Titel:
Entbehrlichkeit einer qualifizierten Signatur beim Strafbefehlsantrag und bei der Beschwerdeeinlegung der Staatsanwaltschaft im Fall elektronischer Aktenführung und Übermittlung der Dokumente
Normenketten:
Einlegung: Abhilfeverfahren StPO § 306
Erstellung und Übermittlung strafverfolgungsbehördlicher und gerichtlicher elektronischer Dokumente StPO § 32 b Abs.1 S.1 und S.2
Zulässigkeit des Strafbefehls StPO § 407 Abs.1 S.1
Schlagworte:
Erfordernis einer qualifizierten Signatur, Strafbefehlsantrag, Einlegung der Beschwerde, elektronische Aktenführung, elektronische Übermittlung von Dokumenten, erkennbarer Entäußerungswille des Erstellers, elektronischer Stempel
Vorinstanz:
AG Würzburg, Beschluss vom 03.04.2025 – 2 Cs 862 Js 3939/25
Fundstelle:
BeckRS 2025, 15038
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft W. gegen den Beschluss des Amtsgerichts Würzburg vom 03.04.2025 wird dieser aufgehoben.
2. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung an das Amtsgericht Würzburg zurückverwiesen.
Gründe
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Die Staatsanwaltschaft W. führt gegen den Angeschuldigten ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts eines Vergehens nach § 29 Abs. 1 Nr. 3 BtMG. Mit Verfügung vom 11.03.2025 wurden die Ermittlungen abgeschlossen und dem Amtsgericht Würzburg in Form der elektronischen Akte über das Anwendungsprogramm eIP ein Strafbefehlsantrag zugeleitet mit dem Antrag, diesen Strafbefehl zu erlassen. Laut Strafbefehlsantrag sollte gegen den Angeschuldigten wegen des Besitzes von Betäubungsmitteln eine Geldstrafe verhängt werden. Sowohl die Verfügung vom 11.03.2025 als auch das Anschreiben zum Strafbefehlsantrag waren elektronisch einfach signiert, d.h. mit dem Namen und Dienstbezeichnung der zuständigen Staatsanwältin versehen. Zusätzlich war das Anschreiben mit einem Stempel mit dem Inhalt „Strafbefehl fertiggestellt, kann expediert werden“ und dem Namen und der Dienstbezeichnung der Staatsanwältin sowie dem Datum 11.03.2025 versehen.
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Durch die befasste Richterin des Amtsgerichts Würzburg wurde der Strafbefehlsantrag am 19.03.2025 zunächst an die Staatsanwaltschaft elektronisch zurückgeleitet mit dem Hinweis, der Antrag sei nicht unterschrieben / signiert. Es wurde darum gebeten, dies nachzuholen bzw. anzugeben, warum dies nicht erfolge. Mit weiterer einfach signierter Verfügung vom 21.03.2025 wurde die Akte zurück an das Amtsgericht Würzburg geleitet und mitgeteilt, dass aufgrund Anweisung der Generalstaatsanwaltschaft Bamberg weder elektronische Strafbefehle noch Anklagen durch die Staatsanwaltschaft signiert / unterschrieben würden. Daraufhin lehnte das Amtsgericht Würzburg mit Beschluss vom 03.04.2025 den Erlass des Strafbefehls ab, da kein formal ausreichender Antrag vorliege. Es führte in den Gründen aus:
„Der Antrag auf Erlass eines Strafbefehls wurde elektronisch ohne Signatur gestellt. Der Antrag enthält lediglich einen elektronischen Stempel. Ein Stempel ist jedoch von jedem, der Zugang zur eAkte hat, erstellbar und änderbar. Dass der Antrag tatsächlich von einem Staatsanwalt erstellt wurde, ist nicht erkennbar.“
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Der Beschluss wurde der Staatsanwaltschaft nach § 41 StPO am 04.04.2025 zugeleitet. Gegen diesen Beschluss legte die Staatsanwaltschaft mit Beschwerdeschriftsatz vom 07.04.2025, eingegangen beim Gericht am 07.04.2025, sofortige Beschwerde ein und beantragte der Beschwerde abzuhelfen und den Strafbefehl antragsgemäß zu erlassen. Der Schriftsatz war einfach elektronisch signiert, mit Namen und Dienstbezeichnung des Erstellers versehen. Die sofortige Beschwerde wurde damit begründet:
„Soweit die angefochtene Entscheidung davon spricht, dass der Antrag „ohne Signatur“ erfolgte, wird davon ausgegangen, dass hiermit gemeint ist, dass keine qualifizierte elektronische Signatur gem. § 32b Abs. 1 S. 2 StPO verwendet wurde. Eine qualifizierte elektronische Signatur ist auch nicht erforderlich, da es sich bei dem Antrag auf Erlass eines Strafbefehls nicht um ein Dokument handelt, das zu unterschreiben oder zu unterzeichnen ist, § 32b Abs. 1 S. 2 StPO.
Bei dem Antrag auf Erlass eines Strafbefehls handelt es sich vielmehr um ein strafverfolgungsbehördliches oder gerichtliches Dokument im Sinne des § 32b Abs. 1 S. 1 StPO, welches als elektronisches Dokument erstellt wurde. Der Name der ihn zu verantwortenden Person (…) wurde ausweislich Bl. 20 hinzugefügt.
Es liegt somit ein wirksamer Antrag auf Erlass des Strafbefehls vor.“
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Es wurde dazu ausgeführt, dass nach der Neufassung des § 32 b Abs. 1 S.2 StPO schriftlich abzufassende Dokumente keiner qualifizierten elektronischen Signatur mehr bedürften, sondern nur solche die zu unterzeichnen oder zu unterschreiben sind. Weder nach der Strafprozessordnung noch der Rechtsprechung seien selbst Anklagen obligatorisch zu unterschreiben, solange sie nachweislich willentlich durch den Berechtigten dem Gericht zugeleitet worden seien. Unterschriftserfordernisse seien laut der Gesetzeslage nur für Urteile und Protokolle geregelt. Die Rechtslage sei vergleichbar mit der zu der Frage der Erforderlichkeit einer qualifizierten elektronischen Signatur bei der Anordnung von Maßnahmen nach §§ 100a bis 100c StPO, welche in elektronischer Form nach § 32 b Abs. 1 S.1 StPO mit einfacher elektronischer Signatur wirksam wären. Bezüglich weiterer Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 07.04.2025 verwiesen.
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Das Amtsgericht Würzburg half mit Verfügung vom 08.04.2025 der sofortigen Beschwerde nicht ab und führte dazu aus, dass von Rechtsanwälten das Gesetz ein persönliches Postfach oder eine qualifizierte Signatur verlange, Staatsanwälte kein persönliches Postfach hätten. Daher könne nur eine qualifizierte Signatur sicherstellen, dass Anträge tatsächlich von einem Staatsanwalt und nicht z.B. von der Geschäftsstelle gestellt würden. Denn Stempel könnten von jedem mit einem beliebigen Namen versehen werden. Eine Ermittlung, ob der Antrag im Einzelfall tatsächlich von einem Staatsanwalt stamme, sei zwar möglich, mache aber angesichts der Anweisung des Generalstaatsanwalts wenig Sinn.
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Mit Verfügung vom 08.04.2025 wurde die Akte elektronisch dem Landgericht Würzburg zur Entscheidung über die sofortige Beschwerde mit dem Antrag vorgelegt, den Beschluss des Amtsgerichts Würzburg vom 03.04.2025 aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Amtsgericht zurückzuverweisen. Auch dieser Schriftsatz wurde einfach elektronisch signiert. Ergänzend wurde das Rechtsmittel damit begründet, dass bei Zweifeln bezüglich der Herkunft oder der Frage, ob es sich nicht nur um einen Entwurf handele, dies vor der Ablehnung des Strafbefehlsantrags im Freibeweisverfahren hätte überprüfen werden müssen. Die Befürchtungen des Amtsgerichts entbehrten aber jeglicher begründeter Anhaltspunkte. Des Weiteren wurde zur Begründung des Antrags ein Vergleich zu den Unterschriftserfordernissen bei der Papierakte angestellt. Es wurde erneut darauf hingewiesen, dass nach der aktuellen Rechtslage nur die §§ 168 S.4, 271 Abs. 1 und 275 Abs. 2 StPO ausdrücklich Unterschriften forderten, dies für den Strafbefehl aber nicht der Fall wäre. Die wohl h.M. halte eine Unterschrift auch nicht für zwingend geboten. Entscheidend sei vielmehr, dass der Strafbefehl mit dem Willen des erkennenden Richters in den Geschäftsgang des Gerichts gelangt sei (…). Zum Nachweis für den erforderlichen Rechtsverkehrswillen werde regelmäßig doch eine vorhandene Unterschrift des Richters dienen. Die überwiegende Ansicht gehe allerdings davon aus, dass sich ein solcher Wille auch aus einer Begleitverfügung ergeben könne (…). Andere gerichtliche Entscheidungen müssten nicht mit einer handschriftlichen Unterschrift versehen werden. Gleiches gelte auch für staatsanwaltliche Verfügungen, wie die Erhebung der Anklageschrift oder den Antrag auf Erlass eines Strafbefehls, Zustimmungen zu verfahrensabschließenden Entscheidungen oder Einlegung und Rücknahme von Rechtsmitteln. So sei in § 200 StPO kein Unterschriftserfordernis statuiert. Es wurde unter Hinweis auf die Rechtsprechung ausgeführt, dass von der h.M. die Unterzeichnung daher nicht als Wirksamkeitsvoraussetzung angesehen werde, sondern lediglich als ein möglicher Nachweis dafür, dass diese auch mit Wissen und Wollen der zuständigen Beamten erhoben worden sei. Die unterbliebene Unterschrift sei unschädlich, wenn aus der Urkunde und sonstigen im Einzelfall zu würdigenden Umständen, etwa einer beigeschlossenen unterschriebenen Begleitverfügung, der notwendige Verfolgungswille ebenso wie die willentliche Entäußerung des Schriftstücks aus dem Bereich der Anklagebehörde erkennbar hervorgehe (dazu wurde u.a. verwiesen auf BGH, Beschluss v. 27.4.2020 – 5 StR 117/20). Auch für den Strafbefehlsantrag sei nach § 407 Abs. 1 S.1 StPO nicht ausdrücklich eine Unterschrift unter dem schriftlichen Antrag erforderlich. Gleiches gelte für die Einlegung von Rechtsmitteln, das Schriftstück müsse nur den Urheber der Erklärung unzweifelhaft erkennen lassen und man müsse sicher davon ausgehen können, dass es sich nicht nur um einen Entwurf handele.
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Zur Rechtslage bei elektronischer Aktenführung wurde § 32 b Abs. 1 StPO als zentrale Vorschrift erläutert und auf die Regelungen in S. 1 und S.2 eingegangen. Es wurde darauf hingewiesen, dass das Gesetz bei strafverfolgungsbehördlichen und gerichtlichen Dokumente lediglich zwischen einfachen elektronischen Signaturen, die sich auch in der bloßen Wiedergabe des Namens erschöpfen könnten, und qualifizierten elektronischen Signaturen, die den Anforderungen der Art. 25 ff. der eIDAS-VO entsprechen müssten, unterscheide, wobei nach dem Wortlaut des § 32 b Abs. 1 S.2 StPO, dessen historischer Auslegung, der Gesetzesbegründung qualifizierte elektronische Signaturen nur unter solchen Dokumenten anzubringen seien, für die ausdrücklich eine Unterschrift oder die Unterzeichnung verlangt werde, somit nach den dargelegten Ausführungen lediglich Strafurteile und sämtliche gerichtlichen Protokolle. Für alle weiteren strafverfolgungsbehördlichen und gerichtlichen Dokumente, also für Anklagen, Strafbefehlsanträge, gerichtliche Beschlüsse, Einlegung und Rücknahme von Rechtsmitteln, sei eine einfache elektronische Signatur ausreichend. Danach sei zwar eine qualifizierte elektronische Unterschrift auch erforderlich, wenn sich dies zwar nicht aus der StPO ergebe, aber durch die Rechtsprechung entwickelt worden sei, dann müsse die Authentizität und Integrität durch Verwendung einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz sichergestellt werden. Als Begründung wurde auf die Neufassung des § 32 b Abs. 1 S.2 StPO durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Strafprozessordnung und zur Änderung weiterer Vorschriften vom 25.6.2021 (BGBl. I 2021 Nr. 37) und die Begründung dazu (BT-Ds 19/27654, S. 55) verwiesen. Daher stehe die Ansicht, eine qualifiziert elektronische Signatur sei für sämtliche Dokumente erforderlich, die nach dem Gesetz lediglich schriftlich abzufassen seien, im Widerspruch zum Willen des Gesetzgebers. Wegen der Streichung der Wörter „schriftlich abzufassen“ in § 32b Absatz 1 Satz 2 StPO bedürften Beschlüsse und auch der Strafbefehlsantrag, für die nach dem Gesetz kein ausdrückliches Unterschriftserfordernis bestehe, bei elektronischem Erlass damit keiner qualifizierten elektronischen Signatur und seien mit einfacher elektronischer Signatur wirksam. Bezüglich weiterer Einzelheiten und der zitierten Nachweise wird auf die Ausführungen im Schriftsatz verwiesen.
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Ergänzend wies die Staatsanwaltschaft mit Schriftsatz vom 15.04.2025 noch auf die aktuelle Entscheidung des OLG Dresden vom 09.04.2025 (Az. 6 Ws 8/25) hin.
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Der Angeschuldigte wurde mit Verfügung vom 11.04.2025 angehört; eine Erklärung gab er nicht ab.
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1. Die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft W. ist statthaft und auch sonst zulässig, § 311 Abs. 2, 306 Abs. 1 StPO. Sie wurde fristgerecht schriftlich eingelegt, auch wenn sie nicht qualifiziert elektronisch signiert wurde.
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Ein Unterschriftserfordernis ist in § 306 StPO ausdrücklich nicht vorgesehen. Danach ist die Beschwerde schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle einzulegen. Die Schriftform setzt dabei nicht voraus, dass eine handschriftliche Unterschrift oder nach Einführung der elektronischen Akte eine qualifizierte Signatur vorhanden sein muss. Damit weicht die Rechtslage von der nach den §§ 126, 126 a BGB im Zivilrecht geltenden ab. Dort ist ausdrücklich geregelt, dass die Schriftform voraussetzt, dass Urkunden von dem Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift unterschrieben sein müssen oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden; in elektronischer Form ist qualifiziert elektronisch zu signieren. Eine vergleichbare Regelung sieht die Strafprozessordnung nicht vor. Durch die Rechtsprechung wurde zur Frage der erforderlichen Form bei Einlegung von Rechtsmitteln entwickelt, dass für den Fall, dass Schriftform vorgeschrieben ist, aber nicht die Unterzeichnung, eine handschriftliche Unterschrift nicht unbedingt notwendig ist (OLG Nürnberg, Beschluss vom 10.12.2007 – 1 Ws 718/07, unter Verweis u.a. auf BVerfG, Beschluss vom 19.02.1963 – 1 BvR 610/62 und BGH, Beschluss vom 26.01.2000 – 3 StR 588/99). Das Bundesverfassungsgericht führte in der zitierten Entscheidung zur Form der Verfassungsbeschwerde aus, dass die dort geforderte Schriftlichkeit nur verlange, dass aus dem Schriftstück der Inhalt der Erklärung, die abgegeben werden solle, und die Person, von der sie ausgehe, hinreichend zuverlässig entnommen werden könnten. Nicht unbedingt notwendig sei die handschriftliche Unterzeichnung; der Urheber der Erklärung könne auch auf andere Weise angegeben werden. Ähnliches gelte für das Strafverfahren, soweit dort Schriftform, aber nicht Unterzeichnung vorgeschrieben sei. Ganz deutlich äußerte sich der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs im Urteil vom 07.01.1959 (2 StR 550/58) für den Fall der nicht lesbaren Unterzeichnung einer Revisionsbegründung: § 341 Abs. 1 StPO verlange nur, dass die Einlegung der Revision schriftlich zu erfolgen habe; die Schriftform sei bereits gewahrt, wenn aus dem Schriftstück in irgendeiner, jeden Zweifel ausschließenden Weise ersichtlich sei, von wem es herrühre (BGHSt 2, 77,78 m.N.). Das stehe hier außer Frage. Eine Unterschrift gehöre nicht zum Begriff der Schriftform.
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Durch die Umstellung auf die elektronische Aktenführung und Einsatz der entsprechenden Justizprogramme hat sich diese Rechtslage nicht geändert. Nach § 32 b Abs. 1 S.2 StPO ist eine qualifizierte Signatur als Gegenstück zur bisherigen handschriftlichen Unterzeichnung nur für zu unterschreibende oder unterzeichnende Schriftstücke vorgesehen. Im Übrigen ist nach § 32 b Abs. 1 S.1 StPO bei einem strafverfolgungsbehördlichen oder gerichtlichen Dokument, welches als elektronisches Dokument erstellt wurde, diesem Dokument der Name aller verantwortenden Personen hinzuzufügen. Damit genügt insoweit eine einfache digitale Signatur. Ganz bewusst wurde durch den Gesetzgeber, worauf durch die Staatsanwaltschaft zu Recht hingewiesen wurde, bei der Neufassung des § 32 b Abs. 1 S.2 StPO in der Fassung ab 01.07.2021 (Gesetz vom 25.6.2021, BGBl. I S. 2099, dazu die Begründung in der BT-Drucksache 19/27654) das Erfordernis der qualifizierten elektronischen Signatur für (nur) schriftlich abzufassende Dokumente gestrichen, obwohl dies noch bei der Einführung des § 32 b StPO in der Fassung vom 01.01.2018 für die Sicherstellung der Authentizität und Integrität des elektronischen Dokuments als zwingend notwendig angesehen wurde (BGBl. I S. 2208, dazu die Begründung des Gesetzesentwurfs in BT-Drucksache 18/9416, S. 48). Nach der damaligen Begründung sehe der Entwurf bewusst keine andere Möglichkeit dieser Sicherstellung vor, die Einheitlichkeit der Vorgabe diene der rascheren und leichteren Überprüfbarkeit der genannten Aspekte. Davon rückte der Gesetzgeber mit der Neufassung des § 32 b Abs. 1 S.2 StPO (vgl. BT-Drucksache 19/27654, S. 55 f.) ab, da in der Strafprozessordnung, aber auch im Bußgeldverfahren eine Vielzahl von Dokumenten schriftlich zu erstellen seien, aber nicht alle zu unterschreiben oder zu unterzeichnen. Die Anforderung, diese qualifiziert zu signieren, sei überhöht. Die Authentizität und Integrität könne nach Einführung der elektronischen Dokumente anderweitig und zuverlässiger gewährleistet werden, u.a. mittels der Metadaten oder der besseren Nachvollziehbarkeit der Herkunft der Dokumente.
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Für die Prüfung der formalen Anforderungen der Beschwerdeeinlegung in elektronischer Form ist folglich § 32 b Abs. 1 S.1 StPO anzuwenden, dessen Anforderungen vorliegend durch die einfache elektronische Signatur erfüllt sind. Durch diese geht aus dem Schriftstück in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise der Urheber und dessen Wille hervor, Beschwerde einzulegen (s.o. BGHSt 2, 77,78 und Zabeck in Karlsruher Kommentar zur StPO, 9. Auflage, § 306 Rn. 8.).
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2. Die sofortige Beschwerde ist auch begründet, da der angegriffene Beschluss des Amtsgerichts Würzburg vom 03.04.2025 auf unzutreffenden Erwägungen beruht, wenn davon ausgegangen wird, dass kein formal ausreichender Antrag vorliege. Der Strafbefehlsantrag genügt vielmehr diesen formalen Vorgaben und war wirksam gestellt.
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Das Fehlen einer wirksamen Anklageschrift, hier in Form des Strafbefehlsantrags, § 407 Abs. 1 S.4 StPO, würde ein Prozesshindernis darstellen, welches zur Nichteröffnung nach § 204 Abs. 1 StPO bzw. zur Ablehnung des Erlasses des Strafbefehls nach § 408 Abs. 2 StPO, nach Eröffnung des Verfahrens bzw. Erlass des Strafbefehls zur Einstellung des Verfahrens führen muss, § 206 a StPO. Ein solches Verfahrenshindernis liegt aber nicht vor.
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a) Die gesetzlichen Vorgaben an die Zulässigkeit eines Strafbefehlsantrags nach § 407 Abs. 1 und Abs. 2 StPO, insbesondere die Schriftform, werden erfüllt.
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In § 407 Abs. 1 S.1 StPO ist für das Strafbefehlsverfahren vorgesehen, dass dieses Verfahren einen schriftlichen Antrag der Staatsanwaltschaft voraussetzt. Weder in den §§ 407 ff. StPO noch in § 200 StPO ist für den Strafbefehlsantrag als besonderer Fall der Erhebung der öffentlichen Anklage oder für die Anklageerhebung eine Unterzeichnung vorgesehen, so dass nach der Gesetzeslage grundsätzlich von der einfachen Schriftform auszugehen ist. Hinsichtlich der Grundsätze der Schriftform im Strafprozess wird auf die Ausführungen oben verwiesen. Danach ist nach der Gesetzeslage bei Papierform keine eigenhändige Unterschrift und bei elektronischer Stellung und Übermittlung keine qualifizierte elektronische Signatur unter dem Strafbefehlsantrag für dessen Wirksamkeit erforderlich. Der Strafbefehlsantrag war mit dem Namen und der Dienstbezeichnung der erstellenden Staatsanwältin versehen, somit einfach signiert i.S.d. § 32 b Abs. 1 S.1 StPO und genügte diesen Anforderungen.
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Zur Klarstellung wird darauf hingewiesen, dass § 32 a StPO auf die Erstellung und Übermittlung des Strafbefehls als Erstellung und Übermittlung eines strafverfolgungsbehördlichen Dokuments nicht einschlägig ist, da in § 32 a StPO nicht die justizinterne Kommunikation erfasst wird (Köhler in Meyer-Gossner/Schmitt, StPO, 67. Auflage, 2024, § 32 a StPO Rn. 1 mit Hinweis auf BT-Drucksache 18/9416, S.45). Somit sind weder § 32 a Abs. 3 StPO, nach welchem auch schriftlich abzufassende Dokumente bei Fehlen eines sicheren Übermittlungsweges qualifiziert zu signieren sind, noch die Bestimmungen zum sicheren Übermittlungsweg nach § 32 b Abs. 4 StPO einschlägig. Der Sachbearbeiter bei der Staatsanwaltschaft muss daher anders als ein Verteidiger nicht über ein ihm zugewiesenes persönliches Postfach übermitteln. Strafverfolgungsbehörden und Gerichte kommunizieren ausschließlich über sichere Übermittlungswege (§ 4 StraAktÜbV, § 5 DokErstÜbV, BT-Drucksache 19/27654, Bl. 56). Es kommt folglich nicht darauf an, dass die zuständige Staatsanwältin die elektronische Akte nebst Strafbefehlsantrag nicht über ein persönliches Postfach versandt hat, sondern dies üblicherweise durch die zuständige Geschäftsstelle erfolgt.
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b) Auch die Anforderungen an die einzuhaltende Form nach der derzeitigen obergerichtlichen Rechtsprechung werden erfüllt, obwohl aufgrund dieser Rechtsprechung teilweise davon ausgegangen wird, dass darin die formalen Anforderungen an die Anklageerhebungen höher angesetzt werden.
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Nach § 32 b Abs. 1 S.2 StPO ist die qualifizierte elektronische Signatur nur für zu unterschreibende oder unterzeichnende Schriftstücke notwendig, s.o. Damit wird aber keine abschließende Regelung dafür getroffen, welche Dokumente zu unterzeichnen oder zu unterschreiben sind und diesem Formerfordernis unterliegen. In der Begründung zum Gesetzesentwurf ist ausdrücklich darauf hingewiesen, dass in der Praxis daher künftig zu erörtern sein wird, welche Dokumente mit einer qualifizierten elektronischen Signatur als dem Pendant der Unterschrift zu versehen sind. Es wird dabei auch auf die Rechtsprechung verwiesen (BT-Drucksache 19/27654 Bl. 56): „In der Strafprozessordnung geregelt sind Unterschriftserfordernisse – unter Berücksichtigung der hier parallel beabsichtigten Änderung der §§ 58a und 168 ff. StPO – ausschließlich für Urteile und gerichtliche Protokolle. Für – gerichtliche oder staatsanwaltliche – Beschlüsse oder Anordnungen gibt es keine ausdrücklichen Regelungen, selbst Anklagen müssen weder nach der StPO noch nach der Rechtsprechung obligatorisch unterschrieben werden, solange sie nachweislich willentlich durch den Berechtigten dem Gericht zugeleitet werden (vergleiche Schmitt in: Meyer-Goßner/Schmitt, § 200 Rn. 23). In der Praxis wird daher künftig zu erörtern sein, welche Dokumente mit einer qualifizierten elektronischen Signatur als dem Pendant der Unterschrift zu versehen sind. Dabei ist es sowohl denkbar, bei der bisherigen Praxis zu verbleiben, also alles, was derzeit unterschrieben wird, auch qualifiziert elektronisch zu signieren, als auch neue, gegebenenfalls stark reduzierte Festlegungen zu treffen.“.
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Somit wurde davon abgesehen, eine abschließende gesetzliche Regelung für die Frage dieses Formerfordernisses zu treffen. Nach der obergerichtlichen Rechtsprechung zur Form der Anklageerhebung wurde bislang davon ausgegangen, dass die Unterschrift unter bestimmten Voraussetzungen entbehrlich sein kann, es wurde aber nicht klargestellt, dass eine Unterschrift grundsätzlich nicht erforderlich ist. So führte der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs (Beschluss vom 27.04.2020 – 5 StR 117/20, Rn. 5) aus: „Zwar trägt die Anklageschrift vom 21. Juni 2019 keine persönliche Unterschrift, sondern nur den maschinenschriftlichen Namenszug der zuständigen Staatsanwältin. Die Unterschrift ist jedoch keine Wirksamkeitsvoraussetzung, wenn feststeht, dass die nicht unterschriebene Anklage mit Wissen und Willen des zuständigen Staatsanwalts dem Gericht vorgelegt worden ist (vgl. BGH, Beschluss vom 5. Dezember 2017 – 4 StR 323/17, NStZ 2018, 538; RGSt 37, 407, 408; OLG München, StraFo 2011, 226; OLG Düsseldorf, MDR 1994, 85; LR-StPO/Stuckenberg, 27. Aufl., § 200 Rn. 78 und 96; KK-StPO/Schneider, 9. Aufl., § 200 Rn. 38; MüKo-StPO/Wenske, § 200 Rn. 124; Meyer-Goßner/ Schmitt, StPO, 62. Aufl., § 200 Rn. 27; Kuckein, StraFo 1997, 33, 34). Aus der von der zuständigen Staatsanwältin unterschriebenen Anklagebegleitverfügung, die der dort in Bezug genommenen Anklage vorgeheftet ist, geht für den Senat hinreichend sicher der notwendige Verfolgungswille und die willentliche Entäußerung des Schriftstücks aus dem Bereich der Anklagebehörde hervor (vgl. dazu Wenske aaO)“. Das Fehlen der Unterschrift der Anklageschrift wurde somit in diesem Einzelfall, in welchem im Übrigen eine unterschriebene Begleitverfügung vorlag, als nicht entscheidend angesehen. Aus der Formulierung des Bundesgerichtshofs ergibt sich aber gerade nicht, dass die Unterschrift generell keine Wirksamkeitsvoraussetzung ist. So wird auch in der Literatur und Rechtsprechung teilweise vertreten, dass die Unterschrift des Anklageverfassers grundsätzlich erforderlich sei, um die wirksame Erhebung der Anklage in Abgrenzung zu einem lediglich unverbindlichen Anklageentwurf nach außen hin aussagekräftig zu dokumentieren (Schneider in Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, 9. Auflage, 2023, § 200 Rn. 38). Auch hier wird davon ausgegangen, dass dies entbehrlich sein kann, wenn sich diese Abgrenzung auf anderem Wege wie etwa durch die Erholung einer dienstlichen Erklärung des Anklageverfassers zuverlässig darstellen lässt. Verwiesen wird u.a. auf einen Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 26.03.2010 (4 St RR 7/10), das dazu ausführte: „Ein Verfahrenshindernis besteht nicht. Es ist zwar grundsätzlich daran festzuhalten, dass eine Anklage nur dann wirksam erhoben ist, wenn die Anklageschrift auch von dem zuständigen Staatsanwalt unterschrieben ist. Das Fehlen der Unterschrift führt aber dann nicht zur Einstellung des Verfahrens wegen eines Verfahrenshindernisses, wenn die Anklage mit Wissen und Wollen des zuständigen Beamten der Staatsanwaltschaft zu den Akten gereicht worden ist (vgl. RGSt 37, 407/408; OLG Düsseldorf wistra 1993, 352). So verhält es sich hier. Denn aus der dienstlichen Stellungnahme des damaligen Staatsanwalts und heutigen Richters S. vom 18.02.2010 ergibt sich, dass die Unterschriftsleistung nur aus einem Versehen unterblieben ist, dass die Anklageschrift jedoch mit Wissen und Wollen des damals zuständigen Staatsanwalts Strunz zu den Akten gelangt ist und mit den Akten beim Amtsgericht Viechtach eingegangen ist. Der damalige Staatsanwalt und heutige Richter S. hat die Anklage deshalb zur Bestätigung nunmehr auch nachträglich unterzeichnet.“
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Der Gesetzgeber hat das Erfordernis einer Unterschrift für Anklageerhebungen nicht geregelt. Er hat die Fälle der notwendigen Unterschrift in den §§ 168 ff. StPO eingeschränkt, aber davon abgesehen, eingehend auf die Rechtsprechung eine eindeutige Regelung zu treffen, wie es sich für Anklagen verhält. Ersichtlich ist ausweislich der Änderung in § 32 b Abs. 1 S.2 StPO, dass vom Gesetzgeber gewollt ist, dass nur schriftlich abzufassende Schriftstücke nicht mehr qualifiziert zu signieren sind, der Gesetzgeber die formalen Anforderungen also erleichtern wollte. Wie zum Gesetzesentwurf ausgeführt (BT-Drucksache 19/27654, Bl. 56), werden in der Praxis bei Papieraktenführung noch viele Dokumente unterschrieben, für welche dies nach den Formvorschriften gar nicht notwendig wäre. Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Rechtslage bei Anwendung der elektronischen Aktenführung steht noch aus. Nach der derzeitigen Rechtsprechung muss im Fall der fehlenden Unterschrift der Aussteller somit zuverlässig erkennbar sein, zudem müssen der Verfolgungswille und die willentliche Entäußerung sicher erkennbar sein. Übertragen auf die elektronische Aktenführung und Übermittlung von Dokumenten wäre dies somit bei Fehlen der qualifizierten elektronischen Signatur als Pendant zur handschriftlichen Unterschrift dies auch unter diesen Umständen entbehrlich.
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Hier liegen bereits durch die einfache elektronische Signatur und die Aktenführung und Übermittlung auf elektronischem Wege derartige Umstände vor.
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Das Fehlen einer qualifizierten elektronischen Signatur steht dem nicht entgegen. Denn es ist der Aussteller durch den maschinellen Namenszug auf dem Antrag eindeutig erkennbar und durch die Abläufe bei Erstellung und Übermittlung des elektronischen Dokuments sichergestellt, dass es sich bei dem Dokument nicht mehr um einen Entwurf, sondern um eine abgeschlossene Verfügung handelt. Zuzustimmen ist insofern den Ausführungen des Oberlandesgerichts Dresden in der kürzlich ergangenen Entscheidung vom 09.04.2025 (Beschluss des 6. Strafsenats, 6 Ws 8/25), dass bei elektronischer Aktenführung und Erstellung derartiger Dokumente durch die verschiedenen Arbeitsschritte die Authentizität bezüglich des Erstellers des Dokuments und dessen willentliche Entäußerung sichergestellt ist. Eine versehentliche Entäußerung von Dokumenten im Entwurfsstadium kann danach grundsätzlich ausgeschlossen werden. Dies ergibt sich daraus, dass, wie schon vom Oberlandesgerichts Dresden (a.A.o.) erläutert und im Wesentlichen auf die in der bayerischen Justiz eingesetzten Programme übertragbar, das im Fremdprogramm TV.StA erstellte Dokument durch den Anwender aktiv unter Umwandlung in das pdf-Format in das Programm zur elektronischen Aktenführung, vorliegend über das eIP, in die elektronische Akte übergeben werden muss, nun das Dokument unveränderlich ist. Zusätzlich muss die Aufgabe, das Dokument zu versenden bzw. die Verfügung auszuführen, über den Aktenbock an die Geschäftsstelle versandt werden. Folglich wird durch den Ersteller in mehreren Schritten zum Ausdruck gebracht, dass die Verfügung fertiggestellt ist und die Versendung seinem Willen entspricht. Bei Aktenführung in Papierform fehlen diese mehrschichtigen Arbeitsschritte. Es ist nach den dortigen Arbeitsabläufen denkbar, dass die der Geschäftsstelle vorgelegte Akte den ausgedruckten Entwurf eines Dokuments aus dem Textverarbeitungsprogramm enthält, welcher dann versehentlich ohne Unterschrift des Verfassers an das Gericht versandt wird. Die Unterschrift stellt bei Papieraktenführung daher die sicherste Form der Gewährleistung dar, dass das Dokument vom Ersteller stammt und es mit seinem Willen und Wollen weitergeleitet worden ist.
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Darüber hinaus ist die Erstellerin des Dokuments, deren Entäußerungswillen des fertiggestellten Antrags und ihr Verfolgungswillen vorliegend zusätzlich aufgrund des elektronischen Stempels auf dem Anschreiben zum Strafbefehlsantrag eindeutig erkennbar und identifizierbar. Dies ergibt sich aus dem Inhalt des Stempels: „Strafbefehl fertiggestellt, kann expediert werden“, Name und Dienstbezeichnung der Staatsanwältin, Datum. Auf diese Weise ist zusätzlich sichergestellt und ausgedrückt, dass der Strafbefehlsantrag mit Wissen und Wollen der zuständigen Staatsanwältin gestellt und übermittelt worden ist, es sich nicht mehr um einen Entwurf handelt. Zwar ist dem Erstgericht zuzustimmen, dass die technische Möglichkeit bei Zugang zum Programm besteht, dass eine andere Person einen Stempel mit diesem Inhalt erstellt und auf das Dokument unwiderruflich anbringt. Diese technische Möglichkeit als Anlass zu nehmen, ohne weitere Hinweise auf eine derartige Manipulation durch Behördenangehörige Zweifel an der Urheberschaft des Stempels zu hegen, geht aber nach Ansicht der Kammer zu weit. Noch vor Einführung der elektronischen Akte wurde die Verwendung eines Faksimilestempels zur Identifizierung des Ausstellers als ausreichend erachtet (Schmitt in Meyer-Goßner, StPO, 67. Auflage, Einl. Rn. 128). Auch ein solcher Stempel hätte theoretisch von einer anderen Person unberechtigt verwendet werden können. Auch ein Unterschriftszug könnte im Übrigen gefälscht werden.
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Daher ist der Antrag nicht unwirksam, da es eindeutig erkennbar ist, dass der Strafbefehl mit Wissen und Wollen der Staatsanwältin dem Gericht vorgelegt worden ist. Dies ist hier bereits durch die einfache Signatur bei elektronischer Aktenführung und Aktenübermittlung sichergestellt und zusätzlich mittels des Stempels. Den Anforderungen der höchstgerichtlichen Rechtsprechung werden damit grundsätzlich Genüge getan.
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c) Das befasste Gericht hätte zudem evtl. bestehende Zweifel an der Herkunft des Strafbefehlsantrags im Freibeweisverfahren aufklären müssen. Für den Fall tatsächlicher Zweifel des Gerichts, ob der Strafbefehl mit Wissen und Wollen des zuständigen Beamten der Staatsanwaltschaft erhoben wurde und somit den Verfolgungswillen der Anklagebehörde darstellt, steht dem Gericht der Weg des Freibeweises offen (Schneider in Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, 9. Auflage 2023, § 200 Rn. 38 m.w.N.). Es ergeben sich aber bereits keine konkreten Anhaltspunkte für solche Zweifel des Gerichts aus der Akte, der Erlass des Strafbefehls wurde aus allgemeinen Gründen und Formanforderungen abgelehnt. So wurde durch das Amtsgericht die Akte an die Staatsanwaltschaft zurück geleitet mit der Bitte, den Antrag zu unterschreiben oder zu signieren und mitzuteilen, warum dies nicht erfolge. Es wurde nicht in Frage gestellt, dass der Strafbefehlsantrag eine abgeschlossene Verfügung darstellte oder von der angegebenen Verfasserin stammte. Durch die sachbearbeitende Staatsanwältin wurde durch ihre Antwort auf diese Anfrage, dass aufgrund Anweisung der Generalstaatsanwaltschaft Bamberg weder elektronische Strafbefehle noch Anklagen durch die Staatsanwaltschaft signiert / unterschrieben würden, sogar mittelbar bestätigt, dass die Übermittlung des nicht qualifiziert signierten Antrags mit ihrem Wissen und Wollen erfolgt ist. Dennoch wurde durch das Amtsgericht im angegriffenen Beschluss allgemein ohne konkrete Anhaltspunkte und ohne konkrete Nachfragen nur aufgrund der fehlenden (qualifizierten) Signatur und des Umstandes, dass ein Stempel von jedem, der Zugang zur eAkte habe, erstellbar und änderbar sei, in Frage gestellt, dass der Antrag tatsächlich von einem Staatsanwalt erstellt worden sei.
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d) Für die Kammer ergibt sich aus der Übertragung der bisherigen Rechtsprechung der Obergerichte auf die Situation bei elektronischer Erstellung und Übermittlung des Strafbefehls auch nicht, dass ein evtl. aufgestelltes Regel-Ausnahme-Verhältnis für die Frage, ob in Papierform erstellte Anklageschriften zu unterzeichnen sind, besteht und hier verletzt wird (abweichend: LG Zwickau, Beschluss vom 11.12.2924, 5 NBs 243 Js 6851/24 jug). Wie bereits ausgeführt, ist bei der Papieraktenführung die Unterschrift die gängige Vorgehensweise, um die Fertigstellung des ausgedruckten Dokuments zum Ausdruck zu bringen, auch wenn sie oftmals gar nicht von entsprechenden Formvorschriften verlangt wird. Auf diese Weise kann zuverlässig sichergestellt werden, dass das Dokument dem Willen des Erstellers entspricht, und durch die unterschriebene Begleitverfügung wird der Wille zur Entäußerung klargestellt, da diese Dokumente auch als Entwurfsfassung in der Akte einliegen können. Bei elektronischer Aktenführung wird dies auf andere Weise sichergestellt. Die Entscheidung des 5. Strafsenats des Bundesgerichtshofs (a.A.o.) kann nach dem Wortlaut zudem auch so ausgelegt werden, dass Grundvoraussetzung für die Wirksamkeit der Anklageschrift nicht die Unterschrift, sondern das erkennbare Wissen und Wollen der Vorlage der Anklageschrift an das Gericht ist. Damit entspricht sie der bisherigen Linie des Bundesgerichtshofs zur Frage der einzuhaltenden Form z.B. bei Rechtsmittelschriften (s.o.). Diese Voraussetzung wird mittels der einfachen elektronischen Signatur und der Erstellung und Übermittlung bei elektronischer Aktenführung eingehalten.
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Für diese Auslegung spricht, dass die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für die Frage der Auswirkung eines Urteils ohne Unterschrift der befassten Richter deutlich strenger ausfällt (so z.B. Beschluss des BGH vom 01.04.2010, 3 StR 30/10, und Beschluss vom 14.02.2024, 4 StR 232/23). Hiernach genügt auch die unter der Zustellverfügung befindliche Unterschrift des mitwirkenden Richters nicht als Ersatz dafür, dass er durch die Unterschrift des Urteils die Verantwortung für dessen Inhalt übernimmt (Beschluss des BGH vom 01.04.2010, 3 StR 30/10). Das vollständige Fehlen aller Unterschriften unter dem Urteil führt dazu, dass es sich tatsächlich nur um einen Entwurf handelt (Beschluss des BGH vom 14.02.2024, 4 StR 232/23). Bei vom Gesetz vorausgesetzter erforderlicher Unterschrift wird deren Fehler somit als deutlich verhehrender gewertet. Dies spricht dagegen, dass der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs durch den Beschluss vom 27.04.2020 eine generell erforderliche Unterschrift etablieren wollte.
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e) Das Gericht weist darauf hin, dass die hier dargelegte Auffassung die Auffassung der zuständigen Kammer ist. Es ist denkbar, dass andere Gerichte bei ähnlich gelagerten Fällen eine andere Auffassung vertreten können, da eben eine eindeutige gesetzliche Regelung und Entscheidungen des Bundesgerichtshofes zum Anwendungsbereich des § 32 b Abs. 1 S.1 und S.2 StPO noch nicht ergangen sind. Aufgrund dieser Rechtslage entsteht Rechtsunsicherheit, und zwar nicht nur für die Frage der erforderlichen Form bei Anklageerhebungen, sondern auch bezüglich dieser bei der Einlegung und Wirksamkeit von Rechtsmitteln.
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Die Kammer geht davon aus, dass die Intention des Gesetzgebers bei der Abänderung des § 32 b Abs. 1 S.2 StPO mit Blick auf die Umstellung auf die elektronische Akte innerhalb der Justiz war, die Abläufe für die Umstellung auf die elektronische Akte zu vereinfachen und nach den technischen Möglichkeiten zu modernisieren. In der Begründung zum Gesetzesentwurf wird dazu einleitend ausgeführt (BT-Drucksache 19/27654, S.1): „Das übergeordnete Anliegen dieses Entwurfes ist es, das Strafverfahren weiter an die sich ständig wandelnden gesellschaftlichen und technischen Rahmenbedingungen anzupassen und so dafür Sorge zu tragen, dass die Strafrechtspflege ihre wesentlichen verfassungsrechtlichen Aufgaben – die Aufklärung von Straftaten, die Ermittlung des Täters, die Feststellung seiner Schuld und seine Bestrafung wie auch den Freispruch des Unschuldigen – zum Schutz der Bürger in einem justizförmigen und auf die Ermittlung der Wahrheit ausgerichteten Verfahren zu erfüllen vermag.“ Dafür seien u.a. Nachsteuerungen bei den Vorschriften zur Einführung der elektronischen Akte erforderlich. Der Gesetzgeber zeigte sich durch den Erlass des Gesetzes zur Fortentwicklung der Strafprozessordnung und zur Änderung weiterer Vorschriften vom 25.6.2021 (BGBl. I 2021 Nr. 37) offen dafür, dass die Anforderungen an die Form der Anklageerhebungen an die technischen Möglichkeiten angepasst werden. Die damit mögliche Erleichterung der formalen Anforderungen ist aus Sicht der Kammer der Etablierung einer erforderlichen qualifizierten elektronischen Signatur bei Anklageerhebung vorzuziehen, weil andernfalls dies selbst über die bisherigen Anforderungen durch den Bundesgerichtshof hinausginge. Außerdem bliebe dabei außer Betracht, dass mit der Einführung der elektronischen Akte nicht nur eine Digitalisierung des Akteninhalts, sondern eine Neugestaltung der Aktenführung per se verbunden ist, durch welche die Arbeitsabläufe modernisiert und die technischen Möglichkeiten genutzt werden sollen. Eine Erhöhung der formalen Anforderungen steht damit aus Sicht der Kammer in Widerspruch.
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3. Die Sache war nach Aufhebung der Entscheidung nach § 408 Abs. 2 S.1 StPO an das zuständige Amtsgericht zur erneuten Entscheidung über den Strafbefehlsantrag zurückzuverweisen.
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4. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.