Inhalt

OLG München, Beschluss v. 04.07.2025 – 19 U 3738/24 e
Titel:

Energieeffizienz, Förderzusage, Vorläufige Vollstreckbarkeit, Energieversorgungsverträge, Fördermittelberatung, Fristablauf, Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung, Fristenkontrolle, Fertigstellungsfrist, Kosten des Berufungsverfahrens, Dienstvertragsrecht, Schuldnerverzug, Pflichtverletzung, Streitwert, Leistungszeitpunkt, Fristverlängerungsantrag, Dreijahresfrist, Antrag auf Fristverlängerung, Kostenentscheidung, Geschäftsbesorgung

Schlagworte:
Energieberatungsvertrag, Pflichtverletzung, Fristenüberwachung, Rücksichtnahmepflichten, Fördermittelberatung, Mitverschulden, Verzögerungsschaden
Vorinstanz:
LG München II, Endurteil vom 11.10.2024 – 14 O 289/24
Fundstelle:
BeckRS 2025, 15353

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Landgerichts München II vom 11.10.2024, Az. 14 O 289/24, wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III. Das in Ziffer I genannte Urteil des Landgerichts München II ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
IV. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 9.066,54 € festgesetzt.

Gründe

I.
1
Die Klägerin macht gegen den Beklagten Schadenersatzansprüche wegen behaupteter Verletzung von Pflichten aus einem Energieberatungsvertrag geltend.
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Die Klägerin ist Eigentümerin eines denkmalgeschützten Gebäudes im … in … (im Folgenden: streitgegenständliches Gebäude).
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Der Beklagte, gelernter Zimmerer und studierter Bauingenieur, ist als Energieeffizienz-Experte tätig.
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Die Klägerin kontaktierte 2019 den Beklagten, um sich im Rahmen der damals geplanten, energieeffizienten Sanierung des streitgegenständliches Gebäudes beraten zu lassen.
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Mit E-Mail vom 02.04.2019 (Anlage K 1) übersandte der Beklagte der Klägerin verschiedene Unterlagen und Formulare sowie Links zu den damaligen Förderprogrammen der Kreditanstalt für Wiederaufbau AdöR, Frankfurt a.M. (im Folgenden: KfW).
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Dieser E-Mail beigefügt war außerdem ein mit „Honorarermittlung“ überschriebenes Angebot für „Energieberatung/-berechnung, Förderberatung und Standsicherheitsnachweise“ durch den Beklagten (Anlage K 2; im Folgenden: Beratungsangebot), welches unter anderem folgende Leistungsbeschreibung beinhaltete:
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Die Klägerin erklärte mündlich die Annahme dieses Angebots.
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Geplant war die Inanspruchnahme der KfW-Programme 430 und 431 (im Folgenden: KfW 430 und KfW 431) durch die Klägerin. Beides waren Förderprogramme der KfW für energieeffiziente Sanierungen und Baubegleitung. KfW 430 diente der Förderung von Sanierungsmaßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz von Gebäuden durch Privatpersonen, die Altbauten sanieren, und bot einen einmaligen Investitionszuschuss. KfW 431 diente der Förderung der Leistungen eines Energieeffizienz-Experten für energetische Fachplanung und Baubegleitung durch einen einmaligen Zuschuss zur Finanzierung der Baubegleitung. Die Förderprogramme KfW 430 und 431 sind heute nicht mehr gültig, da die Bundesförderung für effiziente Gebäude im Juli 2021 die zuvorige Förderstruktur bei der KfW ablöste.
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Grundsätzlich musste im Rahmen des KfW 430 für das Erreichen des erforderlichen KfW-Effizienzhaus-Niveaus (KfW-Standard 55) ein Wärmebrückennachweis erstellt werden. Ein solcher Nachweis zeigt, dass die Gebäudehülle ausreichend isoliert ist und Wärmebrücken, also Stellen mit verminderter Wärmedämmung, minimiert wurden.
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Mit E-Mail vom 11.03.2020 (Anlage B 1) übermittelte der Beklagte der Klägerin wie vereinbart die von ihm vorbereiteten Förderanträge (sogenannte „Bestätigung[en] zum Antrag“ [BzA]) zum KfW 430 (Anlage B 2) und KfW 431 (Anlage B 3).
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Die Klägerin reichte beide Förderanträge dann selbständig online bei der KfW ein und erhielt am 17.03.2020 auch für beide Anträge grundsätzliche „Zusage(n) für Ihren Zuschuss“ (Anlagen K 3, K 4; im Folgenden: Förderzusagen vom 17.03.2020). Im Rahmen des KfW 430 wurde ein Zuschuss von maximal 16.250 €, im Rahmen des KfW 431 von höchstens 4.000 € in Aussicht gestellt.
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In den Förderzusagen vom 17.03.2020 wurde jeweils auf Folgendes hingewiesen:
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In den jeweiligen beigefügten „Vertragsbedingungen für Ihren Zuschuss“ (ebenfalls Anlagen K 3, K 4; im Folgenden: Förderbedingungen vom 17.03.2020) war ausgeführt, dass die KfW die Zuschüsse jeweils nur unter bestimmten Bedingungen auszahlt, unter anderem:
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Die „Bestätigung nach Durchführung“ (im Folgenden: BnD) ist ein Dokument, das von einem Energieeffizienz-Experten zu erstellen ist, um zu bestätigen, dass von der KfW geförderte Maßnahmen ordnungsgemäß umgesetzt werden. Sie dient als Nachweis, dass die energetischen Standards eingehalten und alle Arbeiten gemäß den KfW-Richtlinien durchgeführt werden.
15
Der Ehemann der Klägerin informierte den Beklagten zu einem nicht bekannten Zeitpunkt telefonisch darüber, dass Förderzusagen eingegangen waren. Allerdings leiteten weder die Klägerin noch ihr Ehemann die Förderzusagen vom 17.03.2020 zunächst an den Beklagten weiter und teilten ihm auch die vorgenannten Fristen nicht mit.
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Da die mittlerweile zu erwartenden Baukosten die bei Antragstellung angenommenen erheblich überschritten, stellte die Klägerin wiederum mit Unterstützung des Beklagten am 30.06.2021 einen weiteren Förderantrag bei der KfW. Am 01.07.2021 erteilte die KfW die Zusage für einen weiteren maximaler Zuschuss im Rahmen des KfW 430 von 13.750 € (Anlage K 5; im Folgenden: Förderzusage vom 01.07.2021).
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In der Förderzusage vom 01.07.2021 war angegeben:
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In den hier beigefügten Förderbedingungen (ebenfalls Anlage K 5) war neben anderem ausgeführt:
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Der Ehemann der Klägerin informierte den Beklagten mit E-Mail vom 02.07.2021 (Anlage K 6) über diese weitere Förderzusage vom 01.07.2021 unter Übersendung des diesbezüglichen Zusageschreibens.
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Mit E-Mail vom 26.08.2022 (Anlage K 7) teilte der Ehemann der Klägerin dem Beklagten mit, dass die Wärmedämmung beim streitgegenständlichen Gebäude abgeschlossen sei und die entsprechenden Handwerkerrechnungen vorlägen.
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Der Beklagte gab daraufhin vorerst keine Rückmeldung. Die Klägerin und ihr Ehemann versuchten mehrfach, den Beklagten in der Zeit zwischen Ende August und Ende November 2022 telefonisch zu erreichen. Soweit dies gelang, begründete der Beklagte die Verzögerung mit eigener Krankheit oder einem pflegebedürftigen engen Verwandten. Einen Termin, wann mit der Übersendung der Unterlagen zu rechnen sei, nannte er nicht.
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Mit E-Mail vom 01.12.2022 (Anlage K 13) mahnte der Ehemann der Klägerin beim Beklagten die „benötigten Unterlagen für den Abschluss des KFW-Antrages“ an und bat darum, der Beklagten möge ihnen „die Unterlagen schnellstmöglich zukommen zu lassen“. Als Grund gab er an: „Aus steuerlichen Gründen möchten wir noch in diesem Jahr die Zahlung durch die KFW erhalten.“
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Per E-Mail vom 13.12.2022 (Anlage K 14) bat der Ehemann der Klägerin den Beklagten erneut „dringend (…) uns die notwendigen Unterlagen zuzusenden“; man stehe „unter Termindruck“.
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Mittels E-Mail vom 18.12.2022 (Anlage K 15) teilte der Beklagte mit, dass zum „Nachweis des Effizienzhauses (…) ein detaillierter Wärmebrückennachweis erforderlich“ sei. Diesen hätten die Klägerin und ihr Ehemann „bisher nicht beauftragt“. „Mit den vorliegenden Angaben“ könne der Beklagte „die Fenster mit viel gutem Willen bestenfalls mit 1,4 ansetzen.“ Falls es möglich wäre, „einen Nachweis des Fensterherstellers beizubringen in dem der geforderte Uw-Wert von 1,3 bestätigt“ werde, sei ein weitergehender Wärmebrückennachweis „verzichtbar“. Außerdem merkte der Beklagte an: „Zur Fassadendämmung brauche ich noch Lieferscheine oder eine Rechnung in der die verwendete Dämmung dokumentiert ist.“ Weiterhin führte der Beklagte an, dass er „über den beauftragten Leistungsumfang hinaus“ Leistungen erbracht habe und machte einen Vorschlag zu deren Abrechnung unter Beifügung eines Rechnungsentwurfs. Dazu schrieb er: „Wenn Sie damit einverstanden sind kann ich die KfW-Bestätigungen erstellen.“
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Mit E-Mail vom 26.01.2023 (Anlage K 16) sandte der Ehemann der Klägerin dem Beklagten „die Liste des Herstellers bzgl. des Uw Wertes der Fenster“ zu. Er fügte an: „Diese liegen bei 1,5, so dass wir Sie bitten die genauere Wärmebrückenberechnung durchzuführen.“
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Per E-Mail vom 08.02.2023 (Anlage K 17) erkundigte sich der Ehemann der Klägerin erneut beim Beklagten, wann „mit dem Abschluss des KFW Antrags“ zu rechnen sei.
27
In einem Telefonat mit dem Ehemann der Klägerin, dessen genauer Inhalt und Umstände unklar sind, kündigte der Beklagte die Fertigstellung der Antragsunterlagen bis Februar 2023 an.
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Mittels E-Mail vom 08.03.2023 (Anlage K 18) bat der Ehemann der Klägerin, der Beklagte möge ihnen diese „in den nächsten Tagen zukommen zu lassen“.
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In der E-Mail vom 20.03.2023 (Anlage B 4) gaben die Klägerin und ihr Ehemann an, ihre „Geduld“ sei „nun ausgeschöpft“ und führen unter anderem aus:
„(…) Wir fordern Sie deshalb auf, uns alle notwendigen Unterlagen bis zum 31.03.2023 zukommen zu lassen.
Falls Sie sich nicht dazu in der Lage sehen, schicken Sie uns bitte alle Unterlagen zu, damit wir uns um einen anderen Energieberater kümmern können.“
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Mit E-Mail vom 29.03.2023 (Anlage K 8) übersandten die Klägerin und ihr Ehemann dem Beklagten erstmals die Förderzusagen vom 17.03.2020 und gaben dazu an:
„(…) wie vereinbart sende ich Ihnen das 1. Bewilligungsschreiben der KFW. Ich musste allerdings feststellen, dass die Frist zum 17.3.2023 abgelaufen ist. Das gleiche gilt für die Bewilligung der Baubegleitung.“
31
Unstreitig hatte die Klägerin den Beklagten zuvor weder mündlich noch schriftlich über den Fristablauf zum 17.03.2023 informiert.
32
Per E-Mail vom 31.03.2023 (ebenfalls Anlage K 8) übersandte der Beklagte die BnD (Anlage K 9) für die Förderzusagen vom 17.03.2020 sowie eine Zusammenstellung der förderfähigen Kosten (Anlage K 10) an die Klägerin und ihren Ehemann.
33
Mit E-Mail vom 31.03.2023 (Anlage K 11) bat die Klägerin bei der KfW mit Blick auf die Förderzusagen vom 17.03.2020 um Fristverlängerung, was mit E-Mail der KfW vom 07.08.2023 (Anlage K 12) mit Verweis auf die „vom Bund verbindlich vorgegeben(en)“ Förderbedingungen und unter Hinweis darauf abgelehnt wurde, dass „nur in gut begründeten Härtefällen möglich(e)“ Anträge auf Fristverlängerungen „vor Fristablauf zu stellen“ seien. Der Zuschuss sei „gestrichen“ worden.
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Den mit Förderzusage vom 01.07.2021 zugesagten Maximalbetrag von 13.750 € erhielt die Klägerin indes, die Auszahlung erfolgte zum 31.12.2023.
35
Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil (Bl. 62 ff. d. LG-eAkte), auf dessen tatsächliche Feststellungen (§ 522 Abs. 2 S. 4 ZPO) und Entscheidungsgründe Bezug genommen wird, die Klage abgewiesen. Die Klägerin habe keinen Schadenersatzanspruch nach § 280 Abs. 1 BGB (ggf. i.V.m. § 241 Abs. 2 BGB). Eine Pflicht, die Fristen zu überwachen oder auf einen drohenden Fristenablauf und eine Verlängerungsmöglichkeit hinzuweisen, sei aus dem Vertragsverhältnis der Parteien nicht herzuleiten. Auch habe die Klägerin den Beklagten nicht über den drohenden Fristablauf zum 17.03.2023 informiert. Zudem sei es der Klägerin ohne Weiteres möglich gewesen, den Förderzusageschreiben das Fristende selbst zu entnehmen. Eine Garantie zur Erlangung der Fördermittel habe der Beklagte nicht übernommen. Ein Anspruch bestehe ebenso nicht aus § 280 Abs. 1, 2, § 286 BGB, da der Beklagte mit keiner Leistung in Verzug gewesen sei. Eine konkrete Leistungszeit sei nicht vereinbart gewesen.
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Dagegen richtet sich die mit Schriftsatz vom 13.11.2024 (Bl. 1 f. d. OLG-eAkte) eingelegte und mit Schriftsatz vom 16.01.2025 (Bl. 8 ff. d. OLG-eAkte) begründete Berufung der Klägerin. Ihrer Auffassung nach habe der Beklagte unter dem Gesichtspunkt vertraglicher Nebenpflichten, die ihm als mit dem Förderverfahren und seinen Abläufen, insbesondere auch mit den geltenden Fristen vertrauten Energieeffizienz-Experten gegenüber der Klägerin oblegen hätten, die Pflicht gehabt, die Einhaltung der Fristen zu kontrollieren und zu überwachen, auf pünktliches Einreichen der von ihm selbst zu erstellenden BnD zu achten und diese der Klägerin fristgerecht zur Verfügung zu stellen, ferner die Klägerin als unerfahrene Laiin rechtzeitig vor Fristablauf auf die Notwendigkeit der fristgerechten Übermittlung sowie auch auf die Möglichkeit einer Fristverlängerung vor Fristablauf hinzuweisen. Fürderhin beruhe die Verneinung eines Leistungsverzuges durch das Landgericht auf einer willkürlichen an den tatsächlichen Umständen gänzlich vorbeigehenden Einschätzung ohne tatsächliche Grundlage. Wegen der Höhe des von der Klägerin geltend gemachten Schadens wird auf S. 10 ff. der Klageschrift vom 24.01.2024 (= Bl. 10 ff. d. LG-eAkte) verwiesen.
37
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landgerichts abzuändern und zu erkennen wie folgt:
„Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 9.066,54 € zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 02.09.2023 sowie außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.295,43 € zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 02.09.2023 zu bezahlen.“
38
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
39
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die Berufungsbegründung vom 16.01.2025 (Bl. 8 ff. d. OLG-eAkte), die Berufungserwiderung vom 28.03.2025 (Bl. 18 ff. d. OLG-eAkte) sowie die weiteren Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
40
Der Senat wies mit Hinweisbeschluss vom 06.06.2025 (Bl. 23 ff. d. OLG-eAkte) nach § 522 Abs. 2 S. 2 ZPO darauf hin, dass er beabsichtigt, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts gemäß § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO zurückzuweisen. Hierauf erfolgte keine Stellungnahme der Parteien mehr.
II.
41
Die Entscheidung beruht auf § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO. Der Senat ist einstimmig der Auffassung, dass die Berufung der Klägerin offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
42
Das verfahrensrechtlich bedenkenfreie und somit zulässige Rechtsmittel der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg.
43
Die angefochtene Entscheidung des Landgerichts ist richtig. Dessen Urteil beruht nicht auf einer Rechtsverletzung (§ 513 Abs. 1, § 546 ZPO). Vielmehr rechtfertigen die Tatsachen, die der Senat im Rahmen des durch § 529 ZPO festgelegten Prüfungsumfangs der Beurteilung des Streitstoffes zugrunde zu legen hat, keine andere Entscheidung. Die Ausführungen der Klägerin in der Berufungsinstanz vermögen dem Rechtsmittel nicht zum Erfolg zu verhelfen, da sie das Ersturteil, auf das Bezug genommen wird, nicht erschüttern.
44
Anzumerken bleibt Folgendes:
45
Der Klägerin steht gegen den Beklagten unter keinem denkbaren Gesichtspunkt ein Anspruch auf Schadensersatz gemäß § 611, § 280 BGB wegen einer Verletzung von ihm obliegenden Pflichten aus dem bestehenden Dienstvertragsverhältnis über die Begleitung des Bauvorhabens als Energieeffizienz-Experte zu.
46
1. Zwischen den Parteien ist ein Energieberatungsvertrag zustande gekommen.
47
a) Die rechtliche Qualifikation des gesetzlich nicht normierten Energieberatungsvertrages als ein solcher im Zusammenhang mit den sog. neuen Dienstleistungsberufen (vgl. BT-Drs. 16/3655, S. 30; s. auch BGH, Urteil v. 27.11.2019, Az. VIII ZR 285/18, Rz. 137) ergibt sich aufgrund der übernommenen Beratung in fachlicher Hinsicht: Die Aufgabe eines Energieeffizienz-Experten im Rahmen der KfW-Förderung ist es regelmäßig, den Antragsteller über die passenden und aufeinander abgestimmten Sanierungsmaßnahmen für sein Gebäude zu beraten, zu prüfen ob diese technisch förderfähig sind und die BzA sowie später die BnD zu erstellen; insofern ist der Energieeffizienz-Experte zum einen technischer Berater für den Bauherrn, zum anderen übt er eine Kontrollfunktion gegenüber der KfW aus (Korbion in: Korbion/Mantscheff/Vygen, HOAI, 10. Aufl., § 34 Rz. 69d; ähnlich OLG Celle, Urteil v. 27.02.2014, Az. 16 U 187/13, juris Rz. 17; LG Berlin II, Urteil v. 18.02.2025, Az. 30 O 197/23, BeckRS 2025, 2545, Rz. 24; LG Frankenthal, Urteil v. 25.01.2024, Az. 7 O 13/23, juris Rz. 88; LG Bielefeld, Urteil v. 31.01.2023, Az. 7 O 325/21, juris Rz. 71; Riehl in: Brandis/Heuermann, Ertragsteuerrecht, 175. EL, Stand: Februar 2025, § 35c EstG Rz. 24).
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Dies stellt eine entgeltliche Geschäftsbesorgung im Sinne des § 675 Abs. 1 BGB dar, auf welche das Dienstvertragsrecht gemäß §§ 611 ff. BGB (OLG Celle, Urteil v. 30.06.2021, Az. 14 U 188/19, juris Rz. 15; Urteil v. 27.02.2014, Az. 16 U 187/13, juris Rz. 17; LG Berlin II, Urteil v. 18.02.2025, Az. 30 O 197/23, BeckRS 2025, 2545, Rz. 22; LG Bielefeld, Urteil v. 31.01.2023, Az. 7 O 325/21, juris Rz. 71; Kock/Motz in: jurisPK-BGB, 10. Aufl., Stand: 01.02.2023; § 611 Rz. 24, § 611a Rz. 62; Koeble in: Kniffka/Koeble/Jurgeleit/Sacher, Kompendium des Baurechts, 6. Aufl., 11. Teil, Kap. A. II. 4. c), Rz. 37) und nicht das Werkvertragsrecht nach §§ 631 ff. BGB (so allerdings Pürthner in: Ganten/Kindereit, Typische Baumängel, 3. Aufl., 2. Teil, Kap. L. II. 2. c), Rz. 74 ff.) Anwendung findet.
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Der Energieeffizienz-Experte schuldet nicht den letztendlichen Erhalt der Fördermittel als Erfolg, sondern nur eine fachlich zutreffende Beratung, welche vorgeschlagenen und berechneten Maßnahmen die Voraussetzungen der vorgesehenen Förderung erfüllen (OLG Celle, Urteil v. 30.06.2021, Az. 14 U 188/19, juris Rz. 15; Urteil v. 27.02.2014, Az. 16 U 187/13, juris Rz. 17; LG Berlin II, Urteil v. 18.02.2025, Az. 30 O 197/23, BeckRS 2025, 2545, Rz. 23; LG Frankenthal, Urteil v. 25.01.2024, Az. 7 O 13/23, juris Rz. 88; Korbion in: Korbion/Mantscheff/Vygen, HO-Al, 10. Aufl., § 34 Rz. 69d).
50
Eine Garantie zur Erlangung der angegebenen Fördermittel gibt ein Energieeffizienz-Experte grundsätzlich nicht (OLG Celle, Urteil v. 27.02.2014, Az. 16 U 187/13, juris Rz. 17; LG Berlin II, Urteil v. 18.02.2025, Az. 30 O 197/23, BeckRS 2025, 2545, Rz. 23; LG Bielefeld, Urteil v. 31.01.2023, Az. 7 O 325/21, juris Rz. 71; Korbion in: Korbion/Mantscheff/Vygen, HOAI, 10. Aufl., § 34 Rz. 69d).
51
Eine rechtsberatende Tätigkeit ist einem Energieeffizienz-Experten nur erlaubt, solange sie als Nebenleistung zu seinem Berufs- oder Tätigkeitsbild einzustufen ist, § 5 Abs. 2 Nr. 3 RDG (LG Frankenthal, Urteil v. 25.01.2024, Az. 7 O 13/23, juris Rz. 143 ff.; hingegen bezieht sich OLG Düsseldorf, Urteil v. 15.07.2003, Az. I-24 U 6/03, juris Rz. 8 ff., auf einen anderen Typus des „Energieberaters“, der besonders preisgünstige Energiequellen sucht und seine Kunden durch Kündigung bestehender Energieversorgungsverträge und die Vertretung beim Abschluss eines neuen Energievertrages unterstützt).
52
Der Leistungsumfang, welchen der Energieeffizienz-Experte zu erbringen hat, ist jeweils im Einzelfall zu klären (Koeble in: Kniffka/Koeble/Jurgeleit/Sacher, Kompendium des Baurechts, 6. Aufl., 11. Teil, Kap. A. II. 4. c), Rz. 37).
53
b) Auch im vorliegenden Fall haben die Parteien einen Energieberatungsvertrag im vorgenannten Sinne abgeschlossen, der als Dienstvertrag i.S.d. §§ 611 ff. BGB zu qualifizieren ist.
54
Ausweislich des von der Klägerin angenommenen Beratungsangebots des Beklagten vom 02.04.2019 gehörte zu den Aufgaben des Klägers (lediglich), die Beantragung von Fördermitteln beratend zu begleiten. Seine zu grundsätzlich erbringenden Leistungen waren darin angegeben als „Energieberatung/-berechnung“, „Förderberatung“ und „Standsicherheitsnachweise“. Was konkret die Inanspruchnahme von KfW-Fördermitteln betraf, waren die beklagtenseitigen Pflichten präzisiert als „Optimierung der Berechnung für KfW-Anforderungen (KfW-Effizienzhaus) einschl. Förderberatung“ sowie „KfW-geförderte Baubegleitung für Kredit- oder Zuschussantrag einschl. der erforderlichen Bestätigungen für die KfW und Dokumentation“. Ein Versprechen zum sicheren Erhalt von Fördermitteln hat der Kläger damit nicht gegeben. Folglich schuldete der Beklagte letztlich in Bezug auf die Fördermittelberatung keinen Erfolg, sondern eine fachliche Beratung und damit eine Dienstleistung.
55
2. Der Beklagte hat keine Pflicht aus dem Vertragsverhältnis der Parteien verletzt.
56
a) Zutreffend hat das Landgericht angenommen, dass den Beklagten in der vorliegenden Konstellation keine Verpflichtung traf, die Einhaltung der in den Förderzusagen vom 17.03.2020 bis zum 17.03.2023 gesetzten Fristen für die Übermittlung der BnD durch die Klägerin an die KfW zu überwachen oder auf einen drohenden Fristenablauf oder eine Verlängerungsmöglichkeit hinzuweisen.
57
aa) Eine derartige (Haupt- oder Neben-)Leistungspflicht i.S.v. § 241 Abs. 1 BGB findet sich im Energieberatungsvertrag der Parteien nicht.
58
Wie vorstehend dargelegt ist es regelmäßig Aufgabe eines Energieeffizienz-Experten im Rahmen der KfW-Förderung, den Antragsteller über die passenden und aufeinander abgestimmten Sanierungsmaßnahmen für sein Gebäude zu beraten, zu prüfen ob diese technisch förderfähig sind und insbesondere die BzA und die BnD zu erstellen. Insofern ist der Energieeffizienz-Experte einerseits technischer Berater für den Bauherrn, andererseits übt er eine Kontrollfunktion gegenüber der KfW aus. Will der Bauherr den Energieberater mit zusätzlichen Leistungen beauftragen, so bedarf es hierzu einer besonderen Vereinbarung.
59
Eine Leistungspflicht des Beklagten die Fristen zu überwachen und auf einen drohenden Fristenablauf und eine Verlängerungsmöglichkeit hinzuweisen, ist aus einem Energieberatungsvertrag grundsätzlich nicht herzuleiten (LG Bielefeld, Urteil v. 31.01.2023, Az. 7 O 325/21, juris Rz. 77). Denn der Aufgabenkreis eines Energieeffizienz-Experten liegt auf der technischen Seite sowie der Erteilung der BzA und der BnD, nicht im Verfahren an sich. Für die Verfahrensseite der Antragstellung über das Zuschussportal und die weitere Korrespondenz mit dem Förderungsgeber ist vielmehr regelmäßig der antragstellende Bauherr selbst zuständig (LG Bielefeld, Urteil v. 31.01.2023, Az. 7 O 325/21, juris Rz. 77), sofern nicht der Energieeffizienz-Experte diese atypische Aufgabe expressis verbis vertraglich übernommen hat.
60
Dies ist vorliegend nicht der Fall. Auch eine sonstige zusätzliche Vereinbarung der Parteien einer über die regelmäßige Ausgestaltung der Vertragspflichten eines Energieeffizienz-Experten hinausgehende Pflicht zur Fristenkontrolle ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
61
bb) Weiterhin liegt auch kein Verstoß des Beklagten insoweit gegen Rücksichtnahmepflichten i.S.v. § 241 Abs. 2 BGB vor.
62
aaa) Mit dem Abschluss des Energieberatungsvertrags kam ein vertragliches Schuldverhältnis zwischen den Parteien zu Stande, durch das der Beklagte gemäß § 241 Abs. 2 BGB zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen der Klägerin verpflichtet war.
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Umfang und Inhalt der Rücksichtnahmepflichten hängen vom jeweiligen Schuldverhältnis – damit bei Verträgen: vom Vertragszweck –, der Verkehrssitte und wesentlich auch von den Anforderungen des redlichen Geschäftsverkehrs ab (BGH, Urteil v. 14.03.2013, Az. III ZR 296/11, Rz. 25; Bachmann in: Münchener Kommentar zum BGB, 9. Aufl., § 241 Rz. 63; Grüneberg in: Grüneberg, BGB, 84. Aufl., § 241 Rz. 7).
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Rücksichtnahmepflichten sind umso eher anzunehmen, je mehr die Parteien auf eine vertrauensvolle Zusammenarbeit angewiesen sind oder eine Partei sich auf die besondere Fachkunde der anderen verlassen muss (Fritzsche/Harman in: beck-online.GROSSKOMMENTAR, Stand: 01.11.2024, § 241 BGB Rz. 340; Sutschet in: BeckOK BGB, 74. Ed., Stand: 01.05.2025, § 241 Rz. 44; Bachmann in: Münchener Kommentar zum BGB, 9. Aufl., § 241 Rz. 63).
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Zu den Rücksichtnahmepflichten i.S.v. § 241 Abs. 2 BGB zählen auch Aufklärungs-, Anzeige-, Warn- und Beratungspflichten, d.h. Pflichten, den anderen Teil unaufgefordert über entscheidungserhebliche Umstände zu informieren, die diesem verborgen geblieben sind (OLG Köln, Beschluss v. 09.03.2020, Az. 7 U 257/19, juris Rz. 14; OLG Düsseldorf, Urteil v. 28.08.2012, Az. I-21 U 183/11, juris Rz. 30; Sutschet in: BeckOK BGB, 74. Ed., Stand: 01.05.2025, § 241 Rz. 77; Ernst in: Münchener Kommentar zum BGB, 9. Aufl., Rz. 106). Dies beruht auf dem Gedanken, dass der Schuldner zur Aufklärung verpflichtet ist, wenn Gefahren für das Leistungs- oder Integritätsinteresse des Gläubigers bestehen, von denen dieser keine Kenntnis hat (OLG Stuttgart, Urteil v. 01.02.2018, Az. 2 U 104/17, juris Rz. 60; OLG Frankfurt a.M., Urteil v. 18.08.2015, Az. 22 U 147/13, juris Rz. 26; OLG Hamm, Urteil v. 28.11.2012, Az. I-12 U 105/12, juris Rz. 45).
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Entscheidend ist, ob eine – auch ungefragte – Aufklärung oder Warnung nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung im Einzelfall erwartet werden darf (BGH, Urteil v. 04.10.2000, Az. VIII ZR 109/99, juris Rz. 23; Urteil v. 04.03.1998, Az. VIII ZR 378/96, juris Rz. 15; Urteil v. 12.11.1969, Az. I ZR 93/67, juris Rz. 28).
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Keine derartigen Pflichten bestehen demnach hinsichtlich solcher Umstände, über die sich die andere Vertragspartei ohne weiteres selbst informieren kann oder bei denen sie nachfragen kann, wenn es ihr darauf ankommt (BGH, Urteil v. 06.04.2001, Az. V ZR 402/99, juris Rz. 9; OLG Brandenburg, Urteil v. 06.06.2024, Az. 5 U 118/23, juris Rz. 26; OLG Naumburg, Urteil v. 27.02.2023, Az. 12 U 137/22, juris Rz. 21; OLG Koblenz, Beschluss v. 08.02.2021, Az. 12 U 695/19, juris Rz. 10). Anderes kann gelten, falls wegen besonderer Umstände des Einzelfalls davon ausgegangen werden muss, dass der Vertragspartner nicht hinreichend unterrichtet ist und die Verhältnisse nicht durchschaut (BGH, Urteil v. 24.03.2010, Az. VIII ZR 122/08, Rz. 15; Urteil v. 06.04.2001, Az. V ZR 402/99, juris Rz. 9; Urteil v. 15.04.1997, Az. IX ZR 112/96, juris Rz. 25).
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Die Rücksichtnahmepflichten erstrecken sich nicht nur auf absolute Rechte und Rechtsgüter i.S.d. § 823 Abs. 1 BGB, sondern auch auf das Vermögen als solches (BGH, Urteil v. 10.03.1983, Az. III ZR 169/81, juris Rz. 12; Schulze, BGB, 12. Aufl., § 241 Rz. 5).
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bbb) Eingedenk des Vorstehenden traf den Beklagten hier keine Aufklärungs- oder Warnpflicht hinsichtlich des Ablaufens der von der KfW gesetzten Nachweisfrist für die begehrte Förderung.
70
Wie ausgeführt, war für die Verfahrensseite die Klägerin als antragstellende Bauherrin selbst zuständig. Dem Beklagten oblag insoweit nur die inhaltliche Vorbereitung und beratende Begleitung der Förderanträge. Die Förderzusagen vom 17.03.2020 gingen unstrittig (nur) der Klägerin zu und wurden von ihr vor Ablauf der darin bis zum 17.03.2023 gesetzten Fristen dem Beklagten nicht zugänglich gemacht. Überdies wurden ihm die Fristenden nicht konkret mitgeteilt. Die bloße Information des Beklagten durch den Ehemann der Klägerin darüber, dass Förderzusagen eingegangen waren, lässt sich zeitlich nicht einordnen.
71
Der Beklagte durfte daher redlicherweise davon ausgehen, dass die Klägerin über die – ihm als Fachmann sicherlich bekannte, übliche Dreijahresfrist – im Bilde war und als sorgfältige Antragstellerin selbstständig deren Einhaltung im eigenen Interesse gewissenhaft überwachen werde. Dass sie das jeweilige sowohl in den Förderzusagen wie den Förderbedingungen vom 17.03.2020 mehrfach erwähnte, drucktechnisch hervorgehobene Fristende grob sorgfaltsvergessen nicht zur Kenntnis oder nicht ernst genommen hatte, durfte aus seiner Sicht fernliegen und musste sich ihm – auch aus der Korrespondenz der Parteien – durchaus nicht aufdrängen. Dass der Beklagte – wie die Klägerin meint – dies habe erkennen müssen, weil in den Erinnerungen und Mahnungen der Klägerin oder ihres Ehemanns gerade nicht die einzuhaltende Vorlagefrist als Grund einer Dringlichkeit erwähnt worden sei, ist abwegig. Auch war der Beklagte ohne weitere Umstände selbst angesichts des Zeitablaufs im hiesigen Fall nicht verpflichtet, nachzufragen, gar sich die Förderzusagen vom 17.03.2020 vorlegen zu lassen oder anlasslos von sich aus auf die Existenz der Dreijahresfrist oder die Möglichkeit eines Fristverlängerungsantrags hinzuweisen.
72
Die Klägerin durfte auch nicht für den Beklagten erkennbar auf Grund früheren Verhaltens seinerseits darauf vertrauen, dass dieser das für die Fristwahrung Erforderliche von sich aus veranlassen werde (vgl. BGH, Urteil v. 18.01.2001, Az. IX ZR 223/99, juris Rz. 7).
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Ob anderes gelten würde, falls dem Beklagten die Förderzusagen vom 17.03.2020 oder zumindest die Fristenden – wie im Fall der weiteren Förderzugsage vom 01.07.2021 – vor Fristablauf von Seiten der Klägerin zur Kenntnis gebracht worden wären, kann der Senat offen lassen.
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b) Ein Schadenersatzanspruch wegen Schuldnerverzugs des Beklagten gemäß § 280 Abs. 1, 2, § 286 BGB hat das Landgericht gleichfalls im Ergebnis zu Recht abgelehnt.
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Der Beklagte befand sich mit seiner Hauptleistungspflicht aus dem Energieberatungsvertrag, die BnD zu erstellen und der Klägerin zur Verfügung zu stellen, nicht in Verzug.
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aa) Im Rahmen von Dienstverträgen ist der Verzögerungsschaden nach § 280 Abs. 1, 2, § 286 BGB nur den seltenen Fällen zu ersetzen, in denen die Leistung nachholbar bleibt, es sich demnach nicht um eine absolute Fixschuld handelt (Latzel in: Staudinger, BGB, Neubearb. 2022, § 611 Rz. 273; Maties in: beck-online.GROSSKOMMENTAR, Stand: 01.02.2025, § 611 Rz. 364; Baumgärtner in: BeckOK BGB, 74. Ed., Stand: 01.05.2025, § 611 Rz. 51).
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Dies ist hier ausnahmsweise der Fall. Die Parteien haben für die Erstellung und Übersendung der BnD keinen Leistungszeitpunkt vereinbart, durch dessen Verstreichen die Leistung i.S.v. § 275 Abs. 1 BGB unmöglich würde. Es handelt es sich hierbei ohnedies eher um eine werkvertragsähnliche Pflicht innerhalb des ansonsten vom Dienstleistungsrecht geprägten Energieberatungsvertrages der Parteien.
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bb) Der Beklagte kam mit der Erfüllung dieser Verpflichtung nicht in Verzug.
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aaa) Stellt ein Energieeffizienz-Experte die BnD nicht rechtzeitig fertig, so kann der Bauherr im Falle des Verzugs des Energieeffizienz-Experten bei Vorliegen der Voraussetzungen von § 280 Abs. 1, 2, § 286 BGB Schadenersatz geltend machen. An einer rechtzeitigen Erstellung fehlt es, wenn die hierfür bestimmte Frist überschritten und damit Fälligkeit eingetreten ist. Diese Frist kann sich aus der Parteivereinbarung oder aus den Umständen ergeben, § 271 Abs. 1 BGB.
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Dazu sind der Wortlaut des Vertrages und die Umstände des Einzelfalls, namentlich die der Gegenseite erkennbare wirtschaftliche Bedeutung an der Einhaltung einer Frist, zu würdigen. Im Zweifel hat der Energieeffizienz-Experte nach Vorliegen aller für die Erstellung der BnD erforderlichen Informationen und Unterlagen mit der Erstellung alsbald zu beginnen und sie in angemessener Zeit zügig zu Ende zu führen. Dabei ist die für deren Herstellung notwendige Zeit in Rechnung zu stellen. Mit Ablauf der angemessenen Fertigstellungsfrist tritt Fälligkeit ein (vgl. insg. hierzu BGH, Urteil v. 08.03.2001, Az. VII ZR 470/99, juris Rz. 8, zum Werkvertragsrecht).
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Bei Streit, wann im konkreten Fall die angemessene Erstellungsfrist tatsächlich abgelaufen ist und deshalb Fälligkeit eintritt, bleibt der Energieeffizienz-Experte für die insoweit maßgeblichen Umstände darlegungs- und beweispflichtig (vgl. BGH, Urteil v. 21.10.2003, Az. X ZR 218/01, juris Rz. 12).
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bbb) Eine Leistungszeit wurde von den hiesigen Parteien nicht verabredet.
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Nach den Feststellungen des Landgerichts lagen dem Beklagten zumindest nicht vor dem 26.01.2023 die für die Erstellung der BnD erforderlichen Unterlagen, Informationen und Weisungen der Klägerin vor.
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Gegen die Auffassung des Landgerichts, dass dem Beklagten dann im vorliegenden Fall etwa zwei Monate als angemessene Zeit zur Prüfung der Unterlagen, Durchführung der Wärmebrückenberechnung und Erstellung der BnD zuzubilligen war und er daher die Fertigstellung und Übersendung der BnD jedenfalls nicht vor Fristablauf am 17.03.2023 schuldete, gegebenenfalls sogar deren Zuleitung am 31.03.2023 an die Klägerin noch rechtzeitig war, ist nichts zu erinnern. Dazu ist nochmals in Blick zu nehmen, dass dem Beklagten das Fristende am 17.03.2023 nicht bekannt war und er daher nicht von einer nunmehr gesteigerten Eilbedürftigkeit ausgehen musste. Eine konkrete Fertigstellungsfrist bis zum 31.03.2023 – deren rechtliche Einordnung offen bleiben kann – setzte die Klägerin dem Beklagten erst mit Schreiben vom 20.03.2023. Zu diesem Zeitpunkt war die durch die KfW gesetzte Frist zur Einreichung der BnD freilich schon abgelaufen
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Auch führte die Ankündigung in einem Telefonat mit dem Ehemann der Klägerin, die Antragsunterlagen bis Februar 2023 fertigzustellen, nicht unter dem Aspekt einer Selbstmahnung (BGH, Urteil v. 20.04.2023, Az. I ZR 140/22, Rz. 39; Urteil v. 14.05.2009, Az. IX ZR 63/08, Rz. 24; Urteil v. 17.12.1996, Az. X ZR 74/95, juris Rz. 13) zum Verzug des Beklagten. Nach § 286 Abs. 2 Nr. 4 BGB ist eine Mahnung entbehrlich, wenn der Schuldner die alsbaldige Leistung angekündigt hat, aber gleichwohl nicht leistet (BGH, Urteil v. 16.01.2008, Az. VIII ZR 222/06, Rz. 16). Abgesehen davon, dass weder der Zeitpunkt noch der genaue Inhalt des Telefonats dem Parteivortrag zu entnehmen sind, bedarf es für eine verzugsbegründende Selbstmahnung, dass sich der Schuldner seiner fälligen Zahlungsverpflichtung bewusst ist. § 286 Abs. 2 Nr. 4 BGB ersetzt nur die Mahnung des Gläubigers, nicht den Eintritt der Fälligkeit nach § 286 Abs. 1 S. 1 ZPO.
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3. Doch selbst falls man entgegen des Vorstehenden eine Verletzung von Pflichten des Beklagten aus dem Energieberatungsvertrag annehmen wollte, wäre eine Schadensersatzhaftung aufgrund überragenden Mitverschuldens der Klägerin nach § 254 BGB ausgeschlossen.
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Wie oben bereits angesprochen ist die Tatsache, dass die Klägerin, welche selbst für die entsprechenden Einreichungen der Förderanträge über das KfW-Portal zuständig zeichnete, das jeweilige sowohl in den Förderzusagen wie den Förderbedingungen vom 17.03.2020 mehrmalig erwähnte, graphisch akzentuierte Fristende nicht beachtete, aus Sicht eines aufmerksamen und gewissenhaften Antragstellers völlig unverständlich und stellt sich als besonders schwerwiegendes Missachten der im Verkehr erforderliche Sorgfalt dar. Dahinter träte eine denkbare Pflichtverletzung des Beklagten völlig zurück (vgl. auch LG Bielefeld, Urteil v. 31.01.2023, Az. 7 O 325/21, juris Rz. 79). Der zur Rechtfertigung vorgebrachte Verweis der Klägerin auf ihre mangelnde Fachexpertise als Laiin geht fehl. Die Hinweise der KfW auf die Nachweistermine und die Folgen deren Versäumung waren kurz und übersichtlich gehalten und für Jedermann verständlich. Es drängt sich der Eindruck auf, dass die Klägerin nun versucht, die wirtschaftlichen Folgen ihrer eigenen schweren Pflichtvergessenheit auf den Beklagten abzuwälzen.
III.
88
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus dem durch die Zurückweisung der Berufung bestätigten erstinstanzlichen Urteil ergibt sich aus § 708 Nr. 10 S. 2, § 713 ZPO.
89
Der Zurückweisungsbeschluss des Senats ist (bezüglich der Kosten des Berufungsverfahrens) bereits nach § 794 Abs. 1 Nr. 3 ZPO vollstreckbar (OLG Hamm, Beschluss v. 05.05.2021, Az. I-20 U 22/21, juris Rz. 74; OLG Köln, Beschluss v. 08.10.2018, Az. I-15 U 110/18, juris Rz. 27; OLG Nürnberg, Beschluss v. 08.04.2013, Az. 1 U 1100/11, juris Rz. 12), was nicht gesondert zu tenorieren ist (OLG Brandenburg, Beschluss v. 06.07.2020, Az. 11 U 109/19, juris Rz. 3).
IV.
90
Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 2, § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO). Auch erfordern weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Senats als Berufungsgericht oder die Zulassung der Revision (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 3, § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ZPO).
91
Wie dargestellt, liegen den vorstehenden Ausführungen die von der Rechtsprechung entwickelten Leitlinien zugrunde.
92
Dazu ist keine mündliche Verhandlung geboten (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 ZPO), da keine besonderen Gründe vorgetragen oder sonst ersichtlich sind, bei denen nur die Durchführung einer mündlichen Verhandlung der prozessualen Fairness entspräche.
V.
93
Der Streitwert für das Berufungsverfahren ergibt sich aus den Wertansätzen in der Berufungsbegründung.
94
Der geltend gemachte Anspruch auf den Ersatz vorprozessualer Rechtsanwaltskosten erhöht nach § 4 Abs. 1, Hs. 2 ZPO als Nebenforderung nicht den Streitwert, da er neben dem Hauptanspruch geltend gemacht wird, für dessen Verfolgung Rechtsanwaltskosten angefallen sind (BGH, Beschluss v. 13.02.2019, Az. IV ZB 8/18, Rz. 6).