Inhalt

VG München, Beschluss v. 28.03.2025 – M 11 SN 24.6289
Titel:

Nachbareilantrag gegen Baugenehmigung für Wohngebäude mit Tiefgarage, Verletzung des Gebotes der Rücksichtnahme durch Abrücken von der Grenze (verneint), Begriff des Doppelhauses, Bestimmtheit einer Baugenehmigung, Abstandsflächen

Normenketten:
BauGB § 34 Abs. 1
BauNVO § 22
BayBO Art. 6
Schlagworte:
Nachbareilantrag gegen Baugenehmigung für Wohngebäude mit Tiefgarage, Verletzung des Gebotes der Rücksichtnahme durch Abrücken von der Grenze (verneint), Begriff des Doppelhauses, Bestimmtheit einer Baugenehmigung, Abstandsflächen
Fundstelle:
BeckRS 2025, 12317

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert wird auf EUR 5.000,- festgesetzt.

Gründe

I.
1
Der Antragsteller wendet sich im Wege des Eilrechtsschutzes gegen eine der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung für die Errichtung eines Mehrfamilienhauses mit Tiefgarage auf dem an sein Grundstück (FlNr. 1755, Gem. P* …*) unmittelbar angrenzenden Grundstück FlNr. 1756, Gem. P. (Baugrundstück).
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Das Baugrundstück war bislang mit einem Wohn- und Geschäftshaus bebaut, dessen südöstliche Außenwand unmittelbar an die nordwestliche Außenwand des Gebäudes auf dem klägerischen Grundstück angrenzte. Im August 2022 beantragte die Beigeladene einen Vorbescheid für den Abbruch des Bestandsgebäudes und den Neubau eines Mehrparteienhauses mit Tiefgarage. Ein Antrag auf Absehen von der Nachbarbeteiligung wurde nicht gestellt. Die Beigeladene fragte mit vier konkreten Vorbescheidsfragen ab, ob das Vorhaben nach Art, Maß und Höhenentwicklung bauplanungsrechtlich zulässig und ob die Erschließung gesichert sei.
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Mit formlosem Schreiben vom … November 2022 teilte der Antragsgegner der Beigeladenen mit, dass das Vorhaben im Innenbereich liege und sich in die Eigenart der näheren Umgebung nach dem Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der überbaubaren Grundstücksfläche in die Eigenart der näheren Umgebung einfüge. Dem Schreiben war eine Kostenrechnung über EUR 100,- ohne Angabe einer Tarifstelle beigefügt; es enthielt weder Hinweise auf die maßgeblichen Rechtsgrundlagen (insbesondere nicht auf Art. 71, 68 BayBO) noch eine Rechtsbehelfsbelehrung. In den Akten (Bauplan-Nr. …*) findet sich kein Hinweis darauf, dass das Schreiben vom … November 2022 dem Antragsteller zugestellt worden ist.
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Im März 2023 beantragte die Beigeladene eine Baugenehmigung für die Errichtung eines Mehrfamilienhauses mit Tiefgarage (Bauplan-Nr. …*). Die Genehmigungsunterlagen wurden im Verlauf des Genehmigungsverfahrens, in dem der Antragsteller mehrfach Einwendungen gegen das Vorhaben erhoben hat, ergänzt und geändert. Nachträglich vorgelegt wurde auf Anforderung des Antragsgegners u.a. eine schalltechnische Untersuchung des Ingenieurbüros G. vom … Mai 2023 (Bericht-Nr. …*) betreffend die Einhaltung der Grenzwerte für Verkehrslärm, dem das Vorhaben ausgesetzt sein wird. Eine Abweichung von den Vorschriften der BayBO wurde nicht beantragt. Nach den zum Gegenstand der Baugenehmigung gemachten Plänen ist die Errichtung eines viergeschossigen (E+II+D) Wohngebäudes (sieben Wohneinheiten) mit insgesamt 25 Stellplätzen geplant, von denen alle bis auf einen in einer Tiefgarage liegen sollen. Die Zufahrt zur Tiefgarage soll von der S.straße zunächst entlang der Grenze zum Grundstück FlNr. 492 verlaufen. Etwa 10 m vor der Grenze zum klägerischen Grundstück soll die Zufahrt in süd-südwestliche Richtung abknicken und mit einer durch ein Rolltor abgeschlossenen Einhausung mit abfallender Höhenentwicklung versehen werden.
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Mit Bescheid vom … August 2023 (Baugenehmigung) erteilte der Antragsgegner die Baugenehmigung für das Vorhaben. Mit Bescheid vom … März 2025 (Tekturgenehmigung) wurden eine teilweise Nutzung des Gebäudes als Ferienwohnungen sowie Änderungen in den Grundrissen und der Fassade genehmigt.
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Am 7. September 2023 erhob der Antragsteller Klage gegen die Baugenehmigung, in die er am 26. März 2025 die Tekturgenehmigung miteinbezog. Über die Klage ist noch nicht entschieden (M 11 K 23.4441).
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Am 17. Oktober 2024 hat der Antragsteller die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die Baugenehmigung beantragt, am 17. März 2025 den Erlass einer Zwischenverfügung (Hängebeschluss). Am 26. März 2025 hat er die Tekturgenehmigung in seinen Eilantrag mit einbezogen. Die Baugenehmigung (in Gestalt der Tekturgenehmigung) verletze das Gebot der Rücksichtnahme, da sie der Beigeladenen eine von der Grenze zum Grundstück des Antragstellers abrückende Bebauung gestatte. Die Grundsätze der Doppelhaus-Rechtsprechung seien anzuwenden. Dabei sei die Sondersituation zu berücksichtigen, dass auf dem Bau- und dem Nachbargrundstück des Antragstellers bereits seit über 100 Jahren geschlossene Bauweise bestanden habe, die vom Landratsamt 1955 beschlossen und der früheren Grundstückseigentümerin vom Antragsgegner 1957 bestätigt worden sei. Durch die grenzständig errichtete Tiefgaragenzufahrt, deren Situierung nicht nachvollziehbar sei, werde die im rückwärtigen Bereich des Grundstücks des Antragstellers bestehende Ruhelage durch Lärmimmissionen beeinträchtigt. Die Baugenehmigung sei ferner unbestimmt, weil in den ihr zugrundeliegenden Eingabeplänen Ansatz und Berechnung der durch die Balkone und den Dachüberstand an der Südostseite des geplanten Gebäudes ausgelösten Abstandsflächen nicht zuträfen und die Höhenentwicklung der Tiefgaragenzufahrt nicht dargestellt sei. Ferner halte das Vorhaben die Abstandsflächen zum Grundstück des Antragstellers nicht ein. Die Zwischenverfügung sei zu erlassen, da die Beigeladene inzwischen mit den Bauarbeiten begonnen habe und die Schaffung vollendeter Tatsachen bereits vor Erlass der Eilentscheidung drohe.
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Der Antragsteller beantragt zuletzt sinngemäß,
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1. die aufschiebende Wirkung der Klage im Verfahren Az. M 11 K 23.4441gegen die Baugenehmigung in der Gestalt, die diese durch die Tekturgenehmigung vom 18. März 2025 gefunden hat, anzuordnen,
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hilfsweise: die aufschiebende Wirkung der Klage im Verfahren Az. M 11 K 23.4441 gegen die Baugenehmigung anzuordnen;
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2. den Erlass einer Zwischenverfügung (Hängebeschluss).
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Der Antragsgegner beantragt,
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den Antrag abzulehnen.
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Der Antrag sei in wesentlichen Teilen unzulässig. Der Antragsgegner sei an den bestandskräftigen Vorbescheid vom … November 2022 gebunden, durch welchen der Beigeladenen u.a. eine offene Bauweise zugestanden worden sei. Der Antrag sei auch nicht begründet. Das Vorhaben füge sich nach der Bauweise in die Eigenart der näheren, von einseitiger Grenzbauweise geprägten Umgebung ein. Es sei auch nicht rücksichtlos. Die Doppelhaus-Rechtsprechung sei nicht anwendbar. Die Gebäude auf dem Bau- und dem Nachbargrundstück des Antragstellers hätten kein Doppelhaus gebildet; sie hätten sich an der Grenze noch berührt, wären tatsächlich aber als zwei selbständige Baukörper in Erscheinung getreten. Dem Antragsteller werde auch nicht die Möglichkeit genommen, selbst künftig in geschlossener Bauweise zu bauen. Für eine Rücksichtslosigkeit des Vorhabens aufgrund der von der Tiefgaragenzufahrt ausgelösten Lärmbelastung gebe es keine Anhaltspunkte. Die Gründe für die Situierung habe die Beigeladene erschöpfend dargestellt. Die Baugenehmigung sei auch nicht unbestimmt. Die Abstandsflächen seien in den Plänen dargestellt, die Höhenentwicklung der Tiefgarage könne aus den maßstabsgetreuen Plänen herausgemessen werden. Sie ergebe sich jedenfalls aus dem mit Schriftsatz vom … Oktober 2024 vorgelegten ergänzenden Plan. Ein Abstandsflächenverstoß liege nicht vor. Die von den Balkonen und dem Dachüberstand auf der Süd-Ost-Seite des geplanten Gebäudes geworfenen Abstandsflächen lägen vollständig auf dem Grundstück der Beigeladenen. Die Tiefgaragenzufahrt sei nach Maßgabe von Art. 6 Abs. 7 BayBO in den Abstandsflächen ohne eigene Abstandsflächen zulässig.
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Die Beigeladene führt ergänzend insbesondere aus, dass eine Erschließung der Tiefgarage über die hochfrequentierte Hauptstraße nicht genehmigungsfähig gewesen wäre. In Abstimmung mit dem Bauamt habe die Tiefgaragenzufahrt möglichst weit weg von der stark befahrenen Kreuzung H* …straße/ …straße positioniert werden müssen. Die Tiefgaragenrampe sei eingehaust, was die Lärmemissionen deutlich reduziere; sie seien vielfach geringer als der von der hochfrequentierten Hauptstraße ausgehende Verkehrslärm. Zudem sei das Einfahrtstor 10 m vom Grundstück des Antragstellers entfernt und verfüge über lediglich 24 Stellplätze. Zudem weise die grenzständige Wand des Gebäudes auf dem Grundstück des Antragstellers keine Fenster auf.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird Bezug genommen auf die Gerichtsakten in diesem Verfahren, dem zugehörigen Hauptsacheverfahren M 11 K 23.4441 sowie dem vom Antragsgegner als Bauherr geführten Verfahren M 11 K 24.6288 sowie die beigezogenen Behördenakten.
II.
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Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ist zulässig (1.), aber unbegründet (2). Mit der Entscheidung über den vorgenannten Antrag ist der Antrag auf Erlass einer Zwischenverfügung gegenstandslos geworden (3.).
18
1. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ist gemäß § 80a Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO statthaft, da die hier am 7. September 2023 vom Antragsteller erhobene Anfechtungsklage gegen die Baugenehmigung gemäß § 212a BauGB abweichend von § 80 Abs. 1 VwGO keine aufschiebende Wirkung hat. Der Eilantrag ist auch nicht deshalb teilweise unzulässig, weil der Antragsgegner der Beigeladenen bereits durch Vorbescheid eine offene Bauweise zugestanden hätte. Denn die Frage, inwieweit einem Nachbarn durch einen ihm gegenüber bindenden Vorbescheid sachliche Einwendungen gegen eine später erteilte Baugenehmigung abgeschnitten werden, ist regelmäßig – und auch hier – eine Frage der Begründetheit.
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2. Der Antrag ist nicht begründet. Da die Klage nach summarischer Prüfung keinen Erfolg haben wird, bewertet die Kammer im Rahmen der von ihr nach § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmenden eigenen Ermessensentscheidung das Vollzugsinteresse höher als das Aussetzungsinteresse des Antragstellers.
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Das Gericht hat im Rahmen der nach § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmenden eigenen Ermessensentscheidung abzuwägen, ob die Interessen, die für einen sofortigen Vollzug des angefochtenen Verwaltungsakts sprechen, oder diejenigen, die für die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung streiten, höher zu bewerten sind. Im Rahmen dieser Interessenabwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache zu berücksichtigen. Diese sind ein wesentliches, aber nicht das alleinige Indiz für und gegen den gestellten Antrag. Wird der in der Hauptsache erhobene Rechtsbehelf bei der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nur möglichen summarischen Prüfung voraussichtlich erfolgreich sein (weil er zulässig und begründet ist), so wird regelmäßig nur die Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung in Betracht kommen. Wird dagegen der in der Hauptsache erhobene Rechtsbehelf voraussichtlich keinen Erfolg haben (weil er unzulässig oder unbegründet ist), so ist dies ein starkes Indiz für die Ablehnung des Eilantrags. Sind schließlich die Erfolgsaussichten offen, findet eine allgemeine, von den Erfolgsaussichten unabhängige Abwägung der für und gegen den Sofortvollzug sprechenden Interessen statt (vgl. BayVGH, B.v. 18.9.2017- 15 CS 17.1675 – juris Rn. 11; B.v. 7.11.2022 – 15 CS 22.1998 – juris Rn. 25; BVerwG, B.v. 11.11.2020 – 7 VR 5.20 – juris Rn. 8).
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Bei der Beurteilung der Erfolgsaussichten ist zu berücksichtigen, dass sich Dritte gegen eine Baugenehmigung nur dann mit Aussicht auf Erfolg zur Wehr setzen können, wenn die angefochtene Baugenehmigung rechtswidrig ist und diese Rechtswidrigkeit zumindest auch auf der Verletzung von Normen beruht, die im Baugenehmigungsverfahren zu prüfen waren und die gerade auch dem Schutz des betreffenden Nachbarn zu dienen bestimmt sind (BayVGH, B.v. 21.7.2020 – 2 ZB 17.1309 – juris Rn. 4; B.v. 24.3.2009 – 14 CS 08.3017 – juris Rn. 20).
22
Ob eine angefochtene Baugenehmigung den Nachbarn in seinen Rechten verletzt, beurteilt sich grundsätzlich nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung; insbesondere spätere Änderungen zu Lasten des Bauherrn haben außer Betracht zu bleiben. Nachträgliche Änderungen zu seinen Gunsten sind indes zu berücksichtigen (vgl. BVerwG, B.v. 23.4.1998 – 4 B 40.98 – juris Rn. 3; U.v. 20.8.2008 – 4 C 11.07 – juris Rn. 21).
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Daran gemessen wird die in der Hauptsache erhobene Anfechtungsklage nach summarische Prüfung keinen Erfolg haben.
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a) Die Baugenehmigung ist voraussichtlich nicht in nachbarrechtlich relevanter Weise unbestimmt.
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Nach Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG muss die im Bescheid getroffene Regelung für die Beteiligten – gegebenenfalls nach Auslegung – eindeutig zu erkennen und einer unterschiedlichen subjektiven Bewertung nicht zugänglich sein. Maßgebend sind die Umstände des Einzelfalls, wobei Unklarheiten zu Lasten der Behörde gehen. Nachbarn müssen zweifelsfrei feststellen können, ob und in welchem Umfang sie betroffen sind. Eine Verletzung von Nachbarrechten liegt vor, wenn die Unbestimmtheit der Baugenehmigung ein nachbarrechtlich relevantes Merkmal betrifft. Eine Baugenehmigung ist daher aufzuheben, wenn wegen Fehlens oder Unvollständigkeit der Antragsunterlagen Gegenstand und Umfang der Baugenehmigung nicht eindeutig festgestellt und aus diesem Grund eine Verletzung von Nachbarrechten nicht eindeutig ausgeschlossen werden kann. Der Inhalt der Baugenehmigung bestimmt sich nach der Bezeichnung und den Regelungen im Baugenehmigungsbescheid, der konkretisiert wird durch die in Bezug genommenen Bauvorlagen (vgl. BVerwG, B.v. 20.5.2014 – 4 B 21.14 – juris Rn. 9; BayVGH, B.v. 10.1.2022 – 1 CS 21.2776 – juris Rn. 13, B.v. 23.9.2020 – 1 CS 20.1595 – juris Rn. 3; B.v. 27.11.2019 – 9 ZB 15.442 – juris Rn. 10).
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aa) Eine nachbarrechtsrelevante Unbestimmtheit der Baugenehmigung ergibt sich entgegen der Ansicht des Antragstellers nicht aus der Abstandsflächendarstellung in dem Plan Nr. 01 „Grundrisse“ vom … Juli 2023 bzw. in dem Tekturplan „Grundrisse“ (Bauplan-Nr. …*) vom … Dezember 2024 mit Genehmigungsstempel vom … März 2025. Dort sind die Abstandsflächen jeweils mittels gestrichelter Linien dargestellt. Insbesondere sind mittels einer blauen Linie die Abstandsflächen dargestellt, die sich ergeben, wenn von der Außenkante des Dachüberstands bis zur darunterliegenden Erdoberfläche eine fiktive Außenwand gebildet wird, was hier – ungeachtet von Art. 6 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 BayBO – angesichts der Tiefe des Dachüberstands und seiner Funktion als Überdachung des Balkonbands im 2. Obergeschoss nicht fernliegend erscheint. Auch die Tiefe der Abstandsflächen dürfte zutreffend dargestellt sein. In dem Plan ist für den nördlichen Teil der südöstlichen Außenwand auf einer Länge von 9 m eine Abstandsflächentiefe von 0,8 H, für den weiter nach Südosten verlaufenden Teil auf einer Länge von 16 m von 0,4 H angesetzt worden. Nach Art. 6 Abs. 5 Satz 2 BayBO 2 i.V.m. § 2 der Abstandsflächensatzung des Marktes G* …-P. vom … Januar 2021 beträgt die Tiefe der Abstandsflächen außerhalb von Gewerbe-, Kern- und Industriegebieten sowie festgesetzten Urbanen Gebieten 0,8 H, mindestens jedoch 3 m. Vor bis zu zwei Außenwänden von nicht mehr als 16 m Länge genügen in diesen Fällen 0,4 H, mindestens jedoch 3 m, wenn das Gebäude an mindestens zwei Außenwänden Satz 1 beachtet. Diese dem sog. 16-m-Privileg (vgl. Art. 6 Abs. 6 BayBO i.d.F.d. G.v. 10.7.2018, GVBl. S. 523; nun noch in Art. 6 Abs. 5a Satz 2 BayBO) nachgebildete Regelung dürfte dahingehend zu verstehen sein, dass eine ungegliederte Außenwand auch in dem Sinne aufgeteilt werden darf, dass vor einem Abschnitt mit einer Länger von bis zu 16 m nur eine verringerte (hier: 0,4 H), im Übrigen die volle Abstandsflächentiefe (hier: 0,8 H) einzuhalten ist (vgl. zu Art. 6 Abs. 5a BayBO bzw. Art. 6 Abs. 6 BayBO a.F.: BayVGH, U.v. 25.5.1998 – 2 B 94.2682 – juris Rn. 26; Schönfeld in BeckOK Bauordnungsrecht, 32. Edition, Stand: 1.2.2025, Art. 6 BayBO Rn. 172; Hahn in Busse/Kraus, Bayerische Bauordnung, 156. EL Dezember 2024, Art. 6 Rn. 351). Demnach durfte die Beigeladene – wie es in den eingangs genannten Plänen dargestellt ist – an der 16 m langen nordöstlichen Außenwand sowie an der südöstlichen Außenwand auf einer Länge von 16 m eine verminderte Abstandsflächentiefe ansetzen. Im Übrigen würden die Abstandsflächen auch dann nicht auf dem Grundstück des Antragstellers liegen, wenn diese an der südöstlichen Außenwand die volle Tiefe von 0,8 H einhalten würden.
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bb) Im Hinblick auf die Höhenentwicklung der Tiefgaragenzufahrt stellen sich die zum Gegenstand der Baugenehmigung gemachten, in Tenorziffer I des streitgegenständlichen Bescheids aufgeführten Pläne zwar als wohl nicht hinreichend bestimmt dar. Denn den zum Gegenstand der Baugenehmigung gemachten, gestempelten Plänen lässt sich die Höhenentwicklung der Tiefgarage nicht sicher entnehmen. Die in dem Plan Nr. 01 vom … Juli 2023 bzw. in dem Tekturplan vom … Dezember 2024 eingezeichneten Höhenkoten beziehen sich ersichtlich nicht auf die Oberkante der Einhausung, sondern auf die Fahrbahnoberkante. In dem Plan Nr. 02 vom … Juli 2023 bzw. in dem Tekturplan Nr. 02 vom … Dezember 2024 ist die Einhausung in der Südostansicht nicht dargestellt.
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Die Kammer hält gleichwohl nicht dafür, allein deshalb die Baugenehmigung außer Vollzug zu setzen. Denn dieser Bestimmtheitsmangel lässt sich ohne Weiteres bis zur Entscheidung in der Hauptsache ausräumen, in dem der bereits im gerichtlichen Verfahren nachgereichte Plan Nr. 1a mit Datum vom … Juli 2023, in dem die Höhenentwicklung der Tiefgaragenzufahrt hinreichend dargestellt ist, durch einen ergänzenden Bescheid zum Inhalt der Baugenehmigung erklärt wird. Vor diesem Hintergrund erschiene die Anordnung der aufschiebenden Wirkung als inopportun (vgl. BayVGH, B.v. 6.2.2019 – 15 CS 18.2459 – juris Rn. 41 m.w.N.).
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b) Das Vorhaben verletzt voraussichtlich nicht dadurch das drittschützende Gebot der Rücksichtnahme, dass ein von der Grenze zum Kläger abrückendes Hauptgebäude genehmigt worden ist (bb). Deshalb kann offen bleiben, ob dem Antragsteller die Berufung auf diese Einwendung von vornherein verwehrt ist, weil er insoweit durch einen bestandskräftigen Vorbescheid gebunden ist (aa).
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aa) Dass es dem Antragsteller aufgrund der Bindungswirkung eines Vorbescheids verwehrt ist, sich auf eine etwaige Rücksichtslosigkeit des Vorhabens wegen Abrückens von der Grenze berufen kann, ist zweifelhaft. Denn bei dem vom Antragsgegner als Vorbescheid bezeichneten Schreiben vom … November 2022 dürfte es sich nicht um einen Vorbescheid i.S.d. Art. 71 BayBO handeln. Denn das Schreiben ist nicht als „(Vor-)Bescheid“ bezeichnet, nicht – wie üblich – in Tenor und Begründung aufgeteilt, zitiert die einschlägigen Rechtsgrundlagen nicht, beantwortet Fragen, die von der Bauherrin nicht gestellt worden waren (vgl. die Fragstellung in dem Schreiben der Bauherrin vom *. August 2022, Bl. 11 der Behördenakte Bauplan-Nr. …*) und enthält keine Rechtsbehelfsbelehrung. Die anliegende Kostenrechnung nennt keine Tarifnummer und die Gebühr von EUR 100,- erscheint angesichts der Tatsache, dass sich das Schreiben zur bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens sehr weitgehend äußert, mit Blick auf den Gebührenrahmen für einen Vorbescheid (vgl. Tarif-Nr. 2.1.1/1.34) ungewöhnlich niedrig. Für diese Auslegung spricht auch, dass die Antragsgegnerin ein vergleichbares, auf einen Vorbescheidsantrag des Antragstellers ergangenes Schreiben, nur für einen formlosen Hinweis auf die Rechtsansicht der Behörde, aber nicht für einen rechtsmittelfähigen Bescheid gehalten hat (vgl. Klageschrift vom 17. Oktober 2024 im Verfahren M 11 K 24.6288, Anlagen K3 und K5). In der Gesamtschau dürfte das Schreiben vom … November 2022 eine schlichte Auskunft, allenfalls eine Zusicherung darstellen (zur Abgrenzung siehe z.B. Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 10. Auflage, § 38 Rn. 23); weder durch das eine noch durch das andere würde ein Dritter – wie hier der Antragsteller – gebunden.
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bb) Das Vorhaben ist jedenfalls nicht deshalb rücksichtslos, weil die Bebauung von der Grenze zum Grundstück des Antragstellers abrückt. Im Ausgangspunkt zutreffend ist, dass die einseitige Aufhebung eines Doppelhauses durch Abbruch einer Gebäudehälfte und Errichtung eines freistehenden Gebäudes nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, die wiederum die sog. Doppelhaus-Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in Bezug nimmt, gegen das Gebot der Rücksichtnahme verstößt (BayVGH, B.v. 20.6.2023 – 2 ZB 22.231 – juris Rn. 5 ff.; B.v. 6.2.2024 – 2 CE 24.32 – juris Rn. 10). Das inzwischen abgebrochene Bestandsgebäude auf dem Baugrundstück und das Gebäude auf dem Grundstück des Antragstellers bildeten jedoch kein Doppelhaus im Sinne dieser Rechtsprechung (1). Eine Ausdehnung dieser Rechtsprechung auf weitere Fälle, in denen sich zwei selbständig in Erscheinung tretende Baukörper an der Grundstücksgrenze berühren, hält die Kammer nicht für gerechtfertigt (2).
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(1) Der Begriff des Doppelhaues i.S.v. der Vorschrift des § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO, der im Rahmen des hier einschlägigen § 34 BauGB herangezogen werden kann (vgl. BVerwG, U.v. 5.12.2013 – 4 C 5.12 – juris Rn. 13; B.v. 7.7.1994 – 4 B 131/94 – juris Rn. 3), verlangt eine bauliche Anlage, die dadurch entsteht, dass zwei Gebäude auf benachbarten Grundstücken durch Aneinanderbauen an der gemeinsamen Grundstücksgrenze zu einer Einheit zusammengefügt werden. Ein Doppelhaus verlangt ferner, dass die beiden Haushälften in wechselseitig verträglicher und abgestimmter Weise aneinandergebaut werden (BVerwG, B.v. 19.3.2015 – 4 B 65.14 – juris Rn. 6; U.v. 5.12.2013 – 4 C 5.12 – juris Rn. 13). Nicht erforderlich ist, dass die Doppelhaushälften gleichzeitig oder deckungsgleich (spiegelbildlich) errichtet werden. Das Erfordernis einer baulichen Einheit schließt auch nicht aus, dass die ein Doppelhaus bildenden Gebäude an der gemeinsamen Grundstücksgrenze zueinander versetzt oder gestaffelt aneinandergebaut werden. Kein Doppelhaus bilden jedoch zwei Gebäude, die sich zwar an der gemeinsamen Grundstücksgrenze noch berühren, aber als zwei selbständige Baukörper erscheinen (grundlegend BVerwG, U.v. 24.2.2000 – 4 C 12.98 – juris Rn. 18 f.; BayVGH, B.v. 6.2.2024 – 2 CE 24.32 – juris Rn. 11 f.).
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Daran gemessen bildeten nach der im vorläufigen Rechtsschutz ausreichenden summarischen Prüfung unter Würdigung der beigezogenen Behördenakten (insbesondere des in der Behördenakte Bauplan-Nr. … enthaltenen, den Altbestand darstellenden Katasterauszugs vom 31. Januar 2022), der über den BayernAtlas verfügbaren Karten und (historischen) Luftbilder sowie der über Google Street View verfügbaren, am 25. März 2025 vom Gericht abgerufenen Ansichten des Baugrundstücks, die den Altbestand darstellen, das Hauptgebäude des Antragstellers und der Altbestand auf dem Baugrundstück kein Doppelhaus. Die beiden Gebäude traten offenkundig als zwei selbständige Baukörper in Erscheinung und es fehlte an einem Mindestmaß wechselseitiger Verträglichkeit und Abstimmung. Sie wiesen im Hinblick auf Geschosszahl, Höhe, Grundfläche und Bebauungstiefe sehr markante Unterschiede auf. Die Dächer verfügten zudem über eine jeweils unterschiedliche Firstrichtung. Die grenzständige Außenwand des Altbestands war mehr als dreimal länger als die grenzständige Außenwand des Gebäudes auf FlNr. 1756. Baulich verbunden war der aus einem zweigeschossigen Gebäude mit Dachgeschoss und einem umlaufenden, eingeschossigen Anbau bestehende Altbestand nur über diesen Anbau. Ob der Altbestand bzw. der an das Grundstück des Antragstellers angrenzende Anbau mit oder ohne Abweichung von den Abstandsflächenvorschriften erstellt worden ist, kann anhand der im Eilverfahren vorgelegten Akten nicht nachvollzogen werden, ist aber aus den vorstehenden Erwägungen heraus auch nicht mehr von entscheidender Bedeutung.
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(2) Die Kammer hält eine – in der Rechtsprechung soweit ersichtlich bislang nicht vorgenommene – Ausdehnung des aus der sog. Doppelhaus-Rechtsprechung abgeleiteten Drittschutzes auf die vorliegende Situation nicht für gerechtfertigt. Denn nur bei einem den Begriff des Doppelhauses prägenden Verzicht auf seitliche Grenzabstände erscheint die Annahme eines nachbarlichen Austauschverhältnisses gerechtfertigt. Zwar wird die Baufreiheit des jeweiligen Grundeigentümers hierdurch in dem Sinne erweitert, dass er grenzständig an ein Nachbargebäude anbauen darf. Sie wird jedoch zugleich beschränkt (vgl. BVerwG, U.v. 24.2.2000 – 4 C 12.98 – juris Rn. 21). Dieser Aspekt tritt vor allem dann in den Vordergrund, wenn die in Rede stehenden Grundstücke nicht – wie bei Bebauung mit Doppelhäusern häufig – eher schmal, sondern unterschiedlich geschnitten sind. So liegt der Fall hier, denn das Baugrundstück ist mehr als dreimal breiter und dabei tiefer als das Grundstück des Antragstellers. Eine erhebliche Beschränkung der Baufreiheit der Beigeladenen könnte hier nicht allein dadurch gerechtfertigt werden, dass sich der Altbestand und das Gebäude auf dem Nachbargrundstück gleichsam zufällig berührten. Der Antragsteller kann aus dem Rücksichtnahmegebot auch keinen allgemeinen Anspruch auf Abwehr von Veränderungen des für die Frage des Einfügens nach § 34 BauGB maßgeblichen Bezugsrahmens ableiten.
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(3) Im Übrigen erscheint es – ohne dass es hier entscheidungserheblich darauf ankommt – auch nicht ausgemacht, dass dem Antragsteller durch Verwirklichung des genehmigten Vorhabens die Möglichkeit genommen wird, an der Grenze zu bauen. Dass mehrere Gebäude im Umkreis (z.B. FlNrn. 1755/1, 1755/2 und 1586) keinen seitlichen Grenzabstand einhalten, sondern in halboffener Bauweise ausgeführt sind, könnte möglicherweise dafür sprechen, dass der Antragsteller auch künftig bauplanungsrechtlich an die Grenze bauen darf und dabei nach Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO keine Abstandsflächen zum Nachbargrundstück einhalten muss (vgl. BayVGH, B.v. 16.2.2023 – 9 ZB 21.304 – juris Rn. 11). Alternativ erscheint auch ein Antrag auf Abweichung vom Abstandsflächenrecht (Art. 63 Abs. 1 Satz 1, ggf. Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BayBO) nicht von vornherein aussichtslos.
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c) Ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme ist auch durch die Situierung der Tiefgaragenzufahrt bzw. die hiervon ausgehenden Lärmimmissionen nach summarischer Prüfung nicht gegeben.
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Durch von einem Vorhaben ausgehende (Lärm-)Immissionen wird das Gebot der Rücksichtnahme zulasten des Nachbarn verletzt, wenn sie im Sinne des § 3 Abs. 1 BImSchG geeignet sind, erhebliche Belästigungen für die Nachbarschaft hervorzurufen (vgl. BVerwG, U.v. 30.9.1983 – 4 C 74.78 – juris Rn. 13; U.v. 24.9.1992 – 7 C 7.92 – juris Rn. 17). Dabei gilt in den in § 12 Abs. 2 BauNVO genannten Gebieten, dass die von den Stellplätzen und Garagen einer rechtlich zulässigen Wohnbebauung ausgehenden Emissionen im Regelfall als sozialadäquat hinzunehmen sind; für die Ermittlung der Lärmbelastung besteht regelmäßig kein Bedürfnis (vgl. BVerwG, B.v. 20.3.2003 – 4 B 59/02 – juris Rn. 7). Ob diese Rechtsprechung auf Mischgebiete übertragen werden kann, ist nicht abschließend geklärt. Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs kommt eine Anwendung der genannten Rechtsprechung auf Mischgebiete wohl begrenzt auf solchen Parklärm in Betracht, der auf eine Wohnnutzung bezogen ist (BayVGH, B.v. 20.3.2018 – 15 CS 17.2523 – juris Rn. 44; so auch VG München, B.v. 31.7.2024 – M 1 SN 24.1457 – juris Rn. 34).
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Ob die Eigenart der näheren Umgebung einem Mischgebiet oder einem allgemeinen Wohngebiet entspricht, lässt sich im Rahmen der im Eilverfahren vorzunehmenden summarischen Prüfung nicht hinreichend feststellen. Ferner wird der mit der Tiefgaragennutzung verbundene Lärm nicht ausschließlich auf eine Wohnnutzung bezogen sein; denn nach der Tekturgenehmigung soll ein Teil des Gebäudes für Ferienwohnungen genutzt werden. Gleichwohl erscheint im vorliegenden Fall mit Blick auf die geplante Nutzung, die Zahl und Lage der Stellplätze sowie die örtlichen Verhältnisse auf dem Bau- und dem Nachbargrundstück eine Überschreitung der maßgeblichen Lärmrichtwerte für ein allgemeines Wohngebiet oder ein Mischgebiet derart fernliegend, dass eine Ermittlung der Lärmbelastung im Genehmigungsverfahren unterbleiben durfte. 24 der geplanten 25 Stellplätze sind innerhalb der Tiefgarage vorgesehen, die in Richtung des Grundstücks des Antragstellers keine Öffnung aufweist. Dadurch dürfte bereits ein erheblicher Teil der mit dem Parken und Abfahren verbundenen Geräuschbelastung (z.B. Schlagen von Autotüren, Starten von Motoren, Rangiervorgänge) abgeschirmt werden (vgl. für Tiefgaragen BayVGH, B.v. 30.7.2019 – 15 CS 19.1227 – juris Rn. 20; B.v. 25.5.2021 – 15 ZB 20.2128 – juris Rn. 19). Die durch das Befahren der bis zu 15% steilen Auffahrtsrampe hervorgerufenen Motorgeräusche werden voraussichtlich durch die mit einem Tor abgeschlossene Einhausung abgeschirmt, wobei das Tor gemäß der Auflage II.1.11 dem Stand der Lärmminderungstechnik entsprechen muss. Die Toröffnung befindet sich dabei auf der vom Grundstück des Antragstellers abgewandten Seite in einer Entfernung von etwa 10 m. Hinzukommt, dass die grenzständige Außenwand des Gebäudes auf FlNr. 1755 keine Fenster aufweist. Die nun vorgesehene gemischte Nutzung (Wohnungen und Ferienwohnungen) lässt gegenüber einer reinen Wohnnutzung kein bedeutend größeres, sondern tendenziell eher ein geringeres Verkehrsaufkommen erwarten (saisonabhängige Auslastung, bei Feriengästen kein Verkehrsaufkommen durch tägliche Fahrten zur/von der Arbeit etc.).
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Besondere örtliche Verhältnisse, die dennoch zur Unzulässigkeit der geplanten Tiefgarage samt Zufahrt führen könnten, wie z.B. die Situierung in einem besonders empfindlichen rückwärtigen Gartenbereich (vgl. BVerwG, U.v. 7.12.2000 – 4 C 3.00 – juris Rn. 19 BayVGH, 25.5.2010 – 15 CS 10.982 – juris Rn. 9 m.w.N.), sind nicht ersichtlich. Der Vortrag des Antragstellers, wonach eine im rückwärtigen Bereich seines Grundstücks liegende Ruhelage beeinträchtigt werde, ist nicht nachvollziehbar. Der rückwärtige, nordöstliche Bereich des Grundstücks ist beinahe vollständig bebaut, womöglich mit einer Garage. Ein relevanter Gartenanteil verbleibt nicht. Ferner dient das Grundstück FlNr. 492 als Zufahrt zu umliegenden Grundstücken, ist also bereits jetzt mit Fahrverkehr belastet. Der vordere, südwestliche Grundstücksbereich liegt an der Hauptstraße bzw. Bundesstraße B2 (Abschnittsnummer 230) mit einer erheblichen durchschnittlichen täglichen Verkehrsbelastung von ca. 20.000 Kfz (vgl. schalltechnische Untersuchung des Ingenieurbüros G. vom … Mai 2023, Bericht-Nr. …, S. 4; Bundesanstalt für Straßenwesen, Ergebnisse der Straßenverkehrszählung auf Bundesstraßen, Stand: März 2023, Zeile 29994-29998, online abgerufen am 26.3.2025 unter: https://www.bast.de/DE/Statistik/Verkehrsdaten/Manuelle-Zaehlung.html). Von einer Ruhelage kann deshalb keine Rede sein.
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d) Das Vorhaben verstößt voraussichtlich nicht gegen die nachbarschützenden Vorschriften des Abstandsflächenrechts. Im Hinblick auf das Hauptgebäude ist für einen Abstandsflächenverstoß zum Nachteil des Antragstellers nichts ersichtlich (siehe bereits oben, Rn. 26). Die Tiefgaragenzufahrt ist zwar voraussichtlich abstandsflächenrelevant, da sie – unabhängig davon, wie genau diese Maßvorgabe bei einer gekrümmten Außenwand anzuwenden ist – auf einer Länge von mehr als 9 m die Abstandsflächen zum Grundstück des Antragstellers nicht einhält und deshalb nicht nach Art. 6 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 BayBO privilegiert ist. Allerdings weist die Einhausung ausweislich des nachträglich vorgelegten (jedoch noch nicht zum Gegenstand der Baugenehmigung erklärten) Plans Nr. 1a in dem Bereich, in dem sie die Mindestabstandsfläche von 3 m zum Grundstück des Antragstellers nicht einhält, eine Höhe von weniger als 1,72 m auf und fällt über eine Stecke von ca. 7 m bis auf 0,91 m ab. Das führt zwar aufgrund der Wandlänge nicht zu einer abstandsflächenrechtlichen Privilegierung nach Art. 6 Absatz 7 Satz 1 Nr. 1 BayBO, doch kommt nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs in einem solchen Fall eine Abweichung nach Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO in Betracht (BayVGH, U.v. 17.7.2018 – 9 ZB 15.2458 – juris Rn. 7 ff.), zumal der Antragsteller nach Art. 6 Abs. 7 Satz 1 Nr. 3 BayBO auch eine geschlossene Einfriedung mit einer Höhe bis 2 m auf einer Länge von mehr als 9 m hinzunehmen hätte (vgl. VG München, B.v. 5.3.2024 – M 8 SN 24.242 – juris Rn. 42). Eine solche Abweichung hat die Beigeladene bislang nicht beantragt und der Antragsgegner hat sie auch nicht erteilt. Dies kann jedoch ohne Weiteres bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache nachgeholt werden, weshalb die Kammer davon absieht, allein deshalb die aufschiebende Wirkung anzuordnen (vgl. VG München, U.v. 22.6.2022 – M 29 K 21.6237 – juris Rn. 33 f.).
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3. Der Antrag des Antragstellers auf Erlass einer Zwischenverfügung ist durch die vorliegende Entscheidung gegenstandslos geworden (BayVGH, B.v. 1.12.2022 – 10 CE 22.2378, 10 C 22.2379 – juris Rn. 36; B.v. 4.10.2022 – 10 CE 22.1365 – juris Rn. 18; B.v. 15.12.2010 – 6 CS 10.2697 – juris Rn. 22).
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4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, dass die Beigeladene ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt, da sie keinen Antrag gestellt und sich somit keinem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt hat, §§ 162 Abs. 3, 154 Abs. 3 VwGO.
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5. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.