Inhalt

OLG Nürnberg, Endurteil v. 03.06.2025 – 6 U 519/24
Titel:

Veräußerung, Mietkaufverträge, Eigentumsvorbehalt, Nichteigentümer, Gutgläubiger Erwerb, Zulassungsbescheinigung Teil II, Nachforschungspflicht, Notarieller Kaufvertrag, gutgläubiger Eigentumserwerb, Verfügungsbefugter, Persönliche und wirtschaftliche Verhältnisse, Grobe Fahrlässigkeit, Erwerber, Sicherungsübereignung, Nachforschungsobliegenheit, Nachfrageobliegenheit, Klageänderung, Gesamtwürdigung, Geschäftsführer, Vorläufige Vollstreckbarkeit

Normenkette:
BGB § 252, § 929, § 932, § 989
Leitsätze:
1. Um im Rahmen des gutgläubigen Erwerbs eine Bösgläubigkeit des Erwerbers anzunehmen, müssen diesem Umstände bekannt gewesen sein, die mit auffallender Deutlichkeit dafür sprechen, dass der Verkäufer nicht Eigentümer war. Für den Erwerber muss also auch bei nur durchschnittlichem Merk- und Erkenntnisvermögen ohne besonders hohe Aufmerksamkeit und besonders gründliche Überlegung zu erkennen gewesen sein, dass die Verkaufssache dem Verkäufer nicht gehörte (BGH, Urteil vom 5. Juli 1978 – VIII ZR 180/77, WM 1978, 1208 Rdnr. 21). Dabei ist anerkannt, dass eine allgemeine Nachforschungspflicht bei Dritten als Voraussetzung für einen gutgläubigen Eigentumserwerb nicht besteht (BGH, Urteil vom 5. Februar 1975 – VIII ZR 151/73, Rn. 18, Juris). Eine solche Erkundigungspflicht obliegt dem Erwerber aber dann, wenn die Umstände den Verdacht nahelegen, dass der Verkäufer veräußert, obwohl er (noch) kein Eigentum an der Sache erworben hat (vgl. BGH, Urteil vom 4. Oktober 1972 – VIII ZR 66/71, Rn. 8, Juris). In einem solchen Fall genügt der Erwerber seiner Nachforschungsobliegenheit nicht bereits dadurch, dass er sich von dem Veräußerer bestätigen lässt, dass dieser Eigentümer der Sache oder zumindest verfügungsbefugt ist (vgl. BGH, Urteile vom 4. Oktober 1972 und 5. Juli 1978, jeweils aaO). Denn es besteht ersichtlich keine hinreichende Gewähr dafür, dass ein Verkäufer, der in Kenntnis der Umstände eine ihm nicht gehörende Sache zum Verkauf anbietet, auf ausdrückliche Nachfrage wahrheitsgemäß erklären wird, nicht Eigentümer oder Verfügungsbefugter und deshalb zu einer Eigentumsübertragung nicht in der Lage zu sein.
2. Ob die Umstände der Veräußerung den Verdacht nahe legen, dass der Veräußerer weder Eigentümer noch verfügungsbefugt ist, bedarf einer Gesamtwürdigung. Dabei ist insbesondere von Bedeutung, wie es zu der Veräußerung gekommen ist, wie die dabei beteiligten Personen sich verhalten haben, der Zustand des Kaufgegenstandes, der ausgehandelte Preis, der Zeitpunkt des Verkaufs – zum Beispiel in der Hochsaison – und die Motivierung des Verkaufs (BGH, Urteil vom 4. Oktober 1972, aaO, Rn. 8 und 10, Juris); auch die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Beteiligten oder die verkehrsübliche Möglichkeit des Bestehens von Dritteigentum sind zu berücksichtigen. Dabei ist anerkannt, dass beim Erwerb hochwertiger Investitions- oder Konsumgüter vom Händler oder Endabnehmer mit dem üblicherweise vereinbarten Eigentumsvorbehalt des Vorlieferanten bzw. mit einer Sicherungsübereignung zu rechnen ist, wenn der Erwerb innerhalb der üblichen Finanzierungsdauer erfolgt (Grüneberg/Bassenge, 82. Auflage, § 932 BGB, Rn. 12; MünchKommBGB/Oechsler, BGB, 9. Aufl., § 932 Rn. 58.; OLG Düsseldorf, NJW-RR 1999, 615 Rn. 49 ff.; OLG Koblenz, Urteil vom 9. April 2010 – 8 U 1007/09,.
3. Beim Sorgfaltsmaßstab ist dann aber auch die besondere berufliche Stellung des Erwerbers zu berücksichtigen. Etwaiges Sonder- oder Spezialwissen des Erwerbers muss bei der Bestimmung des Sorgfaltsmaßstabes mit beachtet werden (MüKoBGB/Oechsler, 9. Aufl. 2023, BGB § 932 Rn. 54 „Sonderhorizont des Erwerbers“).
4. Ein Baumaschinenhändler muss beim Erwerb eines Baufahrzeuges wissen, dass dieses branchenüblich fremdfinanziert wird (OLG Koblenz, Urteil vom 15. Dezember 2016 – 6 U 113/16 – Rn. 53, juris). Gerade bei „jüngeren“ Baumaschinen muss ein Baumaschinenhändler damit rechnen, dass solche Geräte fremdfinanziert und damit nicht im Eigentum des Veräußerers stehen. Gerade der Umstand, dass solche Maschinen typischerweise unter Eigentumsvorbehalt geliefert bzw. gekauft werden, kann je nach Einzelfall eine Nachfrageobliegenheit begründen, wobei dieser Umstand aber nicht allein maßgeblich sein kann, sondern eine Gesamtwürdigung vorzunehmen ist (BGH, Urteil vom 4. Oktober 1972 – VIII ZR 66/71, juris).
Schlagworte:
Gutgläubiger Erwerb, Eigentumsvorbehalt, Mietkaufvertrag, Nachforschungspflicht, Grobe Fahrlässigkeit, Schadensersatz, Branchenübliche Finanzierung
Vorinstanz:
LG Regensburg, Urteil vom 22.02.2024 – 84 O 882/23
Fundstelle:
BeckRS 2025, 14821

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Regensburg vom 22.02.2024, Az. 84 O 882/23, abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 135.000,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 17.03.2023 zu bezahlen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des insgesamt aus diesem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 160.650,00 € festgesetzt.

Entscheidungsgründe

I.
1
Die Parteien stritten zunächst um die Herausgabe eines Radlader-Fahrzeugs, bei welchem die Klägerin sich auf ein Eigentumsrecht im Zusammenhang mit einem Mietkaufvertrag beruft, während die Beklagte geltend macht, das Eigentum am Fahrzeug jedenfalls gutgläubig trotz Kenntnis vom Mietkaufvertrag erlangt zu haben. Nachdem im Verlauf der zweiten Instanz das Fahrzeug von der Beklagten an einen Dritten veräußert wurde, verlangt die Klägerin zuletzt Wert- bzw. Schadensersatz.
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1) Die Beklagte war in erster Instanz noch Besitzerin des streitgegenständlichen Radladers. Mit Rechnungen vom 03.02.2023 (Anlagen B1 und B2) erwarb die Beklagte von der Firma T. und R. M. GmbH M., unter anderem den genannten Radlader (Anlage B2). Diese Maschinen und weitere Fahrzeuge hatte der Geschäftsführer der Firma T. und R. M. GmbH M., Herr A.  M., mit notariellem Kaufvertrag vom 19.12.2022 von Herrn A. F. erworben (B3). Dort wurde der streitgegenständliche Radlader als „Lader Liebherr 566Xpower (Mietkaufvertrag wird hier übernommen)“ bezeichnet (Anlage B4 S. 2). Vor dem Verkauf an die Beklagte wurde der Kaufvertrag mit Herrn A. F. vorgelegt. Sodann wurde das Fahrzeug, das sich bis dahin auf dem Gelände der Firma T. und R. M. GmbH M. befunden hatte, nebst Schlüssel sowie etwaiger Unterlagen zu der Beklagten verbracht. Nachforschungen in Bezug auf die Eigentümerstellung der T. und R. M. GmbH M. an dem streitgegenständlichen Fahrzeug wurden von der Beklagten hierbei nicht getätigt.
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2) Die Klägerin behauptete erstinstanzlich, sie habe im Jahr 2020 mit der F. T. GmbH einen Mietkaufvertrag hinsichtlich des streitgegenständlichen Radladers mit damaligen Anschaffungskosten von 247.000,00 € geschlossen (Anlage K1). Dieser Mietkauf-Vertrag habe eine Laufzeit vom 01.11.2020 bis 31.10.2024 gehabt. In diesem Zusammenhang habe sie den Radlader von der Firma L1. M. Vertriebs- und Service GmbH erworben (Anlage K2). Die Firma F. T. GmbH habe am 16.10.2020 den Erhalt bestätigt (Anlage K3). Mit Wirkung zum 01.01.2023 sei der Mietkaufvertrag im Wege der befreienden Vertragsübernahme von der T. und R. M. GmbH M. übernommen worden (Anlage K4). Die Klägerin habe ihr Eigentum auch nicht durch gutgläubigen Erwerb der Beklagten verloren.
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3) Die Beklagte behauptete, der geschäftsführende Gesellschafter der T. und R. M. GmbH M. hätten den Kaufvertrag mit der Firma F. T. GmbH vorgelegt gehabt, bevor es zum Verkauf an die Beklagte gekommen sei. Sie hätten außerdem stets versichert, dass das Fahrzeug frei von Rechten Dritter sei und sie als Eigentümer des Fahrzeugs veräußern würden. Dies sei auch auf der Rechnung bestätigt worden. Ferner habe eine langjährig erfolgreiche Geschäftsbeziehung bestanden.
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4) Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 01.02.2024 hat das Landgericht den Geschäftsführer der Beklagten, Herrn K., informatorisch angehört. Weiter hat das Landgericht Beweis erhoben durch Einvernahme der Zeugen J. K. und L. R..
6
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und der in der ersten Instanz gestellten Anträge wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO).
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5) Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Beklagte habe gutgläubig Eigentum an dem Radlader erworben.
8
Dabei sei zunächst ohne Zweifel davon auszugehen, dass die Klägerin ursprüngliche Eigentümerin des Radladers geworden sei, nachdem sie einen Mietkaufvertrag mit der Firma F. T. GmbH geschlossen hatte und später die T. und R. M. GmbH M. in dieses Vertragsverhältnis eingetreten sei (01.01.2023).
9
Zwar sei die T. und R. M. GmbH M. bei der Veräußerung an die Beklagte nicht Eigentümerin des Radladers gewesen. Die Beklagte sei aber gutgläubig gewesen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme hätten der Geschäftsführer der Beklagten und der an den Verhandlungen beteiligte Zeuge K. bestätigt, dass man auf die Zusicherung des Geschäftsführers der T. und R. M. GmbH M. vertraut habe, dass diese Eigentümerin sei.
10
Auch grobe Fahrlässigkeit liege nicht vor. Eine allgemeine Nachforschungspflicht bestehe im Rahmen von § 932 BGB nicht. Hier sei allerdings zu beachten, dass vergleichbare Fahrzeuge typischerweise finanziert seien. Zu beachten sei auch, dass in dem vorgelegten notariellen Kaufvertrag hinsichtlich des Radladers der Zusatz vorhanden gewesen sei: „Mietkaufvertrag wird hier übernommen“. Gleichwohl scheide eine Nachforschungspflicht aus, weil zum Geschäftsführer der T. und R. M. GmbH M. eine langjährige erfolgreiche Geschäftsbeziehung bestanden habe, aufgrund derer ein Vertrauen auf dessen Zusagen gerechtfertigt gewesen sei. So habe man 20-30 Ankäufe ohne Probleme vollzogen. Anhaltspunkte für wirtschaftliche Schwierigkeiten habe es nicht gegeben. Die Firma T. und R. M. GmbH M. sei sogar Premiumkunde in einem anderen Bereich gewesen. Ob der Zusatz „Mietkaufvertrag wird übernommen“ thematisiert worden sei, könne dahinstehen, weil man auf die Angaben des Geschäftsführers habe vertrauen können. Die Übergabe von Schlüsseln und Dokumenten sei mit der Zulassungsbescheinigung Teil II bei Gebrauchtfahrzeugen vergleichbar. Auch der Kaufpreis von (lediglich) 135.000 € sei kein Anhaltspunkt für Nachfragen. Aufgrund der Anlage K13 sei von einem Wert von 160.500 € auszugehen, sodass der Kaufpreis nur geringfügig darunter liege.
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6) Die Klägerin macht mit der Berufung geltend, das Landgericht habe zu Unrecht einen gutgläubigen Erwerb der Beklagten bejaht. Die Klägerin habe von der ursprünglichen Eigentümerin, der Firma L2. V.- und Service GmbH, das Eigentum an dem Radlader erworben. Dies beruhe auf dem Mietkaufvertrag mit der F. T. GmbH. Die Firma T. und R. M. GmbH M. habe kein Eigentum erlangt, weil sie nur in den Mietkaufvertrag mit der Firma F. T. GmbH eintrat. Die Firma T. und R. M. GmbH M. habe aber ihre vertraglichen Pflichten gegenüber der Klägerin nicht erfüllt und der Vertrag sei infolge Zahlungsverzuges gekündigt worden.
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Die Beklagte habe aber auch nicht gutgläubig von der Firma T. und R. M. GmbH M. Eigentum erwerben können. Zum einen sei ihr entgegen der Meinung des Landgerichts sogar positiv bekannt gewesen, dass die Firma T. und R. M. GmbH M. nicht Eigentümerin und damit nicht berechtigt war, das Fahrzeug zu verkaufen. Denn aus dem notariellen Kaufvertrag vom 19.12.2022 ergebe sich, dass Vertragspartner der F. T. GmbH nicht die T. und R. M. GmbH M., sondern die Firma R. B. gewesen sei, sodass die T. und R. M. GmbH M. schon deswegen nicht habe Eigentum erlangen können.
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Ferner sei unstreitig der Beklagten der Mietkaufvertrag bekannt gewesen, sodass die Beklagte auch gewusst habe, dass die T. und R. M. GmbH M. (noch) nicht Eigentümerin des Radladers war.
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Es liege jedenfalls grobe Fahrlässigkeit vor, weil die Beklagte nur auf die bloße Zusicherung des Geschäftsführers der T. und R. M. GmbH M. vertraut habe. Aufgrund diverser Umstände hätte sich der Beklagten aufdrängen müssen, Nachforschungen anzustellen. Das Landgericht verkenne hier die Rechtsprechung.
15
So verkenne das Landgericht, dass der Besitz der T. und R. M. GmbH M. angesichts von Finanzierungen, Leasing und Eigentumsvorbehalten keinen besonders hohen Stellenwert mehr habe. Angesichts des bekannten Mietkauf-Finanzierungs-Vertrages seien daher gesteigerte Anforderungen zu stellen. Insbesondere sei hier die Veräußerung vor Ablauf des Finanzierungsgeschäfts erfolgt. Alter und Laufleistung des Radladers seien der Beklagten bekannt gewesen (Zeuge K.). Üblich sei eine Finanzierungsdauer von 36 Monaten; hier waren es sogar 48 Monate. Die Veräußerung erfolgte aber vor Ablauf selbst der 36 Monate. Bei einem solchen Erwerb bestünden Nachforschungspflichten. Das gelte inhaltsgleich beim Leasing hochwertiger Wirtschaftsgüter, die erst vor kurzem angeschafft worden seien. Auch die angeblich langjährige Geschäftsbeziehung sei dafür irrelevant. Zum einen seien die Angaben der Zeugen widersprüchlich. Zum anderen sei die T. und R. M. GmbH M. erst 2019 entstanden. Ferner seien die Angaben des Geschäftsführers der Beklagten und der beiden Zeugen hinsichtlich der Anzahl der vermeintlich erworbenen Fahrzeuge widersprüchlich. Darauf komme es aber auch nicht an, weil der gute Glaube nicht an eine langjährige Geschäftsbeziehung anknüpfe.
16
Auch der Status als Premiumkunde der G.-Bank belege nur, dass die T. und R. M. GmbH M. regelmäßig Finanzierungsgeschäfte vorgenommen habe und belege dadurch gerade, dass sie nicht Eigentum erworben habe, weil dies bei Finanzierungsgeschäften nicht der Fall sei.
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Auch die Übergabe von Schlüsseln und Unterlagen Belege nicht die Eigentümerstellung. Für den Radlader existierte gerade keine Zulassungsbescheinigung Teil II, sodass ein Vertrauensschutz für irgendwelche Unterlagen, die noch nicht einmal konkret ermittelt worden seien, nicht bestehen könne.
18
Außerdem bestehe auch kein Vertrauen auf Zusagen des Geschäftsführers der Verkäuferin. Nichts anderes gelte für den Zusatz „frei von Rechten Dritter“ auf der Rechnung. Die Beklagte wolle damit nur ihre Nachforschungspflichten umgehen.
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Schließlich verkenne das Landgericht, dass für die Beklagte als Nutzfahrzeughändlerin gesteigerte Sorgfaltsanforderungen gelten. Insbesondere müsse sie Fremdfinanzierungen erkennen.
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Darüber hinaus habe die Beklagte bereits Erfahrungen mit Erwerbsvorgängen von Nichtberechtigten gemacht (vgl. Zeugenaussagen), sodass sie auch deswegen eine gesteigerte Sorgfaltspflicht gehabt habe.
21
Die Klägerin beantragte zunächst:
Unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Regensburg vom 22.02.2024 (Az. 84 O 882/23) wird die Beklagte verurteilt, an die Klägerin folgenden Gegenstand herauszugeben: 1 Radlader Liebherr L 556 X-Power G 6.1-D (Maschinen-Nr.: ...-…) nebst Zubehör, insbesondere Fuhrmann Erdbauschaufel 3000 mm
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7) In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 14.01.2025 räumte die Beklagte ein, das streitgegenständliche Fahrzeug an einen Dritten weiterveräußert zu haben. Die Klägerin stellte aber in Abrede, dies sei mit ihrem Einvernehmen geschehen.
23
Die Klägerin hat nunmehr (Schriftsatz 18.02.2025, Bl. 70ff BerA) die Klage umgestellt auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 135.000,00 €. Hierfür behauptet sie, der Radlader sei im März 2023 objektiv netto 135.000,00 € wert gewesen. Die Beklagte hafte gemäß § 989 BGB auf Schadensersatz, da sie jedenfalls ab dem Schreiben der Klägerin vom 13.03.2023, Anlage K5, Kenntnis vom Herausgabeverlangen gehabt habe. Sie sei auch bei Erwerb nicht gutgläubig gewesen.
24
Die Klägerin beantragte daher zuletzt:
Unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Regensburg vom 22.02.2024 (Az. 84 O 882/23) wird die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 135.000,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 17.03.2023 zu zahlen.
25
8) Die Beklagte verteidigte zunächst das erstinstanzliche Urteil und beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
26
Die Beklagte sei eine der größten Gebrauchtwagen-Händlerinnen von Großmaschinen europaweit.
27
Mit Schriftsatz vom 12.03.2025 bestritt sie, dass der objektive Wert des Radladers 135.000 € betrage. Zunächst bezog sie dieses Bestreiten auf den Zeitpunkt des Verkaufs an den Dritten, bezog dieses Bestreiten dann aber auch auf den Zeitpunkt März 2023.
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9) Die Parteien haben dem schriftlichen Verfahren zugestimmt. Mit Beschluss vom 28.04.2025 hat der Senat das schriftliche Verfahren angeordnet.
II.
29
Die Berufung ist zulässig und begründet, da die in der Berufungsinstanz geänderte Klage zulässig und begründet ist.
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1) Die Berufung ist zulässig. Insbesondere wurde sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet, §§ 511, 517, 519, 520 ZPO.
31
2) Die Berufung ist auch begründet, da der zuletzt gestellte Klageantrag zulässig geändert und in der geänderten Form zulässig und begründet ist.
32
a. Die Klageänderung vom Herausgabeantrag hin zum Antrag auf Zahlung eines Schadens- bzw. Wertersatzes war gemäß § 264 Nr. 3 ZPO nicht als Klageänderung zu behandeln (Greger in: Zöller, Zivilprozessordnung, 35. Auflage, 10/2023, § 264 ZPO, Rd-Nr. 5), weil die Klägerin aufgrund des nach Rechtshängigkeit eingetretenen Umstandes (Verkauf des Fahrzeugs) vom Herausgabeantrag auf den Wertersatzantrag wechselte. Der Klagegrund (Eigentum an dem Fahrzeug) blieb dabei gleich, weil die Herausgabe auf § 985 BGB und der Wertersatz auf §§ 989, 990 BGB gestützt wurde bzw. wird.
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§ 533 ZPO ist damit nicht anwendbar. Darüber hinaus würden die Voraussetzungen aber auch vorliegen, weil die Klageänderung sachdienlich ist, da sie der Vermeidung eines Folgeprozesses dient, und der Weiterverkauf des Fahrzeugs erst während des Berufungsverfahrens erfolgte.
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b. Die Klägerin kann gemäß §§ 989, 990 BGB Wertersatz in Höhe von 135.000 € verlangen. Denn es lag eine Vindikationslage vor, weil die Beklagte von der T. und R. M. GmbH M. kein Eigentum erworben hatte.
35
aa. Die Beklagte veräußerte als Nichtberechtigte an den Dritten, weil sie selbst zuvor nicht gutgläubig Eigentum erworben hatte.
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(1) Gemäß § 932 Abs. 1 S. 1 BGB wird der Erwerber einer nach § 929 BGB erfolgten Veräußerung auch dann Eigentümer, wenn die Sache nicht dem Veräußerer gehört, es sei denn, dass er zu der Zeit, zu der er nach diesen Vorschriften das Eigentum erwerben würde, nicht in gutem Glauben ist.
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(2) Dass die Beklagte von der T. und R. M. GmbH M. gemäß § 929 S. 1 BGB Eigentum erwerben sollte und dabei alle Voraussetzungen dieser Vorschrift mit Ausnahme der Berechtigung der Veräußerin erfüllt waren, ist unstreitig. Im Rahmen von § 932 Abs. 1 S. 1 BGB oblag dabei der Klägerin, den Nachweis der Bösgläubigkeit bzw. fehlenden Gutgläubigkeit auf Seiten der Beklagten zu führen.
38
(3) Der Rechtsgrund für den gutgläubigen Erwerb nach § 932 BGB ist immer ein auf dem Besitz beruhender Rechtsschein, auf den der Erwerber sich verlassen durfte (BGH 5.5.1971 – VIII ZR 217/69, BGHZ 56, 123, 128).
39
Unter grober Fahrlässigkeit wird im Allgemeinen ein Handeln verstanden, bei dem die erforderliche Sorgfalt den gesamten Umständen nach in ungewöhnlich großem Maße verletzt worden ist und bei dem dasjenige unbeachtet geblieben ist, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen (BGH, Urteil vom 9. Februar 2005 – VIII ZR 82/03, NJW 2005, 1365 Rn. 15, juris). Dem Erwerber müssen Umstände bekannt gewesen sein, die mit auffallender Deutlichkeit dafür sprechen, dass der Verkäufer nicht Eigentümer war. Für den Erwerber muss also auch bei nur durchschnittlichem Merk- und Erkenntnisvermögen ohne besonders hohe Aufmerksamkeit und besonders gründliche Überlegung zu erkennen gewesen sein, dass die Verkaufssache dem Verkäufer nicht gehörte (BGH, Urteil vom 5. Juli 1978 – VIII ZR 180/77, WM 1978, 1208 Rn. 21). Dabei ist anerkannt, dass eine allgemeine Nachforschungspflicht bei Dritten als Voraussetzung für einen gutgläubigen Eigentumserwerb nicht besteht (BGH, Urteil vom 5. Februar 1975 – VIII ZR 151/73, Rn. 18, Juris). Eine solche Erkundigungspflicht obliegt dem Erwerber aber dann, wenn die Umstände den Verdacht nahelegen, dass der Verkäufer veräußert, obwohl er (noch) kein Eigentum an der Sache erworben hat (vgl. BGH, Urteil vom 4. Oktober 1972 – VIII ZR 66/71, Rn. 8, Juris). In einem solchen Fall genügt der Erwerber seiner Nachforschungsobliegenheit nicht bereits dadurch, dass er sich von dem Veräußerer bestätigen lässt, dass dieser Eigentümer der Sache oder zumindest verfügungsbefugt ist (vgl. BGH, Urteile vom 4. Oktober 1972 und 5. Juli 1978, jeweils aaO). Denn es besteht ersichtlich keine hinreichende Gewähr dafür, dass ein Verkäufer, der in Kenntnis der Umstände eine ihm nicht gehörende Sache zum Verkauf anbietet, auf ausdrückliche Nachfrage wahrheitsgemäß erklären wird, nicht Eigentümer oder Verfügungsbefugter und deshalb zu einer Eigentumsübertragung nicht in der Lage zu sein.
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(4) Ob die Umstände der Veräußerung den Verdacht nahe legen, dass der Veräußerer weder Eigentümer noch verfügungsbefugt ist, bedarf einer Gesamtwürdigung. Dabei ist insbesondere von Bedeutung, wie es zu der Veräußerung gekommen ist, wie die dabei beteiligten Personen sich verhalten haben, der Zustand des Kaufgegenstandes, der ausgehandelte Preis, der Zeitpunkt des Verkaufs – zum Beispiel in der Hochsaison – und die Motivierung des Verkaufs (BGH, Urteil vom 4. Oktober 1972, aaO, Rn. 8 und 10, Juris); auch die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Beteiligten oder die verkehrsübliche Möglichkeit des Bestehens von Dritteigentum sind zu berücksichtigen. Dabei ist anerkannt, dass beim Erwerb hochwertiger Investitions- oder Konsumgüter vom Händler oder Endabnehmer mit dem üblicherweise vereinbarten Eigentumsvorbehalt des Vorlieferanten bzw. mit einer Sicherungsübereignung zu rechnen ist, wenn der Erwerb innerhalb der üblichen Finanzierungsdauer erfolgt (Grüneberg/Bassenge, 82. Auflage, § 932 BGB, Rn. 12; MünchKommBGB/Oechsler, BGB, 9. Aufl., § 932 Rn. 58.; OLG Düsseldorf, NJW-RR 1999, 615 Rn. 49 ff.; OLG Koblenz, Urteil vom 9. April 2010 – 8 U 1007/09).
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Beim Sorgfaltsmaßstab ist dann aber auch die besondere berufliche Stellung des Erwerbers zu berücksichtigen. Etwaiges Sonder- oder Spezialwissen des Erwerbers muss bei der Bestimmung des Sorgfaltsmaßstabes mit beachtet werden (MüKoBGB/Oechsler, 9. Aufl. 2023, BGB § 932 Rn. 54 „Sonderhorizont des Erwerbers“). Ein Baumaschinenhändler muss beim Erwerb eines Baufahrzeuges wissen, dass dieses branchenüblich fremdfinanziert wird (OLG Koblenz, Urteil vom 15. Dezember 2016 – 6 U 113/16 – Rn. 53, juris). Gerade bei „jüngeren“ Baumaschinen muss ein Baumaschinenhändler damit rechnen, dass solche Geräte fremdfinanziert und damit nicht im Eigentum des Veräußerers stehen. Gerade der Umstand, dass solche Maschinen typischerweise unter Eigentumsvorbehalt geliefert bzw. gekauft werden, kann je nach Einzelfall eine Nachfrageobliegenheit begründen, wobei dieser Umstand aber nicht allein maßgeblich sein kann, sondern eine Gesamtwürdigung vorzunehmen ist (BGH, Urteil vom 4. Oktober 1972 – VIII ZR 66/71, juris).
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(5) Hier lagen Umstände vor, aufgrund derer sich für die Beklagte hätte aufdrängen müssen, zumindest die Erwerbskette des Radladers nachzufragen.
43
(aa) Zum einen war der Radlader noch nicht einmal drei Jahre alt. Ausweislich der Anlage B2 war der Beklagten bekannt, dass der Radlader das Baujahr 2020 hatte und bisher „nur“ eine Betriebszeit von 2210 h aufwies.
44
Die Klägerin hat mit der Berufungsbegründung vorgetragen, es sei üblich, dass vergleichbare Fahrzeuge über eine Laufzeit von 48 Monaten finanziert werden. Hier sei noch nicht einmal die Laufzeit von 36 Monaten abgelaufen gewesen.
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Dieser Vortrag ist von der Beklagten nicht bestritten worden. Auch wenn im Berufungsverfahren neuer Vortrag grds. nur eingeschränkt zulassungsfähig ist, § 529 Abs. 1 ZPO, ist unstreitiger bzw. unbestrittener Vortrag stets zu berücksichtigen.
46
Darüber hinaus hatte die Klägerin diesen Vortrag (übliche Finanzierungsdauer 48 Monate) bereits mit der Klageschrift gehalten (dort S. 6/7, Bl. 8/9). Die Beklagte hatte dies auch erstinstanzlich nicht bestritten.
47
(bb) Freilich muss die Geschäftsbeziehung zwischen der Beklagten und der T. und R. M. GmbH M. berücksichtigt werden. Legt man hier die nach § 529 Abs. 1 BGB bindenden Tatsachenfeststellungen des Landgerichts zugrunde, bestand eine seit mehreren Jahren existierende und fruchtbare geschäftliche Beziehung, bei der die Beklagte offenbar schon mehrfach („20-30 Geschäfte“) von der T. und R. M. GmbH M. Maschinen und Geräte angekauft hatte. Die Verkaufsumstände waren daher nicht etwa „dubios“ oder „auffällig“. Vielmehr lag ein normales Handelsgeschäft zwischen zwei am Markt seit Jahren tätigen Firmen vor. Die insoweit von der Klägerin geführten Angriffe gegen die Beweiswürdigung des Landgerichts überzeugen nicht.
48
(cc) Zutreffend hat das Landgericht dabei auch gewichtet, dass offenbar schon mehrere Ankaufgeschäfte erfolgreich, also ohne Rückgriff auf § 932 Abs. 1 S. 1 BGB, vorgenommen wurden. Das daraus entstehende Vertrauen ist ein gewichtiger Umstand.
49
Auch der Preis von 135.000 € erscheint nicht so niedrig, dass dadurch die Beklagte hätte misstrauisch werden müssen. Denn das Landgericht verweist hier auf die Anlage K13, die von der Klägerin selbst vorgelegt wurde und in der der Händler-Einkaufspreis mit 135.000 € netto beschrieben wird. Hier lag ein Geschäft Händler zu Händler vor, sodass der Preis sich eher zwischen Händler-Einkaufspreis und Händler-Verkaufspreis bewegte.
50
(dd) Nicht relevant ist hingegen der erstmals im Berufungsverfahren gehaltene Vortrag bzgl. der Übergabe einer Konformitätsbescheinigung. Erstmals im Berufungsverfahren hatte die Beklagte vorgetragen, mit dem Fahrzeug sei zwar keine Zulassungsbescheinigung Teil II übergeben worden, weil ein solches Dokument bei Baufahrzeugen nicht existiere. Es sei aber eine Konformitätsbescheinigung übergeben worden, die einer Zulassungsbescheinigung Teil II vergleichbar sei und im Rechtsverkehr belege, dass der Übergebende Eigentümer sei.
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Die Klägerin hat bestritten, dass ein solches Dokument übergeben worden sei. Der Vortrag ist damit gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 2, § 531 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 ZPO zurückzuweisen. Gründe für dessen Zulassung sind weder dargetan noch ersichtlich. Dass irgendwelche Dokumente (und Schlüssel) mit dem Fahrzeug übergeben wurden, war zwar bereits in erster Instanz thematisiert worden. Dass es sich dabei um besagte Konformitätsbescheinigung gehandelt habe und dass diese wie eine Zulassungsbescheinigung Teil II die Eigentümerstellung belegen solle, war hingegen nicht dargelegt worden.
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(ee) Zu beachten ist aber auch, dass der streitgegenständliche Radlader angesichts seines Alters und seines hohen Wertes typischerweise fremdfinanziert oder mit Eigentumsvorbehalt erworben wird. Daher war es zunächst die Obliegenheit der Beklagten, sich die Ankaufsunterlagen der T. und R. M. GmbH M. vorlegen zu lassen, also den notariellen Kaufvertrag vom 19.12.2022. Auffällig ist dabei zunächst, dass Ankäuferin der Maschinen (und Grundstücke) der F. T. GmbH nicht die T. und R. M. GmbH M., sondern die R. B. GmbH war. Allerdings war deren Geschäftsführer personenidentisch mit dem Geschäftsführer der T. und R. M. GmbH M.. Allein dieser Umstand mag dabei noch nicht weiter verwundern, wenn die Beklagte letztlich mit diesem Geschäftsführer persönlich verhandelte. Denn der Beklagten war es letztlich gleichgültig, ob sie von der R. B. GmbH oder der T. und R. M. GmbH M. erwarb. Außerdem sind hier Zwischen-Übereignungen denkbar. Auch wenn dies wegen § 181 BGB eigentlich gesetzlich nicht der „Normalfall“ wäre, sind Geschäftsführer typischerweise von den Beschränkungen von § 181 BGB befreit. Allein diese fehlende Personenidentität ist noch nicht geeignet, ein entsprechendes Misstrauen zu begründen, woraus eine Nachforschungsobliegenheit folgen würde.
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(ff) Entscheidend ist aber, dass in diesem Vertrag ausdrücklich vermerkt ist, dass der „Mietkauf übernommen“ wird. Die Formulierung des Landgerichts zur Kenntnis der Beklagten ist hier etwas missverständlich. So wird auf S. 9 ausgeführt, dass im notariellen Kaufvertrag der Verweis auf den Mietkaufvertrag enthalten gewesen sei. Dann heißt es weiter, dass „dieser Vertrag“ der Beklagten bekannt gewesen sei. Gemeint ist damit offenbar aber nur der notarielle Kaufvertrag, nicht der (übernommene) Mietkaufvertrag. Hier ergaben sich nun aber unter zwei Gesichtspunkten Nachfrageobliegenheiten.
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i. Einerseits hatte ausweislich des notariellen Kaufvertrages die R. B. GmbH den Mietkaufvertrag „übernommen“. Zumindest musste die Beklagte angesichts der ihr vorliegenden Informationen von diesem Umstand ausgehen. Dann aber wäre ein endgültiger Erwerb des Radladers auch nur durch diese Person möglich gewesen. Eine weitere „Übernahme“ durch die T. und R. M. GmbH M. war jedenfalls aus den vorgelegten Unterlagen nicht für die Beklagte ersichtlich. Dabei mag man zugunsten der Beklagten noch unterstellen, dass infolge der Personenidentität des Geschäftsführers auch eine Ablösung des Mietkaufvertrages durch die R. B. GmbH und eine anschließende Weiterübereignung auf die T. und R. M. GmbH M. deswegen denkbar oder gar naheliegend war. Immerhin war es rein tatsächlich so gewesen, dass die T. und R. M. GmbH M. und nicht die R. B. GmbH den Mietkaufvertrag zwischen der Klägerin und der F. T. GmbH übernommen hatte, auch wenn dies die Beklagte nicht wusste.
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ii. Der gewichtigere Umstand ist aber, dass damit der Beklagten positiv bekannt war, dass Hintergrund des Erwerbs des Radladers ein Mietkauf war, also ein Finanzierungsgeschäft. Dann wäre es aber angesichts des Sonderfachwissens der Beklagten ihre Aufgabe gewesen, zumindest bei der Veräußerin nachzuhaken, inwieweit dieser übernommene Mietkaufvertrag bereits erfüllt und abgelöst war. Wenn sie dann den Mietkaufvertrag bzw. den Übernahmevertrag sich hätte vorlegen lassen, hätte sie sofort und ohne Weiteres erkennen können, dass die Laufzeit desselben noch nicht einmal abgelaufen war und damit ein endgültiger Eigentumserwerb kaum vorstellbar war. Jedenfalls hätte sie dann aber nachfragen müssen, ob beispielsweise eine vorzeitige Ablösung erfolgt war und ob alle Raten entsprechend den Bedingungen des Mietkaufs gezahlt waren. Angesichts der Tatsache, dass die T. und R. M. GmbH M. das Fahrzeug ihrerseits aus einem Ankauf von Herrn Fe. erworben hatte, lag es zumindest nahe zu prüfen, ob entweder Herr Fe. oder die Firma Fe. oder die Firma T. den Mietkauf auch erfüllt hatte, weil der Beklagten als größte Baumaschinenhändlerin Europas bekannt war, dass bei Mietkaufverträgen die Übereignung des Fahrzeugs allenfalls unter Eigentumsvorbehalt erfolgte.
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(gg) Entscheidend ist dabei vor allem die sehr enge Chronologie.
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Der notarielle Kaufvertrag datiert vom 19.12.2022 (B3). In diesem ist ausdrücklich festgehalten, dass der Mietkauf übernommen wird. Der Weiterverkauf an die Beklagte erfolgte bereits am 03.02.2023, also gerade einmal 2 ½ Monate später.
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Tatsächlich war die T. mit Wirkung zum 01.01.2023 in den Mietkauf-Vertrag eingetreten (K4). Das wusste die Beklagte aber nicht positiv. Jedenfalls konnte die Klägerin dies nicht beweisen. Die Beklagte wusste aber, dass das Fahrzeug noch keine vier Jahre alt war und solche Fahrzeuge üblicherweise über 4 Jahre finanziert werden. Selbst wenn sie nur über 3 Jahre finanziert werden, waren diese 3 Jahre im günstigsten Fall gerade erst abgelaufen (01.01.2020 – 31.12.2022). Auch dann ist aber zu beachten, dass der Beklagten jedenfalls positiv bekannt war, dass der Radlader im Wege eines Mietkaufs angeschafft worden war und damit ein Finanzierungsgeschäft vorlag. Dann wäre zumindest eine Nachfrage diesbezüglich veranlasst gewesen. Im Protokoll hielt das Landgericht dem Geschäftsführer auch dies vor (vgl. Protokoll vom 01.02.2024, S. 3, Vorhalt der Anlage K8). Der Geschäftsführer antwortete aber nur ausweichend und ging auf das Thema „Mietkaufvertrag wird übernommen“ gar nicht ein. Auf S. 4 des Protokolls bestätigt er dann sogar ausdrücklich, dass über diesen Zusatz gar nicht gesprochen worden sei.
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Auch der Zeuge K. (S. 5 des Protokolls) hatte keine Erinnerung, dass man über diesen Zusatz gesprochen habe. Man habe sich ganz allgemein auf die mündliche Aussage der Gebrüder M. verlassen, dass die Verkäuferin auch Eigentümerin sei.
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Ebenso konnte auch der Zeuge R.  (Protokoll S. 7) sich nicht erinnern, über den Mietkauf gesprochen zu haben.
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Es gab also noch nicht einmal eine mündliche Nachfrage diesbezüglich. Erst recht verlangte man weder den Mietkaufvertrag noch den Übernahmevertrag noch sonstige Unterlagen, aus denen hervorgeht, dass tatsächlich mit Ablauf des Mietkaufzeitraums das Fahrzeug dann auch abgelöst wäre. Dabei behauptet die Beklagte selbst, sie sei eine der größten Gebrauchtwagen-Händlerinnen von Großmaschinen europaweit. Damit waren und sind ihr die geschäftlichen Gepflogenheiten der Branche hinlänglich bekannt. Sie weiß oder muss wissen, wie Baumaschinen mit einem Ankaufswert im sechsstelligen Bereich angeschafft und finanziert werden.
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(6) Im Rahmen der Gesamtwürdigung muss der Umstand erheblich berücksichtigt werden, dass der Beklagten die Existenz des „Mietkaufs“ bekannt war und dass das Fahrzeug daher finanziert war. Die Beteuerungen der Beklagten beschränken sich letztlich auf die mündlichen Zusagen des Geschäftsführers der T. und R. M. GmbH M.. Man habe letztlich auf dessen Wort vertraut, weil man sich schon lange kenne und auch schon andere Verträge gemeinsam abgewickelt habe. Freilich verkennt der Senat nicht, dass ein solches Vertrauen unter Geschäftsleuten einen nicht unerheblichen Wert hat. Andererseits waren hier der Beklagten positiv Umstände bekannt („Mietkauf wird übernommen“), die ein Finanzierungsgeschäft belegten. Dabei wäre es für die Beklagte ein Leichtes gewesen, sich den Mietkaufvertrag und Nachweise über die Zahlung der monatlichen Raten und der Ablösesumme vorlegen zu lassen. Bei einem Geschäft im sechsstelligen Euro-Bereich erscheint dies auch unter Geschäftsleuten nicht unüblich. Weil aber die Beklagte nur auf das Gerede vertraute, obwohl sich ihr Nachfragen hätten aufdrängen müssen, resultiert aus der Nachforschungsobliegenheit die grobe Fahrlässigkeit.
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bb. Mangels gutgläubigen Erwerbs war die Beklagte im Zeitpunkt der Veräußerung an den Dritten nichtberechtigte Besitzerin. Es lag ein Eigentümer-Besitzer-Verhältnis zur Klägerin vor. Damit ist § 989 BGB eröffnet, zumal die Beklagte bei Erlangung des Besitzes nicht im guten Glauben war, § 990 Abs. 1 BGB. Die Sperrwirkung des § 993 Abs. 1 Hs. 2 BGB entfällt damit.
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Die infolge Weiterveräußerung zumindest erschwerte oder sogar unmögliche Herausgabepflicht unterfällt § 989 BGB (Staudinger/​Thole (2023) BGB § 989 Rn. 16ff). Dabei kann die Klägerin ihren Anspruch gegen den jetzigen Besitzer schon gar nicht verfolgen, weil die Beklagte diesen namentlich nicht benannt hat (Anlage BB3 ist geschwärzt).
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cc. Die Klägerin kann als Schadensersatz wegen entgangenen Gewinns gemäß § 252 BGB einen Betrag von 135.000,00 € verlangen.
66
(1) Die Klägerin beruft sich für den Wert im März 2023 auf die Rückkaufoption durch den Hersteller, vgl. BK2 und BK4. Der Beklagten war auch bekannt, dass an den Hersteller zu diesem Preis verkauft werden kann. Gleichwohl hat die Beklagte den Radlader (später) nur für 130.000 € veräußert. Damit kommt es nicht darauf an, ob das Fahrzeug objektiv 135.000 € netto wert war. Maßgeblich ist nur, dass die Beklagte eine konkrete Verwertungsmöglichkeit durch ihr Verhalten (Nichtherausgabe) vereitelt hat und damit der Klägerin die eigene Möglichkeit zur Veräußerung genommen hat (entgangener Gewinn). Dass diese Option bestand, ist unstreitig geblieben. Die Beklagte hat sogar selbst Kenntnis von der Rückkaufoption zum damaligen Zeitpunkt gehabt. Es kommt also nicht darauf an, dass der Radlader im Zeitpunkt des Verkaufs im Jahr 2024 nur noch 130.000 € wert war. Dies wird zwar durch die Anlage BB2 nahegelegt. Maßgeblich ist aber der frühere Zeitpunkt März 2023. Und auch hier spielt der objektive Wert keine Rolle, weil eine Rückkaufoption seitens des Herstellers mit 135.000 € bekannt war und von der Klägerin hätte ausgeübt werden können, wenn das Fahrzeug nicht durch die Beklagte vorenthalten worden wäre.
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(2) Daher war auch dem Beweisangebot im Schriftsatz vom 12.03.2025 nicht nachzugehen. Es bedarf keines Gutachtens zur Ermittlung des objektiven Wertes – weder im März 2023 noch im Zeitpunkt des Verkaufs im Jahr 2024.
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c. Ob darüber hinaus auch ein Anspruch gemäß § 816 Abs. 1 BGB besteht, kann dahinstehen. Denn die Klägerin hat den Weiterverkauf nicht genehmigt. Ob der Dritte von der Beklagten seinerseits gutgläubig Eigentum erworben hat, ist nicht dargelegt. Ob damit das Verfügungsgeschäft (Übereignung des Fahrzeugs an den Dritten) gegenüber der Klägerin wirksam ist, bleibt offen.
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Außerdem würde dieser Anspruch ohnehin nur auf den erzielten Erlös und damit auf lediglich 130.000,00 € abzielen.
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3) Der Zinsanspruch folgt aus §§ 989, 990 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, § 280 Abs. 1, Abs. 2, § 286 Abs. 1 BGB, weil die Beklagte mit der Anlage K5 zur Herausgabe gemahnt wurde und darüber hinaus schon zuvor bösgläubig war, spätestens aber jetzt Kenntnis hatte.
III.
71
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 11, § 711 ZPO. Nachdem auch in zweiter Instanz zunächst Herausgabe begehrt wurde, war der Wertansatz des Landgerichts auf Basis der Anlage K13 nachvollziehbar.