Inhalt

BayObLG, Beschluss v. 26.03.2025 – 203 VAs 66/25
Titel:

Untersuchungshaft, Bayerisches Oberstes Landesgericht, Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts, Gerichtliche Aufhebung, Außergerichtliche Kosten, Justizverwaltungsakt, Strafverfahren, Kostenentscheidung, Haftbeschwerde, Festsetzung des Gegenstandswertes, Geschäftswert, Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung, Antrag auf gerichtliche Entscheidung, Rechtspfleger, Feststellung der Rechtswidrigkeit, Rechtskräftige, Strafhaft, OLG München, Haftprüfung, Gerichtlicher Rechtsschutz

Normenkette:
§ 23 EGGVG
Leitsatz:
Als Akte der Rechtsprechung unterliegen die Anordnung der Untersuchungshaft und die Kontrolle der Fortdauer nicht der Überprüfung nach §§ 23 ff. EGGVG.
Schlagworte:
Untersuchungshaft, Untätigkeitsbeschwerde, Rechtskraft, Strafverfahren, Unzulässigkeit, Gerichtliche Zuständigkeit, Kostenentscheidung
Fundstelle:
BeckRS 2025, 14194

Tenor

1. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 27 EGGVG wird auf Kosten des Antragstellers als unzulässig verworfen.
2. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
3. Der Geschäftswert wird auf 5.000 Euro festgesetzt.
4. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.
1
Mit einer vom OLG München mit Verfügung vom 5. Februar 2025 formlos an das Bayerische Oberste Landesgericht übersandten Niederschrift des Rechtspflegers vom 28. Januar 2025 hat der in der Vollzugsanstalt K. befindliche Antragsteller zum OLG München einen Antrag nach § 27 EGGVG „wegen Untätigkeit“ gestellt. Zur Begründung hat er in der Niederschrift und in einem dem Senat ebenfalls vom OLG München formlos zuständigkeitshalber übermittelten, mit „Rechtsbeschwerde“ überschriebenen handschriftlichen Schreiben vom 10. Januar „2024“, beim OLG München am 16. Januar 2025 eingegangen, sinngemäß ausgeführt, dass die in dem gegen ihn geführten Strafverfahren 23 Nbs 22 Js 11983/23 der Staatsanwaltschaft Ingolstadt rechtswidrig angeordnete Untersuchungshaft aufzuheben sei. Er erhebe Beschwerde gegen die Untätigkeit des Landgerichts Ingolstadt und das Oberlandesgericht München wegen des Unterlassens einer Entscheidung in Bezug auf seine zu Protokoll des Urkundsbeamten des Amtsgerichts Nördlingen eingelegte Rechtsbeschwerde und den Eilantrag auf Aufhebung der Untersuchungshaft vom 11. Oktober 2024 und beantrage die Feststellung der Rechtswidrigkeit der gerichtlichen Untätigkeit. Mit Beschluss des Bayerischen Obersten Landesgericht vom 18. Februar 2025 (206 StRR 21/25) ist in dem oben genannten Strafverfahren die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Ingolstadt vom 6. September 2024 verworfen worden. Dem gerichtlichen Hinweis vom 3. März 2025 auf den rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens und die Unzulässigkeit des Antrags nach § 27 EGGVG hat sich der Antragsteller verschlossen und mit Schreiben vom 10. März 2025 auf einer Entscheidung des Senats beharrt.
II.
2
Das Bayerische Oberste Landesgerichts ist nach Art. 12 Nr. 3 BayAGGVG zur Entscheidung über Anträge nach § 23 Abs. 1 EGGVG berufen und damit auch für die Entscheidung über den verfahrensgegenständlichen Antrag zuständig.
III.
3
Der Antrag nach § 27 EGGVG ist, da er nicht auf die Vornahme eines Justizverwaltungsakts durch eine Justizbehörde gerichtet ist, unstatthaft. Er ist daher als unzulässig zu verwerfen. Einer Beteiligung der Generalstaatsanwaltschaft bedarf es nicht.
4
1. In der Sache begehrt der Antragsteller unter Berufung auf die Nichtbescheidung seiner bislang gestellten Anträge den Ausspruch der Verpflichtung eines Strafgerichts, die gegen ihn in dem oben bezeichneten Strafverfahren angeordnete Untersuchungshaft aufzuheben.
5
2. Mit diesem Antragsziel erweist sich der Antrag als unstatthaft. Die vom Antragsteller beantragte Entscheidung zur Untersuchungshaft ist der Kontrolle im Verfahren nach §§ 23 ff. EGGVG entzogen. Zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Anordnung der Untersuchungshaft und deren Aufrechterhaltung stehen dem Betroffenen zwei Rechtsmittel zur Verfügung, nämlich die Haftprüfung nach § 117 StPO und die Haftbeschwerde nach § 304 StPO. Die Eröffnung eines zusätzlichen Rechtsweges über § 23 EGGVG ist verfassungsrechtlich nicht geboten (BVerfG, Kammerbeschluss vom 27. Mai 1993 – 2 BvR 744/93 –, juris Rn. 5). Als Akte der Rechtsprechung unterliegen die Anordnung der Untersuchungshaft und die Kontrolle der Fortdauer nicht der Überprüfung nach §§ 23 ff. EGGVG (vgl. Mayer in KK-StPO, 9. Aufl., § 23 EGGVG Rn. 12). Entsprechendes gilt für die gewünschte Überprüfung der vom Antragsteller behaupteten Untätigkeit der Gerichte.
6
3. Das verfahrensrelevante Strafverfahren ist mittlerweile mit Beschluss des Bayerischen Obersten Landesgerichts rechtskräftig abgeschlossen. Die Verwerfung der Revision hat zur Folge, dass mit der eingetretenen Rechtskraft des Urteils eine bis dahin gegen den Angeklagten vollzogene Untersuchungshaft ohne weiteres in Strafhaft übergeht (BGH, Beschluss vom 28. August 1991 – 2 ARs 366/91 –, BGHSt 38, 63-65; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 67. Aufl., § 120 Rn. 15; Lind in: Löwe-Rosenberg, StPO, 28. Auflage 2025, Vorbemerkungen V Rn. 98 m.w.N.). Nachdem die Untersuchungshaft beendet wurde, bedarf es keiner Abgabe des Verfahrens nach § 17a Abs. 2 GVG an das zur Prüfung der Fortdauer der Untersuchungshaft zuständige Gericht, zumal der Antragsteller nach seinem Vortrag bei dem Strafgericht bereits den Antrag auf Prüfung der Untersuchungshaft gestellt hatte. Die vom Antragsteller begehrte Aufhebung der Untersuchungshaft kann nach dem Ende der Untersuchungshaft mit gerichtlichem Rechtsschutz nicht mehr erreicht werden.
IV.
7
Die Kostenentscheidung beruht auf § 1 Abs. 2 Nr. 19, § 22 Abs. 1 GNotKG und § 30 EGGVG; eine ausnahmsweise Erstattung der außergerichtlichen Kosten, die einer besonderen Rechtfertigung bedürfte, ist nicht geboten. Die Entscheidung über die Festsetzung des Gegenstandswertes folgt aus § 36 Abs. 3 GNotKG. Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen (§ 29 Abs. 2 EGGVG), da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.