Titel:
Gesundheitsschaden, Erfüllung des Auskunftsanspruchs, Auskunftserteilung, Klagepartei, Elektronisches Dokument, Vorläufige Vollstreckbarkeit, Klageantrag, Gentherapeutika, Nutzen-Risiko-Verhältnis, Pharmazeutische Unternehmer, Elektronischer Rechtsverkehr, Feststellungsantrag, Schmerzensgeldansprüche, Impfstoffe, Arzneimittel für neuartige Therapien, Vorabentscheidungsersuchen, Impfschäden, Festsetzung des Streitwerts, Produzentenhaftung, Kosten des Rechtsstreits
Schlagworte:
Schadensersatzanspruch, Impfstoffhaftung, Nutzen-Risiko-Abwägung, Produzentenhaftung, Instruktionsfehler, Auskunftsanspruch, Feststellungsantrag
Fundstelle:
BeckRS 2025, 12982
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
4. Der Streitwert wird auf 215.000,00 € festgesetzt.
Tatbestand
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Die Parteien streiten über einen Schadensersatzanspruch infolge von Arzneimittelschäden durch den Impfstoff Comirnaty (BNT162b2) gegen das Sars-CoV-2-Virus. Zudem macht die Klägerin diesbezügliche Auskunftsansprüche gegen die Beklagte geltend.
2
Die Klägerin wurde im Jahr 2021 zweimal mit dem Impfstoff Comirnaty, den die Beklagte herstellt und vertreibt, geimpft. Comirnaty ist ein von der EMA (Europäische-Arzneimittel-Agentur) seit dem 21.12.2020 zugelassener Impfstoff gegen das Sars-CoV-2-Virus. Die Beklagte wurde durch die Zulassungsbehörden zur Einreichung von Zwischenberichten, sogenannten Periodic Safety Update Reports (im Folgenden: PSUR), verpflichtet. Diese enthalten eine statistische und epidemiologische Aufbereitung der von der Beklagten erhobenen Daten in einem standardisierten und von den Behörden vorgegebenen Form. Weltweit wurden mit Stand vom 09.01.2025 über 3,5 Milliarden Dosen ausgeliefert und über 2,6 Milliarden Dosen des Impfstoffes verimpft. Die Klägerin klagt über zahlreiche Beschwerden (Lymphdrüsenschwellung, Armhebeschwäche, Schwindel, Kopfschmerzen, Kurzatmigkeit, Müdigkeit, Erschöpfung, Konzentrationsstörungen, eingeschränkte Merkfähigkeit).
3
Die Klägerin behauptet, seit der Impfungen am 03.2021 (nach vorangegangener folgenloser Impfung am 02.2021), mit dem Impfstoff Comirnaty seien bei ihr kausal durch diese verursacht die von ihr beklagten Gesundheitsschäden eingetreten. Die Klägerin trägt vor, die immateriellen Schäden seien darauf zurückzuführen, dass der Impfstoff Comirnaty zu einer Störung der Infernokommunikation führe, welche das menschliche Abwehrsystem in Hinblick auf andere Viren und Eindringlinge irreversibel schädigen würde. Der Beklagten seien die erheblichen Risiken der Impfung bekannt gewesen, sie habe sich trotzdem für einen weiteren Vertrieb entschieden und die Öffentlichkeit nicht über die potenziellen Gesundheitsschäden informiert. Es handele sich bei dem streitgegenständlichen Vakzin schließlich nicht um einen Impfstoff im Sinne des Arzneimittelgesetzes, sondern um ein Gentherapeutikum, welches eine reverse Transkription von mRNA in DNA ermögliche. Die Beklagte habe dabei bewusst und gewollt das Immunsystem der geimpften Personen zerstört, um fremde DNA einbringen zu können.
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Die Kläger ist der Auffassung, ihr stünden Ansprüche gegen die Beklagte auf Zahlung von Schmerzensgeld und Schadensersatz unter anderem aus § 84 Abs. 1 AMG zu. Dem Impfstoff der Beklagten mangele es an einem positiven Nutzen-Risiko-Verhältnis. Im Hinblick auf einen möglichen Anspruch aus § 826 BGB meint sie, dass die besondere Verwerflichkeit des Verhaltens der Beklagtzen darin begründet liege, dass die Beklagte spätestens seit dem 30.04.2021 den Umfang der eintretenden Impfschäden aus der klinischen Studie Phase 3 und sein erhebliches Schadpotential gekannt habe, vor allem in Bezug auf Gefäßentzündungen (Vasculitis) und das Post-Vac-Syndrom. Gleichwohl sei die Gesamtbevölkerung und auch die Klagepartei nicht, wie in § 8 AMG vorgesehen, informiert worden. Eine Information zu den festgestellten Impfschäden habe es nicht gegeben. Ferner meint der Kläger, dass ihm Ansprüche nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 95 AMG oder §§ 223, 224, 226 StGB zustehen würden. Er verweist insofern auf das zu § 826 BGB Ausgeführte.
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Die Schadenshöhe beziffert der Kläger auf mindestens EUR 185.000 immateriellen Schadensersatz.
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Er meint zudem, ihm stehe ein Auskunftsanspruch nach § 84a AMG zu.
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Der Kläger beantragt zuletzt,
- 1.
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die Beklagte zu verurteilen, an die Klagepartei ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld, mindestens jedoch EUR 185.000,00 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.04.2023 zu zahlen.
- 2.
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festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klagepartei sämtliche sonstigen materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, die künftig noch aus der Impfung mit dem Impfstoff der Beklagten resultieren werden und derzeit noch nicht bezifferbar sind, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind oder übergehen werden.
- 3.
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die Beklagte zu verurteilen, an die Klagepartei die Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von EUR 5.081,30 nebst Zinsen in Höhe fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.04.2023 zu zahlen.
- 4.
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die Beklagte zu verurteilen, der Klagepartei die nachfolgend beantragten Auskünfte im Wege der Erfüllung des Auskunftsanspruchs nach § 84 a AMG schriftlich zu Händen ihrer hiesigen Prozessbevollmächtigten zu erteilen und die Vollständigkeit und Richtigkeit dieser Auskunftserteilung, an Eides statt zu versichern. Die entsprechende Auskunft ist von dem vertretungsberechtigten Organ der Beklagten zu erteilen.
a. Auskunft über Art und Schwere der Toxizität der verwendeten Lipidnanopartikel ALC-0159 und ALC-0315 für den Menschen sowie über deren immunologische Auswirkungen auf den menschlichen Organismus.
b. Auskunft über den pharmazeutischen Reinheitsgrad von ALC-0159 und ALC-0315 und darüber, wie diese bestimmt werden und welche Auswirkungen ein abweichender Reinheitsgrad auf die vorstehenden gesundheitlichen Schäden hat.
c. Auskunft darüber, welcher Lieferant für die Lieferung der hier streitgegenständlichen ImpfCharge zuständig war und welche Technologie dieser für die Herstellung nutzte.
d. Auskunft über die Funktion der im SpikeProtein „Wuhan 1“ verbauten Furin-Schnittstelle zur Trennung des S1- Proteins vom S2- Protein und zu den gesundheitlichen Folgen, bezogen auf die streitgegenständlichen Gesundheitsschäden der Klagepartei.
e. Auskunft über den verwendeten P2- Lock und die Auswirkung auf den S1-Teil des SpikeProteins, bezogen auf ein Lösen des S1-Teils und ein Andocken an den menschlichen ACE2-Rezeptor.
f. Auskunft darüber, ob es Biarcore-Messungen (Oberflächenplasmonenresonanzspektroskopie) gibt die belegen, dass das SpikeProtein nicht an den ACE2-Rezeptor andockt.
g. Auskunft zu erteilen, welche Cluster von HIV-Sequenzen und GP- 120 im Spike-Protein verbaut sind und welche Auswirkungen dies auf das Immunsystem der Klagepartei sowie die weiteren gesundheitlichen Schäden hat.
h. Auskunft über die Neuropilin-Schnittstelle im SpikeProtein und darüber, ob das SpikeProtein auch auf Nervenzellen und Gehirnzellen exponiert sowie über die Folgen einer solchen Exposition auf die Nervenzellen, bezogen auf die konkreten gesundheitlichen Schäden der Klagepartei.
i. Auskunft über alle von der Beklagten im Rahmen der Pharmakovigilanz erfassten gesundheitlichen Schäden am Menschen, soweit diese mit den konkreten gesundheitlichen Schäden der Klagepartei übereinstimmen, sowie Vorlage der entsprechenden Auswertungen.
j. Auskunft dazu wie die Beklagte sicherstellte, dass das SpikeProtein im Impfstoff von der Zellwand gehalten werden konnte (Membrananker) und nicht stattdessen frei im Körper verfügbar wurde, sowie Auskunft darüber, ob ein freies, im Blut verfügbares SpikeProtein die konkreten gesundheitlichen Schäden der Klagepartei hätte bewirken können.
k. Auskunft über die Auswertungen und Feststellungen der Beklagten auf den ACE-Rezeptor menschlicher Zellen und der Blockade des Renin-Angiotensin-Aldosteron-System am menschlichen Organismus, bezogen auf die gesundheitlichen Schäden der Klagepartei.
I. Auskunft über die festgestellte Genotoxizität beim Menschen durch den Impfstoff BNT162b2.
m. Auskunft über Unterschiede zwischen der Faltung des Proteins zwischen BNT162b2.8 und BNT162b2.9 und welche der beiden Varianten die Klagepartei verimpft bekommen hat.
n. Auskunft über eigene Feststellungen der Beklagten zur Feststellung von Prof. M. von der T. University of S. zur Verwendung von Plasmid-DNA in dem Impfstoff BNT162b2, insbesondere zum SV40-Promotor/Enhencer, bezogen auf die streitgegenständlichen Schäden. Ergänzend: Seit wann wird der SV40-Promotor/Enhencer von der Beklagten genutzt? Welche Funktion übt die Plasmid-DNA nach der Vorstellung der Beklagten in dem Vakzin aus und welche gesundheitlichen Schäden stellte die Beklagte in „Process 2“ in ihrer Versuchsgruppe fest?
o. Auskunft über die von der Beklagten unternommenen Maßnahmen gegen negative Auswirkungen des Vakzins in Bezug auf die Fruchtbarkeit von geimpften Personen im Hinblick auf die Feststellungen im Abschlussgutachten zur PräKlinik vom 21.01.2021.
p. Auskunft über den Inhalt des Zwischenberichts C4591022 zu Fehl- und Totgeburten (Pflichtbestandteil des EPAR-Riskmanagement der EMA) zur Eruierung des NutzenRisiko-Verhältnisses.
q. Auskunft zu den Maßnahmen die die Beklagte unternahm, nachdem sie gemäß folgender Gutachten (peerreviewed) feststellte, dass ihr Vakzin BNT162b2 die Blockade/Zerstörung des P53- Protein an menschlichen Körperzellen die Krebszellenerkennung verhindert:
- Zeitliche metabolische Reaktion auf mRNA-Impfungen bei Onkologiepatienten, Quelle: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/34463888/
- Koordinierung und Optimierung von FDG-PET/CT und Impfung; Erfahrungen aus der Anfangsphase der Massenimpfung, Quelle: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/34029956/
- Lymphadenopathie nach Impfung: Bericht über zytologische Befunde aus einer Feinnadelaspirationsbiopsie, Quelle: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/34432391/
- Axilläre Lymphadenopathie nach Impfung bei einer Frau mit Brustkrebs, Quelle: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/34940788/ Feinnadelaspiration bei einer impfassoziierten Lymphadenopathie, Quelle: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/34286849/
- Hypermetabolische Lymphadenopathie nach PfizerImpfung, Inzidenz bewertet durch FDG PET-CT und Bedeutung für die Interpretation der Studie, eine Überprüfung von 728 geimpften Patienten, Quelle: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33774684/
- Ergänzung: In welchem Zusammenhang steht diesbezüglich die Zulassung im Jahr 2022 von 23 neuen Krebsmedikamenten des PfizerKonzerns?
r. Auskunft über etwaige Feststellungen zu Oncomiren – d.h. mit Krebs assoziierte miRNA – in dem streitgegenständlichen Impfstoff Comirnaty und welche Feststellungen der Beklagten zu den gesundheitlichen Schäden der Beklagten vorliegen.
s. Auskunft über alle Feststellungen und Rohdaten der Beklagten, nach denen Frauen ein dreifach höheres Risiko besitzen, gesundheitliche Schäden infolge der Impfung mit BNT162b2 zu erleiden (PSUR #1) sowie Auskunft über die Erhöhung des Risikos bei Frauen, bezogen auf die gesundheitlichen Schäden der Klagepartei.
t. Auskunft darüber zu erteilen, ob sich Herr U. S. und sämtliche Mitarbeiter der Beklagten selbst mit Comirnaty haben impfen lassen und falls bejahend, welche Abweichung im Inhalt und in der Produktionsart bei den sog. Mitarbeiterchargen und den Sonderchargen bestand, die u.a. für das Personal der Bundesregierung vorgehalten wurden. Gibt es in der Erfassung gesundheitlicher Schäden Unterschiede zwischen den Mitarbeiterchargen und jenen Chargen, die für die übrige Bevölkerung produziert wurden?
u. Auskunft über das Patent US 2015/0086612 Al und die dortige Feststellung zu erteilen, inwieweit Folgeschäden für die Klagepartei zu erwarten sind. Ergänzend: Welche Änderungen in der Kenntnis liegen der Beklagten vor, die diese Einschätzung zum streitgegenständlichen Vakzin widerlegen?
v. Auskunft über die Gesundheit der Klagepartei zu erteilen, wenn die Kombination von Salzen mit Nanolipiden vorgesehen ist (Patent US 10,485,884 B2)? Welche Erkenntnisse über das Ausflocken von SpikeProteinen liegen der Beklagten vor und welche gesundheitlichen Schäden ließen sich dazu verzeichnen?
w. Auskunft der Beklagten über das SpikeProtein „Wuhan 1“ und die proteinbiochemischen Grundlagen wie:
Verhält sich bspw. ein im Fuß der Klagepartei auf 7 Grad heruntergekühltes Spike-Protein anders als bei 36,6 Grad (Kältedenaturierung)?
x. Auskunft über Art und Häufigkeit fehlgefalteter Proteine und die Prüfung, ob Einschlusskörperchen in den Zellen festgestellten wurden. Falls bejahend, mit welchen gesundheitlichen Folgen?
y. Auskunft über den Einbau von N1- Methylpseudouridin in der rRNA der Ribosomen der Mitochondrien und denen der Zelle, zellulärer mRNA und tRNA zu erteilen. Falls der Einbau bejaht wird: Welche gesundheitlichen Schäden wurden bisher dazu festgestellt?
z. Auskunft über die Feststellungen der Quantifizierung zu erteilen, d.h. wieviel Spike-Protein durch einen Menschen mengenmäßig nach der Verabreichung von Comirnaty tatsächlich produziert wird. Um welchen Faktor erhöht dabei das N1-Methylpseudouridin die Produktion der SpikeProteine im gesamten Körper?
aa. Für den Fall der Bejahung der vorausgegangenen Frage mag die Beklagte dazu Auskunft erteilen wie sie sicherstellte, dass die SpikeProteine bei zu hoher Konzentration nicht thermodynamisch instabil werden (life an the edge of solubility).
bb. Auskunft über konkrete biologische/chemische/und oder physikalische Eigenschaften ihres Produktes zu erteilen, die nach Ansicht der Beklagten zu einem feststellbaren Nutzen führen sollen.
cc. Auskunft über den Verbleibt des N1-Methylpseudouridin als Nukleotid im Körper der Klagepartei zu erteilen, nachdem die modRNA in die menschliche Zelle 132 transfiziert wurde, sowie darüber, ob das N1-Methylpseudouridin in der ribosomalen RNA der Mitochondrien verbaut.
dd. Auskunft über den Herstellungsprozess „Process 2“ zu erteilen und welche konkreten DNA-Verunreinigungen die Beklagte vor der Chargenfreigabe bei den hier streitgegenständlichen Chargen feststellte (Messprotokolle und Sequenzierung für die streitgegenständliche(n) Charge(n)).
ee. Auskunft über die Menge der festgestellten Verunreinigung in Nanogramm an DNA (alle DANN-Schnipsel) zu erteilen, die sich in den streitgegenständlichen Chargen der Klagepartei befanden.
ff. Auskunft über das gesamte Konformitätsverfahren zum Produktionsprozess „Process 2“ zu erteilen und darüber, inwieweit das Produkt und die Qualität des Produkts verändert wurde.
gg. Auskunft über die üblichen Beschreibungen „Integrität, Reinheit und produzierte Wirkstoffinenge“ zu den streitgegenständlichen Chargen zu geben, da Comirnaty im Arzneimittelhandbuch nicht als Arzneimittel aufgenommen wurde und diese Daten daher nicht einsehbar sind.
hh. Auskunft über die Gefahrguteinstufung der Lipide ALC-0315 und ALC-0159 mit der Gefahrenklasse 3 -„gefährlich“ sowie über das Gesamtprodukt Comirnaty mit OEB 5 -„sehr hohes toxisches Potential ab 1 Mikrogramm“ zu erteilen.
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Die Beklagte beantragt,
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Sie behauptet, die Klägerin sei schon vor der Impfung nicht gesund gewesen. Die behaupteten Gesundheitsschädigungen werden ihrem Umfang nach bestritten, hilfsweise jedenfalls in Abrede gestellt, dass sie auf die Impfung zurückzuführen sind.
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Weiter trägt die Beklagte vor, der Impfstoff weise ein durchgehend positives Nutzen-Risiko-Verhältnis auf. Der Nutzen des Impfstoffes überwiege die damit einhergehenden und sich sehr selten verwirklichenden Risiken bzw. Impfnebenwirkungen bei Weitem. Dies stehe im Einklang mit der von der zuständigen Aufsichts- und Zulassungsbehörde ausgesprochenen Marktzulassung für den Impfstoff. Darüber hinaus habe die EMA als zentrale Behörde in der Europäischen Union erst am 30.08.2023 die Sicherheit von Comirnaty noch einmal ausdrücklich bestätigt, als sie der Europäischen Kommission empfohlen habe, den auf die COVID-19-Subvariante Omikron XBB.1.5 angepassten Impfstoff zuzulassen. Dabei habe der CHMP darauf hingewiesen, dass die Behörden seit der ersten Zulassung des Impfstoffes umfangreiche Erkenntnisse über die Sicherheit des Impfstoffs gewonnen hätten, die in der aktuellen Entscheidung berücksichtigt würden. Dieser Empfehlung habe sich die EU-Kommission angeschlossen und den auf die COVID-19Subvariante Omikron XBB.1.5 angepassten Impfstoff am 31.08.2023 zugelassen. Für eine Haftung nach § 823 Abs. 1 BGB fehle es sowohl an einem Kausalzusammenhang als auch an einem Verschulden, da der Impfstoff fortwährend und sorgfältig überwacht worden sei.
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Die Kammer hat den Kläger angehört. Insoweit wird Bezug genommen auf das Protokoll der Sitzung des Gerichts vom 08.01.2025.
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Wegen des weiteren Parteivorbringens im Übrigen wird Bezug genommen auf die gewechselten Schriftsätze.
Entscheidungsgründe
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Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
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Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von immateriellem oder materiellem Schadensersatz aus § 84 Abs. 1 AMG, § 823 Abs. 1 BGB, § 823Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 223, 224, 230 StGB, §§ 5, 95 AMG, § 826 BGB. Deshalb ist auch der mit dem Klageantrag zu 3. verfolgte Feststellungsantrag unzulässig, jedenfalls aber ist er unbegründet. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch gegen die Beklagte auf die Erteilung der von ihr begehrten Auskünfte aus § 84 a AMG.
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Dabei zweifelt die Kammer insbesondere aus dem von ihr von der Klägerin in der Sitzung vom 08.01.2025 gewonnenen Eindruck, nicht daran, dass die Klägerin an den von ihr vorgetragenen Erkrankungen leidet. Die Kammer verkennt auch nicht den zeitlichen Zusammenhang zwischen den Impfungen der Klägerin und dem Auftreten der Erkrankungen.
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1. Ein Schadensersatz- bzw. Schmerzensgeldanspruch folgt nicht aus § 84 Abs. 1 AMG.
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a. Das Arzneimittelgesetz ist grundsätzlich anwendbar. Bei dem Impfstoff Comirnaty handelt es sich um ein Arzneimittel nach § 2 Abs. 1 AMG, denn nach § 4 Abs. 4 AMG sind auch solche Impfstoffe erfasst, die Antigene oder rekombinante Nukleinsäuren enthalten und die dazu bestimmt sind, beim Menschen zur Erzeugung von spezifischen Abwehr- und Schutzstoffen angewendet zu werden und, soweit sie rekombinante Nukleinsäuren enthalten, ausschließlich zur Vorbeugung oder Behandlung von Infektionskrankheiten bestimmt sind. Dabei ist auch nicht § 4 Abs. 9 AMG vorrangig anwendbar. Dieser bezieht sich auf Arzneimittel für neuartige Therapien, Gentherapeutika, somatische Zelltherapeutika oder biotechnologisch bearbeitete Gewebeprodukte nach Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EG) Nr. 1394/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 über Arzneimittel für neuartige Therapien und zur Änderung der RL 2001/83/EG und der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 (ABl. L 324 vom 10.12.2007, S. 121; L 87 vom 31.3.2009, S. 174), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1243 (ABl. L 198 vom 25.07.2019, S. 241) geändert worden ist. In der RL 2009/120/EG der Kommission vom 14.09.2009 steht zudem unter Punkt 2.1, welcher Gentherapeutika legaldefiniert, explizit, dass Impfstoffe gegen Infektionskrankheiten keine Gentherapeutika sind. Der Impfstoff Comirnaty unterfällt mithin unabhängig von seiner genaueren Zusammensetzung nicht dem § 4 Abs. 9 AMG und ist damit über den Verweis des § 4 Abs. 4 AMG Arzneimittel nach § 2 Abs. 1 AMG, sodass der Anwendungsbereich des AMG zunächst eröffnet ist.
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b. Comirnaty ist weiter unstreitig zulassungspflichtig nach § 21 AMG und wurde von der Beklagten im Geltungsbereich des AMG in Verkehr gebracht. Der Kläger wurde weiter auch unstreitig mit dem Impfstoff der Beklagten geimpft.
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c. Die weiteren Voraussetzungen des § 84 Abs. 1 AMG liegen nicht vor.
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aa. Es kann dabei dahinstehen, ob die Klägerin hinreichend dargelegt hat, dass ein kausal durch den Impfstoff verursachter Gesundheitsschaden vorliegt. Der Anspruchssteller muss nämlich dartun, dass eine kausal auf die Impfung zurückzuführende nicht unerhebliche Verletzung des Körpers oder der Gesundheit vorliegt. Die Kammer schließt dabei nicht grundsätzlich aus, dass die Impfung mit Comirnaty zu Nebenwirkungen führen kann.
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bb. Jedenfalls besteht aber bereits deswegen kein Anspruch, weil der Impfstoff kein negatives, sondern ein positives Nutzen-Risikoverhältnis aufweist, § 84 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 AMG. Nach § 84 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AMG haftet der pharmazeutische Unternehmer, wenn das Arzneimittel schädliche Wirkung hat, die über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehen. Damit besteht die Haftung lediglich für Arzneimittel, die ein negatives Nutzen-Risikoverhältnis aufweisen. Die Nutzen-Risiko-Abwägung findet jeweils für die gesamte durch die Indikationsangabe vom pharmazeutischen Unternehmer anvisierte Patientenpopulation statt (LG Mainz, aaO., Rn. 32; LG Mainz, Urt. v. 14.11.2023, Az.: 9 O 37/23, Anlage B12, Bl. 168 ff. Anlagenband BV; LG Kleve Urt. v. 25.1.2023 – 2 O 83/22, BeckRS 2023, 828, Rn. 28 ff.; Brock, a.a.O., Rn. 82) Die Vertretbarkeit des Risikos hängt wiederum davon ab, wie wirksam das Arzneimittel ist, je nach Schwere der zu behandelnden Krankheit, differiert insofern auch die der Nebenwirkungen. Bei Comirnaty besteht ein positives Verhältnis. Dies wurde bereits durch die Erteilung der Zulassung durch die Europäische Kommission nach umfangreicher Prüfung durch die EMA festgestellt. Dies hat die EMA am 30.08.2023 wiederholt nach einer erneuten umfangreichen Prüfung des Impfstoffes bestätigt und der Europäischen Kommission empfohlen, den auf die COVID-19-Subvariante Omikron XBB.1.5 angepassten Comirnaty Impfstoff der Beklagten zuzulassen. Die Zulassungsentscheidung stellt einen hoheitlichen Akt der Europäischen Kommission dar, für welchen der unionsrechtliche Grundsatz der Vermutung der Rechtsmäßigkeit gilt, solange der Rechtsakt selbst nicht zurückgenommen, im Rahmen einer Nichtigkeitsklage für nichtig erklärt oder infolge eines Vorabentscheidungsersuchens oder einer Rechtswidrigkeitseinrede für ungültig erklärt worden ist. Die Zulassung entfaltet mithin Tatbestandswirkung wie ein nationaler Verwaltungsakt im Zivilprozess. Auch überzeugt der Vortrag des Klägers bezüglich des Impfstoffes nicht. Es ist weitestgehend anerkannt, dass Comirnaty vor schweren Verläufen der Corona-Infektion schützt, die vom Kläger vorgetragenen Einzelmeinungen reichen nicht um den diesbezüglich bestehenden wissenschaftlichen Konsens in Frage zu stellen. Nach Angaben des Paul-Ehrlich-Instituts wurden bis zum 31.3.2023 in Deutschland 192.208.062 COVID-19-Impfungen verabreicht, für den Impfstoff Comirnaty kam es dabei zu 206.767 Verdachtsfallmeldungen. Dies stellt bei Comirnaty 1.5 Verdachtsfälle pro 1000 Gesamtimpfungen dar. Auch hieraus ergibt sich mithin die geringe Risikointensität gemessen an dem Nutzen des Wirkstoffes; schließlich konnte durch den Einsatz der Impfung langfristig das Eintreten von Pandemiesituationen verhindert werden.
22
cc. § 84 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 AMG ist ebenfalls nicht erfüllt. Die Haftung nach § 84 Abs. 1 S. 1 AMG besteht nur dann, wenn der Schaden infolge einer nicht den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft entsprechenden Kennzeichnung, Fachinformation oder Gebrauchsinformation eingetreten ist. Auf Grundlage des von dem Kläger Vorgebrachten ist schon nicht ersichtlich, dass die entsprechende Kennzeichnung, Fachinformation oder Gebrauchsinformation unzureichend war. Insbesondere bedarf es zur Aufnahme einer Information einen zumindest ernst zu nehmenden Verdacht, dass zwischen der Arzneimittelanwendung und einer unerwünschten schädlichen Wirkung ein Zusammenhang besteht. Dass dies bezüglich einer der von der Klägerseite vorgebrachten Krankheitsbilder zu bejahen ist, hat diese nicht hinreichend dargelegt. Der klägerische Vortrag, der sich vordergründig auf Verlinkungen stützt, ist, wie oben dargestellt, nicht ausreichend. Die Partei stellt vielmehr Mutmaßungen über einen möglichen Wissensstand der Beklagten an. Insbesondere ergibt sich daraus, dass zwischen der Beklagten und der Europäischen Kommission in den Verträgen über die Lieferung des Impfstoffs ein Haftungsausschluss vereinbart wurde, nicht im Umkehrschluss, dass die Beklagte sogar schon bei Vertragsschluss Kenntnis von einer angeblichen Gefährlichkeit und erheblichen Nebenwirkungen des Impfstoffs hatte. Vielmehr wurde die Vereinbarung geschlossen, da es sich bei dem Impfstoff Comirnaty der Beklagten um einen neuen Wirkstoff handelte und im Zuge der Pandemie ein schnellstmöglicher Einsatz geboten war. Die weitere Forschung des mRNA-Impfstoffes hat allerdings keinerlei Anhaltspunkte dafür gegeben, dass die frühe Zulassung mit dem heutigen Stand der Wissenschaft unvereinbar gewesen wäre. Dies ergibt sich wiederum an der erneuten Empfehlung von Comirnaty durch die EMA. Dies erfolgte auch gerade nicht für jeden Impfstoff, der bei Beginn der Pandemie eingesetzt wurde. So wurden bezüglich des Impfstoffes AstraZeneca erheblich geänderte Gebrauchsinformationen später eingesetzt. Auch hieraus kann geschlossen werden, dass es trotz des Haftungsausschlusses nicht im Interesse der Europäischen Kommission lag, durch eine gezielt fehlerhafte oder unzureichende Kennzeichnung schnellstmöglich gefährliche Arzneimittel zur Bekämpfung der Corona-Pandemie zu vertreiben. An der Richtigkeit der behördlichen Entscheidungen bestehen auch hier insoweit keine Zweifel. Schließlich obliegt die Aufklärung selbst iSd. § 630e BGB dem Behandler und nicht dem Hersteller.
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2. Ein Anspruch folgt auch nicht aus § 823 Abs. 1 BGB. Der Kläger kann der Beklagten nicht nachweisen eine schuldhafte Pflichtverletzung begangen zu haben. Insbesondere hat sie auch keine der Produzentenhaftung innewohnende Verkehrssicherungspflicht durch fehlerhafte Kennzeichnungen im Sinne eines. Instruktionsfehlers zu vertreten. Andere Anknüpfungspunkte für eine Pflichtverletzung sind schon nicht erkennbar.
24
3. Auch soweit der Kläger behauptet, die Beklagte habe vorsätzlich und schuldhaft die Zerstörung der Immunsysteme der Geimpften zumindest billigend in Kauf genommen, so dass sich hieraus eine Haftung aus § 826 BGB bzw. § 823 II BGB i.V.m. §§ 223, 224 und § 226 StGB ergebe, bestehen hierfür keinerlei Anhaltspunkte.
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4. Ein Auskunftsanspruch hinsichtlich der von der Klägerin gestellten Fragen nach § 84a AMG besteht nicht. Nach § 84a Abs. 1 S. 1 AMG kann der Geschädigte von dem pharmazeutischen Unternehmer Auskunft verlangen, sofern Tatsachen vorliegen, die die Annahme begründen, dass ein Arzneimittel den Schaden verursacht hat, es sei denn, dies ist zur Feststellung, ob ein Anspruch auf Schadensersatz nach § 84 AMG besteht, nicht erforderlich. Die Voraussetzung des Auskunftsanspruches Tatsachen darzulegen, die den Schadensersatzanspruch nach § 84 AMG begründen würden, hat der Kläger aber gerade nicht erfüllt.
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Der mit dem Klageantrag zu 2. verfolgte Feststellungsantrag sowie der mit Antrag zu 3. auf Ersatz der vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren sowie die mit dem Klageantrag zu 1. und 3. geltend gemachten Zinsansprüche teilen das rechtliche Schicksal des jeweiligen Hauptanspruchs.
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Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits, § 91 Abs. 1 ZPO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1, 2 ZPO.
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Bei der Festsetzung des Streitwerts hat die Kammer für den Klageantrag 1) 185.000,00 € und für die Anträge 2) und 4) jeweils 15.000,00 € angesetzt.