Titel:
Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel, Auskunftserteilung, Erfüllung des Auskunftsanspruchs, Schriftsatznachlass, Vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten, Instruktionspflicht, Elektronischer Rechtsverkehr, Krankenunterlagen, Darlegungslast, Schmerzensgeldansprüche, Tatbestandswirkung, Bedenkliche Arzneimittel, Gesundheitsbeeinträchtigung, Gesundheitsverletzung, Pharmazeutische Unternehmer, Substantiierter Vortrag, Letzte mündliche Verhandlung, Streitwert, Inverkehrbringen, Elektronisches Dokument
Schlagworte:
Produkthaftung, Impfstoffsicherheit, Kausalitätsnachweis, Nutzen-Risiko-Abwägung, Instruktionspflicht, Beweislast, Auskunftsanspruch
Fundstelle:
BeckRS 2025, 12984
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert wird auf 240.000,00 € festgesetzt.
Tatbestand
1
Die Parteien streiten um Schmerzensgeld-, sonstige Schadensersatzsowie Auskunftsansprüche infolge eines von Seiten des Klägers behaupteten Impfschadens.
2
Die Beklagte hat den streitgegenständlichen Impfstoff Comirnaty (BNT162b2) hergestellt und in den Verkehr gebracht. Die Klägerin erhielt drei Impfungen mit dem Impfstoff Comirnaty. Im Einzelnen wurden ihr folgende Impfungen verabreicht:
- 1.
-
Impfung: ... 05.2021, Comirnaty,
- 2.
-
Impfung: ... 06.2021, Comirnaty,
- 3.
-
Impfung: ... 12.2021, Comirnaty,
3
Der Impfstoff Comirnaty erhielt nach Prüfung durch die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) am 21.12.2020 von der Europäischen Kommission die zentrale arzneimittelrechtliche Zulassung, die automatisch in allen 27 EU-Ländern Gültigkeit hat. Am 16.09.2022 empfahl der Ausschuss für Humanarzneimittel bei der EMA (Committee for Medicinal Products for Human Use – CHMP), die bedingte Zulassung von Comirnaty in eine Standardzulassung umzuwandeln, die nicht jährlich erneuert werden muss. Dies ist mit Durchführungsbeschluss der Europäischen Kommission vom 10.10.2022 erfolgt. Am 30.08.2023 empfahl die EMA der Europäischen Kommission, den auf die COVID-19-Subvariante Omikron XBB.1.5 angepassten Comirnaty-Impfstoff zuzulassen. Dieser Empfehlung schloss sich die Europäische Kommission an und ließ den auf die COVID-19-Subvariante Omikron XBB.1.5 angepassten Comirnaty-Impfstoff am 31.08.2023 ebenfalls zu.
4
Die Klägerin behauptet, sie leide infolge der Impfungen unter Brustkrebs, weswegen sie sich einer Operation und einer Bestrahlung unterzogen habe sowie unter Müdigkeit, Erschöpfung, Schlafstörungen, Schwindel, Kribbeln der Hände und Füße und Taubheit, einer Konzentrations- und Gedächtnisstörung, unter Brustschmerzen, Muskel- und Gelenkschmerzen, chronischen Schmerzen sowie einer Depression. Die Impfung habe bei der Klägerin zudem zu einer Störung der Interferonkommunikation geführt, was zu einem weitgehenden Abschalten des menschlichen Abwehrsystems im Hinblick auf Viren und andere Eindringlinge führe. Der Impfstoff BNT162b2 weise erhebliche Mängel in der Herstellung und Entwicklung auf, die alle geeignet seien, den streitgegenständlichen Schaden zu verursachen.
5
Der Impfstoff der Beklagten weise ferner ein negatives Nutzen-Risiko-Profil auf. Dabei weise der Impfstoff keinen therapeutischen Nutzen auf, insbesondere schütze er weder vor einer Infektion mit dem SarsCov2-Virus noch vor einer Übertragung und schütze auch nicht vor schweren Verläufen der Erkrankung. Allerdings habe der Impfstoff einen enormen Schaden herbeigeführt, was insbesondere aus den zahlreichen Verdachtsmeldungen bei der EMA und dem PEI folge. Aus über 1.000 wissenschaftlichen Aufsätzen (peer-reviewed) ergebe sich zudem das abstrakte Schadenspotential. Weiterhin entsprächen die Kennzeichnung, Fachinformation und Gebrauchsinformation des streitgegenständlichen Impfstoffs nicht den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft. Die Beklagte sei ihrer Aufklärungspflicht gegenüber den Behörden und Ärzten nicht nachgekommen und habe die Klägerin durch verschiedene irreführende oder falsche Informationen zur Impfung bewegt. Sie hätte sich nicht impfen lassen, wenn sie über die Mängel der Herstellung und Entwicklung informiert gewesen wäre und den potentiellen Schadensumfang und die Wahrscheinlichkeit seines Eintritts gekannt hätte. Bereits zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens des streitgegenständlichen Impfstoffs habe die Beklagte um die Gefährlichkeit des Impfstoffs gewusst.
6
Die Klägerin meint, ein Schadensersatzanspruch ergebe sich aus § 84 Abs. 1 AMG, wobei sie sich auf die Kausalitätsvermutung nach § 84 Abs. 2 AMG berufen könne. Alternativ folge ein Anspruch aus § 32 Abs. 1 GenTG. Ferner ergebe sich ein Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 1 BGB, aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m §§ 95 Abs. 1 Nr. 3a, 96 Nr. 3 AMG i.V.m. § 8 AMG, aus 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 95 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 5 AMG, aus §§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 223, 224 StGB oder § 230 StGB sowie aus § 826 BGB. Die Beklagte habe schuldhaft ein bedenkliches Arzneimittel in den Verkehr gebracht. Sie habe mindestens mit bedingtem Schädigungsvorsatz gehandelt. Der besondere Sittenwidrigkeitsvorwurf liege in der Gestaltung der Vertriebsverträge, da die Beklagte wegen der ihr bekannten Gefährlichkeit und Schadensträchtigkeit ihres Vakzins eine Haftungsfreistellung durch die BRD für sämtliche Schadensersatzansprüche, Anwalts- und Gerichtskosten begehrt habe. Weiterhin bestehe ein Auskunftsanspruch auf Grundlage von § 84a AMG.
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Mit Schriftsatz vom 09.01.2025 hat die Klägerin seinen ursprünglichen Auskunftsanspruch in Ziff. 4 der Klageanträge (vgl. Klageschrift vom 10.05.2024) „präzisiert“.
8
Die Klägerin beantragt zuletzt,
- 1.
-
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld, mindestens jedoch EUR 150.000 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 08.04.2023 zuzahlen.
- 2.
-
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klagepartei sämtliche sonstigen materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, die der Klagepartei bereits entstanden bzw. künftig aus der Schädigungshandlung resultieren werden und derzeit noch nicht bezifferbar sind, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind oder übergehen werden.
- 3.
-
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei die Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von EUR 4.633,86 nebst Zinsen in Höhe fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 08.04.2023 zu zahlen.
- 4.
-
Die Beklagte wird verurteilt, der Klagepartei die nachfolgend beantragten Auskünfte im Wege der Erfüllung des Auskunftsanspruchs nach § 84 a AMG schriftlich zu Händen ihrer hiesigen Prozessbevollmächtigten zu erteilen und die Vollständigkeit und Richtigkeit dieser Auskunftserteilung an Eides statt zu versichern. Die entsprechende Auskunft ist von dem vertretungsberechtigten Organ der Beklagten zu erteilen.
a. Auskunft über Art und Schwere der Toxizität der verwendeten Lipidnanopartikel ALC-0159 und ALC-0315 für den Menschen sowie über deren immunologische Auswirkungen auf den menschlichen Organismus.
b. Auskunft über den pharmazeutischen Reinheitsgrad von ALC-0159 und ALC-0315 und darüber, wie diese bestimmt werden.
c. Auskunft darüber, welcher Lieferant für die Lieferung der hier streitgegenständlichen Impf-Charge zuständig war und welche Technologie dieser für die Herstellung nutzte.
d. weshalb im Spike-Protein „Wuhan 1“ der Verbau einer Furin-Schnittstelle zur Trennung des S1-Proteins vom S2-Protein erforderlich war.
e. Erläuterung, weshalb ein P2-Lock verwendet wurde, damit das Spike-Protein S2 nicht auf geht indes aber das S1 ungesichert blieb.
f. Erläuterung, ob es Biarcore-Messungen (Oberflächenplasmonenresonanzspektroskopie) gibt die belegen, dass das Spike-Protein wirklich nicht bindet.
g. Erläuterung, warum ein ganzes Cluster von HIV-Sequenzen und GP-120 im Spike-Protein verbaut sind und welche Auswirkungen dies auf das Immunsystem der Klagepartei hat. Die Klagepartei nimmt Bezug auf folgenden Aufsatz (peer-reviewed):
„COVID-19, SARS AND BATS CORONAVIRUSES GENOMES PECULIAR HOMOLOGOUS RNA SEQUENCES“, https://www.granthaalayahpublication.org/journals/index.php/granthaalayah/article/view/IJRG20_B07_3568
h. Erläuterung, weshalb eine Neuropilin-Schnittstelle im Spike-Protein verbaut wurde.
i. Erläuterung, welche konkreten gesundheitlichen Schäden am Menschen im zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung vor dem 30.04.2021 durch die Beklagte oder in deren Auftrag festgestellt wurden.
j. Erläuterung wie sichergestellt wurde, dass auf der menschlichen Zelle exponierende Spike-Proteine von der Zellwand gehalten (Membrananker) und nicht etwa frei im Körper verfügbar wurden.
k. Erläuterung, ob und gegebenenfalls seit wann der Beklagten bekannt ist, dass das Spike-Protein (“Wuhan 1“) an den ACE-Rezeptor menschlicher Zellen andocken und es dadurch Schäden in der Form der Blockade des Renin-AngiotensinAldosteron-System am menschlichen Organismus verursachen kann.
l. Erläuterung, welche Untersuchungen zur Genotoxizität beim Menschen durch BNT162b2 von Seiten der Beklagten unternommen worden sind.
m. Erläuterung, welche Unterschiede zwischen der Faltung des Proteins zwischen BNT162b2.8 und BNT162b2.9 bestehen und welche der Varianten die Klagepartei verimpft bekommen hat.
n. welche Bewandtnis die Feststellung von Prof. M. von der T. University of S. zur Verwendung von Plasmid-DNA in dem Impfstoff BNT162b2 hat (SV40-Sequenz). Ergänzend: Seit wann wird die Sequenz von der Beklagten genutzt? Welche Funktion übt die Plasmid-DNA nach der Vorstellung der Beklagten in dem Vakzin aus?
o. Erläuterung, welche Maßnahmen gegen negative Auswirkungen des Vakzins auf die Fruchtbarkeit von geimpften Personen im Hinblick auf die Feststellungen im Abschlussgutachten zur Prä-Klinik vom 21.01.2021 (Anlage K b.b.) ergriffen wurden.
p. Erläuterung über den Inhalt des Zwischenberichts C4591022 zu Fehl- und Totgeburten (Pflichtbestandteil des EPAR-Riskmanagement der EMA).
q. Erläuterung, welche Maßnahmen die Beklagte unternahm, nachdem sie gemäß folgender Gutachten (peer-reviewed) feststellte, dass ihr Vakzin BNT162b2 die Blockade/Zerstörung des P53-Protein an menschlichen Körperzellen die Krebszellenerkennung verhindert:
- Zeitliche metabolische Reaktion auf mRNA-Impfungen bei Onkologiepatienten, Quelle: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/34463888/
- Koordinierung und Optimierung von FDG-PET/CT und Impfung; Erfahrungen aus der Anfangsphase der Massenimpfung, Quelle: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/34029956/
- Lymphadenopathie nach Impfung: Bericht über zytologische Befunde aus einer Feinnadelaspirationsbiopsie, Quelle: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/34432391/
- Axilläre Lymphadenopathie nach Impfung bei einer Frau mit Brustkrebs, Quelle:
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/34940788/
- Feinnadelaspiration bei einer impfassoziierten Lymphadenopathie, Quelle: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/34286849/
- Hypermetabolische Lymphadenopathie nach Pfizer-Impfung, Inzidenz bewertet durch FDG PET-CT und Bedeutung für die Interpretation der Studie, eine Überprüfung von 728 geimpften Patienten, Quelle: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33774684/ Ergänzung: In welchem Zusammenhang steht diesbezüglich die Zulassung im Jahr 2022 von 23 neuen Krebsmedikamenten des Pfizer-Konzerns?
r. ob Oncomire – d.h. mit Krebs assoziierte miRNA – in dem streitgegenständlichen Impfstoff Comirnaty enthalten sein können.
s. Erläuterung, warum die Beklagte der Bevölkerung nicht mitteilte, dass Frauen ein dreifach höheres Risiko besitzen, gesundheitliche Schäden infolge der Impfung mit BNT162b2 zu erleiden (PSUR #1).
t. Trifft es zu, dass Herr U. S. als ehemaliger Geschäftsführer und sämtliche Mitarbeiter der Beklagten sich nicht haben impfen lassen?
u. Trifft es zu, dass U. S. bereits in seinem Patent US 2015/0086612 A1 auf Seite feststellt: „Bei der Immuntherapie auf RNA-Basis kann die Teerbildung in Lunge oder Leber nachteilig sein, da das Risiko einer Immunreaktion bei diesen Organen besteht.“ (engl.: For RNA based immunotherapy, lung or liver tar geting can be detrimental, because of the risk of an immune response against these organs.). Ergänzend: Welche Änderungen nach Einreichung des Patents liegend der Beklagten vor, die diese Einschätzung im streitgegenständlichen Vakzin widerlegen?
v. Trifft es zu, dass U. S. in seinem Patent US 10,485,884 B2 beschrieb, dass die Kombination von Salzen mit Nanolipiden keine gute Idee sei, weil diese dann ausflocken? Welcher Schaden entsteht bei Verdünnung mit ionischem Kochsalz in Verbindung mit der Tatsache, dass in einen Ca2+-haltigen Muskel injiziert wird?
w. Erläuterung, ob die Beklagte über das Spike-Protein „Wuhan 1“ die proteinbiochemischen Grundlagen erhoben hatte, wie:
Verhält sich bspw. ein im Fuß der Klagepartei auf 7 Grad heruntergekühltes Spike-Protein anders als bei 36,6 Grad (Kältedenaturierung)?
x. Erläuterung, was mit fehlgefalteten Proteinen geschieht. Wurde auf Einschlusskörperchen in den Zellen getestet?
y. In welchem Umfang und mit welchen Auswirkungen wird das N1- Methylpseudouridin in der rRNA der Ribosomen der Mitochondrien und denen der Zelle, zellulärer mRNA und tRNA eingebaut? Welche Anstrengungen wurden unternommen, eine damit einhergehende, potenzielle Auswirkung auf den Energiehaushalt und die Proteinproduktion der Zellen zu verhindern?
z. Hat die Beklagte die Menge der zu produzierenden Spike-Proteine in den jeweiligen Organen und Körperbestandteilen quantifiziert, weil das N1-Methylpseudouridin zu einer erhöhten Produktion von Spike-Proteinen im gesamten Körper führt?
aa. Für den Fall der Bejahung der vorausgegangenen Frage mag die Beklagte dazu äußern, wie sie sicherstellte, dass die Spike-Proteine bei zu hoher Konzentration nicht thermodynamisch instabil werden (life on the edge of solubility).
bb. Erläuterung, welche konkrete biologische/chemische/und oder physikalische Eigenschaft ihres Produktes zu einem Nutzen führen soll.
cc. Erläuterung, was mit dem N1-Methylpseudouridin als Nukleotid geschieht, nachdem die modRNA in die menschliche Zelle transfiziert wurde, insbesondere, ob das N1-Methylpseudouridin in der ribosomalen RNA der Mitochondrien verbaut.
dd. Erläuterung des Herstellungsprozesses „Process 2“ und wie die Beklagte sicherstellte, dass keine DNA-Verunreinigung in den streitgegenständlichen Impfstoff gelangt.
ee. Erläuterung, wieviel Nanogramm an DNA (alle DNA Schnipsel) sich in den streitgegenständlichen Chargen der Klagepartei befanden.
ff. Erläuterung, wer die Nutzung für die Produktion mit Plasmiden mit Sv40 freigegeben hat und wie konkret die Konformitätsbescheinigung der Beklagten für „Process 2“ aussieht.
gg. Warum wurde das Produkt Comirnaty nicht im Arzneimittelbuch aufgenommen und mit den üblichen Beschreibungen „Integrität, Reinheit und produzierter Wirkstoffmenge“ beschrieben?
hh. Warum werden die Lipide ALC-0315 und ALC-0159 mit der Gefahrenklasse 3 – „gefährlich“ angegeben, das Gesamtprodukt Comirnaty durch die Beklagte aber mit OEB 5 – „sehr hohes toxisches Potential ab 1 Mikrogramm“?
9
Die Beklagte beantragt,
Die Klage wird abgewiesen.
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Die Beklagte trägt vor, es bestehe schon kein Kausalzusammenhang zwischen den streitgegenständlichen Impfungen und den behaupteten gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Klägerin. Nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft seien inbesondere keine Hinweise darauf gegeben, dass der Impfstoff Comirnaty Krebs erzeugen könne. Der klägerische Vortrag hinsichtlich der körperlichen Beschwerden der Klägerin und der Kausalität der Impfung sei unzureichend, insbesondere lägen keine medizinischen Unterlagen aus der Zeit vor der Impfung vor. Auch ein zeitlicher Zusammenhang zwischen den gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Klägerin und den streitgegenständlichen Impfungen sei nicht gegeben. Unabhängig davon weise der Impfstoff Comirnaty weder ein negatives Nutzen-Risiko-Verhältnis auf noch habe die Impfentscheidung der Klägerin auf einer unzutreffenden Fach- und Gebrauchsinformation beruht. Das Nutzen-Risiko-Verhältnis des Impfstoffs sei eindeutig positiv. Der Nutzen (nämlich der wirksame Schutz vor einer durch das Coronavirus ausgelösten COVID-19-Erkrankung mit potenziell tödlichem Verlauf) überwiege die sehr selten aufgetretenen Risiken bei Weitem. Außerdem hätten die Fach- und Gebrauchsinformationen zu dem Impfstoff Comirnaty stets dem jeweils aktuellen Stand der Wissenschaft entsprochen. Abgesehen davon sei jedenfalls nicht ersichtlich, dass die Angaben in den Fach- und Gebrauchsinformationen ursächlich für die Impfentscheidung der Klägerin gewesen seien, diese sich also bei (ihrer Auffassung nach) ordnungsgemäßer Information mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht hätte impfen lassen.
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Die Beklagte meint, eine Haftung nach § 84 AMG scheide mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 84 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 und 2 AMG daher schon unabhängig vom Nachweis eines Kausalzusammenhangs im Streitfall aus. Bei der Bewertung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses sei eine abstrakte Betrachtung maßgeblich und nicht die Betrachtung des konkreten Einzelfalls. Das Vorliegen eines positiven Nutzen-Risiko-Verhältnisses sei verbindlich durch die wirksame Zulassung des Impfstoffs festgestellt. Ein Anspruch nach § 32 GenTG scheide im Geltungsbereich des AMG aus, im Übrigen handele es sich bei dem Impfstoff Comirnaty nicht um ein Gentherapeutikum. Für eine Haftung nach § 823 Abs. 1 BGB fehle es sowohl an einem Kausalzusammenhang als auch an einem Verschulden, da der Impfstoff fortwährend und sorgfältig überwacht worden sei. Auch eine Instruktionspflicht sei nicht verletzt worden, da die Fach- und Gebrauchsinformationen stets dem jeweils aktuellen Stand der Wissenschaft entsprochen hätten. Jedenfalls aber wäre eine Verletzung der Instruktionspflicht aus den genannten Gründen nicht kausal für die behauptete Gesundheitsbeeinträchtigung des Klägers. Der Vorwurf einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung nach § 826 BGB sei entschieden zurückzuweisen; insbesondere würden die Vorwürfe der Klagepartei ins Blaue hinein erfolgen. Der geltend gemachte Auskunftsanspruch bestehe nicht. Die Auskunft sei insbesondere nicht erforderlich, da ein Schadensersatzanspruch, der hiermit vorbereitet werden solle, offensichtlich ausgeschlossen sei. Es bestehe kein plausibler Zusammenhang zwischen der streitgegenständlichen Impfung und den vorgetragenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Klägers. Die Fragen des Klägers seien darüber hinaus teilweise unzulässig.
12
Eine Beweisaufnahme hat nicht stattgefunden. Das Gericht hat die Klägerin informatorisch angehört.
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Auf das Sitzungsprotokoll vom 02.04.2025 wird verwiesen. Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die Klage ist zulässig.
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I. Das Landgericht Nürnberg-Fürth ist sachlich und nach § 32 ZPO bzw. § 94a Abs. 1 AMG auch örtlich zuständig.
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II. Das erkennende Gericht ist entgegen der Rüge des Klägervertreters auch funktionell zuständig, eine Zuständigkeit der Kammer für Streitigkeiten über Ansprüche aus Heilbehandlungen gemäß § 348 Abs. 1 Nr. 2e ZPO, § 72a Abs. 1 Nr. 3 GVG liegt nicht vor. Vorliegend wird kein Anspruch aus Heilbehandlung geltend gemacht, da nicht die Impfung als Heilbehandlung selbst der Haftungsgrund sein soll und als fehlerhaft gerügt wird, sondern vielmehr der verwendete Impfstoff als Schadensursache vorgetragen wird und Ansprüche gegen die Beklagte als Herstellerin des Impfstoffes und nicht gegenüber dem Behandelnden geltend gemacht werden (vgl. OLG Frankfurt a. M. Beschluss vom 4.4.2024 – 11 UH 5/24, BeckRS 2024, 9224). Allein der Umstand, dass auch medizinische Fragen für die Beurteilung und Entscheidung des Falles bedeutend sein können, genügt nicht, um einen Anspruch aus Heilbehandlung i. S. d. §§ 348a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2e) ZPO, 72a Abs. 1 Nr. 3 GVG zu bejahen (OLG Frankfurt aaO).
17
III. Ferner war der Rechtsstreit auch nicht der Kammer zur Entscheidung über eine Übernahme vorzulegen, da die Voraussetzungen des § 348 Abs. 3 S. 1 ZPO nicht vorlagen. Die Übertragung wurde nicht beidseitig gemäß § 348 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 ZPO, sondern nur seitens des Klägers beantragt. Besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art gemäß § 348 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 ZPO sind nicht ersichtlich. Die streitgegenständlichen Auskunfts- und Schmerzensgeldansprüche sind bereits von einer Vielzahl von Gerichten bundesweit in ähnlich gelagerten Fällen entschieden worden. Alleine ein gesteigerter zeitlicher Bearbeitungsaufwand angesichts der umfangreichen Schriftsätze der Parteien führt noch nicht zu einer erheblich über dem Durchschnitt liegenden Schwierigkeit (vgl. BeckOK ZPO/Fischer, 56. Ed. 1.3.2025, ZPO § 348 Rn. 442).
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Auch hat die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung gemäß § 348 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 ZPO, da hierfür erforderlich wäre, dass die Bedeutung des Urteils voraussichtlich über eine Einzelfallentscheidung hinausgehen wird, insbesondere, weil die Rechtsfrage auf der Ebene der Obergerichte noch nicht entschieden ist oder von einer Entscheidung der Kammer oder eines Einzelrichters der Kammer abgewichen werden soll (vgl. BeckOK ZPO/Fischer, 56. Ed. 1.3.2025, ZPO § 348 Rn. 46). Vorliegend ist keine Abweichung von der bisherigen Kammerrechtsprechung zu vergleichbaren Fällen gegeben. Ebensowenig besteht eine Abweichung von der bisher einheitlich ergangenen obergerichtlichen Rechtsprechung in vergleichbaren Fällen in Bezug auf den streitgegenständlichen Impfstoff der Beklagten.
19
IV. Es kann dahin stehen, ob für den geltend gemachten Feststellungsantrag ein besonderes Feststellungsinteresse i. S. d. § 256 Abs. 1 ZPO besteht, weil die Klage unbegründet ist (vgl. BeckOK ZPO/Bacher, 52. Ed. 1.3.2024, ZPO § 256 Rn. 16).
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Die Klage ist jedoch unbegründet.
21
Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Schmerzensgeld bzw. auf Feststellung der Ersatzpflicht für weitere Schäden zu (I.). Auch hat sie keinen Anspruch auf Erteilung der begehrten Auskünfte (II.). Weiterhin scheidet ein Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten aus (III.).
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I. 1. Ein Anspruch auf Schmerzensgeld bzw. auf Feststellung der Ersatzpflicht bezüglich weiterer Schäden ergibt sich nicht aus § 84 Abs. 1 AMG.
23
Zwar ist der Anwendungsbereich des § 84 Abs. 1 AMG eröffnet (a). Die Klägerin hat jedoch einen Kausalzusammenhang zwischen den Impfungen und den geltend gemachten Gesundheitsschäden schon nicht schlüssig dargelegt, dieser wird auch nicht vermutet (b). Zudem weist der Impfstoff weder ein negatives Nutzen-Risiko-Verhältnis i.S.d. § 84 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 AMG auf (c) noch liegt ein kausaler Instruktionsfehler i.S.d. § 84 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 AMG vor (d).
24
a) Der Anwendungsbereich des § 84 Abs. 1 S. 1 AMG ist eröffnet. Bei dem von der Beklagten entwickelten und in Deutschland vertriebenen Impfstoff Comirnaty, mit dem die Klägerin dreimal geimpft wurde, handelt es sich um ein zulassungspflichtiges Humanarzneimittel, das von einem pharmazeutischen Unternehmer im Inland in den Verkehr gebracht und an einen Verbraucher abgegeben wurde. Der Impfstoff erfüllt den arzneimittelrechtlichen Impfstoffbegriff i.S.d. § 4 Abs. 4 AMG, wohingegen es sich hierbei nicht um ein Gentherapeutikum i.S.d. GenTG handelt (vgl. OLG b) Die Klägerin hat einen Kausalzusammenhang zwischen den Impfungen mit dem streitgegenständlichen Impfstoff und den geltend gemachten Gesundheitsschäden schon nicht schlüssig dargelegt. Sie kann sich dabei auch nicht auf die Vermutung eines Kausalzusammenhangs gemäß § 84 Abs. 2 S. 1 AMG berufen.
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aa) Die Feststellung eines naturwissenschaftlichen Ursachenzusammenhangs zwischen der Arzneimittelanwendung und der Gesundheitsbeeinträchtigung erfordert zunächst eine generelle Eignung des Arzneimittels, derartige Gesundheitsbeeinträchtigungen zu verursachen (generelle Schadenseignung). Dabei reicht eine bloße Vermutung im Sinne einer Hypothese für den Nachweis der Geeignetheit nicht aus. Weiterhin muss geprüft werden, ob das Arzneimittel auch im konkreten Einzelfall die Gesundheitsbeeinträchtigung verursacht hat (konkrete Kausalität) (Kügel/Müller/Hofmann/Brock, 3. Aufl. 2022, AMG § 84 Rn. 36).
26
Nach § 84 Abs. 2 S. 1 AMG wird vermutet, dass der Schaden durch ein angewendetes Arzneimittel verursacht ist, wenn dieses nach den Gegebenheiten des Einzelfalls geeignet ist, den Schaden zu verursachen. Gemäß § 84 Abs. 2 S. 2 AMG beurteilt sich die Eignung im Einzelfall nach der Zusammensetzung und der Dosierung des angewendeten Arzneimittels, nach der Art und Dauer seiner bestimmungsgemäßen Anwendung, nach dem zeitlichen Zusammenhang mit dem Schadenseintritt, nach dem Schadensbild und dem gesundheitlichen Zustand des Geschädigten im Zeitpunkt der Anwendung sowie allen sonstigen Gegebenheiten, die im Einzelfall für oder gegen die Schadensverursachung sprechen.
27
Die Kausalitätsvermutung setzt voraus, dass die Anwendung des Arzneimittels geeignet war, die eingetretene Rechtsgutverletzung zu verursachen. Erforderlich ist dabei nicht lediglich eine abstrakt-generelle, sondern auch eine konkrete Verletzungseignung des Arzneimittels, für welche der Anspruchsteller darlegungs- und beweisbelastet ist. Einige der relevanten Kriterien zur Bestimmung dieser Verletzungseignung werden in § 84 Abs. 2 Satz 2 AMG genannt. Eine Verletzungseignung kann angenommen werden, wenn die konkrete Möglichkeit besteht, dass das Arzneimittel die Rechtsgutverletzung verursacht hat. Abzugrenzen davon ist der Fall, in dem nur eine ungesicherte Hypothese für den ursächlichen Zusammenhang spricht (vgl. OLG Koblenz, Urt. v. 10.07.2024 – 5 U 1375/23; OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 19.02.2025 – 23 U 13/24; BeckOGK/Franzki, 01.02.2025, AMG § 84 Rn. 110).
28
Im Arzneimittelhaftungsverfahren obliegt dem Geschädigten eine sogenannte erweiterte Darlegungslast hinsichtlich des ihm entstandenen Gesundheitsschadens. Diese erstreckt sich insbesondere auf Informationen über Grund- und Parallelerkrankungen, Risikofaktoren sowie die Einnahme anderer Arzneimittel (Kügel/Müller/Hofmann/Brock, 3. Aufl. 2022, AMG § 84 Rn. 128). Deshalb hat der Geschädigte anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls zur Schadensneigung, zum zeitlichen Zusammenhang der Arzneimittelanwendung mit dem Schadenseintritt, dem Schadensbild und seinem gesundheitlichen Zustand im Zeitpunkt der Anwendung vorzutragen sowie zu allen sonstigen Gegebenheiten, die im Einzelfall für oder gegen die Schadensverursachung sprechen (KG Berlin, Urt. v. 05.11.2007 – 10 U 262/06, OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 19.02.2025 – 23 U 13/24). Der Geschädigte kommt seiner Darlegungslast in erster Linie durch die Vorlage seiner Krankenunterlagen nach. Relevant sind nicht nur Krankenunterlagen, die Informationen über die Grunderkrankung und Verordnung des Arzneimittels sowie das Schadensereignis enthalten. Erforderlich ist darüber hinaus die Vorlage aller Krankenunterlagen, in denen über Parallelerkrankungen, Lebensumstände und sonstige Risikofaktoren berichtet wird. Sofern der Geschädigte keine oder unvollständige Krankenunterlagen vorlegt, ist sein Vortrag unsubstantiiert (Kügel/Müller/Hofmann/Brock, 3. Aufl. 2022, AMG § 84 Rn. 129).
29
bb) Gemessen an diesen Maßstäben genügt die Klägerin den Anforderungen an die Darlegung eines Kausalzusammenhangs nicht.
30
(1) Zunächst bestehen im Hinblick auf die Brustkrebserkrankung der Klägerin schon keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die Impfungen mit dem Impfstoff der Beklagten generell geeignet sind, Brustkrebs hervorzurufen. Der generelle Kausalzusammenhang muss dabei naturwissenschaftlich gesichert sein (Kügel/Müller/Hofmann/Brock, 3. Aufl. 2022, AMG § 84 Rn. 115).
31
Soweit die Klagepartei in Bezug auf die Eignung des Impfstoffs zur Verursachung der Brustkrebserkrankung der Klägerin auf zahlreiche behauptete Mängel der Entwicklung und Herstellung des streitgegenständlichen Impfstoffs verweist – etwa die Verwendung toxikologisch ungetesteter Lipidnanoartikel sowie von krebserregenden SV40-Gensequenzen, die Wirkungsweise des synthetischen Spike-Proteins „Wuhan 1“, die produktionsbedingte Kontamination des Impfstoffs mit DNA oder die durch den Impfstoff hervorgerufene Schwächung des Immunsystems-, bestehen für die in diesem Zusammenhang behauptete Gefährlichkeit keine hinreichenden Anhaltspunkte. Vielmehr handelt es sich hierbei um ungesicherte Hypothesen oder Einzelmeinungen (vgl. hierzu unter B. I.1. c) bb) (3)).
32
Auch die pauschale Bezugnahme der Klagepartei auf bestimmte Veröffentlichungen in Form von Internetlinks (vgl. Replik S. 57 f.) stellt keinen substantiierten Vortrag hinsichtlich der generellen Eignung des Impfstoffs zur Verursachung von Krebs dar. Zudem beschreiben die Artikel die Verursachung von „Turbo-Krebs“ durch „Covid-19-Impfstoffe“, wobei 6 zusammengehörige Artikel zum Thema „VAERS Daten belegen Turbo-Krebs“ im Zusammenhang mit verschiedenen Krebsarten berichten. Bei dem ersten und letzten Artikel handelt es sich offensichtlich um dieselbe Veröffentlichung. In den Artikeln nimmt der Autor eine Auswertung von VAERS-Daten (Vaccine Adverse Event Reporting System) vor, wobei zu berücksichtigen ist, dass es sich hierbei um Verdachtsmeldungen handelt, die grundsätzlich von jedem unabhängig von der Datengrundlage abgegeben werden können (vgl. hierzu unter B.I.1.c) bb) (3) (j)). Sämtliche Artikel wurden von demselben Autor – Dr. H. K1. – verfasst, sodass es sich insoweit um die Meinung eines Einzelnen handelt. Das ebenso von diesem Autor stammende Gutachten in Anlage K 105 bezieht sich – worauf die beklagte Partei in substantiierter Weise verweist – auf teils fragwürdige Quellen wie Blogs oder einen Telegram-Kanal. Im Hinblick auf den von der Klagepartei vorgelegten Artikel „Spikeopathie: COVID-19-Spike-Protein ist pathogen, sowohl von Virus- als auch von ImpfstoffmRNA“ (Anlage K 87) hat die beklagte Partei unwidersprochen vorgetragen, dass es sich bei den Verfassern zum Teil um bekannte Impfkritiker handelt bzw. diese teilweise (als Rechtsanwalt oder Kinderpsychiater) keine Sachkompetenz auf dem Gebiet der Vakzinologie oder Virologie aufweisen. Im Übrigen wird in dem Artikel selbst eingeräumt, dass es nicht eindeutig bewiesen sei, dass Krebs durch die mRNAImpfstoffe verursacht werde (vgl. S. 71). Auf Seite 60 des Artikels wird noch deutlicher angeführt: “Bislang gibt es keine schlüssigen Beweise für einen Zusammenhang zwischen mRNA-Injektionen und Krebs“.
33
Entgegen der Behauptung der Klagepartei wurde die Krebserkankung der Klägerin auch nicht durch das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) bzw. die EMA als bekannte Impfnebenwirkung beschrieben und anerkannt. Dies ergibt sich weder aus der zu dieser Behauptung vorgelegten Anlage K 3 noch aus den weiteren Ausführungen zu den Meldungen bei der EMA (vgl. Klageschrift S. 7 f.).
34
(2) Jedenfalls aber genügt der Vortrag der Klagepartei den Anforderungen an die erweiterte Darlegungslast in Bezug auf die konkrete Eignung der Impfungen zur Verursachung des streitgegenständlichen Schadens nicht.
35
Die Klägerin trägt vor, nach der Impfung 2021 seien bei ihr Beschwerden in Form von ständiger Müdigkeit, Kopfschmerzen, Erschöpfung, Schlafstörungen, einer Konzentrationsstörung, Nervosität, und Depression (Angststörung, Panikattacken) aufgetreten, im Jahr 2022 sei bei ihr Brustkrebs diagnostiziert worden, zusätzlich leide sie nach der Operation unter Muskel- und Gelenkschmerzen, seitdem gebe es keine Verbesserung, eher eine stetige Verschlimmerung. Sie sei zurzeit in einer psychologischen Therapie wegen Depression. Am 08.2023 sei ein MRT vom Kopf/ Schädel vorgenommen worden – es sei eine minimale arterielle Verkalkung festgestellt worden. Am 12.2023 sei sie in der Uniklinik gewesen wegen Verdacht auf Rheuma, es gebe jedoch noch keine Diagnose.
36
Die Diagnose Brustkrebs erfolgte ausweislich des vorgelegten Protokolls des Tumorboard-Brust vom 11.2022 erstmals am 09.2022 (Anlage K 2). In einem Arztbrief vom 12.2023 wurden neben der Diagnose Z.n. Mammakarzinom zusätzlich depressive Verstimmungen und unklare Arthralgien als Diagnosen angegeben (Anlage K 22). Weiterhin wurde ein Laborbericht vom 04.2023 vorgelegt (Anlage K 23). Weitere Diagnosen befinden sich in dem vorgelegten Arztbrief vom 06.2024, der neben den bisher bekannten Diagnosen u.a. auch die Diagnosen einer chronischen Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren, einer posttraumatischen Belastungsstörung, einer ME/CFS sowie einer T-Zell-Insuffizienz enthält (Anlage K 131). Weiterhin wurde ein Attest zur Vorlage bei der Deutschen Rentenversicherung vom 06.2024 vorgelegt (Anlage K 132a) sowie ein Änderungsbescheid des Zentrums Familie und Soziales vom 09.2024, in dem der Grad der Behinderung auf 100 erhöht wurde, wobei hierbei eine Erkrankung der Brust beidseits (in Heilungsbewährung), eine seelische Störung, depressive Verstimmung, und ein chronisches Schmerzsyndrom sowie Schwerhörigkeit beidseits zu Grunde gelegt wurden. Die Klagepartei trägt außerdem vor, dass sie sich in Bezug auf mögliche Ursachen vom Universitätsklinikum untersuchen habe lassen, wobei jede Art von genetischen angeborenen oder erworbenen Hämostasestörungen ausgeschlossen worden sei und sämtliche genetischen Defekte ausgeschlossen worden seien. Soweit als Beleg hierfür die Anlage K 132 angegeben wurde, umfasst diese – wie von den Beklagtenvertretern im Termin vom 02.04.2025 hingewiesen wurde – nicht die betreffenden negativen Befundberichte. Diese wurden entgegen der Ankündigung des Klägervertreters im Termin auch nicht nachgereicht.
37
Zwischen der letzten Impfung mit dem streitgegenständlichen Impfstoff am 12.2021 und der Krebs-Diagnose liegen daher ca. 9 Monate, sodass ein enger Zusammenhang mit den Impfungen schon nicht dargelegt ist.
38
Nach dem Vortrag der Klagepartei bleibt zudem ein konkreter zeitlicher Zusammenhang zwischen den drei Impfungen zwischen Mai und Dezember 2021 und dem Auftreten der weiter geschilderten Beschwerden wie der ständigen Müdigkeit, Erschöpfung, Schlafstörungen, Konzentrationsstörung und Depression völlig unklar. Es wird lediglich angegeben, dass die Beschwerden nach den Impfungen bzw. der Impfung aufgetreten seien, wobei der konkrete zeitliche Ablauf und der zeitliche Zusammenhang mit den drei verschiedenen Impfungen nicht dargestellt wird. Objektivierbare Befunde hinsichtlich der weiteren Beschwerden werden erstmals für das Jahr 2023 vorgelegt.
39
Ein Teil der Beschwerden wie etwa die Muskel- und Gelenkschmerzen traten nach der eigenen Schilderung der Klägerin erst nach der Operation aufgrund der Brustkrebserkrankung auf. Auch aus den vorgelegten medizinischen Unterlagen ergibt sich, dass es sich bei den Beschwerden zum Teil um Nebenwirkungen der Krebsbehandlung bzw. Begleiterscheinungen der Krebserkrankung handeln dürfte, für die aber ein kausaler Zusammenhang mit den Impfungen nicht substantiiert dargelegt wurde. So wird etwa im Arztbrief vom 06.2024 geschildert, dass die Klägerin bezüglich der Beschwerden im Bereich der Brust bzw. der Narben einen Zusammenhang mit der Bestrahlung vermute, hinsichtlich weiterer Schmerzen habe der Orthopäde auf die Nebenwirkungen von Tamoxifen verwiesen (Anlage K 131). Aus dem Attest vom 06.2024 ergibt sich, dass sich die Klägerin in psychookologischer Behandlung befindet (Anlage 132a), was darauf hinweist, dass die psychischen Erkrankungen der Klägerin einen Zusammenhang mit der Krebserkrankung aufweisen. Im Übrigen gibt die Klägerin an, dass im Jahr 2017 ihre Schwester von ihrem Mann ermordet worden sei, weshalb sie ein Trauma erlitten habe und deshalb krankgeschrieben worden sei.
40
Weiterhin erfolgte kein substantiierter Vortrag zu dem gesundheitlichen Zustand der Klägerin vor den streitgegenständlichen Impfungen, zu etwaigen Vorerkrankungen oder Risikofaktoren. Vielmehr wurde diesbezüglich lediglich angegeben, dass die Klägerin vor der Impfung gesund gewesen sei und keine großen Beschwerden gehabt habe. Unklar bleibt bereits, was „keine großen Beschwerden“ sein sollen. Medizinische Unterlagen für den Zeitraum vor den Impfungen wurde nicht vorgelegt. Unstreitig handelt es sich bei Brustkrebs um die häufigste Krebserkankung bei Frauen. Wie die beklagte Partei zudem unwidersprochen vorträgt, sind die bedeutendsten Risikofaktoren für derartige Krebserkrankungen hormoneller Natur bzw. genetische Prädispositionen. Auch ist allgemein bekannt, dass es auch sonstige Risikofaktoren für (Brust-) Krebserkrankungen wie eine ungesunde Lebensweise (Ernährung, unzureichende Bewegung, Rauchen, Alkoholkonsum) gibt. Zwar wurde vorgetragen, dass bei einer Untersuchung der Klägerin festgestellt worden sei, dass genetisch angeborene Ursachen oder erworbene Hämostasestörungen sowie sämtliche genetische Defekte ausgeschlossen werden konnten. Dieser Vortrag wurde jedenfalls konkludent in der mündlichen Verhandlung durch die beklagte Partei durch die Rüge bestritten, dass sich der Vortrag nicht aus der Anlage K 132 ergebe. Ein Beleg für den Befund wurde daher gerade nicht vorgelegt. Selbst wenn aber ein entsprechender Befund unterstellt wird und eine genetische Ursache für die Brustkrebserkrankung ausgeschlossen werden kann, fehlt weiterhin ausreichender Vortrag und medizinische Dokumentation zu sonstigen möglichen Risikofaktoren und dem Gesundheitszustand vor den Impfungen. Für eine ungesunde Lebensweise spricht etwa die nach eigenem Vortrag der Klägerin festgestellte minimale arterielle Verkalkung.
41
cc) Auch unabhängig vom Eingreifen der Vermutung des § 84 Abs. 2 AMG hat die Klagepartei einen Kausalzusammenhang zwischen den Impfungen und den Gesundheitsschäden nicht schlüssig dargetan, sodass diesbezüglich auch kein Sachverständigengutachten einzuholen war.
42
Dem Antrag der Klagepartei auf Einholung sämtlicher Behandlungsunterlagen gemäß § 142 ZPO war dabei nicht nachzukommen. Denn § 142 ZPO befreit die Partei, die sich auf eine Urkunde bezieht, nicht von ihrer Darlegungs- und Substantiierungslast. Dementsprechend darf das Gericht die Urkundenvorlegung nicht zum bloßen Zwecke der Informationsgewinnung, sondern nur bei Vorliegen eines schlüssigen, auf konkrete Tatsachen bezogenen Vortrags der Partei anordnen (BeckOK ZPO/von Selle, 56. Ed. 1.3.2025, ZPO § 142 Rn. 11). Zudem muss die Urkunde identifizierbar sein, die pauschale Aufforderung zur Vorlage ganzer Urkundensammlungen, Dokumentationen oder einer kompletten Korrespondenz ist deshalb auch nach § 142 ZPO unzulässig (BeckOK ZPO/von Selle, 56. Ed. 1.3.2025, ZPO § 142 Rn. 10).
43
c) Darüber hinaus weist der Impfstoff Comirnaty auch kein negatives Nutzen-Risiko-Verhältnis i.S.d. § 84 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 AMG auf. § 84 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 AMG setzt voraus, dass das Arzneimittel bei bestimmungsgemäßem Gebrauch schädliche Wirkungen hat, die über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehen.
44
aa) Die Nutzen-Risiko-Abwägung hat abstrakt-generellen Charakter und findet unter Berücksichtigung sämtlicher schädlichen Wirkungen für die vollständige durch die Indikationsangabe des pharmazeutischen Unternehmers anvisierte Patientengruppe statt. Sie erfolgt hingegen nicht bezogen auf den individuell Geschädigten oder bezogen auf Untergruppen innerhalb der durch die Indikation angesprochenen Patientengruppe. Dabei fließen Erfahrungen aus Einzelfällen allerdings in Folge der Art, Schwere und statistischen Häufigkeit von unerwünschten Nebenwirkungen in die Gesamtabwägung ein. Bei der Abwägung gilt: Je besser der therapeutische Nutzen und je schwerwiegender die Erkrankung ohne Impfung, desto eher können auch gravierende schädliche Wirkungen akzeptiert werden. Somit werden Risiken für den Einzelnen hingenommen, wenn der Nutzen bezogen auf die Gesamtheit der potentiellen Anwender in der Verhältnismäßigkeitsabwägung höher ausfällt. (vgl. u.a. OLG Koblenz, Urteil vom 10.07.2024 – 5 U 1375/23 mwV.; OLG Frankfurt a. M. Urteil vom 19.02.2025 – 23 U 13/24 mwV.).
45
Bei der Nutzen-Risiko-Abwägung ist für den maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung zu prüfen, ob der Impfstoff hätte zugelassen werden dürfen, wenn die nunmehr vorliegenden wissenschaftlichen Erkenntnisse im Zeitpunkt der Anwendung des Arzneimittels schon vorgelegen hätten. Eine entsprechende Auslegung wird dem Charakter der Vorschrift als Gefährdungshaftung am besten gerecht (vgl. OLG Koblenz, Urteil vom 10.07.2024 – 5 U 1375/23 mwV.). Maßstab für die Bewertung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses sind die gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisse (Kügel/Müller/Hofmann/Brock, 3. Aufl. 2022, AMG § 84 Rn. 85).
46
bb) Gemessen daran ist das Nutzen-Risiko-Verhältnis für den Impfstoff der Beklagten im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung als positiv zu bewerten.
47
(1) Dies ergibt sich bereits aus der Tatbestandswirkung des Durchführungsbeschlusses der Europäischen Kommission vom 10.10.2022 zur unbedingten Zulassung des Impfstoffs, der den Beschluss vom 21.12.2020 über die bedingte (außerordentliche) Zulassung bestätigt. Mit der Zulassungsentscheidung wurde zugleich das positive Nutzen-Risiko-Verhältnis mit Bindungswirkung auch für die Zivilgerichte festgestellt. Die Prüfung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses war nämlich wesentliche Voraussetzung sowohl für die bedingte Zulassung des Impfstoffs als auch für die Erteilung der unbedingten Zulassung. Mit der bedingten Zulassung werden dem Arzneimittelhersteller gemäß Art. 14a Abs. 4 VO (EG) 726/2004 „besondere Verpflichtungen“ auferlegt, die nach Abs. 5 darin bestehen, „laufende Studien abzuschließen oder neue Studien einzuleiten, um das positive Nutzen-Risiko-Verhältnis zu bestätigen.“ Das Vorliegen eines positiven Nutzen-Risiko-Verhältnisses ist nach § 14-a Abs. 8 VO(EG) 726/2004 erneut nachzuweisen, um eine ordentliche, fünf Jahre gültige Zulassung zu erhalten. In Erwägungsgrund Nr. 2 des Durchführungsbeschlusses für die unbedingte Zulassung des streitgegenständlichen Impfstoffs vom 10.10.2022 wird von der EU-Kommission festgestellt, dass die Beklagte die ihr im Rahmen der bedingten Zulassung gemäß Art. 14-a Abs. 4 VO (EG) 726/2004 auferlegten besonderen Verpflichtungen erfüllt hat (vgl. OLG Koblenz, Urteil vom 10.07.2024 – 5 U 1375/23).
48
Diese Bindungswirkung besteht unverändert fort. So wurde die am 10.10.2022 erteilte unbedingte Zulassung bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung weder geändert noch ausgesetzt oder widerrufen (vgl. Art. 20a VO (EG) 726/2004). Weiterhin wurde die Verwendung des Impfstoffs nicht durch die Kommission ausgesetzt (Art. 20 Abs. 4 VO (EG) 726/2004) (vgl. OLG Koblenz, Urteil vom 10.07.2024 – 5 U 1375/23; OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 19.02.2025 – 23 U 13/24).
49
Die Annahme einer entsprechenden Tatbestandswirkung verstößt auch nicht gegen Art. 19 Abs. 4 GG. Denn die Bindungswirkung der Zulassungsentscheidung kann im Zivilprozess in Frage gestellt werden, wenn substantiiert dargelegt wird, welche der Beklagten damals bereits bekannten Umstände bei der Zulassungsentscheidung nicht berücksichtigt worden sein sollen, bei deren Berücksichtigung eine andere Zulassungsentscheidung gerechtfertigt gewesen wäre, oder aber, wenn dargelegt wird, dass nach der Zulassung Nebenwirkungen des Impfstoffs bekannt geworden sind, deren Kenntnis im Zeitpunkt der Zulassung einer Zulassung entgegen gestanden hätten. Gleiches dürfte gelten, wenn im Einzelnen begründet wird, dass ein Ermessensfehler bei der Nutzen-Risiko-Abwägung vorliegt, also das Ermessen nicht ausgeübt oder überschritten wurde oder das Ermessen wider die gesetzlichen Bestimmungen erfolgte oder ein Verstoß gegen Denkgesetze und anerkannte Erfahrungssätze vorliegt (vgl. OLG Koblenz, Urteil vom 10.07.2024 – 5 U 1375/23 mwV.).
50
Ein solcher substantiierter Vortrag der Klagepartei liegt jedoch nicht vor (vgl. hierzu unter I.1.c) bb) (3)).
51
Soweit die Klagepartei eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof zur Durchführung eines Vorabentscheidungsverfahrens gemäß Art. 267 AEUV beantragt hat, bestand hierfür keine Veranlassung, da die formulierten Vorlagefragen weder konkret die Auslegung der Verträge (vgl. Art. 267 Abs. 1 lit. a) AEUV) noch die Gültigkeit und die Auslegung der Handlungen der Organe, Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Union (vgl. Art. 267 Abs. 1 lit. b) AEUV) betreffen. Wie ausgeführt, besteht die Gültigkeit der Zulassungsentscheidung mangels Widerrufs unverändert fort (vgl. OLG Koblenz, Urteil vom 10.07.2024 – 5 U 1375/23). Abgesehen davon war die Vorlage auch deshalb nicht erforderlich, da keine letztinstanzliche Entscheidung vorliegt (vgl. Art. 267 Abs. 3 AEUV).
52
(2) Selbst wenn man im Rahmen der Prüfung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses nicht von einer Bindungswirkung der Zulassungsentscheidung ausgeht, führt dies zu keinem anderen Ergebnis.
53
So ist schon auf Grundlage der Bewertung der Expertengremien davon auszugehen, dass das Nutzen-Risiko-Verhältnis des streitgegenständlichen Impfstoffs nach den von den Parteien vorgetragenen Tatsachen zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung, projiziert auf den Zeitpunkt der Impfung, positiv ist (vgl. z.B. OLG Koblenz, Urteil vom 10.07.2024 – 5 U 1375/23; OLG Frankfurt a. M. Urteil vom 19.02.2025 – 23 U 13/24).
54
Sowohl der Ausschuss für Humanarzneimittel der EMA (CHMP) als auch das PEI gelangten auf der Basis aller bis dahin bekannten und gemeldeten Nebenwirkungen und Impfkomplikationen zu dem Ergebnis, dass im Zeitpunkt der Erteilung der Standardzulassung für den streitgegenständlichen Impfstoff am 10.10.2022 das Nutzen-Risiko-Verhältnis positiv war und die am 21.12.2020 erteilte bedingte Zulassung in eine unbedingte Zulassung umgewandelt werden kann. Im Rahmen der am 31.08.2023 erfolgten Zulassung des auf die COVID-19-Subvariante Omikron XBB. 1.5 angepassten Impfstoffs der Beklagten durch die Europäische Kommission wurde das Nutzen-Risiko-Verhältnis nach einer Empfehlung des CHMP zur Zulassung erneut bestätigt.
55
Diese Institutionen wirken nicht von politischer, sondern von fachlicher Seite im Rahmen des Zulassungsverfahrens mit wissenschaftlichen Bewertungen und Beiträgen mit. So erstellt der Ausschuss der EMA für Humanarzneimittel (CHMP) die Gutachten der EMA zur Beurteilung von Humanarzneimitteln (Art. 56 Abs. 1 a) VO (EG) 726/2004), wobei er sich gemäß Art. 61 Abs. 1 VO (EG) 726/2004 aus je einem fachkundigen Vertreter jedes Mitgliedstaates zusammensetzt, nach Art. 61 Abs. 3 VO (EG) 726/2004 ist zudem die Hinzuziehung spezialisierter Sachverständiger aus Wissenschaft oder Technik möglich. Vorliegend ist zu berücksichtigen, dass der CHMP seine Entscheidung für die Impfstoffzulassung im Konsens gefasst hat. Hätten erhebliche Bedenken bestanden, wäre nämlich ein Gutachten mit dem Standpunkt der Mehrheit der Mitglieder und abweichender Standpunkte nach § 61 Abs. 7 VO (EG) 726/2004 erforderlich geworden. Der Ausschuss der EMA für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (PRAC) gibt wiederum Empfehlungen an den CHMP und die Koordinierungsgruppe zu Pharmakovigilanz-Maßnahmen und überwacht die Wirksamkeit von Risikomanagement-Systemen (Art. 56 Abs. 1 a) aa) VO (EG) 726/2004). Der Ausschuss setzt sich aus wissenschaftlichen Experten, Vertretern der Heilberufe und Patientenorganisationen zusammen, deren Auswahl auf Grundlage ihres einschlägigen Fachwissens in Pharmakovigilanz und Risikobewertung von Humanarzneimitteln erfolgt. Ziel ist es, höchste fachliche Qualifikationen und ein breites Spektrum an Expertise sicherzustellen (Art. 61a Abs. 3 VO (EG) 726/2004). (vgl. OLG Frankfurt a. M. Urteil vom 19.02.2025 – 23 U 13/24).
56
Das PEI stellt das deutsche Pendant zur EMA (§ 77 Abs. 2 AMG) und die federführende nationale Behörde für die Entwicklung, Zulassung, Bewertung und Überwachung von Impfstoffen dar. Seine Aufgaben umfassen insbesondere die Erfassung und Auswertung impfinduzierter Risiken sowie die Koordination notwendiger Maßnahmen. Das PEI fungiert zudem als Forschungseinrichtung, um Expertise in der Impfstoffbeurteilung und der Bewertung von Impfreaktionen zu bündeln. Es forscht unter anderem in den Bereichen Immunologie, Virologie und Bakteriologie. Aufgrund seiner herausragenden Stellung ist das PEI international vernetzt und berät nationale, europäische und globale Gremien im Bereich der Impfstoffe (vgl. BVerfG, Beschluss vom 27.05.2022 – 1 BvR 2649/21, NVwZ 2022, 950 Rn. 138; BVerwG, Beschluss vom 07.07.2022 – 1 WB 2.22, COVuR 2023, 16 Rn. 92) (OLG Frankfurt a. M. Urteil vom 19.02.2025 – 23 U 13/24).
57
Die Einschätzungen des CHMP, des PRAC und des PEI, die dem Impfstoff alle ein positives Nutzen-Risiko-Verhältnis attestiert haben, stehen einer sachverständigen Begutachtung gleich, da bereits die gesetzlichen Vorgaben für deren Besetzung sie als sachverständige Quellen qualifizieren (vgl. OLG Koblenz, Urteil vom 10.07.2024 – 5 U 1375/23). Vor dem Hintergrund des größtmöglichen Fachwissens in den Expertengremien ist auch nicht zu erwarten, dass die Begutachtung durch einen einzelnen Virologen oder Pharmakologen als Sachverständigen im hiesigen Einzelfall zu anderen Erkenntnissen führen würde. Vielmehr wäre es lebensfremd anzunehmen, ein einzelner Sachverständiger könnte über weitere Quellen, eine größere Datengrundlage und umfangreicheres Wissen verfügen als die genannten Expertengremien (vgl. OLG Koblenz, Urteil vom 10.07.2024 – 5 U 1375/23).
58
Die durchgängig gleichlautenden Entscheidungen der Expertengremien in Bezug auf das positive Nutzen-Risiko-Verhältnis stellen – sofern man nicht schon von einer Tatbestandswirkung ausgeht – jedenfalls ein gewichtiges Indiz im Rahmen der gerichtlichen Entscheidung dar, ob eine ermessensfehlerhafte Bewertung auf europäischer Ebene bei der Zulassungsentscheidung vorlag (vgl. OLG Koblenz, Urteil vom 10.07.2024 – 5 U 1375/23).
59
Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Zulassung auch auf Grundlage der laufend ergänzten Datengrundlage nicht geändert, aufgehoben oder widerrufen wurde, obwohl mittlerweile Fälle von Nebenwirkungen wie zum Beispiel Herzmuskel- oder Herzbeutelentzündung, Gesichtslähmung, allergische Sofortreaktionen (Anaphylaxie) oder möglicherweise zum Tod führende Lungenentzündungen, Thrombozytopenie und Gerinnungsstörungen bekannt wurden (vgl. OLG Koblenz, Urteil vom 10.07.2024 – 5 U 1375/23).
60
(3) Relevante medizinische Anhaltspunkte, die von den Expertengremien vor der Empfehlung für die Zulassung nicht berücksichtigt worden sein sollen und die gegen ein positives Nutzen-Risiko-Verhältnis sprechen könnten, oder solche, die nach der Zulassung bekannt geworden sind und eine andere Zulassungsentscheidung begründet hätten, wären sie schon zu diesem Zeitpunkt bekannt gewesen, werden von der Klagepartei nicht vorgetragen und sind auch sonst nicht ersichtlich (vgl. OLG Koblenz, Urteil vom 10.07.2024 – 5 U 1375/23).
61
Dabei schließt sich das Gericht der bisher einheitlichen obergerichtlichen Rechtsprechung in vergleichbaren Parallelverfahren an, die sich bereits umfassend sowie in überzeugender Weise mit den Einwendungen der Klagepartei gegen ein positives Nutzen-Risiko-Verhältnis auseinandergesetzt haben (vgl. z.B. OLG Koblenz, Urteil vom 10.07.2024 – 5 U 1375/23-, juris Rn. 74-104; OLG Frankfurt a. M. Urteil vom 19.02.2025 – 23 U 13/24 –, juris Rn. 261-335; OLG München, Verfügung vom 12.12.2024 – 14 U 3100/24 e).
62
Insbesondere greifen nach der überzeugenden Argumentation der zitierten Rechtsprechung folgende Einwendungen nicht durch:
63
(a) Der überwiegende Nutzen des streitgegenständlichen Impfstoffs kann nicht dadurch in Zweifel gezogen werden, dass dieser insoweit kein „vollständiger“ ist, als er nicht hundertprozentig vor einer Infektion mit SARS-CoV-2 oder vor einem schweren Verlauf der Erkrankung Covid-19 schützt. Beides war vor der bedingten Zulassung durch die EU-Kommission bereits bekannt und wurde von dieser hingenommen. Der nicht absolute Schutz und die nicht in jedem Aspekt bekannte Wirksamkeit des Impfstoffs ist in die Abwägung des Nutzens zu den Risiken des Impfstoffs eingeflossen und ist hingenommen worden. Dieser Aspekt kann daher im Nachhinein eine andere Entscheidung nicht rechtfertigen. (vgl. OLG München, Hinweisbeschluss vom 05.11.2024 – 14 U 2313/24 e, BeckRS 2024, 31623 Rn. 381 ff.; OLG Koblenz, Urteil vom 10.07.2024 – 5 U 1375/23-, juris Rn. 86 ff.)
64
(b) Soweit die Klagepartei die Berechnung der Wirksamkeit des Impfstoffs durch die Beklagte auf Grundlage der RRR („Relative Risiko-Reduktion“) unter Vergleich des Risikos der Behandlungsgruppe mit der Placebogruppe angreift, ist nicht substantiiert vorgetragen und sonst ersichtlich, dass diese Berechnungsmethode nicht hätte angewandt werden dürfen. Die beklagte Partei hat in substantiierter Weise angegeben, dass die Berechnungsmethode im Einklang mit den behördlichen Leitlinien für die Berechnung der Wirksamkeit von Impfstoffen, die auch für Covid-19-Impfstoffe gelten, stehe und dass die Berechnung auf den Daten der Zulassungsstudien beruhe (vgl. Anlage B 22). Dabei hat die beklagte Partei zu Recht darauf hingewiesen, dass sich aus der Studie, welche die Klagepartei vorlegt (Anlage K 67/ K 68), ebenso ergibt, dass die Wirksamkeit von Impfungen generell mit der RRR angegeben wird (vgl. OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 19.02.2025 – 23 U 13/24 –, juris Rn. 296).
65
(c) Die Nutzlosigkeit ergibt sich entgegen der Behauptung der Klagepartei auch nicht daraus, dass der Impfstoff der Beklagten die Übertragung des Virus nicht unterbindet. Dies lässt die Eigenschaft als Schutzimpfung nicht entfallen. Aus der Definition des § 2 Nr. 9 IfSG, wonach eine Schutzimpfung die Gabe eines Impfstoffes mit dem Ziel, vor einer übertragbaren Krankheit zu schützen, darstellt, folgt dies gerade nicht. Die Norm setzt den Schutz vor einer (übertragbaren) Krankheit voraus und nicht den Schutz vor der Übertragung einer Krankheit. Auch lässt der Umstand, dass ein Infektionsschutz über die Zeit nachlässt und das Neuansteckungsrisiko (insb. auch nach Mutationen) steigt, nicht auf einen fehlenden Nutzen des bereits verimpften Impfstoffs schließen (vgl. OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 19.02.2025 – 23 U 13/24 –, juris Rn. 302 ff.).
66
(d) Es bestehen auch keine hinreichenden Anhaltspunkte, dass die von der Klagepartei als alternative Behandlungsmethoden genannten Mittel (Ivermectin, Hydroxychloroquin, Zink, Zink Ionophor, Quercetin oder Vitamin D) nach dem wissenschaftlichen Stand der Erkenntnisse zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung gleichermaßen wirksam sind wie die Impfungen mit dem Impfstoff der Beklagten. Nachdem die beklagte Partei darauf verwiesen hat, dass die EMA bzw. die WHO Warnungen hinsichtlich der im Off-Label-Verfahren einzusetzenden Mittel Ivermectin bzw. Hydroxychloroquin ausgesprochen hat, und bezüglich der übrigen Mittel auf die unzureichende Studienlage hingewiesen hat, hat die Klagepartei hierzu nicht in erheblicher Weise weiter vorgetragen. Die Quellen, auf die sich die Klagepartei bezieht, stammen zu einem großen Teil schon aus der Zeit vor Ausbruch der Corona-Pandemie. In Bezug auf die Behandlung mit Hydroxychloroquin verweist die Klagepartei auf eine Studie und erklärt hierzu lediglich, dass diese so entworfen sei, dass die Patienten überdosiert wurden und starben, um das Mittel artifiziell zu diskreditieren, in der korrekten Dosierung sei das Medikament jedoch wirksam gegen Covid 19. Damit ergibt sich schon aus dem eigenen Vortrag der Klagepartei eine mögliche Gefährlichkeit des Mittels (vgl. a. OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 19.02.2025 – 23 U 13/24 –, juris Rn. 302).
67
(e) Die von der Klagepartei gerügte Divergenz zwischen dem zugelassenen und verabreichten Impfstoff wirkt sich ebenso nicht auf die Bewertung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses aus. Die Klagepartei bringt insoweit vor, dass im Rahmen der Testung und Zulassung des Impfstoffs der Beklagten die mRNA-Vervielfältigung mittels PCR-Technologie erfolgt sei („Process 1“). Dagegen sei später im „Process 2“ die Produktion über Escherichia-coli-Bakterien vorgenommen worden, in welche Plasmid-Ringe eingepflanzt worden seien, in denen die modRNA aufgedoppelt auf DNA in Ringform vorhanden gewesen sei. Dabei sei ein SV40-Promoter zum Heraustrennen und zur Identifikation der Herausreinigung verwendet worden. Die unterschiedliche Herstellungsweise war den an der Zulassung beteiligten Institutionen jedoch bekannt. Dies ergibt sich aus dem vorgelegten Bewertungsbericht des Ausschusses für Humanarzneimittel der EMA, CHMP, ‚EMA707383/2020‘ in der Korrekturfassung vom 19.02.2021 (vgl. Anlage B 35). In dem Bewertungsbericht wurde die Erklärung der Beklagten, woraus sich die Unterschiede zwischen Chargen aus den beiden Prozessen ergeben, als „angemessen“ betrachtet (vgl. OLG Koblenz, Urt. v. 10.07.2024 – 5 U 1375/23-, juris Rn. 93 ff.).
68
(f) Auch die Einwendung der Klagepartei, wonach der Impfstoff der Beklagten grenzwertüberschreitende Verunreinigungen mit DNA (einschließlich für die menschliche DNA schädliche DNA-Reste und SV40-Sequenzelemente) enthalte, greift nicht durch. Soweit sie sich dabei auf private Untersuchungen der Frau Prof. Dr. K2. beruft, bleibt bereits zweifelhaft und wird nicht näher dargelegt, ob diese die notwendigen wissenschaftlichen Standards eingehalten hat. Gleiches gilt für Preprint-Veröffentlichungen von McKernan et al. (April 2023) und Speicher et al. (Oktober 2023) (vgl. vorgelegte übersetzte Veröffentlichungen von Speicher/Rose/Gutschi/Wiseman/McKernan in K 20). Dabei fehlen ausreichende Angaben, ob die genannten Bedingungen eingehalten wurden, sowie Angaben zur Nachvollziehbarkeit der gewählten Methodik (vgl. Information des PEI für medizinische Fachkreise vom 22.12.2023 in Anlage B 19), zumal die untersuchten Impfstofffläschchen nach Angaben der Autoren bereits abgelaufen waren (vgl. a. OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 19.02.2025 – 23 U 13/24 –, juris Rn. 325 f.). Der Beitrag des MDR vom 12.12.2023, auf den die Klagepartei sich ebenso zur Begründung ihrer Behauptung stützt, wurde mittlerweile mangels Einhaltung journalistischer Standards aus der Mediathek des Senders MDR gelöscht (vgl. OLG Koblenz, Urt. v. 10.07.2024 – 5 U 1375/23-, juris Rn. 91).
69
In der Information vom 22.12.2023 betont das PEI zudem, dass jede Wirkstoffcharge von Impfstoff auf DNA-Restmengen geprüft werde, wobei die Testung am Wirkstoff und nicht erst am finalen Produkt erfolge. Es bestätigt, dass alle in Deutschland vertriebenen Chargen gemäß den OMCL-Leitlinien und Zulassungsvorgaben geprüft und erst nach erfolgreicher Kontrolle freigegeben worden seien. Plasmid-DNA-Restmengen seien in minimalen, als unschädlich geltenden Mengen unterhalb strenger Grenzwerte nachweisbar. Es gebe keine Hinweise darauf, dass diese Restmengen mit Nebenwirkungen in Verbindung stünden. (vgl. OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 19.02.2025 – 23 U 13/24 –, juris Rn. 323). Zudem hat sich auch die EMA mit potenziellen prozessbedingten Verunreinigungen befasst und nach Vornahme einer Sicherheitsrisikobewertung hierfür keinen Beanstandungsanlass erkannt (vgl. Bewertungsbericht des Ausschusses für Humanarzneimittel der EMA, CHMP, ‚EMA707383/2020‘ in der Korrekturfassung vom 19.02.2021 in Anlage B 35; mit Wortlautzitat: OLG Koblenz, Urt. v. 10.07.2024 – 5 U 1375/23; OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 19.02.2025 – 23 U 13/24 –, juris Rn. 323).
70
(g) Auch der Verweis der Klagepartei auf die Verwendung vermeintlich onkogener SV40-Sequenzen vermag das positive Nutzen-Risiko-Verhältnis des streitgegenständlichen Impfstoffs nicht in Zweifel zu ziehen. Insoweit bezieht sich die Klagepartei auf eine Stellungnahme der ZKBS aus dem Jahr 1995, veröffentlicht vom Bundesministerium für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (Anlage K 110), welche bei Ausbruch des Corona-Virus bereits ca. 35 Jahre alt war. Der Artikel verweist auf das onkogene Potential in Bezug auf das gesamte Simian Virus 40 (SV40). Zudem hat sich die Beklagte zur Rolle der (funktionslosen) SV40-Sequenzen substantiiert verhalten und auch das PEI hat in der bezeichneten Stellungnahme die Existenz und Einhaltung der Grenzwerte aufgezeigt. Ebenso hat sich auch das CHMP der EMA in dem Beurteilungsbericht vom 29.02.2024 (Anlage B 20) mit Verunreinigungen befasst. Es ist darin zu dem Ergebnis gekommen, dass Rest-DNA unterhalb der genehmigten Grenzen vorhanden sei und nicht genutzte SV40-Sequenzelemente das Gesamtsicherheitsprofil nicht änderten. Ein Risiko für die Geimpften bestehe so nicht (vgl. OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 19.02.2025 – 23 U 13/24 –, juris Rn. 324).
71
(h) Weiterhin bestehen für den Vortrag der Klagepartei hinsichtlich der behaupteten Toxizität der Spike-Proteine, für welche der Impfstoff der Beklagten einen Bauplan liefert, keine hinreichenden Anhaltspunkte. Soweit sich die Klagepartei auf verschiedene Quellen zur Begründung der Gefährlichkeit der Spike-Proteine beruft, behandeln diese zum Teil nicht die Folgen einer Impfung, sondern das infolge einer SARS-Cov-2- Infektion gebildete Spike-Protein (vgl. Anlage K84 / K 86) (vgl. OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 19.02.2025 – 23 U 13/24 –, juris Rn. 280). Soweit sich die Klagepartei auf einen Aufsatz in Anlage K 86 beruft, bezieht sich dieser nicht auf den Impfstoff der Beklagten, sondern den Impfstoff Novavax. Auch die Veröffentlichung „Spikeopathy“ (Anlage K 87) ist nicht geeignet, die Bewertung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses, in Frage zu stellen (vgl. OLG München, Verfügung vom 12.12.2024 – 14 U 3100/24 e, BeckRS 2024, 36083 Rn. 202 ff.).
72
Im Übrigen wurde auch schon in einem Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht von unterschiedlichen Fachleuten und Sachverständigen bestätigt, dass die Behauptungen, es entstünden freie Spike-Proteine mit schädlicher Wirkung und der Impfstoff sei geeignet, die menschliche DNA zu verändern, nicht tragen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 07.07.2022 – 1 WB 2/22 Rn. 160 ff.).
73
(i) Ebensowenig ist der Vortrag der Klagepartei über die behauptete Toxizität der verwendeten Lipidnanopartikel (ALC-0159 und ALC-0315) geeignet, die positive Bewertung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses in Frage zu stellen. Dem ist die beklagte Partei in erheblicher Weise entgegengetreten, u.a. durch Verweis auf durchgeführte Toxizitätsstudien (vgl. Anlage B 35) sowie die Stellungnahme des PEI, wonach die Behauptung falsch sei, dass Comirnaty Lipide enthalte, die nicht für Menschen geeignet und in Arzneimitteln nicht zugelassen seien (Anlage B 5). Die Klagepartei hat hierauf ihre Behauptung nicht weiter substantiiert. Im Übrigen ergibt sich aus dem vorgelegten Bewertungsbericht über die Verlängerung des Bewertungsberichts für die Marktzulassung des CHMP vom 28.10.2022 vom 28.10.2022 (Anlage B 11 mit deutscher Übersetzung), dass sich auch unter Berücksichtigung der im Zeitraum der jährlichen Verlängerung neu ergebenden Daten keine Änderungen bezüglich der Bewertung des Nutzen-Risikoverhältnisses ergeben haben. Dabei hat die Beklagte ausweislich S. 5 des Berichts auch die spezifische Verpflichtung zur Vorlage zusätzlicher Informationen über den Syntheseprozess und die Kontrollstrategie für den Hilfsstoff ALC-0315 sowie den Hilfsstoff ALC-0159 zur Bestätigung des Reinheitsprofils, Sicherstellung einer umfassenden Qualitätskontrolle und Chargenkonsistenz während des gesamten Lebenszyklus des Fertigerzeugnisses erfüllt. (vgl. a. OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 19.02.2025 – 23 U 13/24 –, juris Rn. 312 ff.)
74
(j) Auch die von der Klagepartei angeführten Meldungen zu Verdachtsfällen von Nebenwirkungen sind nicht geeignet, ein negatives Nutzen-Risikoverhältnis zu begründen. Die Klagepartei bezieht sich auf die Auswertung unterschiedlicher Quellen über Verdachtsfälle, etwa die Meldungen beim PEI, der EMA oder die VAERS-Datenbank. Diese Verdachtsfälle umfassen Meldungen, die auch von Privatpersonen abgegeben werden, bei denen nicht nachprüfbar ist, ob die Daten richtig angegeben wurden und ob das subjektive Krankheitsempfinden objektivierbar ist. Hieraus können gerade keine gesicherten Aussagen zur Kausalität der Impfungen mit den gemeldeten Nebenwirkungen getroffen werden (vgl. OLG Koblenz, Urt. v. 10.07.2024 – 5 U 1375/23-, juris Rn. 96 f.; OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 19.02.2025 – 23 U 13/24 –, juris Rn. 210).
75
Soweit die Klagepartei behauptet, dass die vorgelegte Auflistung in Anlage K 8 die infolge der Impfung mit dem Impfstoff Comirnaty aufgetretenen gesundheitlichen Schäden umfasse, verweist die Beklagte in substantiierter Weise darauf, dass es sich hierbei um mit der EMA abgestimmte medizinische Suchbegriffe/Schlagwörter handele, welche unabhängig vom konkreten Arzneimittel und den in der Zulassungsstudie aufgetretenen Nebenwirkungen mit den Spontanmeldungen nach Vermarktung abgeglichen worden seien, um daraus ggf. ein Sicherheitssignal zu erkennen. Eine weitere Ergänzung des pauschalen Vortrags der Klagepartei bzw. ein Beleg für die Gleichsetzung der Begriffe mit tatsächlich festgestellten Impfschäden erfolgte hierauf nicht.
76
(k) Schließlich greift auch der indirekte Verweis der Klagepartei (vgl. Triplik S. 183) auf die von ihr nicht vorgelegte multinationale Kohortenstudie („COVID-19 Impfstoffe und unerwünschte Ereignisse von besonderem Interesse: Eine multinationale Kohortenstudie des Global Vaccine Data Network (GVDN) mit 99 Millionen geimpften Personen“, Faksova et al., Anlage B 25) nicht durch. Soweit neben der Bestätigung für „bereits bekannte Sicherheitssignale für Myokarditis, Perikarditis, Gullain-Barré-Syndrom und zerebrale Venensinusthrombose“ weitere potenzielle Sicherheitssignale ausgemacht werden, verweist die Studie auf das Erfordernis größerer Beobachtungen im Rahmen einer Folgestudie (S. 14) und spricht sich damit – ungeachtet des Verweises auf Einschränkungen hinsichtlich des Erkenntnisgewinns (S. 15 f.) – selbst einen „beleghaften Charakter“ ab. Im Hinblick auf die Feststellung eines Krampfanfall- und Lähmungsrisikos (Bell’sche Lähmung) sind bereits der Studie nach die Schwellenwerte für ein vorrangiges Sicherheitssignal nicht überschritten (S. 8). Im Übrigen stellt die Studie, die einen möglichen Zusammenhang zwischen einer Covid-Impfung und ADEM (einer entzündlichen Erkrankung des zentralen Nervensystems) bewertet, heraus, dass die Wahrscheinlichkeit eines neurologischen Ereignisses nach einer akuten Infektion um bis zu 617-mal höher sei als nach einer Covid-Impfung, weshalb deren Nutzen die Risiken überwiege (S. 14 f.). Sie stellt zur allgemeinen Nutzen-Risiko-Bewertung fest, dass durch mehrere Studien „ein höheres Risiko für die untersuchten Ereignisse wie GBS, Myokarditis oder ADEM nach einer SARS-CoV-2-Infektion als nach einer Impfung nachgewiesen“ worden sei (S. 16). (vgl. OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 19.02.2025 – 23 U 13/24 –, juris Rn. 334).
77
(l) Soweit die Klagepartei zudem zahlreiche Mängel im Zulassungsverfahren rügt, wie etwa die fehlende Erfüllung von Zulassungsbedingungen oder die Manipulation von Studien durch die Beklagt, und die Unabhängigkeit der Mitglieder der beteiligten Expertengremien in Frage stellt, greifen auch diese Einwendungen nicht durch. Diesbezüglich wird auf die ausführlichen und überzeugenden Ausführungen in den Entscheidungen des OLG Frankfurt am Mainz und des OLG Koblenz auf Grundlage des im Wesentlichen gleichlautenden Vortrags der Parteien verwiesen, denen sich das Gericht aus eigener Überzeugungsbildung anschließt (vgl. OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 19.02.2025 – 23 U 13/24 –, juris Rn. 263 ff.; OLG Koblenz, Urt. v. 10.07.2024 – 5 U 1375/23,- juris Rn. 75 ff.).
78
(m) Auch soweit die Klagepartei weitere Argumente gegen das positive Nutzen-Risiko-Verhältnis des streitgegenständlichen Impfstoffs vorgebracht hat, handelt es sich um Einzelstimmen zu Einzelaspekten der Gesamtabwägung, die vor dem Hintergrund der auf zahlreichen und umfangreichen Studien basierenden gegenteiligen Einschätzung der Europäischen Arzneimittelagentur bzw. der Europäischen Kommission sowie der oben genannten Expertengremien bei weitem nicht ausreichen, um die von dem Kläger behauptete Gefährlichkeit des Impfstoffs bzw. ein negatives Nutzen-Risiko-Verhältnis im Sinne des § 84 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 AMG anzunehmen. Einzelne Wissenschaftler vermögen die Gesamtbreite der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft nicht infrage zu stellen. Zudem bleibt bei der Betrachtung von lediglich einzelnen Aspekten die für das Nutzen-Risiko-Verhältnis gebotene Gesamtschau der positiven therapeutischen Wirkungen des Arzneimittels im Verhältnis zu dem Risiko außen vor (vgl. OLG Koblenz, Urteil vom 10.07.2024 – 5 U 1375/23).
79
(4) Der Klagepartei war dabei keine Frist zur Stellungnahme zu dem Vorbringen der Beklagten im Schriftsatz vom 26.03.2025 einzuräumen.
80
Gemäß § 283 ZPO kann das Gericht auf Antrag einer Partei, wenn sich diese in der mündlichen Verhandlung auf ein Vorbringen des Gegners nicht erklären kann, weil es ihr nicht rechtzeitig vor dem Termin mitgeteilt worden ist, eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.
81
Das Vorbringen des Gegners ist in diesem Zusammenhang jedenfalls dann verspätet, wenn die Frist des § 132 ZPO nicht eingehalten wurde (vgl. Greger in: Zöller, Zivilprozessordnung, 35. Auflage 2024, § 283 ZPO Rn. 2 b.). Eine Versäumung der Frist des § 132 ZPO liegt jedoch nicht vor.
82
Von § 132 ZPO werden vorbereitende Schriftsätze erfasst, die neues Vorbringen enthalten, namentlich neue Angriffs- und Verteidigungsmittel i.S.v. § 282 Abs. 1, also neben Tatsachenbehauptungen deren Bestreiten, Einwendungen, Einreden, neue Beweisanträge, Beweismittel und Beweiseinreden, ferner neue oder geänderte Sachanträge, auch neue Verteidigungsmittel, die sich allein auf das Gesetz stützen. Bloße Ergänzungen bisherigen Vortrags um Einzelheiten fallen im Allgemeinen nicht darunter (vgl. MüKoZPO/Fritsche, 7. Aufl. 2025, ZPO § 132 Rn. 2). Bei dem Vorbringen der beklagten Partei im Schriftsatz vom 26.03.2025 handelt es sich um eine Erwiderung auf die Triplik der Klagepartei vom 14.10.2025, wobei – soweit der Vortrag überhaupt entscheidungserheblich war – nur die Ausführungen in der Klageerwiderung und in der Duplik vom 15.10.2024 um Einzelheiten ergänzt wurden, sodass eine Verspätung nach § 132 ZPO schon nicht in Betracht kam.
83
Die Voraussetzungen für einen Schriftsatznachlass der beklagten Partei zum Schriftsatz der Klagepartei vom 23.03.2025 lagen ebensowenig vor, da auch insoweit keine Verspätung i.S.d. § 132 ZPO gegeben war.
84
d) Der Tatbestand des § 84 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 AMG ist ebenfalls nicht erfüllt.
85
aa) Danach besteht eine Ersatzpflicht des pharmazeutischen Unternehmers nur dann, wenn der Schaden infolge einer nicht den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft entsprechenden Kennzeichnung (§ 10 AMG), Gebrauchsinformation (= Packungsbeilage, § 11 AMG) oder Fachinformation (§ 11a AMG) eingetreten ist. Vorliegend bestehen keine Anhaltspunkte, dass eine dieser Produktinformationen zum maßgeblichen Zeitpunkt nicht dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entsprach.
86
Nicht jede entfernte Möglichkeit eventueller Nebenwirkungen muss in die Produktinformationen aufgenommen werden. Nach § 84 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 AMG sind die „Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft“ der Maßstab dessen, was der pharmazeutische Unternehmer an Informationen in die Informationsträger (Kennzeichnung, Gebrauchs- und Fachinformation) aufzunehmen hat. Da neue medizinische Erkenntnisse stets Unsicherheiten unterliegen (BeckOGK/Franzki, 01.06.2024, AMG § 84 Rn. 103), aber auch ein ausreichender Schutz der Anwender des Arzneimittels sicherzustellen ist, müssen keine gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisse über Risiken des Arzneimittels vorliegen, sondern es reicht bereits ein ernst zu nehmender Verdacht, um eine Pflicht zur Aufnahme in die Produktinformation zu begründen (BGH, Urteil vom 24.01.1989 – VI ZR 112/88, juris Rn. 30, 33), solange dieser auf validen, wissenschaftlichen Daten beruht (BeckOGK/Franzki, 01.06.2024, AMG § 84 Rn. 103). (OLG Koblenz, Urt. v. 10.07.2024 – 5 U 1375/23,-juris Rn. 112)
87
Die Klagepartei trägt nicht konkret vor, hinsichtlich welcher bekannter und in Bezug auf die streitgegenständlichen Erkrankungen auch relevanter Risiken eine fehlerhafte Produktinformation (Kennzeichnung, Packungsbeilage und Fachinformation) erfolgte.
88
Soweit die Klagepartei die Angaben der Beklagten zur Wirksamkeit bzw. zur Wirkweise für fehlerhaft oder unzureichend erachtet, bestehen hierfür nach den obigen Ausführungen schon keine hinreichenden Anhaltspunkte.
89
Auch ist die pauschale Behauptung der Klagepartei, dass die in den Gebrauchs- und Fachinformationen angegebene Verwendung des Impfstoffs zur aktiven Immunisierung falsch sei, da kein Infektionsschutz, kein Übertragungsschutz und kein Langzeitschutz gegeben sei, unsubstantiiert. Die beklagte Partei hat sich in erheblicher Weise dazu verhalten und darauf hingewiesen, dass eine Immunisierung das Herbeiführen einer Immunität gegenüber einem Antigen sei, wobei das Immunsystem des Körpers durch die Gabe des abgeschwächten Erregers oder Teilen davon stimuliert werde (aktive Immunisierung) oder indem die Antikörper (z.B. Immunglobuline) direkt verabreicht würden (passive Immunisierung). Ob die Immunisierung eine Infektion komplett verhindere (wie z.B. bei Masern) oder nur schwere Verläufe verhindere, hänge vom Erreger und der Form der Immunisierung ab. Die Klagepartei verweist auf eine Definition bzw. Erklärung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, welche den Vortrag der beklagten Partei gerade stützt. Soweit die Klagepartei moniert, dass nach der Definition der BzgA durch die aktive Immunisierung ein langfristig wirksamer Schutz aufgebaut werden solle, den der Impfstoff der Beklagten nicht erhalte, ist der Vortrag nicht geeignet, einen Fehler der Fach- bzw. Gebrauchsinformation zu begründen. So wird in der Definition des BzgA selbst darauf hingewiesen, dass für den Aufbau des Impfschutzes in vielen Fällen mehrere Teilimpfungen nötig seien, und einige Impfungen in regelmäßigen Abständen aufgefrischt werden müssten. Zudem ist der Vortrag der Klagepartei schon widersprüchlich, da sie selbst angibt, dass die Beklagte in ihren Fach- und Gebrauchsinformationen auch offenlege, dass die Dauer der Schutzwirkung des Impfstoffs nicht bekannt sei und noch in laufenden klinischen Studien ermittelt werde.
90
Weiterhin ist der Vortrag der Klagepartei unsubstantiiert, wonach die Wirkstoffmenge richtigerweise durch die Erklärung, wie viel Spike-Protein im Körper durch ihr Produkt gebildet werde, anzugeben sei. Die zugelassene Dosis ist im Rahmen des Zulassungsverfahrens getestet und genehmigt worden. Inwiefern die Menge des gebildeten Spike-Proteins überhaupt präzise angegeben werden könnte, ist fraglich, zumal diese ersichtlich auf individuellen körpereigenen Prozessen beruht. Erforderlich war eine solche Angabe jedenfalls nicht. So verhält es sich auch hinsichtlich der „Beanstandung“, dass die Impfung durch die Produktion des Spike-Proteins „milliardenfachen Zelltod“ verursache. Eine ungewöhnliche Antwort des Immunsystems zeigt die Klagepartei mit diesem Vortrag nicht auf, zumal allgemeinkundig der tägliche Tod vieler Zellen ein natürlicher Teil des Lebenszyklus des Körpers und der Aufrechterhaltung der Gesundheit durch Beseitigung alter oder fehlerhafter Zellen ist (vgl. OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 19.02.2025 – 23 U 13/24 –, juris Rn. 352).
91
Auch ist nicht im Ansatz ersichtlich, warum die Angabe, dass es sich um einen COVID-19-mRNA-Impfstoff (Nukleosidmodifiziert) falsch bzw. irreführend sein soll und die von der Klagepartei stattdessen gewünschte Bezeichnung als „modRNA“ klarer sein soll.
92
Dass in den Gebrauchs- und Fachinformationen die von der Klagepartei gewünschten Angaben zum Herstellungsprozess aufzunehmen wären, ergibt sich schon nicht aus den gesetzlichen Vorgaben (§§ 11, 11a AMG).
93
Für den Vorwurf der Klagepartei, die Beklagte habe eine faktische Nebenwirkungsfreiheit suggeriert, bestehen ebenso keine greifbaren Anhaltspunkte. Soweit sie in diesem Zusammenhang eine allgemeine Verharmlosung durch den Bundesgesundheitsminister oder in den Medien beanstandet, fehlt zum Teil bereits konkreter Vortrag zu bestimmten Aussagen und dem zeitlichen Zusammenhang mit den Impfungen der Klägerin. Im Übrigen ist auch nicht substantiiert vorgetragen und nicht ersichtlich, warum diese der Beklagten zuzurechnen sein sollen. Öffentliche Darstellungen eines Politikers bzw. der Medien fallen nicht unter den Begriff der „Fach- und Gebrauchsinformationen“, auch besteht insoweit keine Garantenpflicht der Beklagten (vgl. OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 19.02.2025 – 23 U 13/24 –, juris Rn. 358).
94
Die Beklagte traf auch keine weitergehende Aufklärungspflicht, insbesondere nicht durch das verimpfende Personal (zur Differenzierung: OLG Koblenz, Urt. v. 25.09.2024 – 5 U 379/24 = BeckRS 2024, 25753 Rn. 102). Auf die Frage, in welchem Umfang die Klägerin insoweit über mögliche Risiken aufgeklärt wurde, kommt es daher nicht an. (OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 19.02.2025 – 23 U 13/24 –, juris Rn. 358).
95
bb) Darüber hinaus scheitert eine Haftung der Beklagten auf Grundlage des § 84 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 AMG daran, dass die Klägerin das Beruhen ihrer Gesundheitsverletzungen auf der angeblich falschen Packungsbeilage oder Fachinformation nicht dargelegt hat. Die Haftung nach § 84 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 AMG setzt – anders als nach Nr. 1, in dessen Rahmen lediglich zu prüfen ist, ob die Gesundheitsverletzung auf der unvertretbaren Wirkung des Arzneimittels beruht – eine doppelte Kausalität voraus. Die Rechtsgutverletzung muss auf der Anwendung des Arzneimittels beruhen und zugleich infolge der unzureichenden Arzneimittelinformation – Kennzeichnung, Fachinformation oder Gebrauchsinformation- eingetreten sein. Die Klägerin hat darzulegen und zu beweisen, dass der Schaden nicht eingetreten wäre, wenn die Fach- und Gebrauchsinformation erschöpfend und zutreffend gewesen wäre (OLG Koblenz, Urteil vom 10.07.2024, 5 U 1375/23).
96
Ein Ursachenzusammenhang zwischen der fehlerhaften Information und der Gesundheitsverletzung der Klägerin ist nur zu bejahen, wenn die Gesundheitsverletzung bei ordnungsgemäßer Information mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vermieden worden wäre (OLG Koblenz, Urteil vom 10.07.2024, 5 U 1375/23).
97
Dies setzt voraus, dass die Klägerin die Gebrauchsinformation überhaupt gelesen hat oder dass der Impfarzt die Fach- und/oder Gebrauchsinformation gelesen und in Kenntnis der dort aufgelisteten Risiken und in Abwägung mit den bei ihm bestehenden gesundheitlichen Gegebenheiten mit ihm das Für und Wider der Impfung erörtert hätte (vgl. OLG Koblenz, Urteil vom 10. Juli 2024 – 5 U 1375/23; OLG München, Verfügung vom 12.12.2024 – 14 U 3100/24 e; BeckOGK/Franzki, 1.2.2025, AMG § 84 Rn. 58).
98
Dies wurde schon nicht vorgetragen. Im Rahmen ihrer informatorischen Anhörung gab die Klägerin vielmehr an, sie habe sich vor den Impfungen nicht über die Wirkweise des Impfstoffs, über den Nutzen bzw. die Risiken des Impfstoffs informiert. Insbesondere habe sie zuvor auch nichts darüber gelesen. Auch der jeweilige Arzt habe bei den drei Impfungen nicht näher über den Impfstoff gesprochen.
99
Auf das Vorliegen eines Entscheidungskonflikts (vgl. hierzu BeckOGK/Franzki, 1.2.2025, AMG § 84 Rn. 59) kommt es daher schon nicht an.
100
2. Eine Haftung nach § 32 GenTG scheidet gemäß § 37 GenTG aus.
101
3. Ein Schadensersatzanspruch ergibt sich auch nicht aus § 823 Abs. 1 BGB.
102
Im Rahmen der Produkthaftung trifft den Hersteller des Produkts u.a. die Pflicht, über sicherheitsrelevante Eigenschaften zu informieren (Instruktionspflicht) und seine Produkte zu beobachten und ggf. die Nutzer zu warnen oder gar das Produkt zurückzurufen. Wann eine Verpflichtung zur Warnung der Nutzer besteht, ist abhängig von der Höhe des drohenden Schadens und der Wahrscheinlichkeit, mit der das Produkt dafür ursächlich ist (vgl. OLG Koblenz, Urteil vom 10.07.2024, 5 U 1375/23; MüKoBGB/Wagner, 9. Aufl. 2024, § 823 Rn. 1119).
103
Dass die Beklagte ihre Instruktionspflicht verletzt hat, indem sie zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens eine fehlerhafte Information über den Impfstoff erteilt hat, kann vorliegend bereits deshalb nicht festgestellt werden, da schon der Zeitpunkt des Inverkehrbringens des streitgegenständlichen Impfstoffs nicht feststeht bzw. von der Klagepartei nicht vorgetragen wird. Auch die Verletzung einer Produktbeobachtungspflicht kann nicht festgestellt werden, da die Klagepartei nicht substantiiert vorträgt, welche weiteren Risiken des Impfstoffs der Beklagten vor der Impfung des Klägers bekannt geworden sein sollen, die in die Fach- und Gebrauchsinformationen hätten aufgenommen werden müssen bzw. dazu geführt hätten, dass das Nutzen-Risiko-Verhältnis des Impfstoffs nicht mehr als positiv anzusehen wäre. Dabei wird auf die Ausführungen zu § 84 AMG verwiesen.
104
Zumindest aber scheidet ein Anspruch gemäß § 823 Abs. 1 BGB deshalb aus, da die Kausalität durch die darlegungs- und beweisbelasteten Klägerin nicht dargetan ist. Bei Instruktionsfehlern wie auch bei der Verletzung von Produktbeobachtungs- und daran geknüpften Warnpflichten hängt die Haftung davon ab, ob der Schaden bei pflichtgemäßem Handeln „mit Sicherheit“ vermieden worden wäre; die bloße Wahrscheinlichkeit, dass der Geschädigte die Warnung befolgt hätte, genügt nicht (MüKoBGB/Wagner, 9. Aufl. 2024, § 823 Rn. 1146). Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt, da die Klägerin nicht dargelegt hat, dass der sie impfende Arzt die Fachinformation überhaupt zur Kenntnis genommen oder sie selbst die Packungsbeilage vor der Impfung gelesen hatte (vgl. OLG Koblenz, Urteil vom 10.07.2024, 5 U 1375/23).
105
4. Ein Anspruch folgt auch nicht aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 95 Abs. 1 Nr. 1, 5 AMG wegen des schuldhaften Inverkehrbringens eines bedenklichen Arzneimittels. Gemäß § 5 Abs. 2 AMG sind Arzneimittel bedenklich, bei denen nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse der begründete Verdacht besteht, dass sie bei bestimmungsgemäßem Gebrauch schädliche Wirkungen haben, die über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehen. Entsprechend den obigen Ausführungen bestehen hierfür keine hinreichenden Anhaltspunkte.
106
5. Weiterhin ergibt sich kein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 95 Abs. 1 Nr. 3a, 96 Nr. 3, 8 Abs. 1 AMG. Diesbezüglich wird auf die Ausführungen zu § 84 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 AMG verwiesen. Im Übrigen können auch insoweit Aussagen von Politikern bzw. Angaben in den Medien der Beklagten nicht zugerechnet werden, zumal auch nicht vorgetragen ist, dass die Aussagen sich explizit auf Impfungen mit dem Impfstoff der Beklagten bezogen hätten.
107
6. Für einen Anspruch aus §§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 223 ff. StGB, § 826 BGB bestehen auf Grundlage der obigen Ausführungen keinerlei greifbare Anhaltspunkte.
108
II. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Erteilung der begehrten Auskünfte.
109
Ein Auskunftsanspruch ergibt sich nicht aus § 84 a AMG.
110
Ein solcher Auskunftsanspruch setzt voraus, dass der Arzneimittelanwender Tatsachen darlegt und erforderlichenfalls beweist, die die Annahme begründen, dass ein bestimmtes Arzneimittel den geltend gemachten Schaden verursacht hat. Darunter fallen auch Indiztatsachen, wie etwa ein zeitlicher Zusammenhang oder vergleichbare Schadenseintritte, das Abklingen bzw. Wiederauftreten der Symptome bei Absetzen bzw. Wiederanwenden des Medikaments, die Einnahme eines kontaminierten Arzneimittels und der Ausschluss anderer schadensgeeigneter Faktoren (vgl. BeckOGK/Franzki, 01.02.2025, AMG § 84a Rn. 10). Dem Arzneimittelanwender obliegt dabei – wie im Rahmen des Schadensersatzanspruchs nach § 84 AMG – eine erweiterte Darlegungslast (vgl. BeckOGK/Franzki, 01.02.2025, AMG § 84a Rn. 11).
111
Es ist erforderlich, dass ein Zusammenhang zwischen dem Medikament und einem den Bagatellfall übersteigenden Schaden plausibel erscheint. Das ist dann der Fall, wenn es wahrscheinlicher ist, dass das Arzneimittel den Schaden verursacht hat, als dass es ihn nicht verursacht hat (BGH NJW 2015, 2502 Rn. 12; BeckOGK/Franzki, 01.02.2025, AMG § 84a Rn. 12 ff.).
112
Gemessen daran werden im Streitfall keine ausreichenden Indiztatsachen vorgetragen, die einen kausalen Zusammenhang zwischen den Impfungen mit dem Impfstoff Comirnaty und den vorgetragenen gesundheitlichen Beschwerden der Klägerin als überwiegend wahrscheinlich erscheinen lassen.
113
Wie bereits ausgeführt, fehlt schon konkreter Vortrag sowie die Vorlage medizinischer Unterlagen zum gesundheitlichen Zustand der Klägerin und möglichen Risikofaktoren in der Zeit vor den streitgegenständlichen Impfungen. Auch ein enger zeitlicher Zusammenhang der streitgegenständlichen Impfungen mit den gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Klägerin wurde nicht substantiiert dargelegt bzw. durch medizinische Dokumente belegt.
114
Insoweit wird auf die obigen Ausführungen unter B. I.1. b) bb) verwiesen.
115
Unter den genannten Umständen ist ein kausaler Zusammenhang zwischen den streitgegenständlichen Impfungen und den gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Klägerin auch nicht plausibel bzw. nicht überwiegend wahrscheinlich.
116
III. Mangels Anspruchs in der Hauptsache scheidet auch ein Anspruch der Klägerin auf Ersatz der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten aus.
117
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 ZPO.
118
Der Streitwert folgt aus § 48 Abs. 1 GKG, § 3 ZPO (Zahlungsantrag: 150.000,00 €, Feststellungsantrag: 50.000,00 € Auskunftsantrag: 40.000,00 € (20% von 150.000,00 € + 50.000,00 €)).