Inhalt

VG München, Beschluss v. 05.06.2025 – M 7 E 25.2607
Titel:

Bürgerbegehren, Erfolgloser Eilantrag, Begehrte Zulassung im Eilverfahren, Irreführung, Unbestimmtheit

Normenketten:
VwGO § 123
GO Art. 18a
Schlagworte:
Bürgerbegehren, Erfolgloser Eilantrag, Begehrte Zulassung im Eilverfahren, Irreführung, Unbestimmtheit
Fundstelle:
BeckRS 2025, 13030

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragsteller haben die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 7.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.
1
Die Antragsteller begehren als Vertreter der Unterzeichnenden die Zulassung des Bürgerbegehrens „Keine Windräder im N. Forst“ im Wege einer einstweiligen Anordnung sowie hilfsweise Sicherungsmaßnahmen.
2
Ein Projekt zur Versorgung der örtlichen chemischen Industrie zielt darauf ab, Windenergieanlagen im Staatsforst im Landkreis Altötting im Bereich des Altöttinger und Burghauser Forsts (umfassend Gebiete mehrerer Kommunen, u.a. der Antragsgegnerin) zu errichten. Die Bayerischen Staatsforsten AöR (im Folgenden: Bayerische Staatsforsten) stellen für das geplante Windenergieprojekt erforderliche Flächen zur Verfügung. Als zu beachtende Voraussetzung für das wettbewerbliche Auswahlverfahren bzw. den Abschluss von Standortsicherungsverträgen wurde von Seiten der Bayerischen Staatsforsten eine Zustimmung der betroffenen Gemeinden gesehen (bekannt als sog. Kommunalklausel).
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Der Stadtrat der Antragsgegnerin fasste hierzu am 19. Januar 2023 einen Beschluss, wonach das Vorhaben zur Kenntnis genommen werde und die notwendigen nächsten Schritte zur Klärung des Vorhabens unterstützt würden. Insbesondere seien ein positives Ergebnis der Winduntersuchungen hinsichtlich Wirtschaftlichkeit und Stromerzeugung, Klärung der Eingriffe in Flora und Fauna sowie Fragen der Renaturierung Voraussetzungen, dass im Rahmen der dann notwendigen Bauleitplanung die Anlagen auf N. Gebiet errichtet und betrieben werden könnten. Eine Bürgerbeteiligung sei obligatorisch gewünscht. Über die Form dieser Beteiligung solle zu einem späteren Zeitpunkt entschieden werden.
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Im Rahmen des daraufhin durchgeführten Auswahlverfahrens wurde dem Unternehmen … … … (im Folgenden: Unternehmen) der Zuschlag erteilt. Im Mai 2023 schlossen die Bayerischen Staatsforsten und das Unternehmen einen Standortsicherungsvertrag zur Entwicklung eines Windparks im Altöttinger und Burghausener Staatsforst.
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Im Juni 2024 wurde von den Bayerischen Staatsforsten mit Aufsichtsratsbeschluss die Kommunalklausel, welche wie ein faktisches Vetorecht für Standortkommunen bei Windprojekten in den Staatsforsten wirkte, im Hinblick auf damit verbundene Wettbewerbsbenachteiligung aufgegeben (vgl. hierzu Pressemitteilung des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie vom 27. Juni 2024, abrufbar unter https://www.baysf.de/de/medienraum/pressemitteilungen/nachricht/detail/baysf-aufsichtsrat-gleicht-buergereinbindung-bei-windprojekten-an-privatwaelder-an.html).
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Die Antragsteller reichten am 2. Juli 2024 das Bürgerbegehren „Keine Windräder im N. Forst“ mit Unterschriftslisten bei der Antragsgegnerin ein und beantragten nach Feststellung der Zulässigkeit die Durchführung eines Bürgerentscheids. Einzelne Unterschriftslisten waren bereits vorab im März 2024 bei der Antragsgegnerin eingegangen.
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Die Fragestellung des Bürgerbegehrens lautet:
„Sind Sie dafür, dass der Stadtrat N. seine Zustimmung zum Bau und Betrieb von Windkraftanlagen durch den Grundsatzbeschluss vom Januar 2023 zurücknimmt, sich gegen die Planung, den Bau und den Betrieb von Windkraftanlagen auf ihrem Gemeindegebiet ausspricht, sowie sein gemeindliches Einvernehmen zum Bauvorhaben der Errichtung von Windkraftanlagen auf dem Gemeindegebiet verweigert?“
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Zur Begründung ist ausgeführt:
Dem Bauvorhaben im Außenbereich stehen unserer Meinung nach öffentliche Belange entgegen. Windkraftanlagen im Wald stellen einen gravierenden Eingriff in die Natur dar und können sich negativ auf die Artenvielfalt auswirken. Es werden eine große Anzahl von Bäumen gefällt, Lebensräume beeinträchtigt und Waldboden versiegelt. Der erzeugte Strom beträgt nur wenige Prozent des Verbrauchs im Landkreis. Zudem steht er nur ab und zu zur Verfügung. Windkraftanlagen töten viele Vögel und Milliarden von Insekten, das Öffnen des Kronendachs kann das empfindliche Waldinnenklima verändern und die Austrocknung der Umgebung unterstützen. Sie stellen eine potentielle Brandgefahr dar, verbrauchen pro Anlage rund 7 Millionen kg Ressourcen und sie beeinträchtigen unserer Meinung nach das Orts- und Landschaftsbild.“
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Die Antragsteller wurden als Vertreter u.a. ermächtigt, zur Begründung der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens Änderungen vorzunehmen, soweit diese nicht den Kern des Antrags berührten. Sollten Teile des Begehrens unzulässig sein oder sich erledigen, so sollten die Unterschriften weiterhin für die verbleibenden Teile gelten.
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Auf rechtlichen Hinweis der Antragsgegnerin änderten die Antragsteller am 18. Juli 2024 die Fragestellung (wohl bezogen auf die dritte (Teil-)Frage) nachträglich durch Einfügung des Zusatzes „soweit zulässig.“
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Von Seiten der Bayerischen Staatsforsten war der Antragsgegnerin am 16. Juli 2024 auf deren Nachfrage mitgeteilt worden, dass es infolge der neuen Beschlusslage zukünftig keine Auswirkungen mehr auf die Vertragsverhältnisse mit dem Unternehmen habe, sofern Kommunen aufgrund von Bürgerentscheiden ihre zustimmenden Gemeinderatsbeschlüsse zu dem Windparkprojekt aufheben würden. Zuvor seien wegen eines negativen Bürgerentscheids die Verträge noch angepasst worden. Die im Zuge der zustimmenden Gemeinderatsbeschlüsse formulierten kommunalen Belange der jeweiligen Standortgemeinden würden weiterhin berücksichtigt.
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Am 23. Juli 2024 wurde durch den Planungsausschuss des Regionalen Planungsverbands Südostoberbayern eine Änderung des Regionalplans beschlossen, wonach für den Bereich des Staatsforsts im Landkreis Altötting fünf Vorranggebiete für Windenergie ausgewiesen sind, darunter die im Gemeindegebiet der Antragsgegnerin für das Projekt vorgesehenen Flächen.
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Mit Bescheid vom 7. August 2024, den Antragstellern zugestellt jeweils am 8. August 2024, wies die Antragsgegnerin nach entsprechender Beschlussfassung des Stadtrats am 1. August 2024 das Bürgerbegehren als unzulässig zurück. Der beantragte Bürgerentscheid werde nicht durchgeführt. Das Bürgerbegehren sei aus materiell-rechtlichen Gründen unzulässig. Die Fragestellung müsse Entscheidungscharakter besitzen, was sich schon aus dem Wortlaut des Gesetzes (vgl. Art. 18a Abs. 4 Satz 1 und Abs. 14 GO) ergebe. Der Bürgerentscheid sei kein Instrument zur Abhaltung unverbindlicher Meinungsumfragen. Ein Bürgerbegehren, dem keine rechtliche Auswirkung, sondern allenfalls politische Signalwirkung zukomme, sei daher unzulässig. Das Bürgerbegehren ziele auf eine vollständige Verhinderung von Windkraftanlagen im Staatsforst auf dem Gemeindegebiet ab. Infolge der Aufhebung der Kommunalklausel hätte eine aus dem Bürgerentscheid folgende Aufhebung des Grundsatzbeschlusses des Stadtrats vom Januar 2023 keine Auswirkungen mehr auf die Vertragsverhältnisse zwischen den Bayerischen Staatsforsten und dem Unternehmen. Das gemeindliche Einvernehmen könne die Stadt nur aus baurechtlichen Gründen verweigern. Dazu sei festzustellen, dass die betroffenen Flächen mittlerweile durch Beschluss des regionalen Planungsverbands zum Vorranggebiet für Windenergie erklärt worden seien. Damit sei die Errichtung von Windenergieanlagen baurechtlich zulässig. Die Stadt könne das gemeindliche Einvernehmen nicht willkürlich verweigern. Eine Entscheidung über das Projekt oder einzelne Standorte der geplanten Windenergieanlagen stehe ihr damit nicht zu.
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Die Bevollmächtigten der Antragsteller erhoben am Montag, dem 9. September 2024 Klage (M 7 K 24.5484). Zur Begründung wird vorgetragen, die (Teil-)Fragestellung bezüglich des gemeindlichen Einvernehmens betreffe ohne Weiteres einen tauglichen Gegenstand eines Bürgerbegehrens, welche auch Rechtswirkungen entfalte. Die Aufnahme der Flächen in ein Vorranggebiet führe nicht automatisch zur baurechtlichen Zulässigkeit der Vorhaben, da andere Belange des § 35 BauGB entgegenstehen könnten. Auch die Rücknahme der Zustimmung zum Bau und Betrieb von Windkraftanlagen könne rechtliche Wirkungen entfalten. Nach hier vertretener Rechtsauffassung wäre die Folge, dass die Bayerischen Staatsforsten, welche als Anstalt des öffentlichen Rechts grundrechtsverpflichtet seien, unter Beachtung des Gleichheitsgrundsatzes auch im Gemeindegebiet der Antragsgegnerin von dem Windkraftprojekt Abstand nehmen müssten, da insoweit eine Selbstbindung dahingehend vorliege, keine Windkraftprojekte in den Staatswaldflächen ohne Zustimmung der jeweiligen Standortgemeinde zuzulassen. Jedenfalls würde – unabhängig von der Entfaltung einer ex-tunc Wirkung – ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis gemäß § 43 VwGO zwischen der Antragsgegnerin und den Bayerischen Staatsforsten begründet, gerichtet auf die Feststellung, dass die Bayerischen Staatsforsten zur Unterlassung der Entwicklung eines Windkraftprojekts auf ihren Flächen im Gemeindegebiet verpflichtet wären. Die Fragestellungen seien daher nicht allein auf eine politische Signalwirkung gerichtet.
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Am 29. April 2025 stellten die Bevollmächtigten der Antragsteller zudem einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, primär gerichtet auf eine Zulassung des Bürgerbegehrens.
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Den Antragstellern sei aus Presseartikeln bekannt geworden, dass das Unternehmen mittlerweile einen Antrag für die Bau- und Betriebsgenehmigung von Windkraftanlagen im Gemeindegebiet der Antragsgegnerin eingereicht habe. Ein Verfahren zur Hauptsache könne den Antragstellern wirksamen Rechtsschutz zur Erfüllung ihres Anspruchs auf Zulassung des Bürgerbegehrens und Durchführung des Bürgerentscheids nicht gewähren. Ohne die begehrte einstweilige Anordnung würden die Antragsteller bei einer Erteilung des Einvernehmens und nicht erfolgter Zurücknahme der Zustimmung zur Standortnutzung Nachteile erleiden, die bei einem Obsiegen in der Hauptsache nicht mehr ausgeglichen werden könnten. Ziel des Bürgerbegehrens sei es, dem durch das Unternehmen geplanten Windkraftprojekt im Gemeindegebiet die bauplanungsrechtlichen Genehmigungsvoraussetzungen zu entziehen. Mit Rücknahme des Grundsatzbeschlusses des Stadtrats vom Januar 2023 wären die Bayerischen Staatsforsten daran gehindert, Standortsicherungsverträge und Nutzungsverträge zur Errichtung von Windkraftanlagen im Gemeindegebiet mit dem Unternehmen abzuschließen bzw. aufrechtzuerhalten. Ohne zivilrechtliche Gestattung fehle dem Unternehmen das Bescheidungsinteresse als Voraussetzung für die Erteilung entsprechender öffentlich-rechtlicher Genehmigungen für Bau und Betrieb der Windkraftanlagen. Der Anspruch auf die Sicherungsanordnungen ergebe sich direkt aus Art. 18 a Abs. 9 GO bzw. in entsprechender Anwendung.
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Die Antragsteller beantragen,
1. a. der Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO aufzugeben, das Bürgerbegehren „Keine Windräder im N. Forst“ mit folgender Fragestellung zuzulassen: „Sind Sie dafür, dass der Stadtrat N. seine Zustimmung zum Bau und Betrieb von Windkraftanlagen durch den Grundsatzbeschluss vom Januar 2023 zurücknimmt, sich gegen die Planung, den Bau und den Betrieb von Windkraftanlagen auf ihrem Gemeindegebiet ausspricht, sowie, soweit zulässig, sein gemeindliches Einvernehmen zum Bauvorhaben der Errichtung von Windkraftanlagen auf dem Gemeindegebiet verweigert“ und den beantragten Bürgerentscheid durchzuführen? Für den Fall des Obsiegens:
b. der Antragsgegnerin zu 1. im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 2 VwGO aufzugeben, es bei Vermeidung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 € zu unterlassen, das gemeindliche Einvernehmen zum Bauvorhaben der Errichtung von Windkraftanlagen durch das Unternehmen … … zu erteilen, bevor der im Hauptantrag 1.a. genannte Bürgerentscheid durchgeführt wurde.
2. Für den Fall des Obsiegens mit Antrag 1.a.:
Dem Antragsgegner zu 2. wird im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO aufgegeben, es bei Vermeidung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 € zu unterlassen, eine Genehmigungsentscheidung zu erlassen, welche das Unternehmen … … berechtigt, Windkraftanlagen im Gemeindegebiet des Antragsgegners zu 1. zu errichten und zu betreiben, bevor der in Antrag 1.a. genannte Bürgerentscheid durchgeführt wurde.
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Die Antragsgegnerin beantragt,
Der Antrag wird abgelehnt.
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Zum Klageverfahren wurde vorgetragen, das Bürgerbegehren sei aus formellen und materiellen Gründen unzulässig. Es liege ein Verstoß gegen das Koppelungsverbot vor. Die Fragestellung bestehe aus drei verschiedenen (Teil-)Fragen, die nicht einheitlich beantwortet werden könnten und die von der Rechtsprechung aufgestellten Anforderungen einer einheitlichen (Teil-)Fragestellung nicht erfüllten. Es gehe bei der zweiten (Teil-)Frage um eine allgemeine politische Haltung der Antragsgegnerin zum Thema Windenergie, unabhängig von einem konkreten Projekt. Es liege nahe, dass es Bürger gebe, welche die drei (Teil-)Fragen unterschiedlich beantworten wollten. Die nachträgliche Änderung der (Teil-)Fragestellung sei unzulässig. Es handele sich nicht um eine bloße redaktionelle Korrektur, sondern um eine inhaltliche Änderung, die vom Willen der Unterzeichner nicht gedeckt gewesen sei. Die Zielrichtung der (Teil-)Fragestellung werde wesentlich verändert. Ursprünglich sei eine konkrete Entscheidung der Gemeinde gefordert worden, nunmehr werde die Gemeinde nur dazu aufgefordert, gesetzmäßig zu handeln. Die erste (Teil-)Frage sei unzulässig, da das Bürgerbegehren insoweit keine rechtlichen Auswirkungen habe. Die sog. Kommunalklausel habe sich lediglich für die Bayerischen Staatsforsten aus einem intern geltenden Aufsichtsratsbeschluss ergeben. Diese seien zu keinem Zeitpunkt gegenüber den Standortgemeinden verpflichtet gewesen, die Verpachtung ihrer Flächen von deren Zustimmung abhängig zu machen. Die Zustimmung der Standortgemeinden habe insofern keinerlei verbindliche Wirkung gehabt. Somit könne auch der Rücknahme der bereits erfolgten Zustimmung keine rechtliche Wirkung zukommen. Eine faktische Wirkung wäre durch die Aufhebung der Kommunalklausel entfallen. Für die Beurteilung der Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens sei die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts maßgeblich. Rechtsstaatlicher Vertrauensschutz könne aus der Kommunalklausel als nur interner Vorgabe nicht erwachsen. Auch seien die Bayerischen Staatsforsten gegenüber anderen Hoheitsträgern nicht an das Gleichheitsgebot gebunden. Durch den Entfall der Kommunalklausel seien vielmehr sämtliche Zustimmungen sowie Versagungen hinfällig und die Bayerischen Staatsforsten nicht mehr daran gebunden. Selbst wenn man eine Selbstbindung bejahen würde, wären die Bayerischen Staatsforsten nicht gehindert, ihre bisherige Verwaltungspraxis aufzugeben und ihr Ermessen zukünftig einheitlich anders auszuüben, so wie hier geschehen. Die erste (Teil-)Frage sei auch unzulässig, weil ihr Ziel nicht mehr verwirklicht werden könne. Ein Vertrag über die Pacht der Flächen sei bereits abgeschlossen worden und es sei auch nicht ersichtlich, dass eine Aufhebung dieses Vertragsverhältnisses auf Verlangen der Antragsgegnerin möglich wäre. Auch die zweite (Teil-)Frage sei unzulässig, weil sie nicht auf eine Sachentscheidung abziele, sondern nur auf eine unverbindliche Meinungsäußerung ohne rechtliche Wirkung. Auch eine Auslegung dieser (Teil-)Frage bezogen auf das gemeindliche Einvernehmen oder das Regionalplanverfahren führe zu keiner anderen Bewertung. Die Antragsgegnerin habe hierzu eine Stellungnahme bereits abgegeben. Das Regionalplanverfahren der Region Südostoberbayern sei abgeschlossen. Die dritte (Teil-)Frage sei unzulässig, da die mit dem Bürgerbegehren verfolgte Entscheidung nicht mit der Rechtsordnung im Einklang stehe, über diese Frage weder jetzt noch in absehbarer Zeit entschieden werden könne, und sie nicht dem Gebot der hinreichenden Bestimmtheit genüge. Eine generelle Versagung des Einvernehmens – so nach der ursprünglichen Fassung der (Teil-)Fragestellung – sei mit § 36 BauGB und § 35 BauGB nicht vereinbar. Auch in der geänderten Fassung sei die (Teil-)Fragestellung materiell unzulässig, weil sie sich nicht auf ein konkretes Bauvorhaben beziehe und unklar bleibe, welches konkrete Bauvorhaben gemeint sein solle. Zum Zeitpunkt der Ablehnung des Bürgerbegehrens habe kein Genehmigungsverfahren über Windenergieanlagen auf dem Gemeindegebiet stattgefunden. Über die Verweigerung des Einvernehmens könne auch weder jetzt noch in absehbarer Zeit konkret entschieden werden. Eine nachträgliche Änderung der (Teil-)Fragestellung, indem nunmehr auf den im März 2025 eingereichten Genehmigungsantrag abgestellt werde, sei vom Willen der Unterzeichnenden nicht mehr gedeckt. Selbst wenn man die (Teil-)Fragestellung dahingehend auslegen würde, dass das zukünftige Bauvorhaben des Unternehmens auf den Flächen der Bayerischen Staatsforsten gemeint sein solle, sei davon auszugehen, dass eine Verweigerung des gemeindlichen Einvernehmens gegen Baurecht verstoße. Bei der Ausweisung der Windvorranggebiete als Ziele der Raumordnung habe der Regionale Planungsverband bereits eine umfassende Abwägung der öffentlichen Belange mit der Nutzung der Fläche für Windenergie vorgenommen. Insbesondere habe er einen Umweltbericht gemäß Art. 15 BayLPlG erstellt und alle relevanten Fachbehörden beteiligt. Es könne daher nicht davon ausgegangen werden, dass öffentliche Belange, die eine Verweigerung des gemeindlichen Einvernehmens rechtfertigen könnten, dem Vorhaben entgegenstünden. Da kein konkretes Bauvorhaben genannt sei, genüge die dritte (Teil-)Frage auch nicht dem Bestimmtheitsgebot. Für die Unterzeichnenden hätte keine Möglichkeit bestanden, die konkreten Umstände für eine eventuelle Versagung eines gemeindlichen Einvernehmens nach den Maßstäben des § 35 BauGB zu bewerten. Weder der Verantwortungsgrad noch die Rechtsfolgen hätten abgeschätzt werden können. In Bezug auf den Eilantrag wurde geltend gemacht, dass auch kein Anordnungsgrund bestehe. Die Antragsteller hätten nicht dargelegt und glaubhaft gemacht, aus welchen Gründen das Bürgerbegehren insgesamt, also auch bezüglich der ersten beiden (Teil-)Fragen, durch Zeitablauf vereitelt werden könnte und daher eine Zulassung des gesamten Bürgerbegehrens eilbedürftig sei. Der Antrag sei auch auf eine unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet. Die Antragsteller hätten weder einen Anordnungsanspruch noch einen Anordnungsgrund so deutlich glaubhaft gemacht, dass dessen Vorliegen offensichtlich auf der Hand liege. Auch ein Anordnungsanspruch bezogen auf eine einstweilige Untersagung des gemeindlichen Einvernehmens sei nicht glaubhaft gemacht. Die Antragsteller müssten zumindest darlegen, dass Gründe vorlägen, aus denen das Einvernehmen nach § 36 BauGB verweigert werden dürfe. Das wäre nur dann der Fall, wenn das Vorhaben bauplanungsrechtlich unzulässig wäre (§ 35 Abs. 3 BauGB), wozu sich die Antragsteller nicht äußerten. Das Vorbringen wurde mit Schriftsatz vom 2. Juni 2025 noch ergänzt, auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird.
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Die Antragsteller erwidern, ein Verstoß gegen das Koppelungsverbot liege nicht vor. Zwischen den (Teil-)Fragen bestehe ein enger innerer Zusammenhang innerhalb eines einheitlichen Regelungsgegenstands. Obwohl die (Teil-)Fragen allgemein gehalten seien, wiesen sie für die Bürger im Gemeindegebiet erkennbar einen konkreten Bezug zu dem aktuellen Projektvorhaben des Unternehmens auf, da weitere Windkraftprojekte im Gemeindegebiet nicht in Planung seien. Die zweite (Teil-)Frage beziehe sich sinngemäß auf die erste (Teil-)Frage als denknotwendige Kehrseite. Ihr komme damit nur die Funktion einer Klarstellung zu und sie stelle lediglich einen Annex zur ersten (Teil-)Frage dar. Auf diesen – eine Einheit bildenden – (Teil-)Fragen aufbauend werde mit der dritten (Teil-)Frage die Verweigerung des gemeindlichen Einvernehmens, soweit zulässig, angestrebt. Die Antragsgegnerin habe zwar die Amtspflicht, das Einvernehmen gemäß § 36 BauGB nicht rechtswidrig zu versagen, aber nicht die Pflicht, das Einvernehmen zu versagen, wenn Versagungsgründe vorlägen, also das Bauvorhaben nach den §§ 31, 33, 34 und 35 BauGB materiell rechtswidrig wäre. Die (Teil-)Fragestellungen zielten in die gleiche Richtung insoweit, als die Antragsgegnerin sämtliche rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen solle, um das Vorhaben zu verhindern. Die nachträgliche Änderung der (Teil-)Fragestellung sei zulässig gewesen, da sie von der Ermächtigung durch die Unterzeichnenden gedeckt gewesen sei. Es hätte nicht deren Willen entsprochen, dass die Zulassung des Bürgerbegehrens aufgrund materiell-rechtlicher Fehler abgelehnt worden wäre. Es sei zwar richtig, dass das Bürgerbegehren nach dem Wortlaut darauf abziele, den Stadtrat zu einer Entscheidung zu zwingen, was nicht der Rechtsfolge des Art. 18a Abs. 13 Satz 1 GO entspreche. Der Inhalt sei jedoch durch Auslegung mit „wohlwollender Tendenz“ zu ermitteln. Das erkennbare Ziel des Bürgerbegehrens sei es, entsprechende (Grundsatz-)Beschlüsse herbeizuführen. Es sei daher dahingehend auszulegen, dass entsprechend der nach Art. 18a Abs. 13 Satz 1 GO angeordneten Rechtswirkung eines Bürgerentscheids die Entscheidung durch den Bürgerentscheid selbst getroffen werden solle. Die Rechtswirkung in Bezug auf die ersten beiden (Teil-)Fragen liege bereits darin, dass ein bestehender Gemeinderatsbeschluss wieder aufgehoben werde. Ob die Rücknahme der Zustimmung im weiteren Genehmigungsverfahren eine (weitere) Rechtswirkung auslöse, sei von der Genehmigungsbehörde zu entscheiden und für die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens unbeachtlich. Die zweite (Teil-)Frage sei im Kontext mit der ersten (Teil-)Frage zu sehen, sodass sie nicht lediglich auf eine politische Meinungsäußerung ziele, sondern die erste (Teil-)Frage konturiere. Auch ergebe sich im Wege der Auslegung „zwanglos“, dass sich das Einvernehmen in der dritten (Teil-)Frage nur auf das aktuelle Windprojektvorhaben beziehen könne, da dieses regional in der öffentlichen Wahrnehmung „hohe Wellen“ schlage und keine weiteres Projekt in Rede oder Planung stehe. Unerheblich sei auch, dass derzeit noch kein konkreter Genehmigungsantrag vorliege. Bei der dritten (Teil-)Frage gehe es um eine Grundsatzfrage. Auch Gemeinderatsbeschlüsse dürften sich darauf beschränken, allgemeine Ziele zu formulieren. Da ein konkreter Genehmigungsantrag noch nicht vorliege, könnten Aussagen darüber, ob das Vorhaben gegen Baurecht verstoßen würde, derzeit nicht getroffen werden. Ein Anordnungsgrund liege vor. Mit einem nur eingeschränkten Eilrechtsschutzbegehren könnten die Interessen des Bürgerbegehrens nicht gewahrt werden. Die Antragsgegnerin trage vor, dass das Unternehmen die fehlenden Antragsunterlagen im Juni oder Juli 2025 nachreichen und anschließend das Landratsamt die Antragsgegnerin zur Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens auffordern werde. Ein schlichtes Nichthandeln der Antragsgegnerin im Rahmen des Beteiligungsverfahrens im Sinne des Art. 18a Abs. 9 GO würde dazu führen, dass die Fiktionswirkung des § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB eintreten würde, was im Falle der planungsrechtlichen Unzulässigkeit des Bauvorhabens das Ziel des Bürgerbegehrens konterkarieren würde. Auch die Entscheidung hinsichtlich der ersten beiden (Teil-)Fragen sei dringlich, da diese mittelbar die Standortsicherungsverträge beträfen oder betreffen könnten und die sich daraus ergebenden Rechtswirkungen – insbesondere im Hinblick auf das Bescheidungsinteresse des Unternehmens im von der Antragsgegnerin nicht beeinflussbaren Genehmigungsverfahren beim Landratsamt – im Sinne des Bürgerbegehrens rechtzeitig, also vor einer Genehmigungsentscheidung einfließen müssten. Auch die (ausnahmsweise) zulässige Vorwegnahme der Hauptsache sei gerechtfertigt, da anderenfalls für die Antragsteller ein nicht mehr wiedergutzumachender Nachteil entstehen würde und mit der Durchführung des Bürgerentscheids auch keine Tatsachen geschaffen würden, die nicht mehr rückgängig gemacht werden könnten. Zuletzt wurde mit Schriftsatz vom 3. Juni 2025 nochmals vorgetragen zum Vorliegen des engen Zusammenhangs der Teilfragen, welche bezogen auf das Projektvorhaben im Gebiet der Bayerischen Staatsforsten in die gleiche Richtung zielten.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte, die Gerichtsakte im Klageverfahren (M 7 K 21.4631) sowie die von der Antragsgegnerin vorgelegte Verfahrensakte Bezug genommen.
II.
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Der zulässige Antrag bleibt ohne Erfolg.
23
Die Antragsteller haben das Bestehen eines Anordnungsanspruchs in der für die begehrte, jedenfalls faktische Vorwegnahme der Hauptsache erforderlichen Wahrscheinlichkeit nicht glaubhaft gemacht.
24
Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann schon vor Klageerhebung eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis ergehen, wenn diese Regelung nötig erscheint, um u.a. wesentliche Nachteile abzuwenden. Voraussetzung hierfür ist, dass der Antragsteller einen Anordnungsgrund und einen Anordnungsanspruch bzw. die hierfür maßgeblichen Tatsachen glaubhaft macht (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO).
25
Eine Vorwegnahme der Hauptsache kommt allerdings nur in eng begrenzten Ausnahmefällen in Betracht, wenn das Abwarten der Hauptsacheentscheidung für den Antragsteller schwere und unzumutbare, nachträglich nicht mehr zu beseitigende Nachteile zur Folge hätte (vgl. BVerwG in st. Rspr., z.B. B.v. 26.11.2013 – 6 VR 3.13 – juris Rn. 5 m.w.N.). Einem Begehren, eine Entscheidung zu erwirken, die eine Hauptsacheentscheidung vorwegnähme, kann nur stattgegeben werden, wenn eine Hauptsacheentscheidung schon aufgrund der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes anzustellenden, bloß summarischen Prüfung des Sachverhalts erkennbar Erfolg haben würde. Würde der Antragsteller mit einer einstweiligen Anordnung, wie hier, bereits das in einem Hauptsacheverfahren verfolgte Ziel erreichen, ist an die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. BVerwG, B.v. 26.11.2013 a.a.O. Rn. 7).
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Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs kommt eine gerichtlich angeordnete vorläufige Zulassung eines Bürgerbegehrens ausnahmsweise dann in Betracht, wenn der Zulassungsanspruch durch ein in naher Zukunft zu erwartendes Handeln einer am Hauptsacheverfahren nicht beteiligten (staatlichen) Behörde, z. B. durch die Erteilung einer bereits beantragten Baugenehmigung, vereitelt werden kann. Da der mögliche Erfolg eines aufgrund eines solchen Eilbeschlusses durchgeführten Bürgerentscheids sich im Falle einer späteren Klageabweisung in der Regel nicht mehr rückgängig machen lässt, muss aber der Erlass einer entsprechenden einstweiligen Anordnung auf die Fälle beschränkt bleiben, in denen die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens bereits im einstweiligen Rechtsschutzverfahren mit so hoher Wahrscheinlichkeit bejaht werden kann, dass eine gegenteilige Entscheidung im Hauptsacheverfahren praktisch ausgeschlossen ist; außerdem muss den Antragstellern ein nicht mehr wiedergutzumachender und unzumutbarer Nachteil drohen (vgl. BayVGH, B.v. 13.12.2010 – 4 CE 10.2839 – juris Rn. 24 ff.; B.v. 18.1.2019 – 4 CE 18.2578 – juris Rn. 16). Denn die Drei-Monats-Frist des Art. 18a Abs. 10 Satz 1 GO zur Durchführung des Bürgerentscheids würde ausgelöst und die erfolgte Abstimmung der Bürger wäre als solche nicht mehr rückgängig zu machen (vgl. BayVGH, B.v. 19.3.2007- 4 CE 07.416 – juris Rn. 17).
27
Zwar droht hier mit einer Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens nach § 36 Abs. 1 BauGB oder dem Ablauf der Fiktionsfrist des § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB (binnen zwei Monaten nach Eingang des Ersuchens der Genehmigungsbehörde) eine mit dem Ziel des Bürgerbegehrens nicht zu vereinbarende Situation, welche in der Form auch nicht mehr rückgängig gemacht werden könnte. Jedoch ist nicht mit der erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass das Bürgerbegehren „keine Windräder im N. Forst“ sämtliche rechtlichen inhaltlichen Zulässigkeitsanforderungen erfüllt. Vielmehr bestehen erhebliche Anhaltspunkte dafür, dass das Bürgerbegehren in seiner Fragestellung einen irreführenden, jedenfalls unklaren Inhalt aufweist bzw. den Anforderungen an die hinreichende Bestimmtheit nicht genügt.
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Nach Art. 18a Abs. 4 Satz 1 GO muss ein Bürgerbegehren eine (auf allen Unterschriftenlisten gleichlautende) Begründung enthalten. Damit soll sichergestellt werden, dass die Gemeindebürger, wenn sie zur Unterschriftsleistung aufgefordert werden, schon in dieser ersten Phase des direktdemokratischen Verfahrens die Bedeutung und Tragweite der mit Ja oder Nein zu entscheidenden Fragestellung erkennen können (vgl. zum Volksgesetzgebungsverfahren BayVerfGH, E.v. 13.4.2000 – Vf.4-IX-00 – VGH n.F. 53, 81/105). Da bereits mit der Unterzeichnung eines Bürgerbegehrens das Recht auf Teilhabe an der Staatsgewalt in Gestalt der Abstimmungsfreiheit (Art. 7 Abs. 2, Art. 12 Abs. 3 BV) ausgeübt wird, ergeben sich aus der Bayerischen Verfassung auch Mindestanforderungen an die Richtigkeit der Begründung. Die Stimmberechtigten können sowohl bei der Frage, ob sie ein Bürgerbegehren unterstützen und diesem zur erforderlichen Mindestunterschriftenzahl verhelfen (Art. 18a Abs. 6 GO), als auch bei der nachfolgenden Abstimmung über den Bürgerentscheid nur dann sachgerecht entscheiden, wenn sie den Inhalt des Begehrens verstehen, seine Auswirkungen überblicken und die wesentlichen Vor- und Nachteile abschätzen können. Mit diesen Grundsätzen ist es nicht vereinbar, wenn in der Fragestellung oder in der Begründung eines Bürgerbegehrens in einer für die Abstimmung relevanten Weise unzutreffende Tatsachen behauptet werden oder die geltende Rechtslage unzutreffend oder unvollständig erläutert wird. Das Gleiche muss gelten, wenn die Folgen einer angestrebten Rechtsänderung so lückenhaft oder missverständlich dargestellt werden, dass die Bürger, soweit sie nicht über spezielle Vorkenntnisse verfügen, den eigentlichen Inhalt des Regelungsvorschlags nicht erfassen können (vgl. BayVGH, B.v. 20.1.2012 – 4 CE 11.2771 – juris Rn. 31 m.w.N.; U.v. 17.5.2017 – 4 B 16.1856 – juris Rn. 33 m.w.N.; U.v. 13.3.2019 – 4 B 18.1851 – juris Rn. 29; B.v. 20.12.2021 – 4 CE 21.2576 – juris Rn. 28 f.).
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Auch kann ein Bürgerbegehren nur zugelassen werden, wenn die mit ihm unterbreitete Fragestellung ausreichend bestimmt ist. Das bedeutet zwar nicht zwingend, dass es zum Vollzug des Bürgerentscheids nur noch der Ausführung durch den Bürgermeister im Rahmen der laufenden Angelegenheiten nach Art. 37 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GO bedarf. Mit einem Bürgerentscheid können vielmehr auch Grundsatzentscheidungen getroffen werden, die erst noch durch nachfolgende Detailregelungen des Gemeinderats ausgefüllt werden müssen. Die Fragestellung muss aber in jedem Fall so bestimmt sein, dass die Bürger zumindest in wesentlichen Grundzügen erkennen können, wofür oder wogegen sie ihre Stimme abgeben und wie weit die gesetzliche Bindungswirkung des Bürgerentscheids (Art. 18a Abs. 13 GO) im Fall eines Erfolgs reicht (vgl. BayVGH, B.v. 8.4.2005 – 4 ZB 04.1246 – juris Rn. 10 m.w.N.). Die auf eine Grundsatzentscheidung abzielenden Bürgerbegehren unterliegen damit strengeren Bestimmtheitsanforderungen als entsprechende Beschlussanträge im Gemeinderat, der an seine früheren Entscheidungen in keiner Weise gebunden ist und nicht vollzugsfähige Beschlüsse jederzeit präzisieren kann (vgl. BayVGH, U.v. 13.3.2019 – 4 B 18.1851 – juris Rn. 36 m.w.N.; U.v. 17.5.2017 – 4 B 16.1856 – juris Rn. 24; B.v. 22.3.2022 – 4 CE 21.2992 – juris Rn. 17; vgl. auch NdsOVG, B.v. 7.5.2009 – 10 ME 277/08 – juris Rn. 20; OVG NW, U.v. 23.4.2002 – 15 A 5594/00 – juris Rn. 24 und 30; Becker/Bomba, BayVBl 2002, 167/168). Es muss mit anderen Worten erkennbar sein, welchen Inhalt die spätere, durch den Bürgerentscheid herbeizuführende Entscheidung haben wird, denn nur dann ist sie hinreichend direktdemokratisch legitimiert. Eine klare und eindeutige Fragestellung ist auch im Hinblick auf die erforderliche Umsetzung notwendig (vgl. NdsOVG, B.v. 7.5.2009 – 10 ME 277/08 – juris Rn. 20; OVG NW, U.v. 23.4.2002 – 15 A 5594/00 – juris Rn. 20. Die Gemeindeorgane, die den (erfolgreichen) Bürgerentscheid später zu vollziehen oder jedenfalls zu beachten haben, müssen dem Abstimmungstext entnehmen können, inwieweit sie an das Bürgerbegehren gebunden sind (vgl. Zöllner, BayVBl 2013, 129/132; vgl. auch VG München, U.v. 1.6.2022 – M 7 K 21.5264 – juris Rn. 44). Die Fragestellung muss so bestimmt sein, dass der Gemeinderat auch von seinem aus Art. 18a Abs. 14 Satz 1 GO folgenden Recht Gebrauch machen könnte, die Durchführung der mit dem Bürgerbegehren verlangten Maßnahme von sich aus zu beschließen und damit den Bürgerentscheid überflüssig zu machen (vgl. BayVGH, U.v. 13.3.2019 – 4 B 18.1851 – juris Rn. 41).
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Diesen Anforderungen dürfte das Bürgerbegehren nicht hinreichend gerecht werden, sodass derzeit nicht unerhebliche Zweifel an der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens bestehen.
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Vorliegend zielt das Bürgerbegehren ausweislich seiner Überschrift darauf ab, den (geplanten) Bau von Windrädern (auf Gemeindegebiet) im N. Forst zu verhindern, ohne hierfür jedoch eine allgemeine Formulierung zu verwenden, wie sie häufig bei auf eine Negativentscheidung gegen ein geplantes Projekt auf dem Gemeindegebiet abzielenden Bürgerbegehren gebraucht wird, wie etwa eine Verpflichtung der Organe der Gemeinde, zur Verhinderung des Vorhabens „alle rechtlichen Mittel“ einzusetzen oder „alle zulässigen rechtlichen Möglichkeiten“ auszuschöpfen. Solche Formulierungen verstoßen dann nicht gegen das Bestimmtheitsgebot, wenn sie sich auf ein laufendes fachplanungsrechtliches oder sonstiges Zulassungsverfahren beziehen, das der Gemeinde eine selbständige Rechtsposition vermittelt (§ 36 BauGB) oder bei dem ihre Einwände zumindest in der Abwägung zu berücksichtigen sind (vgl. BayVGH, U.v. 13.3.2019 – 4 B 18.1851 – juris Rn. 37).
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Soweit die erste (Teil-)Frage darauf gerichtet ist, dass der Stadtrat seine Zustimmung zum Bau und Betrieb von Windkraftanlagen durch den Beschluss vom 19. Januar 2023 zurücknimmt, ist nicht ersichtlich, welche (spürbaren) Rechtswirkungen dem im Hinblick auf das erstrebte Ziel des Bürgerbegehrens („Keine Windräder“) zukommen sollte. Unter Beachtung der sog. Kommunalklausel und erfolgter Zustimmung von Seiten der Antragsgegnerin haben die Bayerischen Staatsforsten das Auswahlverfahren bereits durchgeführt und mit dem ausgewählten Unternehmen auch schon einen Standortsicherungsvertrag abgeschlossen. Einer nunmehrigen nachträglichen Rücknahme der Zustimmung könnte daher – wenn überhaupt – wohl nur Wirkung für die Zukunft zukommen. Jedenfalls sind keinerlei Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass einem solchen Vorgehen entscheidungserhebliche Rückwirkung zukäme, wovon die Antragsteller aber offensichtlich ausgehen. Insoweit dürfte wohl bereits deshalb keine (rückwirkende) Gleichbehandlung verlangt werden können, da bereits kein vergleichbarer Sachverhalt vorliegt, der eine Gleichbehandlung erfordern könnte. Denn im Gegensatz zur damaligen Sachlage – einem vertragslosen Zustand im Vorfeld einer allgemeinen Planung – sind die Bayerischen Staatsforsten zwischenzeitlich eine vertragliche Bindung mit dem Unternehmen eingegangen und das Vorhaben befindet sich bereits in der Genehmigungsphase. Zudem haben die Bayerischen Staatsforsten die (interne) sog. Kommunalklausel zwischenzeitlich aufgegeben. Sie haben hierzu auch bereits deutlich gemacht, dass aus ihrer Sicht eine Aufhebung von zustimmenden Gemeinderatsbeschlüssen keine Auswirkungen mehr auf die Vertragsverhältnisse mit dem Unternehmen hat. Der in der ersten (Teil-) Frage begehrten Entscheidung des Stadtrats dürfte damit keine unmittelbare Rechtswirkung im Hinblick auf das mit dem Bürgerbegehren verfolgte Ziel, dem geplanten Windparkprojekt im Gemeindegebiet die bauplanungsrechtlichen Genehmigungsvoraussetzungen zu entziehen, zukommen.
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Soweit die Antragsteller hierzu darauf hinweisen, dass jedenfalls ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis hinsichtlich einer Unterlassungspflicht der Bayerischen Staatsforsten entstünde, diese gehindert wären, Standortsicherungs- und Nutzungsverträge zur Errichtung von Windkraftanlagen im Gemeindegebiet mit dem Unternehmen aufrechtzuerhalten und dem Unternehmen ohne zivilrechtliche Gestattung das Bescheidungsinteresse als Voraussetzung für die Erteilung entsprechender öffentlich-rechtlicher Genehmigungen für Bau und Betrieb der Windkraftanlagen fehle, was von der Genehmigungsbehörde zu prüfen sei, vermögen sie damit nicht durchzudringen. Denn zum einen dürfte es sich hierbei allenfalls um vage Hoffnungen handeln, jedenfalls aber müsste eine Beendigung des Vertragsverhältnisses mit dem Unternehmen bzw. eine dahingehende Verpflichtung der Bayerischen Staatsforsten zunächst in entsprechenden gerichtlichen Verfahren erfolgreich durchgesetzt werden. Denn all diese von den Antragstellern angeführten Folgen würden eine wirksame Beendigung bestehender Verträge mit dem Unternehmen voraussetzen, welche jedoch allein durch das Bürgerbegehren, d.h. mit einer Rücknahme der zuvor erteilten gemeindlichen Zustimmung nicht herbeigeführt werden kann. Auch ist zu berücksichtigen, dass sich das Windparkprojekt bereits in der Genehmigungsphase befindet und einer diesbezüglichen Klage gegen die Bayerischen Staatsforsten keinerlei aufschiebende Wirkung zukäme.
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Soweit die Antragsteller vortragen, die Fragestellungen zielten in die gleiche Richtung, als die Antragsgegnerin sämtliche rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen solle, um das Vorhaben zu verhindern, mag das ihren Vorstellungen entsprechen, jedoch findet dies keinen Niederschlag in der gewählten Formulierung der Fragestellung. Vielmehr wird dort der Eindruck vermittelt, dass eine Bejahung der Frage(n) dazu führt, dass das Vorhaben verhindert wird oder dies jedenfalls einen maßgeblichen und entscheidungsrelevanten Beitrag dazu leistet. Im Gegensatz zu einer Formulierung wie „alle zulässigen rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen“ wird mit der hiesigen Fragestellung nicht deutlich, dass nicht absehbar ist, ob der Bau der Windräder im Staatsforst überhaupt noch verhindert werden könnte. Dass es sich letztlich mit nicht nur geringer Wahrscheinlichkeit nur um ein erfolgloses Bemühen handeln könnte, die Errichtung der Windräder noch vollumfänglich zu verhindern, geht aus der Formulierung nicht hervor (vgl. hierzu BayVGH, U.v. 13.3.2019 – 4 B 18.1851 – juris Rn. 24). Selbst eine irgendwie erkennbare Einschränkung (im Sinne von „soweit rechtlich möglich“), enthalten die ersten beiden (Teil-)Fragen nicht (vgl. so auch zuletzt nach der im Antrag wiedergegebenen Formulierung, in welcher der Zusatz eindeutig nur die dritte (Teil-) Frage betrifft).
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Zudem dürfte die erste (Teil-)Frage auch zu unbestimmt sein, soweit von den Antragstellern bzw. den Unterzeichnenden auch die Verpflichtung der Antragsgegnerin erwartet würde, den Rechtsweg gegen die Bayerischen Staatsforsten zu beschreiten mit dem Ziel, die Beendigung bestehender Verträge zu erreichen. Denn hierfür enthält die Fragestellung keinerlei Vorgaben oder auch nur konkrete Anhaltspunkte. Es muss jedoch – wie ausgeführt auch im Hinblick auf die erforderliche Umsetzung durch die Antragsgegnerin – erkennbar sein, welchen Inhalt die spätere, durch den Bürgerentscheid herbeizuführende Entscheidung haben wird. Dass für die angestrebte Verhinderung der Windräder noch weitere von der Stadt zu ergreifende Maßnahmen erforderlich sein sollen, welche dann insbesondere mutmaßlich kostspielige und langdauernde Gerichtsverfahren mit nur sehr vagen Erfolgsaussichten beinhalten dürften, lässt sich der Fragestellung nicht entnehmen (vgl. hierzu auch BayVGH, U.v. 13.3.2019 – 4 B 18.1851 – juris Rn. 37, 39 ff.).
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Soweit es sich bei der zweiten (Teil-)Frage nicht um eine allgemeine politische Meinungsäußerung gegen die Planung, den Bau und den Betrieb von Windkraftanlagen auf dem Gemeindegebiet handeln soll, sondern vielmehr (allein) um einen actus contratrius zu der im Januar 2023 erfolgten Zustimmung zum Bau und Betrieb von Windkraftanlagen im engen Zusammenhang mit der ersten (Teil-)Frage, wie die Antragsteller vortragen, wäre entsprechend zur ersten (Teil-)Frage auch hierbei nicht ersichtlich, welche Rechtswirkungen dem zukommen sollte. Zudem erscheint fraglich, ob die zweite (Teil-)Frage aus Sicht der Unterzeichner des Bürgerbegehrens auch tatsächlich in diesem Sinne verstanden werden konnte bzw. von den Abstimmenden so verstanden werden könnte und auch so verstanden werden müsste. Denn zum einen geht die Formulierung mit dem Zusatz („auf ihrem Gemeindegebiet“) deutlich darüber hinaus, als sie nicht nur den Bereich des Staatsforsts betrifft, und zum anderen könnte gerade durch eine Trennung des Vorgangs in zwei Teilfragen der Eindruck entstehen, dass der zweiten (Teil-)Frage auch ein eigenständiger Entscheidungsinhalt (über die gemeindliche Äußerung im Rahmen der Kommunalklausel hinausgehend) zukommen soll. In diesem Fall könnte dann ggf. ein Verstoß gegen das sog. Koppelungsverbot vorliegen, ohne dass dies hier entscheidungsrelevant abschließend zu bewerten wäre.
37
Die dritte (Teil-)Frage dürfte vor ihrer Ergänzung rechtlich unzulässig gewesen sein. Ein Bürgerbegehren erweist sich als rechtswidrig, wenn durch die angestrebten Maßnahmen Rechtsvorschriften verletzt werden. Dies wäre dann der Fall, wenn eine Gemeinde zur Verweigerung des Einvernehmens nach § 36 BauGB hinsichtlich der Bebauung eines Grundstücks gezwungen werden soll und sich die Verweigerung selbst wegen bestehenden Baurechts als rechtswidrig erweist (vgl. BayVGH, U.v. 18.3.1998 – 4 B 97.3249 – juris Rn. 21). Zwar wurde durch die Ergänzung der dritten (Teil-)Fragestellung mit dem Zusatz „soweit zulässig“ dieser Mangel korrigiert. Allerdings erscheint fraglich, ob sich die Abschwächung infolge des Vorbehalts noch als von den Unterschriften der Unterstützer des Bürgerbegehrens gedeckt erweist. Denn auch in der Zusammenschau mit der Begründung, wonach dem Bauvorhaben im Außenbereich (nach Meinung der Initiatoren) öffentliche Belange entgegenstehen, hätte durchaus die Erwartung begründet sein können, dass das Bauvorhaben durch Verweigerung des gemeindlichen Einvernehmens auch – weil rechtlich zulässig – tatsächlich verhindert werden kann (und nicht nur, soweit dies rechtlich zulässig ist). Zudem geht sowohl aus dem Stadtratsbeschluss vom 19. Januar 2023 als auch aus der Stellungnahme der Antragsgegnerin vom 11. April 2024 im Beteiligungsverfahren zur Teilfortschreibung des Regionalplans Südostoberbayern (17. Teilfortschreibung „Kapitel B V 7 Energieversorgung – Windenergie – Teilraum Altöttinger- und Burghauser Forst“) hervor, dass auch diese ein hohes Interesse daran hat, dass das Projekt nicht zu einer Beeinträchtigung öffentlicher Belange (vgl. § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB) führt. So wird in der Stellungnahme vom 11. April 2024 ausgeführt, die Stadt lege großen Wert darauf, dass die Schutzgüter Mensch, Tiere, Pflanzen, biologische Vielfalt sowie Landschaft, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima, Kulturgüter und Sachgüter nicht nachhaltig geschädigt oder beeinträchtigt würden. Es erscheint daher auch fraglich, inwieweit zu erwarten wäre, dass die Antragsgegnerin trotz Vorliegens von Versagungsgründen das Einvernehmen erteilen würde und es daher einer dahingehenden Verpflichtung mittels Bürgerentscheids bedürfte.
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Insgesamt bleibt festzustellen, dass erhebliche Zweifel daran bestehen, dass die Bürger bei der Abstimmung über den Bürgerentscheid den Inhalt bzw. die Auswirkungen des Bürgerbegehrens hinreichend überblicken, die wesentlichen Vor- und Nachteile abschätzen und zumindest in wesentlichen Grundzügen erkennen können, wofür oder wogegen sie ihre Stimme abgeben und wie weit die gesetzliche Bindungswirkung des Bürgerentscheids (Art. 18a Abs. 13 GO) im Fall eines Erfolgs reicht. Die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens kann daher im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht mit so hoher Wahrscheinlichkeit bejaht werden, dass eine gegenteilige Entscheidung im Hauptsacheverfahren praktisch ausgeschlossen werden kann. Vielmehr spricht vieles dafür, dass von einer Unzulässigkeit des Bürgerbegehrens auszugehen sein dürfte.
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Der Hauptantrag war daher abzulehnen. Über die Hilfsanträge war nicht zu entscheiden, da sie nur für den Fall des Obsiegens gestellt wurden.
40
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 159 Satz 2 VwGO.
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Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nrn. 1.5 und 22.6 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.