Inhalt

VG München, Beschluss v. 25.06.2025 – M 5 E 25.1966
Titel:

Einstweilige Anordnung, Stellenbesetzung, Dienstliche Beurteilung darf nicht zur Marginalie werden, Vergleichbarkeit dienstlicher Beurteilungen, Beurteilungszeitraum, Keine Überschneidung

Normenketten:
VwGO § 123
GG Art. 33 Abs. 2
Schlagworte:
Einstweilige Anordnung, Stellenbesetzung, Dienstliche Beurteilung darf nicht zur Marginalie werden, Vergleichbarkeit dienstlicher Beurteilungen, Beurteilungszeitraum, Keine Überschneidung
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 19.09.2025 – 3 CE 25.1419
Fundstelle:
BeckRS 2025, 15371

Tenor

I. Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung untersagt, die in der Ausschreibung vom … Januar 2025 enthaltene Stelle „Sachbearbeitung Arbeits- und Gesundheitsschutz und Logistik (w/m/d)“ mit dem Beigeladenen zu besetzen, solange über die Bewerbung des Antragstellers keine neue Auswahlentscheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts getroffen worden ist.
II. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert wird auf 17.405,98 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
1
Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz im Rahmen eines Stellenbesetzungsverfahrens.
2
Die Antragsgegnerin schrieb am … Januar 2025 zwei Stellen (Besoldungsgruppe A 9Z) mit der Bezeichnung „Sachbearbeitung Arbeits- und Gesundheitsschutz und Logistik (w/m/d)“ aus. Auf diese Ausschreibung bewarben sich unter anderem der Antragsteller sowie der Beigeladene und eine weitere Person.
3
Der 1974 geborene Antragsteller steht als Vertreter Teamleiter Fahrzeug und Gerät sowie als Fahrzeugführer Rettungsmittel im Amt eines Brandinspektors (Besoldungsgruppe A 9) im Dienste der Antragsgegnerin. In der periodischen Beurteilung vom … Februar 2022 für den Beurteilungszeitraum ... Januar 2019 bis … Dezember 2021 erhielt er das Prädikat „Erfüllt die Anforderungen im vollem Umfang“ (dritte von fünf Bewertungsstufen). Gegen diese Beurteilung ist eine Klage beim Verwaltungsrecht München anhängig (M 5 K 23.6001).
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Der Beigeladene wurde zum *. August 2022 von Besoldungsgruppe A 8 nach Besoldungsgruppe A 9 befördert. Für ihn ist gemäß Kapitel I, Ziffer 4.1.3. der Beurteilungsrichtlinien der Antragsgegnerin vom 16. Dezember 2021 eine periodische Beurteilung im Sonderfall für den Zeitraum ... Januar 2022 bis … Juni 2023 erstellt worden. Er erhielt das Gesamtprädikat „Übertrifft deutlich die Anforderungen“ (zweite von fünf Bewertungsstufen).
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Das Ergebnis der Auswahlgespräche ergibt sich aus Anlage 3 (Bl. 19 der Behördenakte). Dort ist ausgeführt, dass die erforderliche Mindestpunktzahl zur Erfüllung der Mindestanforderungen 25 Punkte betrage. Der Antragsteller sei nicht geeignet, da er 23 Punkte erreicht habe. Die Bewertung der neun Fragen ist je mit einem Notenwert versehen.
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In dem Auswahlvermerk (Bl. 9 der Behördenakte) sind die im Auswahlverfahren gestellten Fragen angeführt und festgehalten, dass die dienstliche Beurteilung und das Auswahlgespräch im Verhältnis 50:50 gewichtet worden seien. Die zu erzielende Maximalpunktzahl im Auswahlgespräch setze sich aus maximal 20 Punkte für die fachliche Kompetenz und maximal 30 Punkte für Eignung und Befähigung zusammen. Es werde vorgeschlagen, die Stellen mit dem Beigeladen und der dritten Person zu besetzen. Für den Fall, dass der Beigeladene und/oder die dritte Person die Bewerbung zurückzögen, solle die Ausschreibung aufgehoben werden.
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Mit E-Mail vom … Februar 2025 teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, dass die Auswahl auf eine Person gefallen sei, die das Anforderungsprofil der Stelle noch besser erfülle. Mit Schreiben vom … März 2025 forderte die Antragspartei die Antragsgegnerin auf, die Gründe der Nichtberücksichtigung darzulegen.
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Mit Schreiben vom … März 2025, zugegangen am … März 2025, teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, dass beabsichtigt sei, die Stelle zwei Wochen nach Zugang dieses Schreibens mit dem Beigeladenen zu besetzen. Nach Durchführung der Auswahlgespräche habe die dritte Person ihre Bewerbung zurückgenommen. Das Stellenbesetzungsverfahren für die zweite Stelle solle abgebrochen werden. Am ... Juni 2025 hat die Antragsgegnerin mitgeteilt, dass der Abbruch und Versand von Abbruchmitteilungen betreffend die zweite Stelle noch nicht erfolgt sei.
9
Mit Schriftsatz vom 27. März 2025, eingegangen bei Gericht am selben Tag, hat die Antragstellerpartei den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt. Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch lägen vor. Die Beurteilung des Antragstellers, die zur Auswahlentscheidung herangezogen worden sei, sei rechtswidrig. Auch seien die Beurteilungen des Antragstellers und des Beigeladenen nicht hinreichend vergleichbar. Die Enddaten der jeweiligen Beurteilungszeiträume fielen um 18 Monate auseinander. Auch würden sich diese beiden Beurteilungen nicht einmal für einen kurzen Zeitraum überlappen, so dass durch die insoweit bestehende Aktualitätsdifferenz sowie die mangelnde Überlappung der Beurteilungszeiträume die anzustrebende größtmögliche Vergleichbarkeit der beiden Beurteilungen nicht ausreichend gewährleistet sei.
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Die Antragstellerpartei hat beantragt,
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Dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung – der Dringlichkeit wegen ohne mündliche Verhandlung – vorläufig untersagt, die Stelle „Sachbearbeitung Arbeits- und Gesundheitsschutz und Logistik (w/m/d)“ zu besetzen, solange über die Bewerbung des Antragstellers keine neue Auswahlentscheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts getroffen worden ist.
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Die Antragsgegnerin hat beantragt,
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Der Antrag wird abgelehnt.
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Eine Vergleichbarkeit der Beurteilungen sei gegeben, da jede Beurteilung für sich genommen als aktuell anzusehen sei. Der Antragsgegnerin sei bewusst, dass dies strittig sei und von der erkennenden Kammer in anderen Verfahren bereits anders gesehen worden sei. Der 6. Senat des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (B.v. 25.3.2021 – 6 CE 21.489) habe eine hinreichende Vergleichbarkeit der Beurteilungen in einem ähnlich gelagerten Fall (Regelbeurteilung des Antragstellers für den Zeitraum …10.2014 bis 30.9.2016 sowie eine Anlassbeurteilung des Beigeladenen für den Zeitraum …10.2016 bis …6.2018) angenommen. Das Gericht habe in diesem Fall festgestellt, dass eine Regelbeurteilung nicht schon deswegen „inaktuell“ werde, weil bei einem oder mehreren Mitbewerbern eine Anlassbeurteilung erforderlich geworden sei. Es gebe keinen Grund, auch bei größeren Zeitdifferenzen in der Relation zwischen der jüngeren Anlassbeurteilung und der letzten Regelbeurteilung die Letztgenannte als für den Leistungsvergleich untauglich anzusehen. Der Ausnahmefall, dass eine Anlassbeurteilung nötig werde, führe nicht dazu, dass alle Regelbeurteilten – allein deshalb – nunmehr ebenfalls der Ausnahmekategorie unterfallen und die Ausnahme somit zum überwiegenden Anwendungsfall werde. Andernfalls würde das Aktualitätserfordernis darauf hinauslaufen, dass dienstliche Beurteilungen in einer Art „perpetuum mobile“ jeweils neuen Aktualisierungsbedarf erzeugen würden (BayVGH, B.v. 25.03.2021 – 6 CE 21.489 – juris Rn. 15 m.w.N.).
15
Das Auswahlverfahren habe als strukturiertes Interview stattgefunden. Dabei sei vorab von der Auswahlkommission festgelegt worden, dass von der erforderlichen Eignung und Befähigung erst ausgegangen werden könne, wenn im Auswahlgespräch eine Mindestpunktzahl von 25 Punkten erreicht werde. Der Antragsteller habe jedoch lediglich 23 Punkte erreicht und sei für die Stelle somit nicht geeignet.
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Mit Beschluss vom 11. April 2025 wurde der ausgewählte Bewerber zum Verfahren beigeladen. Dieser hat weder einen Antrag gestellt noch sich sonst zum Verfahren geäußert.
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Bezüglich weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten verwiesen.
II.
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Der zulässige Antrag ist begründet.
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1. Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) kann das Gericht auch schon vor Klageerhebung eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung des Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Nach Satz 2 des § 123 Abs. 1 VwGO sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, notwendig erscheint, um insbesondere wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern. § 123 Abs. 1 VwGO setzt daher sowohl einen Anordnungsgrund, d.h. ein Bedürfnis für die Inanspruchnahme vorläufigen Rechtsschutzes in Form der Gefährdung eines eigenen Individualinteresses, als auch einen Anordnungsanspruch voraus, d.h. die bei summarischer Überprüfung der Sach- und Rechtslage hinreichende Aussicht auf Erfolg oder zumindest auf einen Teilerfolg des geltend gemachten Begehrens in der Hauptsache. Die Antragstellerpartei hat die hierzu notwendigen Tatsachen glaubhaft zu machen.
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2. Der Anordnungsgrund in Form der besonderen Dringlichkeit der begehrten einstweiligen Anordnung ist gegeben. Das Auswahlverfahren für die streitgegenständliche Stelle ist grundsätzlich abgeschlossen. Eine Ernennung des Beigeladenen steht unmittelbar bevor. Der Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers als übergangener Bewerber lässt sich nur vor der Ernennung des ausgewählten Konkurrenten mittels einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO effektiv sichern, da sich der um eine Stellenauswahl geführte Rechtsstreit mit der endgültigen Besetzung der ausgeschriebenen Stelle erledigt (vgl. BVerfG, B.v. 29.6.2003 – 2 BvR 311/03 – NVwZ 2004, 95). Nach herrschender Auffassung in der Rechtsprechung (BVerwG, U.v. 4.11.2010 – 2 C 16/09 – NVwZ 2011, 358) ist mit der endgültigen anderweitigen Besetzung einer Stelle das Besetzungsverfahren grundsätzlich abgeschlossen mit der Folge, dass dem Begehren des Antragstellers, die Auswahlentscheidung zu seinen Gunsten vorzunehmen, nicht mehr entsprochen werden könnte, weil der Dienstherr die Ernennung des Beigeladenen in der Regel nicht mehr rückgängig machen könnte.
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3. Der Antragsteller hat auch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.
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a) Der Antragsteller hat einen Bewerbungsverfahrensanspruch, das heißt einen Anspruch darauf, dass der Dienstherr den Dienstposten unter Berücksichtigung des in Art. 33 Abs. 2 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland (GG), Art. 94 Abs. 2 Satz 2 Verfassung für den Freistaat Bayern (BV) normierten Leistungsgrundsatzes vergibt und seine Auswahlentscheidung nur auf Gesichtspunkte stützt, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Bewerber betreffen (vgl. BVerfG, B.v. 26.11.2010 – 2 BvR 2435/10 – NVwZ 2011, 746, juris; B.v. 2.10.2007 – 2 BvR 2457/04 – NVwZ 2008, 194, juris; BVerwG, U.v. 17.8.2005 – 2 C 36.04 – juris). Bei der Auswahl unter mehreren Bewerbern für eine solche Stelle gilt es daher, den dafür „bestgeeigneten“ Bewerber ausfindig zu machen. Naturgemäß ist bei dieser Prognose auf die Leistungsanforderungen des konkret zu besetzenden Dienstpostens abzustellen, wobei der Dienstherr im Rahmen seines organisatorischen Ermessens bestimmt, welche besonderen Eignungsvoraussetzungen der künftige Amtsinhaber mitbringen muss (Anforderungsprofil) und welchen Gesichtspunkten innerhalb von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung das größere Gewicht zukommen soll (VG München, B.v. 28.8.2006 – M 5 E 06.2324 – juris Rn. 22). Diese Vorgaben dienen zwar vornehmlich dem öffentlichen Interesse an einer bestmöglichen Besetzung, berücksichtigen aber zugleich das berechtigte Interesse eines Kandidaten an einem angemessenen beruflichen Fortkommen. Der Bewerber hat daher einen Anspruch auf rechtsfehlerfreie Auswahl (BVerwG, U.v. 25.8.1988 – 2 C 28/85 – juris; BayVGH, B.v. 25.5.2011 – 3 CE 11.605 – BayVBl 2011, 565, juris; VG München, B.v. 24.10.2012 – M 5 E 12.2637 – juris).
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Aus der Verletzung dieses Anspruches folgt zwar regelmäßig nicht ein Anspruch auf Einstellung oder Beförderung. Vielmehr ist es im Hinblick auf den Beurteilungs- und Ermessensspielraum des Dienstherrn bei der Auswahlentscheidung grundsätzlich nicht Aufgabe des Gerichts, den besser geeigneten Bewerber zu bestimmen und eine eigene Prognose der Erfolgsaussichten der Bewerbung vorzunehmen (vgl. BayVGH, B.v. 5.1.2012 – 7 CE 11.1432 – juris). Der unterlegene Bewerber kann aber eine erneute Entscheidung über seine Bewerbung beanspruchen, wenn seine Auswahl möglich erscheint (BVerfG, B.v. 26.11.2010 – 2 BvR 2435/10 – NVwZ 2011, 746, juris). Aufgrund der Verfahrensabhängigkeit des sich aus Art. 33 Abs. 2 GG ergebenden subjektiven Rechts und der Garantie von Art. 19 Abs. 4 GG sind die Verwaltungsgerichte bei der Auslegung und Anwendung des § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO in beamtenrechtlichen Konkurrentenstreitigkeiten gehalten, den Erfordernissen eines effektiven Rechtsschutzes im Eilverfahren besonders Rechnung zu tragen (vgl. BVerfG, B.v. 29.7.2003 – 2 BvR 311/03 – BayVBl 2004, 17, juris).
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Feststellungen über Eignung, Befähigung und fachliche Leistung von Bewerbern um eine Beförderungsstelle sind in erster Linie auf die aktuellen dienstlichen Beurteilungen zu stützen, denn sie bilden den gegenwärtigen bzw. zeitnah zurückliegenden Stand ab und können somit am besten als Grundlage für die Prognose dafür dienen, welcher der Konkurrenten die Anforderungen der zu besetzenden Stelle voraussichtlich am besten erfüllen wird (BVerwG, B.v. 27.9.2011 – 2 VR 3/11 – NVwZ-RR 2012, 71; vgl. zum Ganzen auch: BayVGH, B.v. 18.6.2012 – 3 CE 12.675 – BayVBl 2013, 335, juris; VG München, B.v. 26.10.2012 – M 5 E 12.3882 – juris; B.v. 24.10.2012 – M 5 E 12.2637 – juris).
25
b) Die Eignung von dienstlichen Beurteilungen als Grundlage für den Bewerbervergleich setzt voraus, dass diese zeitlich aktuell (BVerwG, B.v. 10.5.2016 – 2 VR 2.15 – juris Rn. 22) und inhaltlich aussagekräftig (BVerwG, U.v. 17.9.2015 – 2 C 27.14 – juris Rn. 14) sind. Hierfür ist erforderlich, dass sie die dienstliche Tätigkeit im maßgebenden Beurteilungszeitraum vollständig erfassen, auf zuverlässige Erkenntnisquellen gestützt sind, das Leistungsvermögen hinreichend differenziert darstellen sowie auf gleichen Bewertungsmaßstäben beruhen (BVerwG, U.v. 27.11.2014 – 2 A 10.13 – BVerwGE 150, 359, juris Rn. 21; B.v. 20.6.2013 – 2 VR 1.13 – BVerwGE 147, 20, juris Rn. 18, 21 f.; B.v. 21.12.2016 – 2 VR 1.16 – BVerwGE 157, 168, juris Rn. 24).
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Nach der Rechtsprechung müssen dienstliche Beurteilungen zwar nicht hinsichtlich Beurteilungszeitraum und Stichtag stets und „absolut“ gleich sein (BayVGH, B.v. 6.3.2025 – 6 CE 24.1888 – n.v., Rn. 26 m.w.N.; B.v. 16.10.2023 – 3 CE 23.1070 – juris Rn. 25). Vielmehr gilt der Grundsatz der höchstmöglichen Vergleichbarkeit, der ein Optimierungsziel darstellt, das immer nur so weit wie möglich angestrebt werden kann (BVerwG, U.v. 9.5.2019 – 2 C 1.18 – ZBR 2020, 35, juris Rn. 58). Wird einem Bewerber eine Anlassbeurteilung erteilt, sind nicht allein deshalb für alle Bewerber Anlassbeurteilungen einzuholen (vgl. dazu BVerwG, U.v. 9.5.2019 a.a.O., juris Rn. 57 f.; BayVGH, B.v. 18.9.2020 – 3 CE 20.1849 – juris Rn. 11; zum Ganzen auch: BayVGH, B.v. 26.4.2021 – 3 CE 20.3137 – juris Rn. 20). Dementsprechend sind unterschiedliche Aktualitätsgrade der einer Auswahlentscheidung zugrunde zu legenden Beurteilungen in bestimmten Konstellationen zwangsläufig in Kauf zu nehmen. Maßgeblich ist jedoch, dass ein Qualifikationsvergleich auf der Grundlage beider Beurteilungen ohne ins Gewicht fallende Benachteiligung eines Bewerbers nach dem Grundsatz der Bestenauslese möglich bleibt (vgl. BVerwG, U.v. 9.5.2019 – 2 C 1.18 – ZBR 2020, 35, juris Rn. 59). Die Frage, welche Länge der gemeinsame Beurteilungszeitraum haben muss, um einen Qualifikationsvergleich nach dem Grundsatz der Bestenauslese ohne ins Gewicht fallende Benachteiligung eines Bewerbers zu ermöglichen, ist unter Betrachtung aller Umstände des Einzelfalles zu entscheiden (vgl. BayVGH, B.v. 16.10.2023 – 3 CE 23.1070 – juris Rn. 25 m.w.N.; ThürOVG, B.v. 28.11.2017 – 2 EO 524/17 – juris Rn. 9).
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Dabei ist zu beachten, dass die einzelnen Beurteilungszeiträume der zur Auswahlentscheidung herangezogenen dienstlichen Beurteilungen im Wesentlichen übereinstimmen müssen, weil nur so eine vergleichbare Aussagekraft zu Eignung, Befähigung und Leistung der Bewerber untereinander gewährleistet ist (BayVGH, B.v. 6.3.2025 – 6 CE 24.1888 – n.v., Rn. 26; B.v. 16.10.2023 – 3 CE 23.1070 – juris Rn. 25 m.w.N.). Umgekehrt fehlt es an einem aussagekräftigen aktuellen Vergleich der Leistungen, wenn die der Auswahlentscheidung zugrundeliegenden Beurteilungszeiträume überhaupt nicht oder nur noch geringfügig übereinstimmen (so OVG LSA, B.v. 7.12.2009 – 1 M 84/09 – juris Rn. 18).
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Die Eignung von (Anlass-)Beurteilungen als Instrument zur „Klärung einer Wettbewerbssituation“ erfordert die Gewährleistung ihrer Vergleichbarkeit in zeitlicher Hinsicht und setzt aus Gründen der Chancengleichheit voraus, dass einem Bewerber durch die für ihn zeitnah erstellte Beurteilung gegenüber anderen Bewerbern mit Regelbeurteilungen kein deren Bewerbungsverfahrensanspruch tangierender Vorteil dadurch erwachsen darf, dass bei dem aktuell Beurteilten neuere Erkenntnisse in die Beurteilung einfließen konnten (vgl. BayVGH, B.v. 6.3.2025 – 6 CE 24.1888 – n.v., Rn. 26; B.v. 18.9.2020 – 3 CE 20.1849 – juris Rn. 11). Für eine konkrete Verwendungsentscheidung ist der aktuelle Leistungsstand ausschlaggebend. Erkenntnisse, die einen länger zurückliegenden Zeitraum betreffen, sind für die Entscheidung regelmäßig von geringerem Gewicht. Daher ist für die Vergleichbarkeit dienstlicher Beurteilungen von weitaus größerer Bedeutung, dass der von ihnen abgedeckte Zeitraum zum gleichen Stichtag oder zumindest nicht zu erheblich auseinanderfallenden Stichtagen endet, als dass der jeweils erfasste Beurteilungszeitraum zum gleichen Stichtag beginnt (OVG NW, B.v. 1.10.2015 – 6 B 1027/15 – juris Rn. 5; NdsOVG, B.v. 11.4.2018 – 5 ME 21/18 – ZBR 2018, 394, juris Rn. 13). Bei welcher Zeitspanne vor diesem Hintergrund von erheblich auseinanderfallenden Stichtagen ausgegangen werden kann, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Mit einzubeziehen ist unter anderem, ob Regel- und/oder Anlassbeurteilungen verglichen werden, zu welchen Stichtagen oder in welchen Zeiträumen regelmäßig Beurteilungen erstellt werden und wie lang der gemeinsame Beurteilungszeitraum ist (vgl. NdsOVG, B.v. 11.4.2018 – 5 ME 21/18 – ZBR 2018, 394, juris Rn. 13).
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4. Unter Anwendung dieser Grundsätze leidet die Auswahlentscheidung an Rechtsfehlern.
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a) Die Annahme der Antragsgegnerin, der Antragsteller sei auf Grund der im Auswahlgespräch erreichten 23 Punkte für die Stelle ungeeignet, hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Die Annahme der Nichteignung ausschließlich Anhand einer zu erreichenden Mindestpunktzahl im Auswahlgespräch blendet die Aussagen hinsichtlich der Eignung, die in der dienstlichen Beurteilung über einen längeren Beobachtungszeitraum getroffen worden sind, völlig aus. Dadurch wird die dienstliche Beurteilung zur Marginalie, was nicht zulässig ist (vgl. BayVGH, B.v. 8.2.2018 – 3 CE 17.2304 – juris Rn. 13 a.E.).
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b) Dessen ungeachtet wurde die Vorgabe, dass zur Erfüllung der Mindestanforderungen insgesamt 25 Punkte erreicht werden müssen durch den Dienstherrn nicht zu Beginn des Auswahlverfahrens transparent für den Bewerberkreis festgelegt. Es erscheint naheliegend, dass die Auswahlentscheidung auch deswegen an einem rechtlichen Fehler leidet.
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Will der Dienstherr unabhängig von der Frage, ob eine im Wesentlichen gleiche Eignung der Bewerber vorliegt, die Auswahl auch auf Grundlage von Auswahlgesprächen treffen, so ist zur verfahrensmäßigen Absicherung des Bewerbungsverfahrensanspruchs erforderlich, dass der Dienstherr dies mit der Ausschreibung abstrakt oder im Einzelfall festlegt. Denn bei der Frage, unter welchen Voraussetzungen und mit welchem Gewicht ein wissenschaftlich fundiertes Auswahlverfahren als Entscheidungsgrundlage zur Anwendung kommt, handelt es sich um eine Organisationsgrundentscheidung, die der Dienstherr nicht im laufenden Auswahlverfahren in Kenntnis der Bewerber- und Beurteilungslage treffen kann (zu alldem VG München, B.v. 22.3.2024 – M 5 E 23.5825 – juris Rn. 48 ff.). Denn mit dieser Grundentscheidung kann der Dienstherr unmittelbar Einfluss auf das Ergebnis des Auswahlverfahrens nehmen, indem er darüber entscheidet, welche Bewerber ungeeignet sind und aus dem weiteren Auswahlverfahren ausscheiden.
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Die Anforderung einer Mindestpunktzahl von 25 Punkten im Auswahlgespräch ergibt sich lediglich in der Auswahlvormerkung (Bl. 19 der Verwaltungsakte). Laut Mitteilung der Antragsgegnerin vom 3. Juni 2025 ergibt sich, dass die Mindestpunktzahl nicht bereits früher, insbesondere mit der Ausschreibung getroffen worden wäre oder sich allgemein aus Richtlinien etc. ergibt. Um sicherzustellen, dass der Bewerbungsverfahrensanspruch der Bewerber hinreichend Geltung erlangen kann, sind verfahrensmäßige Absicherungen zu treffen, die einer gezielten Steuerung des laufenden Auswahlverfahrens entgegenwirken (vgl. BayVGH, B.v. 8.2.2018 – 3 CE 17.2304 – RiA 2018, 131, juris Rn. 13; eingehend VG München, B.v. 22.3.2024 – M 5 E 23.5825 – juris Rn. 52 ff.).
34
c) Auch die zur Auswahlentscheidung herangezogenen periodischen dienstliche Beurteilungen des Antragstellers vom … Februar 2022 für den Beurteilungszeitraum *. Januar 2019 bis … Dezember 2021 und der periodischen dienstlichen Beurteilung des Beigeladenen vom … Dezember 2021 für den Beurteilungszeitraum ... Januar 2022 bis … Juni 2023 sind nicht hinreichend miteinander vergleichbar. Die von der Antragsgegnerin zitierte Rechtsprechung des 6. Senats des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (B.v. 25.3.2021 – 6 CE 21.489 – juris) vermag die Kammer nicht zu überzeugen, da die oben zitierte Rechtsprechung des 3. Senats des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (B.v. 16.10.2023 – 3 CE 23.1070 – juris Rn. 25) aktueller ist und auch ausdrücklich von gemeinsamen Beurteilungszeitraum spricht. Da sich die Beurteilungszeiträume der herangezogenen dienstlichen Beurteilungen überhaupt nicht überschneiden, ist nicht sichergestellt, dass ein Qualifikationsvergleich ohne eine ins Gewicht fallende Benachteiligung eines Bewerbers nach dem Grundsatz der Bestenauslese möglich ist (vgl. BVerwG, U.v. 9.5.2019 – 2 C 1.18 – juris Rn. 59; BayVGH, B.v. 6.3.2025 – 6 CE 24.1888 – n.v., Rn. 26; B.v. 16.10.2023 – 3 CE 23.1070 – juris Rn. 25). Dass in Einzelfällen, in welchen wie hier kein Überlappungszeitraum gegeben ist, eine neuerer periodische Beurteilung ein Aktualitätserfordernis bei den Beurteilungen anderer Bewerber auslösen kann, ist hinzunehmen. Der Leistungsgrundsatz ist insoweit prägend.
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d) Die Auswahl des Antragstellers in einem erneuten Auswahlverfahren erscheint auch ernstlich möglich, da die Annahme, dass der Antragsteller ungeeignet ist einer rechtlichen Prüfung nicht standhält (siehe Rn. 30) und ein nicht zu kompensierender Leistungsvorsprung des Beigeladenen ebenfalls nicht gegeben ist, da die Feststellung des Leistungsvergleichs – unabhängig von der Frage, ob der Leistungsvorsprung kompensierbar ist oder nicht – rechtsfehlerhaft erfolgt ist (siehe Rn. 34).
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5. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen (§ 154 Abs. 1 VwGO). Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten unter Billigkeitsgesichtspunkten selbst, da er sich mangels Antragstellung keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat (§§ 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO).
37
6. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1, Sätze 2 bis 4 Gerichtskostengesetz (GKG) – ein Viertel der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen. Das ergibt bei der im Streit stehenden Stelle der Besoldungsgruppe A 9Z Stufe 10 einen Betrag von 17.405,98 EUR (Mitteilung der Antragsgegnerin vom 10.4.2025).