Inhalt

VGH München, Beschluss v. 02.06.2025 – 1 ZB 23.1655
Titel:

Gesicherte Erschließung, Dienstbarkeit (Geh- und Fahrtrecht), Widmung, Beschränkt-öffentlicher Weg, Notwegerecht

Normenketten:
BayBO Art. 71 S. 4 i.V.m. Art. 68 Abs. 1 S. 1 Halbs. 1
BayStrWG Art. 6, 53 Nr. 2
Schlagworte:
Gesicherte Erschließung, Dienstbarkeit (Geh- und Fahrtrecht), Widmung, Beschränkt-öffentlicher Weg, Notwegerecht
Vorinstanz:
VG München, Urteil vom 20.04.2023 – M 11 K 20.2847
Fundstelle:
BeckRS 2025, 12420

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Kläger tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Zulassungsverfahrens. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 40.000,-- Euro festgesetzt.

Gründe

I.
1
Die Kläger begehren die Erteilung eines Vorbescheids für die Errichtung eines Mehrfamilienhauses auf dem Grundstück FlNr. ...4, Gemarkung H. (im Folgenden: Vorhabengrundstück).
2
Das Vorhabengrundstück ist bislang nahe seiner westlichen Grundstückgrenze mit drei kleineren Nebengebäuden bebaut und im Übrigen unbebaut. Südöstlich des Vorhabengrundstücks verläuft eine schmale, für den Fußgängerverkehr gewidmete öffentliche Wegefläche (Grundstück FlNr. …1). Das westlich angrenzende Grundstück FlNr. ...7 wird in seinem unmittelbar an das Vorhabengrundstück angrenzenden nördlichen Bereich als Parkplatz genutzt; im südlichen Bereich dieses Grundstücks befindet sich ein ehemaliges Schulgebäude, das heute als Rathaus von H. dient. Die Zufahrt zum Parkplatz sowie zum Rathaus erfolgt von der südwestlich gelegenen L. Straße aus über das Grundstück FlNr. …2 und sowie das Grundstück FlNr. ...7 selbst. Zwischen dem Rathausgebäude und dem Vorhabengrundstück beginnt die Wegefläche auf dem Grundstück FlNr. …1, die nach Nordosten u.a. entlang der südöstlichen Grenze des Vorhabengrundstücks zur nördlich gelegenen Straße „A. “ führt.
3
Im Jahr 1951 wurde zulasten des Grundstücks FlNr. ...6 (das damals auch die Wegefläche auf dem heutigen Grundstück FlNr. …1 umfasste) und zugunsten des jeweiligen Eigentümers des Vorhabengrundstücks (damals FlNrn. ...5 und ...5 ½) ein Geh- und Fahrtrecht ins Grundbuch eingetragen, wonach das Grundstück FlNr. ...6 in nordöstlicher Richtung von dem vom Schulgebäude vorbeiführenden Weg aus mit Fahrzeugen aller Art überquert werden darf.
4
Mit am 30. August 2019 bei der Beigeladenen eingegangenem Antrag beantragten die Kläger die Erteilung eines Vorbescheids für die Errichtung eines Vierfamilienhauses auf dem Vorhabengrundstück. Abgefragt wurde, ob auf dem Vorhabengrundstück ein Vierfamilienhaus, wie dargestellt, errichtet werden könne. In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht wurde erklärt, dass sich die Vorbescheidsfrage auf die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens bezieht. Ausweislich der Eingabeplanung und der ergänzenden Angaben gegenüber dem Landratsamt soll die (wegemäßige) Erschließung ausgehend von der L. Straße über eine Zufahrt im Bereich der süd(westlichen) Grundstücksecke von Süden her erfolgen.
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Die Beigeladene versagte mit Beschluss vom 18. September 2019, aufrechterhalten mit Beschluss vom 5. Februar 2020, ihr Einvernehmen wegen fehlender Erschließung.
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Mit Bescheid vom 4. Juni 2020 lehnte das Landratsamt die Erteilung des begehrten Vorbescheids mangels gesicherter Erschließung des Vorhabengrundstücks ab.
7
Die dagegen gerichtete Klage wies das Verwaltungsgericht nach Einnahme eines Augenscheins mit Urteil vom 20. April 2023 ab. Zur Begründung wurde darauf abgestellt, dass es unabhängig von der Zuordnung des Vorhabengrundstücks zum Innen- oder Außenbereich an der gesicherten Erschließung des Vorhabens fehle.
8
Mit ihrem Zulassungsantrag machen die Kläger geltend, dass ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestünden. Die Ansicht, das Vorhabengrundstück sei wegerechtlich nicht erschlossen und das im Jahr 1951 eingetragene Geh- und Fahrtrecht genüge den Voraussetzungen der Erschließung für das Bauvorhaben nicht, sei fehlerhaft. Die Beigeladene nehme bezüglich der in ihrem Eigentum stehenden öffentlichen Wege und Flächen eine Monopolstellung ein, die nicht dazu missbraucht werden dürfe, durch Verweigerung der Nutzung dieser öffentlichen Flächen Bauvorhaben zu verhindern; das Verwaltungsgericht habe in diesem Zusammenhang verkannt, dass es sich nicht um eine massive Intensivierung einer Verkehrssituation handle. Ebenso fehlerhaft sei es davon ausgegangen, dass die Erschließung über die lediglich für den öffentlichen Fußgängerverkehr gewidmete Wegefläche …1 entlang des Vorhabengrundstücks erfolgen solle. Sie sei vielmehr vom Rathausvorplatz aus wenige Meter zum Vorhabengrundstück geplant. Zudem bestehe die Möglichkeit der direkten Zufahrt von der an das Vorhabengrundstück angrenzenden öffentlich gewidmeten Parkfläche aus. Die Grundstücke FlNrn. …2 und ...7 seien zumindest faktisch öffentlich gewidmet. Jedenfalls sei ein Notwegerecht gegeben.
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Der Beklagte tritt dem Zulassungsvorbringen entgegen.
10
Ergänzend wird auf die Gerichtsakten sowie die übermittelte Behördenakte Bezug genommen.
II.
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Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Der geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegt nicht vor bzw. wurde nicht den Anforderungen von § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechend dargelegt.
12
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit eines Urteils, die die Zulassung der Berufung rechtfertigen, sind zu bejahen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird (vgl. BVerfG, B.v. 8.5.2019 – 2 BvR 657/19 – juris Rn. 33; B.v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 – NVwZ 2011, 546) und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen (vgl. BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – NVwZ-RR 2004, 542).
13
Das ist vorliegend nicht der Fall. Nach dem Zulassungsvorbringen erscheint es nicht ernstlich zweifelhaft, dass die Kläger, wie vom Verwaltungsgericht angenommen, keinen Anspruch auf Erteilung des begehrten Vorbescheids haben (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO i.V.m. Art. 71 Satz 4, Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 BayBO). Das Verwaltungsgericht hat im Ergebnis zutreffend festgestellt, dass die Voraussetzungen für eine positive Beantwortung der Frage betreffend die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit eines Vierfamilienhauses auf dem Vorhabengrundstück nicht gegeben sind, da es an der (bauplanungsrechtlich erforderlichen) gesicherten Erschließung des Vorhabens fehlt.
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Unabhängig davon, ob das Bauvorhaben bauplanungsrechtlich nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB oder nach § 35 Abs. 2 BauGB zu beurteilen ist, was das Verwaltungsgericht zulässigerweise offengelassen hat, setzt die jeweils erforderliche gesicherte Erschließung in verkehrlicher Hinsicht eine gesicherte Verbindung des Baugrundstücks zum öffentlichen Wegenetz (vgl. BVerwG, U.v. 31.10.1990 – 4 C 45.88 – NVwZ 1991, 1076) und dabei die Erreichbarkeit des Grundstücks mit Kraftfahrzeugen voraus (vgl. BayVGH, B.v. 8.4.2016 – 1 CS 19.261 – juris Rn. 16). Diese Verbindung muss dauerhaft zur Verfügung stehen und somit rechtlich gesichert sein. Grenzt ein Grundstück nicht (unmittelbar) an eine öffentliche Straße, ist hierfür grundsätzlich eine öffentlich-rechtliche Baulast oder eine dinglich-privatrechtliche Absicherung (etwa durch eine Grunddienstbarkeit nach § 1018 BGB) zu fordern; eine rein schuldrechtliche Vereinbarung reicht mangels Dauerhaftigkeit der Sicherung nicht aus (stRspr, vgl. BVerwG, B.v. 22.11.1995 – 4 B 224.95 – juris Rn. 3; B.v. 27.9.1990 – 4 B 34.90 u.a. – ZfBR 1991, 31; U.v. 3.5.1988 – 4 C 54.85 – NVwZ 1989, 353; BGH, U.v. 21.5.1992 – III ZR 14/91 – BGHZ 118, 263; BayVGH, U.v. 28.2.2023 – 1 B 21.1241 – juris Rn. 17).
15
Im Bereich der nach dem Eingabeplan und den ergänzenden Angaben gegenüber dem Landratsamt geplanten Zufahrt auf das Vorhabengrundstück grenzt dieses an das Grundstück FlNr. …1 an. Dieses Grundstück ist zwar insgesamt im Sinn von Art. 6 Abs. 1 BayStrWG gewidmet und damit eine rechtlich öffentliche Straße. Sie ist allerdings als beschränkt-öffentlicher Weg im Sinn von Art. 53 Nr. 2 BayStrWG (nur) für den Fußgängerverkehr (vgl. Art. 6 Abs. 2 Satz 3 BayStrWG) gewidmet (Straßenname „U. …weg“; vgl. Art. 3 Abs. 2 BayStrWG, Bestandsverzeichnis für beschränkt-öffentliche Wege der Beigeladenen sowie Eintragungsverfügung vom 19.12.1971, Bl. 22 ff. BA). Da der Gemeingebrauch durch die Widmung auf die Nutzung durch Fußgänger beschränkt ist (Art. 14 Abs. 1 Satz 1 BayStrWG), ist ein regelmäßiges Befahren der Wegefläche durch Kraftfahrzeuge unzulässig; das unmittelbare Angrenzen des Vorhabengrundstücks an den „U. …weg“ genügt daher nicht den Anforderungen an die für eine Erschließung im Sinn von § 34 Abs. 1 Satz 1 bzw. § 35 Abs. 2 BauGB erforderliche gesicherte Verbindung des Baugrundstücks zum öffentlichen Wegenetz (vgl. BayVGH, B.v. 8.4.2019 – 1 CS 19.261 – juris Rn. 17).
16
Infolge der lediglich beschränkten Widmung der an das Vorhabengrundstück angrenzenden rechtlich öffentlichen Straße vermag die Kritik an der vom Verwaltungsgericht vorgenommenen Auslegung der im Jahr 1951 bestellten Dienstbarkeit am Grundstück FlNr. ...6 (inkl. FlNr. …1) in Form eines Geh- und Fahrtrechts zugunsten des Vorhabengrundstücks die Ergebnisrichtigkeit der angegriffenen Entscheidung nicht zu erschüttern, da der konkrete Umfang der Dienstbarkeit für die Frage der verkehrsmäßigen Erschließung des Vorhabengrundstücks nicht relevant ist. Hierauf hat der Beklagte in seiner Stellungnahme zum Zulassungsantrag vom 22. November 2023 zutreffend hingewiesen.
17
Zwar kann, wie oben dargelegt, die für die Erschließung erforderliche Verbindung des Baugrundstücks zum öffentlichen Wegenetz grundsätzlich auch durch eine dinglich-privatrechtliche Absicherung gesichert werden. Durch das 1951 zugunsten des Vorhabengrundstücks bestellte Geh- und Fahrtrecht an dem Grundstück FlNr. ...6, zu dem damals auch das Grundstück FlNr. …1 gehörte, ist jedoch wegen der auf den Fußgängerverkehr beschränkten Widmung des (Wege-)Grundstücks FlNr. …1 die Erreichbarkeit des Vorhabengrundstücks mit Kraftfahrzeugen unabhängig von der konkreten Reichweite der Dienstbarkeit nicht gesichert. Bei der von den Klägern vorgesehenen Zufahrt im Bereich der Südwestecke des Vorhabengrundstücks von Süden her muss in jedem Fall der „U. …weg“ auf dem Grundstück FlNr. …1 be- bzw. überfahren werden, um mit einem (Kraft-)Fahrzeug auf das Vorhabengrundstück zu gelangen. Denn das Vorhabengrundstück grenzt im Bereich der geplanten Zufahrt ausschließlich an das Wegegrundstück FlNr. …1 an, das in seinem südwestlichen Bereich wie ein Pfeil nach Westen in das Grundstück FlNr. ...7 hineinragt. Die aus der beschränkten Widmung des „U. …wegs“ folgende Nutzungsbeschränkung des (Wege-)Grundstücks FlNr. …1 wird durch die – wenngleich zeitlich früher erfolgte – privatrechtliche Verfügung in Form der Einräumung eines Geh- und Fahrtrechts zugunsten des Vorhabengrundstücks nicht berührt. Denn dieses Geh- und Fahrtrecht für „Fahrzeuge aller Art“ darf wegen der durch die beschränkte Widmung bedingten Zulässigkeit allein von Fußgängerverkehr – und sei es auch nur zugunsten der Kläger – nicht in einer der Widmung widersprechenden Weise ausgeübt werden, so dass das Vorhabengrundstuck auch auf der Grundlage der Dienstbarkeit – unabhängig vom konkreten Umfang des Fahrtrechts – nicht mit Kraftzeugen erreichbar ist.
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Die Widmung als rechtsgestaltender Verwaltungsakt, der die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Straße begründet (vgl. Art. 6 Abs. 1 BayStrWG; BayVGH, B.v. 4.10.2011 – 8 ZB 11.210 – juris Rn. 12), unterstellt eine zuvor meist private Grundstücksfläche einem öffentlichen Zweck und einem öffentlich-rechtlichen Regelungsregime und begründet eine (nicht eintragungsfähige) öffentlich-rechtliche Dienstbarkeit, die auf dem Grundstück lastet (Häußler in Zeitler, BayStrWG, Stand Januar 2023, Art. 6 Rn. 4). Das private Eigentum und auch sonstige private Rechte bleiben bestehen, werden aber beschränkt und durch eine öffentliche Zweckbindung überlagert (vgl. BayVGH, B.v. 5.11.2012 – 8 CS 12.802 – juris Rn. 9). Nach Art. 6 Abs. 5 BayStrWG wird die Widmung durch bürgerlich-rechtliche Verfügungen oder durch Verfügungen im Weg der Zwangsvollstreckung oder der Enteignung über die der Straße dienenden Grundstücke oder Rechte an ihnen nicht berührt. Hierin findet der Grundsatz des Vorrangs der öffentlichen Zweckbindung seinen normativen Ausdruck. Soweit vorliegend gemäß Art. 6 Abs. 3 BayStrWG wegen des eingeräumten Geh- und Fahrtrechts eine Zustimmung des bzw. der (damaligen) Eigentümer(s) des Vorhabengrundstücks zur Widmung des Wegegrundstücks FlNr. …1 erforderlich gewesen wäre, ist zwar nicht ersichtlich, dass diese erteilt wurde. Dies macht die Widmung jedoch nicht nichtig, sondern nur (grundsätzlich) anfechtbar (vgl. BayObLG, B.v. 5.1.1971 – BReg. 2 Z 96/70 – BayObLGZ 1971, 1), wobei die insoweit zu beachtenden Rechtsbehelfsfristen inzwischen in jedem Fall abgelaufen sind. Die Widmung ist damit auch den Klägern gegenüber bestandskräftig geworden und geht der 1951 bestellten Dienstbarkeit zugunsten des Vorhabengrundstücks vor.
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Aufgrund der beschränkten Widmung des „U. …wegs“ vermag zudem die Kritik der Kläger an der Annahme des Verwaltungsgerichts, dass die Erschließung des Vorhabengrundstücks vorliegend auch nicht deshalb ausnahmsweise (ausreichend) gesichert ist, weil die Wegefläche auf dem Grundstück FlNr. …1 ebenso wie die Verkehrsfläche auf dem Grundstück FlNr. ...7 im Eigentum der Beigeladenen stehen, die Ergebnisrichtigkeit der angegriffenen Entscheidung nicht zu erschüttern.
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Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann die Erschließung ausnahmsweise auch dann ausreichend gesichert sein, wenn ein Baugrundstück über ein im Eigentum einer Gemeinde stehendes Wegegrundstück, das dem allgemeinen Verkehr jedenfalls tatsächlich zur Verfügung steht, erreichbar ist, wenn die Gemeinde – trotz Fehlens einer förmlichen Widmung – auf Dauer rechtlich gehindert ist, den Anliegerverkehr zu dem Baugrundstück zu untersagen (vgl. BVerwG, U.v. 31.10.1990 – 4 C 45.88 – NVwZ 1991, 1076). Eine auf diese Weise gesicherte Erschließung ist vorliegend jedoch schon deshalb nicht gegeben, weil das Wegegrundstück FlNr. …1, das im Eigentum der Beigeladenen steht, förmlich gewidmet ist und die Beigeladene aufgrund der beschränkten Widmung des „U. …wegs“ allein für den Fußgängerverkehr bis zu einer eventuellen Einziehung oder Erweiterung der Widmung verpflichtet – und nicht gehindert – ist, einen Fahrzeugverkehr und damit auch einen Anliegerverkehr mit (Kraft-)Fahrzeugen zum Vorhabengrundstück zu untersagen. Eine Sicherung der Erschließung wegen einer Duldungspflicht der Beigeladenen infolge vorangegangenen Verhaltens scheidet angesichts der ausdrücklichen Beschränkung der zulässigen Nutzung durch die Widmung zudem auch deshalb aus, weil ein entsprechender Vertrauenstatbestand nicht geschaffen werden konnte (vgl. BayVGH, B.v. 8.4.2019 – 1 CS 19.261 – juris Rn. 17). Soweit geltend gemacht wird, dass die Beigeladene ihre Monopolstellung bezüglich öffentlicher Wege und Flächen nicht dazu missbrauchen dürfe, Bauvorhaben zu verhindern, und verpflichtet sei, diese Flächen zur Verfügung zu stellen, könnte eine solche Pflicht der Beigeladenen nur durch eine Erweiterung der Widmung des Grundstücks FlNr. …1 erfüllt werden. Eine solche ist – soweit ersichtlich – bislang nicht erfolgt. Unabhängig hiervon geht aus dem Zulassungsvorbringen nicht hervor und ist auch nicht erkennbar, dass das Wegegrundstück FlNr. …1 – zumindest in dem für eine Zufahrt zum Vorhabengrundstück von Süden in Anspruch zu nehmenden Bereich – bereits im Sinne der zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dem allgemeinen Verkehr mit (Kraft-)Fahrzeugen tatsächlich zur Verfügung steht. Schließlich lässt das Zulassungsvorbringen in diesem Zusammenhang unberücksichtigt, dass für die ausweislich des Eingabeplans und der ergänzenden Angaben gegenüber dem Landratsamt geplante Zufahrt auf das Vorhabengrundstück von Süden, die – wie in der Zulassungsbegründung nochmals ausdrücklich klargestellt – von der L. Straße her über den Rathausvorplatz erfolgen soll, nicht nur die von den Klägern insoweit angesprochenen Grundstücke FlNrn. …1 und ...7 überfahren werden müssen, sondern – worauf das Verwaltungsgericht ausdrücklich hingewiesen hat – auch das Grundstück FlNr. …2. Hierauf geht das Zulassungsvorbringen in diesem Zusammenhang nicht wie von § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO geboten ein.
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Ferner vermag auch der Einwand, dass der öffentliche Parkplatz (auf dem Grundstück FlNr. ...7) in voller Breite an das Vorhabengrundstück angrenze, diese Parkfläche öffentlich gewidmet sei und auch von dort die Möglichkeit einer direkten Zufahrt auf das Vorhabengrundstück bestehe, die Ergebnisrichtigkeit der angegriffenen Entscheidung nicht ernstlich zu erschüttern. Insoweit berücksichtigt das Zulassungsvorbringen zwar, dass, wie vom Verwaltungsgericht ausdrücklich angemerkt, für eine Zufahrt auf das Vorhabengrundstück (unmittelbar) vom Grundstück FlNr. ...7 ausgehend von der L. Straße zunächst das Grundstück FlNr. …2 überfahren werden muss. Soweit sich die Kläger allerdings gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts wenden, dass es hinsichtlich der Grundstücke FlNrn. ...7 und …2 an einer förmlichen Widmung für den öffentlichen Verkehr fehle, ist dies unbehelflich. Die Kläger meinen, dass angesichts der tatsächlichen Nutzung dieser Grundstücke unabhängig von einer formellen Widmung jedenfalls eine faktische öffentliche Widmung vorliege und andernfalls kein Zugang zum Rathaus oder zum Parkplatz möglich wäre. Dabei verkennen sie, dass es nach dem Bayerischen Straßen- und Wegegesetz keine faktische oder konkludente Widmung gibt (vgl. BayVGH, U.v. 21.4.2016 – 8 B 15.129 – juris Rn. 21; B.v. 28.10.2014 – 8 ZB 12.1938 – juris Rn. 14; B.v. 4.10.2011 – 8 ZB 11.210 – juris Rn. 13) und trotz fehlender förmlicher Widmung eine rechtlich allgemein zulässige Nutzung einer Fläche zu Verkehrszwecken nicht ausgeschlossen ist, nämlich als sog. „tatsächlich öffentlicher Weg”, auf dem aufgrund ausdrücklicher oder stillschweigender Duldung des bzw. der Verfügungsberechtigten die Benutzung durch einen nicht näher bestimmten Personenkreis zugelassen wird und stattfindet (vgl. BayObLG, B.v. 12.11.1982 – 1 Ob OWi 337/82 – NVwZ 1983, 637). Solche tatsächlich öffentlichen Wege genügen allerdings – unabhängig vom konkreten Umfang des zugelassenen öffentlichen Verkehrs – im allgemeinen den rechtlichen Anforderungen an eine für die Erschließung erforderliche öffentliche Verkehrsfläche nicht, da der Eigentümer nicht gehindert ist, sein Grundstück dem öffentlichen Verkehr wieder zu entziehen, sofern er nicht nach den Umständen des Einzelfalls auf das Widerrufsrecht verzichtet hat (vgl. zu den Anforderungen an einen Widerruf: BayVGH, U.v. 15.2.2021 – 8 B 20.2352 – BayVBl 2021, 747; zur fehlenden Erschließung durch einen rechtlich öffentlichen Weg vgl. BayVGH, U.v. 28.2.2023 – 1 B 21.1241 – juris Rn. 17). Zu einem solchen Verzicht seitens der Beigeladenen wurde nichts vorgetragen.
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Soweit sich die Kläger schließlich gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts wenden, dass sie sich hinsichtlich der Erschließung des geplanten Vorhabens nicht auf ein etwaiges Notwegerecht berufen können, führt auch dies nicht zur Zulassung der Berufung. Unabhängig davon, ob hierfür die Voraussetzungen vorliegen, erfüllt ein solches Notwegerecht jedenfalls nicht die Anforderungen an eine dauerhaft gesicherte verkehrsmäßige Erschließung für ein Wohnbauvorhaben im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB bzw. § 35 Abs. 2 BauGB (vgl. BGH, U.v. 23.1.2015 – V ZR 318/13 – NJW-RR 2015, 852; BayVGH, U.v. 28.2.2023 – 1 B 21.1241 – juris Rn. 17).
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3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und 3, § 159 Satz 2 und § 162 Abs. 3 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit Nr. 9.1.1.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit und entspricht dem vom Verwaltungsgericht festgesetzten Streitwert, gegen den die Beteiligten keine Einwände erhoben haben.
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Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).