Titel:
Vorbescheid, Verbescheidung, Denkmalschutzrechtliche Erlaubnis (Nähefall), Befreiung, Baumfällung
Normenketten:
BayBO Art. 71
BayDSchG Art. 6 Abs. 1 S. 2
BauGB § 31 Abs. 2
Schlagworte:
Vorbescheid, Verbescheidung, Denkmalschutzrechtliche Erlaubnis (Nähefall), Befreiung, Baumfällung
Fundstelle:
BeckRS 2025, 12334
Tenor
I. Der Vorbescheid der Beklagten vom 6.5.2024 wird hinsichtlich der Antworten zu den Fragen 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10 und 11 aufgehoben.
Die Beklagte wird verpflichtet, die im Vorbescheidsantrag vom 6.9.2023 gestellte Frage 11 positiv zu beantworten.
Die Beklagte wird verpflichtet über die im Vorbescheidsantrag vom 6.9.2023 gestellten Fragen 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9 und 10 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Klägerin hat ½, die Beklagte ½ der Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist für die Beklagte ohne, für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrags vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleiche Höhe leistet.
Tatbestand
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Die Klägerin begehrt die Verpflichtung der Beklagten zur positiven Beantwortung von Vorbescheidsfragen für die Neubebauung der Grundstücke FlNr. … und … jeweils Gemarkung …, D. str. 31 („Baugrundstück“).
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Das Baugrundstück liegt im Geviert D. straße, N. Straße, E. Straße und W. straße. Im Geviert sind Bauräume sowohl durch vordere Baulinien als auch durch seitliche bzw. rückwärtige Baugrenzen festgesetzt. Derzeit befindet sich auf dem Baugrundstück auf der FlNr. … ein zweigeschossiges Einfamilienhaus mit nachträglich ausgebautem Dachgeschoss. Die FlNr. … ist derzeit unbebaut.
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Schräg gegenüber im Geviert D. straße, N. Straße, O. straße, T. Straße befindet sich die in die Denkmalliste unter Nr. … als Einzelbaudenkmal eingetragene sogenannte „Atriumsiedlung“, die die gesamte Bebauung in diesem Geviert umfasst.
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Vergleiche zur baulichen Situation folgenden – aufgrund Einscannens möglicherweise nicht mehr maßstabsgetreuen – Lageplan im Maßstab 1:1000, der eine Darstellung des Vorhabens enthält:
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Mit Eingang ihres Bauantrags (Plannummer …*) bei der Beklagten am 6. September 2023 beantragte die Klägerin die Erteilung eines Vorbescheids für den Neubau zweier Mehrfamilienhäuser mit Tiefgarage auf dem Baugrundstück unter Abriss des Bestandsgebäudes. Geplant ist, dass das westliche der beiden Mehrfamilienhäuser eine Grundfläche von 221,03 m2 und das östliche Mehrfamilienhaus eine Grundfläche von 229,23 m2 aufweisen soll. Beide Baukörper sollen über drei Geschosse verfügen, wobei das zweite Obergeschoss jeweils als Terrassengeschoss mit Flachdach ausgestaltet ist.
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In dem Vorbescheidsantrag stellte die Klägerin unter anderem mehrere Fragen zu verschiedenen Befreiungen von den übergeleiteten Baulinien und Baugrenzen (Fragen 3 bis 10), unter anderem für das Terrassengeschoss und die Lichtschächte, Terrassen und Balkone. Außerdem beinhaltete der Antrag auf Vorbescheid noch eine Frage nach der Inaussichtstellung der Genehmigung zur Fällung mehrerer Bäume unter anderem dem im Baumbestandsplan als Baum Nr. 1 gekennzeichneten Baum (Frage 12). Zudem stellte die Klägerin folgende Frage 11:
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„Wird die im Rahmen der Baugenehmigung zu erteilende denkmalrechtliche Erlaubnis nach Art. 6 Abs. 1, S. 2 BayDSchG in Aussicht gestellt?“
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Mit Bescheid vom 6. Mai 2024 entschied die Beklagte über den Vorbescheidsantrag. Dabei beantwortete sie die Fragen 3 bis 11 vollumfänglich negativ. Bei den Fragen 3 bis 10 stützte die Beklagte dies maßgeblich darauf, dass der Denkmalerhalt ein maßgeblicher öffentlicher Belang sei, der der Erteilung einer Befreiung entgegenstehe. Bei Frage 11 begründete die Beklagte ihre negative Antwort damit, dass es sich bei dem Bestandsgebäude um ein Einzelbaudenkmal handle und daher keine denkmalrechtliche Erlaubnis in Aussicht gestellt werden könne. Frage 12 beantwortete die Beklagte nur hinsichtlich Baum Nr. 1 negativ. Dieser Baum zeige sich vital und erhaltenswert und könne aufgrund seiner randständigen Lage unter Beachtung von Baumschutzmaßnahmen erhalten werden. Hinsichtlich der Bäume 2, 3 und 4 beantwortete die Beklagte die Frage 12 positiv, sofern eine denkmalrechtliche Erlaubnis erteilt werden könne. Hinsichtlich der übrigen Bäume bestehe keine Notwendigkeit für eine Fällgenehmigung, da es sich nicht um geschützte Gehölze nach der Baumschutzverordnung der Landeshauptstadt München handle.
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Mit Schriftsatz vom 6. Juni 2024, eingegangen bei Gericht am selben Tag ließ die Klägerin durch ihren Bevollmächtigten Klage erheben und beantragt zuletzt,
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Der Vorbescheid vom 06.05.2024, Az. … wird aufgehoben, soweit die Vorbescheidsfragen 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11 und 12 (teilweise) negativ beantwortet wurden.
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Die Beklagte wird verpflichtet, die unter Ziffer I genannten Fragen positiv zu beantworten.
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Die in den Fragen 3 bis 10 beantragten Befreiungen seien zu erteilen, insoweit werde auf die zutreffenden Aussagen des Büros … . im Beiblatt zu Ziffer 6 des Bauantrags verwiesen. Hinsichtlich der Frage 11 werde zur Vermeidung von Wiederholungen auf das klägerische Vorbringen in den Verfahren M 8 K 24.2510 und M 8 K 24.3325 Bezug genommen. Hinsichtlich der Frage 12 gelte ebenso das zu Frage 11 ausgeführte, da die Fällungen der Bäume 2, 3 und 4 ausschließlich aufgrund einer fehlenden denkmalrechtlichen Erlaubnis nicht in Aussicht gestellt worden seien.
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Die Beklagte beantragt
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Es bestehe kein Anspruch auf positive Beantwortung der Frage 11 hinsichtlich der Inaussichtstellung einer denkmalrechtlichen Erlaubnis nach Art. 6 Abs. 1 BayDSchG. Bei dem Gebäude D. str. 31 handle es sich nicht nur um ein Vorhaben in der Nähe eines Einzelbaudenkmals. Vielmehr sei das bestehende Gebäude D. str. 31 selbst ein Einzelbaudenkmal. Der Inaussichtstellung der Baumfällungen stehe ebenfalls die Denkmaleigenschaft des Bestandsgebäudes entgegen.
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Neben der hier zu entscheidenden Klage erhob die Klägerin zwei Klagen auf Feststellung des Nichtbestehens der Denkmaleigenschaft des Gebäudes D. str. 31. Die gegen den Freistaat Bayern gerichtete Feststellungklage wurde bei dem erkennenden Gericht unter dem Aktenzeichen M 8 K 24.2510 geführt und inzwischen durch Beschluss vom 31. März 2025 infolge Klagerücknahme eingestellt. Die gegen die Landeshauptstadt München gerichtete Feststellungsklage wird bei dem erkennenden Gericht unter dem Aktenzeichen M 8 K 24.3325 geführt. Über diese Klage wurde mit Urteil vom 31. März 2025 parallel zu dem hiesigen Verfahren entschieden. Auf die den Parteien bekannten Gründe dieses Urteils wird Bezug genommen. Darüber hinaus war bei dem Gericht auch ein Verfahren der Eigentümer eines benachbarten Grundstücks gegen den hier streitgegenständlichen Vorbescheid unter dem Aktenzeichen M 8 K 24.3442 anhängig. In diesem Verfahren wurden die den Vorbescheid vom 6. Mai 2024 betreffenden Behördenakten vorgelegt. Das Verfahren M 8 K 24.3442 wurde mittlerweile durch Beschluss vom 15. April 2025 infolge übereinstimmender Erledigungserklärungen eingestellt.
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Das Gericht hat am 31. März 2025 Beweis erhoben durch Augenschein. Auf das Protokoll hierzu und zur mündlichen Verhandlung wird Bezug genommen. Zum weiteren Vorbringen der Parteien und zu den Übrigen Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die vorgelegten Behördenakten in diesem, sowie in den Verfahren M 8 K 24.2510, M 8 K 24.3325 und M 8 K 24.3442 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage hat nur im tenorierten Umfang Erfolg, im Übrigen ist sie unbegründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf positive Beantwortung der Frage 11 aus dem Vorbescheidsantrag vom 6. Mai 2024 (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Hinsichtlich der Fragen 3 bis 10 hat die Klägerin einen Anspruch auf erneute Verbescheidung durch die Beklagte (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO). Hinsichtlich der Frage 12 ist die Klage – soweit Frage 12 und deren Beantwortung durch die Beklagte überhaupt Klagegebenstand sind – unbegründet, da die Klägerin weder einen Anspruch auf Erteilung noch auf Neuverbescheidung der Fällgenehmigung für den Baum Nr. 1 hat.
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Der Bauherr kann schon vor Einreichung des Bauantrags zu einzelnen Fragen des Bauvorhabens einen Vorbescheid beantragen (Art. 71 Satz 1 BayBO). Gemäß Art. 71 Satz 4 i.V.m. Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 BayBO ist ein positiver Vorbescheid zu erteilen, wenn dem Bauvorhaben, soweit seine Zulässigkeit abgefragt wurde, keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen, die im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfen sind. Insoweit stellt der Vorbescheid als feststellender Verwaltungsakt die Vereinbarkeit des Vorhabens mit öffentlichen-rechtlichen Vorschriften, die Gegenstand der Vorbescheidsfragen sind, fest und entfaltet während seiner Geltungsdauer (vgl. Art. 71 Satz 2, 3 BayBO) Bindungswirkung für nachfolgende Baugenehmigungsverfahren.
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1. Die Klägerin hat einen Anspruch auf positive Beantwortung von Frage 11, da sie einen Anspruch auf Erteilung der denkmalrechtlichen Erlaubnis nach Art. 6 Abs. 1 Satz 2 BayDSchG hat.
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1.1 Entgegen der Auffassung der Beklagten bezieht sich Frage 11 nicht auf eine umfassende denkmalrechtliche Erlaubnis nach Art. 6 Abs. 1 BayDSchG, die auch eine Erlaubnis für Maßnahmen an einem Einzelbaudenkmal erfassen würde. Ausweislich des eindeutigen Wortlauts ist lediglich eine denkmalrechtliche Erlaubnis nach Art. 6 Abs. 1 Satz 2 BayDSchG, also eine Erlaubnis wegen der Nähe zu Einzelbaudenkmälern, abgefragt.
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1.2 Auch fehlt der Klägerin nicht das Sachbescheidungsinteresse für die Beantwortung der Frage 11, da das Gesamtvorhaben aufgrund der Denkmaleigenschaft des Bestandsgebäudes nicht verwirklichbar wäre. Nach der Überzeugung des Gerichts – entgegen der Auffassung der Beklagten – handelt es sich bei dem auf dem Baugrundstück im Bestand vorhandenen Gebäude D. str. 31 nicht um ein Einzelbaudenkmal im Sinne von Art. 1 BayDSchG. Dies hat das Gericht mit Urteil vom 31. März 2025 im Verfahren M 8 K 24.3325 festgestellt. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf das den Beteiligten bekannte Urteil vom 31. März 2025 im Verfahren M 8 K 24.3325 Bezug genommen.
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1.3 Das Vorhaben ist nach Art. 6 Abs. 1 Satz 2 BayDSchG erlaubnisbedürftig. Der Erlaubnis bedarf nach Art. 6 Abs. 1 Satz 2 BayDSchG, wer in der Nähe von Baudenkmälern Anlagen errichten, verändern oder beseitigen will, wenn sich dies auf Bestand oder Erscheinungsbild eines der Baudenkmäler auswirken kann. Die Möglichkeit der Auswirkung genügt hierbei, da die die Genehmigungspflicht auslösenden Tatbestände des Art. 6 Abs. 1 BayDSchG angesichts der Funktion des Genehmigungserfordernisses als präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt weit auszulegen sind (vgl. BayVGH, U.v. 25.6.2013 – 22 B 11.701 – juris Rn. 27; U.v. 22.4.2016 – 1 B 12.2353 – juris Rn. 16 m.w.N.).
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Dem folgend ist eine Erlaubnispflicht gegeben, da sich der Abriss des Bestandsgebäudes und der Neubau zweier Mehrfamilienhäuser auf die im Südosten auf der anderen Seite der D. straße gelegene „Atriumsiedlung“ auswirken kann. Aufgrund der zwischen den Gebäuden bestehenden Sichtbeziehung ist eine Beeinträchtigung des Erscheinungsbilds der „A. siedlung“ möglich.
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1.4 Nach Art. 6 Abs. 2 Satz 2 BayDSchG kann in einem Nähefall nach Art. 6 Abs. 1 Satz 2 BayDSchG die Erlaubnis versagt werden, soweit das Vorhaben zu einer Beeinträchtigung des Wesens, des überlieferten Erscheinungsbilds oder der künstlerischen Wirkung eines Baudenkmals führen würde und gewichtige Gründe des Denkmalschutzes für die unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustands sprechen. Als Gemeinwohlaufgabe von hohem Rang erfordert der Denkmalschutz, dass ein Denkmal vor Beeinträchtigungen seiner Substanz und seiner Ausstrahlungswirkung in die Umgebung hinein bewahrt wird, wie sie von einem Vorhaben in der Umgebung des Denkmals ausgehen können. Vorhaben, welche die Denkmalwürdigkeit erheblich beeinträchtigen, dürfen nur zugelassen werden, wenn das Vorhaben durch überwiegende Gründe des Gemeinwohls oder durch überwiegende private Interessen gerechtfertigt ist (vgl. BVerwG, U.v. 21.4.2009 – 4 C 3.08 – juris Rn. 14; BayVGH, U.v. 18.7.2013 – 22 B 12.1741 – juris Rn. 25).
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Als (erhebliche) Beeinträchtigung eines Denkmals ist nicht nur eine Situation anzusehen, in der ein hässlicher, das ästhetische Empfinden des Betrachters verletzender Zustand, also ein Unlust erregender Kontrast zwischen der benachbarten Anlage und dem Baudenkmal hervorgerufen wird, sondern auch die Tatsache, dass die Wirkung des Denkmals als Kunstwerk, als Zeuge der Geschichte oder als bestimmendes städtebauliches Element geschmälert wird. Neue Vorhaben müssen sich zwar weder völlig an vorhandene Baudenkmäler anpassen, noch haben sie zu unterbleiben, wenn eine Anpassung nicht möglich ist. Aber sie müssen sich an dem Denkmal messen lassen, dürfen es nicht gleichsam erdrücken, verdrängen oder die gebotene Achtung gegenüber den im Denkmal verkörperten Werten vermissen lassen (BayVGH, U.v. 25.6.2013 – 22 B 11.701 – juris Rn. 32; U.v. 24.1.2013 – 2 BV 11.1631 – NVwZ-RR 2013, 545, juris Rn. 30; NdsOVG, U.v. 21.4.2010 – 12 LB 44/09 – NuR 2010, 649/657, juris Rn. 58). Hierzu zählen Bauvorhaben, die aufgrund ihrer Gestaltung auffällig oder aufdringlich wirken oder durch historisierende Scheinarchitektur die Aussagekraft des Denkmals verfälschen (vgl. Viebrock in Martin/Krautzberger, Denkmalschutz und Denkmalpflege, 5. Aufl. 2022, Teil E. Rn. 83 m.w.N.).
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Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben liegt keine erhebliche Beeinträchtigung des Baudenkmals „A. siedlung“ vor. Die Wirkung der „A. siedlung“ wird durch das Vorhaben in keiner Weise geschmälert. Ausweislich der Planunterlagen soll das Vorhaben keine besonders auffällige Gestaltung aufweisen. Geplant sind zwei jeweils dreigeschossige, quaderförmige Baukörper mit jeweils einem Terrassengeschoss. Eine erdrückende, übertönende oder verdrängende Wirkung durch das dreigeschossige Vorhaben erscheint angesichts der Entfernung zwischen dem Vorhaben und der Atriumsiedlung fernliegend. Zudem befinden sich bereits dicht gegenüber den Häusern der „A. siedlung“ entlang der N. Straße mehrere dreigeschossige Baukörper. Die „A. siedlung“ ist daher bereits jetzt in einen dichten Bebauungszusammenhang eingebunden. Sie weist selbst eine geringe Geschossigkeit auf und kontrastiert bereits jetzt zu der Bebauung auf der Nordseite der N. Straße. Eine Veränderung dieses Aufeinandertreffens unterschiedlicher Gebäudekubaturen kann die streitgegenständliche Planung nicht bewirken, da sie deutlich weiter von dem Denkmal entfernt liegt und einem anderen Geviert zuzurechnen ist. Die optische Einwirkung auf das durch das Denkmal in Anspruch genommene Geviert ist angesichts der geplanten Gebäudehöhe von nur 10,11 m kaum wahrzunehmen.
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2. Die Klägerin hat zwar keinen Anspruch auf positive Beantwortung der der Vorbescheidsfragen 3 bis 10, da jedenfalls keine Umstände ersichtlich sind, dass das der Beklagten bei der im Rahmen dieser Fragen beanspruchten Befreiung gem. § 31 Abs. 2 BauGB zustehende Ermessen auf null reduziert wäre. Sie hat aber einen Anspruch auf erneute Verbescheidung durch die Beklagte, da die Beklagte das ihr zustehende Ermessen bisher nicht ordnungsgemäß ausgeübt hat.
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Die getroffenen Ermessensentscheidungen sind fehlerhaft, da die Beklagte ihre Ablehnung jeweils zu Unrecht auch auf die (vermeintliche) Denkmaleigenschaft des Bestandsgebäudes gestützt hat. Sie hat die Erteilung der jeweiligen Befreiung im Wesentlichen mit der Begründung abgelehnt, bei dem bestehenden Gebäude handle es sich um ein Einzelbaudenkmal, dessen Erhaltung im öffentlichen Interesse stehe. Wie das Gericht durch Urteil vom 31. März 2025 im Verfahren M 8 K 24.3325, welches den Beteiligten des hier streitgegenständlichen Rechtsstreits bekannt ist, festgestellt hat, handelt es sich bei dem bestehenden Gebäude D. str. 31 jedoch nicht um ein Denkmal im Sinne von Art. 1 BayDSchG. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf das Urteil der Kammer vom 31. März 2025 im Verfahren M 8 K 24.3325 Bezug genommen. Die Beklagte wird über die Befreiungen daher ohne Berücksichtigung der Denkmaleigenschaft erneut befinden müssen.
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3. Hinsichtlich der Frage 12 hat die Klägerin weder einen Anspruch auf positive Beantwortung noch einen Anspruch auf erneute Verbescheidung durch die Beklagte.
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3.1 Soweit Frage 12 die Bäume Nr. 2, 3, 4, 6, 7, 13 und 14 betrifft, ist sie schon nicht klageweise angegriffen, da sich der Klageantrag ausdrücklich nur auf die negativ beantworteten Fragen des Vorbescheids bezieht und eine solche negative Antwort insoweit nicht festzustellen ist. Hinsichtlich der Bäume Nr. 2, 3 und 4 wurde die Frage positiv beantwortet. Anders als die Klägerin meint, ist die Formulierung der Antwort zu Frage 12 hinsichtlich der Bäume 2, 3 und 4 nicht als Ablehnung zu verstehen. Die Genehmigung zur Entfernung geschützter Bäume setzt nach der hier allein in Betracht kommenden Zulassungsmöglichkeit gem. § 5 Abs. 1 Nr. 1 Baumschutzverordnung der Beklagten vom 18. Januar 2013 voraus, dass ein Anspruch auf Genehmigung des Vorhabens besteht und dessen Verwirklichung ohne die Entfernung, Zerstörung oder Veränderung von Gehölzen nicht möglich ist. Die Beklagte bringt in ihrer Antwort zum Ausdruck, dass die Entfernung der Bäume Nr. 2, 3 und 4 erfolgen kann, wenn die Bebauung der Fläche zulässig ist und bestätigt damit für die streitgegenständliche Planung, dass die Vorschrift zugunsten der Klägerin bezogen auf die genannten Bäume zur Anwendung kommt. Damit wird die Frage, soweit im Vorbescheidsverfahren möglich, positiv beantwortet. Der Hinweis auf die übrigen Genehmigungsvoraussetzungen dient lediglich dazu, klarzustellen, dass eine Entfernung nicht ohne zulässige Realisierung des Vorhabens erfolgen kann.
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3.2 Auch hinsichtlich der Bäume 6, 7, 13 und 14 ist nicht von einem klageweisen Vorgehen gegen den Vorbescheid auszugehen. Das Begehren der Klägerin ist insoweit interessengerecht dahingehend auszulegen, dass lediglich eine sie belastende Beantwortung der Vorbescheidsfrage Nr. 12 angegriffen werden soll. Durch die Antwort zu Frage 12 hinsichtlich der Bäume Nr. 6, 7, 13 und 14 ist die Klägerin jedoch nicht belastet. Die Beklagte bestätigt durch ihre Antwort, dass es für diese Bäume schon keiner Fällgenehmigung bedarf, da sie nicht unter Schutz gestellt sind. Für die Klägerin kommt diese Antwort im Ergebnis der Inaussichtstellung einer Fällgenehmigung gleich, da für sie dadurch ebenfalls geklärt ist, dass die Gehölze im Einklang mit den geltenden Vorschriften entfernt werden können.
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3.3 Lediglich hinsichtlich Baum Nr. 1 wurde die Frage von der Beklagten negativ beantwortet. Insoweit besteht kein Anspruch der Klägerin auf Inaussichtstellung der Fällgenehmigung gemäß Art. 71 Satz 2, Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1, Art. 59 Satz 1 Nr. 3 BayBO i.V.m. § 9 Abs. 2, § 5 Abs. 1 Nr. 1 Baumschutzverordnung, Art. 18 Abs. 1 BayNatSchG. Es ist nicht ersichtlich inwieweit die Fällung des Baumes Nr. 1 im Rahmen der geplanten Baumaßnahmen notwendig sein soll. Seine Erhaltung erscheint aufgrund des guten Zustands des Baumes und seiner randständigen Lage insbesondere unter Berücksichtigung von Baumschutzmaßnahmen (z.B. Wurzelvorhang, Schutzzaun) möglich.
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
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Gemäß § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO sind die Kosten bei einem teilweisen Obsiegen und teilweise Unterliegen der Beteiligten entweder gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Maßgeblich für die Frage, ob überhaupt und in welchem Umfang ein Teilobsiegen vorliegt, ist der Vergleich des Sachantrags des Klägers/Rechtsmittelführers oder Beigeladenen mit dem Ausspruch des Gerichts zur Hauptsache (Zimmermann-Kreher in: BeckOK VwGO, Stand 1.7.2024, § 155 Rn. 1).
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Unter Berücksichtigung der Anteile des Prozesserfolgs am Verfahren insgesamt ist es vorliegend verhältnismäßig, die Kosten des Verfahrens hälftig aufzuteilen.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.