Inhalt

VGH München, Beschluss v. 26.05.2025 – 11 ZB 25.164
Titel:

Nachträgliche Auflage zur Genehmigung zur Personenbeförderung

Normenketten:
PBefG § 15 Abs. 3
BOKraft § 22 Abs. 1
BayVwVfG Art. 14 Abs. 3
VwGO § 124 Abs. 2
Leitsätze:
1. Der Verzicht ist im Verwaltungsrecht als eigenständiges Institut anerkannt und umfasst auch den Fall des Einverständnisses mit einem erwarteten Verwaltungsakt. Er erfolgt grundsätzlich durch eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, die mit Zugang bei der Behörde wirksam wird. Einer ausdrücklichen Bezeichnung als Verzicht bedarf es nicht. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
2. Im Gelegenheitsverkehr ist die Beförderung von Fahrgästen auf Stehplätzen grundsätzlich untersagt. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Genehmigung zur Personenbeförderung mit Kraftomnibussen im Gelegenheitsverkehr, Erlass einer nachträglichen Auflage mit Einverständnis des Unternehmers, Verzicht, unbeachtlicher Widerruf, Betrieb eines „Gaudibusses“ (Partybus), Unzulässigkeit von Stehplätzen, Genehmigung, Personenbeförderung, Auflage, Gaudibus, Partybus, Stehplätze, Gelegenheitsverkehr, Zugang
Vorinstanz:
VG Regensburg, Urteil vom 18.11.2024 – RO 8 K 22.2893
Fundstelle:
BeckRS 2025, 12358

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.
1
Der Kläger wendet sich gegen eine nachträgliche Auflage zu seiner Genehmigung zur Personenbeförderung.
2
Mit Urkunde vom 4. Mai 2016 erteilte die Regierung der Oberpfalz dem Kläger die Genehmigung zur Ausführung von Gelegenheitsverkehr mit Kraftomnibussen nach §§ 48, 49 PBefG, die bis zum 31. Mai 2026 befristet ist.
3
Aufgrund dieser Genehmigung bietet der Kläger u.a. Fahrten mit einem „Gaudibus“ (Partybus) an, bei denen das Feiern mit Musik und Getränken fester Teil des Konzepts sind. Eingesetzt wird dabei auch ein umgebauter Doppeldeckerbus mit offenem Oberdeck.
4
Im Oktober 2021 sowie Mai 2022 ermahnte die Regierung den Kläger u.a. deshalb, weil Fahrgäste während der Fahrt auf dem Oberdeck des Doppeldeckerbusses, teilweise sogar auf den dortigen Sitzen, gestanden und getanzt hätten.
5
Am 8. Juli 2022 wurde ein auf dem Oberdeck dieses Busses – erhöht auf einem Tisch – stehender Fahrgast schwer verletzt (offene Schädelhirnfraktur), als er mit dem Kopf gegen die Unterseite einer Autobahnbrücke stieß, die der Bus gerade passierte. Nach Mitteilung der Polizei wurde bei dem Geschädigten eine Blutalkoholkonzentration von 0,75 Promille festgestellt, bei weiteren Fahrgästen ergaben freiwillige Tests Atemalkoholkonzentrationen zwischen 0,3 und 0,85 mg/l.
6
Daraufhin teilte die Regierung dem Kläger mit, sie sehe seine unternehmerische Zuverlässigkeit in Frage gestellt und habe zur Vermeidung gleichgelagerter Fälle ein Widerrufsverfahren eingeleitet. Im Gelegenheitsverkehr seien Stehplätze unzulässig. Die vom Kläger angeführten Hinweise auf dieses Verbot seien bei angetrunkenen Fahrgästen ersichtlich unzureichend.
7
Im Verlauf der Korrespondenz zeigte Herr Rechtsanwalt M. am 14. Juli 2022 die Vertretung des Klägers an.
8
Mit E-Mail vom 22. August 2022 fragte die Regierung den Kläger persönlich, ob er mit der Aufnahme folgender Auflage in die Genehmigung einverstanden sei: „Die Fahrgäste sind im Sitzen zu befördern (§ 22 BOKraft). Ein Aufstehen während der Fahrt ist auszuschließen.“ Daraufhin erklärte der Kläger selbst mit E-Mail vom 23. August 2022, mit der Aufnahme der genannten Auflage in die Genehmigung einverstanden zu sein.
9
Mit Bescheid vom 24. August 2022 versah die Regierung die o.g. Genehmigung des Klägers mit der vorgenannten Auflage und verpflichtete ihn, die Urkunde zu deren Eintragung vorzulegen. In den Gründen wird auf die vorgenannten Vorfälle verwiesen. Die Auflage, die § 22 BOKraft entspreche, werde mit Zustimmung des Klägers festgesetzt. Während die bußgeldrechtliche Ahndung von Verstößen dagegen bislang allein in die Zuständigkeit des Polizeiverwaltungsamts gefallen sei, könne die Regierung in Zukunft nach § 61 Abs. 1 Nr. 1 PBefG bei Missachtung der Auflage selbst bußgeldrechtlich tätig werden und damit besser ihrer Aufsichtspflicht nachkommen.
10
Mit E-Mail vom 31. August 2022 zeigten die jetzigen Bevollmächtigten die Vertretung des Klägers an, wiesen auf Art. 14 Abs. 3 BayVwVfG hin und führten an, vor diesem Hintergrund sei die erste Reaktion des Klägers zu relativieren. Der aktuelle Auflagenvorschlag begegne Bedenken.
11
Mit Widerspruchsbescheid vom 14. November 2022 wies die Regierung den Widerspruch des Klägers zurück.
12
Die dagegen erhobene Anfechtungsklage hat das Verwaltungsgericht Regensburg mit Urteil vom 18. November 2024 abgewiesen.
13
Zur Begründung seines Antrags auf Zulassung der Berufung macht der Kläger ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils, besondere tatsächliche und rechtliche Schwierigkeiten sowie eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend.
14
Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
II.
15
Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg, da die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht hinreichend dargelegt sind bzw. nicht vorliegen (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO).
16
1. Aus dem Vorbringen des Klägers, auf das sich die Prüfung des Verwaltungsgerichtshofs beschränkt (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO), ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung.
17
a) Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen dann, wenn ein tragender Rechtssatz der angefochtenen Entscheidung oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und sich die Frage, ob die Entscheidung aus anderen Gründen im Ergebnis richtig ist, nicht ohne nähere Prüfung beantworten lässt (vgl. BayVGH, B.v. 21.1.2022 – 22 ZB 21.2116 – BayVBl 2022, 493 Rn. 11; OVG NW, B.v. 1.10.2020 – 1 A 2433/20 – juris Rn. 4; SächsOVG, B.v. 8.12.2019 – 6 A 740/19 – juris Rn. 3; BVerfG, B.v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453/12 – NVwZ 2016, 1243 Rn. 16 f.; BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – NVwZ-RR 2004, 542 = juris Rn. 9).
18
b) Das Verwaltungsgericht hat angenommen, in der Erklärung des Klägers vom 23. August 2022, mit der Aufnahme der Auflage in die Genehmigung einverstanden zu sein, liege ein sachlich-rechtlicher Verzicht, der dem Erfolg der Anfechtungsklage materiell-rechtlich entgegenstehe. § 15 Abs. 3 PBefG lasse an sich keine nachträgliche Auflage zu. Eine solche könne daher grundsätzlich nur erlassen werden, wenn die Voraussetzungen einer Teilaufhebung des nebenbestimmungsfreien Hauptverwaltungsakts nach Art. 48 ff. BayVwVfG vorlägen und die beizufügende Nebenbestimmung darüber hinaus den Anforderungen des Art. 36 BayVwVfG gerecht werde. Hier habe der Kläger jedoch durch sein Einverständnis auf diese rechtlichen Vorgaben verzichtet. Aus der Sicht eines objektiven Empfängers könne seine Erklärung nicht anders verstanden werden, als dass er sich des Vertrauensschutzes hinsichtlich der Anforderungen an den Erlass nachträglicher Auflagen entäußere. Diesen Verzicht habe der Kläger persönlich erklären können. Eine Vertretungsanzeige des jetzigen Bevollmächtigten sei nicht aktenkundig. Ein Verstoß gegen Art. 14 Abs. 3 BayVwVfG wäre im Übrigen unbeachtlich für die Wirksamkeit des Einverständnisses, sofern man einen solchen überhaupt annähme, da es sich bei Art. 14 Abs. 3 BayVwVfG zum einen um eine bloße „Soll-Vorschrift“ handle, die der Behörde in atypischen Situationen gerade die Möglichkeit gebe, mit dem Betroffenen selbst Kontakt aufzunehmen, und zum anderen der Beendigungszeitpunkt der Mandatierung von Rechtsanwalt M. bereits unklar und den Akten nicht zu entnehmen sei.
19
c) Diese das Urteil selbständig tragenden Annahmen stellt der Antrag auf Zulassung der Berufung nicht ernstlich in Frage.
20
aa) Das Verwaltungsgericht geht im rechtlichen Ausgangspunkt zutreffend davon aus, dass der Verzicht im Verwaltungsrecht als eigenständiges Institut anerkannt ist (vgl. Sachs in Stelkens/Bonk, VwVfG, 10. Aufl. 2022, § 53 Rn. 30) und auch den Fall des Einverständnisses mit einem erwarteten Verwaltungsakt umfasst (vgl. Wöckel in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 69 Rn. 8). Er erfolgt grundsätzlich durch eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, die mit Zugang bei der Behörde wirksam wird. Einer ausdrücklichen Bezeichnung als Verzicht bedarf es nicht. Vielmehr ist nach §§ 133, 157 BGB der wirkliche Wille des Erklärenden zu erforschen. Dabei ist vom Wortlaut der Erklärung auszugehen. Ein Verzicht muss sich aus dem Verhalten des Berechtigten klar ergeben, sei es, dass er ausdrücklich erklärt wird oder aus einem sonstigen Verhalten eindeutig zu entnehmen ist. Es kommt dabei nicht auf den inneren Willen der erklärenden Partei, sondern darauf an, wie die Erklärung aus der Sicht des Empfängers bei objektiver Betrachtungsweise zu verstehen ist. Der Verzicht hat den Verlust bzw. das Erlöschen der Rechtsposition zur Folge, auf die verzichtet wurde, soweit diese für den Verzichtenden disponibel ist (vgl. SächsOVG, B.v. 6.4.2017 – 4 A 41/16 – juris Rn. 10; Sachs a.a.O. Rn. 29 ff.; Engels in Mann/Sennekamp/Uechtritz, VwVfG, 2. Aufl. 2019, § 53 Rn. 24 f.).
21
bb) Hiervon ausgehend ist es unerheblich, wenn der Antrag auf Zulassung der Berufung – auf dessen inneren Willen abstellend – einwendet, einen derart weitreichenden Verzicht habe der Kläger nie erklären wollen.
22
cc) Sofern der Kläger geltend macht, den Verzicht so (objektiv) auch nicht erklärt zu haben, setzt er der Auslegung seiner Äußerung vom Empfängerhorizont her durch das Verwaltungsgericht nichts Substantielles entgegen. Aber auch abgesehen davon ist für den Senat nicht zweifelhaft, dass der Kläger bei objektiver Betrachtungsweise seine Zustimmung zu der nachträglichen Auflage erklärt hat (vgl. dazu OVG NW, U.v. 14.7.1975 – XIII A 1197/73 – VRS 50, 396/399; Fielitz/Grätz, PBefG, Stand November 2024, § 15 PBefG Rn. 15; Fromm/Sellmann/Zuck, Personenbeförderungsrecht, 2. Aufl. 2022, § 15 PBefG Rn. 5). Dabei darf berücksichtigt werden, dass die Auflage keine weitreichenden Folgen erkennen lässt. Sie gibt, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausführt, materiell-rechtlich allein eine Verpflichtung wieder, die ohnehin kraft Gesetzes gilt. Nach § 22 Abs. 1 BOKraft sind Stehplätze nur zulässig, wenn das Fahrzeug im – hier nicht einschlägigen Obusverkehr (vgl. dazu § 4 Abs. 3 PBefG) – oder im Linienverkehr mit Kraftomnibussen eingesetzt wird. Im Gelegenheitsverkehr, wie er hier in Rede steht, ist die Beförderung von Fahrgästen auf Stehplätzen folglich grundsätzlich untersagt (vgl. Fromm/Sellmann/Zuck, § 22 BOKraft Rn. 1). Wenn es in dem Bescheid ergänzend heißt, dass ein Aufstehen während der Fahrt auszuschließen ist, zielt das ersichtlich darauf, dass der Kläger seinen Fahrgästen entsprechende Verhaltenspflichten auferlegt und diese wirksam durchsetzt. Nicht umfasst davon ist hingegen nach Sinn und Zweck das kurzzeitige Verlassen des Sitzplatzes während der Fahrt, das in engen Grenzen zulässig bleibt (vgl. auch § 21a Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 StVO; BR-Drs. 328/98, 16). Anders als der Kläger in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat, liegt es auch ohne eine entsprechende Auflage in seiner Verantwortung, die Beförderung im Stehen zu unterbinden. Dabei hat er auch den besonderen Gefahren durch Feiern im Bus mit ausgelassener Stimmung und alkoholbedingter Enthemmung sowie das offene Oberdeck Rechnung zu tragen. Ferner handelt es sich bei § 22 Abs. 1 BOKraft um eine der Verkehrssicherheit dienende Vorschrift, deren Verletzung nach Maßgabe des § 25 Abs. 1 Satz 2 PBefG unabhängig von einer entsprechenden Auflage die Zuverlässigkeit in Frage stellen kann. Geändert hat sich allein, wie sich aus dem Bescheid ergibt und worauf dieser ausdrücklich abzielt, dass der Verstoß gegen die Auflage nicht nur nach § 45 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. f BOKraft, sondern auch nach § 61 Abs. 1 Nr. 1 PBefG ordnungswidrig ist und damit von der Regierung geahndet werden kann (vgl. § 61 Abs. 3 Satz 1 PBefG i.V.m. § 15 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 Nr. 2 ZustV).
23
dd) Der Einwand des Klägers, in dem Rechtsmittel liege jedenfalls ein wirksamer Widerruf, verfängt ebenfalls nicht. Ein Widerruf der Erklärung ist analog § 130 Abs. 1 Satz 2 BGB nur bis zu ihrem Zugang möglich (vgl. Sachs in Stelkens/Bonk, VwVfG, § 53 Rn. 35; s. auch BVerwG, U.v. 15.11.2012 – 7 C 15.12 – NVwZ-RR 2013, 304 Rn. 25 ff.).
24
ee) Die Annahme des Verwaltungsgerichts, der Wirksamkeit des Verzichts und der Rechtmäßigkeit des darauf gestützten Bescheids stehe nicht entgegen, dass der Kläger den Verzicht persönlich erklärt hat, zieht der Antrag auf Zulassung der Berufung gleichfalls nicht durchgreifend in Frage.
25
Nach Art. 14 Abs. 3 Satz 1 BayVwVfG soll sich die Behörde, wenn für das Verfahren ein Bevollmächtigter bestellt ist, an diesen wenden. Die Kammer hat im Ergebnis offen gelassen, ob die Regierung hier gegen diese Norm verstoßen hat. Sie hat – unter Verweis auf die einschlägige Kommentarliteratur (Porz in Fehling/Kastner/Störmer, Verwaltungsrecht, 5. Aufl. 2021, § 14 Rn. 16) sowie Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 30.10.1997 – 3 C 35.96 – BVerwGE 105, 288) – angenommen, ein etwaiger Verstoß wäre jedenfalls unbeachtlich für die Wirksamkeit des Einverständnisses. Dazu verhält der Antrag auf Zulassung der Berufung sich bereits nicht, wenn er einwendet, das Gericht habe nicht begründet, warum hier eine atypische Situation vorliege, die eine direkte Kontaktierung des Klägers erlaubt habe.
26
Wenn der Kläger geltend macht, er sei durch die direkte Kontaktaufnahme überrumpelt worden, stellt dies den rechtlichen Ansatz des Verwaltungsgerichts nicht in Frage und greift im Übrigen auch tatsächlich nicht durch. Die Regierung hat weder eine Frist noch den Kläger unangemessen unter Druck gesetzt, so dass die Berufung auf den Verzicht nicht als unzulässige Rechtsausübung erscheint (vgl. dazu auch Sachs, a.a.O. Rn. 35). Dem Kläger wäre es – sollte das Mandat damals noch bestanden haben – ein Leichtes gewesen, seinen damaligen Bevollmächtigten einzubinden (vgl. in diese Richtung auch BVerwG a.a.O. juris Rn. 30; OVG NW, B.v. 18.11.2002 – 18 B 2289/02 – NVwZ-RR 2003, 386 = juris Rn. 13).
27
d) Ob die ebenfalls selbständig tragende Annahme des Verwaltungsgerichts, die Auflage wiederhole faktisch allein das Gesetz und verletze den Kläger daher nicht in seinem subjektiven Recht, durch den Antrag auf Zulassung der Berufung in Zweifel gezogen wird, bedarf damit keiner Erörterung. Ist das angefochtene Urteil – wie vorliegend – auf mehrere selbständig tragende Begründungen gestützt (kumulative Mehrfachbegründung), ist die Berufung nur zuzulassen, wenn im Hinblick auf jede dieser Urteilsbegründungen ein Zulassungsgrund geltend gemacht ist und vorliegt (Happ in Eyermann, VwGO, § 124a Rn. 61; BayVGH, B.v. 19.11.2024 – 22 ZB 23.2298 – juris Rn. 19).
28
2. Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO legt der Antrag auf Zulassung der Berufung nicht hinreichend dar. Warum der Sachverhalt hier besonders unübersichtlich oder schwierig zu ermitteln sein sollte und weiterer Ermittlungsbedarf bestünde (vgl. dazu Happ, a.a.O. § 124a Rn. 71), ist nicht ansatzweise erkennbar. Aber auch in rechtlicher Hinsicht setzt der Antrag sich nicht substantiell mit dem Urteil auseinander und macht nicht deutlich, in welchem konkreten rechtlichen Punkt das Urteil zweifelhaft ist bzw. offen erscheint (vgl. dazu Happ a.a.O. Rn. 68). Insbesondere ist, wie ausgeführt, geklärt, dass die Verzichtserklärung nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen nur bis zu ihrem Zugang widerrufen werden kann.
29
3. Schließlich ist die Berufung auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen. Einer Rechtssache kommt grundsätzliche Bedeutung zu, wenn für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts eine konkrete, jedoch fallübergreifende Tatsachen- oder Rechtsfrage von Bedeutung war, deren noch ausstehende obergerichtliche Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu einer bedeutsamen Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint (vgl. Happ, a.a.O. § 124 Rn. 36). Dementsprechend verlangt die Darlegung der rechtsgrundsätzlichen Bedeutung nach § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO, dass eine konkrete Tatsachen- oder Rechtsfrage formuliert und aufgezeigt wird, weshalb die Frage im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts klärungsbedürftig und klärungsfähig, insbesondere entscheidungserheblich, ist; ferner, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung dieser Frage besteht (vgl. Happ, a.a.O. § 124a Rn. 72; Rudisile in Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, Stand August 2024, § 124a VwGO Rn. 102 ff.). Dabei ist in Auseinandersetzung mit der vorhandenen Rechtsprechung und Literatur darzulegen, in welchem Sinne und aus welchen Gründen die Beantwortung der Frage zweifelhaft und streitig ist (Roth in BeckOK VwGO, Stand 1.7.2025, § 124a Rn. 76). Der bloße Hinweis, die Rechtsfrage sei bislang noch nicht ober- oder höchstrichterlich entschieden worden, reicht allein ebensowenig (Seibert in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Auflage 2018, § 124a Rn. 212) wie die bloße kritische Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung ohne Herausarbeitung einer konkreten Rechts- oder Tatsachenfrage (Kuhlmann in Wysk, VwGO, 3. Auflage 2020, § 124a Rn. 52).
30
Diesen Darlegungsanforderungen wird die Antragsbegründung nicht gerecht, wenn sie ins Feld führt, zum sachlich-rechtlichen Verzicht sei keine obergerichtliche, gefestigte Rechtsprechung ersichtlich. Es fehlt bereits an einer konkreten Fragestellung.
31
4. Als unterlegener Rechtsmittelführer hat der Kläger die Kosten des Verfahrens zu tragen (§ 154 Abs. 2 VwGO).
32
5. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 und § 52 Abs. 2 GKG.
33
6. Dieser Beschluss, mit dem die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig wird (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO), ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).