Titel:
Arglistiges Verschweigen beim Verkauf von WC-Containern mit fehlenden Toilettenschüsseln
Normenkette:
BGB § 434, § 444
Leitsätze:
1. Die Klausel "gekauft wie gesehen" enthält nach allgemeinem Verständnis einen Ausschluss der Gewährleistung für solche Mängel, die bei ordnungsgemäßer Besichtigung wahrnehmbar sind. (Rn. 30) (redaktioneller Leitsatz)
2. Von arglistigem Verschweigen eines Mangels ist auszugehen, wenn der Verkäufer den Mangel kennt und ihn hinsichtlich dieses Mangels eine Offenbarungspflicht traf. (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Kaufvertrag, Sachmangel, arglistiges Verschweigen, Gewährleistung
Vorinstanz:
LG München I, Urteil vom 23.03.2023 – 12 HK O 14920/21
Fundstellen:
RÜ 2025, 181
LSK 2025, 118
BeckRS 2025, 118
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts München I vom 23.3.2023 (Az.: 12 HK O 14920/21) im Kostenpunkt aufgehoben und in Ziffer 5. des Tenors abgeändert wie folgt: Auf die Widerklage wird festgestellt, dass der Klägerin (neben der vom Landgericht zuerkannten Rückabwicklung und einem weiteren Betrag von 1.950,- €) ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 17.018,50 € aus dem streitgegenständlichen Kaufvertrag nicht zusteht. Die weitergehende Widerklage wird abgewiesen.
2. Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
3. Von den Kosten der ersten Instanz haben die Klägerin 60% und die Beklagte 40% zu tragen. Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben die Klägerin 57% und die Beklagte 43% zu tragen.
4. Dieses Urteil und das angegriffene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
5. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.
Entscheidungsgründe
1
Die Parteien streiten um Gewährleistungsansprüche aus einem Kaufvertrag über gebrauchte WC-Container.
2
Beide Parteien sind mit dem Handel und der Vermietung von WC-Containern befasst. Im Juli 2021 verhandelten die Parteien per Wh.A.(vgl. Anlage nach Bl. 72 der erstinstanzlichen Akten) über den Ankauf von zwei Toilettencontainern der Beklagten durch die Klägerin. Nachdem die Klägerin um Rechnungstellung gebeten hatte, übersandte die Beklagte die Rechnung vom 28.7.2021 über zwei WC Container „20ft 6 WC … gebraucht gekauft wie gesehen“ zum Preis von 4.500,- (netto) je Container, zusammen also 10.710,- € (brutto). Auf Seite 2 der Rechnung wird auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin hingewiesen. Hinsichtlich des Inhalts der Rechnung im Einzelnen wird auf die Anlage K 1 Bezug genommen.
3
Am 3.8.2021 erfolgte die Anlieferung der Kaufgegenstände durch einen Logistikdienstleister bei der Klägerin (vgl. Anlage K 2). Die Klägerin hat den berechneten Kaufpreis bezahlt.
4
In den nächsten Tagen kam es zu einem erneuten Wh.A.-Austausch der Parteien über die gekauften Container, hinsichtlich dessen Inhalts auf Anlage K 12 Bezug genommen wird.
5
Bereits am 5.8.2021 kaufte die Klägerin bei der Firma M. L. GmbH & Co. KG zwei andere (neuwertige) WC-Container zum Kaufpreis von je 15.995,- € (netto) zuzüglich Anlieferungskosten von 1.950, – € netto, zusammen 40.388,60 € brutto (vgl. Anlage K 7).
6
Mit Anwaltsschreiben vom 16.8.2021, hinsichtlich dessen genauen Inhalts auf Anlage K 5 Bezug genommen wird, forderte die Klägerin die Beklagte auf, bis zum 26.8.2021 die „mangelhaften Container abzuholen und mangelfreie Container nachzuliefern“.
7
Mit Anwaltsschreiben vom 23.8.2021 (Anlage K 6) lehnte die Beklagte eine Nachlieferung unter Berufung auf Mängelfreiheit der verkauften Container und einen vereinbarten Gewährleistungsausschluss ab.
8
Mit Anwaltsschreiben vom 25.8.2021 (Anlage K 8) erklärte die Klägerin den Rücktritt vom Kaufvertrag und forderte die Beklagte auf, die streitgegenständlichen Container Zug um Zug gegen Rückzahlung des Kaufpreises bei der Klägerin abzuholen.
9
Mit Anwaltsschreiben vom 31.8.2021 (Anlage B 4) machte die Klägerin gegenüber der Beklagten vorprozessual einen Schadensersatzanspruch im Hinblick auf die Kosten der am 5.8.2021 erfolgten anderweitigen Beschaffung von Containern geltend.
10
Die Klägerin hat beantragt,
- 1.
-
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 13.159,02 € nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 7.9.2021 Zug um Zug gegen Rücknahme eines WC-Containers Damen 20 ft 6 WC/4HWB und einem WC-Container Herren 20 ft 6 WC/2 HWB inklusive Urinals zu zahlen.
- 2.
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Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte in Annahmeverzug befindet.
- 3.
-
Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von den außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 885,50 € nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit freizustellen.
hat Klagabweisung beantragt.
12
Die Beklagte hat widerklagend beantragt festzustellen,
dass der Klägerin ein Schadensersatzanspruch über weitere 18.968,60 € aus dem streitgegenständlichen Kaufvertrag nicht zusteht.
hat Abweisung der Widerklage beantragt.
14
Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Einvernahme der Zeugen K. (Mitarbeiter der Klägerin) und A. (Mitarbeiter der Beklagten). Hinsichtlich der Angaben der Zeugen wird auf die Sitzungsniederschrift vom 2.2.2023 (Bl. 86 ff. der erstinstanzlichen Akten) Bezug genommen.
15
Das Landgericht hat sodann der Klage bis auf einen Teil der begehrten Zinsen und auf einen in Klagantrag 1 enthaltenen Betrag von 2.058,- € (Transportkosten) stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils wird Bezug genommen. Mit ihrer zulässigen, insbesondere form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung verfolgt die Beklagte ihr Klagabweisungsbegehren und ihre Widerklage weiter.
16
Die Beklagte beantragt,
- 1.
-
Das Urteil des Landgerichts München I vom 23.03.2023 (Az.: 12 HK O 14920/21) wird aufgehoben.
- 2.
-
Die Klage wird abgewiesen.
- 3.
-
Es wird festgestellt, dass der Klägerin ein Schadensersatzanspruch über weitere 18.968,60 € aus dem streitgegenständlichen Kaufvertrag gegen die Beklagte nicht zusteht.
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Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
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Die Berufung bleibt ohne Erfolg, soweit das Landgericht der Klage stattgegeben hat.
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I. Der Klägerin steht nach erklärtem Rücktritt ein Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrags über die streitgegenständlichen WC-Container (also auf Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe der Container) aus § 346 BGB zu.
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1. Zwischen den Parteien kam ein Kaufvertrag über die beiden streitgegenständlichen Container mit dem Inhalt der Rechnung der Beklagten vom 28.7.2021 gemäß Anlage K 1 zustande. Diese Rechnung, der die Klägerin nicht widersprochen (sondern sich durch Zahlung des berechneten Kaufpreises zu eigen gemacht) hat, fasst die vorangegangenen Verhandlungen und Abreden per Wh.A. (vgl. Anlage nach Bl. 76 der erstinstanzlichen Akten) zusammen und stellt somit ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben dar.
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2. Beide Container wiesen bei Ablieferung jeweils einen Sachmangel (§ 434 BGB) in Gestalt einer fehlenden Toilettenschüssel auf.
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a) Dass jeweils (mindestens) eine Toilettenschüssel je Container fehlte, war erstinstanzlich unstreitig und wird auch von der Berufungsbegründung nicht in Abrede gestellt. Abgesehen davon wurde dieser Befund auch von den beiden erstinstanzlich vernommenen Zeugen K. und A. bestätigt (vgl. Sitzungsniederschrift vom 2.2.2023, Bl. 86 ff. der erstinstanzlichen Akten, dort S. 4 bzw. S. 7).
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b) Damit entsprachen die verkauften Container nicht der vereinbarten Beschaffenheit im Sinne von § 434 Abs. 1 S. 1 BGB. Denn es ergibt sich sowohl aus der Rechnung (kaufmännisches Bestätigungsschreiben) gemäß Anlage K 1 als auch aus dem vorgelegten Wh.A.-Verkehr (vgl. einerseits Anlage nach Bl. 76 der Akten, andererseits unnummeriertes Anlagenkonvolut im Anlagenheft der Klagepartei), dass Container mit der Beschreibung „6 WC“ verkauft wurden.
24
„WC“ bedeutet schon im allgemeinen Sprachgebrauch „Wasserclosett“, also eine mit Spülvorrichtung versehene Toilettenschüssel. Wenn somit Vertragsinhalt der Verkauf von Containern mit 6 WCs ist, kann das nur dahin ausgelegt werden, dass die Container jeweils sechs Toilettenschüsseln enthalten müssen.
25
Dem kann die Beklagte nicht die unter Sachverständigenbeweis gestellte Behauptung entgegenhalten, dass in „Fachkreisen“ von „gebrauchten“ WC-Containern auch gesprochen werde, wenn Vorkehrungen für die Durchführung von Abwasserrohren vorhanden seien. Denn die Rechnung gemäß Anlage K 1 spricht nicht nur von „gebrauchten“ WC-Containern, sondern von solchen mit jeweils „6 WC“. Diese konkrete Beschaffenheitsvereinbarung wird durch die Beschreibung der WC-Container als „gebraucht“ nicht relativiert.
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3. Damit waren für die Klägerin die Gewährleistungsrechte der §§ 437, 439 BGB eröffnet. Ein Ausschluss der Gewährleistung greift unter den Umständen des Falles nicht durch.
27
a) Das Landgericht hat sich nach durchgeführter Beweisaufnahme nicht davon überzeugen können, dass die Klägerin (in Gestalt des Zeugen K.) den Mangel kannte, so dass die Gewährleistungsrechte der Klägerin nicht nach § 442 BGB ausgeschlossen sind.
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Konkrete Angriffe gegen diese Beweiswürdigung vermag die Beklagte nicht vorzubringen. Insbesondere zeigt sie nicht auf, dass das Landgericht gegen Erfahrungssätze oder die Denkgesetze verstoßen hätte. Der Zeuge K. (Protokoll a.a.O. S. 2 ff.) hat bekundet, er habe das Fehlen von Kloschüsseln vor Vertragsschluss nicht bemerkt, zumal er die Container in natura zum ersten Mal bei deren Anlieferung gesehen habe. Dem gegenüber hat der Mitarbeiter der Beklagten A. (Protokoll a.a.O. S. 7) zwar bekundet, dass der Zeuge K. zusammen mit dem Geschäftsführer der Beklagten bei einem Geschäftstermin einige Wochen vor Vertragsschluss kurz in die fraglichen Container hineingesehen habe (von außen bei geöffneter Tür, eventuell auch nach einem kurzen Schritt nach innen). Aber auch diese Aussage belegt keine Kenntnis des Zeugen K., da er eventuell fehlende Kloschüsseln bei einem kurzen Blick in die Container nicht wahrnehmen musste, falls die Kabinentüren geschlossen gewesen sein sollten. Vor diesem Hintergrund begegnet es keinen Bedenken, dass sich das Landgericht die Überzeugung von einer Mangelkenntnis des Zeugen K. nicht zu bilden vermochte, was zu Lasten der für die Mangelkenntnis der Klägerin beweisbelasteten Beklagtenpartei geht.
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Auf grob fahrlässige Unkenntnis der Klägerin vom Mangel (§ 442 S. 2 BGB) kann sich die Beklagte nicht berufen, da sie den Mangel arglistig verschwiegen hat (dazu sogleich bei b).
30
b) Ein Gewährleistungsausschluss kommt vorliegend nicht durch die (als Inhalt des kaufmännischen Bestätigungsschreiben Vertragsinhalt gewordene) Klausel „gekauft wie gesehen“ in Betracht. Zwar enthält eine derartige Klausel nach allgemeinem Verständnis einen Ausschluss der Gewährleistung für solche Mängel, die bei ordnungsgemäßer Besichtigung wahrnehmbar sind (vgl. Grüneberg / Weidenkaff, BGB, 83. Aufl., § 444 Rz. 16 m.w.Nachw.), was bei fehlenden Toilettenschüsseln ohne weiteres anzunehmen wäre. Allerdings hat das Landgericht zu Recht angenommen, dass der Ausschluss der Gewährleistung vorliegend wegen arglistigen Verschweigens des Mangels scheitert (§ 444 1. Alt. BGB).
31
Von arglistigem Verschweigen eines Mangels ist auszugehen, wenn der Verkäufer den Mangel kennt und ihn hinsichtlich dieses Mangels eine Offenbarungspflicht traf (vgl. Grüneberg / Weidenkaff a.a.O. Rz. 11 m.w.Nachw.). Dass das Fehlen von Toilettenschüsseln in beiden Containern im Unternehmen der Beklagten bekannt war, ergibt sich letztlich schon aus der Aussage des Zeugen A. Der Senat ist auch der Auffassung, dass die Beklagte unter den Umständen des Falles verpflichtet gewesen wäre, die Klägerin auf das Fehlen von Toilettenschüsseln hinzuweisen. Dies ergibt sich insbesondere aus dem vorgelegten Verlauf der Wh.A.-Verhandlungen zwischen den Parteien (Anlage nach Bl.75 der erstinstanzlichen Akten). Am 21.7.2021 um 14.57 Uhr erbat die Klägerin die Übersendung von Fotos. Um 15.59 Uhr antwortete die Beklagte, sie habe gerade keine Fotos vorliegen, es handle sich aber um einen Damen- und einen Herrencontainer mit jeweils „6xWC“. Um 21.47 Uhr hat die Beklagte sodann Lichtbilder übermittelt, die das Containerinnere aber jeweils nur mit geschlossenen Kabinentüren zeigen (so dass auf ihnen das Fehlen von Kloschüsseln nicht wahrnehmbar war). Nach der unmittelbar zuvor übermittelten Beschreibung „6xWC“ wäre die Beklagte aber verpflichtet gewesen, der Klägerin das ihr bekannte Fehlen von Kloschüsseln (wenn schon nicht durch die erbetenen Fotos, aber dann zumindest verbal) zu offenbaren, zumal ihr klar sein musste, dass die Klägerin diesen Umstand aus den Lichtbildern nicht entnehmen konnte.
32
c) Ein Ausschluss der Gewährleistung ergibt sich auch nicht aus den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten (Anlage BK 3). Zwar wurden diese durch Bezugnahme in der Rechnung gemäß Anlage K 1, was unter Kaufleuten für eine Einbeziehung genügt, Vertragsbestandteil.
33
Einen völligen Ausschluss der Gewährleistung, der vorliegend wiederum an § 444 BGB scheitern würde, enthalten die Allgemeinen Geschäftsbedingungen aber ohnehin nicht. Entgegen der Auffassung der Beklagten sieht der Senat in Ziffer C.VI.6 der AGB auch keine Beschränkung des Wahlrechts der Klägerin zwischen Nachbesserung und Nachlieferung gemäß § 439 BGB. Nach dieser Klausel soll der Rücktritt erst verlangt werden können, wenn die „Nacherfüllung“ fehlgeschlagen ist. Nacherfüllung ist der Oberbegriff für Nachbesserung und Nachlieferung. Die Klausel kann daher nicht dahin ausgelegt werden, dass die Mängelrechte der Klägerin auf Nachbesserung beschränkt sein sollten (§ 305c Abs. 2 ZPO).
34
d) Ein Ausschluss der Gewährleistungsrechte ergibt sich vorliegend auch nicht aus § 377 HGB und / oder Ziffer C.VI.5 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten.
35
Insoweit ist der Beklagten nach § 377 Abs. 5 HGB ein Berufen auf die Untersuchungs- und Rügepflicht wegen arglistigen Verschweigens des Mangels (vgl. oben) verwehrt. Diese gesetzgeberische Wertung schlägt auf Ziffer C.VI.5 der AGB, die nur eine Konkretisierung der gesetzlich umschriebenen Frist für Untersuchung und Rüge enthält, durch.
36
Abgesehen davon wäre ohnehin von einer rechtzeitigen Rüge des gegenständlichen Mangels auszugehen. Die Anlieferung der Container bei der Klägerin erfolgte ausweislich der vorgelegten Transportrechnung (Anlage K 2) am 3.8.2021. Bereits am 4.8.2021 um 11.52 Uhr setzt sich die Beklagte mit fehlenden WCs auseinander (vgl. Anlage K 12: „das WC fehlen kann man drüber reden die feuchte ich nach oder erstatte dir das Geld“ [sic!]), was denknotwendig voraussetzt, dass die Klägerin zuvor (also jedenfalls binnen der Acht-Tages-Frist gemäß AGB Ziffer C.VI.5) das Fehlen von WCs gerügt hatte.
37
4. Die Klägerin ist wirksam vom Kaufvertrag zurückgetreten gemäß §§ 437 S. 2, 440, 323 BGB.
38
a) Die Klägerin hat mit Anwaltsschreiben vom 16.8.2021 (Anlage K 5) ihr Wahlrecht gemäß § 439 BGB (das nicht durch die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten ausgeschlossen war, vgl. oben) dahin ausgeübt, dass sie die Lieferung mangelfreier Container verlangte. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist dieses Schreiben als Geltendmachung von Gewährleistungsrechten wegen Sachmängeln zu werten. Es werden zunächst der Sache nach Mängeln geschildert (Absätze 3 und 4 des Schreibens) und sodann (unter Fristsetzung) die Abholung der „mangelhaft gelieferten“ und die Nachlieferung „mangelfreier“ Container verlangt. Mit diesem Inhalt kann das Schreiben nur als Geltendmachung der Sachmängelgewährleistung und Ausübung des Wahlrechts nach § 439 BGB verstanden werden.
39
Insoweit kann sich die Beklagte nicht darauf berufen, dass ein wirksames Nacherfüllungsverlangen nach den Grundsätzen des Urteils des BGH vom 19.12.2012 (VIII ZR 96/12, Rz. 24) vorausgesetzt hätte, dem Verkäufer die Kaufsache zur Überprüfung von Mängeln zur Verfügung zu stellen. Zwischen den Parteien war vorprozessual unstreitig, dass WC-Schüsseln fehlten (vgl. Anlage K 12). Die Beklagte hat die Gewährleistung vielmehr wegen eines von ihr behaupteten Gewährleistungsausschlusses verweigert. Vor diesem Hintergrund wäre es sinnentleert gewesen, die Container zur Überprüfung des Mangels bei der Beklagten anzuliefern.
40
Auf der Basis des Sach- und Streitstandes kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Nachlieferung vorliegend nach § 439 Abs. 3 BGB hätte verweigert werden können. Hierfür genügt nicht, dass das Verlangen „treuwidrig“ war; vielmehr setzt die Norm voraus, dass die gewählte Art der Nacherfüllung unmöglich oder nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist. Diese Voraussetzungen hat die Beklagte nicht dargetan. Richtigerweise schuldete die Beklagte nur die Lieferung gebrauchter Container (mangelfrei, aber ansonsten im Erhaltungszustand der verkauften). Dass solche (auch im Hinblick auf einen erhöhten Bedarf an WC-Containern angesichts der Katastrophe im Ahrtal) auf dem deutschen und europäischen Markt überhaupt nicht verfügbar waren, ist angesichts der regional recht eng beschränkten Katastrophenlage nicht plausibel. Denkbar ist dem gegenüber, dass solche Container nur aus weiterer Entfernung und zu sehr hohen Preisen / Kosten zu beschaffen gewesen wären. Zu diesen Kosten erfolgt aber kein Vortrag, so dass schlechterdings nicht beurteilt werden kann, ob diese als unverhältnismäßig zu beurteilen gewesen wären.
41
b) Das Anwaltsschreiben vom 16.8.2021 (Anlage K 5) enthält auch eine Fristsetzung zur Nachlieferung (§ 323 Abs. 1 BGB) bis 26.8.2021. Ob diese Fristsetzung angemessen war, kann dahinstehen, da sich die Beklagte mit Anwaltsschreiben vom 23.8.2021 (Anlage K 6) auf einen behaupteten Gewährleistungsausschluss berufen und damit die Nacherfüllung endgültig und ernsthaft verweigert hat (§ 323 Abs. 2 Nr. 1 BGB).
42
c) Den Rücktritt vom Kaufvertrag hat die Klägerin mit Anwaltsschreiben vom 25.8.2021 erklärt (§ 349 BGB). Dass diese Erklärung vor Ablauf der ursprünglich gesetzten Frist zum 26.8.2021 erfolgte, ist unschädlich, da zwischenzeitlich die Beklagte die Nachlieferung endgültig und ernsthaft verweigert hatte (vgl. soeben bei b).
43
5. Nicht zu beanstanden ist die diesbezügliche Zinsentscheidung des Landgerichts. Die Beklagte kam mit Verweigerung der Rückabwicklung gemäß Anwaltsschreiben vom 27.8.2021 (Anlage K 9) in Verzug mit der Klageforderung (§ 286 Abs. 2 Nr. 3 ZPO), so dass sie zum zuerkannten Zinsbeginn (7.9.2024) jedenfalls in Verzug war. Mangels Vorliegens einer Entgeltforderung wurden richtigerweise nur 5 Prozent über dem Basiszinssatz zuerkannt.
44
II. Zu Recht hat das Landgericht auch festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme der Container im Verzug der Annahme befindet.
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Insoweit ist das Landgericht nicht entgegen § 308 ZPO über den gestellten Antrag hinausgegangen. Es hat bei seiner Tenorierung lediglich klargestellt, womit sich die Beklagte in Annahmeverzug befindet. Dies stellt nur eine Präzisierung unter Auslegung des Gewollten anhand des Parteivorbringens und keine Überschreitung des Antrags im Sinne von § 308 ZPO dar. Selbst wenn man dies anders sähe, würde dies der Berufung nicht zum Erfolg verhelfen, weil sich die Klägerin mit ihrem Antrag auf Zurückweisung der Berufung die Tenorierung des Landgerichts zu eigen gemacht hat, so dass in der Bestätigung dieser Tenorierung durch den Senat ein Überschreiten des Antrags der Klagepartei denklogisch nicht liegen kann.
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Auch materiell ist die Feststellung des Annahmeverzugs nicht zu beanstanden. Da die Beklagte mit Anwaltsschreiben vom 27.8.2021 (Anlage K 9) die Rückabwicklung ernstlich verweigert hat, genügte ein wörtliches Angebot der Rückgabe der Container (§ 295 S. 1 erste Alt. BGB), welches mit Anwaltsschreiben vom 25.8.2021 (Anlage K 8) erfolgt war. Zu Recht ist das Landgericht auch davon ausgegangen, dass hierfür die Aufforderung zur Abholung genügte, weil Erfüllungsort für Gewährleistungsansprüche der Ort ist, wo sich die Sache vertragsgemäß befindet (vgl. Grüneberg / Grüneberg, a.a.O. § 269 Rz. 14 m.w.Nachw.).
47
III. Der Klägerin steht auch die vom Landgericht zuerkannte Freistellung von vorgerichtlichen Kosten zu.
48
Der Anspruch folgt zwar nicht aus § 286 BGB. Bei Beauftragung der Klägervertreter, ausweislich des Tätigwerdens der Klägervertreter mit Anwaltsschreiben vom 16.8.2021 spätestens an diesem Tag erfolgt sein muss, befand sich die Beklagte noch nicht in Verzug; dieser trat erst am 27.8.2021 ein (vgl. oben I.5).
49
Der Klägerin steht gegen die Beklagte jedoch dem Grunde nach ein Schadensersatzanspruch aus §§ 280, 281 BGB zu, in dessen Rahmen die vorgerichtlichen Kosten einen Schadensposten darstellen.
50
Zwar wäre, nachdem die Transportkosten rechtskräftig abgewiesen wurden, der Geschäftswert nicht wie geschehen aus 12.786,- €, sondern aus 10.710, – € zu berechnen gewesen. Dies wirkt sich aber nicht auf die Gebührenhöhe aus, da zwischen den genannten Beträgen kein Gebührensprung vorgesehen ist.
51
Hingegen war auf die Berufung der Beklagten der Ausspruch zur Widerklage abzuändern. Der Klägerin steht zwar dem Grunde nach ein Schadensersatzanspruch aus §§ 280, 281 BGB zu, allerdings nicht in der im Antrag der Beklagten genannten Höhe. Da die Abweisung der negativen Feststellungsklage dieselbe Wirkung wie die Stattgabe einer entsprechenden positiven Feststellungsklage hat (vgl. z.B. BGH, Urteil vom 17.3.1995 – V ZR 178/93, Rz. 8), hätte vorliegend die Abweisung der auf Feststellung, 18.968,60 € nicht zu schulden, gerichteten Widerklage die Folge, dass positiv festgestellt werde, dass die Beklagte diesen Betrag schuldet. Tatsächlich hat die Klägerin aber nur einen (weiteren) Schaden in Höhe von 1.950,- € schlüssig dargelegt.
52
I. Die negative Feststellungsklage ist zulässig. Insbesondere steht sie im tatsächlichen und rechtlichen Zusammenhang mit der Klageforderung (§ 33 ZPO) und folgt das Feststellungsinteresse (§ 256 ZPO) daraus, dass sich die Klägerin vorgerichtlich (vgl. Anwaltsschreiben vom 31.8.2021, Anlage B 4) eines entsprechenden Schadensersatzanspruches berühmt hatte.
53
Auch ist der Widerklageantrag hinreichend bestimmt; insbesondere ist die Geltendmachung „weiteren“ Schadensersatzes vor dem Hintergrund der materiellen Lage eindeutig. Rücktritt und Schadensersatz, wie vorliegend von der Klagepartei vorprozessual geltend gemacht, schließen einander nicht aus (§ 325 BGB). In diesem Fall stellt das aufgrund des Rücktritts zu gewährende einen Abzugsposten bei der Schadensberechnung dar (vgl. Grüneberg / Grüneberg, a.a.O. § 325 Abs. 2 BGB). Damit kann der Widerklageantrag nur so verstanden werden, dass festgestellt werden soll, dass nach Rückabwicklung des Kaufvertrages dem Kläger kein Schaden und damit kein Schadensersatzanspruch verbleibt.
54
II. Der Klägerin steht dem Grunde nach ein Schadensersatzanspruch aus §§ 280, 281 BGB wegen der von ihm vorgenommenen Ersatzbeschaffung von zwei WC-Containern zu.
55
1. Die Beklagte hat wie dargestellt die geschuldete Leistung nicht wie geschuldet erbracht. Eine Nachfrist wurde gesetzt und erweist sich wegen endgültiger und ernsthafter Erfüllungsverweigerung (§ 281 Abs. 2 BGB) als entbehrlich (vgl. oben). Die Beklagte hat die Pflichtverletzung jedenfalls schon deshalb zu vertreten (§ 280 Abs. 1 S. 2 BGB), weil sie den Mangel arglistig verschwiegen hat. Damit greift auch der Haftungsausschluss für einfache Fahrlässigkeit gemäß Ziffer A.III.2 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten nicht.
56
2. Der Klägerin ist durch die Pflichtverletzung auch ein Schaden entstanden. Die Kosten der Ersatzbeschaffung stellen (unter den übrigen Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs) grundsätzlich einen ersatzfähigen Nichterfüllungsschaden dar. Dem steht nicht entgegen, dass die Klägerin die Ersatzbeschaffung bereits am 5.8.2021 und damit vor Ablauf der von ihr gesetzten Nachfrist (sogar vor der Fristsetzung als solcher), also vor Eintritt der Voraussetzungen der Schadensersatzpflicht dem Grunde nach vorgenommen hat.
57
Insoweit galt (vor der Schuldrechtsreform) der Grundsatz, dass das Deckungsgeschäft vor Schaffung der Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs auf Risiko des Käufers erfolge, welcher dann gegebenenfalls die Leistung doppelt erhalte und bezahlen müsse; dies rechtfertige es aber nicht, ihm den Nichterfüllungsschaden aus dem – nachträglich betrachtet gerechtfertigten – Deckungsgeschäft zu versagen, wenn die Voraussetzungen des Schadensersatzanspruchs doch noch eintreten (vgl. BGH, Urteil vom 27.5.1998 – VIII ZR 362/96, Rz. 18).
58
An dieser Rechtslage hat sich entgegen der Auffassung der Beklagten durch die Schuldrechtsreform nichts geändert. Insbesondere wird der Verkäufer durch die dargestellten Grundsätze das Recht zur zweiten Andienung nicht abgeschnitten. Wenn die Vornahme des Deckungsgeschäfts vor Schaffung der Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs erfolgt und der Käufer sodann ordnungsgemäß nacherfüllt, verwirklicht sich nämlich genau das vom BGH dargestellte Risiko des Käufers: Er muss die gekaufte Ware abnehmen und bezahlen und bleibt auf den Kosten des Deckungsgeschäfts sitzen (vgl. auch Grüneberg / Grüneberg, a.a.O., § 281 Rz. 25).
59
Die von der Berufungsbegründung als Beleg ihrer anderen Auffassung zitierten Fundstellen (BGH, Urteil vom 20.1.2009 – X ZR 45/07, Rz. 10; Grüneberg / Weidenkaff, a.a.O., § 437 Rz. 4b) beziehen sich auf eine andere Konstellation, nämlich die Selbstreparatur durch den Käufer vor Fristsetzung bzw. Fristablauf. Hierdurch würde tatsächlich das Recht zur zweiten Andienung tangiert, was vorliegend wie gezeigt nicht der Fall ist.
60
III. Damit hat das Landgericht im Ausgangspunkt zu Recht die Feststellung, dass der Klägerin kein Schadensersatzanspruch zusteht, abgelehnt. Nach dem Sach- und Streitstand hat die Klagepartei der Höhe nach aber nur einen (nach Rückabwicklung des Kaufvertrags verbleibenden) Schaden von 1.950,- € schlüssig dargelegt. In dieser Höhe konnte daher die auf Feststellung des Nichtbestehens eines Schadensersatzanspruchs von 18.968,60 € gerichtete Widerklage nicht abgewiesen werden.
61
1. Vorab ist klarzustellen, dass sich durch das Vorliegen einer negativen Feststellungsklage die Darlegungs- und Beweislast für den inmitten stehenden Schadensersatzanspruch nicht ändert (vgl. z.B. BGH, Urteil vom 24.2.2016 – XII ZR 5/15, Rz. 25). Folglich muss die Klägerin als Geschädigte die Anspruchsvoraussetzungen darlegen und beweisen, die Beklagte als Schädigerin hingegen die Einwendungen und Einreden, konkret also insbesondere auch die auf den Schaden anzurechnenden Vorteile.
62
2. Im Ausgangspunkt betrugen die Kosten der Ersatzbeschaffung 40.388,66 € brutto (je 15.995,- € netto pro Container sowie 1.950, – € Anlieferungskosten, jeweils zuzüglich Umsatzsteuer). Dies hat die Klägerin durch Vorlage der Rechnung gemäß Anlage K 7 hinreichend dargelegt.
63
Nachdem die Klägerin unstreitig vorsteuerabzugsberechtigt ist, können hiervon aber nur die Nettobeträge von zusammen 33.940, – € angesetzt werden.
64
Nachdem die zuerkannte Rückabwicklung nach Rücktritt als Abzugsposten bei der Schadensberechnung zu berücksichtigen ist (vgl. oben), sind vom Nettobetrag für die Ersatzbeschaffung noch die nach Rücktritt zuerkannten 9.000,- € (netto) abzuziehen, so dass zunächst ein Schadensbetrag von 24.940, – € verbleibt.
65
3. Nach der Differenzhypothese soll die Klägerin aber durch den Schadensfall nicht verdienen. Nachdem sie neue anstelle gebrauchter Container beschafft hat, ist die entsprechende Wertdifferenz im Wege der Vorteilsausgleichung von den Ersatzbeschaffungskosten abzuziehen.
66
Die zum Wert der ersatzbeschafften Container darlegungspflichtige Beklagte bringt diesbezüglich nur vor (insoweit aber nicht konkret bestritten), dass der Wert der ersatzbeschafften Container höher war als der dafür gezahlte Kaufpreis. Welchen Wert die Container konkret hatten, teilt die darlegungspflichtige Beklagte allerdings nicht mit. Der Senat setzt daher den gezahlten Kaufpreis von je 15.995,- € (netto), also zusammen 31.990, – € als Mindestposten an.
67
Hinsichtlich des Werts der streitgegenständlichen Container in mangelfreiem Zustand geht der Senat vom zwischen den Parteien vereinbarten Kaufpreis von zusammen 9.000, – € (netto) aus. Diesen Wert haben die Parteien einvernehmlich bei Vertragsschluss zugrunde gelegt.
68
Damit ergibt sich eine Wertdifferenz von (31.990,- € – 9.000,- € =) 22.990,- €, die als Vorteil vom Schadensbetrag von 24.940,- € abzuziehen ist, so dass ein ersatzfähiger Schaden von 1.950, – € verbleibt.
69
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92, 97 ZPO.
70
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
71
Die Revision war nicht zuzulassen, da Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2 ZPO) nicht vorliegen. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Zu würdigen waren vielmehr die Umstände des Einzelfalles.