Titel:
Schlussbescheid, Keine Pflicht der Behörde zur Nachfrage (hier: nicht offensichtlicher Buchungsfehler des Subventionsempfängers zu seinen Lasten)
Normenketten:
Richtlinie für die Gewährung von Überbrückungshilfe des Bundes für kleine und mittelständische Unternehmen – Phase 3 (Überbrückungshilfe III) des Bayerischen
Staatsministeriums für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie
Leitsatz:
Ein Buchungsfehler, der zu einer fehlerhaften Umsatzangabe führt, kann nur bis zum Erlass des entsprechenden Bescheids korrigiert werden. (Rn. 34)
Schlagworte:
Schlussbescheid, Keine Pflicht der Behörde zur Nachfrage (hier: nicht offensichtlicher Buchungsfehler des Subventionsempfängers zu seinen Lasten)
Fundstelle:
BeckRS 2025, 14222
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
1
Die Klägerin wendet sich gegen einen Schlussbescheid der Beklagten, mit dem Überbrückungshilfe III gewährt und die bisher ausgezahlte Hilfe teilweise zurückgefordert wurde.
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Auf einen entsprechenden Antrag hin bewilligte die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 24.02.2021 eine Abschlagszahlung für eine Billigkeitsleistung in Höhe von 93.442,87 EUR auf Grundlage von Art. 53 der Bayerischen Haushaltsordnung (BayHO), der dazugehörigen Verwaltungsvorschriften und der Richtlinie für die Gewährung von Überbrückungshilfe des Bundes für kleine und mittelständische Unternehmen – Phase 3 (Überbrückungshilfe III) des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie.
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Nachdem die Klägerin entsprechende Änderungsanträge gestellt hatte, wurde ihr mit vorläufigem Bescheid vom 19.04.2021 Überbrückungshilfe III in Höhe von 186.885,74 EUR gewährt und mit Änderungsbescheid vom 29.09.2021, der ebenfalls als vorläufiger Bescheid ausgestaltet war, letztlich eine Überbrückungshilfe III in Höhe von 290.830,09 EUR.
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Im Rahmen der streitgegenständlichen Schlussabrechnung machte die Klägerin einen Betrag von 290.830,09 EUR geltend. Nachdem die Klägerin in ihrem Schlussabrechnungsantrag offenbar Schätzzahlen anstelle der tatsächlich erzielten Umsätze angegeben hatte, wies die Beklagte am 04.09.2023 darauf hin, dass dies nicht zulässig sei. Es wurde um Vorlage einer Auflistung der Monatsumsätze gebeten. Daraufhin übermittelte die Klägerseite betriebswirtschaftliche Auswertungen für den angeforderten Zeitraum 2019 bis 2021 und eine tabellarische Auflistung der Monatsumsätze Februar bis Juni, jeweils für die genannten Jahre. Am 15.09.2023 bat die Beklagte der besseren Übersicht halber um Vorlage einer Auflistung aller relevanten Umsatzzahlen Januar bis Dezember 2019 und 2020 sowie Januar bis Juni 2021. Die Beklagte kündigte an, sie werde sodann die Zahlen entsprechend anpassen.
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Auf der Basis der von der Klägerin sodann eingereichten Umsatzübersicht erließ die Beklagte den streitgegenständlichen Schlussbescheid vom 20.12.2023.
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Mit diesem Schlussbescheid wurde die Überbrückungshilfe III zugunsten der Klägerin auf 219.583,09 EUR festgesetzt und der vorläufige Bescheid vollständig ersetzt. Weiter wurde festgestellt, dass die Höhe der bisher geleisteten Zahlungen den festgesetzten Anspruch übersteigt. Es wurde ein Betrag in Höhe von 71.247,00 EUR nebst Regelung zur Verzinsung zurückgefordert. Im Übrigen wird auf den Schlussbescheid verwiesen.
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Am 18.01.2024 ließ die Klägerin durch ihren Bevollmächtigten Klage gegen den Schlussbescheid vom 20.12.2023 erheben.
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Die Klägerin wende sich gegen die Rückzahlungsforderung, jedenfalls in Höhe von 62.488,84 EUR. In dieser Höhe sei die Rückforderung unberechtigt. Sie basiere auf der Berechnung für den Monat Januar 2021. Im Referenzjahr 2019 hätten die Umsatzerlöse bei 278.377,93 EUR gelegen und ausweislich der eingereichten Buchhaltungsunterlagen habe sich der Umsatz im Januar 2021 auf 94.065,84 belaufen. Darin enthalten sei ein Betrag in Höhe von (ca.) 80.000,00 EUR, der erlöswirksam gebucht worden sei, doch handele es sich dabei tatsächlich nicht um einen Erlös. Es handele sich um „Fehlbuchung“ (deren Entstehen unter Beteiligung einer Buchhaltungsmitarbeiterin der Klägerin wurde mit Bezugnahme auf das zum 31.10 eines Jahres endende abweichende Geschäftsjahr der Klägerin ausführlich erläutert).
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Dass im Gesamtkontext etwas nicht habe stimmen können, ergebe sich zwanglos aus der Umsatzübersicht. Von November 2020 bis Mai 2021 habe es fast überhaupt keine Erlöse gegeben, so dass sich die Frage stelle, warum der Monat 2021 ein Ausreißer sein solle. Auch in diesem Monat habe natürlich kaum jemand Reisen gebucht und es seien keine Erlöse entstanden. Erst mit Zugang des Bescheids und Prüfung sei der Fehler durch die Aufarbeitung des Steuerberaters der Klägerin bemerkt worden. Die Buchungen bis zu diesem Zeitpunkt seien durch die Klägerin selbst erfolgt. Es werde gebeten, dass sich die Beklagte mit dem offensichtlichen Versehen befasse. Soweit ein Teil der Rückforderung den Monat Juni 2021 betreffe, werde diese insoweit ausdrücklich nicht angegriffen.
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Die Klägerin beantragt,
- 1.
-
Die Beklagte wird verurteilt, unter Abänderung des Bescheides unter der Antragsnummer …: … vom 20.12.2023, die Rückforderung gegenüber der Klägerin von 71.247,00 EUR auf 8.758,16 EUR zu reduzieren.
- 2.
-
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
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Die Beklagte beantragt,
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Es wurde darauf hingewiesen, dass ausgehend von dem vorgelegten Zahlenmaterial ein vollständig bewilligender Schlussbescheid erlassen worden sei. Wenn aber dem Antrag der Klägerin voll entsprochen worden sei, sei eine Rechtsverletzung von vornherein ausgeschlossen. Sofern die Klägerin nunmehr versuche, Änderungen an den vorgelegten Umsätzen vorzunehmen, sei dieses Vorgehen präkludiert und die Verpflichtungsklage bereits unstatthaft sowie mangels Klagebefugnis unzulässig. Jedenfalls bestehe keine weitergehende Förderberechtigung. Die Beklagte habe schlicht die einschlägige Richtlinie umgesetzt. Nach der Verwaltungspraxis werde auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung abgestellt. Zu diesem Zeitpunkt habe die Beklagte die Förderquote entsprechend absenken dürfen und müssen.
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Die Klägerin teilte hierzu mit, dass der Sachverhalt letztlich nicht streitig sei, es habe ein Buchungsfehler vorgelegen. Die Klagebefugnis sei zu bejahen. Durch den Buchungsfehler habe dem Schlussbescheid ein falscher Sachverhalt zugrunde gelegen; es müsse in Analogie zu steuerrechtlichen Sachverhalten von einer „offenbaren Unrichtigkeit“ ausgegangen werden, die zu korrigieren sei. Bejahe man eine Präklusion, würde dies faktisch dazu führen, dass jede Fehlerhaftigkeit ohne Korrekturmöglichkeit hinzunehmen wäre. Dies verstoße gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung. Die Existenz eines Rechtsbehelfsverfahren zeige, dass es nach dem Erlass eines Schlussbescheids noch eine Möglichkeit geben müsse, gegen den vorliegenden „Rückforderungsbescheid“ vorzugehen. Es wurde auf den Grundsatz rechtlichen Gehörs hingewiesen; neue Tatsachen müssten im Rechtsbehelfsverfahren vorgebracht werden können. Dies gelte gerade dann, wenn es um Tatsachen gehe, die sich jedem vernünftigen Betrachter aufdrängen müssten; deren Vorbringen indiziere eine Fehlerhaftigkeit des Bescheids. Es sei unbillig und praxisfremd, wenn eine Fehlbuchung zu Lasten des Bescheidsempfängers nicht mehr korrigiert werden könne. Auf die andere Konstellation eines Fehlers zugunsten des Zuwendungsempfängers wurde genauso eingegangen wie auf eine „Abgrenzungsbuchung“ im Zuge der späteren Überbrückungshilfe III Plus.
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Im weiteren Gang des gerichtlichen Verfahrens wurde – nachdem das Gericht bereits mit Verfügung vom 18.11.2024 eine vorläufige Einschätzung der Rechtslage mitgeteilt hatte – die Beklagte u.a. um Stellungnahme zur Art. 51 BayVwVfG sowie um Mitteilung gebeten, wie sie in ihrer Verwaltungspraxis mit nicht offenkundigen Fehlern/Versehen zu Lasten der Antragsteller umgehe. Hierzu teilte die Beklagte mit, dass aus ihrer Sicht mit Blick auf ein etwaige künftiges Wiederaufgreifen des Verfahrens keine Wiederaufnahmegründe im Sinne des Art. 51 Abs. 1 BayVwVfG vorlägen. In ihrer Praxis stelle die Beklagte auf den Bescheidserlass ab, nachträglicher Vortrag werde nicht mehr berücksichtigt. Danach eintretende Änderungen wären damit auch nicht mehr entscheidungserheblich. Ein etwaiger Antrag der Klägerin auf Wiederaufgreifen nach Bestandskraft des Bescheids verspreche keinen Erfolg.
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Nachdem die Klägerin darauf hingewiesen hatte, dass sie die Voraussetzungen des Art. 51 Abs. 1 BayVwVfG durchaus für gegeben erachte, machte die Beklagte noch einmal deutlich, dass aus ihrer Sicht weiterhin keine Wiederaufgreifensgründe vorlägen. Dass die um den Buchungsfehler bereinigten Unterlagen nicht hätten verwertet werden können, beruhe auf einem Verschulden des prüfenden Dritten, das sich die Klägerin zurechnen lassen müsse.
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Die Klägerin ließ mitteilen, dass die Klage nicht zurückgenommen werde. Im Übrigen wird auf die Behördenakten und die Gerichtsakte verwiesen.
Entscheidungsgründe
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1. Über die Klage konnte gem. § 84 Abs. 1 VwGO durch Gerichtsbescheid entschieden werden, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten wurden hierzu angehört.
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2. Im vorliegenden Verfahren geht es der Klägerin in der Sache darum, dass der erläuterte Buchungsfehler über einen Betrag von (ca.) 80.000,00 EUR betreffend den Monat Januar 2021 im Rahmen der Schlussabrechnung nachträglich zu ihren Gunsten korrigiert wird. Ausgehend von den Umsätzen, die die Beklagte dem Schlussbescheid vom 20.12.2023 zugrunde gelegt hat, ergab sich für den Januar 2021 eine Förderquote von 60% bezogen auf die im Schlussantrag angegebene Summe („monatlicher Förderbetrag“ – vgl. S. 62 der Schlussabrechnungsakte) von 156.222,09 EUR, mithin der Betrag von 93.733,25 EUR. Würde man – dem Klageziel folgend – von einem um 80.000,00 EUR korrigierten Umsatz für Januar 2021 ausgehen, ergäbe sich eine Förderquote von 100%, mithin ein Betrag in Höhe von 156.222,09 EUR. Die Differenz von 62.488,84 EUR ist damit der der Klage streitgegenständlich zugrundeliegende Betrag.
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Bei verständiger Würdigung des Vorbringens der Klägerin (§ 88 VwGO) ist die Klage somit einerseits als Verpflichtungsklage dahin auszulegen, dass die Beklagte unter entsprechender Abänderung des Schlussbescheids vom 20.12.2023 verpflichtet werden soll, der Klägerin Überbrückungshilfe III in Höhe weiteren 62.488,84 EUR zu bewilligen und damit insgesamt in einer Gesamthöhe von 282.071,93 EUR. Andererseits begehrt die Klägerin damit korrespondierend im Wege einer Anfechtungsklage insoweit die teilweise Aufhebung der im Bescheid vom 20.12.2023 angeordneten Erstattung.
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3. Die Klage hat jedenfalls in der Sache keinen Erfolg.
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Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte verpflichtet wird, unter Abänderung des Bescheids vom 20.12.2023 die Überbrückungshilfe III zu ihren Gunsten auf insgesamt 282.071,93 EUR festzusetzen. Weiter kann die Klägerin nicht beanspruchen, dass der im Schlussbescheid genannte Erstattungsbetrag eine entsprechende Reduktion erfährt (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 VwGO).
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a) Bei dem streitgegenständlichen Bescheid handelt es sich um einen sog. „Schlussbescheid“, mithin einen Verwaltungsakt, der auf Grundlage eines vorläufigen Verwaltungsaktes ergangen ist. Bei einem vorläufigen Verwaltungsakt steht der Inhalt der Regelung unter dem sie einschränkenden Vorbehalt endgültiger Regelung – so beispielsweise wie vorliegend bei einer Subventionsbewilligung unter Vorbehalt der endgültigen Entscheidung über die Subventionshöhe. Durch den vorläufigen Verwaltungsakt wird damit das Regelungsprogramm der Art. 43, 48 ff. BayVwVfG modifiziert bzw. finden die Art. 48 ff. BayVwVfG keine Anwendung. Soweit die Regelung nämlich vorläufig ist, ist die Behörde bei der endgültigen Regelung hieran nicht gebunden. Ergeht dann eine endgültige Entscheidung, erledigt sich der vorläufige Verwaltungsakt. Er wird durch die endgültige Entscheidung ersetzt (vgl. Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 10. Auflage 2023, § 35, Rn. 243 ff. m.w.N.).
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Ausweislich des zuletzt maßgeblichen vorläufigen Bewilligungsbescheides vom 29.09.2021 erging die Bewilligung und Auszahlung der Überbrückungshilfe unter dem Vorbehalt der vollständigen Prüfung des Antrags und der endgültigen Festsetzung in einem Schlussbescheid (vgl. Nr. 2 des Bewilligungsbescheides). Konkret kommt dementsprechend dem angefochtenen Bescheid vom 20.12.2023 der Charakter eines Schlussbescheids mit dem Regelungsgehalt zu, die von der Klägerin beantragte Förderung endgültig auf 219.583,09 EUR festzusetzen. Hierauf nimmt auch der Tenor des streitgegenständlichen Bescheids unter Nr. 5 ausdrücklich Bezug (vgl. BVerwG, U.v. 14.4.1983 – 3 C 8.82 – juris Rn. 34; U.v. 15.3.2017 – 10 C 1/16 – juris Rn. 16; BayVGH, B.v. 26.10.2023 – 22 C 23.1609 – juris Rn. 11; VG München, U.v. 8.5.2023 – M 31 K 21.4671 – juris Rn. 44 ff.).
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b) Es bestehen keine Bedenken hinsichtlich der materiellen Rechtmäßigkeit.
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aa) In rechtlicher Hinsicht ist im Ausgangspunkt zu beachten, dass eine Rechtsnorm, die einen Anspruch auf Bewilligung der beantragten Zuwendung begründet, nicht existiert. Die Gewährung der Überbrückungshilfe erfolgt vielmehr auf Grundlage der Richtlinie im billigen Ermessen der Förderbehörde. Die Richtlinie muss dabei von der zuständigen Bewilligungsbehörde gleichmäßig (Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 Abs. 1 BV), im Einklang mit Art. 23 und 44 BayHO, ohne Verstoß gegen andere Rechtsvorschriften und gemäß dem Förderzweck angewendet werden, wie dieser in den Richtlinien zum Ausdruck kommt. Die Verwaltungsgerichte haben sich im gerichtlichen Verfahren auf die Prüfung zu beschränken, ob bei der Anwendung der Richtlinie im Einzelfall der Gleichheitssatz verletzt worden ist oder ggf. ein sonstiger Verstoß gegen einschlägige materielle Rechtsvorschriften vorliegt (vgl. BayVGH, B.v. 23.10.2023 – 22 ZB 23.1426 – juris Rn. 13).
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Entscheidend ist allein, wie die zuständige Behörde die Richtlinie im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger, zu einer Selbstbindung führenden Verwaltungspraxis gehandhabt hat und in welchem Umfang sie infolgedessen an den Gleichheitssatz gebunden ist. Dabei darf eine solche Richtlinie nicht – wie Gesetze oder Rechtsverordnungen – gerichtlich ausgelegt werden, sondern sie dient nur dazu, eine dem Grundsatz der Gleichbehandlung entsprechende Ermessensausübung der Behörde zu gewährleisten (vgl. BayVGH, B.v. 3.8.2022 – 22 ZB 22.1151 – juris Rn. 17; B.v. 17.11.2010 – 4 ZB 10.1689 – juris Rn. 19; BVerwG, U.v. 16.6.2015 – 10 C 15.14 – juris Rn. 24; VG München, U.v. 28.6.2023 – M 31 K 22.1561 – juris Rn. 17 m.w.N.).
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Dem Zuwendungsgeber steht es frei, sich für eine bestimmte Verwaltungspraxis zu entscheiden und diese konsequent anzuwenden. Die allein relevante Willkürgrenze wird selbst dann nicht überschritten, wenn es auch für eine alternative Förderpraxis gute oder ggf. bessere Gründe gäbe. Eine Verletzung kann allenfalls dann vorliegen, wenn die maßgeblichen Kriterien unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar wären und sich der Schluss aufdrängt, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruhen (vgl. BayVGH, B.v. 8.11.2021 - 6 ZB 21.2023 – juris Rn. 6 und 13; VG Augsburg, U.v. 19.7.2023 – Au 6 K. 22.1310 – juris Rn. 50 m.w.N.).
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Maßgeblicher Zeitpunkt für die Bewertung der Fördervoraussetzungen ist der Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung über die Förderung (vgl. BayVGH, B.v. 27.2.2023 – 22 ZB 22.2554 – juris Rn. 14; B.v. 2.2.2022 – 6 C 21.2701 – juris Rn. 10). Alles, was im Verwaltungsverfahren nicht vorgetragen oder erkennbar war, muss deshalb auch im Rahmen der konkreten Ermessensausübung nicht berücksichtigt werden (vgl. VG München, U.v. 18.8.2023 – M 31 K 21.4949 – juris Rn. 31). Grundsätzlich liegt es gerade in Zuwendungsverfahren in der Sphäre des Zuwendungsempfängers, die Voraussetzungen für die Gewährung einer Zuwendung bis zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt darzulegen und nachzuweisen. Denn da die streitige Zuwendung eine freiwillige staatliche Leistung darstellt, ist ihre Gewährung von einer Mitwirkung der Antragsteller im Rahmen des Zuwendungsverfahrens, insbesondere von der Mitteilung und Substantiierung zutreffender, zur Identifikation und für die Förderfähigkeit notwendiger Angaben abhängig. Die Anforderung geeigneter Nachweise für die Anspruchsberechtigung ist auch vor dem Hintergrund des Grundsatzes der sparsamen Verwendung von Haushaltsmitteln (Art. 7 Abs. 1 Satz 1 BayHO) gerade im Bereich der Leistungsverwaltung sachgerecht und nicht zu beanstanden. Ferner entspricht die Verpflichtung zur Mitwirkung seitens der Antragsteller allgemeinen verwaltungsverfahrensrechtlichen Grundsätzen, Art. 26 Abs. 2 Satz 1 BayVwVfG (vgl. VG Würzburg, U.v. 26.4.2021 – W 8 K 20.1487 – juris Rn. 31 m.w.N.). Bei den verwaltungsrechtlichen Verfahren betreffend die Corona-Wirtschaftshilfen der Beklagten handelt es sich um Massenverfahren, deren Bewältigung ein gewisses Maß an Standardisierung auf behördlicher Seite erfordert und zulässt (vgl. auch VG Würzburg, B.v. 13.7.2020 – W 8 E 20.815 – juris Rn. 28 f.; BayVGH, B.v. 31.5.2023 – 22 C 23.809 – juris Rn. 13). Dabei ist weiterhin zu beachten, dass dem verwaltungsverfahrensrechtlichen Effektivitäts- und Zügigkeitsgebot (Art. 10 Satz 2 BayVwVfG) bei der administrativen Bewältigung des erheblichen Förderantragsaufkommens im Rahmen der Corona-Beihilfen besondere Bedeutung zukommt; dies gerade auch deswegen, um Antragstellern möglichst schnell Rechtssicherheit im Hinblick auf die Erfolgsaussichten ihrer Förderanträge und damit über die (Nicht-)Gewährung von Fördermitteln zu geben (VG München, U.v. 26.4.2022 – M 31 K 21.1857 – juris Rn. 23; U.v. 23.2.2022 – M 31 K 21.418 – juris Rn. 28). Zu beachten ist dabei, dass die möglicherweise erhöhte (verfahrensmäßige) Fürsorgebedürftigkeit eines einzelnen Antragstellers vorliegend zugunsten der quasi „objektiven“, materiellen/finanziellen Fürsorgebedürftigkeit einer Vielzahl von Antragstellern, denen ein existenzbedrohender Liquiditätsengpass drohen würde, wenn ihnen nicht zeitnah staatliche Zuwendung in Form von Corona-Soforthilfen gewährt werden, zurückzutreten hat bzw. mit letzteren zum Ausgleich zu bringen ist, zumal die Antragsteller im Rahmen eines Zuwendungsverfahrens eine letztlich aus § 264 Abs. 1 Nr. 1 StGB resultierende, zur allgemeinen Mitwirkungspflicht (Art. 26 Abs. 2 BayVwVfG) hinzutretende (erhöhte) Sorgfaltspflicht im Hinblick auf die Richtigkeit und Vollständigkeit ihrer Angaben trifft. Die Anforderungen an ein effektiv und zügig durchgeführtes Massenverfahren sind dabei nicht zu überspannen. Wenn überhaupt eine Nachfrage angezeigt ist, kann aufgrund der massenhaft anfallenden und in kurzer Zeit zu entscheidenden Förderanträge oftmals eine einmalige Nachfrage zur Plausibilisierung auf elektronischem Weg genügen (vgl. BayVGH, B.v. 20.7.2022 – 22 ZB 21.2777 – juris Rn. 16 und 21; VG Würzburg, U.v. 1.12.2023 – W 8 K 23.428 – juris Rn. 37).
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bb) Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe lagen zum maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheidserlasses die anzulegenden Voraussetzungen nicht vor, soweit ein über 219.583,09 EUR hinausgehender Förderbetrag geltend gemacht wird.
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Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass sich ausgehend von den der Beklagten im Verwaltungsverfahren zur Verfügung gestellten Umsatzzahlen keine Förderung ergibt, die den genannten Betrag übersteigt.
31
Die Klägerin vertritt vielmehr den Standpunkt, dass der ihr selbst unterlaufene Buchungsfehler im Nachhinein – hier im gerichtlichen Verfahren – gleichsam noch „heilbar“ sein müsse.
32
Wie zuvor bereits ausgeführt wurde, kommt es indessen für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Bescheids vom 20.12.2023 auf den Zeitpunkt des Bescheidserlasses an. Es trifft nicht zu, dass es sich bei einer Zusammenschau der der Beklagten gemeldeten Umsätze um einen offensichtlichen (Buchungs-)Fehler in dem Sinne gehandelt hätte, dass die Beklagte hätte erkennen können bzw. müssen, dass die gemeldeten tatsächlichen Umsätze betreffend den Januar 2021 unrichtig gewesen sein müssen oder dass sich der Beklagten zumindest eine Nachfrage hätte aufdrängen müssen. Dies wird nicht zuletzt daran deutlich, dass die auf der Umsatzübersicht auf S. 126 der Schlussabrechnungsakte genannten Beträge für das Jahr 2021 zwischen -288,31 EUR und +121.521,30 EUR liegen – also einer erheblichen Schwankung unterliegen – und auf den Monat Januar 2021 der im Vergleich zu den anderen Monaten deutlich erhöhte Fixkostenbetrag von 156.222,09 EUR entfällt (vgl. Bl. 62 der Schlussabrechnungsakte).
33
Es hätte vielmehr der Klägerin und ggf. dem involvierten prüfenden Dritten oblegen, die der Beklagten gemeldeten Umsätze vorab einer sorgfältigen Prüfung zu unterziehen. Die Beklagte hatte die Klägerin transparent vor Bescheidserlass darauf hingewiesen, dass sie die gemeldeten Umsatzzahlen zugrunde legen werde. Gleichwohl hatte die Klägerin sowohl in einer betriebswirtschaftlichen Auswertung für den Januar 2021 als auch in einer tabellarischen Zusammenstellung den Umsatz mit 94.065,94 EUR angegeben (Bl. 103, 126 der Schlussabrechnungsakte).
34
Einzelne „irrtümlich falsche Angaben“ können im Laufe des Verwaltungsverfahrens noch korrigiert werden, dies muss jedoch vor Bescheidserlass erfolgen (vgl. BayVGH, B.v. 9.1.2024 – 22 C 23.1773 – juris Rn. 23 und zu einem „Versehen“ des prüfenden Dritten bei der Dateneingabe VG Bayreuth, U.v. 3.2.2025 – B 7 K 23.933 – juris).
35
Keiner vertieften Betrachtung bedarf im hiesigen Verfahren die Frage, wie die Beklagte mit dem „umgekehrten Fall“ umgeht, dass durch fehlerbehaftete Angaben des Antragstellers bzw. seines prüfenden Dritten eine „zu hohe“ Subvention bewilligt wird. Gewisse Vorkehrungen für diesen Fall sind in den entsprechenden Bescheiden enthalten (vgl. etwa die Nebenbestimmung Nr. 12 des Bescheids vom 29.09.2021 oder die entsprechenden Unterrichtungshinweise unter Nr. 13 dieses Bescheids, in denen u.a. auch auf das Strafrecht und Mitteilungspflichten eingegangen wird), im Übrigen eröffnet Art. 48 BayVwVfG unter den dort genannten Voraussetzungen die Möglichkeit der nachträglichen Korrektur von rechtswidrigen Verwaltungsakten.
36
Inwieweit eine Korrektur der fehlerhaften Umsatzangabe nach dem rechtskräftigen Abschluss des vorliegenden Verfahrens über Art. 51 BayVwVfG in Betracht kommt, erscheint äußerst fraglich, bedarf aber gegenwärtig ebenfalls keiner Vertiefung, da der Bescheid vom 20.12.2023 noch nicht bestandskräftig ist.
37
cc) Weiterhin sind keine durchgreifenden Ermessensfehler hinsichtlich des streitgegenständlichen Bescheides ersichtlich und es liegt auch kein atypischer Ausnahmefall vor.
38
Die Beklagte hat deutlich gemacht, dass sie in ihrer ständigen Praxis Korrekturen des ihr übermittelten Zahlenmaterials, die sich zugunsten der Antragsteller auswirken, nur bis zum Erlass des entsprechenden Bescheids akzeptiert. Die Kammer war bereits mit einer vergleichbaren Konstellation befasst (vgl. VG Bayreuth, U.v. 3.2.2025 – B 7 K 23.933 – juris), ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz ist in keiner Weise erkennbar. Auch wenn eine andere Handhabung insoweit aus der Sicht der Zuwendungsnehmer gewiss vorzugswürdig erschiene, ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte dazu rechtlich verpflichtet wäre. Die Handhabung der Beklagten ist jedenfalls von sachlichen Gründen getragen; auf die Vielzahl von Förderantragen und die sachliche Notwendigkeit, die Verfahren zügig und effektiv zu bearbeiten, wurde oben bereits eingegangen. Auch die weiteren von der Klägerin vorgebrachten Aspekte (rechtliches Gehör, etc.) nötigen die Beklagte aus Rechtsgründen nicht zur Anlegung einer abweichenden, für die Subventionsempfänger „freundlicheren“ Verwaltungspraxis.
39
c) Die unter Nr. 6 des Bescheids vom 20.12.2023 angeordnete Rückerstattung in Höhe von 71.247,00 EUR ist ebenfalls rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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aa) Die Rechtmäßigkeit der Anordnung der Rückforderung ist an Art. 49a Abs. 1 BayVwVfG analog zu messen. Nach Art. 49a Abs. 1 BayVwVfG sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten, soweit ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen oder widerrufen worden oder infolge Eintritts einer auflösenden Bedingung unwirksam geworden ist. Vorliegend kommt Art. 49a Abs. 1 BayVwVfG analog zur Anwendung, da gerade keine auf Art. 48 BayVwVfG gestützte Rücknahme bzw. kein auf Art. 49 BayVwVfG gestützter Widerruf des vorläufigen Bewilligungsbescheids erfolgt ist und der vorläufige Bewilligungsbescheid auch keine auflösende Bedingung enthält. Im Fall einer vorbehaltlichen Regelung bzw. eines Schlussbescheides ist jedoch eine Rücknahme nach Art. 48 BayVwVfG nicht erforderlich bzw. findet diese Vorschrift keine Anwendung. Vielmehr wird die vorläufige Gewährung durch den endgültigen, hier streitgegenständlichen Schlussbescheid ersetzt und erledigt. Der Änderungsbescheid vom 29.09.2021 ist lediglich die Grundlage für die vorläufig geleistete Zahlung; hierin erschöpft sich seine Rechtswirkung. Demgegenüber hat der vorliegend angefochtene Schlussbescheid vom 20.12.2023 den Regelungsgehalt, die beantragte Förderung (endgültig) festzusetzen und die sich daraus ergebende Überzahlung zurückzufordern (vgl. BVerwG, U.v. 14.4.1983 – 3 C 8.82 – juris Rn. 34; U.v. 15.3.2017 – 10 C 1/16 – juris Rn. 16; BayVGH, B.v. 26.10.2023 – 22 C 23.1609 – juris Rn. 11; VG München, U.v. 8.5.2023 – M 31 K 21.4671 – juris Rn. 44 ff.). Wird ein Verwaltungsakt, der eine Zuwendung zunächst nur vorläufig bewilligt hat, rückwirkend durch einen anderen Verwaltungsakt ersetzt, der die Zuwendung in geringerer Höhe festsetzt, so gelten die Erstattungsvorschriften des Art. 49a Abs. 1 und 3 BayVwVfG entsprechend (BayVGH, U.v. 10.11.2021 – 4 B 20.1961 – juris Rn. 18, 28 unter Bezugnahme auf BVerwG, U.v. 11.5.2016 – 10 C 8/15 – juris Rn. 11; BVerwG, U.v. 19.11.2009 – 3 C 7/09 – juris Rn. 24; VG München, U.v. 8.5.2023 – M 31 K 21.4671 – juris Rn. 48). „Eigenständige“ Fehler der Rückforderungsentscheidung (vgl. Art. 49a Abs. 2 BayVwVfG) sind vorliegend weder vorgetragen, noch anderweitig ersichtlich.
41
bb) Die Anordnung der Verzinsung des Rückforderungsbetrages beruht – soweit nicht ohne Rechtsverletzung der Klägerin auf eine Verzinsung verzichtet wurde – zutreffend auf Art. 49a Abs. 3 Satz 1 BayVwVfG analog. Art. 49a Abs. 3 BayVwVfG ist auf eine aus einem Erstattungsanspruch abgeleitete Zinsforderung entsprechend anzuwenden, wenn – wie hier -ein Verwaltungsakt, der eine Zuwendung zunächst nur vorläufig bewilligte, rückwirkend durch einen anderen Verwaltungsakt ersetzt wird, der die Zuwendung endgültig in geringerer Höhe festsetzt oder gänzlich ablehnt. Der Zuwendungsempfänger muss eine hiernach sich ergebende Überzahlung erstatten und den zu erstattenden Betrag vom Empfang an verzinsen (HessVGH, U.v. 13.5.2014 – 9 A 2289/12 – juris Rn. 35; BVerwG, U.v. 19.11.2009 – 3 C 7/09 – juris Rn. 24; U.v. 17.8.1995 – 3 C 17/94 – juris Rn. 26).
42
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.