Titel:
Tatbestandswirkung, Klagepartei, Nutzen-Risiko-Verhältnis, Gesundheitsschaden, Auskunftsanspruch, Klageantrag, Elektronisches Dokument, Vorläufige Vollstreckbarkeit, Bestimmungsgemäßer Gebrauch, Schmerzensgeld, Prozeßhandlungen, Streitwert, Elektronischer Rechtsverkehr, Antizipiertes Sachverständigengutachten, Auskunftserteilung, Bedenkliche Arzneimittel, Impfstoffe, Ware, Wert des Beschwerdegegenstandes, Schriftsatzfrist
Schlagworte:
Prozessvollmacht, Nutzen-Risiko-Abwägung, Tatbestandswirkung, Impfstoffzulassung, Impfschadensersatz, Kausalität, Auskunftsanspruch
Fundstelle:
BeckRS 2025, 13077
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert wird auf 27.000,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand
1
Der Kläger macht Ansprüche gegen die Beklagte als Herstellerin des COVID-19 – Impfstoffs Comirnaty geltend.
2
Die Beklagte, ein pharmazeutisches Unternehmen, hat den Impfstoff Comirnaty im Zuge der Coronavirus-Pandemie entwickelt, auf den Markt gebracht und ist Inhaberin der Zulassung. Die Europäische Kommission ließ das Vakzin nach Prüfung durch die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) am 21.12.2020 zentral als Impfstoff gegen das Coronavirus vorläufig zu. Die Standardzulassung wurde durch Beschluss vom 10.10.2022 erteilt (Anlage B 14). Grundlage für den Beschluss war u.a. die Empfehlung des Ausschusses für Humanarzneimittel der EMA (CHMP), der ein positives Nutzen-Risiko-Verhältnis des Impfstoffes feststellte (Anlage B 13 und B 15).
3
Der Klagepartei wurden folgende Impfungen verabreicht:
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1. Impfung: .12.2021, Janssen (Johnson& Johnson),
2. Impfung: .01.2022, Comirnaty (BioNTech, Pfizer),
Nach der Impfung im Januar 2022 befand sich der Kläger bei mehreren Ärzten wegen verschiedener Beschwerden in Behandlung. Zu den einzelnen Behandlungen wird auf die Unterlagen in Anlage K 2, K 4 sowie ergänzend auf das Verzeichnis in Anlage K 351 Bezug genommen.
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Der Kläger war bereits in den Jahren vor der streitgegenständlichen Impfung wegen diverser Diagnosen in Behandlung. Hinsichtlich dieser Diagnosen und Behandlungen wird auf das Vorerkrankungsverzeichnis in Anlage K 351 Bezug genommen.
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Der Kläger trägt im Wesentlichen vor:
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Die Prozesshandlungen der Beklagten seien alle prozessual unzulässig, da deren Prozessbevollmächtigte nicht postulationsfähig waren. Diese würden auch nicht über eine ordnungsgemäße Vollmacht verfügen.
8
Die Klagepartei habe infolge der Impfung folgende gesundheitlichen Schäden erlitten: Atemnot und Ateminsuffizienz, Autoimmunerkrankung, Durchblutungsstörung, Herzinsuffizienz, Herzrhythmusstörungen, Hyperinflammationssyndrom, Krampfleiden, Lähmung, Nervensystem-Funktionsstörung, Zittern, Guillain-Barré-Syndrom, Muskelschmerzen, Muskelkrämpfe, Fatigue, Entzündungen, Tinnitus. Zur Ergänzung der Beschwerden wird auf die entsprechen Ausführungen in der Klage, S. 10 ff verwiesen.
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Die von der Klagepartei dargelegten Beschwerden seien allesamt erst nach der Impfung und in einem engen zeitlichen Zusammenhang zu dieser aufgetreten. Das streitgegenständliche Vakzin sei dazu geeignet, die von der Klagepartei geschilderten Schäden verursacht zu haben.
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Bei bestimmungsgemäßem Gebrauch des Impfstoffs würden eine Vielzahl an gesundheitlichen Schäden auftreten, insbesondere bezogen auf durch das SpikeProtein verursachte Herzkreislauf- sowie Gefäßschädigungen. Dies lasse nur den Schluss zu, dass es sich um bedenkliche Arzneimittel im Sinne des § 5 AMG handelt. Die Beklagte hätte auch von der Toxizität des Impfstoffs, insbesondere des darin enthaltenen Spike-Proteins „Wuhan 1“ und von Lipidnanopartikeln, Kenntnis gehabt.
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Die schädlichen Wirkungen des Impfstoffs gingen bei bestimmungsgemäßem Gebrauch über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinaus. Ein therapeutischer Wert des Vakzins sei nicht ersichtlich. Eine abweichende Beurteilung durch das PEI bzw. die EMA stehe der Beachtlichkeit des klägerischen Sachvortrags nicht entgegen.
12
Das Zulassungsverfahren für den Impfstoff der Beklagten werfe einige Fragen auf. Es lägen klare Verstöße gegen gesetzliche Vorschriften des Zulassungsrechts vor. Gesetzliche Anforderungen seien unzulässigerweise reduziert worden. Die Beklagte hätte die verbliebenen gesetzlichen Voraussetzungen weder für die bedingte noch für die unbedingte Zulassung ihres Impfstoffs erfüllt.
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Hinzu kämen Mängel bei der Herstellung des Impfstoffs, die insbesondere zu Verunreinigungen führten.
14
Der Schaden der Klagepartei sei auch aufgrund mangelhafter Kennzeichnung des streitgegenständlichen Vakzins und mangelnder Aufklärung durch die Beklagte entstanden. Die Fach- und Gebrauchsinformationen der Beklagten seien unzutreffend und entsprächen zu keinem Zeitpunkt einem der medizinischen Wissenschaft entsprechenden Informationslage. Die Klagepartei hätte sich mit dem Produkt nicht impfen lassen, wenn sie vollständig und inhaltlich richtig aufgeklärt worden wäre.
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Der Kläger beantragt zuletzt,
- 1.
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Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld, mindestens jedoch EUR 20.000,00 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 08.02.2024 zu zahlen.
- 2.
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Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klagepartei sämtliche sonstigen materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, die künftig noch aus der Impfung mit dem Impfstoff der Beklagten resultieren werden und derzeit noch nicht bezifferbar sind, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind oder übergehen werden.
- 3.
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Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei die Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von EUR 3.067,82 nebst Zinsen in Höhe fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 08.02.2024 zu zahlen.
- 4.
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Die Beklagte wird verurteilt, der Klagepartei Auskunft zu erteilen über die ihr im Zeitraum vom 21.12.2020 bis zur letzten mündlichen Verhandlung bekannten Wirkungen und Nebenwirkungen sowie über sämtliche weiteren Erkenntnisse, die für die Bewertung der Vertretbarkeit schädlicher Wirkungen des Impfstoffs „Comirnaty“ von Bedeutung sein können, soweit diese die dargelegten Beschwerden Atemnot und Ateminsuffizienz, Autoimmunerkrankung, Durchblutungsstörung, Herzinsuffizienz, Herzrhythmusstörungen, Hyperinflammationssyndrom, Krampfleiden, Lähmung, Nervensystem-Funktionsstörung, Zittern, Guillain-Barrö-Syndrom, Muskelschmerzen, Muskelkrämpfe, Fatigue, Entzündungen, Tinnitus betreffen. Insbesondere sind dazu die folgenden Auskünfte zu erteilen:
a. Auskunft über Art und Schwere der Toxizität der verwendeten Lipidnanopartikel ALC-0159 und ALC-0315 für den Menschen sowie über deren immunologische Auswirkungen auf den menschlichen Organismus.
b. Auskunft über den pharmazeutischen Reinheitsgrad von ALC-0159 und ALC-0315 und darüber, wie diese bestimmt werden und welche Auswirkungen ein abweichender Reinheitsgrad auf die vorstehenden gesundheitlichen Schäden hat.
c. Auskunft darüber, welcher Lieferant für die Lieferung der hier streitgegenständlichen ImpfCharge zuständig war und welche Technologie dieser für die Herstellung nutzte.
d. Auskunft über die Funktion der im SpikeProtein „Wuhan 1“ verbauten Furin-Schnittstelle zur Trennung des S1- Proteins vom S2- Protein und zu den gesundheitlichen Folgen, bezogen auf die streitgegenständlichen Gesundheitsschäden der Klagepartei.
e. Auskunft über den verwendeten P2- Lock und die Auswirkung auf den S1-Teil des SpikeProteins, bezogen auf ein Lösen des S1-Teils und ein Andocken an den menschlichen ACE2-Rezeptor.
f. Auskunft darüber, ob es Biarcore-Messungen (Oberflächenplasmonenresonanzspektroskopie) gibt die belegen, dass das SpikeProtein nicht an den ACE2-Rezeptor andockt. g. Auskunft zu erteilen, welche Cluster von HIV-Sequenzen und GP- 120 im Spike-Protein verbaut sind und welche Auswirkungen dies auf das Immunsystem der Klagepartei sowie die weiteren gesundheitlichen Schäden hat.
h. Auskunft über die Neuropilin-Schnittstelle im SpikeProtein und darüber, ob das SpikeProtein auch auf Nervenzellen und Gehirnzellen exponiert sowie über die Folgen einer solchen Exposition auf die Nervenzellen, bezogen auf die konkreten gesundheitlichen Schäden der Klagepartei.
i. Auskunft über alle von der Beklagten im Rahmen der Pharmakovigilanz erfassten gesundheitlichen Schäden am Menschen, soweit diese mit den konkreten gesundheitlichen Schäden der Klagepartei übereinstimmen, sowie Vorlage der entsprechenden Auswertungen.
j. Auskunft dazu wie die Beklagte sicherstellte, dass das SpikeProtein im Impfstoff von der Zellwand gehalten werden konnte (Membrananker) und nicht stattdessen frei im Körper verfügbar wurde, sowie Auskunft darüber, ob ein freies, im Blut verfügbares SpikeProtein die konkreten gesundheitlichen Schäden der Klagepartei hätte bewirken können.
k. Auskunft über die Auswertungen und Feststellungen der Beklagten auf den ACE-Rezeptor menschlicher Zellen und der Blockade des Renin-Angiotensin-Aldosteron-System am menschlichen Organismus, bezogen auf die gesundheitlichen Schäden der Klagepartei.
l. Auskunft über die festgestellte Genotoxizität beim Menschen durch den Impfstoff BNT162b2.
m. Auskunft über Unterschiede zwischen der Faltung des Proteins zwischen BNT162b2.8 und BNT162b2.9 und welche der beiden Varianten die Klagepartei verimpft bekommen hat.
n. Auskunft über eigene Feststellungen der Beklagten zur Feststellung von Prof. Murakami von der Tokio University of Science zur Verwendung von Plasmid-DNA in dem Impfstoff BNT162b2, insbesondere zum SV40-Promotor/Enhencer, bezogen auf die streitgegenständlichen Schäden. Ergänzend: Seit wann wird der SV40-Promotor/Enhencer von der Beklagten genutzt? Welche Funktion übt die Plasmid-DNA nach der Vorstellung der Beklagten in dem Vakzin aus und welche gesundheitlichen Schäden stellte die Beklagte in „Process 2“ in ihrer Versuchsgruppe fest?
o. Auskunft über die von der Beklagten unternommenen Maßnahmen gegen negative Auswirkungen des Vakzins in Bezug auf die Fruchtbarkeit von geimpften Personen im Hinblick auf die Feststellungen im Abschlussgutachten zur PräKlinik vom 21.01.2021.
p. Auskunft über den Inhalt des Zwischenberichts C4591022 zu Fehl- und Totgeburten (Pflichtbestandteil des EPAR-Riskmanagement der EMA) zur Eruierung des NutzenRisiko-Verhältnisses.
q. Auskunft zu den Maßnahmen die die Beklagte unternahm, nachdem sie gemäß folgender Gutachten (peerreviewed) feststellte, dass ihr Vakzin BNT162b2 die Blockade/Zerstörung des P53- Protein an menschlichen Körperzellen die Krebszellenerkennung verhindert:
Zeitliche metabolische Reaktion auf mRNA-Impfungen bei Onkologiepatienten,
Quelle: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/34463888/
Koordinierung und Optimierung von FDG-PET/CT und Impfung; Erfahrungen aus der Anfangsphase der Massenimpfung, Quelle: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/34029956/
Lymphadenopathie nach Impfung: Bericht über zytologische Befunde aus einer Feinnadelaspirationsbiopsie, Quelle: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/34432391/
Axilläre Lymphadenopathie nach Impfung bei einer Frau mit Brustkrebs, Quelle: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/34940788/
Feinnadelaspiration bei einer impfassoziierten Lymphadenopathie, Quelle: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/34286849/
Hypermetabolische Lymphadenopathie nach PfizerImpfung, Inzidenz bewertet durch FDG PETCT und Bedeutung für die Interpretation der Studie, eine Überprüfung von 728 geimpften Patienten, Quelle: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33774684/
Ergänzung: In welchem Zusammenhang steht diesbezüglich die Zulassung im Jahr 2022 von 23 neuen Krebsmedikamenten des PfizerKonzerns?
r. Auskunft über etwaige Feststellungen zu Oncomiren – d.h. mit Krebs assoziierte miRNA – in dem streitgegenständlichen Impfstoff Comirnaty und welche Feststellungen der Beklagten zu den gesundheitlichen Schäden der Beklagten vorliegen.
s. Auskunft über alle Feststellungen und Rohdaten der Beklagten, nach denen Frauen ein dreifach höheres Risiko besitzen, gesundheitliche Schäden infolge der Impfung mit BNT162b2 zu erleiden (PSUR # 1) sowie Auskunft über die Erhöhung des Risikos bei Frauen, bezogen auf die gesundheitlichen Schäden der Klagepartei.
t. Auskunft darüber zu erteilen, ob sich Herr *** und sämtliche Mitarbeiter der Beklagten selbst mit Comirnaty haben impfen lassen und falls bejahend, welche Abweichung im Inhalt und in der Produktionsart bei den sog. Mitarbeiterchargen und den Sonderchargen bestand, die u.a. für das Personal der Bundesregierung vorgehalten wurden. Gibt es in der Erfassung gesundheitlicher Schäden Unterschiede zwischen den Mitarbeiterchargen und jenen Chargen, die für die übrige Bevölkerung produziert wurden?
u. Auskunft über das Patent US 2015/0086612 Al und die dortige Feststellung zu erteilen, inwieweit Folgeschäden für die Klagepartei zu erwarten sind. Ergänzend: Welche Änderungen in der Kenntnis liegen der Beklagten vor, die diese Einschätzung zum streitgegenständlichen Vakzin widerlegen?
v. Auskunft über die Gesundheit der Klagepartei zu erteilen, wenn die Kombination von Salzen mit Nanolipiden vorgesehen ist (Patent US 10,485,884 B2)? Welche Erkenntnisse über das Ausflocken von SpikeProteinen liegen der Beklagten vor und welche gesundheitlichen Schäden ließen sich dazu verzeichnen?
w. Auskunft der Beklagten über das SpikeProtein „Wuhan 1“ und die proteinbiochemischen Grundlagen wie:
Verhält sich bspw. ein im Fuß der Klagepartei auf 7 Grad heruntergekühltes Spike-Protein anders als bei 36,6 Grad (Kältedenaturierung)?
x. Auskunft über Art und Häufigkeit fehlgefalteter Proteine und die Prüfung, ob Einschlusskörperchen in den Zellen festgestellten wurden. Falls bejahend, mit welchen gesundheitlichen Folgen?
y. Auskunft über den Einbau von N1- Methylpseudouridin in der rRNA der Ribosomen der Mitochondrien und denen der Zelle, zellulärer mRNA und tRNA zu erteilen.
Falls der Einbau bejaht wird: Welche gesundheitlichen Schäden wurden bisher dazu festgestellt?
Z. Auskunft über die Feststellungen der Quantifizierung zu erteilen, d.h. wieviel Spike-Protein durch einen Menschen mengenmäßig nach der Verabreichung von Comirnaty tatsächlich produziert wird. Um welchen Faktor erhöht dabei das N1-Methylpseudouridin die Produktion der SpikeProteine im gesamten Körper?
aa. Für den Fall der Bejahung der vorausgegangenen Frage mag die Beklagte dazu Auskunft erteilen wie sie sicherstellte, dass die SpikeProteine bei zu hoher Konzentration nicht thermodynamisch instabil werden (life an the edge of solubility).
bb. Auskunft über konkrete biologische/chemische/und oder physikalische Eigenschaften ihres Produktes zu erteilen, die nach Ansicht der Beklagten zu einem feststellbaren Nutzen führen sollen.
cc. Auskunft über den Verbleibt des N1-Methylpseudouridin als Nukleotid im Körper der Klagepartei zu erteilen, nachdem die modRNA in die menschliche Zelle transfiziert wurde, sowie darüber, ob das N1-Methylpseudouridin in der ribosomalen RNA der Mitochondrien verbaut.
dd. Auskunft über den Herstellungsprozess „Process 2“ zu erteilen und welche konkreten DNA-Verunreinigungen die Beklagte vor der Chargenfreigabe bei den hier streitgegenständlichen Chargen feststellte (Messprotokolle und Sequenzierung für die streitgegenständliche(n) Charge(n)).
ee. Auskunft über die Menge der festgestellten Verunreinigung in Nanogramm an DNA (alle DANN-Schnipsel) zu erteilen, die sich in den streitgegenständlichen Chargen der Klagepartei befanden.
ff. Auskunft über das gesamte Konformitätsverfahren zum Produktionsprozess „Process 2“ zu erteilen und darüber, inwieweit das Produkt und die Qualität des Produkts verändert wurde.
gg. Auskunft über die üblichen Beschreibungen „Integrität, Reinheit und produzierte Wirkstoffinenge“ zu den streitgegenständlichen Chargen zu geben, da Comirnaty im Arzneimittelhandbuch nicht als Arzneimittel aufgenommen wurde und diese Daten daher nicht einsehbar sind.
hh. Auskunft über die Gefahrguteinstufung der Lipide ALC-0315 und ALC-0159 mit der Gefahrenklasse 3 -„gefährlich“ sowie über das Gesamtprodukt Comirnaty mit OEB 5 -„sehr hohes toxisches Potential ab 1 Mikrogramm“ zu erteilen.
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Die Beklagte beantragt,
Die Klage wird abgewiesen.
17
Die Beklagte trägt im Wesentlichen vor:
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Comirnaty weise ein positives Nutzen-Risiko-Verhältnis auf. Es gäbe bis heute keine belastbaren Anhaltspunkte, die das positive Nutzen-Risiko-Verhältnis in Zweifel ziehen. Der Kläger habe ebenfalls keine solchen dargelegt.
19
Die Fach- und Gebrauchsinformationen des Impfstoffs hätten zu jeder Zeit dem aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft entsprochen.
20
Der Kläger weise bereits nicht ausreichend nach, dass er an den behaupteten gesundheitlichen Beeinträchtigungen leidet, oder dass ein Zusammenhang mit der nicht nachgewiesenen Impfung besteht. Die genannten Beschwerden könnten mindestens ebenso wahrscheinlich auf den Vorerkrankungen des Klägers beruhen.
21
Das Gericht hat am 05.05.2025 mündlich zur Sache verhandelt. Beweis wurde nicht erhoben. Der Kläger wurde informatorisch angehört. Hinsichtlich des Inhalts der informatorischen Anhörung wird auf das Protokoll zur mündlichen Verhandlung vom 05.05.2025 Bezug genommen.
22
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage ist unbegründet und war daher insgesamt abzuweisen.
24
Die Voraussetzungen für den Erlass eines Sachurteils liegen vor. Die Beklagte war ordnungsgemäß durch einen Anwalt vertreten. Deren Prozesshandlungen, insbesondere das Stellen der Sachanträge, war daher wirksam.
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Auf die Rüge der Klagepartei hat die Beklagte die Vollmacht nach § 80 ZPO mit Schriftsatz vom 02.05.2025 eingereicht. Aus dieser ist erkennbar, dass die White & Case LLP bevollmächtigt ist. Soweit die LLP selbst nicht postulationsfähig ist, sind die vorgenommenen Prozesshandlungen, die ein namentlich benannter Rechtsanwalt im Namen der Gesellschaft vorgenommen hat, so auszulegen, dass sie als von ihm selbst vorgenommen anzusehen ist (BGH NJW 2009, 3162 Rn. 9). Dies ist hier sowohl bei den bestimmenden und vorbereitenden Schriftsätzen als auch bei den Anträgen in der mündlichen Verhandlung der Fall.
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Die Übermittlung der Originalvollmacht als elektronisches Dokument nach § 130a ZPO genügt.
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Bereits der Wortlaut von § 130a ZPO umfasst auch die Prozessvollmacht (MüKoZPO/Fritsche ZPO § 130a Rn. 8). Als lex posterior zu § 80 ZPO konkretisiert § 130a ZPO das dort aufgestellte
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Schrifterfordernis. Die Vorlage der körperlichen Urkunde ist in Zeiten der elektronisch geführten Prozessakte daher nicht erforderlich (so auch BeckOK ZPO/Piekenbrock ZPO § 80 Rn. 13 mwN).
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Die von der Klagepartei in der mündlichen Verhandlung beantragte Schriftsatzfrist zum Schriftsatz der Beklagten vom 25.04.2025 war nicht zu gewähren. Es ist weder erkennbar noch vorgetragen, auf welcher Rechtsgrundlage hier eine Schriftsatzfrist gewährt hätte werden müssen.
II. Schmerzensgeld (Klageantrag Ziffer 1)
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Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Schmerzensgeld 1.
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Ein Anspruch nach § 84 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AMG scheitert daran, dass der Impfstoff Comirnaty kein unvertretbares Nutzen-Risiko-Verhältnis aufweist.
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Eine Haftung nach § 84 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AMG besteht nur dann, wenn das Arzneimittel bei bestimmungsgemäßem Gebrauch schädliche Wirkungen hat, die über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehen. Die medizinische Vertretbarkeit in diesem Sinne ist gegeben, wenn der therapeutische Wert die schädlichen Wirkungen des Arzneimittels überwiegt. Bei der Prüfung der Unvertretbarkeit der schädlichen Wirkungen werden nicht nur die im konkreten Fall eingetretenen Schäden berücksichtigt, sondern es wird eine abstrakte Nutzen-Risiko-Abwägung vorgenommen, bei der sämtliche schädlichen Wirkungen erfasst werden (BeckOGK/Franzki, 1.11.2023, AMG § 84 Rn. 83 m.w.N.). Gegenstand der Abwägung zur Feststellung einer etwaigen Unvertretbarkeit ist somit die Bestimmung eines Nutzen-Risiko-Verhältnisses bezogen auf die Gesamtheit der Patienten (OLG München, BeckRS 2024, 31623).
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a) Das positive Nutzen-Risiko-Verhältnis ergibt sich bereits aus der Tatbestandswirkung der jeweiligen Zulassungsbeschlüsse: Durchführungsbeschlusse der Europäischen Kommission vom 21.12.2020 (bedingte Zulassung) und vom 10.10.2022 (Standardzulassung).
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aa) Die Beschlüsse nehmen den im Unionsrecht geltenden Grundsatz der Vermutung der Rechtmäßigkeit von Rechtsakten der Union für sich in Anspruch (BVerwG, Beschluss vom 07.07.2022 – 1 WB 2/22 = COVuR 2023, 16 Rn. 205 f.; OLG Koblenz Urt. v. 10.7.2024 – 5 U 1375/23, BeckRS 2024, 16169).
35
Die Tatbestandswirkung umfasst den Umstand, dass der Impfstoff im Zeitpunkt der Zulassung aufgrund eines günstigen Nutzen-Risiko-Verhältnisses arzneimittelrechtlich unbedenklich war. Die Prüfung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses war nämlich eine wesentliche Voraussetzung sowohl für die bedingte als auch für die unbedingte Zulassung des Impfstoffs. Die bedingte Zulassung setzt gemäß Art. 14-a Abs. 3 Verordnung (EG) 726/2004 und Art. 4 Abs. 1 Satz 1 lit. a) Verordnung (EG) 507/2006 zwingend voraus, dass „das Nutzen-Risiko-Verhältnis des Arzneimittels positiv ist“. Mit der bedingten Zulassung wurden dem Arzneimittelhersteller gemäß Art. 14-a Abs. 4 Verordnung (EG) 726/2004 „besondere Verpflichtungen“ auferlegt, die nach Abs. 5 darin bestehen, „laufende Studien abzuschließen oder neue Studien einzuleiten, um das positive Nutzen-Risiko-Verhältnis zu bestätigen.“ Das Vorliegen eines positiven Nutzen-Risiko-Verhältnisses war dann gemäß § 14-a Abs. 8 Verordnung (EG) 726/2004 erneut nachzuweisen, um eine ordentliche, fünf Jahre gültige Zulassung zu erhalten.
36
Die Tatbestandswirkung gilt auch fort. Die unbedingte Zulassung ist weder geändert noch ausgesetzt, widerrufen oder anderweitig aufgehoben worden (Art. 20a Verordnung (EG) 726/2004). Auch hat die Kommission die Verwendung des Impfstoffs nicht ausgesetzt (Art. 20 Abs. 4 Verordnung (EG) 726/2004).
37
bb) Die Einwände der Klagepartei gegen die Annahme einer Tatbestandswirkung der Zulassungen greifen nicht durch:
38
(i) Die Annahme einer Tatbestandswirkung führt zu keiner grundrechtlich unzulässigen Rechtsverkürzung. Insbesondere ist eine solche Annahme im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG unbedenklich. Das Gericht schließt sich insoweit der Begründung des OLG Koblenz im Urt. v. 10.7.2024 – 5 U 1375/23, BeckRS 2024, 16169, Rn. 36 vollumfänglich an.
39
(ii) Die Klagepartei kann keine durchgreifenden Fehler im jeweiligen Zulassungsverfahren aufzeigen, die ausnahmsweise die Tatbestandswirkung entfallen lassen würden. Es liegen insbesondere keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der EMA nicht alle erforderlichen Informationen erteilt wurden, um das Nutzen-Risiko-Verhältnis des streitgegenständlichen Impfstoffs zutreffend zu bewerten.
40
Vor der Standardzulassung wurde für Comirnaty der EMA Assessment Report am 19.02.2021 veröffentlicht. Darin werden umfangreich die wissenschaftlichen Erkenntnisse zum Impfstoff der Beklagten ausgewertet und eine ausführliche Risiko-Nutzen-Analyse ausgearbeitet. In der Folge versucht die Klagepartei durch Vorlage einzelner wissenschaftlicher Artikel, zusammenhangloser Statistiken und unbelegter Behauptungen dieser Bewertung anzugreifen. Jedoch gelingt es ihr nicht substantiiert darzulegen, warum die dort vorgenommen Gesamtwürdigung fehlerhaft sein sollte.
41
(iii) Soweit die Klagepartei der Beklagten ein kollusives Vorgehen im Verbund mit Zulassungsbehörden unterstellen will, ist dies eine reine Behauptung ins Blaue hinein.
42
Die Klagepartei trägt zwar ausführlich zu einer angeblichen „Gewinnsucht“ der Beklagten vor. Sie verkennt hier, dass es sich bei der Beklagten um ein privates Unternehmen handelt, das selbstverständlich gewinnorientiert arbeitet. Daraus lässt sich aber nicht einmal im Ansatz ableiten, dass die Beklagte hier Risiken bewusst verschwiegen oder verharmlost hätte. Auch aus dem personellen Wechsel von Fachleuten zwischen Aufsichtsbehörden und Unternehmen bzw dem fachlichen Austausch von beiden lässt sich kein Anhaltspunkt für ein kollusives Zusammenwirken ableiten.
43
(iv) Auch zeigt die Klagepartei nicht auf, dass Risiken bestehen, die erst nach den o.g. Beschlüssen bekannt geworden sind.
44
Die angenommene Tatbestandswirkung greift zwar nur insoweit ein, wie im Zeitpunkt der entsprechenden Entscheidung bestimmte Risiken bekannt waren und daher berücksichtigt werden konnten. Die Klagepartei trägt aber bereits nicht konkret vor, ob dies auf bestimmte von ihr angenommene Risiken nicht zutrifft. Wenn überhaupt ist der Vortrag der Klagepartei so zu verstehen, dass die Risiken, die aus ihrer Sicht unvertretbar waren, von Anfang an bekannt waren und Absenken von Anforderungen und vorsätzliche Nichtbeachtung lediglich nicht berücksichtigt wurden.
45
(v) Die Klagepartei legt auch nicht ausreichend dar, dass der streitgegenständlich Impfstoff in einem anderen Verfahren hergestellt wurde, als jenes, das von der Beklagten gegenüber den Genehmigungsbehörden offengelegt wurde.
46
Hierbei handelt es sich bezüglich der konkreten, dem Kläger verabreichten Impfdose um eine bloße Spekulation. Gegen die allgemeine Behauptung der Abweichung sprechen die vorgelegten und frei zugänglichen Folgebewertungen des CHMP sowie die fortlaufende Überwachung des Herstellungsprozesses durch das PEI.
47
(v) Eine Vorlage an den EuGH nach Art. 267 AEUV war nicht veranlasst. Das Gericht schließt sich insoweit der Begründung des OLG Koblenz im Urt. v. 10.7.2024 – 5 U 1375/23, BeckRS 2024, 16169, Rn. 38 vollumfänglich an.
48
b) Selbst wenn man eine Tatbestandswirkung nicht annimmt, führt dies zu keiner anderen Bewertung.
49
aa) Das Gericht kommt auf der Grundlage der Bewertungen verschiedener Expertengremien zu dem Ergebnis, dass das Nutzen-Risiko-Verhältnis des Impfstoffs nach den von den Parteien vorgetragenen Tatsachen zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung projiziert auf den Zeitpunkt der Impfung positiv ist.
50
Die vorzunehmende Abwägung nach § 84 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AMG ist zwar nicht mit der Abwägung zur Zulassungsentscheidung der EU-Kommission identisch. Die durchgängig gleichlautenden Entscheidungen der verschiedenen Expertengremien in Bezug auf das positive Nutzen-Risiko-Verhältnis stellen aber ein gewichtiges Indiz im Rahmen der gerichtlichen Entscheidung dar (OLG Koblenz Urt. v. 10.7.2024 – 5 U 1375/23, BeckRS 2024, 16169; OLG München BeckRS 2024, 31623: „antizipiertes Sachverständigengutachten“).
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Vorliegend handelt es sich um die Bewertungen des CHMP (B 15 sowie fortlaufende Stellungnahmen B 16, B 22, B 28) und des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI). Die Bewertung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses durch diese Institutionen hat ein hohes Gewicht, weil sie sich aufgrund der Besetzung mit hochqualifizierten Experten durch herausragende Fachkompetenz auszeichnen. Hinzu kommt, dass sie die höchstmögliche Expertise in Fragen der Zulassung von Arzneimitteln für den europäischen Markt bündeln. Hervorzuheben ist, dass diese Institutionen nicht von politischer, sondern von fachlicher Seite im Rahmen des Zulassungsverfahrens mit wissenschaftlichen Bewertungen und Beiträgen mitwirken, wobei die Unterschiedlichkeit ihrer Rollen die Perspektiven erweitert.
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bb) Die Einwände der Klagepartei hiergegen greifen nicht durch:
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(i) Die Einwände hinsichtlich des Nutzens der Impfstoffe können die Bewertungen der o.g. Expertengremien nicht erschüttern.
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Die Klagepartei trägt insofern vor, dass die Schutzimpfung nur einen geringen bzw. gar keinen therapeutischen Nutzen habe, da nur ein geringer Wirksamkeitsgrad gegeben sei. Es sei kein wirksamer Schutz vor Selbstinfektion, Weiterverbreitung und schweren Verläufen der Erkrankung gegeben.
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Dies kann bereits im Ansatz nicht überzeugen. Die pandemische Lage ab dem Jahr 2020 sowie das daraus resultierende Erfordernis, eine Impfung herzustellen, die die weitere Verbreitung des Corona Virus verhindern, die Anzahl der schwerwiegenden Verläufe eindämmen und vor allem die Zahl der Coronatoten weltweit zu verringern sollte, ist allgemein bekannt. Bereits wenige Wochen und Monate nach dem weltweiten Ausbruch des Corona Virus zählte man Millionen Tote weltweit. Die Gesamtzahl der schweren Verläufe einer Coronainfektion stieg von Tag zu Tag und endete in vielen Fällen auf den Intensivstationen. Die Kapazitäten in den Kliniken, sowohl hinsichtlich der verfügbaren Betten als auch des verfügbaren Ärzte- und Pflegepersonals, waren schnell ausgeschöpft. Schlussendlich war die Lage so kritisch, dass ein deutschlandweiter Lockdown ausgesprochen wurde. Schulen, Kitas, Universitäten, Restaurants und nahezu der gesamte Einzelhandel mussten zunächst auf unbestimmte Zeit schließen. Als die größte Chance, dieser nicht weiter kalkulierbaren Erkrankung entgegenzuwirken, wurde die Herstellung und baldige Verabreichung eines Impfstoffs an die Bevölkerung angesehen. Nicht zuletzt, weil es sich bei dem Corona Virus um ein – zum entscheidenden Zeitpunkt – neuartiges Virus gehandelt hat und dementsprechend Alternativpräparate weder vorhanden noch verfügbar waren. In einer Zeit, in der sich Gedanken über eine grundgesetzlich verbotene Abwägung „Leben gegen Leben“ gemacht wurden, weil es in den Kliniken nicht mehr möglich war, jeden Patienten gleichermaßen gut zu versorgen und diese sogar deutschlandweit transportiert und in umliegende Krankenhäuser verlegt werden mussten, weil keine Betten mehr frei und/oder Beatmungsgeräte verfügbar waren, ist der Grad des Nutzens des entwickelten Impfstoffes hoch anzusetzen.
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Soweit die Klagepartei ausführt, dass die Impfstoffe nur einen geringen Wirksamkeitsgrad aufweise, ist dies bereits mangels Substantiierung unbeachtlich. Der diesbezügliche Vortrag beruht auf reinen Vermutungen ohne jegliche Tatsachengrundlage. Dem diesbezüglichen Beweisangebot auf Einholung eines Sachverständigengutachten war daher nicht nachzukommen.
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Ein fehlender Nutzen ergibt sich auch nicht daraus, dass die Impfstoffe die Übertragung des Virus von Mensch auf Mensch nicht verhindert. Dies muss ein Impfstoff nicht gewährleisten. Nach § 2 Nr. 9 IfSG ist unter einer Schutzimpfung die Gabe eines Impfstoffes mit dem Ziel zu verstehen, vor einer übertragbaren Krankheit zu schützen. Die Schutzimpfung muss nicht die Übertragung einer Krankheit verhindern.
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(ii) Auch der Vortrag der Klagepartei zu den Risiken kann die o.g. Bewertungen der Expertengremien nicht angreifen.
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Bei dem Vortrag der Klagepartei zu Verdachtsfällen und Todesfällen ist zu berücksichtigen, dass es sich, wie aus der Bezeichnung ersichtlich, nur um den Verdacht eines Impfschadens handelt. Die Meldung eines Verdachtsfalles besagt nichts über das tatsächliche Aufkommen von Impfschadensfällen. Dies wird von den entsprechenden Meldestellen auch so klar gestellt.
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Der streitgegenständliche Impfstoff wurde seit ihrer Zulassung in Deutschland und weltweit zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie milliardenfach verabreicht. Bei einer derart hohen Anzahl an Impfungen binnen eines vergleichsweise kurzen Zeitraums ist denklogisch mit einer höheren Anzahl von Verdachtsfällen in kurzer Zeit zu rechnen als bei einer vergleichbaren Anzahl an Impfungen über einen längeren Zeitraum. Auch wenn es sich bei den geschilderten Verdachtsfällen um tatsächliche Impfschäden gehandelt haben sollte, wären diese Risiken bei der Anzahl der Impfungen nicht so gewichtig, dass dies zu einem negativen Nutzen-Risiko-Verhältnis führen würde.
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2. Ein Anspruch nach § 84 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AMG besteht nicht.
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a) Voraussetzung hierfür wäre, dass der Schaden kausal durch eine nicht den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft entsprechende Kennzeichnung, Fachinformation oder Gebrauchsinformation entstanden ist. Ein Ursachenzusammenhang zwischen einer fehlerhaften Information und der Gesundheitsverletzung ist nur zu bejahen, wenn diese bei ordnungsgemäßer Information mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vermieden worden wäre, z.B weil dann von der Impfung abgesehen worden wäre. Die Beweislast hierfür trägt die Klagepartei, wobei – wie im Rahmen der Prüfung einer hypothetischen Einwilligung gem. § 630h Abs. 3 Satz 2 BGB – die Darlegung eines echten Entscheidungskonflikts genügt (BeckOGK/Franzki, 1.6.2024, AMG § 84 Rn. 106).
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Ein Kausalzusammenhang ist aber dann abzulehnen, wenn der Anwender oder der anwendende Arzt die Arzneimittelinformation gar nicht zur Kenntnis genommen hat (BeckOGK/Franzki, 1.6.2024, AMG § 84 Rn. 58).
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b) Es ist bereits nicht vorgetragen, dass der Kläger bzw der ihm die Impfung verabreichende Arzt die Arzneimittelinformationen iSd § 84 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AMG zur Kenntnis genommen hatten.
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Der Kläger gab in der mündlichen Verhandlung am 05.05.2025 an, dass er sich keine Informationen der Beklagten vor der Impfung durchgelesen habe.
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c) Überdies konnte sich das Gericht, ausgehend vom Maßstab des § 286 ZPO, keine Überzeugung bilden, dass beim Kläger ein Entscheidungskonflikt vorgelegen hat.
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Vielmehr liegt es nahe, dass der Kläger sich, auch wenn er darüber informiert worden wäre, dass nach der Impfung die von ihm geschilderten Beschwerden auftreten können, trotzdem für die Impfung entschieden hätte. Der Kläger gab in der mündlichen Verhandlung am 05.05.2025 an, dass er sich bei der Impfung gedacht habe, dass ihm etwaige Nebenwirkungen nicht anhaben werden. Er habe sich gedacht, dass sicherlich alles gut gehen werden. Zugleich berichtet der Kläger über einen großen gesellschaftlichen und beruflichen Druck zur Impfung.
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3. Sonstige deliktische Ansprüche scheitern ebenfalls.
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a) Der Klagepartei steht kein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB iVm § 5 AMG bzw. § 95 AMG zu. Das Vorliegen eines bedenklichen Arzneimittels im Sinne des § 5 Abs. 2 AMG, wofür wie bei § 84 Abs. 1 AMG die wissenschaftliche Unvertretbarkeit der schädlichen Wirkungen des Arzneimittels maßgeblich ist, ist vorliegend nicht feststellbar.
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b) Eine vorsätzliche, sittenwidrige Schädigung nach § 826 BGB ist nach dem bisher gesagten nicht erkennbar. Genauso wenig ist eine schuldhaftes Verhalten iSd § 823 Abs. 1 BGB, das zu einer Rechtsgutsverletzung der Klagepartei geführt hätte, erkennbar.
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c) Soweit die Klagepartei einen deliktischen Anspruch auf die Verletzung von Kennzeichnungs- oder Warnpflichten oder Instruktionsfehlern stützen möchte, scheitert dies jedenfalls an der Kausalität. Voraussetzung wäre in diesen Fällen nämlich, dass der Schaden bei pflichtgemäßen Handeln mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vermieden worden wäre. Dies ist hier gerade nicht der Fall, da das Gericht überzeugt ist, dass sich die Klagepartei in jedem Fall hätte impfen lasse (s.o.).
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d) Soweit die Klagepartei einen Schadensersatzanspruch wegen Mängel im Herstellungsprozess der Impfstoffe begründen möchte, kann sie bereits nicht konkret vortragen, ob die dem Kläger verabreichten Dosen von diesen Mängeln betroffen waren. Die von der Klagepartei vorgelegten Studien und Aufsätze befassen sich erkennbar nicht mit den streitgegenständlichen Dosen. Gegen eine Verallgemeinerung auf bestimmte Chargen oder die komplette Produktion sprechen die von den Beklagten vorgelegten behördlichen Stellungnahmen, aus denen ersichtlich wird, dass der Herstellungsprozess kontinuierlich überwacht wurde und systemische Mängel nicht vorlagen (Anlage B 23 und B 24).
Auskunftsanspruch (Klageantrag Ziffer 4)
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Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Erteilung der beantragten Auskünfte. Ein solcher Anspruch folgt insbesondere nicht aus § 84a Abs. 1 AMG.
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1. Der Auskunftsanspruch ist hier bereits aus teleologischen Gesichtspunkten zu verneinen.
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Die Klagepartei hat den Auskunftsanspruch im Wege des § 260 ZPO als objektive Klagehäufung geltend gemacht, begehrt die Auskunft also neben dem Anspruch aus § 84 AMG.
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Legt man die Ratio des § 84a AMG zugrunde, wonach der Auskunftsanspruch den Anspruch aus § 84 AMG vorbereiten soll, so besteht schon in objektiver Sichtweise keine Möglichkeit, dass die begehrten Auskünfte den Schadensersatzanspruch vorbereiten oder diesem dienen können, da der Schadensersatzanspruch zur gleichzeitigen Entscheidung des Gerichts gestellt worden ist und gerade nicht als Stufenklage geltend gemacht wird (vgl. LG Saarbrücken, Urteil v. 02.05.2024 – 16 O 170/22).
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2. Überdies ist der Auskunftsanspruch zur Feststellung, ob ein Anspruch auf Schadensersatz nach § 84 besteht, nicht erforderlich.
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An der Erforderlichkeit einer Auskunft fehlt es dann, wenn ein Anspruch von vorneherein nicht besteht oder nicht durchsetzbar ist, beispielsweise wenn die Voraussetzungen des § 84 Abs. 1 AMG eindeutig nicht vorliegen (BeckOGK/Franzki AMG § 84a Rn. 15).
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Dies ist vorliegend der Fall (s.o.). Ein Anspruch nach § 84 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AMG scheitert offensichtlich, da unstreitig eine Standardzulassung vorliegt, der Tatbestandswirkung zukommt. Ein Anspruch nach § 84 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AMG wurde bereits nicht schlüssig dargelegt, da nicht vorgetragen wurde, dass die Klagepartei oder der impfende Arzt die Arzneimittelinformationen iSd Norm überhaupt zur Kenntnis genommen haben.
IV. Feststellungsantrag (Klageantrag Ziffer 2) und Nebenforderungen (insb Klageantrag Ziffer 3)
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Mangels Hauptanspruchs und mangels Haftung dem Grunde nach besteht weder ein Anspruch auf Feststellung für die Haftung künftiger Schäden noch auf Zinsen und vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in § 709 Satz 2 ZPO.
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Das Gericht bemisst den Streitwert Klageantrag Ziffer 1) mit 20.000,00 EUR, Klageantrag Ziffer 2) mit 5.000,00 EUR und Klageantrag Ziffer 4) mit 2.000,00 EUR.