Titel:
Anlassbeurteilung, Verwaltungsgerichte, Fehlerhafte Auswahlentscheidung, Getroffene Auswahlentscheidung, Beurteilungsrichtlinien, Beschwerdebegründung, Beiladung, Antragsgegner, Einstweilige Anordnung, Stellenausschreibung, Leistungsvergleich, Leistungsbezogene Kriterien, Dienstherr, Außergerichtliche Kosten, Bewerbungsverfahrensanspruch, Personalauswahlgespräch, Zustimmungsverweigerung, Streitwertfestsetzung, Antragstellers, Anderweitige Tätigkeit
Schlagworte:
Einstweiliger Rechtsschutz, Bewerbungsverfahrensanspruch, Chancenlosigkeit, Auswahlentscheidung, Dienstliche Beurteilung, Leistungsprinzip, Verfahrensfehler
Vorinstanz:
VG Regensburg, Beschluss vom 10.04.2025 – RO 1 E 25.390
Fundstelle:
BeckRS 2025, 13972
Tenor
I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 22.684,49 Euro festgesetzt.
Gründe
1
Die zulässige Beschwerde, mit der die Antragstellerin beantragt, es dem Antragsgegner unter Aufhebung des angegriffenen Beschlusses im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO zu untersagen, die Stelle „Fachbetreuerin Gesundheit und Körperpflege am Staatlichen Beruflichen Schulzentrum ... “ mit einem anderen Bewerber oder einer anderen Bewerberin zu besetzen, solange über die Bewerbung der Antragstellerin keine neue Auswahlentscheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts getroffen worden ist, ist unbegründet.
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Das Verwaltungsgericht, auf dessen Darstellung des Sachverhalts im angefochtenen Beschluss vom 10. April 2025 verwiesen wird, hat den Antrag zu Recht abgelehnt, da die Antragstellerin als sog. „chancenlose Bewerberin“ keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht hat. Die vorgetragenen Beschwerdegründe, auf deren Prüfung der Senat nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, führen zu keiner anderen Beurteilung.
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Soweit die Beschwerdebegründung meint, die Auswahlentscheidung sei formell rechtswidrig gewesen, weil der Bezirkspersonalrat für Lehrer an beruflichen Schulen gemäß Art. 70, Art. 75 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, 4 BayPVG seine Zustimmung hierzu zu Recht verweigert habe, vermag der Senat dem nicht beizutreten. Denn nach Art. 75 Abs. 2 Nr. 1 BayPVG, auf den der Bezirkspersonalrat inhaltlich seine Zustimmungsverweigerung gestützt hat, kann eine Zustimmung zu einer Maßnahme nach Absatz 1 nur verweigert werden, wenn eine Maßnahme u.a. gegen eine Richtlinie im Sinn des Abs. 4 Satz 1 Nr. 13 BayPVG verstößt. Die Anlassbeurteilung der Antragstellerin wurde jedoch weder in Einklang mit der Richtlinie für die dienstliche Beurteilung und die Leistungsfeststellung der staatlichen Lehrkräfte sowie der Schulleiterinnen und Schulleiter an Schulen in Bayern (Bek. v. 27.4.2021, Az. II.5-BP4010.2/23/19, BayMBl. Nr. 332 – im Folgenden: Beurteilungsrichtlinie) erstellt noch handelt es sich bei der Beurteilungsrichtlinie um eine Richtlinie nach Art. 75 Abs. 4 Satz 1 Nr. 13 BayPVG über die personelle Auswahl bei Einstellungen, Versetzungen, Umgruppierungen und Kündigungen (vgl. BA unter 4.2.1, S. 17 ff.). Mit der Argumentation des Verwaltungsgerichts setzt sich die Beschwerdebegründung nicht ansatzweise auseinander. Sie verfehlt damit bereits die Darlegungsanforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO, die eine Prüfung, Sichtung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffs sowie eine sachliche Auseinandersetzung mit den Gründen des angefochtenen Beschlusses erfordert (BayVGH, B.v. 9.1.2023 – 3 CE 22.2622 – BA Rn. 2; B.v. 8.1.2018 – 3 CS 17.2543 – juris Rn. 2). Soweit die Beschwerdebegründung nunmehr auf Art. 75 Abs. 2 Nr. 2 BayPVG abstellt, führt dies schon deshalb nicht zum Erfolg der Beschwerde, weil der Bezirkspersonalrat seine Zustimmungsverweigerung nicht darauf gestützt, d.h. nicht mit der durch Tatsachen begründeten Besorgnis begründet hat, dass die Antragstellerin durch die Maßnahme benachteiligt werde, ohne dass dies aus dienstlichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt sei.
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Ob die getroffene Auswahlentscheidung zu Gunsten der Beigeladenen wegen eines fehlenden Auswahlvermerks bzw. mangels eines vollständigen Stellenbesetzungsvorgangs (vgl. BA unter 4.2.2, S. 19 ff.) mit einem Verfahrensfehler behaftet ist, kann dahinstehen. Denn es liegen keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass die Antragstellerin bei einer fehlerfreien Wiederholung des Auswahlverfahrens auch nur möglicherweise zum Zuge gekommen wäre (BVerfG, B.v. 13.9.2002 – 2 BvR 857/02 – DVBl. 2002, 1633; B.v. 13.1.2010 – 2 BvR 811/09 – juris; OVG RhP, B.v. 23.12.2013 – 2 B 11209/13 – juris Rn. 12). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung ist aus diesem Grund nicht erforderlich, um der Antragstellerin effektiven Rechtsschutz für die Durchführung eines Hauptsacheverfahrens zu gewähren.
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Auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses, denen sich der Senat inhaltlich anschließt, wird gemäß § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO verwiesen. Im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen ist lediglich ergänzend auszuführen:
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Entgegen der Beschwerdebegründung lässt sich der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (B.v. 25.11.2015 – 2 BvR 1461/15 – juris) nicht der Rechtssatz entnehmen, dass die Prüfung einer offensichtlichen Chancenlosigkeit eine dokumentierte Auswahlentscheidung voraussetze, anhand derer der Leistungsvergleich zwischen den Bewerbern nachvollzogen werden könne, weil ansonsten in unzulässiger Weise der vom Antragsgegner zu treffenden Auswahlentscheidung vorgegriffen werde. Im dortigen Fall hatte das Bundesverfassungsgericht den mit Verfassungsbeschwerde angegriffenen oberverwaltungsgerichtlichen Beschluss beanstandet, weil dieser zu der Frage einer offensichtlichen Chancenlosigkeit der Bewerbung der dortigen Beschwerdeführerin keine Feststellungen getroffen hatte (vgl. BVerfG, B.v. 25.11.2015 a.a.O. juris Rn. 19 f.). Von dieser Sachlage unterscheidet sich der vorliegende Fall jedoch, weil das Verwaltungsgericht hier ausführlich begründet hat, warum die Antragstellerin im Falle einer Wiederholung der Auswahlentscheidung als sog. „chancenlose Bewerberin“ einzustufen ist.
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Wird das subjektive Recht aus Art. 33 Abs. 2 GG durch eine fehlerhafte Auswahlentscheidung des Dienstherrn verletzt, folgt daraus, dass einstweiliger Rechtsschutz gewährt werden muss, wenn die Aussichten des unterlegenen Beamten, beim zweiten Mal ausgewählt zu werden, offen sind, d.h. wenn seine Auswahl möglich erscheint (BVerfG, B.v. 24.9.2002 – 2 BvR 857/02 – juris Rn. 13 ff.; vgl. zum Erfordernis der hinreichenden Wahrscheinlichkeit: BVerfG, B.v. 4.2.2016 – 2 BvR 2223/15 – NVwZ 2016, 764 Rn. 86; BVerwG; B.v. 19.9.2023 – 2 VR 2.23 – NVwZ-RR 2024, 153 Rn. 24; B.v. 21.12.2016 – 2 VR 1.16 – BVerwGE 157, 168 Rn. 43; B.v. 3.3.2025 – 2 VR 4.24 – NVwZ 2025, 604 Rn. 66). Dies ist hier nicht der Fall. Dabei verkennt der Senat nicht die grundsätzlich strengen Anforderungen, die an eine entsprechende Prognoseentscheidung zu stellen sind.
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Das Bundesverfassungsgericht hat die eigenständige Bedeutung und Verfahrensabhängigkeit des sich aus Art. 33 Abs. 2 GG ergebenden subjektiven Rechts betont (vgl. u. a. BVerfG, B.v. 9.7.2007 – 2 BvR 206/07 – juris Rn. 16 ff.; B.v. 24.9.2002 – 2 BvR 857/02 – juris Rn. 10 ff.; BayVGH, B.v. 3.5.2024 – 3 CE 24.571 – juris Rn. 35). Diese notwendig als Verfahrensanspruch ausgeprägte Rechtsposition würde erheblich eingeschränkt, wenn sich ein unterlegener Bewerber regelmäßig auf eine prognostische Erörterung seiner Beförderungsaussichten einlassen müsste, die zu einem erheblichen Teil mit Unwägbarkeiten versehen sind. Zudem ist es den Verwaltungsgerichten angesichts des dem Dienstherrn zustehenden Beurteilungs- und Ermessensspielraums verwehrt, hinsichtlich der Frage, ob die Auswahl des unterlegenen Antragstellers als möglich erscheint, eine Prognose über eine neu vorzunehmende Auswahlentscheidung zu treffen und der gerichtlichen Entscheidung zu Grunde zu legen. Hierfür ist allein der Dienstherr zuständig (vgl. BVerfG, B.v. 24.9.2002 – 2 BvR 857/02 – juris Rn. 16; BayVGH, B.v. 24.4.2017 – 3 CE 17.434 – juris Rn. 53). Das Gericht ist weder verpflichtet noch ist es ihm rechtlich möglich, in mehr oder weniger zutreffende Wahrscheinlichkeitsüberlegungen darüber einzutreten, mit welchem Ergebnis die Auswahlentscheidung des Dienstherrn ausgegangen wäre, wenn er sein Ermessen fehlerfrei betätigt hätte. Bei Erwägungen des Gerichts, wie eine erneute Auswahlentscheidung ausgehen könnte, ist große Zurückhaltung geboten. Die Voraussage, das mit einem Eilantrag letztlich verfolgte Ziel, dass der Dienstherr das Auswahlermessen zugunsten des Antragstellers ausübt, sei unerreichbar, ist nur in zweifelsfreien Ausnahmefällen denkbar (vgl. OVG NW, B.v. 10.3.2009 – 1 B 1518/08 – juris Rn. 55 f.). Ein solcher Fall ist hier gegeben.
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Zunächst ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass bei einer Wiederholung des Stellenbesetzungsvorgangs dieselben Auswahlkriterien wie in der aktuellen Stellenausschreibung zugrunde gelegt werden. Dafür spricht zunächst schon, dass das Verwaltungsgericht in einem gerichtlichen Verfahren die Auswahlkriterien, die auf den Richtlinien für Funktionen von Lehrkräften an staatlichen beruflichen Schulen vom 30. Mai 2016 (FubSch) beruhen, nicht beanstandet hat. Ziff. 2.6 der FubSch sieht vor, dass die Auswahl nach dem Leistungsprinzip zu treffen ist. Ungeachtet dessen lässt sich aber auch dem Vorbringen des Antragsgegners nicht der geringste Anhalt dafür entnehmen, dass er die in Rede stehenden Auswahlkriterien in einem neuen Auswahlverfahren ohne sachlich zwingenden Grund ändern werde. Der Zuschnitt eines spezifischen Anforderungsprofils zugunsten eines bestimmten Bewerbers wäre ohnehin mit dem Grundsatz der Bestenauslese gemäß Art. 33 Abs. 2 GG unvereinbar. Unterstützt wird diese Überlegung noch dadurch, dass es in einer weiteren „Neuauflage“ des Besetzungsverfahrens im Wesentlichen nur noch darum ginge, einen etwaigen hinsichtlich der Dokumentation der maßgeblichen Auswahlerwägungen aufgetretenen Verfahrensfehler auszuräumen. Ist aber mit einer der Antragstellerin günstigen Veränderung des Anforderungsprofils bei einer zulässigerweise auch vorhersehbare tatsächliche Entwicklungen einbeziehenden Prognose mit dem hier gegebenen Maß an Sicherheit nicht zu rechnen, würde sich die Antragstellerin auch in einem etwaigen neuen Auswahlverfahren, in welchem ihrer verfahrensrechtlichen Rechtsstellung in Bezug auf die schriftliche Niederlegung der maßgeblichen Auswahlerwägungen fehlerfrei Rechnung getragen würde, gegenüber der Beigeladenen als chancenlose Bewerberin herausstellen.
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Auszugehen ist daher von dem Grundsatz, dass in erster Linie auf unmittelbar leistungsbezogene Kriterien zurückzugreifen ist, wenn unter mehreren Beförderungsbewerbern eine Auswahl für die Besetzung eines Beförderungsdienstpostens zu treffen ist. Sie ergeben sich vorrangig aus den aktuellen dienstlichen Beurteilungen (vgl. BVerwG, B.v. 22.11.2012 – 2 VR 5.12 – juris Rn. 25). Dies gilt jedenfalls in der Regel dann, wenn die Beurteilungen – wie hier – im gleichen oder einem gleichwertigen Statusamt erzielt worden sind (vgl. BayVGH, B.v. 28.5.2010 – 3 CE 10.748 – juris Rn. 61). Erst bei wesentlich gleichem Gesamturteil oder in Fällen, in denen eine Vergleichbarkeit der Beurteilungen bzw. des erzielten Gesamturteils wegen der Verschiedenheit der Statusämter nach den Umständen des Einzelfalls nicht gegeben ist (beispielsweise weil ein Statusamt über den Leistungsstand in bestimmten Bereichen keine Aussage zulässt), hat der Dienstherr die Beurteilungen inhaltlich auszuwerten und Differenzierungen in der Bewertung einzelner Leistungskriterien oder in der Gesamtwürdigung zur Kenntnis zu nehmen (Art. 17 Abs. 7 Satz 1, Art. 16 Abs. 2 Satz 1 LlbG); bei dieser „Binnendifferenzierung“ kann die Gewichtung und Wertung der Ergebnisse in einzelnen Beurteilungsmerkmalen anhand des spezifischen Anforderungsprofils der zu besetzenden Stelle von Bedeutung sein (vgl. BVerfG, B.v. 4.10.2012 – 2 BvR 1120/12 – juris Rn. 13 ff. m.w.N.; BVerwG, B.v. 22.11.2012 a.a.O. Rn. 26; BayVGH, B.v. 11.12.2009 – 3 CE 09.2350 – juris Rn. 38). Sollten mehrere Bewerber bzw. Bewerberinnen für die Besetzung der Stelle im Wesentlichen gleich geeignet sein (auch unter Berücksichtigung der Binnendifferenzierung innerhalb der dienstlichen Beurteilung), so sah die Stellenausschreibung vor, dass die Auswahlentscheidung auf das Ergebnis eines Personalauswahlgesprächs an der Regierung der Oberpfalz gestützt wird.
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Die Anlassbeurteilung der Antragstellerin muss bei dem primär auf die aktuellen dienstlichen Beurteilungen gestützten Leistungsvergleich unberücksichtigt bleiben. Hier zeigt sich, dass die Beigeladene im Gesamturteil („BG“ = Leistungen, die die Anforderungen besonders gut erfüllt) gegenüber der Antragstellerin („UB“ = Leistung, die die Anforderungen übersteigt“) im gleichen Statusamt einen Vorsprung von einer Notenstufe erhalten hat, den die Antragstellerin nicht kompensieren kann.
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Das Erstgericht hat zutreffend festgestellt, dass die Anlassbeurteilung der Antragstellerin beim Leistungsvergleich unberücksichtigt bleiben muss. Zu Recht hat es dabei für die Beurteilung der Frage, ob erhebliche Veränderungen der tatsächlichen Grundlagen der Beurteilungskriterien im Sinne des Art. 56 Abs. 4 Satz 2 LlbG bei der Antragstellerin vorliegen, auf die hier übertragbaren Grundsätze der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Senats (BVerwG, B.v. 9.5.2019 – 2 C 1.18 – juris Rn. 38, 41 ff., 49 ff.; BayVGH, B.v. 16.11.2022 – 3 CE 22.1187 – juris Rn. 16) Bezug genommen und festgestellt, dass die Antragstellerin als „stellvertretende Abteilungsleiterin Gesundheit und Körperpflege“ keine wesentlich andere, d.h. einem anderen Statusamt zuzuordnende Aufgabe während eines erheblichen Zeitraums (nur 13 statt 32 Monate = 2/3 des 4-jährigen Beurteilungszeitraums) wahrgenommen hat.
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Der Einwand, die für die Antragstellerin erstellte Anlassbeurteilung sei gemäß der einschlägigen Beurteilungsrichtlinie erstellt und bislang nicht aufgehoben worden, vermag der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen.
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Zum einen lagen selbst nach der Beurteilungsrichtlinie (Abschnitt A Ziffer 4.5.1 Buchstabe d) die Voraussetzungen für die Erstellung einer Anlassbeurteilung nicht vor, da die seit dem 11. September 2023 kommissarisch übertragene Aufgabe der „stellvertretenden Abteilungsleiterin Gesundheit und Körperpflege“ keine Funktionstätigkeit darstellt, auf der eine Beförderung nach BesGr. A 15 möglich wäre (vgl. Schr. d. Regierung der Oberpfalz v. 3.3.2025). Der Antragsgegner hat nachvollziehbar dargelegt, dass es sich bei dieser Aufgabe nicht um eine neue, amtsprägende Funktion, sondern um eine „normale“ Aufgabe ihres derzeitigen Statusamtes in A 14 handele. Diese Einordnung wird durch die Beschwerdebegründung nicht infrage gestellt. Selbst wenn man darauf abstellen wollte, dass die Antragstellerin seit dem Ruhestandseintritt des bisherigen Abteilungsleiters zum 31. Juli 2024 (bzw. seit dessen krankheitsbedingter Abwesenheit ab dem 10.6.2024) als Stellvertreterin tatsächlich für die Abteilung verantwortlich ist, nahm sie diese Verantwortung zum Zeitpunkt der Erstellung der Anlassbeurteilung (25.10.2024) noch nicht für einen Zeitraum von mindestens 12 Monaten wahr, so dass auch bei einer solchen Betrachtungsweise die Voraussetzungen nach Abschnitt A Ziffer 4.5.1 Buchstabe d) der Beurteilungsrichtlinie nicht erfüllt waren.
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Zum anderen hat sich die Ausgestaltung des Systems zur Beurteilung der Beamten eines Dienstherrn an den jeweiligen normativen Vorgaben zu orientieren. Aus der gesetzlichen Systematik des Art. 56 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 LlbG wird hinreichend deutlich, dass für Beamte auf Lebenszeit regelmäßig periodische Beurteilungen zu erstellen sind, Anlassbeurteilungen hingegen die Ausnahme bilden, die einer besonderen Rechtfertigung bedürfen. Nach Art. 56 Abs. 4 Satz 2 LlbG ist die periodische Beurteilung (nur dann) zu aktualisieren, wenn sich während des laufenden periodischen Beurteilungszeitraums erhebliche Veränderungen der tatsächlichen Grundlagen der Beurteilungskriterien ergeben haben, sodass die weitere Verwendung der letzten periodischen Beurteilung bis zum nächsten darauffolgenden einheitlichen Verwendungsbeginn ausnahmsweise nicht mehr sachgerecht wäre. Die Entscheidung des Landesgesetzgebers für das System von Regelbeurteilungen darf von der Verwaltung nicht dadurch unterlaufen werden, dass sie im Rahmen eines Auswahlverfahrens trotz des Vorliegens einer hinreichend aktuellen Regelbeurteilung ohne ausreichenden Grund Anlassbeurteilungen erstellt (zu den grundsätzlichen Bedenken gegenüber Anlassbeurteilungen vgl. BVerwG, B.v. 2.7.2020 – 2 A 6.19 – juris Rn. 11). Beurteilt der Verwaltungsbereich, wie hier, die Beamten entsprechend Art. 64 Abs. 1 Satz 1 LlbG i.V.m. Nr. 4.2.2.1 der Beurteilungsrichtlinien alle vier Jahre (ab 1.1.2025 vgl. auch Art. 56 Abs. 1 Satz 1 LlbG), so führt eine anderweitige Tätigkeit nur dann zu einer zusätzlichen Beurteilung, wenn sie während einer Dauer von mindestens zwei Jahren und acht Monaten ausgeübt worden ist (vgl. zur Übertragbarkeit der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu den Voraussetzungen einer Anlassbeurteilung auf den vierjährigen Beurteilungszeitraum: BayVGH, B.v. 16.11.2022 – 3 CE 22.1887 – juris Rn. 26). Die anderweitige Tätigkeit ist nur von Bedeutung, wenn der Beamte Aufgaben wahrnimmt, die einem anderen – höherwertigen oder einer anderen Laufbahn zugehörigen – Statusamt zuzuordnen sind (BVerwG, U.v. 9.5.2019 – 2 C 1.18 – ZBR 2020, 35 Rn. 57 ff.). An diesen Grundsätzen hat sich auch die hier einschlägige Beurteilungsrichtlinie zu orientieren (BVerwG, B.v. 2.7.2020 a.a.O. juris Rn. 13). Mit den normativen Vorgaben nicht zu vereinbaren ist Abschnitt A Ziffer 4.5.1 Buchstabe d) der Beurteilungsrichtlinie. Denn danach kommt die Erstellung einer Anlassbeurteilung bereits dann in Betracht, wenn eine amtsprägende Funktion über einen Zeitraum von zwölf Monaten ausgeübt wird.
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Entgegen der Auffassung der Beschwerdebegründung kommt es nicht darauf an, ob die Anlassbeurteilung der Antragstellerin vom 25. Oktober 2024 formal bereits aufgehoben wurde oder nicht. Denn der Dienstherr hat in rechtlich nicht zu beanstandender Weise die streitgegenständliche Auswahlentscheidung nicht auf der Grundlage dieser Anlassbeurteilung, sondern der aktuellen periodischen Beurteilungen der Antragstellerin und der Beigeladenen getroffen. Eine rechtswidrige Anlassbeurteilung muss ungeachtet ihrer formellen Aufhebung in einem Stellenbesetzungsverfahren beim Leistungsvergleich zwischen den Bewerbern unberücksichtigt bleiben. Sie kann keine tragfähige Grundlage für eine Auswahlentscheidung darstellen, sondern führte vielmehr zur Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs, wenn sie dennoch herangezogen würde.
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Der Antragsgegner hat bei seiner Entscheidung über die Vergabe der in Rede stehenden Beförderungsstellen den in Art. 33 Abs. 2 GG, § 9 BeamtStG niedergelegten Leistungsgrundsatz beachtet. Dies hat bereits das Verwaltungsgericht im Einzelnen zutreffend dargelegt.
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Es ist zutreffend davon ausgegangen, dass sich die Antragstellerin aufgrund des Vorsprungs der Beigeladenen in ihrer für die Auswahl zugrunde zu legenden periodischen Beurteilung vom 2. Februar 2023 als „chancenlose Bewerberin“ erweist (vgl. BA unter 4.3.2, S. 21 ff.). Damit greift das Verwaltungsgericht nicht in den dem Dienstherrn bei Auswahlentscheidungen zustehenden Beurteilungs- und Ermessensspielraum (vgl. BVerfG, B.v. 24.9.2002 – 2 BvR 857/02 – juris, Rn. 16) ein.
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Bei einem Leistungsunterschied im Gesamturteil um eine ganze Bewertungsstufe innerhalb eines 7-stufigen Notensystems wie dem des Antragsgegners liegen keine im Wesentlichen gleichen Beurteilungen vor. Ungeachtet dessen fiele aber auch die Binnendifferenzierung eindeutig zugunsten der Beigeladenen aus. Hinsichtlich der Frage, welche Einzelkriterien wesentlich sind, hat der Antragsgegner von der Ermächtigung nach Art. 64 Satz 1 LlbG Gebrauch gemacht und die einschlägigen Beurteilungsrichtlinien vom 27. April 2021 erlassen, welche von Art. 58 Abs. 3 LlbG abweichende Beurteilungskriterien vorsehen. Aus diesen Kriterien hat der Antragsgegner die in der Anlage zu dem KMS vom 3. Juni 2022 (Az.: VI.7-BP9010.2-7b.46327) aufgeführten Superkriterien (für die Funktion des Fachbetreuers: „Unterrichtsplanung und Unterrichtsgestaltung“, „Unterrichtserfolg“, „Zusammenarbeit“ und „Berufskenntnisse und ihre Erweiterung“) als wesentliche Kriterien i.S.d. Art. 16 Abs. 2 Satz 2 LlbG bestimmt. Auch nach dem Vergleich dieser sog. „Superkriterien“ ergibt sich ein Leistungsvorsprung zu Gunsten der Beigeladenen, da diese in ihrer aktuellen periodischen Beurteilung insgesamt dreimal mit „BG“ und einmal mit „UB“ im Vergleich zu viermal mit „UB“ in der aktuellen periodischen Beurteilung der Antragstellerin bewertet wurde.
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Soweit die Beschwerdebegründung die Chancenlosigkeit der Antragstellerin bestreitet und vorträgt, dass der Antragsgegner – selbst für den Fall, dass der Anlassbeurteilung der Antragstellerin keine rechtliche Relevanz zukäme – bei einer erneuten Auswahlentscheidung „weitere unmittelbare Leistungskriterien“, wie etwa die kommissarische Wahrnehmung der streitgegenständlichen Stelle durch die Antragstellerin, berücksichtigen könne, verfängt auch dieses Argument nicht. Denn der für die Bewerberauswahl maßgebliche Leistungsvergleich hat – wie dargestellt – in erster Linie auf Grundlage der aktuellen dienstlichen Beurteilungen zu erfolgen (vgl. Art. 16 Abs. 2 Satz 1 LlbG; BVerwG, B.v. 20.6.2013 – 2 VR 1.13 – juris Rn. 21; BayVGH, B.v. 6.3.2025 – 6 CE 24.1888 – juris Rn. 16 f.; B.v. 22.3.2018 – 3 CE 18.398 – juris Rn. 4). Weitere leistungsbezogene Kriterien dürfen nur dann herangezogen werden, wenn ein – hier nicht vorliegender – Gleichstand der Beurteilungen gegeben ist.
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Zwar ist der Dienstherr – in gewissen Grenzen – berechtigt, neben den dienstlichen Beurteilungen auch andere Auswahlkriterien heranzuziehen (Art. 16 Abs. 1 Satz 4 LlbG), rechtlich verpflichtet ist er dazu jedoch nicht. In der Stellenausschreibung vom 25. September 2024 hat der Antragsgegner hierzu – wie bereits dargestellt – ausdrücklich Folgendes festgelegt: „Sollten mehrere Bewerber bzw. Bewerberinnen für die Besetzung der Stelle im Wesentlichen gleich geeignet sein (auch unter Berücksichtigung der Binnendifferenzierung innerhalb der dienstlichen Beurteilung), wird die Auswahlentscheidung auf das Ergebnis eines Personalauswahlgesprächs an der Regierung der Oberpfalz gestützt.“ Daraus folgt zum einen, dass der Leistungsvergleich vorrangig allein anhand der dienstlichen Beurteilungen erfolgt. Zum anderen ergibt sich, dass Personalauswahlgespräche lediglich im Falle eines Beurteilungsgleichstands zur Anwendung kommen sollen. An diese Vorgaben der Stellenausschreibung wäre der Antragsgegner auch im Rahmen einer erneuten Auswahlentscheidung weiterhin gebunden.
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Die kommissarische Aufgabenwahrnehmung durch die Antragstellerin stellt daher – solange ein Beurteilungsvorsprung der Beigeladenen besteht – kein auswahlrelevantes Kriterium dar, da sich die Auswahlentscheidung nicht auf den konkreten Dienstposten, sondern auf das abstrakte Statusamt bezieht. Der ausgewählte Bewerber soll nicht der am besten geeignete für einen bestimmten Dienstposten sein, sondern derjenige, der sich für jeden Dienstposten eignet, der einem Inhaber des höheren Statusamts amtsangemessen übertragen werden kann (vgl. BayVGH, B.v. 22.11.2016 – 3 CE 16.1912 – juris Rn. 19).
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Entsprechendes gilt für die von der Antragstellerin absolvierte Weiterqualifizierungsmaßnahme mit dem Abschluss „Lehrerlaubnis für die Erteilung des fachlichen Unterrichts in den dualen Ausbildungsberufen MFA, ZFA und PKA“. Auch im Hinblick auf diese Fortbildung kommt eine Auswahl der Antragstellerin nicht ernsthaft in Betracht. Denn die Stellenausschreibung sieht eine besondere Lehrbefähigung nicht als Voraussetzung für die Stellenbesetzung vor, sodass insoweit kein konstitutives Anforderungsprofil besteht. Die von der Antragstellerin erworbene Lehrerlaubnis ist daher für die Auswahlentscheidung nicht entscheidend.
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Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Da die Beigeladene keinen Antrag gestellt hat, entspricht es der Billigkeit, dass sie ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt.
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Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 bis 4 GKG. Der Streitwert beträgt ein Viertel der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge des von der Antragstellerin angestrebten Amtes (A 15) mit Ausnahme von nicht ruhegehaltfähigen Zulagen, wobei auch die jährliche Sonderzahlung (Art. 82 ff. BayBesG) Berücksichtigung findet (BayVGH, B.v. 5.11.2019 – 3 CE 19.1896 – juris Rn. 32). Danach entspricht der Streitwert für das Beschwerdeverfahren demjenigen, der im Erstverfahren (vgl. BA S. 30) festgesetzt wurde (22.684,49 Euro).
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).