Inhalt

VGH München, Beschluss v. 10.06.2025 – 15 CS 25.874
Titel:

Nachbarklage gegen Baugenehmigung zur Standorterweiterung eines Gewerbebetriebs

Normenketten:
VwGO § 146
BauNVO § 15 Abs. 1 S. 2
BauGB § 33
Leitsätze:
1. Es besteht kein nachbarschützender Anspruch auf Bewahrung des Außenbereichs. (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)
2. Der Nachbarschutz eines außerhalb der Grenzen des Plangebiets belegenen Grundstückseigentümers sowie im Falle der Unwirksamkeit des Bebauungsplans im Außenbereich bestimmt sich ausschließlich nach § 15 Abs. 1 S. 2 BauNVO. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Anforderungen, die das Gebot der Rücksichtnahme im Einzelnen begründet, hängen wesentlich von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zu Gute kommt, desto mehr kann er an Rücksichtnahme verlangen, je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen, wobei darauf abzustellen ist, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Nachbarbeschwerde, Erweiterung eines Unternehmens mit mehreren Gebäuden, Gebot der Rücksichtnahme, Nachbarklage, Nachbarschutz, Baugenehmigung, Gewerbegebiet, Rücksichtnahmegebot, Gebietserhaltungsanspruch, Abstandsflächen, Außenbereich, Plangebiet, Bebauungsplan, Zumutbarkeit
Vorinstanz:
VG Augsburg, Beschluss vom 14.04.2025 – Au 5 S 25.376
Fundstelle:
BeckRS 2025, 13944

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
III. Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
1
Die Antragstellerin wendet sich gegen eine der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung zur Standorterweiterung deren Gewerbebetriebs.
2
Mit Unterlagen vom 5. August 2024 beantragte die Beigeladene die Erteilung einer Baugenehmigung für die Standorterweiterung ihres Unternehmens. Geplant sind die Errichtung eines dreigeschossigen Frontbaus mit Büroräumen und Showbereich (Gebäudeteil A1), eine Montage-, Produktions- und Logistikhalle (Gebäudeteil A2), eine Verbindungshalle für Wartungs- und Montageplätze sowie Wertstoffbereich (Gebäudeteil A3) sowie ein Anbau an die Bestandshalle C1. Das Bauvorhaben soll im Wesentlichen im Süden der bestehenden Gebäude und Hallen, die sich im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 24 „… … Straße“ in der Fassung der 2. Änderung am südlichen Ortsrand der Gemeinde S. … befinden, errichtet werden. Für den Bereich des Betriebs samt der vorgesehenen Erweiterung liegt der in Aufstellung befindliche projektbezogene Bebauungsplan Nr. 37 „Gewerbegebiet an der … Straße II“ der Gemeinde S. … vor. Die Baugenehmigung wurde der Beigeladenen vom Landratsamt mit Bescheid vom 31. Januar 2025 erteilt.
3
Die Antragstellerin ist Eigentümerin des östlich des Plangebiets und südöstlich des bestehenden Gewerbebetriebs der Beigeladenen gelegenen Grundstücks, das im Westen mit einem Wohngebäude und im Übrigen mit einem landwirtschaftlichen Betrieb bebaut ist. Mit Schriftsatz vom 14. Februar 2025 hat sie Klage gegen die Baugenehmigung vom 31. Januar 2025 erhoben (Az. Au 5 K 25.375), über die noch nicht entschieden ist. Gleichzeitig hat sie Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gestellt, den das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 14. April 2025 ablehnte. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass das Bauvorhaben keine bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenvorschriften verletzt, auf die sich die Antragstellerin berufen könnte und weder der Gebietserhaltungsanspruch noch das Gebot der Rücksichtnahme verletzt werden. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin.
4
Sie ist der Ansicht, die Entscheidung des Verwaltungsgerichts sei ermessensfehlerhaft, weil bei objektiver Beurteilung zumindest offene Erfolgsaussichten bestünden und sich die Interessenabwägung nicht in erster Linie an den wirtschaftlichen Interessen eines Industrieunternehmens orientieren dürfe. Das Verwaltungsgericht behaupte ohne Prüfung, dass die Abstandsflächen eingehalten seien. Die Baugenehmigung sei zu Unrecht auf die Planreife gem. § 33 BauGB gestützt worden; die Voraussetzungen hierfür lägen nicht vor und ohne den Bebauungsplan handle es sich um ein bauplanungswidriges Vorhaben im Außenbereich. Es sei verfehlt, wenn das Verwaltungsgericht zu dem Ergebnis komme, dass unabhängig von der Beurteilungsgrundlage ein Gebietserhaltungsanspruch ausscheide. Das Bauvorhaben verletze das Gebot der Rücksichtnahme, weil es eine erdrückende und einmauernde Wirkung habe. Unmittelbar angrenzend an das Grundstück der Antragstellerin werde ein 14 m hoher und 50 m langer Gebäudekomplex errichtet, der sich zudem an bestehende Gebäude anschließe. Dies habe das Verwaltungsgericht nicht zutreffend berücksichtigt. Gerade aufgrund der Fortführung der Gebäude verstärke sich der Einmauerungseffekt. Zudem seien die Lärmimmissionen fehlerhaft beurteilt worden. Allein das von der Beigeladenen in Auftrag gegebene Gutachten könne keine hinreichende Grundlage bilden; eine neutrale Bewertung sei nicht erfolgt. Das Verwaltungsgericht habe außer Acht gelassen, dass die Beigeladene ein erhebliches wirtschaftliches Interesse an der Verwirklichung des Vorhabens habe. Die Errichtung einer Logistikhalle und zahlreicher Parkplätze sprächen dagegen, dass kein nennenswerter Verkehrszuwachs erfolge. Die Entscheidung beruhe daher auf vermeintlichen Grundlagen, die sich aus fiktiven Parametern ergäben.
5
Die Antragstellerin hat beantragt,
6
unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 14. April 2025 die aufschiebende Wirkung ihrer Klage anzuordnen und „der Beklagten“ aufzugeben, bis zur Entscheidung in der Hauptsache die Bauarbeiten einzustellen und fortan alle Maßnahmen zur Ausführung des Vorhabens zu unterlassen.
7
Der Antragsgegner hat beantragt,
8
die Beschwerde zu verwerfen.
9
Die Beschwerde sei bereits unzulässig, da die Antragstellerin lediglich ihren erstinstanzlichen Vortrag wiederhole und sich nicht mit der Begründung des Verwaltungsgerichts auseinandersetze. Dem Antrag auf Einstellung der Bauarbeiten fehle das Rechtsschutzbedürfnis, da nicht ersichtlich sei, dass sich die Beigeladene einer Anordnung der aufschiebenden Wirkung widersetzen würde.
10
Im Übrigen sei die Beschwerde unbegründet. Die Einhaltung der Abstandsflächen ergebe sich zweifelsfrei aus dem amtlichen Lageplan. Die Ausführungen der Antragstellerin zum Gebietserhaltungsanspruch seien nicht nachvollziehbar, da ihr Grundstück außerhalb des Plangebiets liegt. Weder bei Zugrundelegung des Bebauungsplans noch bei Annahme von Außenbereich könne sich die Antragstellerin auf einen Gebietserhaltungsanspruch berufen. Eine einmauernde Wirkung liege nicht vor; das Verwaltungsgericht habe hierbei auch nicht ausschließlich auf die Indizwirkung der Einhaltung der Abstandsflächen abgestellt, sondern zusätzlich die konkrete Lage und Dimension des Bauvorhabens sowie die Lage des Grundstücks der Antragstellerin berücksichtigt. Hinsichtlich der Lärmimmissionen könne die Antragstellerin die fachliche Richtigkeit des Gutachtens nicht erschüttern. Das Gutachten sei geprüft worden und fachliche Mängel konnten nicht festgestellt werden. Die Behauptungen der Antragstellerin seien unsubstantiiert und setzten sich nicht mit der Begründung des Verwaltungsgerichts auseinander.
11
Die Beigeladene hat beantragt,
12
die Beschwerde zu verwerfen, hilfsweise zurückzuweisen.
13
Die Beschwerde setze sich nicht hinreichend mit der Begründung des Verwaltungsgerichts auseinander und werde den Darlegungsanforderungen nicht gerecht. Im Übrigen sei die Entscheidung des Verwaltungsgerichts fehlerfrei ergangen; auch bei offenen Erfolgsaussichten ergebe sich wegen der Wertung des § 212a BauGB kein anderes Ergebnis. Ein Abstandsflächenverstoß sei nicht vorgetragen; vielmehr bestehe ausreichend Abstand zum Grundstück der Antragstellerin. Die vorgebrachten Einwendungen gegen den Bebauungsplan seien ordnungsgemäß behandelt worden und im Übrigen in diesem Verfahren nicht relevant. Auch einen Gebietserhaltungsanspruch habe die Antragstellerin nicht dargelegt. Der Hauptbaukörper sei nur 11,65 m und das der Antragstellerin nächstgelegene Gebäude nur 9,17 m hoch. Bei einem Mindestabstand zum Gebäude der Antragstellerin zwischen 34 m und 44 m komme dem Bauvorhaben daher auch keine erdrückende oder einmauernde Wirkung zu. Bei dem Baukörper C3 handle es sich zwar um ein Bestandsgebäude, das Verwaltungsgericht habe aber zutreffend auch die Gesamtsituation berücksichtigt. Schließlich lege die Beschwerde auch keine Zweifel an der schalltechnischen Untersuchung dar. Das Gutachten komme auch bei Annahme eines worst-case-Szenarios dazu, dass keine unzumutbaren Belastungen für die Antragstellerin vorlägen. Gestaltung und Situierung der Gebäude führten vielmehr zu einer größtmöglichen schalltechnischen Abschirmung des Grundstücks der Antragstellerin. Eine substantiierte Auseinandersetzung mit dem Verkehrslärm fehle ebenfalls. Aus der Beschwerde lasse sich nicht entnehmen, weshalb der das Betriebsgelände der Beigeladenen verlassende Lkw-Verkehr nicht den kürzesten Weg zur übergeordneten Staatstraße nehmen sollte.
14
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten in beiden Instanzen und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
II.
15
Die Beschwerde bleibt erfolglos. Bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage, wie sie das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes kennzeichnet, hat das Verwaltungsgericht die Anträge der Antragstellerin im Ergebnis zu Recht abgelehnt. Die allein zu prüfenden Beschwerdegründe (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 3 und 6 VwGO) rechtfertigen keine Abänderung des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses. Die vorzunehmende Abwägung der gegenseitigen Interessen geht zulasten der Antragstellerin aus.
16
1. Das Verwaltungsgericht verneint im Ergebnis zutreffend einen Abstandsflächenverstoß des Bauvorhabens gegenüber der Antragstellerin.
17
Zwar geht das Verwaltungsgericht – entgegen dem angefochtenen Bescheid vom 31. Januar 2025 – davon aus, dass die Baugenehmigung im vereinfachten Verfahren gem. § 59 BayBO erteilt wurde (BA S. 14). Die bloße Behauptung, das Verwaltungsgericht habe die Abstandsflächen nicht geprüft, ist aber schon im Hinblick auf die gesetzliche Regelung des Art. 59 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b BayBO nicht nachvollziehbar und stellt auch keine substantiierte Auseinandersetzung mit der Begründung des Verwaltungsgerichts dar (§ 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO). Denn das Verwaltungsgericht führt aus, dass die erforderlichen Abstandsflächen auf den Baugrundstücken nachgewiesen werden (BA S. 15), was den Eintragungen der Abstandsflächen auf dem vorgelegten Auszug aus dem Liegenschaftskataster (vgl. Bl. 168 der Behördenakte) entspricht.
18
Im Übrigen gilt für die Abstandsflächenbetrachtung auch nach dem in Aufstellung befindlichen Bebauungsplan „Gewerbegebiet an der … Straße II“ Art. 6 BayBO in der jeweils geltenden Fassung (vgl. § 3 Abs. 3 der textlichen Festsetzungen). Damit kommt es – unabhängig von der Wirksamkeit des Bebauungsplans – zur Anwendung der gesetzlichen Regelungen. Nach Art. 6 Abs. 5 Satz 1 BayBO beträgt die Tiefe der Abstandsfläche im Gewerbegebiet 0,2 H, mindestens 3 m, was bei einer Wandhöhe von 9,175 m eine Abstandsflächentiefe von 3 m ergibt, die ausweislich des o.g. Plans eingehalten ist.
19
Im Falle der Unwirksamkeit des Bebauungsplans würde die Abstandsfläche im dann vorliegenden Außenbereich nach Art. 6 Abs. 4 Satz 1 BayBO 1 H betragen, d.h. bei einer Wandhöhe von 9,175 m auch 9,175 m Abstandsfläche erfordern. Diese Abstandsfläche wäre im Falle der Unwirksamkeit des Bebauungsplans zwar ausweislich der Planunterlagen auf den Baugrundstücken (vgl. Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayBO) wohl nicht eingehalten und erstreckte sich auf die westlichen Nachbargrundstücke. Die Antragstellerin ist allerdings von den zu errichtenden Baukörpern nicht als unmittelbar angrenzende Nachbarin betroffen, da sich zwischen dem ihr gegenüberliegenden Baukörper und ihrem Grundstück ein im Eigentum der Gemeinde liegendes Grundstück befindet, das von einer Abstandsflächenüberschreitung ausschließlich betroffen wäre. Aufgrund der relativen Schutzwirkung der Abstandsflächen kann sich die Klägerin in diesem Fall auf einen eventuellen Verstoß gegen Abstandsflächenvorschriften nicht berufen (vgl. BayVGH, B.v. 22.11.2024 – 15 CS 24.1771 – juris Rn. 17 m.w.N.; B.v. 17.4.2000 – GrS 1/1999, 14 B 97.2901 – juris Rn. 20).
20
2. Das Verwaltungsgericht stellt zutreffend darauf ab, dass sich die Antragstellerin nicht auf einen Gebietserhaltungsanspruch berufen kann (BA S. 15 ff.).
21
Im Falle der Zulässigkeit des Bauvorhabens während der Aufstellung des Bebauungsplans nach § 33 Abs. 1 BauGB hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass das Grundstück der Antragstellerin nicht im Plangebiet liegt und kein gebietsübergreifender Gebietserhaltungsanspruch besteht (BA S. 15, 18). Hiergegen ist nichts zu erinnern (vgl. BVerwG, B.v. 18.12.2007 – 4 B 55.07 – juris Rn. 6). Im Falle fehlender Planreife nach § 33 Abs. 1 BauGB liegen die wesentlichen Teile der Baugrundstücke im Außenbereich, in dem es keinen Gebietserhaltungsanspruch gibt (BA S. 17). Auch dies ist nicht zu beanstanden (vgl. BayVGH, B.v. 23.1.2018 – 15 CS 17.2575 – juris Rn. 20; B.v. 9.6.2021 – 1 ZB 18.2158 – juris Rn. 12). Es besteht kein nachbarschützender Anspruch auf Bewahrung des Außenbereichs (vgl. BayVGH, B.v. 29.10.2020 – 15 ZB 20.469 – juris Rn. 9). Die Ausführungen in der Beschwerde zu einer unzulässigen Gleichstellung des in Aufstellung befindlichen Bebauungsplans mit einem beschlossenen Bebauungsplan sind weder nachvollziehbar, noch setzen sie sich mit den o.g. Ausführungen des Verwaltungsgerichts zum Nichtbestehen eines Gebietserhaltungsanspruchs auseinander (§ 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO).
22
3. Das Bauvorhaben verletzt voraussichtlich auch nicht das Gebot der Rücksichtnahme gegenüber der Antragstellerin.
23
Der Nachbarschutz eines außerhalb der Grenzen des Plangebiets belegenen Grundstückseigentümers sowie im Falle der Unwirksamkeit des Bebauungsplans im Außenbereich bestimmt sich hier ausschließlich nach § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO (vgl. BVerwG, B.v. 18.12.2007 – 4 B 55.07 – juris Rn. 6). Die Anforderungen, die das Gebot der Rücksichtnahme im Einzelnen begründet, hängen dabei wesentlich von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zu Gute kommt, desto mehr kann er an Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Abzustellen ist darauf, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist (vgl. BVerwG, U.v. 18.11.2004 – 4 C 1.04 – juris Rn. 22; BayVGH, B.v. 11.6.2024 – 15 ZB 24.342 – juris Rn. 11). Hiervon ist das Verwaltungsgericht zutreffend ausgegangen (BA S. 19 f.).
24
a) Das Verwaltungsgericht hat zu Recht darauf hingewiesen (BA S. 20 f.), dass eine einmauernde oder erdrückende Wirkung nur bei nach Höhe und Volumen übergroßen Baukörpern in geringem Abstand zu benachbarten Wohngebäuden in Betracht kommt (vgl. BayVGH, B.v. 22.11.2024 – 15 CS 24.1771 – juris Rn. 25). Eine derartige Situation lässt sich den genehmigten Plänen trotz der vorgesehenen Bebauung im Westen des Grundstücks der Antragstellerin angesichts der versetzten Errichtung der Gebäude, der Abstände und der Freiflächen nicht entnehmen. Hierbei ist das Verwaltungsgericht auch zutreffend von einer Indizwirkung bei Einhaltung der Abstandsflächen ausgegangen (vgl. BayVGH, B.v. 15 CS 22.1750 – juris Rn. 31). Es hat sodann die konkrete örtliche Situation, die tatsächlichen Abstände und die Bebauung auf dem Grundstück der Antragstellerin bewertet (BA S. 21) und zudem die geplante Festsetzung und damit Freihaltung der gemeindlichen Grundstücke zwischen dem Grundstück der Antragstellerin und den Baugrundstücken Richtung Süden berücksichtigt (BA S. 22). Hiermit setzt sich die Beschwerde nicht auseinander. Der Einwand, das Verwaltungsgericht habe keine Gesamtschau vorgenommen und der Bestandskomplex C3 müsse bei einer Beurteilung der erdrückenden Wirkung mitberücksichtigt werden, weil sich aufgrund der Fortführung der Bebauung die Einmauerung verstärke, mag zutreffen. Er führt jedoch angesichts der o.g. örtlichen Situation, der vorhandenen Abstände und der im Bereich der Antragstellerin nach Süden, Norden und Osten ansonsten aufgelockerten Umgebungsbebauung zu keiner anderen Beurteilung. Die örtliche Situation mag in Bezug auf die Bebauung der Baugrundstücke durch die Beigeladene für das bisher am Rand zum Außenbereich gelegene Grundstück und Wohngebäude der Antragstellerin unbefriedigend sein; eine Rücksichtslosigkeit ergibt sich hieraus aber nicht.
25
b) Das Verwaltungsgericht hat ferner ausgeführt, dass die Antragstellerin durch die Verwirklichung des Bauvorhabens voraussichtlich auch keinen Lärmimmissionen ausgesetzt ist, die die für die Bestimmung der Zumutbarkeitsschwelle des Rücksichtnahmegebots nach dem Immissionsschutzrecht maßgebliche Schwelle schädlicher Umwelteinwirkungen i.S.d. § 3 Abs. 1, § 22 Abs. 1 BImSchG übersteigen (BA S. 23). Es stützt sich hierbei auf die der angefochtenen Baugenehmigung vom 31. Januar 2025 beigefügten Auflagen zum Lärmschutz sowie die schalltechnische Verträglichkeitsuntersuchung vom 11. Oktober 2024 (BA S. 23), auf die die Baugenehmigung gem. Auflage Nr. 5.2.10 ausdrücklich Bezug nimmt. Danach ist auch nur das Vorhaben wie dort beschrieben genehmigt und Gegenstand der Baugenehmigung.
26
Aus der Stellungnahme des Umweltingenieurs beim Landratsamt vom 14. Januar 2025 (Behördenakte Bl. 86) ergibt sich insbesondere, dass der Untersuchung die Emissionen der geplanten Nutzung als worst-case-Szenario zugrunde gelegt sind, alle IRWA und IRW tagsüber und nachts, alle Spitzenpegel tagsüber und nachts eingehalten werden und einzelne Werte gegengerechnet wurden und plausibel sind. Hiermit setzt sich die Antragstellerin nicht substantiiert auseinander und zeigt weder fachliche noch sonstige Mängel der schalltechnischen Verträglichkeitsuntersuchung vom 11. Oktober 2024 oder der immissionschutzfachlichen Stellungnahme vom 14. Januar 2025 auf. Dass das von einem Dritten stammende Gutachten von der Beigeladenen beauftragt wurde, ist unerheblich und entspricht den gesetzlichen Regelungen (vgl. BayVGH, B.v. 14.1.2025 – 15 ZB 24.1582 – juris Rn. 13).
27
In gleicher Weise unsubstantiiert (§ 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO) ist der Einwand, Logistik und Parkplätze sprächen dagegen, dass kein nennenswerter vorhabenbedingter Verkehrszuwachs zu erwarten ist. Das Verwaltungsgericht hat insoweit unter Auseinandersetzung mit den vorgelegten Planunterlagen des in Aufstellung befindlichen Bebauungsplans, dem Verkehrskonzept und der schalltechnischen Untersuchung ausgeführt, dass die durch das Bauvorhaben bedingte Zunahme des Verkehrs auf öffentlichen Verkehrsflächen für das Grundstück der Antragstellerin nicht zu einem Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot führt (BA S. 26 ff.).
28
4. Soweit die Antragstellerin im Beschwerdeverfahren ihren Antrag auf bauaufsichtliches Einschreiten aufrechterhält, bleibt die Beschwerde ebenfalls erfolglos. Die Beschwerde geht – über die bloße Antragstellung – auf den genannten Antrag bereits nicht weiter ein, setzt sich nicht mit den Ausführungen des Verwaltungsgerichts auseinander und wird dementsprechend den Darlegungsanforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO nicht gerecht. Im Übrigen fehlt es sowohl an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs als auch eines Anordnungsgrundes nach § 123 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2, § 294 ZPO (vgl. BayVGH, B.v. 24.11.2023 – 15 CS 23.1816 – juris Rn. 34).
29
Damit fällt die Interessenabwägung mangels Erfolgsaussichten in der Hauptsache auch im Beschwerdeverfahren zu Lasten der Antragstellerin aus. Über diese starke Indizwirkung hinausgehende Aspekte, die zu einer anderen Entscheidung führen könnten, sind weder ersichtlich noch dargelegt.
30
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Da die Beigeladene im Beschwerdeverfahren einen eigenen Antrag gestellt hat und damit auch ein Kostenrisiko übernommen hat (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO), entspricht es der Billigkeit, dass diese ihre außergerichtlichen Kosten erstattet erhält (§ 162 Abs. 3 VwGO).
31
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG i.V.m. Nr. 1.5, 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Sie folgt der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen dessen Festsetzung die Streitbeschwerde des Bevollmächtigten der Antragstellerin mit Beschluss des Senats vom selben Tag zurückgewiesen wird (Az. 15 C 25.873).
32
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).