Titel:
Keine religiöse Verfolgung von Angehörigen der Yaresan im Iran
Normenketten:
AsylG § 3 Abs. 1, § 3a Abs. 1
RL 2011/95/EU Art. 9 Abs. 1 lit. a
Leitsätze:
1. Auf der Grundlage der vorhandenen Erkenntnismittel kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Gruppe der Angehörigen der Yaresan als solche von den iranischen Behörden verfolgt wird; Repressionen und Verfolgung basieren, soweit bekannt, auf individuellen Fällen. (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine exilpolitische Tätigkeit ist dann asylrelevant, wenn sie in einem nach außen hin in exponierter Weise erfolgten Auftreten für eine regimefeindliche Organisation besteht. (Rn. 40) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Asylrecht (Iran), Keine Gruppenverfolgung der Yaresan (Ahl-e, Haqq), Keine begründete Furcht vor Verfolgung bei Fortsetzung religiöser Aktivitäten der Yaresan im Iran, Asylrecht, Iran, Angehörige der Yaresan, religiöse Verfolgung, Gruppenverfolgung, Verfolgungsintensität, exilpolitische Betätigung, Nachfluchtgrund
Fundstelle:
BeckRS 2025, 13172
Tenor
1.Die Klage wird abgewiesen.
2.Die Kläger tragen die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
Tatbestand
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Die Kläger sind iranische Staatsangehörige persischer Volkszugehörigkeit und Angehörige der Religionsgemeinschaft der Yaresan. Der am … 1988 in … geborene Kläger zu 1) und die am … 1986 in … geborene Klägerin zu 2) sind verheiratet und die Eltern der am … 2013 ebenfalls in … geborenen Klägerin zu 3).
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Nach ihrer Einreise in das Bundesgebiet am 8. Oktober 2021 stellten die Kläger am 12. November 2021 einen förmlichen Asylantrag.
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In seiner Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am 29. November 2021 gab der Kläger zu 1) insbesondere an, die Kläger seien vom Iran nach Belarus mit ihren Reisepässen gekommen. Danach seien sie mit einem Schleuser weitergekommen. Für Belarus hätten sie ein Visum gehabt. Bei der Ausreisekontrolle im Iran habe es keine Probleme gegeben. Der Kläger zu 1) sei Gerüstbauer gewesen. Weil dies eine schwere Arbeit gewesen sei, hätten sie die Firma nicht registrieren können, weil keine Versicherung sie aufnehmen habe wollen. Die Firma hätten sie zu dritt geführt, seine beiden Brüder und er. Zu seinem Verfolgungsschicksal und den Gründen für seinen Asylantrag führte der Kläger zu 1) insbesondere aus, das Land habe er wegen seiner Religion verlassen müssen. Der Iran erkenne ihre Religion nicht als offiziellen Glauben an. Sie seien eine Minderheit. Das gebe Probleme. Sie müssten ihre Religion in der Gesellschaft verleugnen und lügen, damit sie in diesem Land vorangehen wollten. Wenn sie Personaldokumente haben wollten, müssten sie angeben, dass sie Muslime seien. Er habe in der Schule seiner Tochter lügen müssen, dass sie Muslime seien, damit sie sie anmelden haben können. Sie gehörten zu Ahl-e Haqq, aber sie müssten sich überall als Muslime bezeichnen. Sie dürften ihre religiösen Veranstaltungen nicht abhalten, dürften ihre Toten nicht nach ihrer Sitte bestatten. Sie zerstörten ihre heiligen Plätze und Friedhöfe. Sie hätten Jam Khaneh gebaut, das seien ihre heiligen Orte. Diese Stätten seien zerstört worden. Sie seien verhaftet worden und hätten eine Unterlassungserklärung abgeben müssen. Es sei vor Corona gewesen, als er seine Tochter in der Schule anmelden habe wollen. Er habe sagen müssen, dass seine Tochter S. sei, ansonsten hätte er sie nicht in der Schule anmelden können. Er habe alles mit seiner Frau besprochen und ihr gesagt, dass sie hier nicht mehr leben könnten. Er habe nicht mehr lügen wollen. Er habe nicht seiner Tochter beibringen wollen, dass sie auch lügen solle. Sie hätten ihren heiligen Ort auf einem Grundstück mit nur 40 qm errichten wollen und nicht einmal das hätten sie gedurft. Das sei nur psychische Folter gewesen, in dieser Gesellschaft zu leben. Sie hätten Anrufe mitten in der Nacht zwischen 2:00 Uhr und 4:00 Uhr morgens bekommen, wo man nur Funkgeräusche gehört habe. Auf Nachfrage zu der von ihm angesprochenen Festnahme führte der Kläger zu 1) weiter aus, als sie beim Begräbnis ihrer Märtyrer gewesen seien, seien sie bedroht worden, und als sie beim Bau ihrer Jam Khaneh gewesen seien, hätten sie es zerstört und sie vier festgenommen. Er sei einen Tag dort gewesen und danach habe er eine Unterlassungserklärung unterschreiben müssen und sei freigelassen worden. Sie hätten danach aber weitergemacht. Sie hätten überhaupt nicht religiös aktiv sein dürfen. Ihre Jam Khaneh seien in … alle gesperrt worden. Alle heiligen Stätten seien geschlossen worden. Nachdem alle ihre Orte versiegelt worden seien, hätten sie beschlossen, im Dorf … eine Jam Khaneh zu bauen. Als sie ihren Friedhof eingerichtet hätten, hätten sie ihn mit Bulldozern zerstört. Auf Nachfrage, wann er festgenommen worden sei, erklärte der Kläger zu 1), das sei 1394 (2015/2016) gewesen. Auf Nachfrage, ob er anschließend persönlich noch irgendwelche Probleme mit Behörden gehabt habe, erklärte der Kläger zu 1), er sei immer unter Beobachtung gewesen. Sie hätten sie auf verschiedene Arten gestört. Er nennt drei größere Gerüstbauverträge, wo der Ettelaat ihnen die Aufträge weggenommen habe. Eine andere Arbeit sei von Ettelaat so organisiert worden, dass sie die Bauteile nicht zurückbekommen hätten. Am Ende hätten sie auf 90 Prozent des Geldes verzichten müssen, um die Gerüstbauteile zurückzubekommen. Auf Nachfrage, was letztlich das auslösende Ereignis gewesen sei, das ihn zur Ausreise veranlasst habe, nannte der Kläger zu 1) die Schulanmeldung seiner Tochter. Er habe akzeptiert, dass er ganze 34 bis 35 Jahre gelogen habe, wie es ihm von seinem Vater beigebracht worden sei. Er habe es nicht in gleicher Weise seiner Tochter beibringen wollen, genauso zu leben. Der Druck in seinem Alltag sei zu groß geworden. Auf Nachfrage, in welchem Jahr die Tochter eingeschult worden sei, gab der Kläger zu 1) an, etwa vor zwei Jahren, bevor der Online-Unterricht angeboten worden sei. Auf Nachfrage bestätigte der Kläger zu 1), dass es 2019 gewesen sei.
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Die Klägerin zu 2) gab in ihrer Anhörung vor dem Bundesamt am 29. November 2021 im Wesentlichen an, sie seien wegen ihrer religiösen Probleme aus dem Iran ausgereist. Bei der Ausreisekontrolle am Flughafen habe es keine Probleme gegeben. Die Regierung erkenne ihre Religion nicht an. Sie gehörten einer Minderheit im Iran an und das löse Probleme aus. Sie wollten nur ihre Religion ausüben, aber dabei würden sie ständig belästigt. Das ganze Leben müssten sie lügen, sonst kämen sie nicht durch. Die Plätze für ihre Versammlungen und Gebete würden zerstört. Sie bekämen keine Dokumente, wenn sie nicht lügten bzw. nicht sagten, dass sie Schiiten seien. Gesellschaftlich seien sie nicht akzeptiert. Sie müssten ein Leben lang lügen und wollten nicht, dass ihre Tochter auch lügen müsse. Diese Erniedrigungen seien unerträglich gewesen. Sie hätten etwas für ihr Kind tun wollen. Auf Nachfrage, welche Nachteile sie persönlich wegen ihres Glaubens gemacht habe, erklärte die Klägerin zu 2), sie seien bedroht worden und ihre Veranstaltungen seien verboten worden. Im 1394 (2015/2016) hätten sie einen Platz für ihren Gottesdienst bauen wollen. Deswegen sei ihr Mann, sein Bruder und ein weiterer festgenommen worden. Sie seien dann psychisch gefoltert worden. Dabei werde auch die Familie bedroht. Er sei nur für einen Tag festgehalten worden. Auf Nachfrage, was dazu geführt habe, dass sie sich zur Ausreise entschlossen hätten, erklärte die Klägerin zu 2), es sei mittlerweile unerträglich geworden. Sie müssten immer lügen und sie würden gesellschaftlich nicht akzeptiert. Sie hätten nicht gewollt, dass ihre Kinder auch lernten zu lügen. Sie wollten ihren Glauben leben, obwohl sie keine Erwartungen an die Regierung hätten.
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Mit Bescheid vom 5. Dezember 2022 erkannte das Bundesamt den Klägern die Flüchtlingseigenschaft nicht zu (1.), lehnte den Antrag auf Asylanerkennung ab (2.), erkannte ihnen den subsidiären Schutzstatus nicht zu (3.), stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (4.), drohte den Klägern unter Fristsetzung von 30 Tagen zur freiwilligen Ausreise die Abschiebung insbesondere in den Iran an, wobei die Ausreisefrist im Falle einer Klageerhebung 30 Tage nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens ende und die Ausreisefrist bis zum Ablauf der zweiwöchigen Klagefrist ausgesetzt wurde (5.), und ordnete ein auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG an (6.).
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Zur Begründung führte das Bundesamt im Wesentlichen aus, es sei nicht erkennbar, dass die Handlungen, denen die Yaresan ausgesetzt seien, die Annahme einer Gruppenverfolgung rechtfertigten. Dem Vorbringen der Kläger sei nichts zu entnehmen, dass sie ungeachtet einer fehlenden Gruppenverfolgung persönlich einer schutzrelevanten Fehlbehandlung ausgesetzt gewesen seien. Die vom Kläger zu 1) geschilderte Festnahme im Jahr 2015 und seine Freilassung nach nur einem Tag, erfülle schon nicht die Kriterien für eine Verfolgungshandlung. Es sei schon kein schwerwiegender Eingriff in die grundlegenden Menschenrechte erkennbar, zumal der Kläger zu 1) von etwaigen Misshandlungen im behördlichen Gewahrsam nichts berichtet habe. Vor dem Hintergrund der seither vergangenen Zeit bis zur Ausreise sei diese kurzzeitige Festnahme offensichtlich auch nicht fluchtauslösend gewesen. Gleiches gelte für die Verleugnung der Religionszugehörigkeit bei der Klägerin zu 3). Die Kläger zu 1) und 2) hätten insbesondere nicht ausreichend darstellen können, inwieweit die Einschulung der Klägerin zu 3) letztlich ihren Entschluss zur Ausreise befördert haben solle. Die Schulanmeldung sei schon 2019 gewesen, die Kläger selbst seien jedoch erst gut zwei Jahre später ausgereist. Von weiteren nennenswerten Problemen im Zeitraum von 2019 bis 2021 hätten die Kläger indessen nichts berichtet. Gegen eine gezielte Verfolgung der Kläger spreche schließlich, dass die Gerüstbaufirma des Klägers zu 1) trotz der verschiedenen Diskriminierungen in Bezug auf die Gewerbeausübung dennoch wirtschaftlich so stabil aufgestellt gewesen sei, dass die Kläger ihre wirtschaftliche Situation als gut bezeichnet hätten.
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Gegen diesen ihnen am 9. Dezember 2021 zugestellten Bescheid ließen die Kläger am 22. Dezember 2021 Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach erheben.
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Die Kläger beantragten,
die Beklagte unter Aufhebung der Ziffern 1 und 3 bis 6 des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 5. Dezember 2022 zu verpflichten, den Klägern die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, hilfsweise, den Klägern subsidiären Schutz zuzuerkennen, hilfsweise, festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG hinsichtlich Iran bestehen.
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Die Beklagte beantragte,
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Zur Begründung bezog sich die Beklagte auf die angefochtene Entscheidung.
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Mit Beschluss vom 4. Dezember 2024 hat die Kammer den Rechtsstreit dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.
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In der mündlichen Verhandlung vor dem Einzelrichter am 30. Januar 2025 führte die Klägerin zu 2) zur Schulanmeldung der Klägerin zu 3) aus, sie habe in einem Formular die Religion mit „Yarestani“ angegeben. Die Schulleiterin habe daraufhin das Formular zerrissen und ihr erklärt, diese Religion werde nicht akzeptiert. Sie habe der Tochter nicht das Recht auf eine Schulbildung absprechen können. Sie habe keinen anderen Ausweg gesehen. Sie habe daher ein neues Formular genommen und als Religion „Islam“ angegeben. Die Tochter sei daraufhin eingeschult worden. Auf Nachfrage, ob es im Schulbesuch der Klägerin zu 3) zu weiteren Problemen gekommen sei, entgegnete die Klägerin zu 2) die Gegenfrage, warum es zu Problemen hätte kommen sollen. Sie habe den Islam als Religion angegeben. Sie habe der Klägerin zu 3) auch zu Hause den Koran beigebracht. Ihr eigenes heiliges Buch hätten sie nicht gehabt. Die Klägerin zu 2) bestätigte, dass die Einschreibung der Tochter einer der Gründe gewesen sei, die zur Ausreise der Kläger geführt hätten. Sie habe nicht gewollt, dass die Tochter lügen müsse, um eine Bildung zu bekommen. Der Kläger zu 1) führte aus, sie hätten einen heiligen Ort in einem weit entfernten Dorf errichten wollen, um dort zu beten, religiöse Rituale abzuhalten und um einen Raum zu schaffen, wo sich die Glaubensgenossen treffen und ihre Veranstaltungen abhalten könnten. Außerdem hätten sie in der Nähe dort einen Friedhof errichten wollen. Dies sei Anfang 2015 gewesen. Sie hätten das Gebäude heimlich gebaut. Der Bau sei etwa zur Hälfte vollendet worden. Außen seien sie weitestgehend fertig gewesen, der Innenausbau habe gefehlt. Im Zeitraum zwischen 20. Februar und 20. März 2016 sei er dann zusammen mit seinem Bruder und zwei weiteren Personen festgenommen worden. Das Gebäude sei verschlossen worden, der Zutritt nicht länger erlaubt gewesen. Der Kläger zu 1) bestätigte, nach Unterzeichnung einer Unterlassungserklärung freigelassen worden zu sein. Er habe eine Verpflichtungserklärung abgeben müssen, wonach er sich verpflichtet habe, keine weiteren religiösen Aktivitäten durchzuführen, keine heiligen Stätten zu bauen, keine Veranstaltungen zur Beisetzung der Verstorbenen abzuhalten. Der Kläger zu 1) führte aus, er habe von Anfang nicht die Idee gehabt, auszureisen, er habe ja eine Erklärung abgegeben, in der er sich verpflichtet habe, bestimmte Sachen nicht mehr zu tun. Er habe aber an seinem Glauben festgehalten. Nachdem er freigelassen worden sei, habe er an allen Veranstaltungen teilgenommen. Er sei auch einige Male vorgeladen und bedroht worden. Er sei allerdings nicht mehr festgenommen worden. Auch seine Familie sei bedroht worden. Der Kläger zu 1) führte zudem aus, drei bis vier Monate nach seiner Festnahme sei sein Gewerbeschein abgelaufen. Als er ihn habe verlängern lassen wollen, sei er nicht verlängert worden. Er habe keine Arbeitserlaubnis gehabt, habe schwarz arbeiten müssen. Auch Löhne seien ihm nicht gezahlt worden. Der Bruder des Klägers zu 1) sei am 18. November 2022 verhaftet worden. Der Kläger zu 1) habe in Berlin auf einer Demonstration im Zusammenhang mit der Bewegung „Frau-Leben-Freiheit“ teilgenommen. Bilder davon habe man seinem Bruder gezeigt und von ihm wissen wollen, welche Informationen er über den Kläger zu 1) habe. Nach ca. eineinhalb Monaten sei der Bruder gegen Kaution auf freien Fuß gesetzt worden. Der Bruder habe zehn bis fünfzehn Platzwunden am Kopf gehabt und Blutergüsse am gesamten Körper. Der Kläger zu 1) sei online in einer Gruppe von Yaresan aktiv. Die Gruppe habe in Instagram 1.000 Mitglieder, in WhatsApp weniger. Er poste dort eine Story, wenn etwas passiert sei. Deswegen sei auch seine Familie unter Druck gesetzt worden. Die Instagram-Gruppe sei öffentlich, die WhatsApp-Gruppe sei etwas privater. Die Kläger setzten ihre religiösen Aktivitäten auch in Deutschland fort. Sie hätten ihre Veranstaltungen, insbesondere fänden in … Gebetsstunden statt. Hier könnten sie ihren Glauben frei ausleben. Hier würden sie auch wertgeschätzt. Der Bevollmächtigte der Kläger führte aus, die Kläger müssten sich im Iran zum schiitischen Islam bekennen. Dann würde ihnen keine Verfolgung drohen. Die Kläger würden jedoch ihren Glauben offen ausleben wollen. Dies setze sie der Verfolgungsgefahr aus. Die Kläger wollten ihren Glauben nicht länger verheimlichen. Dadurch gerate ihr Leben im Iran in Gefahr. Ebenso wie bei einem Konvertiten, dessen Konversion identitätsprägendes Ausmaß erreiche, müsse bei den Klägern auch gelten, dass, wenn sie ihren Glauben offen ausleben wollten, sie Anspruch auf die Flüchtlingseigenschaft hätten.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichts- und Behördenakten sowie auf die über die mündliche Verhandlung gefertigte Niederschrift Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Über den Rechtsstreit konnte auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 30. Januar 2025 trotz des Ausbleibens der Beklagten entschieden werden (§ 102 Abs. 2 VwGO). Die Beklagte ist mit der Ladung vom 5. Dezember 2024 form- und fristgerecht geladen worden. In der Ladung ist auf die Möglichkeit der Verhandlung und Entscheidung auch bei Ausbleiben eines Beteiligten hingewiesen worden.
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Die zulässige Klage ist nicht begründet.
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Der Bescheid der Beklagten vom 5. Dezember 2021 ist nicht rechtswidrig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 und 5 VwGO). Die Kläger haben auch nach der nach § 77 Abs. 1 AsylG maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung keinen Rechtsanspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG, auf die Zuerkennung des subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 AsylG oder auf die Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG. Darauf aufbauend bestehen auch hinsichtlich der Aufforderung zur freiwilligen Ausreise unter Setzung einer Frist von 30 Tagen verbunden mit der Androhung der Abschiebung und hinsichtlich der Verfügung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots über 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung keine Bedenken.
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Die Kläger sind nicht Flüchtlinge im Sinne des § 3 AsylG.
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Flüchtling ist gemäß § 3 Abs. 1 AsylG, wer sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Herkunftslandes befindet und für den nicht die Ausnahmeregelungen in § 3 Abs. 2 und 3 AsylG gelten. Die Verfolgung kann gemäß § 3c AsylG ausgehen vom Staat (Nr. 1), von Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen (Nr. 2) oder von nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, dem Ausländer Schutz vor Verfolgung (§ 3d AsylG) zu bieten (Nr. 3). Gemäß § 3a Abs. 1 Nr. 1 AsylG gelten Handlungen als Verfolgung, die auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Art. 15 Abs. 2 EMRK keine Abweichung zulässig ist. Dem Ausländer wird die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn die Voraussetzungen des sogenannten internen Schutzes erfüllt sind, wenn er also in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d AsylG hat und sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt (vgl. § 3e Abs. 1 AsylG).
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Die Furcht vor Verfolgung (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG) ist begründet, wenn dem Ausländer die oben genannten Gefahren auf Grund der in seinem Herkunftsland gegebenen Umstände in Anbetracht seiner individuellen Lage tatsächlich drohen. Der in dem Tatbestandsmerkmal „… aus der begründeten Furcht vor Verfolgung …“ des Art. 2 lit. d) der RL 2011/95/EU enthaltene Wahrscheinlichkeitsmaßstab, der in § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG übernommen worden ist, orientiert sich an der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. Er stellt bei der Prüfung des Art. 3 EMRK auf die tatsächliche Gefahr ab („real risk“; vgl. nur EGMR <GK>, U.v. 28.2.2008 – Nr. 37201/06, Saadi – Rn. 125 ff.); das entspricht dem Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit (vgl. BVerwG, U.v. 5.11.1991 – 9 C 118.90 – juris Rn. 17; U.v. 20.2.2013 – 10 C 23.12 – juris Rn. 32; U.v. 4.7.2019 – 1 C 33.18 – juris Rn. 15).
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Dieser Wahrscheinlichkeitsmaßstab setzt voraus, dass bei einer zusammenfassenden Würdigung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhalts die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegensprechenden Tatsachen überwiegen. Dabei ist eine „qualifizierende“ Betrachtungsweise im Sinne einer Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung anzulegen. Nach Art. 4 Abs. 3 der RL 2011/95/EU sind dabei neben den Angaben des Antragstellers und seiner individuellen Lage auch alle mit dem Herkunftsland verbundenen flüchtlingsrelevanten Tatsachen zu berücksichtigen. Es kommt darauf an, ob in Anbetracht dieser Umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Betroffenen Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann (BVerwG, U.v. 5.11.1991 – 9 C 118.90 – juris Rn. 17; U.v. 20.2.2013 – 10 C 23.12 – juris Rn. 32; U.v. 4.7.2019 – 1 C 33.18 – juris Rn. 15).
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Die Tatsache, dass ein Drittstaatsangehöriger bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernst-haften Schaden erlitten hat bzw. von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war, ist nach Art. 4 Abs. 4 der RL 2011/95/EU ein ernsthafter Hinweis darauf, dass die Furcht des Flüchtlings vor Verfolgung begründet ist, bzw. dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass der Betroffene erneut von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden bedroht wird.
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Diese Vorschrift greift sowohl bei der Entscheidung über die Zuerkennung von Flüchtlingsschutz für einen Vorverfolgten (bzw. von Verfolgung unmittelbar Bedrohten) als auch bei der Prüfung der Gewährung subsidiären Schutzes zugunsten desjenigen, der bereits einen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. davon unmittelbar bedroht war. In beiden Varianten des internationalen Schutzes privilegiert sie den von ihr erfassten Personenkreis durch eine Beweiserleichterung, nicht aber durch einen herabgestuften Wahrscheinlichkeitsmaßstab, wie er in der deutschen asylrechtlichen Rechtsprechung entwickelt worden war (vgl. hierzu grundlegend BVerfG, B.v. 2.7.1980 – 1 BvR 147, 181, 182/80 – juris Rn. 52; dem folgend BVerwG, U.v. 31.3.1981 – 9 C 237.80 – juris Rn. 13 f.). Die Vorschrift begründet für die von ihr begünstigten Antragsteller eine widerlegbare tatsächliche Vermutung dafür, dass sie erneut von einer solchen Verfolgung oder einem solchen Schaden bedroht sind (BVerwG, U.v. 4.7.2019 – 1 C 33.18 – juris Rn. 16; U.v. 1.6.2011 – 10 C 25.10 – juris Rn. 22). Die Vorschrift misst den in der Vergangenheit liegenden Umständen Beweiskraft für ihre Wiederholung in der Zukunft bei (vgl. EuGH, U.v. 2.3.2010 – C-175/08 u.a., Abdulla – Rn. 94 ff.). Dadurch wird der Vorverfolgte bzw. Geschädigte von der Notwendigkeit entlastet, stichhaltige Gründe dafür darzulegen, dass sich die verfolgungsbegründenden bzw. schadensstiftenden Umstände bei Rückkehr in sein Herkunftsland erneut realisieren werden.
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Für das Eingreifen der Beweiserleichterung nach Art. 4 Abs. 4 der RL 2011/95/EU ist nicht nur im Rahmen des Flüchtlingsschutzes, sondern auch im Rahmen des subsidiären Schutzes erforderlich, dass ein innerer Zusammenhang zwischen dem früher erlittenen oder unmittelbar drohenden Schaden und dem befürchteten künftigen Schaden besteht. Denn die der Vorschrift zugrundeliegende Vermutung, erneut von einer solchen Verfolgung oder einem solchen Schaden bedroht zu sein, beruht wesentlich auf der Vorstellung, dass eine Verfolgungs- oder Schadenswiederholung – bei gleichbleibender Ausgangssituation – aus tatsächlichen Gründen naheliegt (BVerwG, U.v. 27.4.2010 – 10 C 4.09 – juris Rn. 31).
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Mit Rücksicht darauf, dass sich der Schutzsuchende vielfach hinsichtlich asylbegründender Vorgänge außerhalb des Gastlandes in einem gewissen sachtypischen Beweisnotstand befindet, genügt bezüglich dieser Vorgänge in der Regel die Glaubhaftmachung, die aber den Anforderungen des § 108 Abs. 1 VwGO entsprechen muss, wohingegen für Vorgänge innerhalb des Gastlandes grundsätzlich der volle Nachweis auf Grund von Tatsachen zu fordern ist (vgl. BVerwG, U.v. 16.4.1985 – 9 C 109.84 – juris Rn. 16).
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Bei der Feststellung der für eine Verfolgung im Herkunftsland im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG sprechenden Umstände kommt dem Vorbringen des Schutzsuchenden deshalb besondere Bedeutung zu. Er ist auf Grund der ihm obliegenden Mitwirkungspflichten gehalten, die in seine Sphäre fallenden tatsächlichen Umstände substantiiert und in sich stimmig zu schildern. Das Gericht muss sich die feste Überzeugung vom Wahrheitsgehalt des klägerischen Vorbringens verschaffen können (BVerwG, U.v. 16.4.1985 – 9 C 109.84 – juris Rn. 16; U.v. 12.11.1985 – 9 C 27.85 – juris Rn. 15 f.). Bei erheblichen Widersprüchen oder Steigerungen im Sachvortrag kann dem Schutzsuchenden nur geglaubt werden, wenn diese Unstimmigkeiten überzeugend aufgelöst werden (BVerwG, U.v. 16.4.1985 – 9 C 109.84 – juris Rn. 18; U.v. 23.2.1988 – 9 C 32.87 – juris Rn. 9).
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Von diesen Grundsätzen ausgehend können die Kläger nicht die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG beanspruchen.
27
Zur Überzeugung des Gerichts steht zwar fest, dass die Kläger der Religionsgemeinschaft der Yaresan angehören. Die Zugehörigkeit zu dieser Religionsgemeinschaft führt jedoch nicht zu einer Verfolgung der Kläger im Sinne einer Gruppenverfolgung. Die Annahme einer alle Gruppenmitglieder erfassenden gruppengerichteten Verfolgung setzt eine bestimmte Verfolgungsdichte voraus, welche die Regelvermutung eigener Verfolgung rechtfertigt (vgl. BVerwG, U.v. 5.7.1994 – 9 C 158.94 – juris Rn. 18 m.w.N.). Dies gilt im Grundsatz sowohl bei der sog. mittelbaren Gruppenverfolgung, die sich typischerweise durch Massenausschreitungen zeigt, die das ganze Land oder große Teile desselben erfassen, aber auch durch die Verfolgung unbedeutender oder kleiner Minderheiten mit solcher Härte, Ausdauer und Unnachgiebigkeit, dass sich jeder Angehörige der Minderheit ständig der Gefährdung an Leib, Leben oder persönlicher Freiheit ausgesetzt sieht, als auch bei einer unmittelbar staatlichen Gruppenverfolgung, die im Hinblick auf die prinzipielle Überlegenheit staatlicher Machtmittel auch dann angenommen werden kann, wenn zwar noch keine Vergleichsfälle durchgeführter Verfolgungsmaßnahmen festgestellt werden können, aber hinreichend sichere Anhaltspunkte für ein staatliches Verfolgungsprogramm vorliegen, dessen Umsetzung bereits eingeleitet ist oder alsbald bevorsteht (BVerwG, U.v. 5.7.1994 – 9 C 158.94 – juris Rn. 19 f.). Auch wenn das Gericht nicht verkennt, dass die Lage der Angehörigen der Yaresan im Iran, jedenfalls hinsichtlich deren traditioneller Ausprägung, von Diskriminierungen durch die staatlichen iranischen Behörden geprägt ist, sofern die Angehörigen der Yaresan ihre Religion öffentlich als nicht, wie von den Traditionalisten angenommen, als Teil des schiitischen Islams bezeichnen (vgl. Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformation der Staatendokumentation – Iran, Version 9 v. 17.10.2024, S. 115 ff.; EUAA, Iran – Country Focus, Juni 2024, S. 79; Ministry of Immigration and Integration – The Danish Immigration Service, Iran: The Yaresan v. 6.4.2017, S. 7 ff.), kann gleichwohl auf der Grundlage der vorhandenen Erkenntnismittel nicht davon ausgegangen werden, dass die Gruppe der Angehörigen der Yaresan als solche von den iranischen Behörden zum Ziel von Verfolgungshandlungen gemacht wird (so schon VG Bayreuth, U.v. 13.11.2017 – B 2 K 17.30583 – juris Rn. 28 ff; VG Ansbach, U.v. 11.3.2019 – AN 1 K 16.32274 – juris Rn. 85 ff.). Selbst in Bezug auf Konsequenzen für Angehörige der Yaresan, die sich öffentlich über ihren Glauben äußern und ihn als nicht-muslimisch bezeichnen, wird davon ausgegangen, dass die Gruppe nicht als Ganzes von den Behörden ins Visier genommen wird und systematisch belästigt und inhaftiert wird, nur auf Grund der Tatsache, dass man Yaresan ist (Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformation der Staatendokumentation – Iran, Version 9 v. 17.10.2024, S. 116; Ministry of Immigration and Integration – The Danish Immigration Service, Iran: The Yaresan v. 6.4.2017, S. 8). Repressionen und Verfolgung basieren, soweit bekannt, auf individuellen Fällen (Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformation der Staatendokumentation – Iran, Version 9 v. 17.10.2024, S. 116; Ministry of Immigration and Integration – The Danish Immigration Service, Iran: The Yaresan v. 6.4.2017, S. 8). Die sich aus den Erkenntnismitteln ergebenden allgemeinen Schwierigkeiten der Angehörigen der Yaresan im Iran, darunter Schwierigkeiten bei der Registrierung ihrer Kinder als Yaresan bei der Geburt, Einschränkungen beim Bau von Gebetsstätten, Verfolgung wegen des Drucks ihres Heiligen Buches, Verweigerung des Baus von Gotteshäusern sowie der Zugang zu Bildung und Posten im öffentlichen Dienst sowie auch die soziale Ausgrenzung in Schule und Gemeinschaftseinrichtungen (Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformation der Staatendokumentation – Iran, Version 9 v. 17.10.2024, S. 116 f.), erreichen jedenfalls nicht die für die Annahme von Verfolgungshandlungen erforderliche Intensität, zumal die Intensität des Drucks auf die Yaresan im Iran in der Zeit vor der Ausreise der Kläger angesichts einer gewissen Tendenz zur kulturellen Angleichung nachgelassen haben dürfte (Ministry of Immigration and Integration – The Danish Immigration Service, Iran: The Yaresan v. 6.4.2017, S. 8). Zudem besteht in bekannten Fällen (individueller) Verfolgung, die sich auch vor dem Hintergrund, dass die Angehörigen der Yaresan regelmäßig, wenn auch nicht ausschließlich, Kurden sind, ein schwer abgrenzbarer Überschneidungsbereich, soweit einzelne Angehörige der Yaresan (auch) wegen politischer Aktivitäten als Kurden verfolgt werden (Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformation der Staatendokumentation – Iran, Version 9 v. 17.10.2024, S. 116; Ministry of Immigration and Integration – The Danish Immigration Service, Iran: The Yaresan v. 6.4.2017, S. 8).
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Eine fluchtauslösende individuelle Verfolgung bzw. begründete Furcht vor Verfolgung haben die Kläger nicht vorgetragen.
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Soweit die Kläger sowohl in der Anhörung vor dem Bundesamt als auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Einzelrichter glaubhaft angegeben haben, dass es bei der Einschulung der Klägerin zu 3) zu Schwierigkeiten gekommen sei, als (in der Anhörung) der Kläger zu 1) bzw. (in der mündlichen Verhandlung) die Klägerin zu 2) die Religionszugehörigkeit der Klägerin zu 3) dabei mit „Yaresan“ angegeben habe, erreicht dies in Übereinstimmung mit den allgemeinen Ausführungen nicht die nach § 3a Abs. 1 AsylG für die Annahme einer Verfolgungshandlung erforderliche Intensität. Wie dargestellt erfordert dies Handlungen, die auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen oder in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher Weise betroffen ist. Dies kann vorliegend nicht angenommen werden, zumal es die Kläger letztendlich vermochten – unter Angabe einer islamischen Religionszugehörigkeit – die Klägerin zu 3) ohne weitere Probleme einzuschulen. Das Handeln der Kläger steht dabei nach den vorhandenen Erkenntnismitteln auch in Einklang mit der weit überwiegenden Praxis der Angehörigen der Yaresan, die – wie auch die Kläger zu 1) und zu 2) jeweils aus ihrer Erziehung und Biographie berichten, im öffentlichen Raum als Moslems auftreten (vgl. Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformation der Staatendokumentation – Iran, Version 9 v. 17.10.2024, S. 116; Ministry of Immigration and Integration – The Danish Immigration Service, Iran: The Yaresan v. 6.4.2017, S. 7). Zudem kann mit der Beklagten nicht davon ausgegangen werden, dass die von den Klägern geschilderten Schwierigkeiten bei der Einschulung der Klägerin zu 3) fluchtauslösend waren, zumal die Einschulung der Klägerin zu 3) bereits im Jahr 2019 stattgefunden hat, diese sodann, bis zu pandemiebedingten Einschränkungen des Schulbetriebs, ein halbes Jahr die Schule regulär besucht hat, ohne, dass es zu weiteren Problemen gekommen sei. Dies bestätigte auch die Klägerin zu 2) in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich. Auch im Folgenden verblieben die Kläger bis zu ihrer Ausreise im Jahr 2021 noch insgesamt zwei Jahre im Iran, ohne dass sie dabei deswegen noch Probleme gehabt hätten.
30
Soweit insbesondere der Kläger zu 1) zur weiteren Begründung des Asylantrages darauf abstellt, dass er im Jahr 2015 durch die iranischen Behörden daran gehindert worden sei, eine heilige Stätte und einen Friedhof zu errichten, dafür auch einen Tag in Haft gewesen sei, liegt ebenfalls keine Verfolgungshandlung im Sinne des § 3a Abs. 1 AsylG vor, die, wie ausgeführt, eine gewisse Schwere aufweisen muss. Dass den Angehörigen der Yaresan durch die iranischen Behörden das Errichten von heiligen Stätten nicht gestattet wird zw. diese auch zerstört werden, ist zwar durch die herangezogenen Erkenntnismittel belegt (Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformation der Staatendokumentation – Iran, Version 9 v. 17.10.2024, S. 116 f.; EUAA, Iran – Country Focus, Juni 2024, S. 79; Ministry of Immigration and Integration – The Danish Immigration Service, Iran: The Yaresan v. 6.4.2017, S. 9), führt aber für sich genommen nicht zur Annahme einer Verfolgungshandlung. Gleiches gilt im Ergebnis für die von den Klägern angegebene nur eintägige Verhaftung, zumal auch der Kläger zu 1) in diesem Zusammenhang nichts Weitergehendes vorgetragen hat und im Gegenteil sogar angibt, auch im weiteren Verlauf mit den iranischen Behörden keine weiteren ernsthaften Probleme gehabt zu haben. Dies gilt auch, soweit er angeben hat, in der Folge wiederholt vorgeladen und bedroht worden zu sein. Der Kläger zu 1) bewertet diese Angabe ausdrücklich mit der Abgrenzung, nicht nochmals verhaftet worden zu sein. Auch soweit er hierzu nähere inhaltliche Angeben gemacht hat, wie etwa, dass seien Familie bedroht worden sei, erreichen die geschilderten Einschüchterungsversuche nicht die für eine Verfolgungshandlung im Sinne des § 3a Abs. 1 AsylG erforderliche Schwere. Jedenfalls aber kann nicht angenommen werden, dass die insbesondere vom Kläger zu 1) angegebene Verhaftung im Jahr 2015 fluchtauslösend für die Ausreise im Jahr 2021 gewesen wäre, da hier ein Zeitraum von fünf bis sechs Jahren zwischen der Verhaftung und der Ausreise liegt.
31
Nichts Anderes ergibt sich auch unter Berücksichtigung der Angaben insbesondere des Klägers zu 1), dass er in der Zeit nach seiner Verhaftung mit diversen Schwierigkeiten im Rahmen von öffentlichen Aufträgen zu kämpfen hatte. Soweit der Kläger zu 1) hierzu angegeben hat, dass ihm eine Arbeitserlaubnis bereits verweigert worden wäre, ist dieser Vortrag bereits widersprüchlich, da der Kläger zu 1) selbst ansonsten angegeben hat, zusammen mit anderen, ein Gerüstbauunternehmen erfolgreich geführt zu haben. Zudem ergibt sich aus dem Vortrag des Klägers zu 1), dass er dieses Unternehmen nicht nur im freien Wettbewerb erfolgreich führen konnte, sondern sogar öffentliche Aufträge annehmen konnte. Soweit der Kläger zu 1) angegeben hat, dass ihm teilweise von ihm beanspruchter Lohn nicht ausbezahlt worden ist bzw. er Schwierigkeiten gehabt habe, eingesetztes Material zurückzuerlangen, ist auch hier eine Verfolgungshandlung mit der dafür erforderlichen Schwere nicht gegeben, zudem konnte sich das Gericht nicht die erforderliche Überzeugung davon bilden, dass die vom Kläger zu 1) beklagten Umstände an seine Religionszugehörigkeit anknüpfen.
32
Schließlich spricht auch gegen die Annahme einer Verfolgung der Kläger, dass sie nach ihrem eigenen Vortrag unbehelligt mit ihren eigenen Pässen und belarussischen Visa auf dem Luftweg aus dem Iran zunächst nach Belarus ausreisen konnten. Dies steht dabei auch in Widerspruch zu der Angabe des Klägers zu 1), er sei nach seiner Verhaftung im Jahr 2015 immer unter Beobachtung gewesen. Von einem Verfolgungsinteresse des iranischen Staates kann vor diesem Hintergrund nicht ausgegangen werden, zumal der Kläger zu 1) auch angeben hat, trotz der von ihm nach seinem Vortrag abgegebenen Verpflichtungs- bzw. Unterlassungserklärung weiterhin an allen religiösen Veranstaltungen teilgenommen zu haben, ohne dass er – trotz angeblich stetiger Beobachtung – die iranischen Stellen erneut verhaftet hätten.
33
Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass die Kläger unverfolgt aus dem Iran ausgereist sind.
34
Entgegen der Ansicht des Bevollmächtigten der Kläger können sich diese auch nicht auf einen beachtlichen Nachfluchtgrund berufen.
35
Zwar geht der Bevollmächtigte der Kläger zutreffend davon aus, dass etwa zum Christentum konvertierte Muslime durch die Glaubensausübung im Iran im Einzelfall einer beachtlichen Gefahr von Verfolgungshandlungen ausgesetzt sein können, die die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder von Abschiebungsverboten rechtfertigen können (vgl. BayVGH, U.v. 25.2.2019 – 14 B 17.31462 – juris Rn. 24 m.w.N.). Das Recht auf Religionsfreiheit ist nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ein grundlegendes Menschenrecht, das eines der Fundamente einer demokratischen Gesellschaft darstellt und Art. 9 EMRK entspricht. Ein Eingriff in dieses Recht auf Religionsfreiheit kann so gravierend sein, dass er einem der in Art. 15 Abs. 2 EMRK genannten Fällen gleichgesetzt werden kann, auf die Art. 9 Abs. 1 lit. a) der RL 2004/83/EG – dies gilt unverändert auch für die Neufassung in Art. 9 Abs. 1 lit. a) der RL 2011/95/EU – als Anhaltspunkt für die Feststellung verweist, welche Handlungen insbesondere als Verfolgung gelten (EuGH, U.v. 5.9.2012 – C-71/11 u.a. – Rn. 57). Allerdings stellt nicht jeder Eingriff in das durch Art. 10 Abs. 1 GRCh garantierte Recht auf Religionsfreiheit eine Verfolgungshandlung im Sinne von Art. 9 Abs. 1 der RL 2011/95/EU dar (EuGH, U.v. 5.9.2012 – C-71/11 u.a. – Rn. 58). Zunächst muss es sich um eine Verletzung dieser Freiheit handeln, die nicht durch gesetzlich vorgesehene Einschränkungen der Grundrechtsausübung im Sinne von Art. 52 Abs. 1 GRCh gedeckt sind. Weiterhin muss eine schwerwiegende Rechtsverletzung vorliegen, die den Betroffenen erheblich beeinträchtigt (EuGH, U.v. 5.9.2012 – C-71/11 u.a. – Rn. 59). Das setzt nach Art. 9 Abs. 1 lit. a) der RL 2011/95/EU voraus, dass die Eingriffshandlungen einer Verletzung der grundlegenden Menschenrechte gleichkommen, von denen gemäß Art. 15 Abs. 2 EMRK in keinem Fall abgewichen werden darf (EuGH, U.v. 5.9.2012 – C-71/11 u.a. – Rn. 61). Zu den Handlungen, die nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs eine schwerwiegende Verletzung der Religionsfreiheit im Sinne von Art. 9 Abs. 1 lit. a) der RL 2011/95/EU darstellen können, gehören nicht nur gravierende Eingriffe in die Freiheit des Antragstellers, seinen Glauben im privaten Rahmen zu praktizieren, sondern auch solche, in seine Freiheit, diesen Glauben öffentlich zu leben (EuGH, U.v. 5.9.2012 – C-71/11 u.a. – Rn. 63).
36
Ein hinreichend schwerer Eingriff in die Religionsfreiheit gemäß § 3a AsylG (Art. 9 Abs. 1 der RL 2011/95/EU) setzt nicht voraus, dass der Ausländer seinen Glauben nach Rückkehr in sein Herkunftsland tatsächlich in einer Weise ausübt, die ihn der Gefahr der Verfolgung aussetzt. Vielmehr kann bereits der unter dem Druck der Verfolgungsgefahr erzwungene Verzicht auf die Glaubensbetätigung die Qualität einer Verfolgung erreichen.
37
Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs hängt die Beurteilung, wann eine Verletzung der Religionsfreiheit die erforderliche Schwere aufweist, um die Voraussetzungen einer Verfolgungshandlung im Sinne von § 3a Abs. 1 Nr. 1 AsylG (Art. 9 Abs. 1 lit. a) der RL 2011/95/EU) zu erfüllen, von objektiven wie auch subjektiven Gesichtspunkten ab (EuGH, U.v. 5.9.2012 – C-71/11 u.a. – Rn. 70). Objektive Gesichtspunkte sind insbesondere die Schwere, die dem Ausländer bei Ausübung seiner Religion drohenden Verletzung anderer Rechtsgüter, wie z.B. Leib und Leben. Die erforderliche Schwere kann insbesondere dann erreicht sein, wenn dem Ausländer durch die Teilnahme an religiösen Riten in der Öffentlichkeit die Gefahr droht, an Leib, Leben oder Freiheit verletzt, strafrechtlich verfolgt oder einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Bestrafung unterworfen zu werden. Bei strafrechtsbewehrten Verboten kommt es insoweit maßgeblich auf die tatsächliche Strafverfolgungspraxis im Herkunftsland des Ausländers an, denn ein Verbot, das erkennbar nicht durchgesetzt wird, begründet keine erhebliche Verfolgungsgefahr. Als relevanten subjektiven Gesichtspunkt für die Schwere der drohenden Verletzung der Religionsfreiheit sieht der Gerichtshof den Umstand an, dass für den Betroffenen die Verfolgung einer bestimmten gefahrträchtigen religiösen Praxis in der Öffentlichkeit zur Wahrung seiner religiösen Identität besonders wichtig ist. Denn der Schutzbereich des mit der Religion verknüpften Verfolgungsgrundes umfasst sowohl die von der Glaubenslehre vorgeschriebenen Verhaltensweisen als auch diejenigen, die der einzelne Gläubige für sich selbst als unverzichtbar empfindet (EuGH, U.v. 5.9.2012 – C-71/11 u.a. – Rn. 71).
38
Im Vergleich zu einem Konvertiten, der entgegen der Verbote der auf den islamischen Recht basierenden iranischen Rechtsordnung vom Islam abfällt und – gegebenenfalls – den neu angenommenen Glauben aktiv im Iran ausüben möchte (vgl. BayVGH, U.v. 25.2.2019 – 14 B 17.31462 – juris Rn. 24 m.w.N.), stellt sich die Situation der Kläger – entgegen der Ansicht des Bevollmächtigten der Kläger – anders dar. Denn die Kläger machen gerade nicht geltend, vom Islam abgefallen zu sein. Im Gegenteil haben die Kläger wiederholt darauf hingewiesen, ihrem Glauben stets treu geblieben zu sein. Dem Bevollmächtigten der Kläger mag zuzugeben sein, dass die Kläger während ihres Aufenthalts in der Bundesrepublik Deutschland ihren Glauben in größerer Freiheit und Unbefangenheit ausleben können. Gleichwohl steht nicht zur Überzeugung des Einzelrichters fest, dass die Kläger, im Falle einer Rückkehr in den Iran, dort mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit mit Verfolgung rechnen müssten, sollten sie dort ihr insbesondere religiöses Leben weiterführen wie sie dies in der Vergangenheit gemacht haben, was nach dem Bekunden der Kläger zu 1) und 2) insbesondere auch beinhaltete, dass sie – im Falle des Klägers zu 1) sogar entgegen einer entsprechenden Verpflichtungs- bzw. Unterlassungserklärung – am religiösen Leben der Yaresan aktiv teilgenommen haben. Insbesondere der Kläger zu 1) hat dabei selbst angegeben, auch nach seiner Verhaftung wegen des unerlaubten Baus einer heiligen Stätte noch mehrere Jahre im Großen und Ganzen unbehelligt am religiösen Leben der Religionsgemeinschaft teilgenommen zu haben, dabei sogar eine aktive Rolle gespielt zu haben, zu der Gruppe gehört zu haben, die für die Vorbereitungen von Veranstaltungen zu Ehren der Märtyrer zuständig gewesen sei, obwohl er, wie er selbst angegeben hat, immer unter Beobachtung gestanden habe. Daher haben die Kläger, selbst wenn man ihnen zubilligt, dass das aktive Ausleben ihrer Religion von ihnen, sei es schon immer, sei es durch eine während ihres Aufenthalts in der Bundesrepublik Deutschland gefestigte Glaubensüberzeugung, von ihnen als unverzichtbare religiöse Pflicht empfunden wird, nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit mit einer Verfolgung im Iran deswegen zu rechnen.
39
Die Kläger können sich auch nicht deshalb auf einen beachtlichen Nachfluchtgrund berufen, weil der Kläger zu 1) Mitglied einer WhatsApp- bzw. Instagram-Gruppe von Yaresan ist.
40
Exilpolitische Aktivitäten sind dann asyl- bzw. abschiebungsrechtlich relevant, wenn die exilpolitische Tätigkeit in einem nach außen hin in exponierter Weise für eine regimefeindliche Organisation erfolgten Auftreten besteht (OVG NRW, U.v. 18.3.2024 – 6 A 1605/20.A – juris Rn. 85 ff.; VG Bayreuth, U.v. 23.5.2022 – B 8 K 19.31797 – juris Rn. 80). Welche Anforderungen dabei an eine exilpolitische Tätigkeit gestellt werden müssen, damit sie in diesem Sinne als exponiert anzusehen ist, lässt sich nicht allgemein formulieren. Maßgeblich sind insoweit die konkret individuellen Umstände des Einzelfalles. Entscheidend ist, ob die Aktivitäten des Asylsuchenden ihn aus der Masse der mit dem Regime im Iran unzufriedenen herausheben und als ernsthaften und gefährlichen Regimegegner erscheinen lassen (OVG NRW, U.v. 18.3.2024 – 6 A 1605/20.A – juris Rn. 85; VG Bayreuth, U.v. 23.5.2022 – B 8 K 19.31797 – juris Rn. 80). Eine herausgehobene Betätigung ist dann anzunehmen, wenn die Aktivitäten über den Rahmen massentypischer exilpolitischer Proteste hinausgehen und im Iran bekanntwerden (OVG NRW, U. v. 18.3.2024 – 6 A 1605/20.A – juris Rn. 100 ff.; VG Stuttgart, U.v. 15.2.2016 – A 11 K 1658/15 – juris unter Hinweis auf das Auswärtige Amt, Auskunft vom 24.2.2014 an VG Würzburg; VG Düsseldorf, U.v. 19.7.2018 – 2 K 5777/17.A – juris). Dafür reichen etwa Aktivitäten als Demonstrationsteilnehmer nicht aus (OVG Bautzen, U.v. 9.7.2008 – A 2 B 296/07 – juris). Untergeordnete exilpolitische Aktivitäten führen nicht zu asyl- und abschiebungsrelevanten Repressalien im Iran (OVG Berlin-Brandenburg, U.v. 16.9.2009 – 3 B 12.07 – juris; VG Düsseldorf, U.v. 19.7.2018 – 2 K 5777/17.A – juris; vgl. auch Danish Refugee Council, Iran: Issues Concerning Persons of Ethnic Minorities, Kurds And Ahwazi Arabs, 3/2018, Seite 6). Dieser Maßstab ist auch auf die exilpolitischen Aktivitäten im Internet, insbesondere in sozialen Medien, anwendbar (grundlegend VGH Kassel, U.v. 21.9.2011 – 6 A 1005/10.A – juris Rn. 32 ff.; ebenso VG Würzburg, U.v. 26.8.2015 – W 6 K 15.30206 – juris Rn. 39; VG Düsseldorf, U.v. 19.7.2018 – 2 K 5777/17.A – juris Rn. 30 f.).
41
Die exilpolitischen Aktivitäten der Kläger, insoweit des Klägers zu 1), reichen nicht hin, um exponiert im dargestellten Sinne zu sein, so dass sie geeignet wären, die Kläger bzw. den Kläger zu 1) als ernsthaften und gefährlichen Gegner des iranischen Regimes erkennbar zu machen. Soweit der Kläger zu 1) sich unter Vorlage von entsprechenden Lichtbildern auf die Teilnahme an einer Demonstration in Berlin bezieht, reicht, wie ausgeführt, die einmalige Teilnahme an einer Demonstration nicht aus, um exponiert im dargestellten Sinne zu sein. Auch die Aktivitäten des Klägers zu 1) auf Instagram bzw. WhatsApp erfüllen nicht das Kriterium der Exponiertheit. Zum einen weisen die beiden Gruppen, d.h. die Instagram-Gruppe und die WhatsApp-Gruppe mit 14.000 bzw. 14.200 Mitgliedern bzw. Followern keine beachtliche Reichweite auf, zumal die WhatsApp-Gruppe nicht als öffentlich angesehen werden kann, zumal der Kläger zu 1) angegeben hat, sie sei „etwas privater“. Zudem weist die wohl öffentliche Instagram-Gruppe mit lediglich 255 Beiträgen keine große Aktivität auf, die die Gruppe oder ihre Mitglieder als gefährliche Regimegegner erscheinen lässt. Zudem steht für den Einzelrichter schon nicht fest, dass ein auch öffentliches Bekenntnis zur Religionsgemeinschaft der Yaresan, wie es mit den beiden Gruppen dem Vortrag der Kläger nach verbunden ist, anders als „klassisches“ oppositionelles, d.h. in politischer Hinsicht direkt gegen das iranische Regime gerichtetes Verhalten, überhaupt geeignet ist, den iranischen Staat zu Verfolgungshandlungen im Fall der Rückkehr in den Iran zu veranlassen, weil, wie dargestellt, den Angehörigen der Religionsgemeinschaft der Yaresan nicht schon allein deswegen im Iran Verfolgung droht.
42
Verfolgung droht den Klägern auch nicht wegen ihres Aufenthalts in Deutschland oder der Stellung eines Asylantrages hier. Bei einer Rückkehr in den Iran kann es zwar in Einzelfällen zu einer Befragung durch die Sicherheitsbehörden über den Auslandsaufenthalt kommen, insbesondere zu Kontakten während dieser Zeit. Die Befragung geht auch in Ausnahmefällen mit einer ein- bis zweitägigen Inhaftierung einher. Es gibt jedoch keine Erkenntnisse, dass derartige Befragungen von Handlungen mit Verfolgungsintensität begleitet würden. Insbesondere sind keine Fälle bekannt, in denen Zurückgeführte im Rahmen der Befragung bei Rückkehr psychisch oder physisch gefoltert worden wären (vgl. BayVGH, U.v. 10.7.2024 – 14 B 23.30128 – juris Rn. 70 ff. m.w.N.; vgl. auch OVG NRW, B.v. 10.2.2017 – 13 A 296/17.A – juris Rn. 9).
43
Den Klägern steht unter diesen Umständen auch kein Anspruch auf die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus nach § 4 Abs. 1 AsylG bzw. auf die Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG zu.
44
Im Übrigen wird auf die auch im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung zutreffenden Ausführungen in dem angefochtenen Bescheid, dem sich das Gericht anschließt, Bezug genommen und von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen (§ 77 Abs. 3 AsylG).
45
Hat die Beklagte nach dem Vorstehenden den Klägern zu Recht nicht die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, ihnen keinen subsidiären Schutz gewährt und festgestellt, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen, hat sie sie auch zu Recht unter Setzung einer 30tägigen Frist zur Ausreise aus der Bundesrepublik Deutschland aufgefordert und ihnen die Abschiebung insbesondere in den Iran angedroht (§§ 38 Abs. 1, 34 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG).
46
Auch das nach § 11 Abs. 1 AufenthG angeordnete und befristete Einreise- und Aufenthaltsverbot begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Insbesondere hat die Beklagte das Einreise- und Aufenthaltsverbot ausdrücklich an den Tag der Abschiebung geknüpft und das Einreise- und Aufenthaltsverbot somit unter die aufschiebende Bedingung der Abschiebung gestellt (vgl. BVerwG, U.v. 21.8.2018 – 1 C 21.17 – juris Rn. 25). Auch die im Rahmen einer nach § 114 Abs. 1 VwGO nur einer beschränkten gerichtlichen Überprüfung unterliegenden Ermessensentscheidung der Beklagten nach § 11 Abs. 3 AufenthG festgesetzte Frist von 30 Monaten ist nicht zu beanstanden. Im Übrigen wird auch hierzu nach § 77 Abs. 3 AsylG auf die zutreffende Begründung des angefochtenen Bescheids Bezug genommen und von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen.
47
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
48
Das Verfahren ist nach § 83b AsylG gerichtskostenfrei.