Inhalt

BayObLG, Beschluss v. 07.05.2025 – 201 ObOWi 279/25
Titel:

Feststellung des Regelungsgehalts eines Verwaltungsakts; Vollziehbarkeit einer Auflage

Normenketten:
BGB § 133
BGB § 157
OWiG § 29a
OWiG § 79
StPO § 267 Abs. 1 S. 3
StPO § 353
VwGO § 80 Abs. 2 Nr. 2
VwGO § 80 Abs. 2 Nr. 4
§ 35 VwVfG.NRW
§ 36 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG.NRW, § 36 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG.NRW
StVO § 22 Abs. 2 S. 1
StVO § 23 Abs. 1 S. 2
StVO § 46 Abs. 1 Nr. 5
StVO § 46 Abs. 3 S. 1
StVO § 49 Abs. 1 Nr. 22
StVO § 49 Abs. 4 Nr. 4
Lfd.Nr. 108 BKat
Leitsätze:
1. Eine mit Geldbuße bedrohte Handlung nach §§ 49 Abs. 4 Nr. 4, 46 Abs. 3 Satz 1 StVO setzt Feststellungen zur Vollziehbarkeit der Auflage voraus. Eine Auflage ist nicht schon deshalb sofort vollziehbar, weil der Adressat von dem ihr zugrundeliegenden begünstigenden Verwaltungsakt vor Eintritt der Bestandskraft Gebrauch macht.
2. Will der Tatrichter die Nebenbestimmung eines Verwaltungsakts als Bedingung werten, so hat er tatsächliche Feststellungen zu treffen, die dem Rechtsbeschwerdegericht die Überprüfung erlauben, ob seine Wertung allgemeine Erfahrungsregeln, Denkgesetze oder verbindliche Auslegungsregeln verletzt (Fortführung von BayObLG, Beschluss vom 14.11.2024 – 201 ObOWi 1072/24).
Schlagworte:
Auflage, Auslegung, Ausnahmegenehmigung, Bedingung, Beweiswürdigung, deutschsprachige Person, Einziehung, Erlangtes Etwas, Fahrtstrecke, Höhe, Höhenbegrenzung, Ladung, Nebenbestimmung, objektiver Empfängerhorizont, Rechtsfrage, Schätzung, Streckenbindung, Streckenverlauf, Tatfrage, Transportlohn, Treu und Glauben, Ungewissheit, verkehrssicherer Zustand, Verstoß, Verwaltungsakt, Vollziehbarkeit, vorschriftsmäßiges Fahrzeug, Tatertrag, zukünftiges Ereignis
Fundstelle:
BeckRS 2025, 14341

Tenor

I. Auf die Rechtsbeschwerde der Einziehungsbeteiligten wird das Urteil des Amtsgerichts vom 18.12.2024 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. Aufrechterhalten bleiben die tatsächlichen Feststellungen dahingehend, dass die Einziehungsbeteiligte aus dem verfahrensgegenständlichen Transport ein Entgelt von 2.320 Euro erlangt hat.
II. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht zurückverwiesen.

Gründe

I.
1
Mit Urteil vom 11.10.2023 hatte das Amtsgericht gegen die Einziehungsbeteiligte die Einziehung des Wertes von Taterträgen nach § 29a OWiG in Höhe von 2.320 Euro angeordnet. Mit Beschluss vom 06.02.2024 hatte der Senat auf deren Rechtsbeschwerde das Urteil mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen.
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Soweit das Amtsgericht als die mit Geldbuße bedrohte Handlung im Sinne des § 29a Abs. 1 OWiG einen Auflagenverstoß nach § 49 Abs. 4 Nr. 4 StVO angenommen habe, habe es die Vollziehbarkeit der Auflage nach § 46 Abs. 3 Satz 1 StVO nicht hinreichend belegt. Das Urteil verhalte sich nicht zu der Frage, ob die Ausnahmegenehmigung mit der genannten Auflage bestandskräftig geworden oder die Verwaltungsbehörde die sofortige Vollziehung des Bescheids angeordnet habe.
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Das Amtsgericht hat nunmehr festgestellt, dass dem Verfahren ein gewerblicher Transport von drei Traktoren von W./Frankreich nach S./Österreich zugrunde lag, für den die Einziehungsbeteiligte wegen der Höhe eines der Traktoren von 4,28 m anstatt der gesetzlich zulässigen 4 m eine Ausnahmegenehmigung nach § 46 StVO beantragt und am 14.12.2021 erhalten hatte. In dieser seien die Anwesenheit einer der deutschen Sprache mächtigen sachkundigen Person während des gesamten Transports und eine konkrete Streckenbindung „als Auflagen und Bedingungen“ vorgeschrieben gewesen. Bei einer Kontrolle des Lkw mit Anhänger am 03.01.2022 um 10.15 Uhr wurde lediglich ein Fahrer angetroffen, der der deutschen Sprache nicht mächtig war. Außerdem befand sich das Fahrzeug nicht auf der in der Ausnahmegenehmigung vorgegebenen Strecke. Dem Fahrer sei die konkrete, von dieser abweichende Fahrstrecke von der Einziehungsbeteiligten vorgegeben worden. Der Fahrer sei wegen Nichteinhaltung der Vorschriftsmäßigkeit und Verkehrssicherheit des Fahrzeugs (§ 23 Abs. 1 StVO, Lfd.Nr. 108 BKat) zu einer Geldbuße verurteilt worden.
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Da die Einziehungsbeteiligte zur Höhe des Transportlohns keine Angaben machte, hat das Amtsgericht diesen geschätzt.
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Gegen das Urteil hat die Einziehungsbeteiligte form- und fristgerecht Rechtsbeschwerde eingelegt und diese mit der Verletzung materiellen Rechts begründet. Die Einziehungsbeteiligte beanstandet, insbesondere die Schätzung des Einziehungsbetrages.
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Die Generalstaatsanwaltschaft München hat mit Stellungnahme vom 01.04.2025 beantragt das Urteil des Amtsgerichts mit den zugehörigen Feststellungen aufzuheben, da diese sich weiterhin nicht zu der Frage verhielten, ob die Ausnahmegenehmigung bestandskräftig geworden oder ihre sofortige Vollziehbarkeit angeordnet gewesen sei.
II.
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Die gemäß § 79 Abs. 1 Nr. 2 OWiG statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde hat auf die Sachrüge hin zumindest vorläufig Erfolg. Aus den Urteilsfeststellungen ergibt sich nunmehr nicht zweifelsfrei, welcher Bußgeldtatbestand (§§ 1 Abs. 2, 29a Abs. 1, Abs. 5 OWiG) aus Sicht des Tatrichters verwirklicht wurde. Dies konnte auch nicht offenbleiben. Die tatsächlichen Feststellungen tragen keinen der beiden in Betracht kommenden Bußgeldtatbestände.
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1. Sollten die Ausführungen des Amtsgerichts so zu verstehen sein, dass dieses – wie in seinem Urteil vom 11.10.2023 – die mit Geldbuße bedrohte Handlung in einem Verstoß gegen eine vollziehbare Auflage der Ausnahmegenehmigung (§ 46 Abs. 1 Nr. 5 StVO) vom 14.12.2021 gesehen hat (§§ 49 Abs. 4 Nr. 4, 46 Abs. 3 Satz 1 StVO), so wären die Feststellungen, wie schon im Urteil vom 11.10.2023, lückenhaft, da sich dieses weiterhin nicht zur Vollziehbarkeit der Auflage verhält.
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Die Generalstaatsanwaltschaft München führt in ihrer Stellungnahme vom 01.04.2025 hierzu folgendes aus:
„Das Gericht verhält sich entgegen den Ausführungen des Bayerischen Obersten Landesgerichts in seinem Beschluss vom 06.02.2024 wiederum nicht dazu, ob die Ausnahmegenehmigung […] bestandskräftig war. Das Gericht führt insoweit in den Urteilsgründen nur aus, dass der begünstigende Verwaltungsakt sofort mit der Bekanntgabe am 14.12.2021 wirksam war. Die Frage der Bestandskraft hat insoweit Bedeutung, als der verfahrensgegenständliche Transport am 03.01.2022 stattfand, mithin innerhalb der Widerspruchsfrist von einem Monat ab Bekanntgabe des Bescheids.
Nachdem sich die sofortige Vollziehbarkeit im vorliegenden Fall, anders als etwa im Fall einer polizeilichen Weisung (§ 80 Abs. 2 Nr. 2 VwGO), nicht aus dem Gesetz selbst ergibt, ist insoweit Voraussetzung der Ahndung, dass die Auflage im Zeitpunkt des Verstoßes entweder nicht mehr anfechtbar war oder die Verwaltungsbehörde nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO schriftlich ihre sofortige Vollziehung angeordnet hatte […].“
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Dem schließt sich der Senat an. Er verweist nochmals auf seine Ausführungen in seinem Beschluss vom 06.02.2024:
„Allerdings begeht – bereits in objektiver Hinsicht – eine Ordnungswidrigkeit nach § 49 Abs. 4 Nr. 4 StVO nur derjenige, der entgegen § 46 Abs. 3 Satz 1 StVO eine vollziehbare Auflage nicht befolgt. Eine Auflage ist nur dann vollziehbar, wenn der erteilte Bescheid entweder bereits in Rechtskraft erwachsen ist oder aber die zuständige Verwaltungsbehörde nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten besonders angeordnet hat (vgl. Burmann/Hess/Hühnermann/Jahnke 27. Aufl. StVO § 49 Rn. 4 m.w.N.). Das angefochtene Urteil verhält sich hierzu nicht. Damit wird nicht hinreichend deutlich, ob der entsprechende Bescheid bzw. die darin erteilte Auflage hinsichtlich eines deutschsprachigen Begleiters und der genehmigten Strecke bestandskräftig geworden ist oder ob die Verwaltungsbehörde die sofortige Vollziehung angeordnet hatte. Nachdem die Ausnahmegenehmigung am 15.12.2021 erteilt wurde und die Fahrt am 03.01.2022 erfolgte, lag es vielmehr nahe, dass der Bescheid noch anfechtbar war.
Nach verwaltungsrechtlichen Grundsätzen ist ein Verwaltungsakt allerdings schon sogleich nach seinem Erlass existent und kann umgesetzt werden, solange er von dem Adressaten nicht mit aufschiebender Wirkung angefochten ist. Erst die Anfechtung selbst, nicht die bloße Zulässigkeit einer Anfechtung hat aufschiebende Wirkung (vgl. hierzu z.B. Kothe/von Nicolai in Redekervon Oertzen VwGO 17. Aufl. § 80 Rn. 7; Eyermann/Hoppe VwGO 16. Aufl. § 80 Rn. 19; auch BayObLG VRS 35, 195, 196 m.w.N.). Die Zuwiderhandlung gegen einen Verwaltungsakt kann aber nur dann zur Verhängung einer Geldbuße führen, wenn sie ohne Rücksicht auf die Einlegung eines Rechtsmittels vollziehbar ist. Nur in einem solchen Fall, in dem es nicht dem Belieben des Betroffenen überlassen ist, zunächst die verwaltungsrechtliche Durchsetzung zu verhindern, kann eine im Sinne des Ordnungswidrigkeitenrechts erhebliche Pflicht zur Befolgung der Anordnung anerkannt werden (vgl. hierzu BGHSt 23, 86, 91 = NJW 1969, 2023, 2025 m.w.N.; BayObLGSt 1962, 26, 30; OLG Hamm MDR 1979, 516 = NJW 1979, 728; OLG Hamm NJW 1980, 1476). Diese Grundsätze, die zunächst für die Verwirklichung von Straftatbeständen aufgestellt worden sind, gelten in gleicher Weise auch für Ordnungswidrigkeiten (vgl. insoweit auch Schenke JR 1970, 449, 450).“
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2. Die Feststellungen des Amtsgerichts wären aber auch dann lückenhaft, wenn der Tatrichter die mit Geldbuße bedrohte Handlung nunmehr in einem Verstoß gegen einen anderen Bußgeldtatbestand gesehen haben sollte.
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a) Dafür, dass der Tatrichter die mit Geldbuße bedrohte Handlung nunmehr in einem Verstoß gegen das Führen eines nicht vorschriftsmäßigen Fahrzeugs (§§ 49 Abs. 1 Nr. 22, 23 Abs. 1 Satz 2 StVO) gesehen hat, spricht der Umstand, dass er in den Urteilsgründen nunmehr feststellt, dass gegen den Fahrer wegen eines Verstoßes gegen §§ 23 Abs. 1, 49 StVO ein Bußgeldbescheid ergangen war. § 23 Abs. 1 Satz 2 StVO verpflichtet den Führer eines Kraftfahrzeugs dafür Sorge zu tragen, dass sich das Fahrzeug in einem vorschriftsmäßigen und verkehrssicheren Zustand befindet, wozu auch die Einhaltung der Vorschriften über die Höhenbegrenzung der Ladung auf 4 m nach § 22 Abs. 2 Satz 1 StVO gehören (Hentschel/König StVR 48. Aufl. § 22 Rn. 15). Das 4,28 m hoch beladene Fahrzeug der Einziehungsbeteiligten hätte ohne eine Ausnahmegenehmigung nach § 46 Abs. 1 Nr. 5 StVO gegen die in § 22 Abs. 2 Satz 1 StVO normierte Höhenbegrenzung verstoßen. Dies spricht dafür, dass das Amtsgericht das rechtswidrige Verhalten nach §§ 1 Abs. 2, 29a Abs. 1 OWiG im gänzlichen Fehlen einer rechtswirksamen Ausnahmegenehmigung für den Transport erkannt hat.
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Da andererseits eine Ausnahmegenehmigung für den Transport erteilt worden war, läge eine rechtswidrige Tat folglich nur vor, wenn es sich bei der vom Straßenverkehrsamt Mettmann ausgesprochenen Streckenbindung und/oder der Anordnung der Anwesenheit einer deutschsprachigen Person um eine Bedingung (§ 36 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG.NRW) und nicht nur um eine Auflage (§ 36 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG.NRW) gehandelt hätte. Dann hätte die Wirksamkeit der Ausnahmegenehmigung von der Einhaltung der Fahrtstrecke und/oder der Anwesenheit einer deutschsprachigen Person abgehangen. Im Gegensatz zur Auflage macht die Bedingung die Rechtswirkung des Verwaltungsaktes (der Ausnahmegenehmigung) vom ungewissen Eintritt eines zukünftigen Ereignisses abhängig (BVerwG, Urt. v. 15.03.2017 – 10 C 1/16). Mit der Abweichung vom vorgeschriebenen Streckenverlauf und/oder der unterbliebenen Anwesenheit einer deutschsprachigen Person wäre dann eine auflösende Bedingung für den Verwaltungsakt eingetreten.
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b) Die Feststellungen des Amtsgerichts sind diesbezüglich jedoch lückenhaft. Sie belegen nicht, dass es sich Streckenbindung und/oder der Anordnung der Anwesenheit einer deutschsprachigen Person um eine Bedingung des Verwaltungsakts gehandelt hätte.
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aa) Zum einen lassen die Feststellungen (“Bedingungen und Auflagen“) offen, welche rechtliche Natur (Bedingung oder Auflage) das Amtsgericht der Streckenbindung und der Verpflichtung zur Anwesenheit einer deutschsprachigen Person im Ergebnis beigemessen hat. Es handelt sich hierbei um eine Tat- und nicht um eine Rechtsfrage. Sie konnte auch nicht offenbleiben, da – wie ausgeführt – ein Auflagenverstoß (§§ 49 Abs. 4 Nr. 4, 46 Abs. 3 Satz 1 StVO) andere tatsächliche Feststellungen verlangt als die Feststellung eines Verstoßes gegen die §§ 49 Abs. 1 Nr. 22, 23 Abs. 1 Satz 2 StVO, die bei Verstoß gegen eine Bedingung in Frage kommen.
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bb) Es mangelt den Urteilsgründen an der Feststellung tatsächlicher Grundlagen, die dem Senat die rechtliche Prüfung erlauben würden, ob die Schlussfolgerung des Amtsgerichts, die Nebenbestimmungen zum Verwaltungsakt seien Bedingungen (§ 36 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG.NRW) und nicht etwa Auflagen (§ 36 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG.NRW) rechtsfehlerfrei getroffen wurde.
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(1) Der Inhalt eines Verwaltungsakts (§ 35 VwVfG.NRW) einschließlich seiner Nebenbestimmungen, wie hier der Ausnahmegenehmigung, ist vom Tatgericht festzustellen (st. Rspr. vgl. nur BGHSt 31, 314; 66, 83; BGH, Beschluss vom 22.03.2023 – 1 StR 422/22 bei juris). Das Rechtsbeschwerdegericht kann dessen Auslegung nur daraufhin überprüfen, ob diese allgemeine Erfahrungssätze, Denkgesetze oder verbindliche Auslegungsregeln verletzt. Eine eigene Wertung steht dem Rechtsbeschwerdegericht nicht zu. Für den Regelungsgehalt eines Verwaltungsakts ist entsprechend §§ 133, 157 BGB der erklärte Wille der Behörde maßgebend, wie ihn der Empfänger bei objektiver Würdigung nach Treu und Glauben verstehen musste, wobei Erwägungen und Überlegungen, die in der Entscheidung keinen erkennbaren Niederschlag gefunden haben, außer Betracht bleiben. Bei der Ermittlung dieses objektiven Erklärungswertes ist zunächst vom Wortlaut der Erklärung auszugehen und deren objektiver Gehalt unter Berücksichtigung des Empfängerhorizontes zu bestimmen. Hierzu sind alle dem Empfänger bekannten oder erkennbaren, dem Erlass des Verwaltungsaktes vorausgegangenen Umstände sowie die Begründung des Verwaltungsaktes heranzuziehen (BayObLG, Beschluss vom 14.11.2024 – 201 ObOWi 1072/24 m.w.N.)
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(2) Diesen Anforderungen wird das angefochtene Urteil nicht gerecht. Es teilt weder den Wortlaut des Bescheids vom 14.12.2021 noch den seiner Nebenbestimmungen noch den Gesamtzusammenhang mit, in welchen diese eingebettet sind. Auch auf eine eventuelle Begründung des Bescheids oder weitere für seine Auslegung bekannten oder erkennbaren Umstände geht das Urteil mit keinem Wort ein. Der Senat kann daher nicht prüfen, ob es sich bei der angeordneten Streckenbindung und/oder der Anordnung der Anwesenheit einer deutschsprachigen Person um nicht eingehaltene Bedingungen und nicht etwa um Auflagen gehandelt hat.
III.
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1. Aufgrund der aufgezeigten Mängel kann die getroffene Einziehungsentscheidung keinen Bestand haben. Das angefochtene Urteil ist deshalb aufzuheben (§ 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, § 353 Abs. 1 StPO).
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2. Die tatsächlichen Feststellungen des Amtsgerichts dahingehend, dass die Einziehungsbeteiligte aus dem verfahrensgegenständlichen Transport ein Betrag von 2.320 Euro erlangt hat, können hingegen aufrechterhalten werden, da sie von dem aufgezeigten Rechtsfehler nicht betroffen sind.
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a) Der Senat entnimmt den Urteilsfeststellungen hinreichend klar, dass der vom Amtsgericht rechtsfehlerfrei geschätzte Transportlohn der Einziehungsbeteiligten tatsächlich zugeflossen ist. Weder im Hinblick auf den Zweifelssatz noch sonst war es für das Amtsgericht geboten, Tatvarianten zu unterstellen, für deren Vorliegen die Hauptverhandlung keine konkreten Anhaltspunkte erbracht hatte (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschluss vom 14.04.2021 – 4 StR 91/21; BayObLG, Urt. v. 16.07.2021 – 202 StRR 59/21 jew. m.w.N.). Weder bestanden Anhaltspunkte dafür, dass die Einziehungsbeteiligte den gewerblichen Gütertransport für einen Dritten kostenlos durchgeführt noch dafür, dass sie das vereinbarte Entgelt tatsächlich nicht vereinnahmt hat. Solches war von ihr auch nicht behauptet worden.
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Soweit die Rechtsbeschwerde darauf hinweist, dass eine Bezugnahme in den Urteilsgründen nur auf Abbildungen und nicht auf Dokumente zulässig ist (§ 267 Abs. 1 Satz 3 StPO, § 71 Abs. 1 OWiG), trifft dies zwar zu, das Amtsgericht hat jedoch in seinen Urteilsgründen den Inhalt der Frachtbriefe, soweit dieser für die Beweiswürdigung von Bedeutung war, mitgeteilt. Die von der Rechtsbeschwerde vermissten Angaben von Kundengeschäftszeichen und Kundenbestellnummern in den Urteilsgründen waren für die Nachvollziehbarkeit der Beweiswürdigung ohne Bedeutung.
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b) Der Vollständigkeit halber weist der Senat darauf hin, dass die Feststellungen zum Vorsatz der Einziehungsbeteiligten – auch soweit dieser im Rahmen der Berechnung des Einziehungsbetrages gem. § 29a Abs. 3 OWiG von Bedeutung ist – schon deshalb nicht von der Aufrechterhaltung der Feststellungen umfasst sind, weil bislang noch keine rechtswidrige Tat festgestellt ist, auf die sich ein Vorsatz beziehen könnte.
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3. Gemäß § 79 Abs. 6 OWiG war die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückzuweisen, das auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde zu befinden haben wird.
IV.
25
Der Senat entscheidet durch Beschluss gemäß § 79 Abs. 5 Satz 1 OWiG.
26
Gemäß § 80a Abs. 1 OWiG entscheidet der Einzelrichter