Inhalt

OLG Nürnberg, Endurteil v. 21.01.2025 – 3 U 1380/24
Titel:

Erforderliche Vorlauftemperatur bei Fernwärmebezug

Normenketten:
BGB § 133, § 157
AVBFernwärmeV § 30
Leitsätze:
1. Der Anschlussnehmer eines Fernwärmenetzes hat einen Anspruch darauf, dass der Werbeträger eine Vorlauftemperatur aufweist, die für eine übliche Trinkwassererwärmung einschließlich der Verhinderung eines Legionellenwachstums erforderlich ist. (Rn. 16)
2. Ist im Wärmelieferungsvertrag eine Vorlauftemperatur im Primärkreislauf von ca. 75 °C festgelegt, darf der Anschlussnehmer sich darauf verlassen, dass die mehrseitige Vorlauftemperatur auch bei Berücksichtigung der technischen unvermeidbaren Schwankungen 70 °C nicht unterschreitet. (Rn. 29)
3. Der vertragliche Anspruch auf Einhaltung der zugesagten Primärkreis-Wassertemperatur wird nicht dadurch berührt oder undurchsetzbar, dass Beheizungsdefizite auch auf einem ungewöhnlichen Anschluss des Pufferspeichers beruhen, für den die Anschlussnehmer verantwortlich sind, solange nicht angenommen werden kann, auch eine Einhaltung der Temperatur würde die Beheizungssituation nicht nennenswert verbessern. (Rn. 46)
Schlagworte:
Fernwärme, Vorlauftemperatur, Wärmelieferungsvertrag, Legionellen
Vorinstanz:
LG Regensburg, Endurteil vom 21.06.2024 – 64 O 1502/23
Fundstelle:
BeckRS 2025, 12695

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des Landgerichts Regensburg vom 21. Juni 2024, Az. 64 O 1502/23, abgeändert und wie folgt gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt,
die Belieferung der Kläger mit Wärmeenergie in der Weise zu bewirken, dass die primärseitige Heizwasservorlauftemperatur 70 °C nicht unterschreitet, Zug um Zug gegen
a) Zahlung von 5.642,00 € und b) Durchführung der erforderlichen Maßnahmen, dass die sekundärseitige Heizwasserrücklauftemperatur dauerhaft eine Temperatur von 50 °C nicht überschreitet, und die Klage im Übrigen abgewiesen
II. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 1) und der Kläger zu 2) je 1/6 und die Beklagte 2/3.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird für beide Instanzen auf 7.500,00 € festgesetzt.

Entscheidungsgründe

I.
1
Die Parteien streiten darum, welche Verpflichtungen sich für sie aus einem Wärmeversorgungsvertrag ergeben.
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Die Kläger sind Eigentümer und Bewohner des im Baugebiet „...“ gelegenen Wohnanwesens ... in R. Die Beklagte ist in diesem Gebiet als Nahwärmeversorgerin für 62 Einheiten aktiv. Zwischen den Parteien besteht ein Wärmeversorgungsvertrag vom 6. April/8. Mai 2011, welcher bis mindestens 7. Januar 2031 läuft. In dem Vertrag ist unter § 2.3 zunächst vereinbart, dass Heizwasser als Wärmeträger dient. Weiter heißt es in dem Abschnitt, eingeleitet durch die Worte „folgende technischen Parameter der Wärmelieferung durch die Biomasseanlage werden vereinbart:“, „vom AN [die Beklagte] einzuhalten: Heizwasser-Vorlauftemperatur primärseitig ca. 75 °C…“ und „ vom AG [die Kläger] einzuhalten: Heizwasser Rücklauftemperatur sekundärseitig: max. 50 °C“; die Eintragungen zu den Temperaturen sind jeweils ab dem Doppelpunkt fett gedruckt. Die im Objekt der Kläger verbaute Anlage arbeitet dabei so, dass im Sekundärkreis das Rücklaufwasser aus dem Pufferspeicher zunächst durch einen Wärmetauscher läuft, der von einer auf dem Gebäudedach befindlichen Solarthermieanlage gespeist wird, und anschließend einen weiteren Wärmetauscher durchläuft, der vom Nahwärmenetz gespeist wird. Dazu, welche Sachen Teil des im Eigentum der Beklagten stehenden Versorgungsnetzes sind, finden sich im Vertragstext sowie der Anlage 2, die ein Bestandteil des Vertrags bildet, Regelungen bzw. eine grafische Darstellung.
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Die Kläger bemängeln Störungen und Unzulänglichkeiten der Wärmeversorgung, insbesondere eine zu niedrige Heizwasser-Vorlauftemperatur, die sie mit einem Defekt der Übergabestation und der Solarthermieanlage erklären. Mit E-Mail vom 19. Juli 2022 hat die Beklagte auf ausstehende Restbeträge für die Schlussrechnungen seit den Jahren 2014 sowie die offenen Abschläge i.H.v. 115,00 € bzw. 120,00 € monatlich seit Januar 2022 hingewiesen. Mit Schreiben vom 18. August 2022 erklärte die ... GmbH die Kündigung des Wärmeversorgungsvertrags; die Kläger forderten daraufhin unter dem 28. September 2022 sowie letztmalig unter dem 13. Juli 2023 die Beklagte sowie die ... GmbH auf, Heizwasser mit der im Vertrag genannten Vorlauftemperatur zu liefern.
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Mit der vorliegenden Klage begehren die Kläger die Verurteilung dazu, ihnen gem. § 2, 2.3 des Wärmeversorgungsvertrags Heizwasser mit einer Vorlauftemperatur primärseitig von ca. 75 °C zu liefern und vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten i.H.v. 859,18 € nebst Zinsen ab Rechtshängigkeit zu erstatten. Ihr Anwesen werde nicht ausreichend mit Wärme versorgt, weil zum einen die Sonnenkollektoranlage defekt sei und zum anderen das aus dem Nahwärmenetz kommende Heizwasser eine zu niedrige Temperatur aufweise; Grund hierfür sei, dass ihr Objekt am Ende des Kreislaufs liege. Dem Zahlungsverlangen der Beklagten halten sie entgegen, dass sie Zahlungen nur schulden, soweit die Beklagte ihre Leistung erbracht habe. Der beklagtenseits geforderte Zug-um-Zug-Vorbehalt sei sinnlos, weil die Leistungen nicht nachholbar seien. Die Beklagte sieht die Verantwortlichkeit bei den Klägern; kein anderer Kunde beklage derartige Probleme. Die angegebene Temperatur von ca. 75 °C beziehe sich nur auf den Ausgang aus der Biomasseanlage und nicht auf die solarthermische Anlage. Die Kläger hätten daher auch die geforderten Beträge nachzuzahlen, was ein Zurückbehaltungsrecht begründe.
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Das Landgericht hat nach Einholung eines Sachverständigengutachtens und zweier Ergänzungsgutachten sowie deren mündlicher Erläuterung den Klageanträgen vollumfänglich entsprochen. Der geltend gemachte Anspruch ergebe sich aus den entsprechenden Regelungen im Wärmeversorgungsvertrag. Der Umstand, dass dort lediglich eine ca.-Angabe enthalten ist, erlaube dem Sachverständigen zufolge die Berücksichtigung technischer Gesichtspunkte und bedeute eine Spanne zwischen 70 °C und 78/79 °C. Den Feststellungen des Sachverständigen nach betrage die Heizwasser-Vorlauftemperatur aber teilweise nur 66 °C. Der Umstand, dass eine Ursache für die niedrigen Temperaturen im Heizkreis im Gebäude in der Art und Weise des Anschlusses des Sekundärkreises an den Wärmetauscher zu sehen ist, sei unerheblich. Unerheblich sei auch die ausgesprochene Kündigung, da der Vertrag fortgeführt worden sei. Das Begehren der Kläger sei auch nicht treuwidrig. Da die Beklagte die von ihr geschuldete Leistung nicht ordnungsgemäß erbracht habe, schuldeten die Kläger keine Zahlungen.
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Mit ihrer Berufung erstrebt die Beklagte weiter eine vollständige Abweisung der Klage. Das Landgericht habe nicht beachtet, dass die Beklagte nur die Lieferung einer bestimmten Wärmemenge, nicht von Heißwasser, schulde; es habe die Beklagte damit zu einer keinesfalls geschuldeten Leistung verurteilt. Die Beklagte erinnert daran, dass der Sachverständige auf Nachfrage erklärt hat, dass eine Vorlauftemperatur auf Primärseite von 70 °C ausreichend sei, um sekundärseitig eine Temperatur von 67 °C zu erzielen. Ihm zufolge liege zudem das Hauptproblem für die zu niedrigen Temperaturen im Anwesen der Kläger in der hydraulischen Schaltung, die dem Verantwortungsbereich der Kläger zuzuordnen sei. Entgegen der Annahme des Landgerichts habe der Sachverständige nicht festgestellt, dass ein zu geringer Differenzdruck Ursache der Probleme sei. Im Übrigen werde von den Klägern die mit max. 50 °C vorgegebene Rücklauftemperatur auf der Sekundärseite deutlich überschritten, was ein entsprechendes Zurückbehaltungsrecht der Beklagten begründe. Die ständigen Zahlungskürzungen durch die Kläger habe die Beklagte und das von ihr bevollmächtigte Unternehmen berechtigt, die Leistungen einzustellen; sie schuldeten Maßnahmen nur Zug um Zug gegen Ausgleich der zu Unrecht einbehaltenen Beträge.
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Die Beklagte beantragt,
Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des Landgerichts Regensburg vom 21.06.2024, Az.: 64 O 1502/23, aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Hilfsweise:
In Abänderung des Endurteils des Landgerichts Regensburg vom 21.06.2024, Az.: 64 O 1502/23, wird die Beklagte verurteilt, den Klägern gemäß § 2.3 des Wärmeversorgungsvertrages vom 06.04.2011/08.05.2011 eine „Heizwasservorlauftemperatur primärseitig von ca. 75° C“ Zug um Zug gegen Nachzahlung der rückständigen Zahlungseinbehalte auf die Schlussabrechnungen/Abschlagszahlungen für die Wirtschaftsjahre 2014 bis derzeit September 2024 vorgenommenen Einbehalte bis dahin in Höhe von insgesamt € 5.264,00 und einer von den Klägern gemäß § 2.3 des Wärmeversorgungsvertrages vom 06.04.2011/08.05.2011 einzuhaltenden „Heizwasserrücklauftemperatur sekundärseitig: max. 50° C“ bereitzustellen.
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Die Kläger beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
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Sie verteidigen die angefochtene Entscheidung. Die Kürzung der Rechnungen sei berechtigterweise erfolgt; hierzu haben sie auf Störungen im Jahr 2023 und zuletzt am 4. Dezember 2024 verwiesen.
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Der Senat hat schriftliche Hinweise zur Rechtslage erteilt und mit den Parteien mündlich verhandelt. Der Beklagten wurde Frist zur Stellungnahme auf neues tatsächliches Vorbringen im klägerseitigen Schriftsatz vom 2. Dezember 2024 gewährt, wovon sie unter dem 19. Dezember 2024 Gebrauch gemacht hat. Im Übrigen wird zur Darstellung des Sachverhalts sowie des tatsächlichen und rechtlichen Vorbringens der Parteien auf den Tatbestand der angegriffenen Entscheidung sowie den gesamten Akteninhalt, insbesondere die ausgetauschten Schriftsätze samt Anlagen, Bezug genommen.
II.
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Die zulässige Berufung der Beklagten hat teilweise Erfolg.
12
1. Das Landgericht hat die Beklagte in der Sache zutreffend dazu verurteilt, bei der Wärmelieferung eine „Heizwasservorlauftemperatur primärseitig von ca. 75 °C“ einzuhalten.
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a) Die angegriffene Entscheidung war nicht schon deshalb aufzuheben und die Klage abzuweisen, weil der Klageantrag auf die Lieferung i.S.v. Überlassung und Übereignung von Heizwasser mit einer bestimmten Vorlauftemperatur gerichtet ist und damit eine Leistung fordert, die die Beklagte unter keinem Gesichtspunkt schuldet.
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Richtig ist zwar, dass die Beklagte nach dem die Parteien verbindenden Wärmeversorgungsvertrag nur Wärmeenergie zur Verfügung zu stellen hat. Als Wärmeträger dient dabei aber, wie aus § 2.3 des Wärmeversorgungsvertrags hervorgeht, Heizwasser. Dieses verbleibt nicht bei den einzelnen Anschlussnehmern wie den Klägern, sondern zirkuliert lediglich im Primärkreislauf, verlässt also die einzelnen Objekte wieder (über die Rücklaufleitung).
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Auch der so beschriebene Vorgang lässt sich schon sprachlich noch als Belieferung mit Heizwasser begreifen, weil der Begriff „Heizwasser“ impliziert, dass es nicht auf das Wasser, sondern die darin gespeicherte Energie ankommt, und diese den Gegenstand der Lieferung bildet. Letzte Gewissheit darüber, dass die Kläger keine Belieferung i.S.v. dauerhafter Überlassung verlangen wollten, liefert der Umstand, dass im Klageantrag auch auf „§ 2, 2.3 des Wärmeversorgungsvertrags…“ Bezug genommen wird, was zeigt, dass es ihnen lediglich um einen einzelnen Aspekt der dort vorgesehenen Belieferung mit Wärme ging, nicht aber darum, eine qualitativ ganz andere Leistung zu erwirken.
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b) Auf eine Vorlauftemperatur des Wärmeträgers, die für eine übliche Trinkwassererwärmung erforderlich ist, haben die Kläger unabhängig von der noch zu erörternden Frage, wie der Vertrag auszulegen ist, einen Anspruch aufgrund interessengerechter Auslegung des Wärmelieferungsvertrags (§§ 133, 157 BGB).
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aa) Die Beklagte schuldet nach § 2.1 die Versorgung des klägerischen Anwesens mit Wärmeenergie zum Heizen und zur Trinkwassererwärmung; hiermit korrespondiert nach § 3.1 eine Verpflichtung der Kläger, den definierten Wärmebedarf ausschließlich durch Bezug von der Beklagten zu decken. Die Kläger müssen daher in der Lage sein, aufgrund der ihnen zur Verfügung gestellten technischen Anlagen und der durch das Netz zugeführten Wärmeenergie ihr Trinkwasser angemessen zu erhitzen. Dies ergibt sich jedenfalls aus der Verpflichtung einer Vertragspartei, die versprochenen Leistungen nach Treu und Glauben zu bewirken (§ 241 Abs. 1, § 242 BGB); bei jedem anderen Verständnis wäre die Erreichung des Vertragszwecks nicht sichergestellt.
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bb) Nach den Ausführungen des Sachverständigen sehen die technischen Regeln eine Mindesttemperatur von 60 °C vor, um nicht nur den Komfortbedürfnissen der Bewohner beim Baden, Duschen, Abwaschen etc. zu entsprechen, sondern auch einem Legionellenwachstum entgegenwirken zu können. Um diese Temperatur zu erreichen, bedürfe es einer Vorlauftemperatur im Primärkreis von über 60 °C, „vermutlich 65 °C bis70 °C“.
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Es ist für den Senat in jeder Hinsicht nachvollziehbar, dass der Wärmetauscher primärseitig mit einer Temperatur gespeist werden muss, die mindestens 5 °C über der sekundärseitigen Zieltemperatur liegt, weil sich bei dem Energieaustauschvorgang das höhere Niveau des Primärkreis-Vorlaufs aufgrund der Trägheit des Systems und der naturgemäß eintretenden Abkühlung des Primärkreises nicht vollständig erzielen lässt. Erst recht gilt dies, wenn man berücksichtigt, dass – wie es auch üblich sein dürfte – das Trinkwasser durch den Pufferspeicher erwärmt wird und damit erst noch ein weiterer Wärmeaustauschvorgang stattfindet.
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Nach Treu und Glauben ist die Leistungszusage der Beklagten dahingehend zu verstehen, dass nicht nur eine Erwärmung von Trinkwasser auf das in Haushalten übliche Maß möglich sein soll, sondern auch in dem Umfang, wie dies technischerseits von den maßgeblichen Fachkreisen zur Vermeidung von Gesundheitsgefahren für erforderlich gehalten wird. Diese Einschätzung ist gerade in dem vom Sachverständigen auszugsweise mitgeteilten DCGW-Arbeitsblatt W 551, welches als technische Norm die allgemeinen Regeln der Technik wiedergibt, dargestellt. Die Kläger dürfen damit rechnen, dass sie bei Anschluss an das Nahwärmenetz mit einer üblichen hausinternen Anlage diesen Anforderungen entsprechen können, und hierzu die Beklagte Wärmeenergie durch zirkulierendes Heizwasser einer entsprechenden Temperatur liefert.
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cc) Der Senat hält an diesen Überlegungen, die er bereits in seinem Hinweis mitgeteilt hat, trotz der zuletzt erfolgten Einwände der Beklagten fest.
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Richtig ist zwar, dass der Sachverständige weder experimentell noch durch Berechnungen exakt ermittelt hat, welche Primär-Vorlauftemperatur für die erforderliche Erwärmung auf 60 °C erforderlich ist. Die Verwendung des Konjunktivs durch den Sachverständigen ist aber offensichtlich nur dem Umstand geschuldet, dass der Sachverständige sich nicht sicher war, wie die in der Systembeschreibung, auf die sich die Kläger bezogen haben, genannte Temperatur von 50 °C zu verstehen ist. Er hat daher die Frage alternativ für zwei Messorte – Ausgang der Heizzentrale oder Eingang in den Wärmetauscher in den einzelnen Anwesen – beantwortet.
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Ebenso ist richtig, dass diese Ausführungen des Sachverständigen auf die Frage erfolgten, ob die (aus einem von den Klägern vorgelegten Papier, dessen Authentizität die Beklagte nicht anerkennt, entnommene) Regelungs-/Betriebsweise, mit einer Vorlauftemperatur von 50 °C zu arbeiten, zwangsläufig zu einer ungenügenden Wärmeversorgung führt, wenn nicht auch die Solaranlage funktioniert (1. Ergänzungsgutachten S. 3, EA Bl. 93). Der Sachverständige hat aber angefügt, dass die Solaranlage konzeptmäßig als Ergänzung der Wärmeversorgung des Nachnahmenetzes zu sehen ist, indem sie entweder dem Pufferspeicher im Haus laden kann oder Wärme in das Nahwärmenetz einspeisen kann. Funktioniert die Solaranlage nicht, hat das aber keinen Einfluss auf die Temperatur im Nahwärmenetz; zudem müsse die Wärmeversorgung durch eine ausreichende Vorlauftemperatur im Nahwärmenetz – ergänze: stets – sichergestellt sein, weil die Solaranlage auch bei bewölktem Himmel oder nachts funktionslos ist (1. Ergänzungsgutachten S. 5 und S. 6, EA Bl. 95, 96), also kein Beitrag zur Erwärmung der einzelnen Objekte liefern kann.
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Der Senat zieht für seine Erwägungen letztlich lediglich die Aussage des Sachverständigen heran, dass die maßgeblichen technischen Richtlinien verlangen, dass Trinkwasser auf 60 °C aufgewärmt werden kann, und hierzu technischerseits eine um mehrere Grad höhere Vorlauftemperatur im Primärkreis erforderlich ist. Die erstgenannte Aussage ist von der einleitenden Fragestellung unabhängig. Für die anschließende Folgerung gilt dasselbe; sie entspricht im Übrigen grundlegenden physikalischen Gegebenheiten, die dem Senat bekannt sind.
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c) Weitergehend können die Kläger auch verlangen, dass die vertragsmäßig geschuldete Belieferung mit Wärmeenergie aus dem Nahwärmenetz der Beklagten mit einer Vorlauftemperatur im Primärkreislauf von ca. 75 °C erfolgt. Dies ergibt sich im Wege der Auslegung des Wärmeversorgungsvertrags zwischen den Streitparteien.
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aa) In § 2.3 des Wärmeversorgungsvertrags zwischen den Parteien ist angegeben, dass die Anschlussleistung in (der nicht lesbar zur Akte gelangten) Anlage 6 festgelegt wird und zudem – in fetter Schrift – „Heizwasser Vorlauftemperatur primärseitig: ca. 75 °C“.
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Diese Eintragung ist nach dem Maßstab des objektiven Empfängerhorizonts (§§ 133, 157 BGB) dahin zu verstehen, dass die Beklagte die versprochene Energielieferung – die den dortigen Angaben zufolge unter Nutzung einer Biomasseanlage mit einer Gesamtleistung von thermisch ca. 490 kWh erfolgte und sich auf eine Anschlussleistung entsprechend der Anlage 6 zu diesem Vertrag bezieht – in der Weise bewirken soll und muss, dass sich die Heizwasservorlauftemperatur primärseitig auf ca. 75 °C beläuft. Sie definiert somit die von der Beklagten geschuldete Leistung insoweit, als eine Modalität der Leistung näher festgelegt wird.
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Der Senat kann sich auch nicht der Deutung der Beklagten anschließen, die genannte Angabe beziehe sich lediglich auf die Temperatur des Wärmeträgers beim Verlassen des Heizhauses. Hierfür sprechen keine positiven Anhaltspunkte. Die nachfolgende Angabe zur maximalen Rücklauftemperatur im Sekundärkreis bezieht sich klar auf die Situation im Bereich der Übergabestation/des Wärmetauschers. Die Festlegung der primärseitigen Vorlauftemperatur findet sich auch nach der Festlegung der Anschlussleistung des Einzelobjekts und nicht in unmittelbarem Anschluss an die Regelung zur Gesamtleistung.
29
Die einzelnen Nutzer dürfen daher – unter Berücksichtigung der aus technischen Gründen nicht vermeidbaren Schwankungen – damit rechnen, dass das zur Beheizung ihren Anlagen über das Nahwärmenetz zugeführte Wasser die genannte Temperatur aufweist. Sie dürfen ihre Hausanlage so konzipieren und betreiben, dass bei einer solchen Vorlauftemperatur eine ausreichende Beheizung erreicht wird.
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Auch wenn die genannte primärseitige Heizwasservorlauftemperatur damit als technischer Parameter begriffen werden kann, ist er für die wechselseitigen Rechte und Pflichten von erheblicher Bedeutung. Insbesondere sind die Anschlussnehmer einerseits verpflichtet, mit einer entsprechenden Vorlauftemperatur zu rechnen und die heiztechnischen Anlagen in ihrer Sphäre entsprechend auszurichten, andererseits auch berechtigt, auf einer entsprechenden Vorlauftemperatur zu bestehen, insbesondere, weil sie ihre Anlagen entsprechend ausgerichtet haben.
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bb) Dafür, dass die Parteien des Vertrags der Angabe eine Wichtigkeit und damit Verbindlichkeit beigemessen haben, spricht neben dieser Interessenlage auch der Umstand, dass die Eintragungen in Fettdruck erfolgt sind. In dieser Weise werden regelmäßig nur besonders wichtige Teile hervorgehoben. Dasselbe ist daraus zu folgern, dass diese Angaben im eigentlichen Vertragstext und nicht, wie bei vergleichbaren Verträgen oftmals üblich, in technischen Anhängen o.Ä. gemacht werden.
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Darauf, von wem die Eintragungen stammen und wer das Vertragsmuster entworfen hat, kommt es damit nicht mehr entscheidend an. Sofern, was naheliegt, die Beklagte entsprechende Vertragsurkunden standardmäßig ihren Kunden vorgelegt hat, würden diese Allgemeine Geschäftsbedingungen i.S.d. §§ 305 ff. BGB (AGB) darstellen, was bedeuten würde, dass den Klägern zusätzlich die Unklarheitenregelung zugute käme.
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cc) Der Sachverständige hat auf Nachfrage in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht geäußert, dass nach seinem fachlichen Verständnis die Festsetzung mit ca. 75 °C ausdrücken soll, dass sich die Heizwassertemperatur im Primärkreis innerhalb einer Spanne bewegen darf, die sich zwischen 70 °C und 78/79 °C bewegt. Er hat hierbei darauf verwiesen, dass regelungstechnisch stets eine gewisse Bandbreite erforderlich ist, weil sich die Temperatur nur wellenförmig schwankend einstellen und erreichen lässt.
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Dieses technisch bedingte Verständnis der ca-Angabe ist auch in rechtlicher Hinsicht als der von den Parteien gewollte Vertragsinhalt zu begreifen. Es spricht alles dafür, dass den Parteien bzw. derjenigen Partei, die die entsprechende Eintragung veranlasst hat, bewusst war, dass sich die Vorlauftemperatur des Heizmediums nicht permanent gradgenau steuern lässt und daher gewisse Schwankungen praktisch nicht vermeidbar sind.
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Die vom Sachverständigen angesetzte Bandbreite von ca. +/- 5 °C erscheint dabei nicht nur technisch zwingend, sondern entspricht auch dem Verständnis eines Laien, der mit einer solchen Angabe konfrontiert wird.
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dd) Nach den Feststellungen des Sachverständigen wird die Vorlauftemperatur im Primärkreis – d.h. die Temperatur des Wassers, wie es aus dem Nahwärmenetz der Beklagten durch den Wärmetauscher im Haus der Kläger strömt – von 75 °C nicht durchgängig eingehalten.
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Die vom Sachverständigen vorgenommenen Messungen im Zeitraum vom 2. bis 7. Februar 2024 ergaben, dass sich die Vorlauftemperatur im Nahwärmenetz zwischen 66 °C und 76 °C bewegte. Er hat dabei bereits die unter 66 °C liegenden Messungen ausgeblendet, weil diese auf mangelnden Durchfluss infolge fehlender Wärmeanforderung zurückgingen. Im 2. Ergänzungsgutachten hat er zwar den Einwand der Beklagten bestätigt, dass die bei seinen Messungen gewonnenen Werte aufgrund der Platzierung der Messgeräte außen an der Oberfläche der Rohrleitungen nicht vollständig mit der Temperatur des Heizwassers gleichgesetzt werden können, und ein Temperaturgefälle von ca. 1 °C zu berücksichtigen ist. Er hat aber – rechnerisch richtig – gleichwohl ausgeführt, dass auch die Oberflächentemperaturen von 66 °C bedeuten, dass die Temperatur des Heizwassers von 75 °C nicht permanent gegeben ist.
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Selbst wenn man mithin berücksichtigt, dass eine Temperatur von 70 °C noch als vertragsgemäß anzusehen ist, weil dies die Schwankungsbreite darstellt, und die gemessenen Werte von 66 °C bedeuten, dass die Heizwassertemperatur im Rohr bei etwa 67 °C lag, ergibt sich eine relevante Differenz zwischen dem geschuldeten und dem tatsächlich gegebenen Zustand.
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ee) Darauf, dass der Sachverständige nicht festgestellt hat, dass die Beklagte eine zu niedrige Wärmemenge einspeise und die Kläger keine nach §§ 30 ff. AVBFernwärmeV beachtlichen Einwendungen gegen die Abrechnungen vorgebracht haben, kommt es wiederum nicht an. Nach dem vom Senat für zutreffend gehaltenen Verständnis kommt es nicht nur auf die Lieferung von Wärme als solche, sondern auch die dabei erzielte Einspeisungstemperatur an. Wenn nämlich die Beklagte über den Tag verteilt „ausreichend“ Energie, d.h. Wärmemenge liefert, kann es mangels ausreichender Temperaturdifferenz und ungünstiger zeitlicher Verteilung gleichwohl zu dem von den Klägern beklagten Phänomen kommen, dass am Morgen bei den Klägern eine Aufheizung nicht innerhalb angemessener Zeit erfolgen kann.
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ff) Dafür, dass die primärseitige Vorlauftemperatur teils deutlich unter 70 °C liegt, ist auch die Beklagte rechtlich verantwortlich.
41
Nach den Ausführungen des Sachverständigen ist eine zeitweilige Unterversorgung des Anwesens der Kläger aus technischer Sicht zu erwarten, weil im Netz der Beklagten keine Wärmemengenbegrenzer eingebaut sind, die sicherstellen würden, dass auch dann, wenn andere, näher an der Heizzentrale liegende Objekte dem Netzwerk größere Mengen an Warmwasser entnehmen, beim Objekt der Kläger noch ein ausreichender Durchfluss heißen Wassers herrscht.
42
Dem Sachverständigen ist uneingeschränkt darin zu folgen, dass der Betreiber eines Nahwärmeversorgungsnetzes durch entsprechende technische Einrichtungen (Ventile, Durchflussmengenbegrenzer) und/oder eine geeignete Steuerung (Pumpendruck) dafür Sorge zu tragen hat, dass auch in Hochlastsituationen alle angeschlossenen Objekte ausreichend mit Wärme versorgt werden. Aus dem entsprechenden technischen Erfordernis ergibt sich auch eine rechtliche Verpflichtung.
43
Aufgrund des Umstands, dass das Anwesen der Kläger das letzte Objekt in der Kette bildet, kann es vorkommen, dass für sie keine ausreichende Menge übrig bleibt (was zugleich erklärt, aber es auch unerheblich macht, dass andere Anwesen keine derartigen Phänomene beschrieben haben). Um solche Situationen zu vermeiden, sind bei der Konzeption eines solchen Nahwärmenetzes die entsprechenden Berechnungen vorzunehmen und die danach erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen (hydraulischer Abgleich). Diese Zusammenhänge und Erfordernisse sind allgemein bekannt und können daher als Regeln der Technik erwartet werden, auch wenn es keine gesetzlichen oder technischen Normen gibt, die dies explizit vorgeben. Es ist Teil der Vertragsplicht der Beklagten, die Kläger im zugesagten Umfang mit Wärmeenergie zu versorgen, durch einen geeigneten Aufbau und/oder Betrieb des Versorgungsnetzes sicherzustellen, dass es auch bei der ungünstigen Lage des Objekts innerhalb des Netzes stets zu einer ausreichenden Versorgung kommt.
44
Damit ist im einzelnen unerheblich, dass der Sachverständige mehrere Möglichkeiten aufgezeigt hat, um die Situation zugunsten der Kläger zu verbessern. Die Ursache liegt in der Sphäre der Beklagten; es ist lediglich in ihre Wahl gestellt, welche der geeigneten Maßnahme sie ergreift (wobei sie möglicherweise einem Wirtschaftlichkeitsgebot unterliegt, weil sie die Kosten umgelegt). Dafür, dass die Kläger in irgendeiner Weise dazu beigetragen haben, dass ihr Objekt unzureichend versorgt wird, ist demgegenüber nichts ersichtlich.
45
Nur ergänzend – weil dies im Berufungsverfahren nicht mehr thematisiert wurde – merkt der Senat an, dass die Beklagte auch dann verantwortlich wäre, wenn die Temperaturschwankungen auf Schwankungen im Brennwert der verfeuerten Hackschnitzel zurückzuführen wären. Die Beklagte hat durch Wahl geeigneter Primärenergieträger sicherzustellen, dass in der Heizanlage ausreichende Wärme erzeugt wird.
46
gg) Der vertragliche Anspruch der Kläger auf Einhaltung der zugesagten Primärkreis-Wassertemperatur wird nicht dadurch berührt oder undurchsetzbar, dass nach den Ausführungen des Sachverständigen die klägerseits gerügten Defizite bei der Beheizung ihrer Räume auf die Art und Weise des Anschlusses des Pufferspeichers an die beiden Wärmetauscher zurückzuführen sind, für welche sie (was noch auszuführen sein wird) verantwortlich sind.
47
Die Kläger handeln insbesondere nicht rechtsmissbräuchlich oder treuwidrig (§ 242 BGB), weil sie eine Leistung fordern würden, ohne dass sie hiervon spürbare Vorteile hätten. Ein rechtsmissbräuchliches Vorgehen wäre ihnen nur dann vorzuwerfen, wenn davon ausgegangen werden müsste, dass auch eine Erhöhung der primärseitigen Vorlauftemperatur auf 75 °C nicht zu einer nennenswerten Verbesserung der Beheizungssituation führen würde (weil nämlich die beschriebene hydraulische Situation die Erhöhung der Eingangstemperatur vollständig egalisieren wurde). Eine solche Situation ist aber nach den Feststellungen des Sachverständigen nicht gegeben.
48
In seinem 2. Ergänzungsgutachten vom 28. März 2024 gelangt der Sachverständige zwar zu der Einschätzung, dass selbst bei einer Primär-Vorlauftemperatur von 75 °C im morgendlichen Arbeitsbetrieb nicht zu vermeiden wäre, dass im Sekundärkreis eine Vorlauftemperatur von 60 °C unterschritten wird. Aus der nachfolgenden Erwägung, dass bei durchgehend höheren Temperaturen im Primärkreis sich das Temperaturniveau im Sekundärkreis etwa im gleichen Verhältnis erhöhen würde, folgt aber, dass sich eine Erhöhung der Temperatur des zuströmenden Heizwassers unmittelbar in einer Erhöhung des Wärmeträgers im Sekundärkreis niederschlägt. Dies deckt sich mit der anderweitig vom Sachverständigen getroffenen Aussage, dass das Ausmaß der Erwärmung des Wassers im Sekundärkreislauf von der Temperaturdifferenz am jeweiligen Wärmetauscher abhängt. Diese Überlegungen kann der Senat ohne weiteres nachvollziehen. Sie bedeuten, dass bei einer entsprechend höheren primärseitigen Vorlauftemperatur die Erwärmung je Durchlaufvorgang höher ausfällt und daher der Aufheizprozess insgesamt schneller abläuft (mag er auch immer noch darunter leiden, dass wegen der Anschlusssituation die Aufwärmung langsamer vonstattengeht als bei einer anderen Anschlusssituation). Eine gewisse Verbesserung für das Objekt der Kläger wäre daher zu erwarten. Jedenfalls kann dies nicht ausgeschlossen werden; da die Beklagte für eine entsprechende Situation darlegungs- und beweisbelastet wäre, kann ein solcher Fall nicht zugrunde gelegt werden.
49
d) Die vertragliche Verpflichtung aus dem Wärmeversorgungsvertrag vom 6. April/8. Mai 2011 besteht auch noch fort. Zu der ausgesprochenen Kündigung durch die ... GmbH haben die Parteien nur wenig vorgetragen, sodass der Senat bereits deren Wirksamkeit nicht abschließend beurteilen kann. Jedenfalls leitet keine der Parteien hieraus ab, dass eine Belieferungspflicht von vornherein nicht mehr gegeben wäre. Insbesondere werden auch die Erwägungen des Landgerichts, dass die Wärmelieferung jedenfalls von den Parteien fortgesetzt wurde, von der Berufungsbegründung der Beklagten nicht angegriffen. Aufgrund der Privatautonomie ist es den Parteien jederzeit möglich, einvernehmlich einen an sich durch Kündigung einseitig beendeten Vertrag zu den bestehenden Konditionen fortzuführen.
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e) Der Senat hat die Verurteilung der Beklagten lediglich anders formuliert, um auszuschließen, dass der Urteilstenor dahingehend missverstanden wird, die Beklagte schulde die Lieferung von Heizwasser. Dem Umstand, dass das Heizwasser lediglich als Wärmeträger dient und daher nicht dauerhaft bei den Klägern verbleibt, sondern nach durchlaufen des Wärmetauschers zurückfließt und insoweit stets nur im Netz der Beklagten zirkuliert, trägt die vom Senat gewählte Formulierung besser Rechnung. Eine Abweichung in der Sache ist damit nicht verbunden.
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2. Die Berufung der Beklagten hat aber insoweit Erfolg, als ihr ein Zurückbehaltungsrecht wegen der ausstehenden Zahlungen und ein solches wegen der Betriebsweise der Anlage im Objekt der Kläger, die zu einer Überschreitung der maximal zulässigen Rücklauftemperatur im Sekundärkreis führt, zusteht.
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a) Die Beklagte ist berechtigt, für die Zukunft ihre Leistung ganz oder teilweise zu verweigern, solange die Kläger selbst sich nicht in jeder Hinsicht vertragstreu verhalten. Der Einwand der Kläger, die Wärmelieferung sei nicht nachvollziehbar, geht insoweit ins Leere.
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b) Die Kläger haben bereits nicht in der verfahrensrechtlich zu fordernden Weise schlüssig und substantiiert dargelegt, dass sie die beklagtenseits in Rechnung gestellten Beträge nicht schulden. Jedenfalls hat die Beklagte in dem Schriftsatz, der ihr nachzulassen war (§ 283 ZPO), die maßgeblichen Behauptungen umfassend und sogar substantiiert bestritten, sodass sie nicht zugrunde gelegt werden können.
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aa) Die Beklagte hat zuletzt mit der Berufungsbegründung eine Aufstellung vorgelegt, aus der sich hinreichend detailliert ergibt, welche Forderungen sie als unerfüllt ansieht. Insbesondere wird klar, welche Schlussrechnungen und Abschläge für welche Zeiträume betroffen sind und wie sie die Zahlungseingänge der Kläger verrechnet hat. Die Kläger haben nicht in Abrede gestellt, dass sie nur Zahlungen in dem beklagtenseits zugestanden Umfange geleistet haben, entsprechende Forderungen also – ihr Bestehen unterstellt – offen sind.
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bb) Nach nochmaliger Prüfung der Rechtslage und der sich daraus ergebenden Darlegungs- und Beweislast kommt der Senat zum Ergebnis, dass die in § 30 AVBFernwärmeV enthaltene Grundwertung, nach der Einwände gegen Rechnungen und Abschlagsberechnungen zum Zahlungsaufschub oder zur Zahlungsverweigerung nur dann berechtigen, wenn sich aus den Umständen ergibt, dass offensichtliche Fehler vorliegen, in der vorliegenden Konstellation entsprechend heranzuziehen ist. Diese Wertung kann der Senat für den vorliegenden Fall heranziehen, weil die Parteien in § 2.1 des Wärmeversorgungsvertrags die AVBFernwärmeV einbezogen haben.
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Der Regelungszweck des § 30 AVBFernwärmeV, die Liquidität des Versorgungsunternehmens sicherzustellen, indem nur qualifizierte Einwendungen des Kunden dessen Zahlungspflicht entfallen lassen, besteht zwar in der vorliegenden Konstellation, in der das Versorgungsunternehmen die ausstehenden Forderungen für ein Zurückbehaltungsrecht heranzieht, nur eingeschränkt. Jedoch kommt es der Liquiditätssituation des Versorgungsunternehmens auch dann zugute, sich nicht mit Einwendungen befassen zu müssen, wenn es nicht unmittelbar Zahlung vom Kunden begehrt, sondern ein Zurückbehaltungsrecht geltend macht. Auch in diesem Fall wird nämlich Druck auf die Kunden ausgeübt, ihre Verpflichtungen aus Abrechnungen und Abschlagsforderungen zu erfüllen, was die Liquidität des Versorgungsunternehmens verbessert. Jedenfalls müsste entsprechend herangezogen werden, dass auf Messungen beruhenden Abrechnungen eine gewisse Richtigkeitsvermutung zukommt und der Kunde zumindest aufzeigen muss, an welcher Stelle und in welcher Hinsicht Fehler gegeben seien.
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Die Beklagte beruft sich auf entsprechende Abrechnungen bzw. Abschlagsanforderungen. Es obläge daher den Klägern zumindest, aufzuzeigen, welche Mengen an Wärme abweichend von den Ansätzen der Beklagten tatsächlich geliefert worden seien.
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Entsprechenden Vortrag haben sie aber nicht gehalten. Dies gilt insbesondere auch für die mit Schriftsatz vom 9. Dezember 2024 vorgelegte geprüfte Schlussrechnung für das Jahr 2023. Soweit lesbar, wird dort zwar unter der Anmerkung 1 ein Vorbehalt ausgesprochen, weil nicht wie vertraglich vereinbart der richtige Zählerwert abgelesen und mit dem Arbeitspreis abgerechnet worden sei. Darauf, dass ein falscher Ablesewert angesetzt worden sei, könnten sich die Kläger zwar grundsätzlich berufen. Der Einwand ist aber vorliegend deshalb nicht nachvollziehbar, weil sich diese Anmerkung nur auf die Position „Abzug Wärme Solar“ bezieht, welche ein negatives Vorzeichen aufweist und damit in der Sache eine Gutschrift zugunsten der Kläger darstellt. Die Kläger hätten daher, um einen schlüssigen Einwand zu präsentieren, angeben müssen, dass ihnen aufgrund des behaupteten Fehlers dieser Art eine höhere Gutschrift zusteht.
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Im Übrigen weist die Beklagte zutreffend darauf hin, dass die Kläger die Anlage zur Rechnung für das Jahr 2023 in einer Form vorgelegt haben, bei denen der Zählerstand 2022 und der Zählerstand 2023 sowie die daraus errechnete Differenz (Verbrauch) mit Haken versehen sind, was nicht anders interpretiert werden kann, als dass sie diese Zahlen in tatsächlicher Hinsicht als korrekt anerkennen.
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cc) Auch im Übrigen haben die Kläger mit ihren Ausführungen im Schriftsatz vom 9. Dezember 2024 die Einbehalte nicht in der zu fordernden Weise substantiiert begründet:
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Die Kläger haben lediglich für das Jahr 2023 aufgelistet, an welchen Tagen für wie viele Stunden es Störungen gegeben habe. Dies genügt als Vortrag schon deshalb nicht, weil auf dieser Grundlage nicht beurteilt werden kann, ob die Beklagte oder die Kläger für die Störungen verantwortlich sind. Auch die Schilderungen in der E-Mail der Kläger vom 4. Dezember 2024 erlauben dies nicht, abgesehen davon, dass diese der Darstellung der Beklagten nach einmalig auf dem Defekt eines Bauteils beruhte. Für den übrigen, ganz überwiegenden Teil des Zeitraums zwischen 2014 und September 2024, auf den die einbehaltenen Beträge von insgesamt 5.642,00 entfallen, haben die Kläger nicht einmal derartige Auflistungen vorgelegt.
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Zudem erlaubt die bloße Nennung von Störungen und deren Dauer nicht eine Abschätzung, wie intensiv die Störung war und zu welchen Nachteilen oder Unannehmlichkeiten diese für die Kläger geführt hat. Dies wäre aber Voraussetzung dafür, bemessen zu können, in welchem Umfang die Wärmelieferung, soweit sie erfolgt ist, „weniger wert“ war. Da die Beklagte lediglich gelieferte Wärmemengen abrechnet, hat sie auch für Zeiten, in denen die Wärmeversorgung unterbrochen oder eingeschränkt war, grundsätzlich nichts in Rechnung gestellt.
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Schließlich genügen auch die weiteren handschriftlichen Anmerkungen (mit 2 und 3 vorgenommen) unter der Schlussrechnung 2023 nicht ansatzweise als schlüssiger Vortrag. Soweit dort behauptet wird, die angegebenen Berechnungsformeln für den Grundpreis, den messbaren Arbeitskreis seien nicht korrekt angewandt, ist dies weder inhaltlich nachprüfbar noch geeignet, die offenbar vorgenommene vollständige Reduzierung plausibel darzustellen. Auch der Hinweis auf die defekte Hausübergabestation und die Bezugnahme auf andere Dokumente genügt nicht, weil sie dem Gericht eine sachliche Überprüfung nicht gestattet.
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dd) Weitere Unrichtigkeiten und sich daraus ergebende Ansprüche oder Berechtigungen zum Einbehalt von Forderungen machen die Kläger nicht in schlüssiger und substantiierter Weise geltend.
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ee) Der Senat hält es zwar weiter grundsätzlich für denkbar, dass die Kläger – ähnlich einer Minderung, wie sie das Kauf- und das Werkvertragsrecht vorsieht – für die Wärmemengen, mögen sie auch für sich genommen geliefert worden sein, ein verringertes Entgelt entrichten müssen, weil die vereinbarte Temperatur nicht gegeben war. Wenn man, wie oben dargestellt, die Temperatur im Primärkreislauf als für die Leistung relevanten Umstand ansieht, kann deren Nichteinhaltung bedeuten, dass die Beklagte ihre Pflichten nicht ordnungsgemäß erbracht hat und die Kläger deswegen nur einer reduzierten Entgeltpflicht ausgesetzt sind.
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Die Kläger haben sich aber nicht näher dazu geäußert, welche Nachteile sich für sie aus einer zu niedrigen Vorlauftemperatur ergeben haben; dies wäre aber Grundlage einer Beurteilung, ob und wie weit die Nichteinhaltung der Vorlauftemperatur zu einer Reduzierung des Entgelts berechtigt. Da die Kläger den Zahlungsansprüchen der Beklagten offenbar eine Vielzahl von Einwendungen und Gegenrechten entgegensetzen, ist nicht einmal bestimmbar, welche Anteile hiervon auf die zu niedrige Vorlauftemperatur entfallen sollen. Der Senat kann bereits deshalb nicht beurteilen, in welchem Umfang eine derartige Quasi-Minderung und/oder zumindest ein Zurückbehaltungsrecht gegeben wäre, zumal auch das Zurückbehaltungsrecht nach § 273 Abs. 1 BGB und selbst die Einrede des nichterfüllten Vertrags gem. § 320 Abs. 2 BGB unter dem Vorbehalt der Verhältnismäßigkeit steht. Selbst wenn der Senat die typischen Unannehmlichkeiten zugrundelegt, die damit verbunden sind, dass sich ein Gebäude und das Warmwasser am Morgen nur sehr langsam auf eine zum Wohnen bzw. Duschen angemessene Temperatur erwärmt, lässt dies nicht zu, die denkbaren Minderungen und Zurückbehaltungsrechte in der erforderlichen Weise zu quantifizieren. Dies gilt erst recht vor dem Hintergrund, dass Ursache der zögerlichen Aufheizung nicht nur die zu niedrige Vorlauftemperatur, sondern – und zwar in größerem Umfang – auch die Anschlusssituation zwischen Puffer und Wärmetauscher ist, für die die Kläger selbst verantwortlich sind (dazu sogleich). Der Sachverständige hat insoweit ausdrücklich erklärt, dass selbst bei einer primärseitigen Vorlauftemperatur von 75 °C nicht zu vermeiden wäre, dass sich im morgendlichen Aufheizbetrieb 60 °C nicht erreichen lassen. Es müsste daher eine Abschätzung und „Aufteilung“ erfolgen, in welchem Ausmaß die Unzulänglichkeiten gerade auf die Vorlauftemperatur zurückzuführen sind, sie also auch dann gegeben wären, wenn der Rücklauf im Sekundärkreis nicht aus der tiefsten Stelle des Pufferspeichers erfolgen würde. Dies ist dem Senat nicht möglich, zumal der Sachverständige ausgeführt hat, dass der hydraulischen Situation der größte Verursachungsbeitrag zukommt.
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c) Die Beklagte kann die geschuldete Wärmebelieferung in der beschriebenen Weise ferner deshalb vorläufig verweigern, weil die Kläger nicht die ebenfalls im Vertrag vorgesehene maximale Rücklauftemperatur im Sekundärkreis von 50 °C einhalten.
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aa) Die obigen Ausführungen dazu, dass diesem technischen Parameter Bedeutung dafür zukommen soll, wie die Versorgung und Abnahme der Wärme durchzuführen ist, gelten im Hinblick auf diese, ausdrücklich von den Klägern als Anschlussnehmer einzuhaltende Vorgabe entsprechend. Die Beklagte hat auch ein schutzwürdiges Interesse an der Einhaltung dieser Maßgabe, weil sich – wie der Sachverständige mitgeteilt hat – die Nichteinhaltung zum Nachteil des Fernwärmenetzbetreibers auswirkt.
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bb) Nach den Feststellungen des Sachverständigen kommt es dazu, dass die Rücklauftemperatur im Sekundärkreis höher ist als 50 °C. Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass sich entgegen den Ausführungen im vorangegangenen Hinweis bereits im Ausgangsgutachten vom 14. Februar 2024 in den Diagrammen 3 und 5 klare Hinweise dazu finden, dass die Rücklauftemperatur im Sekundärkreis (dort bezeichnet als „RL Sekundärkreis“) Werte von deutlich mehr als 50 °C aufgewiesen hat. Selbst wenn es zu einer anderen Begriffsverwendung gekommen wäre, würde dies nichts Günstiges für die Kläger bedeuten, weil die „VL Sekundärkreis“ durchwegs noch höher liegt. Auf entsprechende Nachfrage hat der Sachverständige zudem in seiner Anhörung vor dem Landgericht den Umstand ausdrücklich bestätigt.
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cc) Die Kläger sind auch verantwortlich dafür, dass die Vorlauftemperatur überschritten wird.
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Dabei kann dahinstehen, ob diese Unterschreitung auf der Anschlusssituation beruht, bei der das in den Wärmetauscher strömende Wasser dem Pufferspeicher von unten entnommen wird (und damit dem Bereich mit den kältesten Temperaturen), oder auf eine entsprechende Einstellung der Heizungssteuerung für den Sekundärkreis und das weitere Hausnetz zurückzuführen ist. In beiden Fällen läge dies im Verantwortungsbereich der Kläger.
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Die Beklagten haben bereits frühzeitig im Laufe des Rechtsstreits vorgebracht, dass die Anschlusssituation im Verantwortungsbereich der Kläger liegt und von ihnen geändert werden könnte und müsste. Dem haben die Kläger, soweit ersichtlich, erstmals in der mündlichen Verhandlung widersprochen.
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Ungeachtet der Frage, ob damit überhaupt ein wegen §§ 530, 531 ZPO prozessual beachtliches Bestreiten vorliegt, spricht die Auslegung des Wärmeversorgungsvertrags für die Position der Beklagten. Der von beiden Parteien geschlossene Wärmeversorgungsvertrag definiert unter 4.3 als Teile der der Beklagten gehörenden Wärmeversorgungsanlage (neben den zentralen Einrichtungen zur Erzeugung und zum Transport der Energie) die Übergabestation in jeder Wohneinheit, die Hausanschlüsse mit Absperrarmaturen und die Messeinrichtungen in den Einzelhäusern. Ausdrücklich nicht zu dieser sollen die Pufferspeicher in jeder Wohneinheit gehören. Bereits diese Regelungen sprechen dafür, dass die Beklagte lediglich Eigentum und Steuerungshoheit über die Wärmetauscher, die Ventile zur Anbindung der einzelnen Objekte an das Netz und die Messeinrichtungen (und damit auch zwangsläufig die Leitungsabschnitte zwischen Wärmetauscher und Messeinrichtungen) beansprucht, nicht aber die sich daran anschließenden Bereiche des Leitungsnetzes und Steuerungseinrichtungen bis zum Pufferspeicher. In § 4.9 ist geregelt, dass die Wärme am Ausgang der Wärmezähler von der Beklagten an die Kläger übergeben wird und diese Messeinrichtung im Eigentum der Beklagten steht und von ihr instand gehalten wird. Es spricht alles dafür, dass der Übergabepunkt zugleich die Grenze der Eigentums- und Verantwortungsbereiche darstellt, weil nur so eine einfache und reibungslose Abwicklung und Zuordnung möglich ist. Restlose Klarheit ergibt sich jedenfalls aus der Anlage 2 zum Wärmeversorgungsvertrag (welche nach § 16 desselben einen wesentlichen Bestandteil des Vertrags bildet), in der auch für den Laien gut verständlich dargestellt ist, dass der Wärmemengenzähler die Eigentums- und Unterhaltsgrenze darstellen soll. Die Art und Weise, wie der Pufferspeicher mit dem Wärmemengenzähler und den dahinterliegenden Wärmetauscher verbunden ist, liegt daher im Verantwortungsbereich des jeweiligen Kunden. Der gesamte Sekundärkreis ist damit, soweit nicht der Abschnitt zwischen dem Wärmetauscher und dem Wärmemengenmesser betroffen ist, Eigentums- und Verantwortungsbereich der Kläger. Wie die Beklagte zutreffend ausführen lässt, gilt diese Zuordnung unabhängig davon, wo aus Praktikabilitätsgründen die einzelnen Geräte im Technikraum aufgestellt sind.
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Unerheblich ist, dass die Kläger die Anlage, wie in der mündlichen Verhandlung geäußert wurde, nicht selbst errichtet haben, sondern zusammen mit dem gesamten Objekt von dem Bauträger erworben haben. Auch hierdurch sind sie uneingeschränkt Eigentümer und Besitzer der Anlagenteile geworden und können grundsätzlich – wenn auch rechtlich gebunden durch die Bestimmungen des Wärmeversorgungsvertrags – frei bestimmen, wie diese ausgestaltet und gesteuert werden sollen. Die Kläger sind daher rechtlich in der Lage, die Anschluss Situation abzuändern und/oder die Steuerung zu verändern, und können so ihren Verpflichtungen aus dem Wärmeversorgungsvertrag nachkommen. Hierzu sind sie aber aus den genannten Erwägungen auch verpflichtet.
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dd) Im Hinblick auf die Formulierung des Zug-um-Zug-Vorbehalts merkt der Senat an, dass die Beklagte einen Anspruch darauf hat, dass die im Vertrag vorgesehene Vorgabe einer Maximaltemperatur von 50 °C dauerhaft eingehalten wird. Dies erscheint nur in der erforderlichen Weise gewährleistet, wenn die technischen Einrichtungen in einen entsprechenden Zustand versetzt werden, der auch ohne laufende Überwachung ein Überschreiten der genannten Grenze ausschließt.
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d) Daher war auszusprechen, dass die Beklagte nur Zug um Zug gegen Vornahme der genannten, von den Klägern zu erbringenden Leistung die vertraglich geschuldete Belieferung zu erbringen hat (§ 274 bzw. § 322 BGB).
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3. Die Berufung der Beklagten hat auch im Hinblick auf die Verurteilung zur Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten Erfolg; sie führt insoweit zur Klageabweisung.
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a) Ein Anspruch auf Ersatz vorgeschichtlicher Rechtsverfolgungskosten besteht nur, soweit der Tatbestand einer entsprechenden besonderen Anspruchsgrundlage erfüllt ist; dementsprechend stützen sich die Kläger vorliegend auf den Gesichtspunkt des Verzugsschadensersatzes gem. § 280 Abs. 2 i.V.m. § 286 BGB.
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b) Schuldnerverzug besteht jedoch nicht, sofern der Schuldner nicht zu leisten braucht, was auch dann der Fall ist, wenn der Gläubiger seinerseits eine fällige und durchsetzbare Leistung nicht wie geschuldet erbracht hat und dem Schuldner deshalb die Einrede des nichterfüllten Vertrags zusteht (§ 320 BGB, vgl. MüKoBGB/Ernst, 9. Aufl. 2022, BGB § 286 Rn. 32 f.) oder er sich berechtigterweise auf ein Zurückbehaltungsrecht berufen hat (§ 273 BGB, vgl. MüKoBGB/Ernst, 9. Aufl. 2022, BGB § 286 Rn. 39).
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Vorliegend standen der Beklagten in dem Zeitpunkt, in dem sie ihren nunmehrigen Prozessbevollmächtigten wegen der vorliegenden Angelegenheit mandatierten, durchsetzbare Ansprüche auf Begleichung der ausstehenden Entgelte zu. Ebenso muss davon ausgegangen werden, dass die Kläger bereits zu diesem Zeitpunkt die Vorgabe zur sekundärseitigen Rücklauftemperatur nicht eingehalten haben. Jedenfalls die Pflicht zur Begleichung der Entgelte dürfte zusammen mit der von den Klägern verfolgten Leistungspflicht der Beklagten Pflichten darstellen, die das Gegenleistungsverhältnis (Synallagma) eines Wärmeversorgungsvertrags mit vorliegendem Inhalt ausmachen. Bereits das Bestehen entsprechender Gegenforderungen schloss daher Verzug aus. Selbst wenn man abweichend hiervon den Standpunkt einnähme, dass diese Gegenansprüche lediglich ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 Abs. 1 BGB begründen könnten, wäre die erforderliche Geltendmachung durch die Beklagte erfolgt. Aus dem gesamten Akteninhalt ergibt sich zweifelsfrei, dass die Beklagte frühzeitig darauf verwiesen hat, die Kläger schuldeten ihr noch etwas, und sie deshalb Maßnahmen zur Verbesserung der Belieferungssituation erst nach Ausgleich der fälligen Rechnungen ergreifen werde. Insoweit ist darauf zu verweisen, dass die Beklagte durch eine mit ihr verbundene Gesellschaft den Vertrag wegen Zahlungsverzugs der Kläger hat kündigen lassen. Ein Gläubiger, der wegen ausstehender Leistungen des anderen zu einer außerordentlich Kündigung schreitet, gibt zu erkennen, dass er, sollte der Vertrag fortbestehen oder fortgesetzt werden, diese Ansprüche jedenfalls für ein Zurückbehaltungsrecht hernimmt.
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c) Darauf, dass den Ausführungen in der Klageschrift nach die vorprozessuale Mandatierung des Klägervertreters primär wegen der Kündigung erfolgt ist – also nicht wegen der im vorliegenden Rechtsstreit verfolgten Ansprüche –, kommt es somit nicht mehr entscheidend an.
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4. Für die Kostenentscheidung und die Streitwertbemessung geht der Senat mangels gegenteiliger Anhaltspunkte davon aus, dass der Aufwand für die Beklagte, eine entsprechende Heizwasservorlauftemperatur sicherzustellen, für die verbleibenden rund 6 Jahre mit 7.500,00 € anzusetzen ist.
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Des Weiteren muss der Senat zugrunde legen, dass die beiden Leistungen, wegen der der Beklagten ein Zurückbehaltungsrecht zuzugestehen war, den Betrag von 7.500,00 € jedenfalls erreichen. Ein hilfsweise durch die Beklagte geltend gemachtes Zurückbehaltungsrecht erhöht zwar den Streitwert nicht, zumal durch eine Ablehnung eines solchen die Gegenforderung nicht rechtskräftig aberkannt wird (BGH, Beschluss vom 1. Dezember 2004 – IV ZR 1/04, NJW-RR 2005, 367 (368); Binz/Dörndorfer/Zimmermann/Dörndorfer, 5. Aufl. 2021, GKG § 45 Rn. 26; Toussaint/Elzer, 54. Aufl. 2024, GKG § 45 Rn. 43). Verteidigt sich der Beklagte mit einem Zurückbehaltungsrecht, welches seinerseits streitig ist, entspricht es jedoch den wirtschaftlichen Interessen, die Kosten nach einem fiktiven Gebührenstreitwert zu verteilen, der sich zusammensetzt aus dem Gebührenstreitwert der Klageforderung und dem zu schätzenden wirtschaftlichen Wert des Zurückbehaltungsrechts, welcher nie höher sein kann als der Gebührenstreitwert der Klageforderung (BeckOK ZPO/Jaspersen, 54. Ed. 1.9.2024, ZPO § 92 Rn. 29; Musielak/Voit/Flockenhaus, 21. Aufl. 2024, ZPO § 92 Rn. 2; BGH, Urteil vom 19. Dezember 1991 – IX ZR 96/91, NJW 1992, 1172 (1173)). Wegen der fehlenden Rechtskraft ist ein Abschlag vorzunehmen, dessen konkrete Höhe weiter zu berücksichtigen hat, welchen Aufwand die Erfüllung des eingewandten Anspruchs erfordert (vgl. BeckOK ZPO/Jaspersen, 54. Ed. 1.9.2024, ZPO § 92 Rn. 29; Staudinger/​Bittner/​Kolbe (2019) BGB § 274 Rn. 6). Die Zahlungspflicht ist dabei mit dem geforderten Betrag von 5.642,00 € einzustellen, hinzu kommt der finanzielle Aufwand für die Abänderung der Rohrverbindung und Steuerung, der sich im Bereich von 2.000,00 € bewegen dürfte. Dies führt dazu, dass die den Klägern zuerkannte Leistung und die von ihr als Voraussetzung zu erbringenden Leistungen in etwa gleich viel wert sind. Bei Ansatz dieses Zurückbehaltungsrechts mit 50% des Wertes der eingewanderten Gegenforderungen ergibt sich nach § 92 Abs. 1 ZPO ein Unterliegen der Klägerseite im Umfang von insgesamt 1/3. Wegen § 100 Abs. 1 ZPO haften die beiden Kläger insoweit nach Kopfteilen.
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Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 713 ZPO.
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Die Zulassung der Revision, welche die Beklagte angeregt hat, war nicht vorzunehmen. Das vorliegende Verfahren wirft keine Fragen auf, die sich in einer Mehrzahl von Streitigkeiten stellen werden, sodass eine Beantwortung grundlegender rechtlicher Fragen durch das Revisionsgericht erfolgen könnte. Vielmehr beruht die Entscheidung auf den Umständen des Einzelfalls, insbesondere der Auslegung des die Parteien verbindenden Vertrags; dafür, dass wegen solchen Klauseln in Verträgen mit gleichlautendem Inhalt auch anderweitige Konflikte aufgetreten sind, hat die Beklagte nichts aufgezeigt. Auch die Beklagte formuliert keine Rechtsfragen, die über den vorliegenden Streit hinausgingen. Von anderen höchstrichterlichen oder obergerichtlichen Entscheidungen weicht der Senat nicht ab.