Inhalt

VGH München, Beschluss v. 03.06.2025 – 1 CS 25.586
Titel:

Eilantrag einer Standortgemeinde gegen Flüchtlingsunterkunft, Befristete Baugenehmigung, Erteilung einer Ausnahme von Veränderungssperre, Sicherheitsleistung für Rückbauverpflichtung

Normenketten:
VwGO § 80a Abs. 3 i.V.m. § 80 Abs. 5
BauGB § 14 Abs. 2, § 246 Abs. 12 und 14
Leitsatz:
Die Erteilung einer Ausnahme nach § 14 II 1 BauGB kommt unter Berücksichtigung der Wertung des § 246 XII BauGB in Betracht für ein befristet genehmigtes Bauvorhaben mit Rückbauverpflichtung, das über die festgelegte Frist hinaus keinen Bestandsschutz hat und bei dem es sich damit letztlich um eine Zwischennutzung handelt, die regelmäßig die beabsichtigte Planung und deren wesentliche Verwirklichung nicht erschwert. (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Eilantrag einer Standortgemeinde gegen Flüchtlingsunterkunft, Befristete Baugenehmigung, Erteilung einer Ausnahme von Veränderungssperre, Sicherheitsleistung für Rückbauverpflichtung, Asylunterkunft
Vorinstanz:
VG München, Beschluss vom 03.03.2025 – M 11 SN 24.7851
Fundstellen:
KommJur 2025, 262
BeckRS 2025, 13955
LSK 2025, 13955

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Die Beigeladene trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
1
Die Antragstellerin begehrt als Standortgemeinde die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen eine der Beigeladenen erteilte, auf drei Jahre ab Nutzungsaufnahme befristete Baugenehmigung für den Neubau einer Containeranlage zur Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbegehrenden auf dem Grundstück FlNr. …14, Gemarkung G. …
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Das Vorhabengrundstück liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. … in der Fassung der 4. Änderung vom 8. April 2021, der ein Gewerbegebiet festsetzt. Die Antragstellerin versagte ihr Einvernehmen zum Vorhaben, fasste einen Aufstellungsbeschluss für die 5. Änderung des Bebauungsplans und beschloss eine Veränderungssperre. Durch die Änderung des Bebauungsplans sollen insbesondere Anlagen für soziale Zwecke, Wohnnutzungen und Beherbergungsbetriebe ausgeschlossen und der Standort für produzierendes Gewerbe weiterentwickelt werden. Zu einer Ausnahme von der Veränderungssperre verweigerte die Antragstellerin ihr Einvernehmen. Nach vorheriger Anhörung erteilte der Antragsgegner mit Bescheid vom 11. Oktober 2024 unter Zulassung einer Ausnahme von der Veränderungssperre sowie unter Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens eine Baugenehmigung für den Neubau von drei Containergebäuden als Unterkunft für Flüchtlinge und Asylbegehrende für 160 Personen, befristet auf drei Jahre ab Nutzungsaufnahme. Hilfsweise wurde die Genehmigung auf § 246 Abs. 14 BauGB unter Abweichung von der Voraussetzung, dass überwiegende Belange der Ausnahme nach § 14 Abs. 2 BauGB nicht entgegenstehen dürfen, gestützt. Der Bescheid enthält die Nebenbestimmung, dass das Vorhaben nach Ablauf der befristeten Baugenehmigung zurückzubauen ist.
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Die Antragstellerin hat Klage gegen die Baugenehmigung erhoben, über die noch nicht entschieden ist. Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag der Antragstellerin die aufschiebende Wirkung der Klage angeordnet. Die Klage werde voraussichtlich Erfolg haben. Auf Grund der Ersetzung des Einvernehmens sei für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage der Zeitpunkt des Bescheidserlasses für die Klage der Gemeinde maßgeblich. Die Baugenehmigung sei rechtswidrig, da es im Zeitpunkt des Erlasses an der erforderlichen Rückbauverpflichtung und deren Sicherstellung gefehlt habe. Dies gelte unabhängig davon, ob der Bebauungsplan, dessen Änderung durch die Veränderungssperre abgesichert werden solle, unwirksam sei. Die Veränderungssperre – deren Wirksamkeit unterstellt – könne hier nicht durch die Zulassung einer Ausnahme nach § 14 Abs. 2 Satz 2 BauGB überwunden werden, da die Versagung des gemeindlichen Einvernehmens auch unter Heranziehung der Wertungen des § 246 Abs. 12 BauGB zu Recht erfolgt sei. Eine Ermessensreduzierung auf Null liege angesichts der Dauer der Befristung der Genehmigung auf drei Jahre und des damit verbundenen Eingriffs in die Planungshoheit nicht vor. Eine Abweichung von der Veränderungssperre komme auch nicht nach § 246 Abs. 14 Satz 1 BauGB in Betracht, denn Voraussetzung hierfür sei eine Verpflichtungserklärung des Vorhabenträgers zum Rückbau, die hier im maßgeblichen Zeitpunkt der Genehmigungserteilung nicht vorgelegen habe. Die im Genehmigungsbescheid enthaltene Nebenbestimmung zum Rückbau könne das Fehlen einer Verpflichtungserklärung nicht kompensieren. Im Übrigen fehle es an der erforderlichen Sicherung der Rückbauverpflichtung nach § 246 Abs. 14 Satz 5 BauGB i.V.m. § 35 Abs. 5 Satz 3 BauGB. Für den Fall, dass die Veränderungssperre aufgrund einer Unwirksamkeit des ursprünglichen Bebauungsplans unwirksam sei, befände sich das Vorhaben im Außenbereich. Eine Zulassung nach § 246 Abs. 9 und 13 BauGB komme ebenfalls nicht in Betracht.
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Hiergegen wendet sich die Beigeladene mit ihrer Beschwerde, die die Landesanwaltschaft unterstützt. Die Antragstellerin tritt der Beschwerde entgegen.
II.
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Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg. Die von der Beigeladenen dargelegten Gründe (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) rechtfertigen keine Abänderung oder Aufhebung der angefochtenen Entscheidung. Nach der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage hat das Verwaltungsgericht zu Recht die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung angeordnet. Die Klage der Antragstellerin wird im Hauptsacheverfahren voraussichtlich Erfolg haben, sodass das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin gegenüber dem Vollzugsinteresse der Beigeladenen vorrangig ist.
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Das Verwaltungsgericht hat seine Entscheidung darauf gestützt, dass sowohl bei unterstellter Wirksamkeit der Veränderungssperre als auch bei deren Unwirksamkeit die Baugenehmigung voraussichtlich rechtwidrig ist und die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt.
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1. Die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass – bei unterstellter Wirksamkeit der Veränderungssperre – die Genehmigung weder durch die Erteilung einer Ausnahme nach § 14 Abs. 2 Satz 2 BauGB i.V.m. § 246 Abs. 12 BauGB erfolgen kann noch auf § 246 Abs. 14 BauGB gestützt werden kann, begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
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1.1. Die Zulassung einer Ausnahme nach § 14 Abs. 2 BauGB ist für die Genehmigung der Asylbewerberunterkunft erforderlich, da sie als Anlage für soziale Zwecke (vgl. BayVGH, U.v. 14.2.2018 – 9 BV 16.1694 – BauR 2018, 943) der beabsichtigten Planung der Antragstellerin, die in dem ausgewiesenen Gewerbegebiet soziale Einrichtungen, Wohnnutzungen und Beherbergungsbetriebe ausschließen will, widerspricht.
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Nach § 14 Abs. 2 Satz 1 BauGB kann, wenn überwiegende öffentliche Belange nicht entgegenstehen, von der Veränderungssperre eine Ausnahme zugelassen werden. Die Erteilung einer Ausnahme nach § 14 Abs. 2 Satz 1 BauGB kommt unter Berücksichtigung der Wertung des § 246 Abs. 12 BauGB in Betracht für ein befristet genehmigtes Bauvorhaben mit Rückbauverpflichtung, das über die festgelegte Frist hinaus keinen Bestandsschutz hat und bei dem es sich damit letztlich um eine Zwischennutzung handelt, die regelmäßig die beabsichtigte Planung und deren wesentliche Verwirklichung nicht erschwert (vgl. hierzu BayVGH, B.v. 24.6.2024 – 9 CS 24.458 – juris Rn. 14).
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Hieran gemessen handelt es sich nach der gebotenen summarischen Prüfung hier nicht um eine Zwischennutzung im vorgenannten Sinn, da die in der Baugenehmigung enthaltene Befristung auf drei Jahre ab Nutzungsaufnahme nicht im erforderlichen Umfang sicherstellt, dass die beabsichtigte Planung der Antragstellerin und deren wesentliche Verwirklichung nicht erschwert wird. Die Baugenehmigung ist ab ihrer Zustellung vier Jahre lang gültig (vgl. Art. 69 Abs. 1 BayBO), innerhalb derer mit der Bauausführung begonnen werden muss, da sie andernfalls erlischt. Unter Berücksichtigung der Zeiten der Bauausführung sowie der Befristung der Genehmigung auf drei Jahre ab Nutzungsaufnahme wurde der Beigeladenen hier eine Rechtsposition eingeräumt, die zeitlich deutlich über die Regeldauer einer Veränderungssperre (§ 17 Abs. 1 BauGB) hinausgeht und selbst den in § 246 Abs. 12 Satz 2 BauGB für die Befreiung von Festsetzungen eines Bebauungsplans genannten maximalen Zeitraum bis 31.12.2030 überschreiten kann. Das Vorhaben hat Auswirkungen auf die Planungsabsichten der Antragstellerin bzw. kann diese haben, da sie mit der Änderung des Bebauungsplans einen Ausschluss von Wohnnutzungen, Anlagen für soziale Zwecke und Beherbergungsbetrieben anstrebt und insbesondere das Gewerbegebiet als Standort für produzierendes Gewerbe weiterentwickeln will. Mit der Erteilung der Baugenehmigung hat die Beigeladene eine Rechtsposition für eine in immissionsschutzrechtlicher Hinsicht (eingeschränkte) schutzwürdige Position (vgl. BayVGH, B.v. 14.2.2018 – 9 BV 16.1694 – BayVBl 2018, 847) inne, die bei Genehmigungen auf anderen Grundstücken im Planungsgebiet insbesondere im Hinblick auf einen Nachtbetrieb zu berücksichtigen wäre. Die Dauer dieser Wirkung hat die Beigeladene weitgehend selbst in der Hand, da sie die Bauausführung innerhalb der Frist des Art. 69 Abs. 1 BayBO und den Zeitpunkt der Nutzungsaufnahme bestimmt und die Dauer der Beeinträchtigung der gemeindlichen Planungshoheit letztlich nicht konkret absehbar ist. Eine Zwischennutzung ohne durchgreifende bauplanungsrechtliche Relevanz liegt daher nicht vor. Dass die Beigeladene nach ihren Ausführungen nicht die Absicht hat, zeitnah auf dem Grundstück Vorhaben, wie sie gemäß § 8 Abs. 1 und 2 BauNVO zulässig sind, zu errichten, sondern das Grundstück unbebaut lassen würde, rechtfertigt keine andere Beurteilung, da es sich um einen Angebotsbebauungsplan handelt und sich das Planungsziel der Antragstellerin mangels schutzwürdiger Nutzung jedenfalls eingeschränkt realisieren ließe.
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1.2. Die Genehmigung konnte voraussichtlich auch nicht auf eine entsprechende Anwendung von § 246 Abs. 12 BauGB gestützt werden.
12
Nach dieser Vorschrift kann für die auf längstens drei Jahre zu befristende Errichtung mobiler Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Es kann offenbleiben, ob § 246 Abs. 12 BauGB auf die Fallkonstellation einer dem Vorhaben entgegenstehenden Veränderungssperre entsprechend anwendbar ist. Zweifel hieran bestehen insoweit, als der Gesetzgeber in § 246 Abs. 8 bis 14 BauGB Sonderregelungen für Vorhaben, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrende betreffen, geschaffen hat. Diese Regelungen sind als Ausnahmevorschriften grundsätzlich eng auszulegen, zumal vor dem Hintergrund der Ausnahmemöglichkeit nach § 14 Abs. 2 BauGB. Weiter kann offenbleiben, wie der Begriff der Errichtung als Anknüpfungsmerkmal für die Befristung in § 246 Abs. 12 Satz 1 BauGB zu verstehen ist (vgl. zum Meinungsstand: VGH BW, U.v. 23.6.2020 – 3 S 2781/18 – juris Rn. 22), da die hier im Genehmigungsbescheid erfolgte Befristung nach den obenstehenden Ausführungen mangels hinreichender Bestimmbarkeit des Endes der Nutzung nicht in ausreichendem Maße die Belange der Antragstellerin berücksichtigt.
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1.3 Das Verwaltungsgericht hat auch zutreffend die Voraussetzungen des § 246 Abs. 14 BauGB verneint.
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Gemäß § 246 Abs. 14 Satz 1 BauGB kann bei Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünften oder sonstigen Unterkünften für Flüchtlinge und Asylbegehrende bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 von den Vorschriften des Baugesetzbuches oder den aufgrund des Baugesetzbuches erlassenen Vorschriften im erforderlichen Umfang abgewichen werden, soweit auch bei Anwendung von § 246 Abs. 8 bis 13 BauGB dringend benötigte Unterkunftsmöglichkeiten im Gebiet der Gemeinde, in der sie entstehen sollen, nicht oder nicht rechtzeitig bereitgestellt werden können.
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Voraussetzung hierfür ist nach § 246 Abs. 14 Satz 5 i.V.m. § 35 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 1 und Satz 3 BauGB die Abgabe einer Verpflichtungserklärung durch den Vorhabenträger, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung bzw. im Falle einer Befristung spätestens nach Ablauf der Geltungsdauer zurückzubauen. Die Erfüllung dieser Verpflichtung soll von der Baugenehmigungsbehörde nach Maßgabe von § 35 Abs. 5 Satz 3 BauGB gesichert werden. Hinsichtlich der Erforderlichkeit einer Verpflichtungserklärung für einen Rückbau folgt nichts anderes aus § 246 Abs. 14 Satz 7 Alt. 2 BauGB. Nach dieser Vorschrift entfällt die Rückbauverpflichtung, wenn sich die Zulässigkeit der nachfolgenden Nutzung aus § 30 Abs. 1, 2 oder § 33 BauGB ergibt. Eine Nachfolgenutzung der Asylbewerberunterkunft, die im Einklang mit dem Bebauungsplan der Antragstellerin steht, hat die Beigeladene selbst nicht benannt und auch nicht zur Genehmigung gestellt, sodass die Verpflichtung zur Abgabe einer Rückbauverpflichtung nicht entfallen ist. Im Übrigen spricht nach dem Wortlaut der Vorschrift, wonach die Zulässigkeit „der“ nachfolgenden Nutzung und damit eine konkrete Nutzung vorausgesetzt wird und nicht „eine“ – beliebige – nachfolgende Nutzung, einiges dafür, dass diese Regelung nicht die Verpflichtung zur Abgabe einer Rückbauverpflichtung an sich entfallen lässt, sondern erst nachgelagert die Verpflichtung zum Rückbau, wenn sich die Zulässigkeit einer nachfolgenden konkreten Nutzung nach § 30 Abs. 1, 2 oder 33 BauGB ergibt. Im Übrigen lässt sich die Frage der Zulässigkeit der Nachfolgenutzung nach § 30 Abs. 1, 2 und § 33 BauGB nur anhand eines konkreten Vorhabens beurteilen.
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Ob die nach Erteilung der Genehmigung vorgelegte Erklärung vom 20. Januar 2025 den gesetzlichen Anforderungen an eine Rückbauverpflichtung genügt und auf welchen Zeitpunkt insoweit für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage im Anwendungsbereich des § 246 Abs. 14 BauGB abzustellen ist, kann offenbleiben, denn es fehlt jedenfalls an der nach § 214 Abs. 14 Satz 5 i.V.m. § 35 Abs. 5 Satz 3 BauGB erforderlichen Sicherstellung des Rückbaus. Nach dieser Vorschrift „soll“ die Baugenehmigungsbehörde durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach § 35 Abs. 5 Satz 2 BauGB sicherstellen. Die Genehmigungsbehörde wird damit bundesrechtlich verpflichtet, bei Erteilung der Genehmigung durch geeignete Maßnahmen die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass der Rückbau, zu dem sich der Vorhabenträger nach § 35 Abs. 5 Satz 2 BauGB i.V.m. § 246 Abs. 14 Satz 5 BauGB verpflichtet hat, nach dauerhafter Nutzungsaufgabe auch auf seine Kosten durchgesetzt wird. Mit der Betonung des Verursacherprinzips hat der Gesetzgeber deutlich gemacht, dass die Kostentragung durch den Vorhabenträger bzw. seinen Rechtsnachfolger durch geeignete Maßnahmen, die mit der Baugenehmigung zu verbinden sind, sichergestellt sein muss. Dazu gehört auch die Absicherung des Liquiditätsrisikos. Nach dem gesetzgeberischen Regelungszweck soll die Durchsetzung der Rückbaupflicht nicht daran scheitern, dass von einer Vollstreckung abgesehen wird, weil keine ausreichenden öffentlichen Mittel für eine Ersatzvornahme zur Verfügung stehen (vgl. BVerwG, U.v. 17.10.2012 – 4 C 5.11 – BVerwGE 144, 341).
17
Besondere Umstände für ein Absehen von der Sicherheitsleistung sind hier nicht erkennbar und auch nicht vorgetragen. Die Baugenehmigung lässt keine Ermessenserwägungen für einen vollständigen Verzicht auf eine Sicherheitsleistung für die Rückbauverpflichtung erkennen. Dass der Freistaat Bayern der Mieter der Unterkunft ist, rechtfertigt keine andere Beurteilung, da die Beigeladene zum Rückbau verpflichtet ist. Die in der Genehmigung enthaltene Nebenbestimmung zum Rückbau vermag das Fehlen der Sicherheitsleistung nicht zu kompensieren, weil das Erfordernis einer Sicherheitsleistung auf die Absicherung der Kosten des Rückbaus abstellt, zu dem sich der Vorhabenträger nach § 35 Abs. 5 Satz 2 BauGB verpflichten muss. Die Nebenbestimmung in der Baugenehmigung ist die Grundlage für weitere Maßnahmen im Wege der Vollstreckung. Sie stellt aber nicht sicher, dass bei einer etwaigen Ersatzvornahme die Kosten des Rückbaus nicht der Allgemeinheit zur Last fallen, sofern sie bei der Beigeladenen nicht beigetrieben werden können.
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2. Gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass bei unterstellter Unwirksamkeit der Veränderungssperre auf Grund der Unwirksamkeit des ursprünglichen Bebauungsplans das Vorhabengrundstück im Außenbereich gelegen ist und die Voraussetzungen des § 246 Abs. 9 bzw. Abs. 13 BauGB nicht erfüllt sind, wendet sich die Beschwerde nicht. Im Übrigen besteht auch im Anwendungsbereich des § 246 Abs. 13 BauGB das Erfordernis einer Sicherheitsleistung für den Rückbau, für das die obenstehenden Ausführungen entsprechend gelten.
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Die Beigeladene hat die Kosten des Verfahrens zu tragen, da ihr Rechtsmittel erfolglos geblieben ist (§ 154 Abs. 2 VwGO). Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1‚ § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG i.V.m. Nr. 1.5 und 9.10 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit und entspricht dem vom Verwaltungsgericht festgesetzten Betrag.
20
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).