Titel:
Anforderungen an die Datenqualität iSd § 6 Abs. 1 WindBG
Normenketten:
BImSchG § 5, § 6 Abs. 1, § 12 Abs. 1 S. 1
WindBG § 2 Nr. 1, § 6
BNatSchG § 44 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5 S. 2 Nr. 1, § 45b Abs. 1–6, § 74 Abs. 5
BNatSchG Anlage 1 Abschnitt 1
VwGO § 173 S. 1, § 265 Abs. 2 S. 2
ZPO § 266 Abs. 1
Leitsätze:
Es sind nur dann Daten für einen Nachweis, dass durch die Errichtung und den Betrieb einer Windenergieanlage keine Verstöße gegen § 44 Abs. 1 BNatSchG zu erwarten sind, i.S.d. § 6 Abs. 1 Satz 5 WindBG vorhanden, wenn diese zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Genehmigungsantrag nicht älter als fünf Jahre sind, eine ausreichende räumliche Genauigkeit aufweisen und fachlich korrekt erhoben wurden, wobei sich die Anforderungen im Einzelnen nach den fachlichen Vorgaben für das jeweilige artenschutzrechtliche Verbot richten. (Rn. 36 und 41)
Liegen für die Prüfung nach § 6 Abs. 1 WindBGBei unzureichende Daten vor, stellt die Vorlage von Daten eine Obliegenheit des Vorhabenträgers dar, um Ausgleichszahlungen zu vermeiden. (Rn. 41) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
immissionsschutzrechtliche Genehmigung für zwei Windenergieanlagen, Zahlung in Geld nach § 6 Abs. 1 Satz 5 WindBG, Nichtvorhandensein von Daten, Erhebungsstandards, signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos, Brutvogelarten (Rotmilan, Uhu), immissionsschutzrechtliche Genehmigung, Windenergieanlage, Datenqualität, Tötungsrisiko, Brutvogelarten, Ausgleichszahlung, ausgewiesenes Windenergiegebiet, Minderungsmaßnahme, Uhu, spezielle artenschutzrechtliche Prüfung
Fundstelle:
BeckRS 2025, 13969
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Kostenschuldner dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Kostengläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
1
Die Kläger wenden sich als Betreiber von jeweils einer Windenergieanlage (WEA Süd und WEA Nord) gegen eine Auflage in dem zugrundeliegenden immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheid zur Errichtung und zum Betrieb der Anlagen (Nr. 6.14.3.2), in der eine jährliche Ausgleichszahlung in Höhe von 12.780,00 Euro für jede Anlage festgesetzt wurde.
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1. Der Kläger zu 1 beantragte am 22. Januar 2022 die Erteilung einer Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb von zwei WEA ENERCON E-138 EP3 E3 (Rotordurchmesser 138,25 m, Nabenhöhe 130,64 m, Gesamthöhe 199,76 m, Nennleistung 4,26 MW) auf den Grundstücken FlNr. … und …, Gemarkung H.
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1.1 Für diesen Bereich setzt der vorhabenbezogene Bebauungsplan des Marktes H. (i.d.F. der 1. Änderung vom 22.4.2015) „Errichtung von Windenergieanlagen“ ein Sondergebiet mit der Zweckbestimmung „Nutzung regenerativer Energien aus Windkraft“ fest. Bei dessen Aufstellung wurde eine strategische Umweltprüfung durchgeführt.
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1.2 Einen früheren Antrag des Klägers zu 1 auf Genehmigung der Errichtung und des Betriebs der beiden Windenergieanlagen hatte das Landratsamt W. mit Bescheid vom 18. Januar 2017 abgelehnt. Die dagegen gerichtete Verpflichtungsklage war vom Verwaltungsgericht Ansbach mit Urteil vom 11. Februar 2019 (Az.: AN 11 K 17.304) abgewiesen worden. Einen Antrag auf Zulassung der Berufung hatte der Senat mit Beschluss vom 3. Juni 2020 (Az.: 22 ZB 19.1483) abgelehnt.
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1.3 Mit Antrag vom 22. Januar 2022 legte der Kläger zu 1 neue Antragsunterlagen vor, u.a. eine spezielle artenschutzrechtliche Prüfung (saP) des Ingenieurbüros B. vom 17. Januar 2022. Im Genehmigungsverfahren berief er sich u.a. auf Änderungen des Bundesnaturschutzgesetzes und erklärte mit E-Mail vom 15. September 2022, dass gemäß § 74 Abs. 5 BNatSchG die Neuregelung des § 45b BNatSchG im Genehmigungsverfahren zur Anwendung kommen solle.
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Das Landratsamt teilte dem Kläger zu 1 mit Schreiben vom 12. September 2023 mit, welche Unterlagen im Hinblick auf die naturschutzrechtliche und -fachliche Prüfung nach § 45b BNatSchG im laufenden Genehmigungsverfahren vorzulegen seien, wobei auf das Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz (UMS) vom 1. August 2023 (Aktualisierte Hinweise zur Erfassung von Brutplätzen kollisionsgefährdeter Brutvogelarten in immissionsschutzrechtlichen Verfahren, Az.: 63h-U8685.2-2023/4-12) sowie auf Übersichten u.a. zu den Brutvogelarten Uhu und Rotmilan Bezug genommen wurde, die als Anlagen beigefügt waren.
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Mit Schreiben vom 19. Oktober 2023 erläuterte das Landesamt für Umwelt (LfU) gegenüber dem vom Kläger zu 1 beauftragten Gutachterbüro B., dass nach Auskunft des Landesbunds für Vogel- und Naturschutz in Bayern e.V. (LBV) genauere Angaben zum mit Schreiben vom 12. September 2023 mitgeteilten Horststandort des Uhus („… …“) nicht verfügbar seien Die Anwesenheit sei ausschließlich akustisch erhoben worden. Aufgrund der lokalen Geographie werde von einem Bodenhorst ausgegangen. Der Brutplatz sei ausweislich der Daten der amtlichen Artenschutzkartierung im Jahr 2023 mit einer Brut von 3 flüggen Junguhus besetzt gewesen.
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Am 6. November 2023 legte der Kläger zu 1 das „Gutachten zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung – Finale Fassung“ vom 30. Oktober 2023 (saP) vor. Mit E-Mail vom 5. Dezember 2023 wies das Landratsamt darauf hin, dass die Anwendung des § 45b BNatSchG beantragt worden sei, das Gutachten aber nicht den Anforderungen aus dem Schreiben vom 12. September 2023 sowie aus dem UMS vom 1. August 2023 entspreche. Dem widersprach der Gutachter unter Verweis darauf, dass § 45b BNatSchG „keine Angaben zur Erfassungsmethodik“ mache und dass fast bis zur endgültigen Fertigstellung die Hinweise des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz im Schreiben (UMS) vom 30. Januar 2023 (Hinweise zur Erfassung von Brutplätzen kollisionsgefährdeter Brutvogelarten in immissionsschutzrechtlichen Verfahren, Az.: 63-U8685.2-2023/4-2) gegolten hätten. Die zu erfüllenden Anforderungen seien unklar gewesen. Die saP gehe über die Vorgaben weit hinaus, vor allem nach der deutlichen Reduzierung der Anforderungen seit 1. August 2023.
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Mit Schreiben vom 1. Januar 2024 beantragte der Kläger zu 1 die Anwendung des § 6 WindBG. Zudem wurde gefordert, die saP in der Fassung vom 30. Oktober 2023 in die Bewertung einfließen zu lassen und zu berücksichtigen.
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Die Regierung von Mittelfranken nahm mit Schreiben vom 29. Januar 2024 aus naturschutzrechtlicher und -fachlicher Sicht zum geänderten Antrag Stellung. Sie kam zum Ergebnis, dass die gutachterlichen Feststellungen in der saP bezüglich der betroffenen Vogelarten nicht korrekt seien. Ihnen liege eine fehlerhafte Sachverhaltsermittlung zugrunde. Als Auflage werde daher eine jährliche Zahlung in Geld (gem. § 6 Abs. 1 Satz 5 WindBG) in Höhe 12.780,00 Euro pro Anlage vorgeschlagen.
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2. Mit Bescheid vom 11. März 2024 wurde dem Kläger zu 1 die immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb der beiden WEA antragsgemäß erteilt, verbunden mit mehreren Nebenbestimmungen, u.a. zu kollisionsgefährdeten Vogelarten (Nr. 6.14.3.2). In Nr. 6.14.3.2.1 wird für die „relevanten europäischen Vogelarten Uhu, Wespenbussard und Rotmilan“ eine Zahlung von 3.000,00 Euro „je MW installierter Leistung und Betriebsjahr in nationale Artenhilfsprogramme“ angeordnet, weil für die Vogelart Uhu keine fachlich anerkannten wirksamen Minderungsmaßnahmen verfügbar seien, um das signifikant erhöhte Tötungsrisiko unter die Erheblichkeitsschwelle zu senken, und weil für die anderen beiden Vogelarten keine Daten vorhanden seien, die eine ausreichende räumliche Genauigkeit für die Anordnung geeigneter Schutzmaßnahmen aufwiesen. Nr. 6.14.3.2.2 legt die Höhe der Zahlung – entsprechend der installierten Leistung von 4,26 MW pro WEA – auf 12.780,00 Euro pro Anlage (4,26 x 3.000,00 Euro = 12.780,00 Euro), den Begünstigten (Bundeskasse Halle/Saale) sowie die Zahlungsmodalitäten (jährlich zum Ende des Kalendermonats der Betriebsaufnahme der jeweiligen WEA) fest.
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In den Gründen wird dazu ausgeführt, dass die Errichtung innerhalb eines rechtskräftig ausgewiesenen Windenergiegebiets erfolge (§ 2 Nr. 1 i.V.m. § 6 Abs. 1 Satz 1 WindBG) und die Voraussetzungen nach § 6 Abs. 1 Satz 2 WindBG erfüllt seien. Die vom Kläger zu 1 freiwillig vorgelegten Daten – namentlich die saP vom 30. Oktober 2023 – seien „nicht nach dem fachlich korrekten Standard erhoben“ worden und „hinsichtlich der Qualität nicht mit behördlichen Daten vergleichbar“. Sie hätten daher bei der Beurteilung nicht verwendet werden können. Mangels Daten mit ausreichender räumlicher Genauigkeit bzw. mangels fachlich anerkannter wirksamer Minderungsmaßnahmen, die das signifikant erhöhte Tötungsrisiko unter die Erheblichkeitsschwelle senkten, sei für die kollisionsgefährdeten Brutvogelarten eine Zahlung anzuordnen.
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Der Genehmigungsbescheid wurde im Amtsblatt des Landkreises W. und der Großen Kreisstadt W. … … vom 16. März 2024 (Nr. 11) öffentlich bekannt gemacht. Laut Rechtsbehelfsbelehrungkönne gegen den Bescheid innerhalb eines Monats nach seiner Bekanntgabe Klage beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach erhoben werden.
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Die Genehmigung wurde am 13. Mai 2024 mit geänderter Rechtsbehelfsbelehrungerneut erteilt und im entsprechenden Amtsblatt vom 18. Mai 2024 (Nr. 20) bekannt gemacht. Darin wurde richtiggestellt, dass eine Klage beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu erheben sei.
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3. Der Kläger zu 1 hat mit Schriftsatz vom 5. April 2024 Klage erhoben und diese mit Schriftsatz vom 13. Juni 2024 begründet. Er macht geltend, es lägen umfangreiche und vollständige Daten vor, auf deren Grundlage kein Verstoß gegen die Vorgaben des Bundesnaturschutzgesetzes durch Errichtung und Betrieb der Anlagen zu erwarten sei.
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Die Kartierung habe bereits im Jahr 2012 begonnen. Dies belege auch das Klageverfahren vor dem Verwaltungsgericht Ansbach (Az.: AN 11 K 17.00304, U.v. 11.2.2019). Die Erhebungen seien seither ständig aktualisiert, fortgeschrieben und – gerade vor dem Hintergrund des verwaltungsgerichtlichen Urteils – angepasst worden. Eine Zusammenschau dieser Daten ermögliche eine sichere Beurteilung der relevanten naturschutzrechtlichen Fragen. Ab Mitte Juli 2019 sei die Raumnutzungskontrolle mit drei Fixpunkten durchgeführt worden, was den aktuellen fachlichen Vorgaben entspreche, zumal ein schematisches Festhalten an der Anzahl von Beobachtungspunkten nicht sach- und fachgerecht sei. Es gehe vielmehr darum, wie gut der relevante Bereich einsehbar sei. Die Einschätzung, dass eine Beobachtung mit zwei Fixpunkten ohne Weiteres zur Beurteilung der naturschutzrechtlichen Gefährdungslage ausgereicht habe und noch immer ausreiche, sei nicht zu beanstanden. Darüber hinaus hätten auch in den Jahren 2020 und 2021 Kartierungen stattgefunden. Der räumliche Umgriff sei korrekt gewählt worden. Er orientiere sich an aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen und an ministerialen Vorgaben. Das Gutachten entspreche den heutigen wissenschaftlichen Standards und biete eine ausreichende Grundlage zur Beurteilung der Frage, ob und welche Minderungsmaßnahmen angezeigt sein könnten.
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Die Frage, wie die Daten zu bewerten seien, müsse sich am Stand der Wissenschaft im Zeitpunkt Oktober 2023 orientieren und nicht am BayWEE 2016, der zwischenzeitlich außer Kraft getreten sei. Die ursprüngliche saP sei entsprechend den neuen Maßstäben überarbeitet und in der finalen Fassung vom 30. Oktober 2023 vorgelegt worden. Irrelevant sei, ob die Datengrundlage hinsichtlich der Qualität mit behördlichen Daten vergleichbar sei. Die Kritik des Beklagten sei unberechtigt.
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In Bezug auf die Vogelart Uhu führte der Kläger zu 1 aus, dass der im Norden gelegene Brutplatz außerhalb des zentralen Prüfbereichs beider Windenergieanlagen liege und daher kein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko bestehe. Ein Mitarbeiter des LfU habe am 13. März 2024 bestätigt, dass der Punkt, mit dem das Landratsamt einen vermeintlichen Uhuhorst beschreibe, tatsächlich keinen solchen Brutplatz verorte. Dies sei bei einem Revier in einem Hangbereich mit erfahrungsgemäß wechselnden Bodenbrutplätzen auch naheliegend. Der Brutnachweis sei lediglich akustisch erfolgt und die Örtlichkeit nicht exakt nachgewiesen worden. Der Bereich sei vom Gutachter mehrfach kontrolliert worden, der in der saP dargelegt habe, dass ein Uhu-Horst an dieser Stelle eindeutig ausscheide. Dass nunmehr auch vom LfU lediglich ein Revier und kein konkreter Brutplatz angenommen werde, habe Auswirkungen auf die Konfliktbewältigung, weil es nach § 45b BNatSchG entscheidend darauf ankomme, ob ein Brutplatz im Nahbereich bzw. im zentralen Prüfbereich liege oder nicht.
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Ein Brutplatz für einen Rotmilan sei innerhalb des relevanten Prüfbereichs ebenfalls nicht vorhanden, was aufgrund der fundierten saP festgestellt worden sei. Im Rahmen der Untersuchungen mit einer Gesamtkontrolldauer von 11.700 Minuten in den Jahren 2019 bis 2021 hätten im Bereich von 1.200 m bzw. 1.500 m um die Anlagen keine entsprechenden Flugbewegungen festgestellt werden können. Deshalb scheide auch für diese Vogelart eine Gefährdung aus.
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Der Klägerbevollmächtigte teilte mit Schreiben vom 27. Dezember 2024 mit, dass hinsichtlich der Anlage „WKA Süd“ ein Betreiberwechsel stattgefunden habe. Betreiberin sei seit Juni 2024 die Klägerin zu 2. Dies sei dem Landratsamt ordnungsgemäß mitgeteilt worden. Mit weiterem Schreiben vom 16. Januar 2025 erklärte er, dass er von der Klägerin zu 2 bevollmächtigt worden sei und diese das Verfahren für die „WKA Süd“ fortführe.
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Die Kläger haben beantragt,
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den Bescheid des Landratsamts vom 11. März 2024 in der Fassung vom 13. Mai 2024 hinsichtlich der Auflage unter Ziffer 6.14.3.2 aufzuheben.
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4. Der Beklagte hat beantragt,
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Zur Begründung weist er darauf hin, dass an die Stelle der artenschutzrechtlichen Prüfung eine modifizierte Prüfung nach § 6 Abs. 1 WindBG getreten sei. Das Gesetz sehe vor, dass auf Grundlage vorhandener Daten geeignete und verhältnismäßige Minderungsmaßnahmen anzuordnen seien, um die Einhaltung der Vorschriften des § 44 Abs. 1 BNatSchG zu gewährleisten, sofern die Daten eine ausreichende räumliche Genauigkeit aufwiesen und zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Genehmigungsantrag nicht älter als fünf Jahre seien. Dem Kläger zu 1 sei rechtzeitig mitgeteilt worden, welche Unterlagen im Hinblick auf die naturschutzrechtliche und -fachliche Prüfung nach § 45b BNatSchG im laufenden Genehmigungsverfahren vorzulegen seien. Dem entspreche die saP vom 30. Oktober 2023 nicht. Aufgrund mangelhafter Sachverhaltsermittlung seien die Verbotstatbestände nicht korrekt geprüft worden und es sei kein Maßnahmenkonzept mit geeigneten und verhältnismäßigen Minderungsmaßnahmen vorgelegt worden.
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Der den Behörden zum Zeitpunkt der Genehmigung bekannte Brutplatz des Uhus liege im zentralen Prüfbereich der nördlichen WEA. Für den Schutz seien zwar geeignete Minderungsmaßnahmen in Betracht gekommen, diese seien jedoch aufgrund der häufigen und langen Abschaltzeiten offensichtlich unverhältnismäßig gewesen, so dass eine Zahlung in Geld angeordnet worden sei. Für die Arten Wespenbussard und Rotmilan hätten zum Zeitpunkt der Genehmigungserteilung keine Daten vorgelegen. Daher sei die Zahlung zu Recht nach § 6 Abs. 1 Satz 5 WindBG angeordnet worden. Zwischenzeitlich gebe es sogar gesicherte Belege für einen Rotmilan-Brutplatz im Nahbereich.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung, die Gerichtsakte sowie auf die beigezogenen Behördenakten verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
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Die Klage ist zulässig.
30
Die Kläger wenden sich gegen eine Auflage in einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung, in der die Zahlung jährlicher Geldbeträge angeordnet wird. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ist gegen belastende Nebenbestimmungen jeder Art i.S.d. Art. 36 Abs. 2 BayVwVfG die isolierte Anfechtungsklage statthaft (BVerwG, U.v. 22.11.2000 – 11 C 2.00 – BVerwGE 112, 221/224; U.v. 19.9.2018 – 8 C 6.17 – BVerwGE 163, 93 Rn. 9; Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 42 Rn. 49; Wysk in Wysk, VwGO, 4. Aufl. 2025, § 42 Rn. 31 f., jew. m.w.N.), sofern nicht eine isolierte Aufhebbarkeit offenkundig von vornherein ausscheidet (vgl. dazu BVerwG, U.v. 17.10.2012 – 4 C 5.11 – juris Rn. 5; OVG NW, B.v. 18.1.2024 – 8 B 1160/23 – juris Rn. 13), was hier nicht der Fall ist.
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Aufgrund der Zustimmung des Beklagten hat die Klägerin zu 2 das Verfahren jedenfalls nach § 265 Abs. 2 Satz 2 ZPO, der gemäß § 173 Satz 1 VwGO im Verwaltungsprozess entsprechend anwendbar ist (vgl. dazu BVerwG, B.v. 12.12.2000 – 7 B 68.00 – juris), bezüglich der WEA Süd übernommen. Zum gleichen Ergebnis käme man im Übrigen durch die Heranziehung des § 266 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 173 Satz 1 VwGO (vgl. dazu Wöckel in Eyermann, VwGO, § 91 Rn. 9 ff.), wonach es keiner Zustimmung des Beklagten bedurft hätte.
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Die Klage ist unbegründet. Die Kläger haben keinen Anspruch auf Aufhebung der Auflage unter Ziffer 6.14.3.2 des Bescheids vom 11. März 2024 in der Fassung vom 13. Mai 2024, weil diese Nebenbestimmung rechtmäßig ist (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Daher kommt es auf die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Nebenbestimmung isoliert aufgehoben werden kann, nicht an (vgl. dazu BVerwG, U.v. 6.11.2019 – 8 C 14.18 – BVerwGE 167, 60 Rn. 19; B.v. 29.3.2022 – 4 C 4.20 – BVerwGE 175, 184; B.v. 12.10.2022 – 8 AV 1.22 – NVwZ 2022, 1801; Külpmann, jurisPR-BVerwG 3/2023 Anm. 4). Ebenso kann es dahinstehen, ob die Regelung über die Klagebegründungsfrist nach § 6 UmwRG auch für Klagen eines Vorhabenträgers gegen Nebenbestimmungen in einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung gilt, weil die Kläger ihre Klage innerhalb der Frist des § 6 Satz 1 UmwRG hinreichend begründet haben.
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Rechtsgrundlage der Nebenbestimmung ist § 12 Abs. 1 Satz 1 BImSchG i.V.m. § 6 Abs. 1 Satz 5 WindBG, der bestimmt, dass eine derartige jährliche Zahlung zu leisten ist, soweit geeignete und verhältnismäßige (Minderungs-)Maßnahmen nicht verfügbar oder Daten nicht vorhanden sind. Die Voraussetzungen der zweiten Alternative sind hier erfüllt.
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1. Der Anwendungsbereich des § 6 Abs. 1 WindBG ist gemäß § 6 Abs. 2 Satz 3 WindBG eröffnet. Danach ist die Regelung auch auf bereits laufende Genehmigungsverfahren anzuwenden, bei denen der Antragsteller den Antrag vor dem 29. März 2023 gestellt hat und noch keine endgültige Entscheidung ergangen ist, wenn der Antragsteller dies gegenüber der zuständigen Behörde verlangt. Der Kläger zu 1 hat mit Schreiben vom 1. Januar 2024 gegenüber der Genehmigungsbehörde die Anwendung währenden des laufenden Verwaltungsverfahrens beantragt (Behördenakte-Antragsunterlagen S. 307).
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2. Die Verfahrenserleichterungen nach § 6 Abs. 1 WindBG greifen ein. Beide Windenergieanlagen werden gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 WindBG in einem zum Zeitpunkt der Genehmigungserteilung ausgewiesenen Windenergiegebiet nach § 2 Nr. 1 WindBG verwirklicht: Der Bebauungsplan des Marktes H. setzt für die jeweiligen Standorte ein Sondergebiet nach § 11 Abs. 2 BauNVO mit der Zweckbestimmung „Nutzung regenerativer Energien aus Windkraft“ fest. Laut Begründung des Genehmigungsbescheids wurde bei Ausweisung dieses Windenergiegebietes eine Umweltprüfung nach § 2 Abs. 4 BauGB durchgeführt (§ 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 WindBG) und das Gebiet liegt weder in einem Natura 2000-Gebiet noch in einem Naturschutzgebiet oder in einem Nationalpark (§ 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 WindBG). Daher war im Genehmigungsverfahren abweichend von den Vorschriften des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung keine Umweltverträglichkeitsprüfung und abweichend von den Vorschriften des § 44 Abs. 1 BNatSchG keine artenschutzrechtliche Prüfung durchzuführen (§ 6 Abs. 1 Satz 1 WindBG). Nach § 6 Abs. 1 Satz 12 WindBG bedarf es in diesen Fällen auch keiner Ausnahme nach § 45 Abs. 7 BNatSchG.
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3. Die Voraussetzungen für die Verpflichtung des Betreibers zu einer Zahlung gemäß § 6 Abs. 1 Satz 5 Alt. 2 WindBG liegen vor: In den Fällen einer Verfahrenserleichterung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 WindBG hat die zuständige Behörde grundsätzlich gemäß § 6 Abs. 1 Satz 3 WindBG auf Grundlage vorhandener Daten geeignete und verhältnismäßige Minderungsmaßnahmen in den Windenergiegebieten anzuordnen, um die Einhaltung der Vorschriften des § 44 Abs. 1 BNatSchG zu gewährleisten, sofern die Daten eine ausreichende räumliche Genauigkeit aufweisen und zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Genehmigungsantrag nicht älter als fünf Jahre sind. Soweit geeignete und verhältnismäßige Maßnahmen nicht verfügbar oder Daten nicht vorhanden sind, hat der Betreiber eine Zahlung in Geld zu leisten (§ 6 Abs. 1 Satz 5 WindBG).
37
Für die Frage, ob Daten vorhanden sind, kommt es maßgeblich auf die Datenqualität an: Die vorliegenden Daten müssen den Schluss rechtfertigen, dass kein Verstoß gegen die Vorschriften des § 44 Abs. 1 BNatSchG, hier insbesondere das Tötungs- und Verletzungsverbot nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG, zu erwarten ist (dazu unter 3.1). Eine solche Datengrundlage ist weder für die kollisionsgefährdete Brutvogelart Uhu (dazu unter 3.2) noch für die Art Rotmilan (dazu unter 3.3) in Bezug auf den Betrieb der beiden WEA, durch den der Tatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG in Bezug auf beide Arten verwirklicht sein kann, vorhanden. Ob derartige Verstöße auch durch die Errichtung der Anlagen zu erwarten sind, spielt daneben keine Rolle mehr. Ebenso kann offenbleiben, ob dies auch für die Vogelart Wespenbussard gilt, weil bereits die Betroffenheit einer relevanten Art i.S.d. § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG die Zahlungspflicht auslöst (vgl. dazu auch BT-Drs. 20/5830 S. 49).
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3.1 Vorhandene Daten (gemäß § 6 Abs. 1 Satz 5 WindBG) sind alle Daten, die der Behörde zu den Artenvorkommen bekannt sind. Dazu gehören neben den unter fachlichen Gesichtspunkten erhobenen Informationen in behördlichen Datenbanken und behördlichen Katastern auch Daten Dritter, die nach einem vergleichbaren fachlichen Standard erhoben wurden (so die Begründung des Gesetzentwurfs BT-Drs. 20/5830 S. 49; ebenso das Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz – UMS – vom 3.4.2023 [Regelungen zur Durchführung der EU-Notfallverordnung; § 6 WindBG; § 43m EnWG; § 14b UVPG], Az.: 62-R-U8685.2-2020/4-381, Nr. I. 1.1.4). Sie können auch aus anderen Genehmigungs- und Planungsverfahren stammen, wenn die Behörde auf die Daten Zugriff hat, oder vom Vorhabenträger freiwillig erhoben und vorgelegt worden sein (s. dazu auch Nr. 4.1.2.1.2 der Hinweise zur Genehmigung von Windenergieanlagen für den Bereich Naturschutz, BayMBl 2023 Nr. 430).
39
3.1.1 Die Anforderungen an die Datenqualität aus § 6 Abs. 1 Satz 3 Halbs. 2 WindBG gelten für Satz 5 entsprechend, d.h. die Daten dürfen zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Genehmigungsantrag nicht älter als fünf Jahre sein und es ist eine ausreichende räumliche Genauigkeit erforderlich. Dies folgt aus der Regelungssystematik (vgl. dazu auch VG Schwerin, U.v. 27.11.2023 – 2 A 1310/20 SN – juris Rn. 68; Rieger, NVwZ 2023, 1042/1045). Die Daten müssen zudem geeignet sein, auf ihrer Grundlage die erforderlichen und auch sonst verhältnismäßigen Minderungsmaßnahmen anzuordnen (was hier nicht in Betracht kommt), oder sie müssen belegen, dass keine Verstöße gegen die Zugriffsverbote – sowohl hinsichtlich der Errichtung als auch des Betriebs der Anlage – zu erwarten sind, so dass es solcher Maßnahmen nicht bedarf (vgl. Nr. 3.2.2.1 der Vollzugsempfehlung der Bundesministerien für Wirtschaft und Klimaschutz sowie für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz zu § 6 WindBG vom 19.7.2023 – im Folgenden Vollzugsempfehlung BMU). Daraus ist als weitere Anforderung abzuleiten, dass die Datenerhebung unter fachlichen Gesichtspunkten vollständig erfolgt sein muss (vgl. BT-Drs. 20/5830 S. 49; vgl. auch Nr. 4.1.2.1.2 der Hinweise zur Genehmigung von Windenergieanlagen für den Bereich Naturschutz, BayMBl 2023 Nr. 430; Nr. 3.2.1 der Vollzugsempfehlung BMU; zu den Anforderungen an Bestandserfassungen vgl. etwa BVerwG, U.v. 31.3.2023 – 4 A 10.21 – juris Rn. 79 m.w.N.), um die jeweils erforderlichen Prognosen zu ermöglichen (vgl. Nr. 3.2.2.1 der Vollzugsempfehlung BMU). Nur unter diesen Voraussetzungen sind sie als vorhandene Daten i.S.d. § 6 Abs. 1 Satz 5 WindBG anzusehen. Die Anforderungen richten sich im Einzelnen nach den fachlichen Vorgaben für das jeweilige artenschutzrechtliche Verbot (siehe auch Nr. 3.2.1 der Vollzugsempfehlung BMU; dazu unten 3.2.1).
40
Ein unterschiedliches Verständnis des Datenbegriffs in § 6 Abs. 1 Satz 3 und 5 WindBG würde den Zusammenhang beider Bestimmungen negieren und ließe sich nicht ohne Wertungswidersprüche begründen (vgl. VG Schwerin, U.v. 27.11.2023 – 2 A 1310/20 SN – juris Rn. 68). Es wäre nicht zu rechtfertigen, den aus Sicht des Artenschutzes weniger einschneidenden Fall, dass keinerlei Daten vorliegen und eine Verwirklichung des Tötungsverbots nur möglich erscheint, durch die Zahlungsverpflichtung schlechter zu stellen als den Fall, in dem erhebliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass das Tötungsverbot verwirklicht sein könnte, aufgrund unzureichender Datenqualität – etwa aufgrund des Alters der Daten – eine Anordnung von Minderungsmaßnahmen aber nicht möglich ist. Hinzu kommt, dass vor allem zu kollisionsgefährdeten Brutvogelarten regelmäßig Daten vorhanden sein dürften, die oftmals aus Beobachtungen Dritter stammen und den Anforderungen nicht entsprechen. Es bestünde die Gefahr, dass die Regelung über die Zahlungspflicht in § 6 Abs. 1 Satz 5 WindBG daher vielfach leerlaufen könnte.
41
3.1.2 Die Ansicht der Kläger, dass auch Daten, die diesen Standards nicht genügen, ausreichen sollen, um die Zahlungspflicht nicht eintreten zu lassen, überzeugt dagegen nicht. Auch wenn ein Betreiber gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 WindBG zur Vorlage einer artenschutzrechtlichen Prüfung nicht mehr verpflichtet ist (vgl. BT-Drs. 20/5830 S. 49), folgt daraus nicht, dass eine dennoch vorgelegte saP nicht den anerkannten fachlichen Standards genügen müsste. Der Gesetzgeber hat in § 6 Abs. 1 Satz 1 WindBG zwar geregelt, dass im Genehmigungsverfahren keine artenschutzrechtliche Prüfung durchzuführen ist (vgl. auch Nr. 4.1.2.1.2 der Hinweise zur Genehmigung von Windenergieanlagen für den Bereich Naturschutz, BayMBl 2023 Nr. 430), im Gegenzug hat die Behörde dann aber grundsätzlich gemäß § 6 Abs. 1 Satz 3 WindBG geeignete und verhältnismäßige Minderungsmaßnahmen anzuordnen oder dem Anlagenbetreiber gemäß § 6 Abs. 1 Satz 5 WindBG (Ausgleichs-)Zahlungen aufzuerlegen. Bei unzureichender Datengrundlage stellt die Vorlage von Daten daher eine Obliegenheit des Vorhabenträgers dar, um Ausgleichszahlungen zu vermeiden. Die behördlichen Verpflichtungen beruhen im Übrigen auf europarechtlichen Vorgaben. Nach Art. 6 Satz 2 der Notfallverordnung (Verordnung (EU) 2022/2577 des Rates vom 22.12.2022, ABl L 335 S. 36), die der Neuregelung zugrunde liegt (vgl. BT-Drs. 20/5830 S. 48), muss die zuständige Behörde sicherstellen, dass auf der Grundlage der vorhandenen Daten geeignete und verhältnismäßige Minderungsmaßnahmen ergriffen werden, um die Einhaltung von Art. 12 Abs. 1 der RL 92/43/EWG und Art. 5 der RL 2009/147/EG zu gewährleisten. Falls solche Maßnahmen nicht verfügbar sind, stellt die zuständige Behörde gemäß Satz 3 sicher, dass der Betreiber einen finanziellen Ausgleich für Artenschutzprogramme zahlt, damit der Erhaltungszustand der betroffenen Arten gesichert oder verbessert wird (vgl. dazu auch Erwägungsgrund 6).
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Soweit die Kläger argumentieren, Ziel der Neufassung des § 6 WindBG sei es gewesen, das Genehmigungsverfahren zu erleichtern (vgl. dazu BT-Drs. 20/5830 S. 37), ist dem entgegenzuhalten, dass die wesentliche Erleichterung bereits durch den Verzicht auf eine Umweltverträglichkeitsprüfung sowie auf eine artenschutzrechtliche Prüfung im Genehmigungsverfahren eingetreten ist (vgl. dazu auch BT-Drs. 20/5830 S. 48). Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber darüber hinaus auch die fachlichen Anforderungen an die Datenerhebung hätte modifizieren wollen, finden sich dagegen nicht.
43
3.2 Für die kollisionsgefährdete Brutvogelart Uhu sind nach diesen Maßstäben keine Daten i.S.d. § 6 Abs. 1 Satz 5 WindBG vorhanden, aus denen sich ergibt, dass durch den Betrieb der beiden WEA kein Verstoß gegen § 44 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BNatSchG zu erwarten ist. Die fachlichen Maßstäbe für die Beurteilung, ob dies der Fall ist, ergeben sich hier aus der entsprechenden Anwendung des § 45b Abs. 2 bis 5 i.V.m. Anlage 1 Abschnitt 1 BNatSchG (dazu unter 3.2.1). Die Genehmigungsbehörde ist zu Recht davon ausgegangen, dass die vorliegenden Daten – einschließlich des vom Kläger zu 1 vorgelegten „Gutachten[s] zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung (saP) – Finale Fassung“ vom 30. Oktober 2023 (Behördenakte-Antragsunterlagen S. 308 ff. – im Folgenden saP) – keine hinreichende Datenqualität für eine entsprechende Prognose aufweisen (dazu unter 3.2.2). Dahinstehen kann, dass vieles dafür spricht, dass die Genehmigungsbehörde ausgehend von einem aus den vorliegenden Daten geschlossenen signifikant erhöhten Tötungsrisiko für den Uhu Minderungsmaßnahmen für notwendig gehalten und sich in den Gründen des Genehmigungsbescheids daher zu Unrecht auf die erste Alternative des § 6 Abs. 1 Satz 5 WindBG berufen hat (dazu unter 3.2.3).
44
3.2.1 Die Beteiligten gehen zu Recht davon aus, dass zur Beantwortung der Frage, ob sich aus einer Datengrundlage ergibt, dass kein Verstoß gegen das Tötungs- und Verletzungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BNatSchG zu erwarten ist (vgl. Nr. 3.2.2.1 der Vollzugsempfehlung BMU und oben 3.1.1), die Regelungen des § 45b Abs. 2 bis 5 BNatSchG i.V.m. Anlage 1 Abschnitt 1 BNatSchG sinngemäß herangezogen werden können (vgl. etwa Schrifts. der Kläger vom 8.4.2025, VGH-Akte S. 196; Schrifts. der Landesanwaltschaft Bayern vom 8.8.2024, VGH-Akte S. 73 f.; ebenso Nr. 3.2.2.1 der Vollzugsempfehlung BMU sowie Nr. 4.1.2.1.3 der Hinweise zur Genehmigung von Windenergieanlagen für den Bereich Naturschutz, BayMBl 2023 Nr. 430). Für eine entsprechende Heranziehung spricht hier jedenfalls, dass der Kläger zu 1 im laufenden Verwaltungsverfahren – auf einen entsprechenden Hinweis der Genehmigungsbehörde hin – mit E-Mail vom 15. September 2022 (Behördenakte-Genehmigungsverfahren S. 86; vgl. auch Behördenakte-Antragsunterlagen S. 306) die Anwendung des § 45b Abs. 1 bis 6 BNatSchG ausdrücklich verlangt hat, so dass diese Bestimmungen gemäß § 74 Abs. 5 BNatSchG im Genehmigungsverfahren zur Anwendung kamen. Nach seinen Angaben hat er das ursprüngliche saP-Gutachen (Stand 17.1.2022) entsprechend den neuen Maßstäben überarbeiten lassen und erst dann in der finalen Fassung vom 30. Oktober 2023 vorgelegt. Nachdem auch bei sinngemäßer Anwendung von § 45b Abs. 2 bis 5 BNatSchG keine Daten im oben genannten Sinn vorhanden sind, bedarf die grundlegende Frage nach dem Verhältnis von § 6 WindBG zu den durch die 4. BNatSchG-Novelle (Viertes Gesetz zur Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes vom 20.7.2022, BGBl. I S. 1362) geänderten Vorschriften – vor allem zu § 45b BNatSchG – dabei keiner abschließenden Vertiefung (vgl. dazu Nebelsieck, UPR 2023, 409 ff.).
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Es kommt somit maßgeblich auf die Ermittlung und die Bestimmung von Brutplätzen des Uhus bzw. auf den Nachweis an, dass solche in bestimmten Zonen nicht zu erwarten sind. Nach § 45b Abs. 2 BNatSchG wird nämlich unwiderlegbar vermutet, dass das Tötungs- und Verletzungsrisiko der einen Brutplatz nutzenden Exemplare signifikant erhöht ist, wenn zwischen dem Brutplatz und der Windenergieanlage ein Abstand liegt, der geringer ist als der in Anlage 1 Abschnitt 1 BNatSchG für diese Brutvogelart festgelegte Nahbereich (§ 45b Abs. 2 BNatSchG), der für den Uhu 500 m beträgt.
46
Liegt zwischen dem Brutplatz und der Anlage ein Abstand, der größer als der Nahbereich und geringer als der zentrale Prüfbereich ist (beim Uhu nach Anlage 1 Abschnitt 1 BNatSchG zwischen 500 m und 1.000 m), so bestehen in der Regel Anhaltspunkte dafür, dass das Tötungs- und Verletzungsrisiko der den Brutplatz nutzenden Exemplare signifikant erhöht ist (§ 45b Abs. 3 Halbs. 1 BNatSchG). Eine Ausnahme gilt dann, wenn eine signifikante Risikoerhöhung auf der Grundlage einer Habitatpotentialanalyse oder einer auf Verlangen des Trägers des Vorhabens durchgeführten Raumnutzungsanalyse widerlegt werden kann oder wenn die signifikante Risikoerhöhung durch fachlich anerkannte Schutzmaßnahmen hinreichend gemindert werden kann (vgl. § 45b Abs. 3 Halbs. 2 Nr. 1 und 2 BNatSchG). Die weitere, sich aus der Fußnote 1 in Anlage 1 Abschnitt 1 BNatSchG ergebende Einschränkung greift hier dagegen nicht ein. Der Uhu ist danach nur dann kollisionsgefährdet, wenn die Höhe der Rotorunterkante in Küstennähe (bis 100 Kilometer) weniger als 30 m, im weiteren Flachland weniger als 50 m oder in hügeligem Gelände weniger als 80 m beträgt, was im Übrigen nicht für den Nahbereich gilt. Die tatsächliche Höhe der Rotorunterkante der beiden streitgegenständlichen WEA beträgt 62 m, und beide Standorte liegen – entgegen dem klägerischen Vorbringen – nicht im „weiteren Flachland“, sondern in einem – wenn auch leicht – hügeligen Gelände. Der Gutachter der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung selbst ausgeführt, dass sich die Standorte auf einer „Hochfläche der südlichen Frankenalb“ befinden, und diesen Bereich als „leicht hügelige Landschaft“ charakterisiert. Warum insofern von der gesetzlichen Regelung abgewichen werden sollte, die zwischen Küstennähe (bis 100 km), dem „weiteren Flachland“ und „hügeligem Gelände“ unterscheidet, wurde dagegen nicht begründet. Auch eine leicht hügelige Landschaft ist als hügelig anzusehen. Im Übrigen wird die Einschätzung, dass die Standorte nicht im weiteren Flachland liegen, durch Karten und Luftbilder aus allgemein zugängliche Informationsquellen (BayernAtlas) bestätigt.
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3.2.2 Die Genehmigungsbehörde ist zu Recht davon ausgegangen, dass die ihr vorliegenden Daten – einschließlich der vom Kläger zu 1 vorgelegten saP – keine hinreichende Datenqualität aufweisen, um belegen zu können, dass der Betrieb der beiden WEA das Tötungs- und Verletzungsrisiko für Exemplare der betroffenen Art Uhu nicht signifikant erhöht. Den Daten ist nicht zu entnehmen, dass sowohl im Nahbereich als auch im zentralen Prüfbereich ein Brutplatz des Uhus ausgeschlossen werden kann. Die erforderliche Brutplatzsuche erfolgte nicht in den durch § 45b Abs. 2 und 3 i.V.m. Anlage 1 BNatSchG vorgegebenen maßgeblichen Bereichen (3.2.2.1) und nicht nach anerkannten fachlichen Standards (3.2.2.2).
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3.2.2.1 Nach den vorliegenden Daten besteht daran, dass durch den Betrieb der WEA in Bezug auf diese Brutvogelart die Verletzung eines Verbotstatbestands nach § 44 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 i.V.m. § 45b BNatSchG in Betracht kommen kann und daher zu prüfen ist, kein Zweifel. Der Gutachter der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung – bezogen auf das Umfeld nördlich der WEA – eingeräumt, es sei offensichtlich, dass es „in diesem Bereich einen Uhu gebe“, der Brutplatz könne (nur) „nicht verortet“ werden. In der saP wird dazu ausgeführt, dass „von einem Revierzentrum des Uhus maximal zwischen … … und … auszugehen“ sei (saP S. 201; ebenso Schrifts. vom 7.10.2024, VGH-Akte S. 86 und Schrifts. vom 8.4.2025, VGH-Akte S. 196), was sich mit den in der saP an anderer Stelle zitierten Angaben eines Vertreters des Landesbunds für Vogelschutz sowie des LfU (vgl. saP S. 72, 2. Absatz) deckt. Bei Zugrundelegung des hiervon umfassten, nur grob eingegrenzten Hangbereichs könnte ein Brutplatz jedenfalls im erweiterten Prüfbereich (möglicherweise sogar innerhalb des Nahbereichs) der WEA-Nord liegen (vgl. dazu die Karte im Schrifts. vom 8.4.2025, VGH-Akte S. 199).
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Soweit in der saP davon die Rede ist, dass im Rahmen der Begutachtung alle Vorkommen von Brutvögeln („und Gästen“) erfasst worden seien (Revierkartierung), wobei kein Uhu-Brutplatz festgestellt worden sei, hat der Gutachter in der mündlichen Verhandlung bestätigt, dass dies nur in einer Zone mit einem Radius von 200 m um die beiden Anlagenstandorte erfolgte (vgl. auch saP S. 48, 170). Dadurch wurde der Umgriff des Nahbereichs für die hier relevante Art Uhu nur teilweise abgedeckt, der laut Anlage 1 Abschnitt 1 BNatSchG 500 m beträgt. Ob die Erfassung den fachlichen Anforderungen entsprach, was zweifelhaft erscheint, kann letztlich offengelassen werden. Entsprechendes gilt für die vom Gutachter geschilderte weitere Zielsetzung der saP „Suche“ nach „(Baum-)Höhlen und (Groß-)Horsten“ „im 200 m Umgriff“ (vgl. saP S. 48, 61). Sie erfolgte ebenfalls nur in einem zu geringen Radius (von 200 m).
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Auf der Grundlage derartiger Untersuchungen kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass sich im Nahbereich ein Uhubrutplatz befindet. Nach § 45b Abs. 2 BNatSchG würde dies die unwiderlegliche Vermutung nach sich ziehen, dass das Tötungs- und Verletzungsrisiko der den Brutplatz nutzenden Exemplare signifikant erhöht ist. Erst recht lässt sich dadurch für den zentralen Prüfbereich ein Brutplatz nicht ausschließen, was nach § 45b Abs. 3 BNatSchG dazu führen würde, dass in der Regel Anhaltspunkte dafür bestehen, dass das Tötungs- und Verletzungsrisiko der den Brutplatz nutzenden Exemplare signifikant erhöht ist.
51
3.2.2.2 Die erforderliche Brutplatzsuche erfolgte nicht nach anerkannten fachlichen Standards. Die Genehmigungsbehörde hat daher zu Recht die in der saP getroffenen Prognosen, dass beim Betrieb der Anlage nicht gegen Verbote gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG verstoßen werde (saP S. 138 ff.; S. 149 f.), als unbeachtlich angesehen (vgl. etwa die Stellungnahme der Regierung von Mittelfranken vom 29.1.2024, Behördenakte-Genehmigungsverfahren S. 506 ff.). Zwar wurde der „finalen Fassung“ der saP das novellierte Bundesnaturschutzgesetz und damit die entsprechend heranzuziehenden rechtlichen Maßstäbe (vgl. oben 3.2.1) zugrunde gelegt (vgl. saP S. 55; Schrifts. vom 7.10.2024, VGH-Akte S. 84), diese Schlussfolgerungen wurden aber – auch nach Überzeugung des Senats – nicht auf Grundlage unter fachlichen Gesichtspunkten vollständig erhobener, hinreichend aktueller (d.h. höchstens 5 Jahre alter) und räumlich genauer Daten getroffen. Dies gilt vor allem in Bezug auf die Brutplatzsuche im Nah- und im zentralen Prüfbereich.
52
3.2.2.2.1 Für die Bestimmung und Ermittlung möglicher Brutplätze (und damit auch für deren Ausschluss in bestimmten Zonen), auf die im Rahmen von § 45b Abs. 2 bis 5 i.V.m. Anlage 1 Abschnitt 1 BNatSchG für die Beurteilung etwaiger artenschutzrechtlicher Verstöße entscheidend abzustellen ist, hat die Genehmigungsbehörde nachvollziehbar die Vorgaben in den aktuellen behördlichen Hinweisen (UMS vom 1. August 2023) herangezogen, die Maßgaben für die anzuwendende Methodik enthalten. Wie ein Bestand von geschützten Tieren zu ermitteln ist, beurteilt sich nach außerrechtlichen Kriterien. Im Bereich des Natur- und insbesondere des Artenschutzes geht es regelmäßig um ökologische Bewertungen und Einschätzungen, für die weitgehend normkonkretisierende Maßstäbe fehlen. Die Rechtsanwendung ist daher auf die Erkenntnisse der ökologischen Wissenschaft und Praxis angewiesen, die sich aber nicht als eindeutiger Erkenntnisgeber erweist, was im Ergebnis zu einer Begrenzung der richterlichen Rechtskontrolle führt (vgl. BayVGH, U.v. 17.7.2020 – 15 N 19.1377 – juris Rn. 35 m.w.N.). Bei der vorzunehmenden Überprüfung, ob die artenschutzfachlichen Daten sowohl in ihrem methodischen Vorgehen als auch in ihrer Ermittlungstiefe ausreichen, um die Behörde in die Lage zu versetzen, die Voraussetzungen der artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände bzw. die Möglichkeit von Minderungsmaßnahmen sachgerecht zu überprüfen (vgl. BayVGH, B.v. 5.11.2019 – 22 CS 19.1568 – juris Rn. 16), kann auf das UMS vom 1. August 2023 zurückgegriffen werden.
53
Der Gutachter der Kläger hat die dort enthaltenen fachlichen Vorgaben nicht in Frage gestellt und auch nicht dargelegt, dass er eine davon abweichende Methodik zugrunde gelegt hätte, die aus fachlicher Sicht ebenfalls nicht zu beanstanden wäre. Vielmehr beziehen sich die Kläger sogar selbst auf das UMS vom 1. August 2023, wenn sie ausführen, dieses lege „mit Bezug auf § 45b BNatSchG das Prozedere für die Brutplatzermittlung von Arten nach Anlage 1 des genannten Gesetzes fest“ (vgl. etwa Schrifts. vom 8.4.2025, VGH-Akte S. 186 f.). Zudem betonen sie, dass die ursprüngliche saP aus dem Jahr 2022 entsprechend „den neuen Maßstäben“ überarbeitet worden und in der finalen Fassung vom 30. Oktober 2023 vorgelegt worden sei (vgl. Schrifts. vom 7.10.2024, VGH-Akte S. 84).
54
Nach dem UMS vom 1. August 2023 (S. 1, Fn. 1 i.V.m. Anlage 1 S. 8) erfolgt die Bestimmung von Uhu-Brutplätzen, auf deren genaue Lage es aufgrund der sinngemäßen Heranziehung von § 45b Abs. 2 bis 5 BNatSchG i.V.m. Anlage 1 Abschnitt 1 BNatSchG maßgeblich ankommt (vgl. oben 3.2.1), nach den dort enthaltenen Vorgaben sowie nach den Kartierhinweisen in der „Arbeitshilfe Vogelschutz und Windenergienutzung“ (im Folgenden Arbeitshilfe) des LfU (Stand Februar 2021; vgl. zu dazu auch BayVGH, B.v. 5.11.2019 – 22 CS 19.1568 – juris Rn. 17; U.v. 17.7.2020 – 15 N 19.1377 – juris Rn. 35; B.v. 7.2.2023 – 22 CS 22.1908 – juris Rn. 79 ff.), auf die ausdrücklich verwiesen wird (Nr. 2.5 der Anlage 1 zum UMS vom 1.8.2023). Die darin festgelegte fachliche Vorgehensweise war im Übrigen bereits während der Geltung des BayWEE 2016 anwendbar, so dass sich auch nach dessen Außerkrafttreten insofern keine wesentlichen inhaltlichen Änderungen ergeben haben.
55
Im Einzelnen ergibt sich daraus, dass nach dieser Methodik die Kartierungen der Brutplätze zwischen Mitte Januar und Ende Februar während der Abenddämmerung (eine halbe Stunde vor bis eine Stunde nach Sonnenuntergang, Kartierzeit bis 1,5 Stunden je Begang) durchgeführt werden. Die Kartierdauer gilt dabei für jeden vermuteten Brutplatz und für drei Begehungen. Die Anwesenheit beider Geschlechter ist jeweils zu vermerken. Soweit keine spontane Rufaktivität feststellbar ist, kommt eine Klangattrappe zum Einsatz. Zu- und Abschläge der Kartierzeit sind möglich, wenn der Brutplatz gefunden oder erschwerte Bedingungen (Lärmbelastung u.ä.) die Suche behindern. Eine alternative Erfassungsmethode für Uhureviere stellt der Einsatz von geeigneten Horchboxen dar, mit deren Hilfe die Anwesenheit im Revier festgestellt werden kann. Die Aufnahmezeit muss mindestens den Zeitraum eine halbe Stunde vor bis eine Stunde nach Sonnenuntergang sowie eine Stunde vor Sonnenaufgang bis zum Sonnenaufgang abdecken. Diese Vorgaben stehen in Einklang mit den Angaben in der Anlage 1 der Arbeitshilfe (S. 36 ff.), auf die insofern zutreffend Bezug genommen wurde. Dort wird auch darauf hingewiesen, dass der Uhu fast ausschließlich zur Balzzeit nachgewiesen werde und dass Uhus in nächster Nähe zu möglichen Brutplätzen balzten. Vor allem bei Bodenbruten sei es schwierig, die Örtlichkeit zu lokalisieren. Bodenbrutplätze würden auch häufig von Jahr zu Jahr gewechselt. Eine Suche dürfe wegen der hohen Störanfälligkeit erst ab Anfang August erfolgen, wobei die Spuren (Kot, Beutereste, Federn, etc.) schnell wieder verschwänden. Zudem finden sich in der Arbeitshilfe Hinweise zur Art und Weise des Verhörens sowie Bezugnahmen auf Fachliteratur.
56
3.2.2.2.2 Nachdem diese Methodik nicht beachtet wurde, obwohl auch die Kläger vom Vorhandensein eines Uhu-Brutplatzes im Bereich des Hangwalds nördlich der Anlagenstandorte zwischen („maximal“) … … und … (vgl. saP S. 201; ebenso Schrifts. vom 8.4.2025, VGH-Akte S. 196) bzw. vom „Auftreten“ dieser Brutvogelart „im Bereich des K. gebietes (. – Richtung D. und das gesamte K. gelände)“ ausgehen (vgl. den von den Klägern mit Schreiben vom 9.4.2025 übermittelten E-Mailverkehr, VGH-Akte S. 257 f.; dazu auch oben 3.2.2.1), ist die Genehmigungsbehörde zu Recht davon ausgegangen, dass das Gutachten keine vorhandenen Daten i.S.d. § 6 Abs. 1 Satz 5 WindBG enthält.
57
Im maßgeblichen Zeitraum von 5 Jahren vor Bescheiderlass, also seit 2019, wurde im Nahbereich und im zentralen Prüfbereich um die beiden Anlagen keine Brutplatzsuche unter Beachtung dieser methodischen Vorgaben durchgeführt. Die in der saP beschriebenen Kontrollen fanden nicht in dem maßgeblichen Zeitraum (zwischen Mitte Januar und Ende Februar) und nicht zu den jeweiligen Uhrzeiten statt. Es liegen auch keine Nachweise für drei aufeinander bezogene Begehungen vor, und es ist nicht ersichtlich, dass dabei spontane Rufaktivität feststellbar gewesen wäre oder dass alternativ eine Klangattrappe zum Einsatz gekommen wäre. Schließlich wurden auch keine Horchboxen eingesetzt. Der Sachverständige der Kläger hat auch nicht dargelegt, dass es darüber hinaus eine alternative, fachlich anerkannte Methodik zum Ausschluss von Brutplätzen im Nah- bzw. im zentralen Prüfbereich gebe, nach der vorgegangen worden wäre. Soweit in der saP von einem Untersuchungsziel „Revierzentren bzw. Horste von BNatSchG-Arten (8)“ die Rede ist (vgl. saP S. 8, 49), konnte der Gutachter zwar in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage eine fehlerhafte Verweisung (Bezugnahme auf S. 49 unten auf eine Nr. 7.2.4, die sich auf die ursprüngliche Fassung der saP beziehen soll) richtigstellen, es fehlt aber die Darlegung, wann welche Untersuchungsmaßnahmen mit welchem Ergebnis vorgenommen wurden. Diese Angaben lassen sich auch der ursprünglichen Version der saP nicht entnehmen (vgl. Behördenakte-Antragsunterlagen, S. 539 ff.). Trotz schriftlicher Nachfrage des Senats wurden auch im gerichtlichen Verfahren keine konkreten Angaben dazu gemacht. Gleichermaßen fehlt es an einer ordnungsgemäßen und nachvollziehbaren Dokumentation, soweit der Gutachter ausgeführt hat, dass bei Anwesenheit von Mitarbeitern des Gutachterbüros im Umfeld der Anlagenstandorte wegen anderer Erfassungen (vgl. das Untersuchungsziel „Nahrungshabitate und Flugkorridore“, bei dem Flüge anderer betroffener Arten registriert und kartographiert wurden, dazu saP S. 49, 171 ff.) „Beibeobachtungen“ gemacht worden seien. Dass und in welcher Form dabei – unter Beachtung der dargelegten fachlichen Methodik – nach einem Uhu-Brutplatz gesucht worden wäre, geht aus den vorliegenden Daten nicht hervor.
58
Soweit ein konkreter, etwa 850 m nordwestlich des nördlichen Anlagenstandorts gelegener (möglicher) Brutplatz (sog. ASK-Punkt 7**, bzw. ASK-Fundortangabe … – Gauß-Krüger-Koordinate …, vgl. saP S. 52, 72, 128 ff. und VGH-Akte S. 197) zum Gegenstand der saP gemacht wurde, liegen die im Jahr 2016 erhobenen Daten außerhalb des Zeitraums von 5 Jahren vor Bescheiderlass (§ 6 Abs. 1 Satz 3 WindBG) und sind damit nicht mehr aktuell (vgl. oben 3.1.1). Darüber hinaus erfolgte nach Auskunft des Gutachters in der mündlichen Verhandlung, die sich mit den Angaben in der saP decken, lediglich im März 2019 (vgl. saP S. 129, „Anfang März 2019“, in der Zeitspanne 18.00 bis 21.00 Uhr) eine einzige Standortkontrolle mittels einer Klangattrappe (saP S. 52), was wiederum nicht den fachlichen Anforderungen entspricht (vgl. oben 3.2.2.2.1). In der saP selbst wird zu dieser Kontrolle festgestellt, dass sie „jahreszeitlich und mit nur einem Termin zwar nicht zwingend aussagefähig“ sei (saP S. 129) und dass „jener Einzeltermin kein absoluter Beleg einer generell fehlenden Präsenz“ sei (saP S. 201). Soweit weiter argumentiert wird, dass die einmalige Kontrolle aber „letztlich zu dem Gesamtbefund (kein Brutplatz an dem ASK-Punkt belegt)“ passe (saP S. 129), kann dies wiederum mangels Aktualität dieser Daten keine Rolle spielen.
59
Die Kläger verkennen insofern auch die Darlegungsobliegenheiten im Rahmen des § 6 Abs. 1 Satz 5 WindBG, als sie in diesem Zusammenhang geltend machen, es sei bereits 2019 in Frage gestellt worden, dass sich ein Uhu-Brutplatz im Nah- bzw. im zentralen Prüfbereich befinde (saP S. 201), und der Beklagte habe keine hinreichenden Angaben zu einem Uhu-Vorkommen in diesen Bereichen gemacht (vgl. etwa saP S. 139). Bei begründeten Hinweisen auf das Vorkommen einer geschützten Vogelart stellt es eine Obliegenheit des Vorhabenträgers dar (vgl. oben 3.1.2), den Nachweis zu erbringen, dass keine Brutplätze im Nah- und im zentralen Prüfbereich vorhanden sind (vgl. dazu auch OVG RhPf, U.v. 20.8.2024 – 1 C 10923/22.OVG – juris Rn. 37). Allein aus der Tatsache heraus, dass die Naturschutzbehörden einen Brutplatz nicht genau benennen können, kann nicht gefolgert werden, ein solcher existiere nicht.
60
3.2.2.2.3 Auch sonst weist die saP erhebliche Mängel auf. Die Darstellung ist über weite Strecken äußerst unübersichtlich und kaum nachvollziehbar. Die zugrunde gelegten methodischen Standards wurden nicht hinreichend dargelegt und die vom Gutachter gezogenen Schlussfolgerungen überzeugend nicht.
61
So kann aus dem Umstand, dass an dem konkret bezeichneten Standort (sog. ASK-Punkt 7**) zum Zeitpunkt der Kontrolle vor Ort im März 2019 sowie späterer Nestersuchen (lt. saP am 16.12.2021, am 16.1.2023 [durch den Bevollmächtigten im Verwaltungsverfahren] sowie am 20.9.2023, vgl. saP S. 52, 73, 75), bei denen die methodischen Vorgaben wiederum nicht beachtet wurden, kein Uhu-Brutplatz vorhanden war, nicht auf den gesamten Nahbereich und den gesamten zentralen Prüfbereich geschlossen werden (vgl. aber Schrifts. vom 8.4.2025, VGH-Akte S. 197 f.). Durch den Ausschluss eines einzigen vermeintlichen Brutplatzes lässt sich dies nicht belegen. Daran ändert nichts, dass – wie vom Gutachter vorgetragen – einzelne dieser Kontrollen auf das weitere Umfeld in einer Entfernung von etwa 150 m bzw. 200 m ausgedehnt worden sind, so dass sie sich im Norden bis an die Grenze des zentralen Prüfbereichs erstreckt haben. Die Suche konzentrierte sich nach Auskunft des Gutachters in der mündlichen Verhandlung, die durch die Angaben in der saP bestätigt werden, nämlich nur auf den „Bereich um den angegebenen Standort“ (ASK-Punkt 7**) und nicht auf den gesamten Nah- bzw. zentralen Prüfbereich (vgl. saP S. 72 ff.; 131; 201). Ebenso wenig spielt es eine Rolle, dass das LfU seine ursprüngliche Angabe, es bestehe genau an diesem Punkt ein Brutplatz, auf Hinweis des Klägers zu 1 dahingehend korrigiert hat, dass es sich bei der ASK-Fundortangabe … „nur“ um ein „Uhu-Revier“ handle.
62
Selbst wenn zugunsten der Kläger davon auszugehen wäre, dass im Nahbereich keine Brutplätze vorhanden sind, sondern nur im zentralen Prüfbereich, ergeben sich aus der saP keine Daten, die die Vermutung der signifikanten Erhöhung des Tötungs- und Verletzungsrisikos der den Brutplatz nutzenden Exemplare gemäß § 45b Abs. 3 Halbs. 2 Nr. 1 oder 2 BNatSchG widerlegen könnten. Es fehlt für die Brutvogelart Uhu sowohl an einer nachvollziehbaren und fachgerecht erstellten Habitatpotenzialanalyse als auch an einer entsprechenden Raumnutzungsanalyse. Die in der saP angestellten Überlegungen zum potentiellen Flugverhalten (saP S. 132 ff.) in Relation zur Höhe der Rotorunterkante überzeugen schon deshalb nicht, weil sie sich weder mit der gesetzlichen Regelung in Fußnote 1 der Anlage 1 Abschnitt 1 BNatSchG (vgl. dazu oben 3.2.1) auseinandersetzen noch mit den Angaben in der „Arbeitshilfe Vogelschutz und Windenergienutzung“ des LfU (s. dort S. 20 f.). Der Gutachter schildert insofern nur zwei „Fallbeispiele“, in denen er lediglich ein hypothetisches Brutvorkommen „knapp innerhalb der zentralen Prüfzone“ bzw. ein Revierzentrum im erweiterten Prüfbereich (d.h. 2,5 km um die Anlagenstandorte) annimmt. Die Möglichkeit eines Brutplatzes an anderen Stellen innerhalb des zentralen Prüfbereichs wird dagegen nicht behandelt.
63
Nach Ansicht des Senats ist die Prognose in der saP, wonach kein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko besteht, insgesamt nicht überzeugend begründet worden. Es fehlt dazu an nachvollziehbaren Darlegungen, vor allem an unter fachlichen Standards erhobenen Daten zu möglichen Brutplätzen.
64
3.2.3 Keine Rolle spielt, dass das Landratsamt im Genehmigungsbescheid davon ausgegangen ist, am ASK-Punkt 7** bestehe ein Uhu-Brutplatz, und dass es aus diesem Grund die Verpflichtung zur Zahlung in Geld auf § 6 Abs. 1 Satz 5 Alt. 1 WindBG, die fehlende Verfügbarkeit verhältnismäßiger Minderungsmaßnahmen, und nicht auf die zweite Alternative dieser Bestimmung (nicht vorhandene Daten) gestützt hat. Diese Annahme erscheint angesichts der Überprüfungen dieses Standorts durch den Gutachter der Kläger sowie im Hinblick auf die geänderte Einschätzung des LfU zweifelhaft. Darauf kommt es jedoch nicht an, weil die Angabe der unzutreffenden Rechtsgrundlage nicht zur Rechtswidrigkeit der Nebenbestimmung führt.
65
Die Frage, ob ein angefochtener Bescheid materiell rechtmäßig oder rechtswidrig ist, richtet sich nach dem Recht, das geeignet ist, die darin getroffene Regelung zu rechtfertigen. Erweist sie sich aus anderen als in dem Bescheid angegebenen Gründen als rechtmäßig, ohne dass sie durch den Austausch der Begründung in ihrem Wesen geändert würde, ist der Verwaltungsakt im Sinne des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht rechtswidrig (vgl. BVerwG, U.v. 31.3.2010 – 8 C 12.09 – juris Rn. 16 m.w.N.; BayVGH, B.v. 21.5.2021 – 22 CS 21.858 – juris Rn. 29). Dies ist hier der Fall. Der Regelungsgehalt der Nebenbestimmung in Nr. 6.14.3.2 bleibt identisch, auch wenn diese nach wohl zutreffender Ansicht auf § 6 Abs. 1 Satz 5 Alt. 2 WindBG zu stützen wäre, weil – auch nach Einschätzung des Landratsamts – keine Daten vorhanden sind, aus denen sich ergibt, dass sich durch den Betrieb der beiden WEA das Tötungs- und Verletzungsrisiko für Exemplare der betroffenen Art Uhu nicht signifikant erhöht (vgl. oben 3.2.2). Es handelt sich (bei der Genehmigung und der Aufnahme der Nebenbestimmung) weder um eine Ermessensentscheidung noch hatte die Genehmigungsbehörde in sonstiger Weise Spielräume zur Ausgestaltung der Zahlungspflicht, deren Festsetzung in § 6 Abs. 1 Satz 5 bis 8 WindBG genau geregelt ist. Eine Wesensänderung scheidet daher aus.
66
3.3 Für die kollisionsgefährdete Brutvogelart Rotmilan sind – bei Zugrundelegung der oben aufgezeigten Maßstäbe (vgl. 3.1) – ebenfalls keine Daten i.S.d. § 6 Abs. 1 Satz 5 WindBG vorhanden, aus denen sich ergibt, dass durch den Betrieb der beiden WEA kein Verstoß gegen das Tötungs- und Verletzungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BNatSchG zu erwarten ist, wobei sich die fachlichen Beurteilungsmaßstäbe im Einzelnen wiederum aus der entsprechenden Anwendung des § 45b Abs. 2 bis 5 i.V.m. Anlage 1 Abschnitt 1 BNatSchG ergeben (dazu oben 3.2.1; vgl. auch Nr. 3.2.2.1 der Vollzugsempfehlung BMU sowie Nr. 4.1.2.1.3 der Hinweise zur Genehmigung von Windenergieanlagen für den Bereich Naturschutz, BayMBl 2023 Nr. 430). Deshalb kommt es auch für diese Art entscheidend darauf an, ob im Nahbereich (mit einem Radius von 500 m um die jeweilige WEA) und im zentralen Prüfbereich (Radius von 1.200 m) Brutplätze vorhanden sind. Die erforderliche Brutplatzsuche erfolgte nicht in den durch § 45b Abs. 2 und 3 i.V.m. Anlage 1 Abschnitt 1 BNatSchG vorgegebenen maßgeblichen Bereichen (3.3.1) und nicht nach anerkannten fachlichen Standards (3.3.2).
67
3.3.1 Soweit die Kläger, die ebenso wie beim Uhu zu Recht eine Prüfung, ob durch den Betrieb der WEA in Bezug auf den Rotmilan ein Verbotstatbestand nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BNatSchG erfüllt sein kann, für erforderlich gehalten haben und in diesem Rahmen auf Untersuchungen bzw. Datenerhebungen abstellen, die nur in einem Radius von 200 m um die beiden Anlagenstandorte erfolgten, gilt das oben Gesagte (vgl. 3.2.2.1). Diese sind im Hinblick auf den Radius des Nahbereichs (500 m) und des zentralen Prüfbereichs (1.200 m) für den Rotmilan nicht aussagekräftig.
68
3.3.2 Die erforderliche Brutplatzsuche erfolgte – wie beim Uhu (vgl. oben 3.2.2.2) – auch für die Brutvogelart Rotmilan nicht nach anerkannten fachlichen Standards. Die Genehmigungsbehörde hat daher zu Recht die in der saP getroffenen Prognosen, dass beim Betrieb der Anlage nicht gegen Verbote gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG verstoßen werde (saP S. 112 ff.; S. 147 ff.), als unbeachtlich angesehen (vgl. etwa die Stellungnahme der Regierung von Mittelfranken vom 29.1.2024, Behördenakte-Genehmigungsverfahren S. 506 ff.). Diese Schlussfolgerungen in der saP wurden – auch nach Überzeugung des Senats – nicht auf Grundlage unter fachlichen Gesichtspunkten vollständig erhobener, aktueller (d.h. höchstens 5 Jahre alter) und räumlich hinreichend genauer Daten getroffen.
69
3.3.2.1 Für die Bestimmung und Ermittlung möglicher Brutplätze (und damit auch für deren Ausschluss in bestimmten Zonen), auf die im Rahmen von § 45b Abs. 2 bis 5 i.V.m. Anlage 1 Abschnitt 1 BNatSchG für die Beurteilung etwaiger artenschutzrechtlicher Verstöße entscheidend abzustellen ist, hat die Genehmigungsbehörde nachvollziehbar die Vorgaben in den aktuellen behördlichen Hinweisen (UMS vom 1. August 2023) herangezogen. Sie enthalten Maßgaben für die anzuwendende Methodik und gelten für die nach neuem Recht durchzuführenden Verfahren (vgl. UMS vom 1.8.2023, S. 2).
70
Der Gutachter der Kläger hat die dort enthaltenen fachlichen Vorgaben nicht in Frage gestellt und auch nicht dargelegt, dass er eine davon abweichende Methodik zugrunde gelegt hätte, die aus fachlicher Sicht gleichermaßen nicht zu beanstanden wäre. Vielmehr gehen auch die Kläger im Ergebnis von denselben Vorgaben aus (vgl. Schrifts. vom 8.4.2025, VGH-Akte S. 187). Sie verkennen jedoch, dass danach grundsätzlich eine Ermittlung der Brutplätze bzw. der Revierzentren im Nah- und im zentralen Prüfbereich erforderlich ist, wenn – wie hier für den Rotmilan – begründete Anhaltspunkte für das Vorkommen kollisionsgefährdeter Brutvogelarten gegeben sind. Nach Anlage 1 Nr. 2.3 des UMS vom 1. August 2023 ist für den Rotmilan grundsätzlich eine Nestersuche in der laubfreien Zeit mit anschließenden Kontrollen im Frühjahr und Frühsommer bzw. eine Brutplatzerfassung (vgl. dazu auch Anlage 1 Nr. 2.4 des UMS vom 1.8.2023) durchzuführen. Dies deckt sich im Übrigen hinsichtlich der Nestersuche mit den von den Klägern zur Bestandsaufnahme von Brutvogelarten zusätzlich zitierten Angaben in der Fachliteratur: „Rotmilan: nach Möglichkeit Suche nach bestehenden (potenziellen) Nestern vor der Brutzeit“ (zitiert nach SÜDBECK et al. [2005], Schrifts. vom 8.4.2025, VGH-Akte S. 230; ebenso die Neuauflage des Fachbuchs SÜDBECK et al. [2025], S. 364, wonach die Kartierung von Neststandorten im Winterhalbjahr durchgeführt werden sollte).
71
Bei Erstellung der saP wurde nach Brutplätzen des Rotmilans nicht nur in einem zu geringen Umfeld gesucht (vgl. oben 3.3.1), vielmehr wurden die fachlichen Erfordernisse auch sonst nicht beachtet. Es wäre ein im UMS vom 1. August 2023 im Einzelnen beschriebenes, zeitlich gestuftes Vorgehen (Nestersuche, Besatzkontrollen, Brutplatzerfassung, vgl auch Anlagen 2 und 3 zum UMS vom 1.8.2023) auf Grundlage der jeweils erzielten Ergebnisse sowie der örtlichen Gegebenheiten notwendig gewesen. Dass die Anforderungen eingehalten wären, wurde nicht dokumentiert und vom klägerischen Gutachter auch nicht dargelegt.
72
3.3.2.2 Soweit sich die Kläger im Wesentlichen auf die durchgeführten „Raumnutzungskontrollen“ berufen, aus denen sich „keine konkreten Anzeichen oder zumindest Hinweise auf einen Brutplatz“ ergeben hätten (vgl. Schrifts. vom 8.4.2025, VGH-Akte S. 230), weshalb auch keine gezielte Nestsuche „angestanden“ habe (vgl. saP S. 113 f.), genügt dies nach Überzeugung des Senats ebenfalls nicht, um eine hinreichende Datengrundlage für das Nichtvorhandensein eines Brutplatzes in den maßgeblichen Bereichen annehmen zu können. Zwar sehen die Übergangsbestimmungen (vgl. UMS vom 1.8.2023, Nr. 4) die Möglichkeit vor, nach der Methodik des UMS vom 30. Januar 2023 (Hinweise zur Erfassung von Brutplätzen kollisionsgefährdeter Brutvogelarten in immissionsschutzrechtlichen Verfahren, Az.: 63-U8685.2-2023/4-2) begonnene Erfassungen auf dieser Grundlage fertigzustellen. Die zur Erstellung der saP vorgenommenen Beobachtungen waren aber bereits 2021 abgeschlossen und zudem im Wesentlichen auf die Ermittlung des Kollisionsrisikos, nicht aber auf die Suche von Brutplätzen bezogen, was der Gutachter in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat (vgl. dazu auch saP S. 115 f., 147). Soweit in der saP die Rede davon ist, dabei sei „ein besonderes Augenmerk auf Aktivitäten gerichtet [worden], welche Hinweise auf ein Revierzentrum erlaubten“ und es weiter heißt „solche Bereiche [wären] dann im Herbst bezüglich einer Fortpflanzungs- bzw. Ruhestätte dann gezielt abzusuchen gewesen, was letztlich bei keiner Art relevant war“ (saP S. 49 unten), bleibt unklar, welche Methodik zugrunde gelegt wurde und inwiefern die hier konkret durchgeführten Beobachtungen zu gleichwertigen Schlussfolgerungen führen können.
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Die klägerischen Annahmen zur „Rangordnung“ fachlicher Vorgaben, wonach Raumnutzungskontrollen die „Angaben des UMS“ (vom 1.8.2023) „übererfüllen“ (vgl. Schrifts. vom 8.4.2025, VGH-Akte S. 229), mögen in bestimmten Fällen zutreffen. Die Kläger stellen jedoch zu stark auf die zeitliche Komponente ab, d.h. auf die Untersuchungsdauer, ohne die Unterschiede in der Zielsetzung bei der Durchführung von Raumnutzungskontrollen bzw. bei der Suche nach Brutplätzen und damit zusammenhängend in der Methodik zu berücksichtigen. So summieren sie die Flugbeobachtungstermine seit 2019 auf und vergleichen die Gesamtzeit mit den Untersuchungszeiten, die sich aus den – von ihnen insofern als maßgeblich angesehenen – Hinweisen im UMS von 1. August 2023 zur Nestersuche und Brutplatzerfassung ergeben (vgl. etwa saP S. 104, 113). Laut Auskunft des Gutachters in der mündlichen Verhandlung handelte es sich jedoch nur im Jahr 2019 um eine Raumnutzungskontrolle nach BayWEE 2016, wobei die Einhaltung der dort enthaltenen fachlichen Standards im Hinblick auf die Zahl der Beobachtungspunkte zwischen den Beteiligten umstritten ist. Jedenfalls geht auch der Gutachter davon aus, dass die drei Beobachtungen im April 2020, die nicht von den gleichen Beobachtungspunkten aus wie im Jahr 2019 erfolgten, nur einer „spezifischen Überprüfung des Rotmilans“ gedient hätten und dass die Untersuchungen bzw. die Flugbeobachtungen im Jahr 2021 lediglich als „Raumnutzungskontrolle im weiteren Sinn“ (vgl. auch Anl. K 5 zum Schrifts. vom 8.4.2025, VGH-Akte S. 241) bezeichnet werden könnten. Nicht zuletzt wegen des Umstandes, dass sich Rotmilan-Brutplätze in verschiedenen Jahren ändern können, erscheint eine Aufsummierung der einzelnen Untersuchungszeiten nicht ausreichend, um eine hinreichende Aussagekraft der Ergebnisse zu belegen.
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Vor allem geht die saP nicht ausreichend auf die methodischen Unterschiede ein, die einer Vergleichbarkeit der Hinweise im BayWEE 2016 einerseits und im UMS vom 1. August 2023 andererseits allein nach dem Kriterium der Anzahl von Untersuchungstagen bzw. der Dauer von Untersuchungszeiten Grenzen setzt (unklar insofern auch saP S. 55). Nach § 45b Abs. 2 und 3 BNatSchG kommt es maßgeblich darauf an, dass im Nahbereich keine Brutplätze vorhanden sind und dass solche auch für den zentralen Prüfbereich ausgeschlossen werden können bzw. dass bei Vorhandensein eines Brutplatzes in der letztgenannten Zone die Voraussetzungen des § 45b Abs. 3 Halbs. 2 BNatSchG erfüllt sind (vgl. oben 3.2.1). Die aktuellen Hinweise im UMS vom 1. August 2023 beschreiben dementsprechend eine Untersuchungsmethodik, die auf einer systematischen Nestersuche aufbaut. Die Basis bildet die Suche nach Nistplätzen in der laubfreien Jahreszeit, auf deren Grundlage die späteren Untersuchungen vorgenommen werden (vgl. dazu auch SÜDBECK et al. [2025], S. 364). Der in der saP gewählte Untersuchungsansatz war dagegen weitaus stärker auf die nach früherer Rechtslage heranzuziehenden statistischen Analysen des Kollisions- bzw. Tötungsrisikos bezogen (vgl. etwa saP S. 115 f.). So diente die 2016 durchgeführte Raumnutzungskontrolle nach Auskunft des Gutachters in der mündlichen Verhandlung dazu, das Kollisionsrisiko für die Vogelart Rotmilan zu ermitteln. Vor diesem Hintergrund ist auch die Annahme zu sehen, eine Nestersuche habe erst zu erfolgen, wenn Flugbeobachtungen ausreichende Hinweise für Revierzentren ergeben hätten (vgl. saP S. 114). Insofern hat der Gutachter aber nicht ausreichend dargelegt, dass und aus welchen Gründen – trotz der unterschiedlichen Ansatzpunkte – aus der saP hinreichend zuverlässige Schlüsse auf das Nichtvorhandensein von Brutplätzen im Nah- und zentralen Prüfbereich gezogen werden können. Dies wäre hier vor allem deshalb erforderlich gewesen, weil nicht der gesamte zentrale Prüfbereich von der Raumnutzungskontrolle erfasst wurde. Der Gutachter betont zwar die gute Einsehbarkeit eines Bereichs mit einem Radius von 250 m um die Anlagenstandorte von den gewählten Beobachtungspunkten aus (vgl. Schriftsatz vom 8.4.2025, VGH-Akte S. 188), er hat aber gleichzeitig eingeräumt, dass von diesen Punkten aus erhebliche Bereiche des zentralen Prüfbereichs (mit einem Radius für die Art Rotmilan von 1.200 m) nicht bzw. nur eingeschränkt einsehbar waren (vgl. den Schrifts. vom 8.4.2025, VGH-Akte S. 192, wo von etwa 20% die Rede ist, bezogen auf einen Radius von lediglich 1.000 m). Niedrige Flüge in diesen Zonen, wären von den Beobachtern nicht zu erkennen gewesen. Dies wird durch eine Betrachtung der Topographie anhand allgemein verfügbarer Karten (BayernAtlas) bestätigt. Es hätte daher einer eingehenden Begründung bedurft, dass ungeachtet der methodischen Unterschiede und des beschränkten Beobachtungsbereichs, der nicht dem zentralen Prüfbereich entsprach, aus den Beobachtungen im Jahr 2019 (ggf. in Ergänzung durch spätere Erkenntnisse) hinreichende Schlussfolgerungen für die nunmehr zugrunde zu legende Rechtslage (§ 45b Abs. 2 und 3 BNatSchG) abgeleitet werden können.
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Dabei hätte der korrekte Umfang des zentralen Prüfbereichs für den Rotmilan einem Radius von 1.200 m um die Anlagenstandorte entsprochen. Der Hinweis des Gutachters in der mündlichen Verhandlung, dass für das (frühere) Untersuchungsziel der Ermittlung des Kollisionsrisikos nur Flüge im Bereich der Anlage relevant gewesen seien und es deshalb nicht auf die Einsehbarkeit eines dem zentralen Prüfbereich entsprechenden Gebietes angekommen sei, geht wiederum nicht von den nunmehr maßgeblichen rechtlichen Vorgaben des § 45b BNatSchG (vgl. oben 3.2.1) aus. Warum die erforderlichen Daten zum Nachweis des Nichtvorhandenseins von Brutplätzen aus den vorgenommenen Flugbeobachtungen sowie den unzureichenden Nestersuchen (hinsichtlich Umgriff, Zeitpunkt und Methodik, vgl. oben) abzuleiten sein sollen, wird vom klägerischen Gutachter dagegen nicht dargelegt. Auch sonst trennt die saP nicht hinreichend zwischen den Prüfungsmaßstäben und gelangt insgesamt zu kaum nachvollziehbaren Ergebnissen (vgl. etwa saP S. 105, S. 147 ff.).
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Soweit der Gutachter schließlich darauf hinweist, dass in Fällen des § 45b Abs. 3 BNatSchG auch „Raumnutzungskontrollen zur Prüfung eines signifikant erhöhten Tötungsrisikos eingebracht werden“ könnten (Schrifts. vom 8.4.2025, VGH-Akte S. 213) und daraus den „Vorrang dieser Grundlage“ ableiten will, verkennt er den Regelungsinhalt des § 45b Abs. 3 BNatSchG, der nur Anwendung findet, wenn zwischen dem Brutplatz einer Brutvogelart und der Windenergieanlage ein Abstand liegt, der größer als der Nahbereich und geringer als der zentrale Prüfbereich ist (vgl. oben 3.2.1). Ob dies der Fall ist und ob es Brutplätze im Nahbereich gibt (mit der Folge des § 45b Abs. 2 BNatSchG), muss jedoch zuerst ermittelt werden.
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3.3.2.3 Der klägerische Einwand, es habe keine „konkreten Anzeichen oder zumindest Hinweise auf einen Brutplatz bzw. ein Revierzentrum“ der hier relevanten Art Rotmilan gegeben, weshalb „keine zusätzliche Suche nach Horsten“ angestanden habe (Schrifts. vom 8.4.2025 S. 230), greift ebenfalls nicht durch. Mit Schreiben des Landratsamts vom 12. September 2023 (Behördenakte-Genehmigungsverfahren, S. 188 ff., insbes. S. 192 f.) wurde dem Kläger zu 1 vielmehr ein konkreter und aktueller Hinweis mitgeteilt, wonach sich ein Rotmilanrevierpunkt nördlich der Anlagen, innerhalb des zentralen Prüfbereichs befinde. Dem ist der Verfahrensbevollmächtigte des Klägers zu 1 zwar mit E-Mail vom 14. September 2023 (Behördenakte-Genehmigungsverfahren S. 196) mit dem Einwand entgegengetreten, es handle sich bei diesem Punkt um eine Lichtung und es habe kein Brutplatz in den Baumkronen im Umfeld gefunden werden können. Nach welcher Methodik und durch wen diese Untersuchung vorgenommen wurde, vor allem aber welches Umfeld untersucht wurde, geht daraus allerdings nicht hervor. Auch in der saP selbst (S. 105; 149) wird dazu nur ausgeführt, bei „zwei Überprüfungen mit Umgriff“ am 16. Januar 2023 durch einen Verfahrensbevollmächtigten des Klägers zu 1 (dessen fachliche Qualifikation fraglich erscheint) sowie am 20. September 2023 durch zwei Mitarbeiter des Gutachters seien keine relevanten Bäume entdeckt worden und in den Jahren 2019 bis 2021 hätten an dieser Stelle keine „entsprechenden Verhaltensweisen von Rotmilanen (Balz, Flüge in den Wald etc.) festgestellt“ werden können. Dabei wird im Übrigen wiederum verkannt, dass selbst bei Zugrundelegung der Angaben des Gutachters nur die im Jahr 2019 erhobenen Daten den Anforderungen an eine Raumnutzungsanalyse entsprachen (vgl. oben 3.3.2.3) und dass es nicht Aufgabe der Naturschutzbehörden ist, den Nachweis für Brutplätze zu erbringen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO.
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Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeht nach § 167 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
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Die Revision war nicht zuzulassen, weil kein Zulassungsgrund im Sinn von § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.