Inhalt

AG München, Endurteil v. 27.03.2025 – 1293 C 13987/24 WEG
Titel:

Eigentümerbeschluss: Ausreichende Bestimmtheit bei Bezugnahme auf protokollfernes Dokument sowie keine Ermessensreduzierung auf "Null" hinsichtlich der Aufrechterhaltung des derzeitigen Schalldämmmaßes

Normenkette:
WEG § 44 Abs. 1 S. 2, § 45 S. 1
Leitsätze:
Eine mit einer Anfechtungsklage gegen eine positive, wenn auch nach Ansicht des Klägers nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechende Beschlussfassung verbundene Beschlussersetzungsklage ist nicht statthaft. (redaktioneller Leitsatz)
1. Eine Beschlussersetzungsklage kann nicht mit einer einen positiven Beschluss anfechtenden Anfechtungsklage verbunden werden. Sollte ein Beschluss für ungültig erklärt werden, muss zunächst wieder eine Eigentümerversammlung mit der Thematik befasst werden. Anderenfalls könnte man jede Beschlussanfechtungsklage mit einer Beschlussersetzungsklage verbinden, was jedoch nicht Sinn und Zweck von § 44 Abs. 1 S. 2 WEG ist. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
2. Der Bestimmtheitsgrundsatz verbietet es nicht, dass ein Beschluss nur durch ein Dokument, auf das er Bezug nimmt, ausgelegt werden kann. In diesem Fall muss das Dokument, auf das Bezug genommen wird, mit hinreichender Sicherheit bestimmbar sein. Dass das in einem Beschluss in Bezug genommene Dokument dem Versammlungsprotokoll als Anlage beigefügt wird, ist zwar wünschenswert, aber nicht zwingend erforderlich (ebenso BGH BeckRS 2016, 11504). (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)
3. Das Ermessen der Wohnungseigentümer bei der Auswahl von zu treffenden Maßnahmen bezüglich einer Wohnungstür ist nicht auf "Null" reduziert, wenn nur die kostenintensivere Maßnahme das derzeitige Schalldämmmaß der Wohnungstür gewährleistet. Damit kann auch die Wahl des kostengünstigeren Alternativangebotes, welches das derzeitige Schalldämmmaß nicht ausdrücklich garantiert, der ordnungsmäßigen Verwaltung entsprechen. (Rn. 18 und 31) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Wohnungseigentümergemeinschaft, Beschlussersetzungsklage, Beschlussanfechtungsklage, Bestimmtheit des Eigentümerbeschlusses, Ermessensausübung der Wohnungseigentümer, Schallschutz, Schalldämmmaß, Wohnungseingangstür, Ermessensreduzierung auf "Null"
Fundstellen:
ZMR 2025, 553
BeckRS 2025, 12709
LSK 2025, 12709

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist in Ziff. 2. vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
4. Der Streitwert wird auf 4.700,91 € festgesetzt.

Tatbestand

1
Gegenstand der Klage sind die Anfechtung des zu TOP 11 der Eigentümerversammlung vom 10.11.2023 gefassten Beschlusses der beklagten Wohnungseigentümergemeinschaft sowie Anträge auf Beschlussersetzung.
2
Der Kläger ist als Inhaber von insgesamt 1.073,1/10.000stel Miteigentumsanteilen am Gemeinschaftseigentum verbunden mit dem Sondereigentum an diversen Einheiten und Tiefgaragenstellplätzen Mitglied der Beklagten.
3
In der Eigentümerversammlung vom 10.11.2023 wurde unter TOP 11 folgender – zwischenzeitlich auch vollzogener – Beschluss gefasst:
„Die Wohnungseigentümergemeinschaft beschließt, die Verwaltung zu bevollmächtigen die … auf Grundlage des vorliegenden Kostenangebots, mit der Erneuerung Wohnungseingangstür, zu Kosten von brutto € 2.124,75 zzgl. 15% Risikozuschlag, zu beauftragen. Die Finanzierung der Maßnahme erfolgt vollständig aus der Erhaltungsrücklage, entsprechend dem in der Gemeinschaftsordnung sanktionierten Verteilungsschlüssel.“
4
Bei der Tür handelt es sich um die im Gemeinschaftseigentum stehende, instandsetzungsbedürftige Eingangstür der im Sondereigentum des Klägers stehenden Wohnung C 18 im 1. OG des Hauses ….
5
Der Verwalter der Beklagten hatte vor der streitgegenständlichen Eigentümerversammlung zwei Vergleichsangebote eingeholt, nämlich das Angebot der … vom 31.03.2023 (Anlage K 12) sowie das Angebot der … vom 26.06.2023 (Anlage K 2).
6
Der Kläger rügt, die Beauftragung der … entspreche nicht ordnungsmäßiger Verwaltung. Zum einen sei der Beschlusswortlaut nicht hinreichend bestimmt, da aus ihm nicht hervorgehe, auf welche Wohnung sich der Beschluss beziehe. Zum anderen hätte es einzig und allein ordnungsmäßiger Verwaltung entsprochen, das Alternativangebot der … zu beauftragen, weil das kostengünstigere Angebot der … zwar eine Erneuerung der Wohnungseingangstür beinhalte, die neu einzubauende Wohnungseingangstür aber – wie aus dem im Angebot der … enthaltenen Warnhinweis „Schallschutz nicht 100-prozentig gegeben!“ folge – von geringerer Art und Güte sei als die derzeitige Tür mit einem Schalldämmmaß von mindestens 40 dB. Bei Beauftragung des Alternativangebots … bleibe dagegen der derzeit vorhandene Schallschutz vollständig gewahrt, wie der dortige Hinweis im Angebot „Schallschutzklasse III“, was einem Schalldämmmaß von 42 dB entspräche, verdeutliche. Das Angebot der … welches die Lieferung und Montage einer weiß lackierten neuen Wohnungseingangstür vorsehe, würde dazu führen, dass die neu „in Weißlack“ lackierte Tür hinsichtlich des Farbtons nicht zu dem Farbton der übrigen Wohnungseingangstüren passen und ein nicht unbeträchtlicher optischer Unterschied entstehen werde.
7
Mit Schriftsatz vom 24.04.2024 rügt der Kläger, die zwischenzeitlich gelieferte Wohnungseingangstür sei breiter als die bisherige Tür, so dass sich nun innerhalb der Türnische auf beiden Seiten neben der Zargenwange eine offene Fuge von etwa 2 × 27 cm ergebe, welche unfachgemäß mit hellgrauen Mörtel verschlossen, und der Mörtel in den dunkelgrauen Textilbelag des Fußbodens hineingeschmiert worden sei. Dies führe zu einem optischen Mangel und zur Bildung von Körper- und Luftschallbrücken. Da die neue Wohnungseingangstür im Gegensatz zur alten nicht über eine umlaufende Lippendichtung verfüge, ergebe sich eine verschlechterte Schalldämmung. Außerdem sei eine zu breite Zarge verwendet worden, weshalb sich auf der Wohnungsseite eine umlaufende Lücke von etwa 50 mm ergebe, in die – ungleichmäßig – schwarzer Schaumstoff gestopft worden sei. Dies stelle nicht nur aus optischen Gründen, sondern auch aus bauphysikalisch-schalltechnischen Gründen eine mangelhafte Ausführung dar. Sofern das als Anlage K 2 vorgelegte Alternativangebot der … vom 26.06.2023 gar nicht die Erneuerung der Wohnungseingangstür beinhalte, sei der Beschluss schon deswegen für ungültig zu erklären, weil in diesem Fall gar kein Vergleichsangebot vorgelegen hätte.
8
Mit Schriftsatz vom 13.02.2025 rügt der Kläger, es widerspreche ordnungsmäßiger Verwaltung, ein Angebot zu beauftragen, in welchem der Auftragnehmer selbst darauf hinweise, dass die Schallschutzanforderungen nicht eingehalten würden. Als Mindestanforderung hätte daher der Verwalter vor der Beschlussfassung über die Auftragsvergabe ermitteln müssen, was der Hinweis „Schallschutz nicht 100-prozentig gegeben!“ genau bedeute, insbesondere, ob die technischen Vorgaben der DIN 4109 erfüllt seien, und ob die Tür den Vorgaben einer der dort geregelten Schallschutzklassen I – III gerecht werde. Schließlich stelle es eine unangemessene Benachteiligung des Klägers dar, bei seiner Wohnungseingangstür ein für die gesamte Wohnanlage geltendes Qualitätsmerkmal, nämlich ein bestimmtes Schalldämmmaß der Wohnungseingangstüren, nicht aufrechtzuerhalten, sondern dieses allein beim Kläger durch Einbau einer neuen Tür mit geringerem Schalldämmmaß herabzusetzen.
9
Der Kläger beantragt zuletzt:
1. Der in der Eigentümerversammlung der Beklagten vom 10.11.2023 zu TOP 11 gefasste Beschluss 12.2023 wird für ungültig erklärt.
2. Es ist beschlossen: Die Verwaltung wird bevollmächtigt, die … auf Grundlage von deren Angebot vom 26.06.2023 mit den dort angebotenen Reparatur- und Erneuerungsarbeiten an der Wohnungseingangstür der Wohneinheit C18 zu Kosten von brutto/€ 3.397,45 zu beauftragen. Die Finanzierung der Maßnahme erfolgt aus der Erhaltungsrücklage, die Kostenverteilung erfolgt nach Miteigentumsanteilen.
Hilfsantrag:
Es ist beschlossen: Die Wohnungseingangstür der Wohneinheit C 18 im ersten OG des Hauses … wird fachgerecht instandgesetzt oder erforderlichenfalls durch eine neue Wohnungseingangstür gleicher Art und Güte ersetzt. Die Verwaltung wird beauftragt, diesbezüglich drei Vergleichsangebote einzuholen und den Wohnungseigentümern zur Beschlussfassung über die Auftragsvergabe vorzulegen. Die Finanzierung der Maßnahme erfolgt aus der Erhaltungsrücklage, die Kostenverteilung erfolgt nach Miteigentumsanteilen.
10
Die Beklagte beantragt:
Die Klage wird abgewiesen.
11
Die Beklagte bestreitet, dass die von der … angebotene Wohnungseingangstür minderwertiger sei als die von der … angebotene Wohnungseingangstür, insbesondere einen unzureichenden Schallschutz aufweise und hinsichtlich des Farbtons nicht zu dem Farbton der übrigen Wohnungseingangstüren passen würde, sodass ein nicht unbeträchtlicher optischer Unterschied entstehen würde.
12
Sie ist der Ansicht, der zu TOP 11 gefasste Beschluss sei nicht zu beanstanden, insbesondere hinreichend bestimmt. Die Wohnungseigentümer hätten in ordnungsgemäßer Art und Weise von dem ihr zustehenden weiten Ermessensspielraum Gebrauch gemacht. Das mit Anlage K 2 vorgelegte Angebot der … vom 26.06.2023 beinhalte nicht die Erneuerung der Wohnungseingangstür im Bereich der klägerischen Wohnung.
13
Die Beschlussersetzungsklage gehe sowohl im Haupt- als auch im Hilfsantrag allein ins Leere, weil es den Beschluss zu TOP 11 der ETV vom 10.11.2023 gäbe.
14
Zur Ergänzung des Tatbestands wird im übrigen Bezug genommen auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der öffentlichen Sitzung vom 20.02.2025. Beweis wurde nicht erhoben.

Entscheidungsgründe

I.
15
Die Beschlussersetzungsklage ist unzulässig, die Beschlussanfechtungsklage unbegründet.
16
1. Das Amtsgericht München ist örtlich und sachlich ausschließlich zuständig, §§ 43 Nr. 4 WEG, 23 Nr. 2 c GVG.
17
2. Die Beschlussersetzungsklage ist sowohl im Hauptals auch im Hilfsantrag nicht statthaft und damit unzulässig.
18
a) Entgegen der Ansicht der Beklagten scheitert die Beschlussersetzungsklage im Hauptantrag zwar nicht bereits daran, dass das Ermessen der Wohnungseigentümer nicht in dem Sinn auf „Null“ reduziert ist, dass nur ein Beschluss mit dem in dem Klageantrag konkret formulierten Inhalt ordnungsmäßiger Verwaltung entspräche. Vielmehr wird, sofern der klagende Wohnungseigentümer einen Anspruch auf eine Beschlussfassung hat und den Wohnungseigentümern bei der Auswahl der zu treffenden Maßnahmen – wie dies regelmäßig etwa bei der Instandhaltung des Gemeinschaftseigentums der Fall ist (vgl. BGH BGHZ 222, 187 = NJW 2019, 3780 Rn. 15) – ein Gestaltungsspielraum verbleibt, bei der Beschlussersetzungsklage das den Wohnungseigentümern zustehende Ermessen durch das Gericht ausgeübt. Prozessual wird der gerichtlichen Ermessensausübung dadurch Rechnung getragen, dass – anders als nach der allgemeinen Vorschrift des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO – die Angabe des Rechtsschutzziels genügt (vgl. BGH NJW 2013, 2271 Rn. 23). An den Wortlaut eines konkreten Klageantrags ist das Gericht daher nicht gebunden und abweichend von diesem ermächtigt, diejenigen Maßnahmen anzuordnen, die nach billigem Ermessen notwendig sind, um dem Rechtsschutzziel des klagenden Eigentümers zu entsprechen (vgl. Jennißen/Suilmann WEG, 7. Aufl., WEG § 44 Rn. 134).
19
B) Gem. § 44 Abs. 1 Satz 2 WEG kann das Gericht – sofern eine notwendige Beschlussfassung unterbleibt – auf Klage eines Wohnungseigentümers den Beschluss fassen (Beschlussersetzungsklage). Eine Klage nach § 44 Abs. 1 Satz 2 WEG ist damit nur dann statthaft, wenn es nicht zu einem Beschluss kommt, dieser aber notwendig ist. Nur dann bedarf es einer Klage, einen Beschluss subsidiär durch das Gericht fassen zu lassen und nur diesen Fall betrifft die in § 44 Abs. 1 Satz 2 WEG geregelte, im Wesentlichen dem § 21 Abs. 8 WEG aF entsprechende Beschlussersetzungsklage (vgl. Hügel/Elzer, 4. Aufl. 2025, WEG § 44 Rn. 186, beck-online).
20
Nicht statthaft ist dagegen eine mit einer Anfechtungsklage gegen eine positive, wenn auch nach Ansicht des Klägers nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechende Beschlussanfechtungsklage verbundene Beschlussersetzungsklage. Wie die Beklagte insoweit zutreffend ausführt, müsste, selbst wenn der angefochtene Beschluss zu TOP 11 der Eigentümerversammlung vom 10.11.2023 für ungültig erklärt würde, zunächst wieder die Eigentümerversammlung mit dieser Thematik befasst werden. Anderenfalls könnte man jede Beschlussanfechtungsklage mit einer Beschlussersetzungsklage verbinden, was jedoch nicht Sinn und Zweck von § 44 Abs. 1 S. 2 WEG ist. Eine Beschlussersetzungsklage im Sinne von § 44 Abs. 1 S. 2 WEG ist vielmehr nur dann statthaft, wenn eine Beschlussfassung gänzlich unterbleibt, und nicht, wenn eine ggf. fehlerhafte Beschlussfassung erfolgt. Wollte man dies anders sehen, würde dies i. ü. auch zu einer Unterlaufung des Vorbefassungsgebots führen.
21
3. Die Beschlussanfechtungsklage ist unbegründet, da der angegriffene Beschluss zu TOP 11 weder nichtig ist, noch aus den innerhalb der materiellen Ausschlussfrist des § 45 Satz 1 WEG vorgetragenen Gründen ordnungsgemäßer Verwaltung widerspricht .
22
a) Der Beschluss ist hinreichend bestimmt. Zur Nichtigkeit führt die Unbestimmtheit eines Beschlusses ohnehin grundsätzlich nur dann, wenn der Beschluss eine durchführbare Regelung überhaupt nicht erkennen lässt (vgl. Merle/Bärmann WEG 14. Auflage 2018, § 23 Rz 163). Andernfalls führt mangelnde inhaltliche Klarheit allenfalls zur Anfechtbarkeit des Beschlusses.
23
Ist der Inhalt eines Beschlusses nicht klar bestimmt, so ist er durch Auslegung zu ermitteln. Beschlüsse einer Wohnungseigentümergemeinschaft sind, da sie auch einen etwaigen Sonderrechtsnachfolger binden sollen, nach den für eine Grundbucheintragung geltenden Regeln objektiv-normativ auszulegen. Maßgebend ist dabei der sich aus dem Protokoll der Eigentümerversammlung ergebende Wortlaut des Beschlusses und der Sinn, wie er sich aus unbefangener Sicht als nächstliegende Bedeutung des Wortlauts ergibt; Umstände außerhalb der Eintragung dürfen nur herangezogen werden, wenn sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalls für jedermann ohne weiteres erkennbar sind (vgl. Spielbauer/Then, WEG, 3. Auflage 2017, § 10 Randziffer 32 m.w.N.). Auf die subjektiven Vorstellungen der an der Abstimmung beteiligten Personen kommt es nicht an. Im Hinblick auf die Geltung von Beschlüssen für Sondernachfolger können bei der Auslegung nur solche Umstände Berücksichtigung finden, die für jedermann ohne weiteres erkennbar sind und sich insbesondere aus der Versammlungsniederschrift ergeben.
24
Zwar bemängelt der Kläger zunächst im Ansatz zurecht, dass aus dem Beschlusswortlaut selbst nicht hervorgeht, auf welche Wohnung er sich bezieht, denn der Beschlusstext selbst enthält überhaupt keine Wohnungsbezeichnung. Auch in Zusammenschau mit der Beschlussüberschrift „Antragsstellung des Eigentümers der WE 218 über die Erneuerung der Wohnungseingangstür, ggf. Beschlussfassung und Klärung der Finanzierung; Anlage IX & X“ ergibt sich keine hinreichende Klarheit, da es sich bei der Bezeichnung „WE 218“ unstreitig lediglich um eine interne Bezeichnung des Verwalters handelt, und es weder in der Teilungserklärung, im Aufteilungsplan noch Grundbuch eine Wohnung „WE 218“ gibt.
25
Hinreichende Bestimmtheit erlangt der angegriffene Beschluss entgegen der Ansicht des Klägers jedoch durch die Inbezugnahme des Angebots der … „zu Kosten von brutto € 2.124,75“. Der Bestimmtheitsgrundsatz verbietet es nicht, dass ein Beschluss nur durch ein Dokument, auf das er Bezug nimmt, ausgelegt werden kann. In diesem Fall muss das Dokument, auf das Bezug genommen wird, mit hinreichender Sicherheit bestimmbar sein (vgl. Hügel/Elzer, 4. Aufl. 2025, WEG § 23 Rn. 143, beck-online, m. w. N.). Dass das in einem Beschluss in Bezug genommene Dokument dem Versammlungsprotokoll als Anlage beigefügt wird, ist zwar wünschenswert, aber nicht zwingend erforderlich. Unter Hinzuziehung des im Beschluss in Bezug genommenen Angebots der … in Höhe von brutto € 2.124,75 (Anlage K 12), das sich eindeutig auf die Wohnungseingangstür der „… I. OG WE C18“ bezieht, ist der Beschluss hinreichend bestimmt. Dass in dem Beschluss das in Bezug genommene Angebot ohne Datum und Angebotsnummer bezeichnet ist, ist im Hinblick auf die centgenaue Angabe des Angebotsbetrags unschädlich. Dass für die streitgegenständliche Tür mehrere Angebote der … mit identischer Auftragssumme existieren, behauptet der Kläger nicht.
26
b) Auch i. ü. widerspricht der Beschluss nicht ordnungsgemäßer Verwaltung. Unter einer ordnungsgemäßen Verwaltung ist eine Verwaltung zu verstehen, die den Vereinbarungen und Beschlüssen und, soweit solche nicht bestehen, unter Berücksichtigung der Beschaffenheit des gemeinschaftlichen Eigentums, dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen entspricht. Ob ein Eigentümerbeschluss danach ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht, ist im Einzelfall unter Abwägung der für und gegen den Eigentümerbeschluss sprechenden Umstände zu entscheiden, wobei im Vordergrund das Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer und nicht nur einzelner zu stehen hat. Eine Verwaltungsmaßnahme liegt dann im Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer, wenn sie bei objektiv vernünftiger Betrachtung unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls nützlich ist. Um dies festzustellen, müssen im konkreten Fall der mit der Maßnahme verbundene Nutzen und die mit der Maßnahme verbundenen Risiken gegeneinander abgewogen werden. Für die Ordnungsmäßigkeit spielen daher die konkrete Situation der Gemeinschaft und deren finanzielle Leistungsfähigkeit eine Rolle. (vgl. Spielbauer/Then, WEG, 3. Auflage 2017 § 21 Rdnr. 23 m.w.N.).
27
Die Wohnungseigentümergemeinschaft hat bei der Beschlussfassung über Verwaltungsmaßnahmen als Ausfluss der Privatautonomie einen Ermessensspielraum, der einer Überprüfung durch das Gericht weitgehend entzogen ist. Hinzunehmen sind vom Gericht dabei alle vertretbaren Mehrheitsentscheidungen, da es nicht darauf ankommt, ob eine Regelung in jeder Hinsicht notwendig und zweckmäßig ist. Auch besteht kein Anspruch auf die bestmögliche Lösung. Kommen im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung mehrere Möglichkeiten in Betracht, besteht ein Auswahlermessen (vgl. Spielbauer/Then, a.a.O.).
28
Im Kern geht es beim Ermessen darum, dass die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer bei der Aufgabenerfüllung und Regelung der Verwaltung und Benutzung Spielräume haben muss, in denen die Gerichte nicht kleinlich nach der aus ihrer Sicht „besseren Lösung“ suchen dürfen, sondern bei denen jede aus Sicht der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen „vertretbare“ Lösung in Form einer verfahrensfehlerfrei zustande gekommenen Mehrheitsentscheidung Bestand haben soll. Es geht im Kern also um ein in der demokratischen Mehrheitsentscheidung wurzelndes Selbstorganisationsrecht als Ausfluss der Privatautonomie; die Gerichte sind auch deswegen gerade nicht zur kleinlichen Gängelung berufen. Missfällt dem einzelnen Wohnungseigentümer eine von der Mehrheit gefundene „vertretbare“ Lösung, kann er folglich oft nicht dagegen angehen, sondern hat damit zu leben; dies ist letztlich der „Preis“ des Eintritts in eine Gemeinschaft, in der das Gesetz die Möglichkeit für Mehrheitsentscheidungen ausdrücklich anerkennt. Dass das aus Sicht des einzelnen Wohnungseigentümers bisweilen problematisch ist und Gemeinschaften durch ihre „eigene indivision forcée eine Quelle fortwährender Streitigkeiten“ eröffnen mögen, ist hinzunehmen. Wer damit nicht leben kann, sollte ein freistehendes Einfamilienhaus mit parkähnlichem Außenbereich erwerben, wird aber in Ansehung seiner Persönlichkeitsstruktur sicher auch bald dort Mittel und Wege finden, es sich immerhin mit seinen Nachbarn zu verscherzen (vgl. Bärmann/Dötsch, 15. Aufl. 2023, WEG § 18 Rn. 66).
29
Die Ermessensausübung der Wohnungseigentümer ist einer gerichtlichen Regelung weitgehend entzogen (BGH NZM 1998, 955 (956); OLG Frankfurt a. M. NZM 2009, 440). Ausgeübtes Ermessen ist nur hinsichtlich seiner Voraussetzungen und Grenzen nachprüfbar. Insbesondere ist zu fragen, ob die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer wesentliche Gesichtspunkte außer Acht gelassen, sich zu den Denkgesetzen in Widerspruch gesetzt oder sonst von ihrem Ermessen einen dem Sinn und Zweck des Gesetzes widersprechenden Gebrauch gemacht hat. Ein richterlicher Eingriff kommt nur dann in Betracht, wenn außergewöhnliche Umstände ein Festhalten an einem Beschluss oder einer Vereinbarung als grob unbillig und damit als gegen Treu und Glauben verstoßend erscheinen lassen (vgl. BeckOK WEG/Elzer, 51. Ed. 1.1.2023, WEG § 18 Rn. 53m. w. N.).
30
Soweit Ermessen eingeräumt ist, muss die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer alle für und gegen eine Maßnahme sprechenden Umstände abwägen. Hat eine ordnungsmäßige Abwägung stattgefunden, ist jede vertretbare Entscheidung hinzunehmen (OLG Düsseldorf NZM 1999, 766; WE 1991, 251). Es kommt für die Vertretbarkeit nicht darauf an, dass eine Regelung, ggf. aus Sicht einer Minderheit, in jeder Hinsicht notwendig und zweckmäßig ist (OLG Hamburg WE 1993, 87); stets können mehrere Maßnahmen ermessensfehlerfrei sein. Sind mehrere Entscheidungen möglich und vertretbar, kann die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer frei wählen, für welche sie sich entscheidet (BayObLG NJW-RR 2004, 1378; OLG Saarbrücken WE 1998, 69 (71)). Sie muss weder die Maßnahme, die am leichtesten umsetzbar ist, noch die kostengünstigste wählen (BayObLG NZM 2004, 746; BeckRS 2003, 8688; OLG Düsseldorf NZM 1999, 766).
31
(1) Soweit der Kläger rügt, es hätte einzig und allein ordnungsmäßiger Verwaltung entsprochen, das Alternativangebot der … zu beauftragen, weil das kostengünstigere Angebot der … zwar eine Erneuerung der Wohnungseingangstür beinhalte, die neu einzubauende Wohnungseingangstür aber – wie aus dem im Angebot der … enthaltenen Warnhinweis „Schallschutz nicht 100-prozentig gegeben!“ folge – von geringerer Art und Güte sei als die derzeitige Tür mit einem Schalldämmmaß von mindestens 40 dB, während bei Beauftragung des Alternativangebots Ramelmeier der derzeit vorhandene Schallschutz vollständig gewahrt bleibe, liegt eine Ermessensreduzierung auf Null nicht vor. I. ü. verkennt der Kläger, dass aus dem Hinweis „Schallschutz nicht 100-prozentig gegeben!“ keineswegs folgt, dass die beauftragte Tür den geltenden Schallschutzanforderungen nicht genügt, sondern nur, dass die Tür nicht zu 100 % schalldicht ist. I. ü. ist auch weder dargetan noch ersichtlich, woraus sich ein Anspruch des Klägers auf Einhaltung eines Schalldämmmaßes von mindestens 40 dB ergeben sollte, insbesondere ergibt sich ein derartiger Anspruch nicht bereits allein daraus, dass die alte Tür ein Schalldämmmaß von 40 dB aufgewiesen hat.
32
(3) Soweit der Kläger rügt, das Angebot der … welches die Lieferung und Montage einer weiß lackierten neue Wohnungseingangstür vorsieht, würde dazu führen, dass die neu „in Weißlack“ lackierte Tür hinsichtlich des Farbtons nicht zu dem Farbton der übrigen Wohnungseingangstüren passen und ein nicht unbeträchtlicher optischer Unterschied entstehen werde, handelt es sich nicht um eine substantiierte Beschlussmängelrüge, sondern um eine bloße Vermutung.
33
(4) Die erstmals mit Schriftsatz vom 24.04.2024 erhobenen Rügen, die neu gelieferte Wohnungseingangstür sei breiter als die bisherige Tür, so dass sich nun innerhalb der Türnische auf beiden Seiten neben der Zargenwange eine offene Fuge von etwa 2 × 27 cm ergebe, welche unfachgemäß mit hellgrauen Mörtel verschlossen und der Mörtel in den dunkelgrauen Textilbelag des Fußbodens hineingeschmiert worden sei, was zu einem optischen Mangel und zur Bildung von Körper- und Luftschallbrücken führe, die neue Wohnungseingangstür verfüge im Gegensatz zur alten nicht über eine umlaufende Lippendichtung, so dass sich eine verschlechterte Schalldämmung ergebe, außerdem sei eine zu breite Zarge verwendet worden, weshalb sich auf der Wohnungsseite eine umlaufende Lücke von etwa 50 mm ergebe, in die – ungleichmäßig – schwarzer Schaumstoff gestopft worden sei, was nicht nur aus optischen Gründen, sondern auch aus bauphysikalisch-schalltechnischen Gründen eine mangelhafte Ausführung darstelle, betreffen diese Rügen nicht die Angebotsbeauftragung und damit die ordnungsgemäße Beschlussfassung, sondern gegebenenfalls einen nicht ordnungsgemäßen Beschlussvollzug. I. ü. erfolgte der diesbezügliche Vortrag erst nach Ablauf der materiellen Ausschlussfristen des § 45 Satz 1 WEG und ist daher vor Gericht nicht mehr zu berücksichtigen.
34
(5) Letzteres gilt auch für die weitere Rüge, wonach für den Fall, dass das klägerseits als Anlage K 2 vorgelegte Alternativangebot der … vom 26.06.2023 gar nicht die Erneuerung der streitgegenständlichen Wohnungseingangstür beträfe, der Beschluss bereits mangels Vorliegens von Vergleichsangeboten für ungültig zu erklären sei. Im Übrigen ist bei Beauftragung einer Maßnahme mit einem Auftragsvolumen von weniger als EUR 3.000,00 wie sie der Beschlussfassung zu TOP 11 zugrunde liegt, die Einholung von Vergleichsangeboten nicht erforderlich.
35
(6) Verspätet und damit nicht mehr zu berücksichtigen ist auch die erstmals mit Schriftsatz vom 13.02.2025 und auf die Geltendmachung einer unzureichenden Tatsachengrundlage zielende Rüge, der Verwalter habe vor der Beschlussfassung über die Auftragsvergabe ermitteln müssen, was der Hinweis „Schallschutz nicht 100-prozentig gegeben!“ genau bedeute, insbesondere, ob die technischen Vorgaben der DIN 4109 erfüllt seien, und ob die Tür den Vorgaben einer der dort geregelten Schallschutzklassen I – III gerecht werde, ferner die Rüge der unangemessenen Benachteiligung des Klägers.
II.
36
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 49 GKG. Der angefochtene Beschluss zu TOP 11 betrifft die Beauftragung einer Erhaltungsmaßnahme mit Kosten von EUR 2.124,75 zzgl. 15 % Risikozuschlag, die Beschlussersetzungsanträge die Beauftragung einer Erhaltungsmaßnahme mit Kosten von EUR 3.397,45. Es errechnet sich somit ein Gesamtinteresse in Höhe von EUR 5.840,91. Da der siebeneinhalbfache Wert des klägerischen Interesses (EUR 5.840,91 x 1.073 : 10.000 × 7,5) mit EUR 4.700,91 unter dem Gesamtinteresse liegt, war der Streitwert vorliegend auf EUR 4.700,91 festzusetzen.