Titel:
Einstweilige Anordnung, Erster Abschnitt der Ärztlichen, Prüfung, Vorläufige, erneute Zulassung zur Wiederholungsprüfung, Krankheitsbedingter Rücktritt von zweiter Wiederholungsprüfung, Unverzügliche Mitteilung des wichtigen Grundes
Normenketten:
VwGO § 123
ÄApprO § 18
Schlagworte:
Einstweilige Anordnung, Erster Abschnitt der Ärztlichen, Prüfung, Vorläufige, erneute Zulassung zur Wiederholungsprüfung, Krankheitsbedingter Rücktritt von zweiter Wiederholungsprüfung, Unverzügliche Mitteilung des wichtigen Grundes
Fundstelle:
BeckRS 2025, 13026
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 3.750,- EUR festgesetzt.
Gründe
1
Die 33-jährige Antragstellerin begehrt einstweiligen Rechtsschutz hinsichtlich der erneuten Zulassung zur zweiten Wiederholungsprüfung des Ersten Abschnitts der Ärztlichen Prüfung.
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Die Antragstellerin ist seit dem Wintersemester 2015/16 im Studiengang Humanmedizin zunächst an der Universität … und seit 2017 an der … … immatrikuliert. Mit Bescheid des Prüfungsamtes der … … (Prüfungsamt) vom 18. Juli 2019 wurde die Antragstellerin zum Ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung (Prüfung) zugelassen. Mit weiterem Bescheid vom 22. August 2019 wurde erstmals ein Rücktritt vom Erstversuch der Prüfung wegen einer akuten körperlichen Erkrankung genehmigt. Am 27. Februar 2020 wurde ein Rücktritt vom mündlich-praktischen Teil der Prüfung wegen einer Migräne genehmigt. Den schriftlichen Teil der Prüfung im Frühjahr 2020 bestand die Antragstellerin nicht. Mit weiterem Bescheid vom 24. September 2020 wurde ein Rücktritt vom mündlich-praktischen Teil der Prüfung wegen Fieber und Erkältungssymptomen gewährt. Die erste Wiederholungsprüfung des schriftlichen Teils der Prüfung bestand sie im Herbst 2020 nicht. Am 5. März 2021 wurde ein weiterer Rücktritt vom schriftlichen Teil der Prüfung wegen eines Schwangerschaftsabbruchs genehmigt. Den mündlich-praktischen Teil der Prüfung im Frühjahr 2021 sowie die erste Wiederholungsprüfung im Herbst 2021 bestand die Antragstellerin nicht. Für den schriftlichen Teil der Prüfung im Herbst 2021 wurde mit Bescheid vom 19. August 2021 ein Rücktritt wegen massiver Erschöpfung, Ängstlichkeit und begrenzter Konzentrationsfähigkeit genehmigt. Für die jeweils zweite Wiederholungsprüfung des mündlich-praktischen und schriftlichen Teils der Prüfung wurden im Frühjahr 2022 am 7. März sowie 7. April 2022 ein Rücktritt wegen Schwangerschaftskomplikationen, im Herbst 2022 mit Bescheid vom 22. August 2022 wegen erheblicher Schlafstörungen, angestiegenen Blutdrucks und Appetitlosigkeit, im Frühjahr 2023 mit Bescheid vom 3. Februar 2023 wegen Konzentrationsstörungen, Ein- und Durchschlafstörungen, gedrückter Stimmungslage, Tagesmüdigkeit und rascher Erschöpfbarkeit, im Herbst 2023 mit Bescheid vom 16. August 2023 wegen einer seit einigen Monaten bestehenden Gesundheitsstörung, durch die die Leistungsfähigkeit stark eingeschränkt werde, und im Frühjahr 2024 mit Bescheid vom 2. April 2024 ein Rücktritt wegen einer weiterhin vorliegenden Gesundheitsstörung gewährt. In letzterer Rücktrittsgenehmigung wies das Prüfungsamt die Antragstellerin auf die fehlende Berücksichtigung von Dauerleiden für die Anerkennung eines wichtigen Grundes hin.
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Mit Schreiben vom 12. Juli 2024 sowie 24. Juli 2024 wurde die Antragstellerin zur streitgegenständlichen zweiten Wiederholungsprüfung des mündlich-praktischen Teils der Prüfung am 6. August 2024 sowie des schriftlichen Teils der Prüfung am 20. und 21. August 2024 geladen.
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Mit einem undatierten Schreiben, nach Aktenlage beim Prüfungsamt am 20. August 2024 schriftlich eingegangen, erklärte die Antragstellerin den Rücktritt von den beiden Prüfungsteilen und legte ein amtsärztliches Attest vom 6. August 2024 vor, in dem ausgeführt wird, bei der Antragstellerin liege seit längerem eine Gesundheitsstörung vor, aufgrund derer sie sich seit vier Wochen in Behandlung befinde und die sich in den vergangenen Wochen zunehmend verschlechtert habe. Es würden multiple Beschwerden wie anhaltend gedrückte Stimmung, Gefühle der Überforderung, Erschöpfungsgefühl, Ein- und Durchschlafstörungen sowie Konzentrationsschwierigkeiten vorliegen, durch die sich eine erhebliche Beeinträchtigung des Durchhaltevermögens und eine eingeschränkte Leistungsfähigkeit ergebe. Aus amtsärztlicher Sicht bestünde für den mündlichen und schriftlichen Prüfungsteil Prüfungsunfähigkeit.
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Mit E-Mail des Prüfungsamts vom 23. September 2023 wurde die Antragstellerin aufgefordert, ein ergänzendes amtsärztliches Attest einzureichen, welches ein Dauerleiden ausschließt. Ein entsprechendes ergänzendes Attest legte die Antragstellerin zunächst nicht vor.
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Mit Bescheid des Prüfungsamtes vom 25. November 2024, zugestellt am 18. Dezember 2024, wurde dem Antrag der Antragstellerin auf Rücktritt von der zweiten Wiederholung des mündlich-praktischen und schriftlichen Teils des Ersten Abschnitts der Ärztlichen Prüfung nicht stattgegeben und festgestellt, dass die zweite Wiederholung der Prüfungsteile jeweils als nicht bestanden gilt (Nr. 1). Ferner wurde festgestellt, dass eine weitere Wiederholung auch nach erneutem Medizinstudium nicht zulässig ist und der Erste Abschnitt der Ärztlichen Prüfung damit endgültig nicht bestanden ist (Nr. 2). Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, das vorliegende amtsärztliche Gesundheitszeugnis vom 6. August 2024 sei nicht geeignet, nochmals eine krankheitsbedingte Prüfungsunfähigkeit als wichtigen Grund für den Rücktritt von der Prüfung zu rechtfertigen. Der Rücktritt sei im Hinblick auf den mündlich-praktischen Teil bereits nicht unverzüglich erklärt worden. Darüber hinaus sei die im amtsärztlichen Attest aufgeführte Symptomatik dem Prüfungsamt seit dem Jahr 2021 bekannt. Daher gehe das Prüfungsamt von einem Dauerleiden aus, das die Annahme eines wichtigen Grundes ausschließe.
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Dagegen hat die Antragstellerin am 9. Januar 2025 Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München erheben und sinngemäß beantragen lassen, den Antragsgegner unter Aufhebung des Bescheids vom 25. November 2024 zu verpflichten, den Antrag der Antragstellerin auf Rücktritt von der zweiten Wiederholungsprüfung des mündlich-praktischen und schriftlichen Teils des Ersten Abschnitts der Ärztlichen Prüfung zu genehmigen (M 27 K 25.157). Am 9. Mai 2025 hat sie ferner einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung stellen und zuletzt sinngemäß beantragen lassen,
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1. den Antragsgegner zu verpflichten, die Antragstellerin vorläufig zur Wiederholung des mündlich-praktischen und schriftlichen Teils des Ersten Abschnitts der Ärztlichen Prüfung im Herbst 2025 zuzulassen und
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2. dem Antragsgegner aufzugeben, der Antragstellerin die Anmeldung zur Prüfung zu ermöglichen.
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Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, die Antragstellerin habe nach Art. 12 Abs. 1 GG einen Anspruch auf vorläufige Zulassung zu der begehrten Prüfung. Die Frist zur Anmeldung für die Prüfung im Herbst 2025 ende bereits am 10. Juni 2025. Die Antragstellerin habe sich in den letzten Jahren durchgängig auf die Prüfung vorbereitet. Es sei ihr nicht zumutbar, ihr Prüfungswissen über einen längeren Zeitraum auf dem aktuellen Stand zu halten. Ihre Prüfungsfähigkeit sei während des Prüfungszeitraums nicht aufgrund eines Dauerleidens ausgeschlossen gewesen. Die Antragstellerin sei aufgrund einer akuten, unvorhersehbaren Erkrankung von der Prüfung zurückgetreten. Der diesbezügliche Vortrag des Prüfungsamtes sei in sich widersprüchlich. Aus dem streitgegenständlichen Bescheid ergebe sich, dass die Gründe für die Prüfungsrücktritte sich jeweils erheblich voneinander unterschieden hätten. Die Antragstellerin sei auch unverzüglich von der Prüfung zurückgetreten. Überdies habe das Prüfungsamt der Antragstellerin die Möglichkeit eingeräumt, ein ergänzendes Attest mit einer Aussage zu dem Vorliegen eines Dauerleidens nachzureichen. Diese E-Mail habe die Antragstellerin jedoch nicht erhalten, da diese nur an ihre universitäre und nicht an ihre private E-Mail-Adresse gesendet worden sei, obwohl letztere dem Prüfungsamt bekannt gewesen sei. Erst in einem Telefonat mit dem Prüfungsamt am 19. Dezember 2024 habe die Antragstellerin von der Möglichkeit der Nachreichung eines ärztlichen Attestes erfahren. Es wurde ein ergänzendes amtsärztliches Gesundheitszeugnis vom 30. Dezember 2024 vorgelegt, in dem ausgeführt wird, dass die Antragstellerin am 6. August 2024 untersucht worden sei. Mit der Formulierung „seit längerem bestehende Gesundheitsstörung“ sei ein Zeitraum von einigen Wochen bezeichnet worden. Dabei habe es sich nicht um ein Dauerleiden, sondern eine Gesundheitsstörung gehandelt, die mit adäquater Therapie und Reduzierung psychosozialer Belastungsfaktoren behandelbar sei.
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Mit Schriftsatz vom 15. Mai 2025 teilte der Bevollmächtigte der Antragstellerin mit, dass diese versucht habe, sich für die Prüfung im Herbst 2025 anzumelden, dies jedoch nicht möglich sei, da der momentane Status auf ihrem Studierendenportal auf „exmatrikuliert“ gesetzt sei.
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Das Prüfungsamt hat am 27. Februar 2025 die Behördenakte vorgelegt.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten in diesem Verfahren (M 27 E …*) und im Hauptsacheverfahren (M 27 K …*) sowie auf die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
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Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat keinen Erfolg.
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1. Der Antrag ist zulässig, aber unbegründet.
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Nach § 123 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 VwGO kann das Gericht der Hauptsache einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn diese Regelung, vor allem bei dauerhaften Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zur verhindern oder aus anderen Gründen notwendig erscheint. Nach § 123 Abs. 3 VwGO in Verbindung mit § 920 Abs. 1 und 2 ZPO sind dazu ein Anordnungsanspruch und ein Anordnungsgrund glaubhaft zu machen.
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Hieran gemessen ist ungeachtet der Frage eines Anordnungsgrundes oder einer Zulässigkeit der Vorwegnahme der Hauptsache im Fall der Antragstellerin ein Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Der Bescheid des Prüfungsamtes vom 25. November 2024 ist nach summarischer Prüfung rechtmäßig und verletzt die Antragstellerin nicht in ihren Rechten. Die Antragstellerin hat keinen Anspruch auf Genehmigung ihres Rücktrittsgesuchs vom zweiten Wiederholungsversuch des mündlich-praktischen und schriftlichen Teils des Ersten Abschnitts der Ärztlichen Prüfung aufgrund einer krankheitsbedingten Prüfungsunfähigkeit glaubhaft gemacht.
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Die Antragstellerin wurde mit Ladung vom 12. sowie 24. Juli 2024 ordnungsgemäß zum zweiten Wiederholungsversuch des mündlich-praktischen und schriftlichen Teils des Ersten Abschnitts der Ärztlichen Prüfung geladen (§ 17 Approbationsordnung für Ärzte vom 27. Juni 2002 (BGBl. I S. 2405, zuletzt geändert mit G. v. 7.6.2023, BGBl. 2023 I Nr. 148 – ÄApprO)).
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Tritt ein Prüfling nach seiner Zulassung von einem Prüfungsabschnitt oder einem Prüfungsteil zurück, so hat er die Gründe für seinen Rücktritt unverzüglich dem Prüfungsamt mitzuteilen, § 18 Abs. 1 Satz 1 ÄApprO. Genehmigt das Prüfungsamt den Rücktritt nach § 18 Abs. 1 Satz 2 ÄApprO, so gilt der Prüfungsabschnitt oder der Prüfungsteil als nicht unternommen. Die Genehmigung ist nach § 18 Abs. 1 Satz 3 ÄApprO nur zu erteilen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Das Prüfungsamt kann im Falle einer Krankheit die Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung auch durch einen von ihr benannten Arzt verlangen, § 18 Abs. 1 Satz 3 ÄApprO. Wird die Genehmigung für den Rücktritt nicht erteilt, so gilt der Prüfungsabschnitt oder Prüfungsteil als nicht bestanden, § 18 Abs. 2 ÄApprO.
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Eine Erkrankung kann zwar grundsätzlich einen wichtigen Grund i.S.v. § 18 Abs. 1 Satz 3 ÄApprO darstellen. Es wurde jedoch zumindest hinsichtlich des mündlich-praktischen Teils des Ersten Abschnitts der Ärztlichen Prüfung am 6. August 2024 nicht glaubhaft gemacht, dass die Rücktrittsgründe dem Prüfungsamt unverzüglich mitgeteilt worden sind, sodass es vorliegend keiner Entscheidung bedarf, ob die geltend gemachte krankheitsbedingte Prüfungsunfähigkeit einen wichtigen Grund darstellt oder das Vorliegen eines solchen aufgrund eines Dauerleidens der Antragstellerin ausgeschlossen ist. Denn eine Verletzung der Pflicht zur unverzüglichen Mitteilung hat regelmäßig zur Folge, dass es für den Prüfungsabschnitt oder Prüfungsteil auch dann bei der Note „ungenügend“ bleibt, wenn objektiv ein wichtiger Grund für die Säumnis vorgelegen hat (vgl. BVerwG, B.v. 25.6.2024 – 6 B 7.24 – juris Rn. 15). Allerdings gilt es hier in besonderer Weise zu beachten, dass die Sanktion des endgültigen Verlusts der Prüfungschance nicht außer Verhältnis zu dem mit der Pflicht zur unverzüglichen Mitteilung verfolgten legitimen Ziel der Wahrung der Chancengleichheit steht (vgl. BayVGH, U.v. 4.12.2023 – 7 B 23.1263 – juris Rn. 16).
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Die unter Berücksichtigung von Art. 12 Abs. 1 GG zumutbare Mitwirkung des Prüflings dient auch dem Schutz der Chancengleichheit im Prüfungsverfahren. Allein schon dieser, das gesamte Prüfungsrecht beherrschende Grundsatz rechtfertigt die einschneidende Folge der verspäteten Mitteilung, nämlich den gegebenenfalls endgültigen Verlust einer Prüfungschance und damit der Möglichkeit, überhaupt in dem gewählten Beruf tätig zu sein. Deshalb muss die Beurteilung, wie und wann ein Prüfling seine Mitwirkungsobliegenheit zumutbarer Weise zu erfüllen hat, mit einbeziehen, ob im Einzelfall der Zeitpunkt der Benachrichtigung des Prüfungsamts sich auf die Chancengleichheit der übrigen Prüflinge auswirken kann. Ist dies zu verneinen, liegt eine Verletzung der Mitwirkungsobliegenheit des Prüflings zur unverzüglichen Mitteilung nur dann vor, wenn sie im Sinne eines „Verschuldens gegen sich selbst“ vorwerfbar ist (vgl. BayVGH, U.v. 4.12.2023 – 7 B 23.1263 – juris Rn. 18 m.w.N.).
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„Unverzüglich“ i.S.v. § 18 Abs. 1 Satz 1 ÄApprO bedeutet „ohne schuldhaftes Zögern“ (vgl. § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB). Dabei an die unverzügliche Geltendmachung des wichtigen Grundes ein strenger Maßstab anzulegen. Da die Mitwirkungslast an der Grenze der Zumutbarkeit endet, ist eine Erklärung von Rücktrittsgründen hiernach dann nicht unverzüglich, wenn sie nicht zum frühestmöglichen Zeitpunkt erfolgt, zu dem sie vom Prüfling zumutbarer Weise hätte erwartet werden können (vgl. BayVGH, U.v. 4.12.2023 – 7 B 22.2267 – juris Rn. 21 m.w.N.).
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Die Antragstellerin hat mit einem undatierten Schreiben ihren krankheitsbedingten Rücktritt erklärt und ein amtsärztliches Attest vom 6. August 2024 vorgelegt. Beides ist nach Aktenlage erst am 20. August 2024 beim Prüfungsamt eingegangen ist.
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Mit diesem Vorgehen ist die Antragstellerin ihrer Mitwirkungspflicht zur unverzüglichen Mitteilung der Gründe für ihren Rücktritt jedenfalls hinsichtlich des mündlichen Teils der Prüfung am 6. August 2024 nicht nachgekommen. Die unverzügliche Mitteilung erfüllte vorliegend nicht nur die Funktion, dass die Antragstellerin selbst die ihr zustehende Prüfungschance wahrte. Vielmehr ging es aufgrund der besonderen prüfungsrechtlichen Vorgeschichte der Antragstellerin entscheidend darum, dem Prüfungsamt schnellstmöglich aufzuzeigen, dass die erneute Erkrankung nicht auf einem Dauerleiden beruhte und vor allem nicht dazu dienen sollte, sich gleichheitswidrig gegenüber den Mitprüflingen eine weitere zusätzliche Prüfungschance zu verschaffen. Objektive Anhaltspunkte dafür, dass die wiederholten Erkrankungen im zeitlichen Zusammenhang mit den jeweiligen Prüfungsterminen auf einem Dauerleiden beruhen könnten, ergaben sich aus den wiederholten krankheitsbedingten Prüfungsrücktritten der Antragstellerin. Hierauf wurde die Antragstellerin auch in der vorangegangenen Rücktrittsgenehmigung vom 2. April 2024 eingehend hingewiesen.
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Nachdem die Antragstellerin bereits am Prüfungstag für eine Untersuchung bei der Amtsärztin vorstellig geworden ist und ein entsprechendes Gesundheitszeugnis mit demselben Ausstellungsdatum vorgelegt worden ist, ist davon auszugehen, dass die Antragstellerin dieses Attest zeitnah erhalten hatte. Es ist kein Grund dafür vorgetragen worden oder ersichtlich, warum dieses erst am 20. August 2024 – mithin zwei Wochen später – dem Prüfungsamt vorgelegt worden ist. Der Antragstellerin hätte es angesichts des erneuten Prüfungsrücktritts, ihrer gesamten Prüfungshistorie und eines im Raum stehenden Dauerleidens im Rahmen der ihr zukommenden Mitwirkungspflichten – auch unter Berücksichtigung der krankheitsbedingten physischen und psychischen Beeinträchtigungen – oblegen, das Gesundheitszeugnis unmittelbar nach dessen Aushändigung dem Prüfungsamt zuzuleiten, zumindest jedoch am Prüfungstag bereits telefonisch oder per E-Mail Kontakt mit diesem aufzunehmen und die Gründe für den Rücktritt mitzuteilen. Da die Mitteilung an das Prüfungsamt einem vernünftig handelnden Prüfling in der Situation der Antragstellerin zu einem früheren Zeitpunkt zumutbar gewesen wäre, ist in diesem Fall trotz des endgültigen Verlusts des Letztversuchs der Antragstellerin kein unverhältnismäßiger Eingriff in das Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG glaubhaft gemacht.
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Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Tatsache, dass das Prüfungsamt der Antragstellerin mit E-Mail vom … … 2023 die Möglichkeit eingeräumt hat, ein ergänzendes amtsärztliches Attest zu der Frage des Vorliegens eines Dauerleidens nachzureichen. Hierin liegt keine verbindliche Erklärung des Prüfungsamtes, dass vom Vorliegen der übrigen Voraussetzungen für eine Genehmigung des Rücktritts, insbesondere der unverzüglichen Mitteilung der Gründe, ausgegangen werde. Eine Ablehnung des Rücktrittsgesuchs der Antragstellerin aus einem anderen Grund ist nicht nach Treu und Glauben ausgeschlossen.
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Da jedenfalls der zweite Wiederholungsversuch des mündlich-praktischen Teils des Ersten Abschnitts der Ärztlichen Prüfung somit nach § 18 Abs. 2 ÄApprO als nicht bestanden gilt und der Antragstellerin nach § 20 Abs. 1 ÄApprO kein weiterer Wiederholungsversuch zusteht, ist eine weitere Wiederholung des Ersten Abschnitts der Ärztlichen Prüfung auch nach erneutem Medizinstudium nicht zulässig, § 13 Abs. 3 ÄApprO i.V.m. § 20 Abs. 1 ÄApprO. Sie ist daher weder (vorläufig) zu einem weiteren Wiederholungsversuch des Ersten Abschnitts der Ärztlichen Prüfung zuzulassen noch ist ihr die Anmeldung zu dieser zu ermöglichen.
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2. Der Antrag war damit mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.
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3. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 53 Abs. 2 Nr. 1 und 2, § 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit Nrn. 1.5, 36.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.