegen, d.h. die bei summarischer Überprüfung der Sach- und Rechtslage hinreichende Aussicht auf Erfolg oder zumindest auf einen Teilerfolg des geltend gemachten Begehrens in der Hauptsache.
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2. Der Antragsteller hat keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Gegen die Entscheidung, die Besetzung der Professur abzubrechen (im Schreiben vom 7.1.2025 als Verfahrenseinstellung bezeichnet), ist rechtlich nichts zu erinnern.
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a) Einen Rechtsanspruch auf Übertragung der streitgegenständlichen Stelle hat der Antragsteller nicht. Ein solcher lässt sich nach herrschender Rechtsprechung nicht aus der Fürsorgepflicht ableiten, die sich auf das vom Beamten begleitete Amt beschränkt und somit amtsbezogen ist. Der Antragsteller hat aber einen Bewerbungsverfahrensanspruch, d.h. einen Anspruch darauf, dass der Dienstherr den Dienstposten unter Berücksichtigung des in Art. 33 Abs. 2 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland – Grundgesetz/GG, Art. 94 Abs. 2 Satz 2 der Verfassung für den Freistaat Bayern/BV, § 9 des Beamtenstatusgesetzes/BeamtStG und Art. 16 Abs. 1 des Gesetzes über die Leistungslaufbahn und die Fachlaufbahnen der Bayerischen Beamten und Beamtinnen – Leistungslaufbahngesetz/LlbG normierten Leistungsgrundsatzes vergibt und seine Auswahlentscheidung nur auf Gesichtspunkte stützt, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Bewerber betreffen.
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Nach der vom Bundesverfassungsgericht gebilligten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kommt dem Dienstherrn hinsichtlich der Beendigung eines eingeleiteten Bewerbungs- und Auswahlverfahrens zwar ein weites organisations- und verwaltungspolitisches Ermessen zu (BVerfG, B.v. 12.7.2011 – 1 BvR 1616/11 – juris Rn. 24). Ist der Dienstherr der Auffassung, dass eine konkrete Stelle mit dem ursprünglich festgelegten Zuschnitt und der ursprünglichen besoldungsrechtlichen Einstufung nicht mehr besetzt werden soll, so ist die verwaltungsgerichtliche Kontrolle darauf beschränkt, ob sich die Abbruchentscheidung als willkürlich oder rechtsmissbräuchlich erweist. Denn die Entscheidung, einen bereits ausgeschriebenen Dienstposten nicht mehr wie ursprünglich geplant besetzen zu wollen, ist der personalwirtschaftlichen Entscheidung darüber gleichgestellt, ob und welche Ämter geschaffen und wie Dienstposten zugeschnitten werden sollen. Das unterfällt dem weiten, dem Anwendungsbereich des Art. 33 Abs. 2 GG vorgelagerten Organisationsermessen des Dienstherrn, weshalb in einem solchen Fall ein abgesenkter Prüfungsmaßstab zur Anwendung kommt (BVerwG, B.v. 10.12.2018 – 2 VR 4/18 – NVwZ 2019, 724, juris Rn. 15 ff.).
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b) Der Abbruch des Besetzungsverfahrens für die Stelle einer W2-Professur für „Digitalization in Board and Paper Industry“ erweist sich weder als willkürlich noch rechtsmissbräuchlich. Denn durch die außerordentliche Kündigung des Stiftungsvertrags nach § 5 Abs. 3 des Vertrags ist die finanzielle Grundlage zur Aufbringung der Mittel für die Personalkosten der ausgeschriebenen Professur entfallen.
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Das IVP sollte mit den im Stiftungsvertrag festgelegten Mitteln im Wesentlichen die Personalkosten der Professur für die Dauer von zehn Jahren finanzieren (§ 1 Abs. 1 des Vertrags). Auch wenn noch weitere Personalkosten für die Stelle bei der Hochschule verbleiben würden, so werden die wesentlichen Mittel für die Personalkosten dieser Professur durch das IVP getragen. Die Stelle ist kongruent hierzu auch nur als auf zehn Jahre befristete Stiftungsprofessur ausgeschrieben. Durch die außerordentliche Kündigung fallen die im Stiftungsvertrag vereinbarten Mittel weg. Da weder vorgetragen noch ersichtlich ist, dass die Hochschule anderweitige Mittel zur (vollständigen) Finanzierung der Professur zur Verfügung hat, kann der Abbruch des Besetzungsverfahrens für diese Stelle nicht als willkürlich oder rechtsmissbräuchlich angesehen werden. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass der Grund für den Abbruch die außerordentliche Kündigung des Stiftungsvertrags darstellt. Auch wenn diese erst am 19. März 2025 ausgesprochen wurde, war die Hochschulverwaltung durch die von der Hochschulleitung am 15. Oktober 2024 beschlossene und vom Senat der Hochschule am 20. November 2024 einstimmig bestätigte Kündigung des Stiftungsvertrags verpflichtet, die Kündigung auszusprechen. Der maßgebliche Grund für den Abbruch des Besetzungsverfahrens – die außerordentliche Kündigung – lag damit bereits im Zeitpunkt der Mitteilung des Abbruchs des Besetzungsverfahrens am 7. Januar 2025 vor. Die Rechtsgründe für die Geltendmachung der außerordentlichen Kündigung des Vertrags sind bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit des Abbruchs nicht weiter durch das Gericht zu überprüfen. Dabei ist jedenfalls ein willkürliches oder rechtsmissbräuchliches Vorgehen nicht zu sehen. Denn bereits aufgrund des Umstands, dass bis zum 31. Dezember 2022 eine Ruferteilung für die Professur nicht erfolgt ist, ist die außerordentliche Kündigung des Vertrags nach § 5 Abs. 3 des Vertragstextes zulässig. Darauf hat sich der Antragsgegner in seinem Kündigungsschreiben vom 19. März 2025 auch berufen.
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3. Der Verstoß des Antragsgegners gegen die Verpflichtung, die Gründe für den Abbruch des Besetzungsverfahrens schriftlich zu dokumentieren und den Bewerbern mitzuteilen, wirkt sich auf die Rechtmäßigkeit der Entscheidung, das Besetzungsverfahren abzubrechen, nicht aus.
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a) In formeller Hinsicht müssen die Bewerber von dem Abbruch rechtzeitig und in geeigneter Form Kenntnis erlangen. Der Dienstherr muss unmissverständlich zum Ausdruck bringen, dass er das Stellenbesetzungsverfahren ohne Stellenbesetzung endgültig beenden will. Der für den Abbruch maßgebliche Grund muss, sofern er sich nicht evident aus dem Vorgang selbst ergibt, schriftlich dokumentiert werden. Die Bewerber sollen hierdurch in die Lage versetzt werden, etwa auch anhand von Akteneinsicht darüber befinden zu können, ob Rechtsschutz in Anspruch genommen werden soll, weil die Entscheidung des Dienstherrn ihren Bewerbungsverfahrensanspruch berührt. Darüber hinaus verschafft erst die Dokumentation des wesentlichen Grundes für den Abbruch des Auswahlverfahrens auch dem Gericht die Möglichkeit einer Überprüfung (BVerfG, B.v. 28.11.2011 – 2 BvR 1181/11 – BayVBl 2012, 241, juris Rn. 23; BVerwG, B.v. 10.12.2018 – 2 VR 4.18 – NVwZ 2019, 724, juris Rn. 18; BayVGH, B.v. – 3 CE 18.2608 – juris Rn. 20).
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Gegen diese rechtliche Verpflichtung hat der Antragsgegner verstoßen. In der dem Antragsteller zugesandten Abbruchentscheidung vom 7. Januar 2025 sind keinerlei Gründe genannt. Auch den vorgelegten Akten ist der Grund für den Abbruch nicht zu entnehmen. Die Abbruchgründe wurden erst mit den Schriftsätzen der Hochschule vom 19. März 2025 und 9. April 2025 an das Gericht im vorliegenden Verfahren benannt.
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Der Fehler einer unterlassenen Dokumentation der Gründe für den Abbruch des Besetzungsverfahrens gegenüber einem Bewerber kann im gerichtlichen Verfahren nicht geheilt werden, weil damit der gerichtliche Rechtsschutz für den Betroffenen unzumutbar erschwert würde. Zwar lässt § 114 Satz 2 VwGO die Ergänzung von Ermessenserwägungen im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens zu, nicht aber eine vollständige Nachholung oder Auswechslung der die Auswahlentscheidung tragenden Gründe. Eine erstmals im Verlauf eines gerichtlichen Verfahrens erfolgende schriftliche Fixierung der für den Dienstherrn tragenden Erwägungen, die zu der Abbruchentscheidung geführt haben, kann dagegen nicht zur Rechtmäßigkeit der Entscheidung führen. Andernfalls wäre der gerichtliche Rechtschutz für den Bewerber unzumutbar erschwert, der sich – vergeblich – um die Stelle beworben hat. Denn dieser kann zum Zeitpunkt der Stellung seines Eilantrages die Erfolgsaussichten bei einer solchen Verfahrensweise nicht mehr hinreichend sicher einschätzen (vgl. BVerfG, B.v. 9.7.2007 – 2 BvR 206/07 – NVwZ 2007, 343, juris Rn. 21 ff.; OVG RhPf, B.v. 23.12.2013 – 2 B 11209/13 – DÖD 2014, 97, juris Rn. 5; VG München, B.v. 10.1.2023 – M 5 E 22.5159 – juris Rn. 37 zu einer „Negativmitteilung“ im Rahmen einer Auswahlentscheidung).
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b) Allerdings wirkt sich dieser Rechtsverstoß nicht auf die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Abbruchentscheidung aus. Der Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers wird dadurch nicht verletzt (OVG RhPf, B.v. 23.12.2013 – 2 B 11209/13 – DÖD 2014, 97, juris Rn. 6 f. zu einer nachgeschobenen Begründung für eine Auswahlentscheidung). Der Antragsgegner hat – wie sich aus den nachgeschobenen Gründen ergibt – das Besetzungsverfahren weder willkürlich noch rechtsmissbräuchlich abgebrochen. Die Bewerbung des Antragstellers ist als offensichtlich chancenlos zu bewerten, da bei einer erneuten Entscheidung über den Abbruch unter Berücksichtigung der nachgeschobenen Begründung eine Fortführung des Verfahrens ausgeschlossen erscheint (zu einer nachgeschobenen Begründung für eine Auswahlentscheidung: BVerwG, U.v. 9.5.2019 – 2 C 1.18 – ZBR 2020, 35, juris Rn. 72; SächsOVG, B.v. 17.8.2006 – 1 BS 138/06 – NVwZ 2007, 847, juris Rn. 7 f.; VG München, B.v. 10.1.2023 – M 5 E 22.5159 – juris Rn. 38; a.A. Lindner, NVwZ 2013, 547/550 – Verwertungsverbot für nachgeschobene Gründe; ebenso: Schenke, FS Schnapp, S. 655/663). Der Fehler des Nachschiebens von Gründen ist für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Abbruchentscheidung nicht kausal.
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4. Vor diesem Hintergrund kann für die Entscheidung offenbleiben, ob der Antragsteller auch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht hat. Hieran bestehen massive Zweifel.
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Der Antragsteller begehrt die zeitnahe Fortführung des begonnenen Auswahlverfahrens mit dem bestehenden Bewerberkreis. Effektiver Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes/GG) gegen den unberechtigten Abbruch eines Auswahlverfahrens kann – grundsätzlich – nur im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes erlangt werden (vgl. BVerwG, U.v. 3.12.2014 – 2 A 3/13 – BVerwGE 151, 14, juris Rn. 22; BayVGH, B.v. 8.7.2011 – 3 CE 11.859 – juris Rn. 22). Das Erfordernis einer zeitnahen Klärung, da sowohl der Dienstherr als auch die Bewerber Klarheit darüber brauchen, in welchem Auswahlverfahren die Stelle vergeben wird, wird auch in der Konstellation bejaht, in der der Antragsgegner die Stelle mit dem ursprünglich festgelegten Zuschnitt und der ursprünglich besoldungsrechtlichen Einstufung nicht mehr besetzen will (BVerwG, B.v. 10.12.2028 – 2 VR 4/18 – NVwZ 2019, 724, juris Rn. 11, 15).
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Die vorliegende Konstellation unterscheidet sich von der letztgenannten dabei in dem wesentlichen Punkt, dass der Antragsgegner aufgrund der außerordentlichen Kündigung des Stiftungsvertrags zur wesentlichen Finanzierung der Stelle für die nächsten zehn Jahre und damit des Wegfalls der zur Finanzierung der Stelle zur Verfügung stehenden Mittel auf unabsehbare Zeit nicht beabsichtigt, über die Besetzung der Stelle neu zu entscheiden. Anders als bei einer erneuten Ausschreibung der Stelle mit einem neuen Aufgabenzuschnitt und anderer besoldungsrechtlichen Bewertung soll die Stelle im streitgegenständlichen Verfahren überhaupt nicht mehr besetzt werden. In der hier vorliegenden, außergewöhnlichen Situation ist nicht ersichtlich, warum aus Gründen der Rechtssicherheit oder der Effektivität des Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) die Entscheidung über den Abbruch der Stellenbesetzung in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens erforderlich sein soll.
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5. Der Antragsgegner hat nach § 155 Abs. 4 VwGO trotz Ablehnung des Antrags die Kosten des Verfahrens zu tragen. In der fehlenden Begründung für den Abbruch des Besetzungsverfahrens sowie der fehlenden Dokumentation der Gründe in dem vorgelegten Behördenvorgang und deren Nachschieben erst im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes liegt ein schuldhaftes Verhalten des Antragsgegners, das die Pflicht zur Kostentragung durch diese Partei nach § 155 Abs. 4 VwGO rechtfertigt (zu einer nachgeschobenen Begründung in einem Auswahlverfahren: OVG RhPf, B.v. 23.12.2013 – 2 B 11209/13 – DÖD 2014, 97, juris Rn. 13; Wöckel in Eyermann, 16. Auflage 2022, § 155 Rn. 13).
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6. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG). Der Ansatz des Regelstreitwertes ist angemessen, weil der Antrag nur auf die Fortsetzung des Auswahlverfahrens, nicht jedoch bereits auf die Vergabe des Dienstpostens gerichtet ist. Eine Halbierung des Streitwerts scheidet ungeachtet des Umstandes, dass es sich um ein Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes handelt, schon deshalb aus, weil der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung für das Begehren auf Fortführung des abgebrochenen Auswahlverfahrens in Betracht kommt (BVerwG, B.v. 10.12.2018 – 2 VR 4.18 – NVwZ 2019, 724, Rn. 23; BayVGH, B.v. 5.2.2019 – 3 CE 18.2608 – juris Rn. 36; B.v. 5.4.2019 – 3 CE 19.314 – RiA 2019, 179, juris Rn. 25).