Titel:
Einstweiliger Rechtsschutz im Normenkontrollverfahren, Einbeziehungsatzung, Fehlende Antragsbefugnis, Abwägungsbeachtlichkeit privater Belange
Normenketten:
VwGO § 47 Abs. 2, Abs. 6
BauGB § 34 Abs. 4 S. 1 Nr. 3
BauGB § 1 Abs. 7
Schlagworte:
Einstweiliger Rechtsschutz im Normenkontrollverfahren, Einbeziehungsatzung, Fehlende Antragsbefugnis, Abwägungsbeachtlichkeit privater Belange
Fundstelle:
BeckRS 2025, 12475
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 7.500,00 Euro festgesetzt.
Gründe
1
Die Antragstellerin wendet sich im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gegen die Einbeziehungssatzung … … …, die die Antragsgegnerin am 29. Januar 2024 beschlossen und am 30. April 2024 bekannt gemacht hat.
2
Die Antragstellerin bewohnt als Mieterin das auf dem Grundstück FlNr. 140/4, Gemarkung …, gelegene Wohnhaus.
3
Mit der Einbeziehungssatzung … … … wird eine Teilfläche von 1.291 m² des Grundstücks FlNr. 140, Gemarkung …, das nördlich an das von der Antragstellerin bewohnte Grundstück angrenzt, in den im Zusammenhang bebauten Ortsteil einbezogen. Nach der Satzung ist im Einbeziehungsbereich innerhalb festgesetzter Baugrenzen ein Wohngebäude mit einer Wohneinheit als Einzelhaus mit einer Grundflächenzahl von 0,35 und maximal zwei Vollgeschossen zulässig. Weiter enthält die Satzung Festsetzungen zu Dachform und -eindeckung, zu Flächen mit Begrünungsbindung, zu einer Ausgleichsfläche sowie zu Ausgleichsmaßnahmen.
4
Anlässlich der vom Grundstückseigentümer gestellten Anfrage nach der Bebaubarkeit des Grundstücks FlNr. 140, Gemarkung … mit einem Einfamilienhaus, fasste der Gemeinderat der Antragsgegnerin in seiner Sitzung vom 30. Januar 2023 den Aufstellungsbeschluss für eine Ergänzungssatzung. Am 17. März 2023 wurde bekannt gemacht, dass der Satzungsentwurf in der Zeit vom 27. März bis 28. April 2023 öffentlich ausliegt und hierzu Stellung genommen werden kann. Zeitgleich wurden die Behörden und Träger öffentlicher Belange beteiligt.
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Mit Schreiben vom 24. April 2023 erhoben die Antragstellerin und ihr Ehemann Einwendungen gegen den Satzungsentwurf. Dabei führten sie neben Bedenken im Hinblick auf die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit und den Naturschutz im Wesentlichen aus, die Zufahrtssituation im Bereich … sei problematisch. Auch seien Frischwasser- und Stromzufuhr für die Versorgung eines weiteren Haushalts nicht ausreichend. Zudem würden Lärm und Abgase der Bewohner, Besucher und Lieferanten des neu entstehenden Wohnhauses zu einer Beeinträchtigung der Anwohner führen.
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Im Rahmen der Behördenbeteiligung nahm unter anderem das Wasserwirtschaftsamt mit Schreiben vom 28. April 2023 Stellung und führte aus, die abwassertechnische Erschließung des Plangebiets sei derzeit nicht nachgewiesen, da das Grundstück im Generalentwässerungsplan der Gemeinde nicht enthalten sei. Auf die Arbeitshilfe des StMB und StMUV zu Hochwasser- und Starkregenrisiken in der Bauleitplanung wurde hingewiesen. Mit Schreiben vom 10. August 2023 nahm das Ingenieurbüro … zur Sicherstellung der Entwässerung Stellung und führte aus, die Entwässerung des Grundstücks sei gesichert. Der Hausanschluss könne an den bestehenden Schacht erfolgen, auch Regenwasser könne in das Mischsystem eingeleitet werden.
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Mit Beschluss des Gemeinderats der Antragsgegnerin vom 29. Januar 2024 wurden die eingegangenen Einwendungen und Bedenken gewürdigt und abgewogen sowie die Einbeziehungssatzung … … … als Satzung beschlossen. Nach Ausfertigung durch den ersten Bürgermeister der Antragsgegnerin wurde der Satzungsbeschluss am 30. April 2024 mittels Anschlags an den Gemeindetafeln bekannt gemacht.
8
Zur Begründung der Einbeziehungssatzung … … … führt die Antragsgegnerin im Wesentlichen aus, der Erlass der Satzung sei zur Schaffung von Baumöglichkeiten für Ortsansässige erforderlich. Der Geltungsbereich sei durch die bauliche Nutzung angrenzender Flächen so geprägt, dass sich die künftige Bebauung gemäß § 34 BauGB in die Eigenart der Umgebung einfügen lasse. Im angrenzenden Bereich befänden sich Einzelwohnhäuser. Das Maß der baulichen Nutzung werde in den Grundzügen festgesetzt. Die Baugrenze sichere ein stärkeres Ausgreifen in den Außenbereich. Damit sei eine Einbindung der künftigen Bebauung in das Orts- und Landschaftsbild sichergestellt. Die Verkehrserschließung sowie die Erschließung für Abwasser, Wasser und Strom erfolge vom … aus. Es handele sich um einen Mischwasserkanal, die Anschlüsse würden privat an die vorhandenen Leitungen erfolgen. Aufgrund der geringen Größe der Einbeziehungsfläche gehe die Antragsgegnerin davon aus, dass die ordnungsgemäße Entwässerung sichergestellt werden könne.
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Mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 23. Juli 2024 stellte die Antragstellerin einen Normenkontrollantrag gegen die Einbeziehungssatzung … … …, der unter dem Aktenzeichen 9 N 24.1275 geführt wird und über den noch nicht entschieden ist.
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Am 28. März 2025 stellte die Antragstellerin einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung. Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus, dies sei zur Vermeidung von Rechtsnachteilen durch Schaffung von Fakten dringend geboten, da der Eigentümer des einzigen im Geltungsbereich der Satzung liegenden Grundstücks zwischenzeitlich mit Baumaßnahmen begonnen habe. § 47 Abs. 6 VwGO sei die einzige Möglichkeit, die ihr zur Verfügung stehe, da sie als Mieterin des angrenzenden Grundstücks gegen eine etwaige Baugenehmigung nicht klagebefugt sei. Da das von ihr bewohnte Grundstück unmittelbar an das Plangebiet angrenze und ihre Belange im Hinblick auf die Verkehrszunahme sowie die Wasserversorgung und Entwässerung nicht hinreichend abgewogen worden seien, sei sie antragsbefugt. Bereits jetzt fehle es an einer hinreichenden Erschließung über den nicht ausgebauten … im Hinblick auf die Erreichbarkeit durch Feuerwehr- und Rettungsfahrzeuge, dies verschärfe sich bei Errichtung eines weiteren Wohnhauses. Auch mit einer zu erwartenden Zunahme des Verkehrslärms habe sich die Antragsgegnerin nicht hinreichend auseinandergesetzt. Zudem führe die Bebauung des Plangebiets zu weiteren Beeinträchtigungen im Hinblick auf die Entwässerungssituation. Das Wasserwirtschaftsamt habe darauf hingewiesen, dass die Entwässerung nicht gesichert sei und es im Hinblick auf Starkregenereignisse zu einer nachteiligen Veränderung der Entwässerungssituation zu Lasten der Antragstellerin kommen könne. Bereits jetzt drohe bei Starkregen regelmäßig Wasser in die Kellerräume einzudringen. Hiermit habe sich die Antragsgegnerin nicht hinreichend auseinandergesetzt. Im Jahr 2004 sei nördlich des von der Antragstellerin bewohnten Hauses ein Erdwall errichtet worden, um das Haus vor Niederschlagswasser zu schützen, das auf dem lehmigen Boden von Norden kommend bergab laufe. Dieser Erdwall sei zwischenzeitlich vom Grundstückseigentümer teilweise abgetragen worden. Überdies entspreche die Satzung nicht den Tatbestandsvoraussetzungen des § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 BauGB. Das Satzungsgebiet liege vollständig im Außenbereich, auch fehle es an einer Prägung durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs. Des Weiteren lägen beachtliche Abwägungsfehler vor. So habe die Antragsgegnerin den Konflikt der ungeklärten Abfluss- und Entwässerungssituation nicht erkannt bzw. nicht hinreichend gelöst. Ebenso fehle es an Feststellungen zur ausreichenden Erschließung durch die öffentliche Trinkwasserversorgung. Auch habe die Antragsgegnerin nicht hinreichend berücksichtigt, dass durch das Bauvorhaben der Straßenverkehr und der Verkehrslärm zunähmen. Darüber hinaus habe sich die Antragsgegnerin nicht mit der Bevölkerungsentwicklung befasst und nicht berücksichtigt, dass der Bauwerber über mehrere Immobilien und Bauplätze im Gemeindegebiet verfüge. Dies sei ein Verstoß gegen den Grundsatz des sparsamen und schonenden Umgangs mit Grund und Boden. Zudem stünden der Planung artenschutzrechtliche Verbote nach § 44 BNatSchG entgegen. Greifvögel würden das Grundstück als Jagdrevier nutzen, auch hätten Füchse, Rehe und Hasen dort ihre Bauten. Die Feststellung der Antragsgegnerin, dass naturschutzrechtliche Belange nicht entgegenstünden, beruhe nicht auf einer konkreten Prüfung oder Untersuchung und sei daher fehlerhaft. Des Weiteren fehle es an der städtebaulichen Erforderlichkeit. Die Planung diene nur dem Zweck, ein Bauvorhaben zu ermöglichen. Eine Analyse und Bewertung der örtlichen Situation unter Berücksichtigung der vorhandenen Immobilien und Bauflächen des Bauwerbers im Gemeindegebiet habe nicht stattgefunden.
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Die Antragstellerin beantragt,
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Die am 30.4.2024 bekanntgemachte Ergänzungs- bzw. Einbeziehungssatzung … … der Antragstellerin wird bis zur Entscheidung über den Normenkontrollantrag (9 N 24.1275) außer Kraft gesetzt.
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Die Antragsgegnerin beantragt,
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Der Antrag wird abgelehnt.
15
Zur Begründung führt die Antragsgegnerin im Wesentlichen aus, die Antragstellerin sei nicht antragsbefugt. Eine Verletzung der subjektiven Rechte der Antragstellerin durch eine Zunahme des Verkehrslärms komme nicht in Betracht, da ein Einzelhaus nicht geeignet sei, eine über die Bagatellgrenze von bis zu rund 200 Verkehrsbewegungen pro Tag hinausgehende Belastung herbeizuführen. Der … sei geeignet, den notwendigen Verkehr aufzunehmen; die Anfahrtsmöglichkeit von Feuerwehr- und Rettungsfahrzeugen sei gegeben. Sowohl die Wasserversorgung als auch die Entwässerung seien im Rahmen des Verfahrens geprüft worden. Laut Stellungnahme des Ingenieurbüro … sei die abwassertechnische Erschließung gesichert und könne sowohl hinsichtlich des Schmutzwassers als auch hinsichtlich des Niederschlagswassers über den bestehenden Mischwasserkanal im … erfolgen. Eine Gefährdung der bestehenden Bebauung im Hinblick auf Starkregenereignisse bestehe nicht. Das Wasserwirtschaftsamt habe lediglich allgemein auf Gefahren durch Starkregenereignisse hingewiesen. Zudem fehle der Antragstellerin das Rechtsschutzbedürfnis, da die Einbeziehungssatzung durch die bestandskräftige Erteilung der Baugenehmigung mangels weiterer Regelungsinhalte bereits umgesetzt sei. Die Voraussetzungen zum Erlass einer Einbeziehungssatzung nach § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 BauGB lägen vor. Die einbezogene Fläche werde durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs geprägt. Die Antragsgegnerin habe sämtliche abwägungserheblichen Belange ermittelt, bewertet und ordnungsgemäß abgewogen. Dabei habe sie berücksichtigt, dass der Bauwerber bereits Immobilien besitze; diese seien jedoch allesamt bewohnt. Im Rahmen der Abwägung sei die Antragsgegnerin zu dem Ergebnis gekommen, dass das Interesse der Gemeindebürger nach Wohnraum überwiege. Die Entwässerung sei geprüft worden; eine Überschwemmungsgefahr bestehe nicht. Die Zunahme des Verkehrslärms halte sich in Grenzen. Auch der Artenschutz sei geprüft worden. Die Satzung verstoße nicht gegen den Erforderlichkeitsgrundsatz. Grund für den Erlass der Einbeziehungssatzung sei gewesen, Baumöglichkeiten für Ortsansässige zu schaffen.
16
Die Landesanwaltschaft B. übersandte als Vertreter des öffentlichen Interesses am 9. Mai 2025 die Baugenehmigung vom 19. Juli 2024 für die Errichtung eines Einfamilienhauses mit Doppelgarage auf FlNr. 140, die Baubeginnsanzeige vom 3. Februar 2025 sowie Berichte der Baukontrollen vom 20. Februar 2025 und 8. Mai 2025.
17
Mit Schriftsatz vom 21. Mai 2025 wiederholte die Antragstellerin ihre bisherige Argumentation und wies darauf hin, dass das Bauvorhaben noch nicht fertiggestellt sei und eine etwa erteilte Baugenehmigung aufgrund Rechtsmissbräuchlichkeit der Satzung aufgehoben werden müsse.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte, auch im Verfahren 9 N 24.1275, sowie die vorgelegte Normaufstellungsakte Bezug genommen.
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1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO bleibt ohne Erfolg.
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Der Antrag ist unzulässig, da der Antragstellerin die für den Antrag auf einstweilige Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO notwendige Antragsbefugnis fehlt.
21
Nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO kann einen Normenkontrollantrag jede natürliche oder juristische Person stellen, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Erforderlich, aber auch ausreichend ist es, dass der Antragsteller hinreichend substantiiert Tatsachen vorträgt, die es zumindest möglich erscheinen lassen, dass er durch die Norm in seinen Rechten verletzt wird. Nur dann, wenn eine Rechtsverletzung offensichtlich und eindeutig nach jeder Betrachtungsweise ausscheidet, kann die Antragsbefugnis verneint werden (vgl. BVerwG, U.v. 18.11.2002 – 9 CN 1.02 – BVerwGE 117, 209 = juris Rn. 53). Die Verletzung eines derartigen subjektiven Rechts kann auch für Plannachbarn aus einem Verstoß gegen das in § 1 Abs. 7 BauGB enthaltene Abwägungsgebot folgen. Dieses Gebot hat hinsichtlich solcher privater Belange drittschützenden Charakter, die für die Abwägung erheblich sind. Antragsbefugt ist also, wer sich auf einen abwägungserheblichen privaten Belang berufen kann; denn wenn es einen solchen Belang gibt, besteht grundsätzlich auch die Möglichkeit, dass die Gemeinde ihn bei ihrer Abwägung nicht korrekt berücksichtigt hat (vgl. BVerwG, U.v. 30.4.2004 – 4 CN 1.03 – juris Rn. 9). Solche Belange können auch obligatorisch Berechtigte einbringen (vgl. BayVGH, U.v. 31.1.2000 – 14 N 98.3299 – juris Rn. 27). Macht der Antragsteller eine Verletzung des Abwägungsgebots geltend, so muss er einen eigenen Belang als verletzt benennen, der für die Abwägung zu beachten war. Nicht jeder private Belang ist in der Abwägung zu berücksichtigen, sondern nur solche, die in der konkreten Planungssituation einen städtebaulich relevanten Bezug haben. Nicht abwägungsbeachtlich sind insbesondere geringwertige oder mit einem Makel behaftete Interessen sowie solche, auf deren Fortbestand kein schutzwürdiges Vertrauen besteht oder solche, die für die Gemeinde bei der Entscheidung über den Plan nicht erkennbar waren (vgl. BVerwG, U.v. 24.9.1998 – 4 CN 2.98 – BVerwGE 107, 215 = juris Rn. 12). Diese Anforderungen gelten gleichermaßen für einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO (vgl. BayVGH, B.v. 18.8.2022 – 1 NE 22.1002 – juris Rn. 12).
22
Hieran gemessen hat die Antragstellerin eine mögliche Verletzung in eigenen Rechten nicht hinreichend dargelegt. Die von ihr angeführten Belange sind nicht abwägungsbeachtlich.
23
a) Soweit die Antragstellerin eine Zunahme des Verkehrslärms befürchtet, ist eine mögliche subjektive Rechtsverletzung der Antragstellerin nicht ersichtlich.
24
Das Interesse, von planbedingtem Verkehrslärm verschont zu bleiben, ist nur dann ein abwägungserheblicher Belang, wenn das entsprechende Grundstück über die Bagatellgrenze hinaus betroffen wird (vgl. BVerwG, B.v. 11.8.2015 – 4 BN 12.15 – juris Rn. 6). Wann dies der Fall ist, ist unter Würdigung der konkreten Gegebenheiten des Einzelfalls zu beurteilen, insbesondere der Zahl der zu erwartenden zusätzlichen Verkehrsbewegungen sowie der Vorbelastungen und Schutzwürdigkeit des betroffenen Gebiets. In der Regel wird davon ausgegangen, dass die Betroffenheit der Anlieger bei einer voraussichtlichen Zunahme von bis zu 200 Fahrzeugbewegungen täglich nur geringfügig und daher nicht abwägungsrelevant ist (vgl. BayVGH, U.v. 16.5.2017 – 15 N 15.1485 – juris Rn. 23; HessVGH, B.v. 5.2.2015 – 4 B 1756/14.N – juris Rn. 15).
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Dies zugrunde gelegt ist das Interesse der Antragstellerin, von der infolge der Einbeziehungssatzung zu erwartenden Zunahme des Verkehrslärms verschont zu bleiben, nicht abwägungsbeachtlich. Die angegriffene Einbeziehungssatzung ermöglicht die Bebauung mit einem Wohngebäude mit einer Wohneinheit als Einzelhaus. Ein solches ist von vornherein nicht geeignet, einen zusätzlichen Verkehr auszulösen, der zu einer die Bagatellgrenze überschreitenden Belastung des von der Antragstellerin bewohnten Grundstücks führt.
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b) Auch die erstmals im Normenkontrollantrag vorgebrachten Bedenken der Antragstellerin hinsichtlich der Entwässerungssituation lassen nicht erkennen, dass sie möglicherweise in subjektiven Rechten verletzt sein könnte.
27
Grundsätzlich sind bei der Aufstellung von Bauleitplänen gemäß § 1 Abs. 6 Nr. 1 BauGB, der gleichermaßen für Einbeziehungssatzungen gilt (vgl. OVG NW, U.v. 28.8.2014 – 7 A 2666/12 – juris Rn. 35), die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung zu berücksichtigen. Daher gehört die Abwasserbeseitigung zu den Belangen, die regelmäßig in die Abwägung einzustellen sind. Überschwemmungen und Wasserschäden als Folge der Planverwirklichung müssen die Nachbarn des Plangebiets ebenso wenig hinnehmen wie die Bewohner des Plangebiets selbst. Dabei sind dem Plan adäquat-kausal auch Überflutungsgefahren zuzurechnen, die dadurch ausgelöst werden, dass das auf den bebauten und befestigten Flächen des Plangebiets niedergehende Regenwasser über einen öffentlichen Kanal abgeführt wird, dessen Kapazität bereits vor Anschluss des Plangebiets durch andere Regenwasserzuflüsse erschöpft oder gar überschritten war (vgl. BVerwG, U.v. 21.3.2002 – 4 CN 14.00 – BVerwGE 116, 144 = juris Rn. 13 ff.).
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Als Mieterin kann sich die Antragstellerin nicht auf eine mögliche Gefährdung der Substanz des von ihr bewohnten Wohnhauses als Ausfluss des Eigentumsrechts aus Art. 14 Abs. 1 GG berufen, in Betracht kämen allenfalls Gesundheitsgefahren oder Gefährdungen des Hausrats infolge von Überschwemmungen. Allerdings bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass diese Belange betroffen sein könnten, so dass die Antragsgegnerin keinerlei Anlass haben musste, Belange der abwassertechnischen Erschließung sowie möglicher Überschwemmungsgefahren hinsichtlich des von der Antragstellerin bewohnten Wohnhauses in ihre Abwägung einzustellen. Die Antragsgegnerin hat im Aufstellungsverfahren eine Stellungnahme zur abwassertechnischen Erschließung für die durch die Einbeziehungssatzung ermöglichte Bebauung mit einem Einfamilienhaus eingeholt. Dieser lagen eine Bestandsvermessung für Kanal, Straße und Urgelände, der Flächenansatz für den Neubau eines Wohnhauses, die Bemessung der Regenwasserleitungen sowie die Daten der Koordinierten Starkniederschlagsregionalisierung und -auswertung des Deutschen Wetterdienstes (KOSTRA-DWD) zugrunde. Danach ist die Entwässerung des in der Einbeziehungssatzung zur Bebauung vorgesehenen Grundstücks gesichert. Berücksichtigt wurde dabei auch, dass eine Versickerung des Regenwassers aufgrund der Bodenverhältnisse im Plangebiet nicht möglich ist. Sowohl das Schmutzwasser als auch das Niederschlagswasser können jedoch in den bestehenden Mischwasserkanal im … eingeleitet werden, der hierfür über die erforderlichen Kapazitäten verfügt. Auch fehlt es – selbst im Falle von Starkregenereignissen – an konkreten Anhaltspunkten für eine Überschwemmungsgefahr für das von der Antragstellerin bewohnte Wohnhaus. Hinsichtlich des gegenständlichen Plangebiets hat der Fachbereich Wasserrecht des Landratsamts im Rahmen der Behördenbeteiligung ausgeführt, dass sich das Satzungsgebiet außerhalb von Wasserschutz- und Überschwemmungsgebieten sowie außerhalb des 60 m-Bereichs von Gewässern befindet. Soweit die Antragstellerin auf die in der Stellungnahme des Wasserwirtschaftsamts genannten Gefährdungen infolge von Starkregenereignissen verweist, handelt es sich hierbei lediglich um einen allgemeinen Hinweis des Wasserwirtschaftsamts auf die gemeinsam vom Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz sowie vom Bayerischen Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr herausgegebene Arbeitshilfe „Hochwasser- und Starkregenrisiken in der Bauleitplanung“, ohne dass hierbei auf die konkrete Situation vor Ort Bezug genommen wird.
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c) Die von der Antragstellerin gerügte mangelnde Erschließung des Plangebiets begründet ebenfalls keine Antragsbefugnis.
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Die Sicherung der Erschließung ist ein ausschließlich dem öffentlichen Interesse dienendes Genehmigungserfordernis. Allerdings muss die Gemeinde im Satzungsverfahren auch Belange eines mittelbar Planbetroffenen unterhalb der Schwelle des Drittschutzes einbeziehen und abwägen, wenn sich dies im Einzelfall aufdrängt oder überhaupt erkennbar ist (vgl. BayVGH, B.v. 10.2.2025 – 2 N 22.984 – juris Rn. 12).
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Im Verfahren zum Erlass der angegriffenen Einbeziehungssatzung musste die Antragsgegnerin etwaige Belange der Antragstellerin hinsichtlich der verkehrlichen Erschließung sowie der Erschließung mit Trinkwasser jedoch nicht in ihre Abwägung einstellen. Ausweislich der Satzungsbegründung ist die verkehrliche Erschließung des Plangebiets über den … vorgesehen. Dieser ist nach den Ausführungen der Antragsgegnerin als Ortsstraße öffentlich gewidmet, verfügt über eine Breite von 3 m und kann von Feuerwehr sowie Rettungsfahrzeuge befahren werden. Danach bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der … nicht geeignet wäre, den zusätzlichen Verkehr zu dem in der Einbeziehungssatzung vorgesehenen Wohngebäude mit einer Wohneinheit aufzunehmen, ohne zu einer Verschlechterung für die Antragstellerin zu führen. Auch die Erschließung des Plangebiets mit Trinkwasser ist laut Satzungsbegründung über die im … vorhandene Leitung vorgesehen. Anhaltspunkte dafür, dass die vorhandene Leitung nicht über die notwendige Kapazität zur Versorgung eines weiteren Einfamilienhauses verfügt, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
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d) Auch die übrigen Einwände der Antragstellerin gegen die Wirksamkeit der Einbeziehungssatzung vermögen ihre Antragsbefugnis nicht zu begründen.
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Soweit die Antragstellerin rügt, die Voraussetzungen zum Erlass einer Einbeziehungssatzung gemäß § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 BauGB lägen nicht vor, die Satzung verstoße gegen das Gebot des Flächensparens aus § 1a Abs. 2 BauGB und sei städtebaulich nicht erforderlich im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB, betrifft dies objektiv-rechtliche Gesichtspunkte. Ein etwaiger Verstoß ist nicht geeignet, die Antragstellerin in subjektiven Rechten zu verletzen. Gleiches gilt für die von der Antragstellerin vorgetragenen Verstöße gegen Natur- und Artenschutzrecht.
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2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 und 8 GKG und orientiert sich an den Nrn. 1.5 und 9.8.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.
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3. Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO.