Inhalt

VG Bayreuth, Urteil v. 20.03.2025 – B 4 K 23.960
Titel:

Klage auf Entscheidung über eine Dienstaufsichtsbeschwerde

Normenketten:
GG Art. 17
VwGO § 40, § 42 Abs. 2, § 75, § 88
BayVwVfG Art. 35 S. 1
BV Art. 11, Art. 115
Leitsätze:
1. Der Streit über die Art und Weise der Behandlung einer Dienstaufsichtsbeschwerde gründet in einem dem öffentlichen Recht zuzuordnenden Rechtsverhältnis (ebenso OVG Koblenz BeckRS 2016, 41174), sodass auch der gegenständliche Anspruch auf Beantwortung einer Dienstaufsichtsbeschwerde dem öffentlichen Recht zuzuordnen ist und damit der Verwaltungsrechtsweg gem. § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO eröffnet ist. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
2. Beim Begehren einer Entscheidung über eine Dienstaufsichtsbeschwerde ist statthafte Klageart die Leistungsklage und nicht die Verpflichtungsklage, da die Beantwortung einer Dienstaufsichtsbeschwerde mangels Regelung mit unmittelbarer rechtlicher Außenwirkung keinen Verwaltungsakt iSd Art. 35 S. 1 BayVwVfG darstellt. (Rn. 21 – 22) (redaktioneller Leitsatz)
3. Dem Petenten einer Dienstaufsichtsbeschwerde steht gem. Art. 17 GG und Art. 115 Abs. 1 BV ein Anspruch auf die Befassung mit und die Entscheidung über seine Petition zu; in der Antwort auf die Petition muss für den Petenten erkennbar sein, dass sich der Adressat der Petition mit der vorgetragenen Sache befasst hat und in welcher Weise die Petition behandelt worden ist (ebenso BVerfG BeckRS 1992, 1146). (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Bescheidung einer Dienstaufsichtsbeschwerde, Verwaltungsrechtsweg, Verwaltungsakt, allgemeine Leistungsklage, Anspruch auf Bescheidung, Dienstaufsichtsbeschwerde, Petitionsrecht, Untätigkeit der Behörde
Fundstelle:
BeckRS 2025, 14216

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, die Beschwerde des Klägers vom 28. Februar 2023 zu bescheiden.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch den Kläger durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 v.H. des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 v.H. des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

1
Der Kläger wendet sich gegen die Nichtbeantwortung seiner Beschwerde durch die Beklagte.
2
Der Sohn des Klägers war ab dem 4. Oktober 2022 aufgrund eines Urteils des Landgerichts … (* …*) gemäß § 64 des Strafgesetzbuches (StGB) in der forensischen Psychiatrie des Bezirkskrankenhauses … untergebracht. Nach einer Auseinandersetzung des Sohnes des Klägers mit einem anderen Patienten erstellte der zuständige Oberarzt Herr … ein Abbruchschreiben an die Staatsanwaltschaft … Am 4. Januar 2023 fand eine Videoanhörung des Sohnes des Klägers statt. Mit Beschluss des Landgerichts … vom 4. Januar 2023 wurde der Sohn des Klägers am 12. Januar 2023 in die Justizvollzugsanstalt … entlassen. Der von seinem Sohn bevollmächtigte Kläger wandte sich mit Schreiben vom 28. Februar 2023 an den Bezirk … und beschwerte sich über das für ihn unverständliche ärztliche Fehlverhalten der zuständigen Ärzte Dr. … und … im Zusammenhang mit dem Abbruch der Behandlung seines Sohnes. So habe insbesondere der Oberarzt … den Vorfall in dem Abbruchsschreiben unzutreffend dargestellt. Der Sohn des Klägers sei erst einen Tag vor der Videoanhörung informiert worden. Ein Gespräch des Klägers mit seinem Sohn nach dem Vorfall habe – gegen den Willen seines Sohnes – nur in Anwesenheit von Dr. … stattfinden können. Es sei verhindert worden, dass sein Sohn die unbedingt notwendige Behandlung erhalten habe können, dieser sei vielmehr in die Justizvollzugsanstalt … entlassen worden. Mit Schreiben des Bezirks … vom 27. Juni 2023 wurde dem Kläger mitgeteilt, die Entlassung seines Sohnes sei erfolgt, da dieser sich nicht gewaltfrei verhalten habe. Die Entlassung sei vom zuständigen Gericht angeordnet worden, diese Entscheidung des Gerichts sei für die Beklagte bindend. Mit Schreiben des Bezirks … vom 11. August 2023 wurde dem Kläger mitgeteilt, seine Beschwerde werde an Frau …, Vorstand der Beklagten und zuständig für die Dienstaufsicht über die Beschäftigten der Beklagten, weitergeleitet. Mit weiteren Schreiben u.a. vom 16. August 2023, adressiert an den Vorstand der Beklagten, und vom 19. September 2023, adressiert an den Vorstand der Beklagten und an Professor Dr. …, bat der Kläger, seine Beschwerde zu bearbeiten. Mit Schreiben vom 21. September 2023, unterzeichnet von Professor Dr. …, wurde dem Kläger u.a. mitgeteilt, der Abbruch der Therapie nach § 64 StGB beruhe auf einer gerichtlichen Entscheidung, eine Rücknahme einer solchen Entscheidung liege nicht im Einflussbereich der Klinik. Mit Schreiben vom 26. September 2023, adressiert an Professor Dr. …, teilte der Kläger mit, seine Dienstaufsichtsbeschwerde sei noch nicht beantwortet.
3
Der Kläger erhob mit Schriftsatz vom 14. November 2023 beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth Klage und beantragte,
Die Beklagte hat meine Beschwerde vom 28. Februar 2023 bis zum 15. Januar 2024 vollumfänglich, in allen Punkten ausführlich und schriftlich genau zu beantworten.
4
Zur Begründung führte der Kläger im Wesentlichen aus, seine Beschwerde sei bisher nicht bearbeitet worden. Er wolle eine Antwort auf die im Schreiben vom 28. Februar 2023 angesprochenen Fragen. Er habe telefonisch keine Auskunft erhalten und am 20. Juni 2023 eine Sachstandsanfrage eingereicht. Seitdem die Beschwerde am 11. August 2023 an den Vorstand der Beklagten weitergeleitet worden sei, habe er keine Antwort erhalten.
5
Am 17. Mai 2024 wurde dem Kläger Akteneinsicht gewährt.
6
Mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 11. Juni 2024 ließ die Beklagte beantragen,
die Klage abzuweisen.
7
Zur Begründung wurde ausgeführt, streitgegenständlich seien Sachverhaltsdarstellungen, die der gerichtlichen Entscheidung über den Abbruch der Therapie nach § 64 StGB zugrunde lägen. Die Beklagte habe auf die Beschwerde des Klägers mit Schreiben vom 27. Juni 2023 geantwortet, das als Anlage überreicht werde. Auch sei dem Kläger Auskunft und Akteneinsicht durch die Beklagte gewährt worden. Mit Schreiben vom 21. September 2023 sei der Kläger darauf hingewiesen worden, dass der Abbruch der Therapie auf einer gerichtlichen Entscheidung beruhe und insofern der Zuständigkeit der Beklagten entzogen sei.
8
Der Kläger erwiderte mit Schriftsatz vom 24. Juni 2024, mit dem von der Beklagten vorgelegten Schreiben vom 27. Juni 2023 sei seine Beschwerde nicht vollständig beantwortet worden. Der Unterzeichner dieses Schreibens sei dafür nach dessen eigenen Angaben gar nicht zuständig. Er müsse auf einer umfassenden Bearbeitung seiner Beschwerde bestehen.
9
Mit gerichtlichem Schreiben vom 12. September 2024 wurde die Beklagte aufgefordert, mitzuteilen, ob das Schreiben des Klägers nach Weiterleitung an den Vorstand der Beklagten beantwortet worden sei und das Antwortschreiben – soweit erfolgt – vorzulegen.
10
Die Beklagte teilte mit Schriftsatz vom 11. November 2024 mit, ein entsprechendes Antwortschreiben auf das Schreiben des Klägers vom 28. Februar 2023 werde vorbereitet. Mit weiterem Schriftsatz vom 2. Dezember 2024 führte die Beklagte aus, Frau … sei seit Frühjahr 2024 nicht mehr Vorstand der Beklagten. Ob die Dienstaufsichtsbeschwerde weiter behandelt worden sei, könne nicht mehr in Erfahrung gebracht werden. Auch Herr Dr. … sei seit 31. März 2023 nicht mehr bei der Beklagten beschäftigt. Die Standortleitung am Bezirkskrankenhaus … habe mit dem damals zuständigen Oberarzt Herrn … ein ausführliches Gespräch geführt. Anhaltspunkte für dienstaufsichtliche Maßnahmen hätten sich nicht ergeben. Es werde nachgefragt, ob der Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt werden könne, einer entsprechenden Erledigungserklärung stimme die Beklagte vorab zu.
11
Am 20. Januar 2025 erfolgte ein richterlicher Hinweis. Die Beteiligten wurden gebeten zu prüfen, ob mit einem Urteil ohne mündliche Verhandlung Einverständnis bestehe. Mit Schreiben vom 29. Januar 2025 verzichtete der Kläger, mit Schriftsatz vom 10. Februar 2025 verzichtete die Beklagte auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.
12
Ergänzend wird nach § 117 Abs. 3 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) auf die Gerichtsakte und die vorgelegten Behördenakten verwiesen.

Entscheidungsgründe

13
Die Klage, über die mit Einverständnis der Beteiligten gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entschieden wird, ist zulässig und begründet.
I.
14
Das Klagebegehren des Klägers ist gemäß § 88 VwGO dahingehend auszulegen, dass Ziel seiner Klage die Verurteilung der Beklagten zur Beantwortung seiner Beschwerde vom 28. Februar 2023 ist. In dem Schriftsatz vom 14. November 2023 führte der Kläger aus, er erhebe Klage gegen die Beklagte „wegen Untätigkeit“. Auch der unter Ziffer 1 gestellte Antrag lässt erkennen, dass der Kläger die Verpflichtung der Beklagten begehrt, die Beschwerde vom 28. Februar 2023 zu beantworten.
II.
15
Der Verwaltungsrechtsweg gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist eröffnet.
16
Es handelt sich hierbei um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit im Sinne dieser Vorschrift. Ob eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit im Sinne des § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO vorliegt, bestimmt sich nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird. Stellt der Streitgegenstand eine unmittelbare Rechtsfolge eines dem öffentlichen Recht zuzuordnenden Rechtsverhältnisses dar, so ist die Streitigkeit öffentlich-rechtlicher Art. Bei Klagen auf Vornahme oder Unterlassung einer Handlung kommt es nicht auf deren Rechtsnatur, sondern ebenfalls auf den geltend gemachten Anspruch an (vgl. Wöckel in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 40 Rn. 32 f.).
17
Gegenstand der Klage ist die Dienstaufsichtsbeschwerde des Klägers vom 28. Februar 2023. Diese Dienstaufsichtsbeschwerde enthält den Vorwurf eines Fehlverhaltens von Bediensteten der Beklagten, einem Kommunalunternehmen des Bezirks … Die Dienstaufsichtsbeschwerde ist Ausfluss des Petitionsrechts im Sinne des Art. 17 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland (GG) und Art. 115 Abs. 1 der Verfassung des Freistaates Bayern (BV) (BVerwG, B.v. 1.9.1976 – VII B 101.75 – NJW 1977, 118). Sie löst bei dem Dienstherrn, hier der Beklagten, Maßnahmen aus, die der Dienstaufsicht zuzuordnen sind, indem das Verhalten der Bediensteten überprüft wird. Der Streit über die Art und Weise der Behandlung einer Dienstaufsichtsbeschwerde gründet damit in einem dem öffentlichen Recht zuzuordnenden Rechtsverhältnis (OVG RhPf, B.v. 20.11.1996 – 7 E 13031/96.OVG – BeckRS 2016,41174; VG Halle U.v. 11.3.2004 – 1 A 259/03 – juris Rn. 10). Auch der gegenständliche Anspruch auf Beantwortung einer Dienstaufsichtsbeschwerde ist dem öffentlichen Recht zuzuordnen.
III.
18
Der Rechtsstreit ist nicht übereinstimmend für erledigt erklärt worden. Zwar hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 2. Dezember 2024 eine Erledigungserklärung abgegeben. Die einseitige Erledigungserklärung eines Beklagten, hat jedoch keine selbstständige prozessuale Wirkung und ist lediglich als Hinweis auf ein erledigendes Ereignis zu werten (BVerwG, B.v. 20.10.2008 – 5 B 86.08 – BeckRS 2008, 40582 Rn. 7 m.w.N.).
IV.
19
Die Klage ist zulässig.
20
1. Statthafte Klage ist die allgemeine Leistungsklage.
21
Der Kläger begehrt mit seiner Klage die Beantwortung seiner Beschwerde vom 28. Februar 2023. Sein Begehren ist nicht auf ein rein behördeninternes Prozedere gerichtet, sondern vor allem auch auf Erlass eines an ihn zu richtenden Bescheides, der sich inhaltlich mit seinem Anliegen auseinandersetzt. Ein solcher Bescheid ist jedoch kein Verwaltungsakt i.S. des Art. 35 Satz 1 des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (BayVwVfG). Auf Dienstaufsichtsbeschwerden ergehende Bescheide regeln nichts mit unmittelbarer rechtlicher Außenwirkung. Dienstaufsichtsbeschwerden gehören zu den Petitionen im Sinne des Art. 17 GG. Ein Petitionsbescheid stellt nur die tatsächliche Erfüllung der Verpflichtung aus Art. 17 GG dar. Diese Vorschrift gibt dem Petenten ein Recht auf Entgegennahme, sachliche Prüfung und Bescheidung der Petition (BVerfG, B.v. 22.4.1953 – 1 BvR 162/51 – BVerfGE 2, 225; BVerwG, B. v. 1.9.1976 – VII B 101.75 – NJW 1977, 118 m.w.N.).
22
Daher ist vorliegend keine Verpflichtungsklage i.S.d. Untätigkeitsklage gemäß § 42 Abs. 1 Alt. 2, § 75 VwGO, sondern die allgemeine Leistungsklage statthaft (vgl. VG Leipzig, U.v. 18.5.2004 – 6 K 1024/03 – juris Rn. 16; Dürig/Herzog/Scholz, Grundgesetz-Kommentar, Stand August 2024, Art. 17 Rn. 129).
23
2. Der Kläger besitzt auch die in analoger Anwendung von § 42 Abs. 2 VwGO zu fordernde Klagebefugnis.
24
Auch bei der allgemeinen Leistungsklage muss der Kläger die Verletzung eigener Rechte geltend machen können. Gemäß Art. 17 GG besteht ein Anspruch auf Beantwortung der Beschwerde. Es besteht zumindest die Möglichkeit, dass er durch das Verhalten der Beklagten in seinem aus jener Vorschrift abzuleitenden subjektiv-öffentlichen Recht verletzt sein kann (vgl. VG Leipzig, U.v. 18.5. 2004 – 6 K 1024/03 – juris Rn. 17).
25
3. Das Rechtsschutzbedürfnis ist gegeben. Der Kläger hat in einem Zeitraum von mehr als acht Monaten keine Antwort auf seine Dienstaufsichtsbeschwerde erhalten. Zwar hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 11. November 2024 an das Gericht eine Beantwortung der Dienstaufsichtsbeschwerde in Aussicht gestellt, diese ist jedoch nicht erfolgt.
V.
26
Die Klage ist auch begründet.
27
1. Der Kläger hat einen Anspruch auf Bescheidung seiner Dienstaufsichtsbeschwerde.
28
Petitionen sind in den Grundzügen in Art. 17 GG bzw. Art. 115 BV geregelt. Dienstaufsichtsbeschwerden gehören zu den Petitionen im Sinne des Art. 17 GG (BVerwG, B.v. 1.9.1976 – VII B 101.75 – NJW 1977, 118; Dürig/Herzog/Scholz, Grundgesetz-Kommentar, Stand August 2024, Art. 17 GG Rn. 48). Dem Petenten steht gemäß Art. 17 GG und Art. 115 Abs. 1 BV ein Anspruch auf die Befassung mit und die Entscheidung über seine Petition zu. In der Antwort auf die Petition muss für den Petenten erkennbar sein, dass sich der Adressat der Petition mit der vorgetragenen Sache befasst hat und in welcher Weise die Petition behandelt worden ist (vgl. BVerfG, B.v. 15.5.1992 – 1 BvR 1553/90 – juris Rn. 21; BayVerfGH, E.v. 22.2.1996 – Vf. 39-VI-95 – juris Rn. 6). Der Petent hat ein Recht auf Entgegennahme, sachliche Prüfung und Bescheidung seiner Petition, jedoch keinen Anspruch auf Erledigung im Sinne des Petenten (BVerfG, B.v. 22.4.1953 – 1 BvR 162/51 – BVerfGE 2, 225.; BVerwG, B.v. 1.9.1976 a.a.O.; BVerfG, B.v. 15.5.1992 a.a.O.; VGH BW, B.v. 9.4.1980 – 3 S 408/80 – juris; VG Halle, U.v.11.3.2004 – 1 A 259/03 – juris Rn. 11). Im Rahmen aufsichtlicher Verfahren kann verfassungsrechtlich insbesondere weder eine bestimmte Form oder Begründung und damit eine schriftliche Auseinandersetzung mit dem Vorbringen verlangt werden, noch ein bestimmtes Tätigwerden in der Sache (vgl. BayVerfGH, E.v. 22.2.1996 a.a.O.; VG München, U.v. 29.9.2016 – M 10 K 15.3610 – juris Rn. 14; BayVGH, B.v. 30.7.2008 – 5 C 08.1993 – juris Rn. 2; VG München, U.v. 20.5.2021 – M 30 K 20.195 – juris Rn. 14). Der Beschwerde kommt im Wesentlichen eine Anstoßfunktion zu, sie dient nicht unmittelbar der Durchsetzung und Wahrung individueller Rechte des Beschwerdeführers (VG München U.v. 19.4.2023 – 23 K 17.4441 – juris Rn. 44 m.w.N.).
29
Gemessen an diesen Grundsätzen hat der Kläger gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf Entgegennahme, sachliche Prüfung und Bescheidung seiner Beschwerde vom 28. Februar 2023. Aus dem Antwortschreiben der Beklagten muss für den Kläger erkennbar sein, dass sich die Beklagte mit der Beschwerde befasst hat und in welcher Weise die Beschwerde behandelt wurde. Der Kläger hat jedoch keinen Anspruch auf Erledigung im seinem Sinne. Insbesondere hat der Kläger keinen Anspruch auf eine Überprüfung des Beschlusses des Landgerichts … vom 4. Januar 2023. Es ist nicht Zweck des Petitionsrechts, dem Petenten neben dem durch Art. 19 Abs. 4 GG gewährleisteten Rechtsweg zu den Gerichten ein Verfahren zu eröffnen, das hinsichtlich der Art und Weise sowie des Umfangs der Sachaufklärung und der Vorbereitung der Entscheidung den Verfahren nach den Prozessordnungen gleichkommt (vgl. BayVerfGH, E.v. 12.11.1999 – Vf. 35-VI-99 – juris).
30
2. Der Anspruch des Klägers auf Bescheidung seiner Dienstaufsichtsbeschwerde wurde von der Beklagten bis zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nicht erfüllt.
31
Die Beklagte hat die Beschwerde des Klägers vom 28. Februar 2023 – entgegen ihrem Vorbringen im Schriftsatz vom 11. Juni 2024 – insbesondere nicht mit Schreiben vom 27. Juni 2023 beschieden. Zuständig für die Dienstaufsicht über die Beschäftigten der Beklagten ist der Vorstand der Beklagten. Das Schreiben vom 27. Juni 2023 trägt den Briefkopf des Bezirks … und wurde von einem Mitarbeiter des Bezirks … unterschrieben. Es enthält lediglich die Mitteilung an den Kläger, dass die Entlassung seines Sohnes erfolgt sei, da dieser sich nicht gewaltfrei verhalten habe. Die Entlassung sei vom zuständigen Gericht angeordnet worden, diese Entscheidung sei für die Beklagte bindend. Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit der Beschwerde des Klägers vom 28. Februar 2023 findet nicht statt. Das Schreiben nimmt auch keinen Bezug auf die Beschwerde des Klägers vom 28. Februar 2023, sondern auf ein Schreiben des Klägers vom 20. Juni 2023. Im Übrigen wurde dem Kläger erst mit Schreiben vom 11. August 2023, also zeitlich nach diesem Schreiben mitgeteilt, dass seine Beschwerde an Frau …, den damaligen Vorstand der Beklagten, weitergeleitet werde. Auch mit dem Schreiben vom 21. September 2023, das von Professor Dr. … unterzeichnet wurde, wurde die Beschwerde des Klägers nicht beantwortet. In diesem Schreiben wurde auf das Schreiben des Klägers vom 19. September 2023 Bezug genommen, dem Kläger wurde u.a. mitgeteilt, dass der Abbruch der Therapie auf einer gerichtlichen Entscheidung beruhe. Eine Bescheidung der Dienstaufsichtsbeschwerde erfolgte auch nicht durch das Gespräch der Standortleitung am Bezirkskrankenhaus … mit dem Oberarzt … am 20. November 2024, bei dem keine Anhaltspunkte für dienstaufsichtliche Maßnahmen festgestellt werden konnten. Auch wenn das Ergebnis dieses Gesprächs mit Schriftsatz vom 2. Dezember 2024 im gerichtlichen Verfahren mitgeteilt wurde, ist darin keine Beantwortung der Dienstaufsichtsbeschwerde gegenüber dem Kläger zu sehen.
32
3. Es liegen keine Umstände vor, wonach eine Beantwortung der Dienstaufsichtsbeschwerde ausgeschlossen ist.
33
Unerheblich ist das Vorbringen der Beklagten, dass Frau … seit Frühjahr 2024 nicht mehr Vorstand der Beklagten ist. Die Behandlung der Dienstaufsichtsbeschwerde fällt in die Zuständigkeit des Vorstands und kann in jedem Fall auch von deren Nachfolger bzw. deren Nachfolgerin bearbeitet werden. Dass nicht mehr aufzuklären ist, inwieweit Frau … die Beschwerde behandelt hat, geht zu Ungunsten der Beklagten. Diese hätte darzulegen, dass die Dienstaufsichtsbeschwerde bereits beantwortet wurde. Unerheblich ist ferner der Umstand, dass der Arzt Dr. … nicht mehr bei der Beklagten beschäftigt ist. Eine Überprüfung des möglichen Fehlverhaltens zum damaligen Zeitpunkt und die Beantwortung der Dienstaufsichtsbeschwerde sind dadurch nicht ausgeschlossen.
VI.
34
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).