Inhalt

VerfGH München, Entscheidung v. 12.06.2025 – Vf. 16-VI-22
Titel:

Mangels hinreichender Substanziierung unzulässige Verfassungsbeschwerde gegen Entscheidungen in einem arbeitsgerichtlichen Verfahren.

Schlagwort:
Mangels hinreichender Substanziierung unzulässige Verfassungsbeschwerde gegen Entscheidungen in einem arbeitsgerichtlichen Verfahren.
Vorinstanzen:
LArbG München, Urteil vom 28.01.2022 – 7 SaGa 25/21
ArbG München, Urteil vom 22.07.2021 – 31 Ga 77/21
Fundstelle:
BeckRS 2025, 14093

Tenor

1. Die Verfassungsbeschwerde wird abgewiesen.
2. Dem Beschwerdeführer wird eine Gebühr von 1.000 € auferlegt.

Entscheidungsgründe

I.
1
Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 22. Juli 2021 Az. 31 Ga 77/21, mit dem ein Antrag des Beschwerdeführers auf Erlass einer einstweiligen Verfügung im Rahmen eines Stellenbesetzungsverfahrens der Stadt M. abgewiesen wurde, sowie gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 28. Januar 2022 Az. 7 SaGa 25/21, mit dem die Berufung zurückgewiesen wurde.
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1. Der einem Schwerbehinderten gleichgestellte Beschwerdeführer ist seit 9. Januar 2007 bei der Stadt M. als Angestellter beschäftigt und nach EGr 5 TVöD eingruppiert. Seit 14. August 2019 ist er von der Arbeitsleistung freigestellt. Der Beschwerdeführer wurde in den Jahren 2016, 2018 und 2019 amtsärztlich untersucht.
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Aus dem amtsärztlichen Gutachten vom 29. September 2016 ergibt sich, dass der Beschwerdeführer derzeit und bis auf Weiteres keine Tätigkeiten mehr ausüben könne, die Flexibilität und Konfliktfähigkeit verlangten, keine Tätigkeiten in schwierigem Umfeld (Kontakt mit betroffenen Verkehrsteilnehmern, Passanten, Anwohnern), mit unvorhersehbar wechselnden zeitlichen, örtlichen und inhaltlichen Anforderungen, mit konfliktträchtigem Bürgerkontakt und keine, die mit ständigem Gehen (15 bis 20 km ohne Pause) oder ständigem Treppensteigen verbunden seien; abgesehen von den letztgenannten seien die aufgeführten Leistungsbeschränkungen behinderungsbedingt. Aus amtsärztlicher Sicht sei ein Einsatz des Beschwerdeführers im Außendienst nicht mehr möglich. Zu einem im Wesentlichen gleichen Ergebnis kam das amtsärztliche Gutachten vom 14. März 2018. Nach dem zuletzt erstellten amtsärztlichen Gutachten vom 19. September 2019 bestehen u. a. folgende Leistungsbeschränkungen allgemein: keine Gehstrecken über 2 km ohne Pausen, nur gelegentliches Heben und Tragen von Lasten über 10 kg bis maximal 15 kg, keine Tätigkeiten mit konfliktträchtigem Publikumsverkehr/Bürgerkontakt. Die Leistungseinschränkungen seien dauerhaft, eine Nachuntersuchung nicht notwendig.
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2. a) Am 18. Februar 2021 bewarb sich der Beschwerdeführer auf die von der Stadt M. ausgeschriebene Position als „Teamleitung Überwachung fließender Verkehr“, Eingruppierung nach A 9/E 9a TVöD. Aufgaben waren nach der Ausschreibung die Leitung eines Teams mit ca. zwölf Außendienstkräften in personeller, organisatorischer und fachlicher Hinsicht sowie die Ausbildung neuer Mitarbeitender in Theorie und Praxis. Zudem solle der Bewerber bei der Verbesserung der Verkehrssicherheit und der Aktualisierung von Verkehrseinrichtungen und Verkehrsbeschilderungen mitwirken und Sondereinsätze wie z. B. den „Blitzermarathon“ durchführen. Aufgrund der Besonderheiten des Aufgabengebiets, Durchführung von Geschwindigkeitskontrollen in Tempo-30-Zonen und Tempo-30-Strecken, sei Schichtarbeit zu leisten, was eine gewisse Flexibilität bei der Arbeitszeitgestaltung erfordere. Für die Stelle komme es insbesondere auf folgende Kompetenzen an: Fachkenntnisse des Verwaltungsrechts und Organisationsgeschick (grundlegend); verantwortungsvolle Mitarbeiter/innen-Führung, insbesondere Einfühlungsvermögen und Motivationsfähigkeit (ausgeprägt); Kommunikationsfähigkeit, insbesondere situationsgerechtes Auftreten und Kommunikationsvermögen (ausgeprägt).
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Die Arbeitsplatzbeschreibung (gültig ab 1. Januar 2017) der Stadt M. für die ausgeschriebene Stelle umfasste das „Durchführen von Klärungs- und Konfliktgesprächen und Aufgreifen gruppendynamischer Prozesse“, die „fach- und sachgerechte Information bis hin zur Schlichtung in speziellen Einzel- bzw. Streitfällen (auch vor Ort im Außendienst)“, das „Durchführen von Ortsbesichtigungen und Geschwindigkeitsprobemessungen“ und das Abwickeln von „Parteienverkehr“. Unter „erforderliche Fachkenntnisse“ wurde eine „erhöhte Kommunikationsfähigkeit besonders in Stresssituationen“ aufgeführt. Zu den „dienstlichen Beziehungen“ gehörten externe „dienstliche Kontakte“ „häufig zu impulsiven Bürgerinnen und Bürgern (z. B. bei der eigenverantwortlichen Entscheidung) in schwierigen Fällen“. Unter „Erfahrung“ wurden als Anforderungen aufgeführt „Selbständigkeit, Eigeninitiative, Flexibilität, Belastbarkeit unter Termindruck, Stresssituationen sowie bei Konflikten, Fingerspitzengefühl, Durchsetzungsvermögen, Verhandlungsgeschick“. Ferner wurden unter diesem Unterpunkt der „Kontakt mit Teilnehmer/Innen des Straßenverkehrs sowie unbeteiligten Bürgerinnen und Bürgern“, die „Außendiensttätigkeit“ und das „Zurücklegen langer Strecken auch zu Fuß (z. B. Ortsbesichtigung längerer Straßenzüge), das Mitführen von Gerätschaften/dienstlichen Gegenständen (Handradarmessgerät ggf. mit Batterieblock, Rollgroßkoffer mit Verkehrszählgeräten, sonstige Ausrüstungsgegenstände und Unterlagen)“ genannt. Die Bewerbungsfrist lief bis 5. März 2021.
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b) Mit (interner) Vormerkung vom 18. März 2021 stellte das Personal- und Organisationsreferat unter Bezugnahme auf die drei amtsärztlichen Gutachten einerseits und die Anforderungen aus der Ausschreibung und der Arbeitsplatzbeschreibung andererseits fest, dass der Beschwerdeführer nicht die erforderliche gesundheitliche Eignung besitze und daher nicht weiter im Stellenbesetzungsverfahren berücksichtigt werden könne. Dies wird im Einzelnen erläutert.
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c) Mit Schreiben vom 6. April 2021 teilte die Stadt M. dem Beschwerdeführer mit, geeignet im Sinn des Art. 33 Abs. 2 GG sei nur, wer dem angestrebten Amt in körperlicher und psychischer Hinsicht gewachsen sei. Nach eingehender Prüfung der vorliegenden Unterlagen, insbesondere der amtsärztlichen Gutachten vom 29. September 2016, 14. März 2018 und 19. September 2019 erfülle der Beschwerdeführer die speziellen Anforderungen für die Stelle als „Teamleitung Überwachung fließender Verkehr“ gesundheitlich nicht.
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d) Mit Schreiben vom 14. April 2021 übermittelte die Stadt M. dem Beschwerdeführer im Rahmen der von diesem begehrten Akteneinsicht die Vormerkung vom 18. März 2021 samt Ausschreibungstext, die Arbeitsplatzbeschreibung und die amtsärztlichen Gutachten aus den Jahren 2016, 2018 und 2019. Eine weitere Einbeziehung in das Stellenbesetzungsverfahren sei vor diesem Hintergrund nicht möglich.
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e) Nachdem sich der Beschwerdeführer an die Referatspersonalrätin gewandt hatte, teilte diese mit E-Mail vom 11. Mai 2021 mit, sie sei am 18. März 2021 telefonisch von der zuständigen Stelle der Stadt M. über die Bewerbung und die nicht erfüllten Zulässigkeitsvoraussetzungen des Anforderungsprofils informiert worden. Die Einbindung nach Ablauf der Bewerbungsfrist, aber vor Mitteilung der Absage entspreche dem standardisierten Vorgehen in Stellenbesetzungsverfahren. Da der Beschwerdeführer die speziellen Anforderungen der Stelle nicht erfülle, könne seine Bewerbung nicht weiter berücksichtigt werden.
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f) Mit Schreiben vom 12. Mai 2021 teilte das Personal- und Organisationsreferat der Stadt M. dem Beschwerdeführer mit, auf seine erneute Bitte um Information, aus welchen Gründen er nicht im Bewerbungsverfahren berücksichtigt werden könne, werde hierzu „letztmalig“ ergänzend Stellung genommen. Nach § 165 Satz 4 SGB IX sei eine Einladung von schwerbehinderten Bewerbern zum Vorstellungsgespräch entbehrlich, wenn die fachliche Eignung offensichtlich fehle. Der Begriff „Eignung“ umfasse über die fachliche Eignung hinaus auch die charakterliche und die gesundheitliche Eignung. Der Beschwerdeführer könne die speziellen Anforderungen der ausgeschriebenen Stelle wie aus dem Ausschreibungstext und der konkreten Stellenbeschreibung ersichtlich nicht erfüllen. Dies wird im Einzelnen ausgeführt. Die Einladung zu einem Vorstellungsgespräch würde sich in einem solchen Fall als bloße Förmelei erweisen.
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g) Mit E-Mail vom 11. Juni 2021 teilte das Personal- und Organisationsreferat der Stadt M. dem Beschwerdeführer mit, das Ausschreibungsverfahren sei nunmehr abgeschlossen. Für die Besetzung der ausgeschriebenen Stelle sei Herr H. vorgesehen. Weiter enthält das Schreiben den Satz „Wir danken Ihnen für Ihr Interesse. Wegen eventueller Rückfragen zu diesem Stellenbesetzungsverfahren, setzen Sie sich bitte innerhalb von 2 Wochen nach Zugang dieses Schreibens mit uns in Verbindung“. Es sei geplant, Herrn H. zeitnah auf die Stelle umzusetzen.
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3. a) Mit Erklärung zu Protokoll vom 30. Juni 2021 beantragte der Beschwerdeführer beim Arbeitsgericht M., der Stadt M. im Wege der einstweiligen Verfügung vorläufig, längstens bis zwei Wochen nach einer erneuten Entscheidung über die Bewerberauswahl, zu untersagen, die zu besetzende Stelle als Teamleitung Überwachung fließender Verkehr in Vollzeit zu besetzen bzw. eine bereits erfolgte Besetzung rückgängig zu machen. Die Sache sei dringlich, da ein Bewerber für die Stelle vorgesehen sei. Der Beschwerdeführer sei geeignet und habe die erforderliche Qualifikation. Die Stadt M. beantragte mit Schriftsatz vom 1. Juli 2021 unter Vorlage des Ausschreibungstextes und der Arbeitsplatzbeschreibung die Zurückweisung des Antrags.
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b) Das Arbeitsgericht wies den Antrag des Beschwerdeführers mit dem angegriffenen Endurteil vom 22. Juli 2021 ab. Der Antrag sei zulässig, aber unbegründet. Der Beschwerdeführer habe bereits einen Verfügungsanspruch nicht glaubhaft dargelegt. Vorliegend seien keine verfahrens- oder materiell-rechtlichen Fehler ersichtlich, die zu einer Verletzung des Bewerberverfahrensanspruchs des Beschwerdeführers aus Art. 33 Abs. 2 GG führen könnten.
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Das Anforderungsprofil für die Stelle sei durch die Stellenausschreibung, ergänzt um die vorgelegte Arbeitsplatzbeschreibung, hinreichend dokumentiert worden. Die Stadt M. habe dadurch, dass sie den Beschwerdeführer wegen seiner gesundheitlichen Leistungseinschränkungen nicht weiter im Bewerbungsverfahren berücksichtigt habe, nicht gegen Art. 33 Abs. 2 GG verstoßen. Der Begriff der Eignung in Art. 33 Abs. 2 GG umfasse über die fachliche Eignung hinaus auch die charakterliche und gesundheitliche Eignung, aber auch sonstige körperliche und psychische Voraussetzungen, die Teamfähigkeit und sonstige Fähigkeiten im Umgang mit Menschen, z. B. mit Publikumsverkehr. Vorliegend ergebe sich aus dem Ausschreibungstext der Stelle in Verbindung mit der konkreten Arbeitsplatzbeschreibung, dass von einem Bewerber Kommunikationsfähigkeit, insbesondere situationsgerechtes Auftreten und Kommunikationsvermögen erwartet werde. Der Beschwerdeführer sei ausweislich der amtsärztlichen Gutachten vom 29. September 2016, 14. März 2018 und 19. September 2019 dauerhaft nicht in der Lage, auf etwaige Konflikte im Rahmen einer Tätigkeit situationsgerecht zu reagieren. Eine Position, die von umfangreichen Kontakten zu Bürgerinnen und Bürgern geprägt sei und auch intern die Lösung von Konfliktfällen erfordere, stelle angesichts der Einschränkungen des Beschwerdeführers eine Tätigkeit dar, für die dieser gesundheitlich nicht geeignet sei. Zudem gehöre zur Stelle in gleichem Maß auch Außendiensttätigkeit, z. B. die Durchführung von Ortsbesichtigungen und Geschwindigkeitsprobemessungen. Dementsprechend werde in der Arbeitsplatzbeschreibung insbesondere das Zurücklegen längerer Strecken auch zu Fuß sowie das Mitführen von Gerätschaften/dienstlichen Gegenständen genannt. Ausweislich der amtsärztlichen Gutachten werde ein Einsatz des Beschwerdeführers im Außendienst aber nicht mehr für möglich erachtet. Der Beschwerdeführer habe auch keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine Unrichtigkeit der Gutachten oder eine Veränderung wesentlicher, der Begutachtung zugrundeliegender Umstände vorgetragen und glaubhaft gemacht.
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Die Stadt M. sei auch nicht verpflichtet gewesen, den Beschwerdeführer gemäß § 165 Satz 3 SGB IX zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, da die gesundheitlichen Einschränkungen ein offensichtliches Besetzungshindernis darstellten. Es sei davon auszugehen, dass über den Wortlaut des § 165 Satz 4 SGB IX hinaus der Arbeitgeber auch dann von der Verpflichtung, einen schwerbehinderten Bewerber zum Vorstellungsgespräch einzuladen, befreit sei, wenn der Bewerber zwar nicht offensichtlich fachlich ungeeignet sei, ihm aber offensichtlich die persönliche, insbesondere die gesundheitliche Eignung fehle („so LAG Düsseldorf v. 27.06.2016 – 12 Sa 135/18; offen gelassen BAG vom 27.08.2020 – 8 AZR 45/19“).
Stellten die persönlichen Mängel ein offensichtliches Einstellungs- und Besetzungshindernis dar, wäre die Einladung zum Vorstellungsgespräch eine bloße Förmelei. In diesem Fall könne der vom Gesetzgeber mit § 165 Satz 3 SGB IX verfolgte Zweck, dem schwerbehinderten Bewerber die Chance zu geben, den Arbeitgeber von seiner Eignung im weiteren Sinn zu überzeugen, von vornherein nicht erreicht werden. Die Schwerbehindertenvertretung und der Personalrat seien ordnungsgemäß eingebunden und angehört worden.
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c) Gegen das den Verfahrensbevollmächtigten des Beschwerdeführers am 2. August 2021 zugestellte Urteil legten diese mit Schriftsatz vom 27. August 2021 Berufung ein und begründeten sie mit Schriftsatz vom 4. Oktober 2021. Das Urteil des Arbeitsgerichts sei unrichtig, weil es sich zu Unrecht auf die amtsärztlichen Gutachten beziehe. Das Arbeitsgericht übersehe, dass der Beschwerdeführer seit 14. August 2019 gegen seinen Willen freigestellt sei. Eine ermessenfehlerfreie Entscheidung über den Bewerberanspruch habe das Arbeitsgericht nicht getroffen. Eine Einladung zum Vorstellungsgespräch nach § 165 Satz 3 SGB IX sei fehlerhaft nicht erfolgt. Rechtsirrig gehe das Arbeitsgericht davon aus, dass die Einladung unterbleiben könne, wenn die gesundheitliche Eignung fehle. Diese liege hier zudem vor. Für die Stelle müssten nur Gewichte von maximal 3 kg getragen werden. Die maximale Gehstrecke betrage 500 m. Das Arbeitsgericht übersehe, dass die amtsärztlichen Gutachten nicht aktuell seien, sich die Stadt M. aber weigere, ein aktuelles Gutachten einzuholen.
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d) Die Stadt M. führte in der Berufungserwiderung vom 18. November 2021 aus, die Gutachterin habe im März 2017 mitgeteilt, eine erneute Begutachtung in einem Jahr werde empfohlen. Aufgrund dessen sei das weitere Gutachten vom 14. März 2018 erstellt worden. Das Gutachten 2019 bestätige, dass die Einschränkungen dauerhaft seien. Der Beschwerdeführer habe weder behauptet noch glaubhaft gemacht, dass sich an seinem Gesundheitszustand seit 2019 etwas zum Positiven geändert hätte. Ein Anspruch des Beschwerdeführers auf die Erstellung eines weiteren Gutachtens sei weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht. Es sei falsch, dass die Tätigkeit nur das Heben von Gegenständen bis zu 3 kg und nur maximale Gehstrecken bis zu 500 m erfordere. Die Stadt M. sei nicht verpflichtet gewesen, den Beschwerdeführer zum Vorstellungsgespräch einzuladen. Die mangelnde gesundheitliche Eignung hätte er nicht im Vorstellungsgespräch „kompensieren“ können.
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e) In der mündlichen Verhandlung vom 28. Januar 2022 wurde mit den Parteien die Eilbedürftigkeit und die Frage der Selbstwiderlegung wegen eines möglicherweise zu späten Antrags auf Erlass der einstweiligen Verfügung diskutiert. Ausweislich des Sitzungsprotokolls erklärte der Beschwerdeführer selbst, dass er sich nach seiner Erinnerung im Anschluss an den Zugang des Schreibens der Stadt M. (vom 11. Juni 2021) noch mit der BEM(Betriebliches Eingliederungsmanagement) Bearbeiterin und dem Gesamtschwerbehindertenvertreter der Stadt M. in Verbindung gesetzt habe. Die Stadt M. bestritt dies mit Nichtwissen. Des Weiteren enthält das Sitzungsprotokoll den abschließenden Satz „Nachdem die Parteien weiteren Sachvortrag nicht mehr vornehmen wollen, wird die mündliche Verhandlung geschlossen“.
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f) Mit dem ebenfalls angegriffenen, am 28. Januar 2022 verkündeten Urteil wies das Landesarbeitsgericht die Berufung zurück. Unabhängig von den zutreffenden und gründlichen Ausführungen des Arbeitsgerichts zur Unbegründetheit des mit der Klage verfolgten Ziels habe der Antrag des Beschwerdeführers bereits deshalb keinen Erfolg, weil dieser sich durch zu langes Zuwarten im Hinblick auf die Eilbedürftigkeit selbst widerlegt habe. Damit fehle es am nötigen Verfügungsgrund. Der den einstweiligen Rechtsschutz in Anspruch nehmende Arbeitnehmer widerlege durch langes Zuwarten die nach § 940 ZPO erforderliche Dringlichkeit einer einstweiligen Verfügung. Eine Selbstwiderlegung könne jedoch nicht angenommen werden, wenn der Arbeitnehmer mit dem Arbeitgeber Verhandlungen über eine gütliche Beilegung des Streits führe und die Verhandlungen zielgerichtet von beiden Parteien betrieben würden. Vorliegend sei dem Beschwerdeführer seit der Mitteilung vom 6. April 2021 bekannt gewesen, dass er für die ausgeschriebene Stelle nicht berücksichtigt werde, da er die Anforderungen aus gesundheitlichen Gründen nicht erfülle. Weiter sei der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 12. Mai 2021 „letztmalig“ informiert worden, dass er im Bewerbungsverfahren nicht berücksichtigt werde. Gleichwohl sei der Beschwerdeführer untätig geblieben und habe keine gerichtliche Hilfe in Anspruch genommen. Auch nach der Mitteilung vom 11. Juni 2021 habe der Beschwerdeführer bis zur Einreichung des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung noch knapp drei Wochen vergehen lassen. Mit diesem langen Zuwarten insbesondere bei einer Kenntnis seit Anfang April 2021, dass er nicht berücksichtigt werde, habe der Beschwerdeführer die nötige Eilbedürftigkeit selbst widerlegt. Der Verweis auf ein etwaiges Verhandeln mit der Stadt M. durch Kontaktaufnahme mit der BEM-Bearbeiterin und der Gesamtschwerbehindertenvertretung verfange nicht. Dem vorliegenden Schriftverkehr sei unmissverständlich zu entnehmen, dass die Stadt M. von vornherein nicht bereit gewesen sei, den Beschwerdeführer in den Kreis der Bewerber einzubeziehen. Es sei daher nicht ansatzweise erkennbar, dass es ernsthafte Verhandlungen für einen Kompromiss gegeben habe. Der Antrag habe aber auch deswegen keinen Erfolg, weil der für den Erlass einer einstweiligen Verfügung nötige Verfügungsanspruch fehle. Die Bewerbung auf eine Stelle erfordere eine Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft des Bewerbers. Unabhängig von den Feststellungen des Arbeitsgerichts zur fehlenden Leistungsfähigkeit aus gesundheitlichen Gründen fehle es beim Beschwerdeführer auch an der Leistungsbereitschaft. Die Tatsache, dass der Beschwerdeführer seit über zweieinhalb Jahren eine Freistellung ohne Vergütung akzeptiere, zeige konkludent, dass er mit einer Suspendierung seines Arbeitsverhältnisses einverstanden sei. Dann komme er auch nicht mehr als potenzieller Bewerber auf eine Beförderungsstelle in Betracht. Das Urteil wurde in vollständig abgefasster Form den Verfahrensbevollmächtigten des Beschwerdeführers am 22. März 2022 zugestellt.
II.
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1. Mit Schreiben vom 13. März 2022 legte zunächst der Beschwerdeführer selbst unter Vorlage des Sitzungsprotokolls vom 28. Januar 2022, in dem der Tenor des Urteils vom 28. Januar 2022 enthalten ist, „Verfassungsbeschwerde wegen Verschleppung meines Verfahrens auf einstweiligen Rechtsschutz durch das Landesarbeitsgericht München“ ein. Mit Schreiben vom 28. März 2022 ergänzte er seine Begründung und übermittelte das vollständig abgefasste Urteil des Landesarbeitsgerichts.
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Nach einem Hinweis des Referenten des Verfassungsgerichtshofs, dass die Verfassungsbeschwerde wegen offensichtlich fehlender Substanziierung unzulässig sei und keine Aussicht auf Erfolg habe, legte der Beschwerdeführer, nunmehr anwaltlich vertreten, mit Schriftsatz vom 22. Mai 2022, eingegangen am selben Tag, die Verfassungsbeschwerde neu ein. Sie richtet sich nun gegen das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 22. Juli 2021 Az. 31 Ga 77/21 und das des Landesarbeitsgerichts München vom 28. Januar 2022 Az. 7 SaGa 25/21. Der Beschwerdeführer macht geltend, dass er durch die Urteile in seinen Grundrechten aus Art. 116, Art. 118 Abs. 1 i. V. m. Art. 118 a und Art. 101 i. V. m. Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV verletzt werde. Er beantragt, die Entscheidungen aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Arbeitsgericht München zurückzuverweisen.
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Die Urteile verletzten den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht auf unterschiedslosen Zugang zu öffentlichen Ämtern nach Art. 116 BV. Der unterlegene Bewerber habe die Möglichkeit, in einem gerichtlichen Verfahren überprüfen zu lassen, ob er durch die Auswahlentscheidung in seinem subjektiv-öffentlichen Recht auf fehlerfreie Auswahl verletzt sei.
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Das Arbeitsgericht schöpfe seine Tatsachenfeststellungen ausschließlich aus den drei amtsärztlichen Gutachten, obwohl das letzte Gutachten zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung fast zweieinhalb Jahre alt gewesen sei, die anderen Gutachten noch älter. Arbeitsmedizinische Gutachten seien keine umfassende Beurteilung der Leistung und erlaubten erst recht nicht eine Prognose für den künftigen Berufserfolg. Die Aussagekraft für bestimmte Stellen sei sehr begrenzt. Das Arbeitsgericht bejahe quantitative Einschränkungen der Leistungsfähigkeit, erläutere aber nicht, warum längere Strecken zu bewältigen oder schwere Geräte oder Gegenstände zu heben seien. Der Beschwerdeführer habe mehrmals darauf hingewiesen, warum länger zurückliegende Gutachten keine zuverlässige Feststellung des aktuellen Gesundheitszustands erlaubten; zumindest hätte eine Pflicht zur Einladung zum Vorstellungsgespräch bestanden. Das Arbeitsgericht gehe pauschal von den Behauptungen der Stadt M. aus, ohne darzulegen, inwieweit die jeweiligen Fähigkeiten für die Stelle notwendig seien. Die bloße Behauptung einer bestimmten Anforderung könne nicht reichen, um den Zugangsanspruch eines Bewerbers zu beschränken.
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Das Landesarbeitsgericht stelle zusätzlich darauf ab, dass der Beschwerdeführer die Eilbedürftigkeit durch zu langes Zuwarten mit gerichtlichen Schritten selbst widerlegt habe. Damit würden aber dem Beschwerdeführer seine grundrechtlichen Positionen wegen bloßer Verzögerung genommen. Der Beschwerdeführer habe nach Erhalt der E-Mail (vom 11. Juni 2021) nur 18 Tage vergehen lassen. Für gehöriges Überdenken, eigene Recherche und Einholen von Rechtsrat sei es durchaus nachvollziehbar, etwas über zwei Wochen zu benötigen. Der Beschwerdeführer habe, wie in der mündlichen Verhandlung erklärt, das BEM-Verfahren abgewartet, dessen Ausgang ihm erst am 26. Juni 2021 mitgeteilt worden sei. Die Antragstellung am 30. Juni 2021 sei daher unverzüglich erfolgt. Die Frage der Selbstwiderlegung sei erstmals in der mündlichen Verhandlung aufgeworfen worden, was den Beschwerdeführer überrumpelt habe. Zwar sei damit fraglos ausreichend rechtliches Gehör gewährt worden. Zugleich sei aber nicht klar gemacht worden, dass das Thema im Urteil einen derart breiten Raum einnehmen werde, „dass bspw. eine Schriftsatzfrist beantragt worden wäre“. Soweit das Landesarbeitsgericht davon ausgehe, dass kein echtes Verhandeln mit dem Arbeitgeber vorgelegen habe, hätte es auf die Sichtweise des Beschwerdeführers abstellen müssen. Dieser habe erläutert, dass er die Kommunikation mit der Stadt M. durchaus als Basis für einen Kompromiss angesehen habe. Selbst wenn er von objektiv falschen Umständen ausgegangen sein sollte und im Vertrauen auf die Integrität des Entscheidungsprozesses der Gegenseite deren endgültige Entscheidung abgewartet habe, folge daraus keine Selbstwiderlegung.
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Soweit das Landesarbeitsgericht seine Entscheidung auch darauf stütze, dass der Beschwerdeführer die Freistellung akzeptiert habe, habe dieser dargelegt, dass er die Freistellung nicht widerstandslos hingenommen habe. Das Landesarbeitsgericht verwende die Freistellung zu einem nicht nachvollziehbaren Unwerturteil über den Charakter des Beschwerdeführers, was dieser als Angriff auf seine Menschenwürde empfinde.
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Art. 118 Abs. 1, Art. 118 a BV seien auch im Rahmen des Rechts der Arbeitnehmer auf diskriminierungsfreie Besetzung von Arbeitsplätzen anwendbar. Durch den Ausschluss des Beschwerdeführers werde ihm die Möglichkeit, die Stelle zu erlangen, effektiv und gezielt verwehrt. Gerade die Einschränkungen dienten als Vorwand, ihn aus dem Kreis der Bewerber auszuscheiden. Es gehe aber um nachträglich aufgestellte Kriterien, deren Notwendigkeit für den Arbeitsalltag nicht nachvollziehbar belegt sei. Ferner seien die vom einfachen Gesetzgeber in Konkretisierung seiner verfassungsrechtlichen Pflichten aufgestellten Rechte eines schwerbehinderten Bewerbers nicht beachtet worden.
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Die Entscheidungen verletzten den Beschwerdeführer ferner in seinem grundrechtsgleichen Recht auf ein faires Verfahren. Zu bemängeln sei zum einen die lange Verfahrensdauer von der Antragstellung am 30. Juni 2021 bis zur Entscheidung über die Berufung am 22. März 2022, mithin neun Monate. Ferner wäre es geboten gewesen, ein neues Gutachten zur Eignung einzuholen. Schließlich berufe sich das Landesarbeitsgericht maßgeblich auf die Freistellung des Beschwerdeführers, lege aber nicht dar, woher es die entsprechenden Erkenntnisse gewinne.
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2. Das Bayerische Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales hat von der Abgabe einer Stellungnahme abgesehen.
III.
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Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig, da sie den Begründungsanforderungen des Art. 51 Abs. 1 Satz 1 VfGHG nicht genügt.
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1. Maßgeblicher Prüfungsgegenstand ist das angegriffene Endurteil des Landesarbeitsgerichts München vom 28. Januar 2022. Soweit ein Beschwerdeführer sich gegen das inhaltliche Ergebnis des Ausgangsverfahrens wendet, ist diejenige im Instanzenzug letzte Entscheidung maßgeblich, die eine umfassende (materielle) Prüfung und damit die vom Beschwerdeführer beanstandete Beschwer enthält (VerfGH vom 25.2.2021 BayVBl 2021, 375 Rn. 69; vom 9.11.2021 – Vf. 23-VI-21 – juris Rn. 31). Zwar ist die Berufungsinstanz im Arbeitsgerichtsprozess keine volle zweite Tatsacheninstanz (vgl. § 67 ArbGG), in materiell-rechtlicher Hinsicht – bzw. im Verfahren der einstweiligen Verfügung bezüglich der Glaubhaftmachung von Verfügungsgrund und Verfügungsanspruch – findet aber im Rahmen der gestellten Anträge eine vollständige Überprüfung der erstinstanzlichen Entscheidung statt (vgl. § 64 Abs. 6 ArbGG, § 528 Satz 2, § 529 Abs. 2 Satz 2 ZPO; vgl. auch VerfGH vom 21.12.2020 – Vf. 20-VI-18 – juris Rn. 16; vom 9.11.2021 – Vf. 23-VI-21 – juris Rn. 31). Allerdings kann der Beschwerdeführer grundsätzlich die Entscheidungen der vorausgegangenen Instanzen in die Verfassungsbeschwerde einbeziehen, um auch deren Aufhebung zu erreichen (vgl. VerfGH vom 9.11.2021 – Vf. 23-VI-21 – juris Rn. 32).
31
2. Nach Art. 51 Abs. 1 Satz 1 VfGHG sind in der Verfassungsbeschwerde die Handlung oder Unterlassung der Behörde, gegen die sich der Beschwerdeführer wendet, und das verfassungsmäßige Recht, dessen Verletzung der Beschwerdeführer geltend macht, zu bezeichnen. Der die behauptete Grundrechtsverletzung enthaltende Vorgang muss vollständig und nachvollziehbar dargelegt werden, sodass der Verfassungsgerichtshof in die Lage versetzt wird, ohne Rückgriff auf die Akten des Ausgangsverfahrens zu prüfen, ob der geltend gemachte Verfassungsverstoß nach dem Vortrag des Beschwerdeführers zumindest möglich erscheint. Die Verfassungsbeschwerde muss aus sich heraus verständlich sein (VerfGH vom 2.2.1966 VerfGHE 19, 14/15; vom 16.7.2020 – Vf. 69-VI-17 – juris Rn. 19; vom 20.9.2022 – Vf. 1-VI-22 – juris Rn. 29; vom 4.1.2023 BayVBl 2023, 192 Rn. 19; vom 19.9.2024 BayVBl 2025, 86 Rn. 34). Die bloße Behauptung, eine gerichtliche oder behördliche Entscheidung sei unrichtig oder fehlerhaft, genügt den Anforderungen an die Begründung einer Verfassungsbeschwerde nicht (ständige Rechtsprechung; VerfGH vom 14.2.2006 VerfGHE 59, 47/50; vom 22.12.2020 – Vf. 15-VI-19 – juris Rn. 15; vom 28.2.2023 – Vf. 53-VI-22 – juris Rn. 41; BayVBl 2025, 86 Rn. 34). Darüber hinaus setzt eine aus sich heraus verständliche und nachvollziehbare Darlegung eines Grundrechtsverstoßes voraus, dass sich der Beschwerdeführer mit dem Inhalt der angegriffenen Entscheidung auseinandersetzt (VerfGH vom 24.10.2017 – Vf. 9-VI-17 – juris Rn. 40; vom 20.3.2018 BayVBl 2019, 207 Rn. 14; BayVBl 2025, 86 Rn. 36). Richtet sich die Verfassungsbeschwerde gegen eine gerichtliche Entscheidung, bedarf es in der Regel einer ins Einzelne gehenden argumentativen Auseinandersetzung mit ihr und ihrer Begründung (VerfGH vom 16.11.2021 – Vf. 51-VI-20 – juris Rn. 33; vom 9.2.2022 – Vf. 62-VI-20 – juris Rn. 35; BayVBl 2025, 86 Rn. 36; BVerfG vom 10.11.2015 NJW 2016, 1505 Rn. 9).
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Zudem muss sich aus der Begründung der Verfassungsbeschwerde ergeben, dass die angefochtene Entscheidung möglicherweise auf dem angeblichen Verstoß gegen die Bayerische Verfassung beruht. Eine den Betroffenen beschwerende Verletzung verfassungsmäßiger Rechte durch eine gerichtliche Entscheidung liegt nur dann vor, wenn nicht auszuschließen ist, dass die Entscheidung anders und für den Betroffenen günstiger ausgefallen wäre, wenn der Verfassungsverstoß unterblieben wäre. Dieser Grundsatz gilt nicht nur im Fall der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, sondern bei der Verletzung aller verfassungsmäßigen Rechte. Eine Entscheidung beruht unter anderem dann nicht auf einem festgestellten verfassungsrechtlichen Mangel, wenn das Gericht die Entscheidung auch unabhängig von den verfassungsrechtlichen Mängeln zwangsläufig hätte treffen müssen (VerfGH vom 28.9.1973 VerfGHE 26, 118/123; vom 19.4.1989 VerfGHE 42, 54/64; vom 25.1.2002 – Vf. 81-VI-00 – juris Rn. 27; Wolff in Lindner/Möstl/Wolff, Verfassung des Freistaats Bayern, 2. Aufl. 2017, Art. 120 Rn. 49).
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3. Ausgehend hiervon müsste die Verfassungsbeschwerde vorliegend einen möglichen Grundrechtsverstoß bezüglich der Ausführungen des Landesarbeitsgerichts zum Fehlen sowohl des Verfügungsgrunds als auch des Verfügungsanspruchs – insoweit bezüglich der Leistungsbereitschaft einerseits und der Leistungsfähigkeit andererseits – substanziiert darlegen. Daran fehlt es.
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a) Das Landesarbeitsgericht hat den Antrag des Beschwerdeführers auf Erlass einer einstweiligen Verfügung unter Anwendung des § 940 ZPO i. V. m. § 62 Abs. 2 ArbGG aus drei jeweils selbstständig tragenden Begründungen abgelehnt: Zum einen hat es darauf abgestellt, dass es am nötigen Verfügungsgrund fehle (Ziffern II. 1 und 2 der Entscheidungsgründe). Zum anderen habe der Antrag des Verfügungsklägers auch deswegen keinen Erfolg, da der für den Erlass einer einstweiligen Verfügung ebenfalls notwendige Verfügungsanspruch fehle (Ziffer II. 3 der Entscheidungsgründe), sowohl im Hinblick auf die nötige Leistungsfähigkeit als auch im Hinblick auf die erforderliche Leistungsbereitschaft des Bewerbers. Dass sich das Landesarbeitsgericht insoweit die Ausführungen des Arbeitsgerichts zur fehlenden Leistungsfähigkeit tragend zu eigen macht, ergibt sich bereits aus dem Vorspann unter Ziffer II. der Entscheidungsgründe, wonach es die Ausführungen des Arbeitsgerichts insoweit als zutreffend und gründlich bezeichnet.
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Mithin bedürfte es im Rahmen der Verfassungsbeschwerde der substanziierten Darlegung eines Grundrechtsverstoßes des Landesarbeitsgerichts in Bezug auf alle drei Begründungen des Landesarbeitsgerichts für die Zurückweisung der Berufung.
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b) Substanziierten, den Anforderungen des Art. 51 Abs. 1 Satz 1 VfGHG genügenden Vortrag dazu, dass die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts zum Fehlen des Verfügungsgrunds möglicherweise gegen ein Grundrecht des Beschwerdeführers verstoßen, enthält die Verfassungsbeschwerde nicht.
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aa) Die Notwendigkeit und die Anforderungen an das Vorliegen eines Verfügungsgrunds ergeben sich aus § 940 ZPO i. V. m. § 62 Abs. 2 ArbGG. Gegenüber der Anwendung von Bundesrecht, das wegen seines höheren Rangs nicht am Maßstab der Bayerischen Verfassung überprüft werden kann, beschränkt sich die Prüfung des Verfassungsgerichtshofs darauf, ob das Gericht willkürlich gehandelt, also gegen Art. 118 Abs. 1 BV verstoßen hat. In verfahrensrechtlicher Hinsicht überprüft der Verfassungsgerichtshof Entscheidungen, die in einem bundesrechtlich geregelten Verfahren ergangen sind, auch daraufhin, ob ein Verfahrensgrundrecht der Bayerischen Verfassung verletzt wurde, das, wie das Recht auf rechtliches Gehör gemäß Art. 91 Abs. 1 BV, mit gleichem Inhalt im Grundgesetz gewährleistet ist (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 21.3.1997 VerfGHE 50, 60/62; vom 22.7.2015 VerfGHE 68, 167 Rn. 25; vom 23.1.2024 BayVBl 2024, 335 Rn. 14; BayVBl 2025, 86 Rn. 50, jeweils m. w. N.). Eine den Anforderungen des Art. 51 Abs. 1 Satz 1 VfGHG standhaltende Begründung erfordert, dass in der Verfassungsbeschwerde die Möglichkeit einer willkürlichen Verneinung des Verfügungsgrunds durch das Landesarbeitsgericht substanziiert dargelegt wird.
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Willkürlich im Sinn des Art. 118 BV ist eine gerichtliche Entscheidung nur dann, wenn sie bei Würdigung der die Verfassung beherrschenden Grundsätze nicht mehr verständlich ist und sich der Schluss aufdrängt, sie beruhe auf sachfremden Erwägungen. Die Entscheidung dürfte unter keinem Gesichtspunkt rechtlich vertretbar erscheinen, sie müsste schlechthin unhaltbar, offensichtlich sachwidrig, eindeutig unangemessen sein (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 7.2.2019 – Vf. 60-VI-17 – juris Rn. 30; vom 30.10.2019 – Vf. 52-VI-18 – juris Rn. 26; vom 23.1.2024 – Vf. 18-VI-23 – juris Rn. 20; BayVBl 2025, 86 Rn. 53).
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bb) Die Auffassung des Landesarbeitsgerichts, die Eilbedürftigkeit könne aufgrund einer Selbstwiderlegung durch zu langes Zuwarten vor der Einleitung gerichtlicher Schritte entfallen, entspricht ganz überwiegender Ansicht (vgl. die umfassenden Nachweise bei G. Vollkommer in Zöller, ZPO, 35. Aufl. 2024, § 940 Rn. 4; speziell im Arbeitsrecht LAG Hessen vom 10.5.2010 – 16 SaGa 341/10 – juris Rn. 22; LAG Hamburg vom 23.8.2016 – 4 SaGa 1/16 – juris Rn. 67 m. w. N.) und wird vom Beschwerdeführer auch nicht in Frage gestellt. Soweit der Beschwerdeführer vorträgt, er habe nur 18 Tage verstreichen lassen und im Hinblick auf die verfassungsmäßigen Implikationen hätte das Landesarbeitsgericht die Frist großzügiger bemessen müssen, fehlt es an einer ausreichenden Willkürrüge. Das Landesarbeitsgericht stellt in seiner Begründung darauf ab, dass der Beschwerdeführer schon ab 6. April 2021 gewusst habe, dass er nicht berücksichtigt werden solle und von der Stadt M. am 12. Mai 2021 (letztmalig) informiert worden sei. So führt das Landesarbeitsgericht in den Entscheidungsgründen aus: „Mit diesem langen Zuwarten insbesondere bei einer Kenntnis seit Anfang April 2021, dass er nicht berücksichtigt wird, hat der Verfügungskläger die für den Erlass einer einstweiligen Verfügung nötige Eilbedürftigkeit selbst widerlegt“. Somit hat das Landesarbeitsgericht ohnehin wie vom Beschwerdeführer gefordert auf einen deutlich längeren Zeitraum abgestellt. Dass auch der Zeitraum vom 6. April bis zum 30. Juni 2021 für die Annahme einer Selbstwiderlegung noch schlechthin unhaltbar kurz bemessen wäre, behauptet der Beschwerdeführer selbst nicht.
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cc) Nichts anderes folgt aus dem Vortrag des Beschwerdeführers, er habe das Ergebnis der Einbindung der BEM-Sachbearbeiterin und des Gesamtschwerbehindertenvertreters abwarten wollen und dürfen; das BEM-Verfahren sei erst am 26. Juni 2021 abgeschlossen gewesen. Insoweit hat das Landesarbeitsgericht unter umfangreichen Zitaten aus der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung ausgeführt, eine Selbstwiderlegung könne nicht angenommen werden, wenn der Arbeitnehmer mit dem Arbeitgeber Verhandlungen über eine gütliche Beilegung des Streits führe. Diesen rechtlichen Ausgangspunkt greift der Beschwerdeführer nicht an. Weiter geht das Landesarbeitsgericht davon aus, dies gelte jedenfalls, solange die Verhandlungen zielgerichtet von beiden Parteien geführt würden. In diesem Fall bleibe der Arbeitnehmer gerade nicht untätig, sondern bemühe sich aktiv um die Durchsetzung seiner Rechtsposition. In Bezug auf den konkreten Fall führt das Landesarbeitsgericht aber aus, der Verweis des Beschwerdeführers auf die Kontaktaufnahme mit der BEM-Sachbearbeiterin und der Gesamtschwerbehindertenvertretung verfange nicht, denn der Beschwerdeführer hätte substanziiert darlegen und unter Beweis stellen müssen, dass die Stadt M. mit ihm Verhandlungen über eine gütliche Beilegung des Streits um die Besetzung der Stelle geführt habe. Dem vorliegenden Schriftverkehr sei aber unmissverständlich zu entnehmen, dass die Stadt M. von vornherein nicht bereit gewesen sei, die ausgeschriebene Stelle mit dem Beschwerdeführer zu besetzen. Sie habe von Anfang an klargestellt, dass sie nicht einmal bereit sei, den Beschwerdeführer in den Kreis der Bewerber einzubeziehen. Bei dieser Sachlage sei es nicht einmal ansatzweise erkennbar, dass es ernsthafte Verhandlungen für einen Kompromiss gegeben habe.
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Dass diese Ausführungen zum Fehlen eines Verfügungsgrunds nach § 940 ZPO schlechthin unhaltbar, offensichtlich sachwidrig oder eindeutig unangemessen wären, ist in keiner Weise substanziiert dargetan. Soweit der Beschwerdeführer meint, das Landesarbeitsgericht hätte für die Frage der Selbstwiderlegung auf die Sichtweise des Beschwerdeführers abstellen müssen, vertritt der Beschwerdeführer lediglich eine abweichende Rechtsansicht, ohne aber konkret auszuführen, aus welchen Gründen die Ansicht des Landesarbeitsgerichts schlechthin unhaltbar sei.
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Zudem erschließt sich dieser Vortrag des Beschwerdeführers auch nicht. Der vom Landesarbeitsgericht angeführte Schriftverkehr, insbesondere die Schreiben vom 6. April, 12. Mai und 11. Juni 2021 waren dem Beschwerdeführer unstreitig bekannt. Ausgehend von diesen Schreiben war für ihn unproblematisch und eindeutig erkennbar, dass die Stadt M. gerade nicht zu Verhandlungen über die Stellenbesetzung bereit war und den Beschwerdeführer aufgrund fehlender gesundheitlicher Eignung, die aus den Gutachten abgeleitet wurde, noch nicht einmal zu einem Vorstellungsgespräch einladen wollte. Auch die Stellungnahme der Referatspersonalrätin vom 11. Mai 2021 ging ersichtlich nicht von einem fehlerhaften Bewerbungsverfahren aus. Daher konnte der Beschwerdeführer mit der Einbindung der BEM-Sachbearbeiterin und des Gesamtschwerbehindertenvertreters allenfalls die vage Hoffnung verbinden, bei einer gegebenenfalls positiven Stellungnahme durch diese werde die Stadt M. doch noch erstmalig in Verhandlungen mit ihm eintreten. Dass die Stadt M. dem Beschwerdeführer gegenüber aber zu irgendeinem Zeitpunkt konkrete Verhandlungsbereitschaft über die Besetzung der Stelle oder seine Einbeziehung in das weitere Bewerbungsverfahren signalisiert hätte, lässt sich seinem Vortrag in der Verfassungsbeschwerde gerade nicht entnehmen.
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dd) Eine substanziierte Willkürrüge kann auch nicht aus dem weiteren Vortrag abgeleitet werden, das Problem sei erst in der mündlichen Verhandlung aufgeworfen worden, dies habe den Beschwerdeführer „überrumpelt“, auch wenn damit das rechtliche Gehör fraglos ausreichend gewährt worden sei.
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Der Beschwerdeführer war in der mündlichen Verhandlung durch eine Rechtsanwältin vertreten. Das Problem der Selbstwiderlegung wurde dort unstreitig erörtert. In das Sitzungsprotokoll ist ferner folgende Aussage des Vorsitzenden aufgenommen: „Nachdem die Parteien weiteren Sachvortrag nicht mehr vornehmen wollen, wird die mündliche Verhandlung geschlossen“. Dass dies unzutreffend wäre, behauptet der Beschwerdeführer nicht. Offensichtlich hat daher die den Beschwerdeführer vertretende Rechtsanwältin in Kenntnis der Diskussion in der mündlichen Verhandlung keine Schriftsatzfrist beantragt, um gegebenenfalls noch weiteren Sachvortrag zu dem Problem halten zu können. Dass es dem Landesarbeitsgericht auf die Frage der Selbstwiderlegung ankommen könnte, ergibt sich aus den sonst im Sitzungsprotokoll aufgenommenen Erörterungen. Im Übrigen trägt der Beschwerdeführer auch in der Verfassungsbeschwerde nicht vor, dass es weitergehenden, anderweitigen Schriftverkehr mit der Stadt M. über die Stellenbesetzung gegeben und die Stadt M. irgendwann Verhandlungsbereitschaft signalisiert hätte. Damit bleibt völlig unklar, welchen möglicherweise entscheidungserheblichen Vortrag der Beschwerdeführer überhaupt bei Einräumung einer Schriftsatzfrist hätte halten wollen. Der Verweis auf den Abschluss des BEM-Verfahrens erst am 26. Juni 2021 ist ausgehend von der – jedenfalls nicht willkürlichen – Ansicht des Landesarbeitsgerichts ersichtlich irrelevant.
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c) Soweit der Beschwerdeführer rügt, sein Grundrecht auf ein faires Verfahren sei durch die lange Verfahrensdauer von neun Monaten verletzt, führt dies ebenfalls nicht zur Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde.
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Zwar überprüft der Verfassungsgerichtshof wie ausgeführt Entscheidungen, die in einem bundesrechtlich geregelten Verfahren ergangen sind, auch daraufhin, ob ein Verfahrensgrundrecht der Bayerischen Verfassung verletzt wurde, das mit gleichem Inhalt im Grundgesetz gewährleistet ist. Indessen hat der Verfassungsgerichtshof bislang stets offengelassen, ob sich aus der Bayerischen Verfassung überhaupt ein Recht auf ein faires Verfahren als verfassungsbeschwerdefähiger Grundrechtsanspruch ergibt (vgl. VerfGH vom 15.9.2023 – Vf. 20-VI-21 – juris Rn. 47; vom 12.9.2024 BayVBl 2025, 13 Rn. 24, jeweils m. w. N.) und ob eine Verfassungsbeschwerde auf eine Verletzung des Anspruchs auf Justizgewährung gestützt werden kann (vgl. VerfGH vom 10.12.2019 – Vf. 20-VI-19 – juris Rn. 20; BayVBl 2025, 13 Rn. 24, jeweils m. w. N.).
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Dies bedarf auch vorliegend keiner Entscheidung, schon deshalb, weil eine übermäßig lange, durch die Gerichte zu verantwortende Verfahrensdauer nicht ersichtlich ist. Der Beschwerdeführer stellte seinen Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung am 30. Juni 2021. Das Arbeitsgericht bestimmte mit Verfügung vom gleichen Tag einen Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 15. Juli 2021, mithin innerhalb von gut zwei Wochen. Am Ende der mündlichen Verhandlung wurde Verkündungstermin bestimmt auf den 22. Juli 2021, also innerhalb einer Woche. Die Berufung gegen das am 2. August 2021 zugestellte Urteil wurde von den Verfahrensbevollmächtigten des Beschwerdeführers hingegen erst am 4. Oktober 2021, mithin nach zwei Monaten, begründet. Das Landesarbeitsgericht bestimmte unverzüglich mit Verfügung vom 8. Oktober 2021 Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 17. Dezember 2021. Nur aufgrund einer Erkrankung der sachbearbeitenden Vefahrensbevollmächtigten des Beschwerdeführers und deren Bitte um Terminsverlegung mit Schriftsatz vom 15. Dezember 2021 wurde die mündliche Verhandlung sodann auf den 28. Januar 2021 verlegt. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts erging durch Verkündung des Tenors noch am selben Tag. Letztlich ergibt sich daraus eine Verfahrensdauer bis zur Entscheidung von lediglich sieben Monaten, wovon zwei Monate allein auf die Ausschöpfung der Berufungsbegründungsfrist durch die Verfahrensbevollmächtigten des Beschwerdeführers und weitere eineinhalb Monate auf die Terminsverlegung im Berufungsverfahren, die durch die Erkrankung der sachbearbeitenden Verfahrensbevollmächtigten nötig wurde, zurückzuführen waren.
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Die weiteren Ausführungen des Beschwerdeführers, weshalb das Grundrecht auf ein faires Verfahren aus seiner Sicht verletzt ist, betreffen nicht den Verfügungsgrund. So trägt er vor, die Gerichte hätten ein neues Gutachten zur gesundheitlichen Eignung einholen müssen und das Landesarbeitsgericht stelle zu Unrecht maßgeblich auf die Freistellung des Beschwerdeführers ab. Beide Aspekte beziehen sich aber ausschließlich auf das vom Landesarbeitsgericht angenommene Fehlen der Leistungsfähigkeit bzw. der Leistungsbereitschaft, also auf den Verfügungsanspruch.
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4. Ob der Beschwerdeführer substanziiert dargelegt hat, dass das Landesarbeitsgericht bezüglich seiner Ausführungen zum Fehlen des Verfügungsanspruchs Grundrechte verletzt hat, kann dahingestellt bleiben. Selbst wenn dies der Fall wäre, beruhte das Urteil des Landesarbeitsgerichts offensichtlich nicht darauf.
Denn das Landesarbeitsgericht hätte den Erlass der beantragten einstweiligen Verfügung aufgrund des fehlenden Verfügungsgrunds auch dann abgelehnt, wenn ein Verfügungsanspruch glaubhaft gemacht worden wäre.
IV.
50
Es ist angemessen, dem Beschwerdeführer eine Gebühr von 1.000 € aufzuerlegen (Art. 27 Abs. 1 Satz 2 VfGHG).