Titel:
erhöhte Hundesteuer für Kampfhund, Unbeachtlichkeit der Qualifizierung als „Wachhund“, zuständige Gemeinde bei wechselnden Aufenthaltsorten des Hundes
Normenketten:
KAG Art. 3
VwGO § 124 Abs. 2
Schlagworte:
erhöhte Hundesteuer für Kampfhund, Unbeachtlichkeit der Qualifizierung als „Wachhund“, zuständige Gemeinde bei wechselnden Aufenthaltsorten des Hundes
Vorinstanz:
VG München, Urteil vom 19.09.2024 – M 10 K 23.433
Fundstelle:
BeckRS 2025, 12439
Tenor
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 15.160 Euro festgesetzt.
Gründe
1
Der Kläger wendet sich gegen die Heranziehung zur Kampfhundesteuer für seine zwei Hunde.
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Der im Gemeindegebiet der Beklagten wohnende Kläger betreibt im Gebiet der Gemeinde V. eine Zimmerei. Seinen 2013 erworbenen Rüden der Rasse Presa Canario meldete er zunächst bei der Beklagten an, die den Kläger mit Bescheid vom 15. Mai 2013 zur Hundesteuer heranzog. Am 2. Juli 2013 meldete der Kläger seinen Hund in die Gemeinde V. ab, woraufhin die Beklagte den Bescheid vom 15. Mai 2013 aufhob. Am 24. August 2018 erwarb der Kläger zusätzlich ein Weibchen der Rasse Bullterrier, das er ebenfalls in der Gemeinde V. anmeldete. Für beide Hunde, bei denen nach § 1 Abs. 2 Satz 1 KampfhundeV die Kampfhundeeigenschaft vermutet wird, gab er an, dass sie als Wachhunde für die Zimmerei dienten. Die Gemeinde V. setzte mit Bescheid vom 24. Oktober 2019 für 2019 Hundesteuer in Höhe von jährlich 40 bzw. 100 Euro fest.
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Anlässlich eines Beißvorfalls am 6. Juli 2022 auf dem Gebiet der Gemeinde V. wies das zuständige Landratsamt darauf hin, dass die Beklagte die zuständige Gemeinde für die Hundesteuer sei. Der Kläger meldete danach beide Hunde am 15. September 2022 bei der Beklagten an. Diese setzte mit Bescheiden vom 20. Oktober 2022 für die Jahre 2018 bis 2022 einen Betrag von jährlich 1.160 Euro (Rüde Presa Canario) sowie für die Jahre 2019 bis 2022 von 1.140 Euro (Weibchen Bullterrier) und ab dem Jahr 2023 jeweils einen Betrag von 1.200 Euro als Hundesteuer fest. Für die Jahre bis 2022 wurden die Beträge jeweils um die von der Gemeinde V. festgesetzten Steuerbeträge gekürzt, die der Kläger bereits entrichtet hatte.
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Nachdem über einen Widerspruch gegen die beiden Bescheide vom 20. Oktober 2022 nicht entschieden worden war, ließ der Kläger Klage erheben.
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Einen zusätzlich gestellten Antrag auf Aussetzung der sofortigen Vollziehung lehnte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 16. August 2023 ab (Az. M 10 S 23.434); die dagegen gerichtete Beschwerde wies der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 7. November 2023 zurück (Az. 4 CS 23.1635 – BayVBl 2024, 820).
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Mit Urteil vom 19. September 2024, das u.a. auf einen vorangegangenen Gerichtsbescheid vom 23. Mai 2024 Bezug nahm, wies das Verwaltungsgericht die Klage ab.
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Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.
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1. Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg, da keiner der geltend gemachten Zulassungsgründe vorliegt.
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a) Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Der Kläger hat keinen einzelnen tragenden Rechtssatz und keine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt (zu diesem Maßstab BVerfG, B.v. 18.6.2019 – 1 BvR 587/17 – BVerfGE 151, 173 Rn. 32 m.w.N.).
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aa) Die hinsichtlich dieses Zulassungsgrunds erhobenen Einwände, die der Kläger in der Begründung seines Zulassungsantrags unter pauschaler Berufung auf seine unter den Gliederungspunkten 1. bis 3. gemachten „obigen Ausführungen“ sowie auf die (dort z.T. wörtlich zitierten) Seiten 1 bis 10 des erstinstanzlichen Schriftsatzes vom 22. April 2024 erhebt, betreffen zum einen die Nichtberücksichtigung eines damaligen Akteneinsichtsgesuchs sowie bestimmter Beweisangebote durch das Verwaltungsgericht und zum anderen die Fragen, wann ein Hund als Wachhund anzusehen ist und welche Bedeutung dem früheren Hundesteuerbescheid der Gemeinde V. sowie den von deren Bürgermeister erteilten Rechtauskünften für das vorliegende Verfahren zukommt.
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bb) Diese Ausführungen sind nicht geeignet, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung zu begründen. Der Kläger legt nicht ansatzweise dar, inwiefern die genannten Punkte Zweifel an der Richtigkeit der vom Verwaltungsgericht getroffenen Entscheidung begründen könnten.
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Soweit sich das klägerische Vorbringen auf ein angeblich prozessrechtswidriges Verhalten des Verwaltungsgerichts bezieht, kann sich allein daraus noch keine inhaltliche Unrichtigkeit der angegriffenen Entscheidung, sondern allenfalls ein Verfahrensmangel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO ergeben. Auch dies ist hier aber nicht der Fall. Auf die erstmals mit Schriftsätzen vom 30. Januar und 17. April 2023 geäußerte Bitte um Akteneinsicht hin hatte das Verwaltungsgericht dem Klägerbevollmächtigten bereits am 21. April 2023 die Behördenakte in elektronischer Form übermittelt (Bl. 35 ff. VG-Akte); auf einen erneuten Antrag der Klägerseite mit Schriftsatz vom 22. April 2024 (Bl. 50 VG-Akte) erfolgte am 23. April 2024 eine nochmalige Versendung (Bl. 61 VG-Akte). Die Entscheidung des Gerichts, entgegen den im Schriftsatz vom 22. April 2024 geäußerten Beweisangeboten weder die Hundesteuerakte der Gemeinde V. beizuziehen noch deren Bürgermeister zu dessen angeblicher Auskunft über eine dort bestehende Anmeldepflicht als Wachhund zu vernehmen, beruhte ersichtlich auf der (zutreffenden) rechtlichen Annahme, dass die Existenz des von der Gemeinde V. erlassenen Hundesteuerbescheids dem Erlass von Hundesteuerbescheiden durch die Beklagte nicht entgegenstand, da der frühere Bescheid eine verbindliche Regelungswirkung nur innerhalb der örtlich und sachlich begrenzten Zuständigkeit der erlassenden Behörde entfalten konnte (ausführlich dazu BayVGH, B.v. 7.11.2023 – 4 CS 23.1635 – BayVBl 2024, 820 Rn. 16 ff. m.w.N.). Hiervon ausgehend kam es aus Sicht des Verwaltungsgerichts weder auf die bei der Gemeinde V. geführten Hundesteuerakten noch auf den Inhalt einer von deren Bürgermeister erteilten Rechtsauskunft an; einer weiteren Sachaufklärung (§ 86 Abs. 1 VwGO) bedurfte es insoweit nicht.
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Ebenfalls nicht entscheidungsrelevant war die Frage, ob es sich bei den beiden Hunden des Klägers wegen ihres zeitweiligen Aufenthalts in der Zimmerei um „Wachhunde“ handelte. Selbst wenn dies der Fall wäre, würde sich dadurch weder an der grundsätzlichen Hundesteuerpflicht noch an der Qualifizierung als Kampfhunde etwas ändern. Wie der Senat in dem genannten Beschluss vom 7. November 2023 klargestellt hat, kommt es bei Hunden, die sich regelmäßig sowohl in einem Privathaushalt als auch auf einem in einer anderen Gemeinde gelegenen Betriebsgelände aufhalten, aus steuerrechtlicher Sicht auf den Schwerpunkt der Beziehungen zu dem jeweiligen Hundehalter an, wobei dem Ort der nächtlichen Unterbringung besondere Bedeutung zukommt (a.a.O., Rn. 25). Dies ist hier nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts der Wohnsitz des Klägers. Die Hundesteuersatzung der Beklagten sieht auch keinerlei Privilegierung von Wachhunden vor, sondern enthält im Gegenteil die Regelung, dass für Kampfhunde keine Steuerbefreiung oder Steuerermäßigung gewährt wird (§ 7 Abs. 2 HStS). Hiernach bestand für das Verwaltungsgericht mangels Entscheidungserheblichkeit keine Veranlassung, die in der mündlichen Verhandlung anwesende Ehefrau des Klägers zu der Behauptung, die Hunde seien eigens für die Bewachung des Betriebsgeländes angeschafft und als „Wachhunde“ bei der Behörde angemeldet worden, nicht bloß informatorisch anzuhören, sondern entsprechend dem Beweisangebot im Schriftsatz vom 22. April 2024 förmlich als Zeugin zu befragen.
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b) Die Rechtssache weist keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).
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Der Kläger trägt dazu vor, in dem – vom Verwaltungsgericht mit falschen Entscheidungsdatum – zitierten Urteil des Senats vom 26. September 2012 (BayVGH – 4 B 12.1389 – VGH n.F. 65, 183) sei es zwar um eine erhöhte Hundesteuer für Kampfhunde, tatsächlich aber um die Wirkungen eines sogenannten Negativzeugnisses bei Kampfhunden gegangen. Die Annahme des Gerichts, wonach nichts für einen Sonderfall spreche, bei dem anstelle des Haushalts des Hundehalters dessen auswärtige Arbeitsstelle den Ort der Hundehaltung bilde, lasse sich nicht auf die Angaben der Ehefrau des Klägers stützen, da diese sich auf den Zeitraum ab Oktober 2022 bezögen. Dass die genannte Annahme unrichtig sei, hätte eine Einvernahme des Bürgermeisters der Gemeinde V. entsprechend dem Beweisangebot im Schriftsatz vom 22. April 2024 ergeben. Die Berufung sei auch deshalb zuzulassen, weil es tatsächliche und rechtliche Schwierigkeiten gebe, die sich in einem Zulassungsverfahren nicht ohne weiteres beantworten ließen; die Verhältnisse seien weder in tatsächlicher Hinsicht abschließend geklärt, noch seien die Ausführungen des Erstgerichts rechtlich zutreffend. Auch der Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. April 2013 (9 B 41.12) sei nicht einfach auf den vorliegenden Fall übertragbar.
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Mit diesen Ausführungen werden besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten der Verwaltungsstreitsache nicht dargetan. Das vom Verwaltungsgericht zunächst korrekt (Rn. 23) und an späterer Stelle mit falschem Datum (Rn. 24) zitierte Urteil des Senats vom 26. September 2012 befasst sich nicht nur mit der steuerrechtlichen Relevanz eines Negativzeugnisses bei Kampfhunden, sondern behandelt auch die allgemeine Frage, unter welchen Voraussetzungen vom „Halten“ eines Hundes in einer Gemeinde auszugehen ist. Die dazu getroffene Feststellung, das bloße Mitnehmen eines Hundes an den Arbeitsplatz erfülle noch nicht den Begriff des „Haltens“ im hundesteuerrechtlichen Sinne (a.a.O., Rn. 22), wird in dem (die streitgegenständlichen Bescheide betreffenden) Beschluss des Senats vom 7. November 2023 aufgegriffen und dahingehend präzisiert, dass „im Regelfall“ der Haushalt des Hundehalters und nicht dessen auswärtige Arbeitsstelle, an die der Hund regelmäßig mitgenommen wird, als der Ort der Hundehaltung anzusehen ist (BayVGH, a.a.O., Rn. 25). Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung hat das Verwaltungsgericht zu Recht das Gemeindegebiet der Beklagten als denjenigen Ort angesehen, an dem die beiden Hunde gehalten werden. Es konnte sich dabei auf die Aussagen der Ehefrau des Klägers in der mündlichen Verhandlung stützen, wonach sich die Hunde nur tagsüber in der Zimmerei befinden und am Abend – auch zur Wahrung des Familienbezugs und zur Sozialisierung – zum Wohnsitz des Klägers mitgenommen werden, wo sie auch übernachten. Dass diese Handhabung nicht von Anfang an, sondern erst ab Oktober 2022 bestanden hätte, die Tiere also in früheren Jahren nächtelang allein in der Zimmerei in V. zurückgeblieben wären, hat der Kläger zu keinem Zeitpunkt behauptet; auch seinem Beweisangebot bezüglich der Vernehmung des dortigen Bürgermeisters lässt sich nichts dergleichen entnehmen. Das Verwaltungsgericht hat demnach das Vorliegen eines Sonderfalls, in dem die auswärtige Arbeitsstelle steuerrechtlich als Ort der Hundehaltung anzusehen wäre, entsprechend der bisherigen Rechtsprechung zu Recht verneint, ohne dass es einer weiteren Sachaufklärung oder zusätzlicher rechtlicher Erwägungen bedurft hätte. Da das Gericht seine Entscheidung nicht auf die im Zulassungsantrag erwähnte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. April 2013 gestützt hat, lässt sich auch aus dem diesbezüglichen Sachvortrag des Klägers kein überdurchschnittlicher Schwierigkeitsgrad des Falles ableiten.
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c) Die Rechtssache hat ersichtlich keine grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. Nr. 3 VwGO). Die hierzu in der Begründung des Zulassungsantrags wiedergegebene Passage aus dem Grundsatzurteil des Senats vom 26. September 2012 findet sich nicht wie angegeben in Randnummer 19, sondern schon in Randnummer 15 und enthält lediglich eine Zusammenfassung des prozessualen Vorbringens der Landesanwaltschaft Bayern im damaligen Verfahren. Inwiefern sich daraus eine grundsätzlich klärungsfähige und klärungsbedürftige Sach- oder Rechtsfrage ergeben soll, hat der Kläger nicht nachvollziehbar dargelegt.
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d) Es liegt schließlich auch kein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel vor, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO). In dem Verzicht auf Beiziehung der Hundesteuerakten der Gemeinde V. und in der unterbliebenen Vernehmung des als Zeugen angebotenen Bürgermeisters dieser Nachbargemeinde lag kein Gehörsverstoß zu Lasten des Klägers, da es nach der (zutreffenden) Rechtsansicht des Verwaltungsgerichts weder auf den Inhalt der genannten Akten noch auf etwaige Rechtsauskünfte einer im vorliegenden Fall unzuständigen Amtsperson ankam.
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2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 3 GKG.
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Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).