Titel:
Pflichtverteidigervergütung, Revisionsverfahren, Revisionsbegründung, Erinnerungsverfahren, Gebührenfreiheit, Staatsanwaltschaft, Vorbereitendes Verfahren, Prozessuale Fragen, Rechtsmittel, Erfolgsaussicht, Auslagenpauschale, Erstattungsanspruch, Vor Zustellung, Verfahrensgebühr, Obergerichtliche Rechtsprechung, Ausgangsverfahren, Mandatierung, Erstattungsfähige, Beschlüsse, Entstandene Gebühren
Leitsatz:
Die Verfahrensgebühr für die Revision entsteht in einem Verfahren, in dem die Staatsanwaltschaft Revision eingelegt hat, erst dann, wenn feststeht, dass die Staatsanwaltschaft das von ihr eingelegte Rechtsmittel nach näherer Überprüfung der Erfolgsaussichten überhaupt weiterverfolgt und wenn an Hand der Anträge und der Begründung (§ 344 StPO) das Ziel und der Umfang der Revisionsangriffe feststellbar sind. Erst dann ist eine sachgerechte und zweckdienliche Tätigkeit eines verständigen Verteidigers angezeigt. (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Pflichtverteidigervergütung, Revisionsverfahren, Gebührenfestsetzung, Erinnerung, Prozessuale Beratung, Gebührenfreiheit
Fundstelle:
BeckRS 2025, 11834
Tenor
1. Die Erinnerung des Pflichtverteidigers … gegen den Beschluss des Landgerichts Am- berg vom 19.12.2024 wird als unbegründet verworfen.
2. Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
1
Die Staatsanwaltschaft Amberg legte gegen das Urteil des Landgerichts Amberg vom 10.09.2024, in welchem der Antrag der Staatsanwaltschaft auf Anordnung der Unterbringung der Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus abgelehnt wurde, am 11.09.2024 Revision ein. Mit Verfügung vom 05.11.2024 wurde die bis dahin nicht begründete Revision wieder zurück- genommen.
2
Mit Schriftsatz vom 31.10.2024 beantragte der Pflichtverteidiger … die Festsetzung der Pflichtverteidigervergütung für das vorbereitende Verfahren, das gerichtliche Verfahren des ersten Rechtszuges und des Revisionsverfahren in Höhe von insgesamt 2.721,10 €. In dem Antrag wer- den Kosten von insgesamt 667,59 € für das Revisionsverfahren geltend gemacht (Verfahrensge- bühr nach Nr. 4130 VV RVG in Höhe von 541,00 € sowie Auslagenpauschale in Höhe von 20,00 € zzgl. anteiliger Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG in Höhe von 106,59 €).
3
Mit Beschluss des Landgerichts Amberg vom 19.12.2024, auf den wegen seines weiteren Inhalts verwiesen wird, wurden die aus der Staatskasse zu zahlenden Gebühren und Auslagen des Pflichtverteidigers … auf 2.053,51 € festgesetzt. Die geltend gemachten Gebühren für das Revisionsverfahren in Höhe von 667,59 € wurden dabei nicht in Ansatz gebracht.
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Hiergegen legte der Pflichtverteidiger Erinnerung ein. Zur Begründung wird auf seinen Schriftsatz vom 02.02.2025 Bezug genommen.
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Das Amtsgericht half der Erinnerung mit Beschluss vom 11.02.2025 nicht ab und legte die Akten dem Landgericht – Strafkammer – Amberg zur Entscheidung vor.
6
Die zulässige Erinnerung des Pflichtverteidigers .. hat in der Sache keinen Erfolg. Die an- gefochtene Entscheidung entspricht der Sach- und Rechtslage. Die Erinnerung war daher als un- begründet zu verwerfen.
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1. Die vom Pflichtverteidiger geltend gemachten Gebühren für das Revisionsverfahren in Höhe von 667,59 € wurden zu Recht nicht in Ansatz gebracht.
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Die entsprechende Tätigkeit des Pflichtverteidigers löst keinen Erstattungsanspruch wegen der dadurch entstandenen Gebühren aus.
9
Für das Rechtsmittel der Revision ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung anerkannt, dass sachgerechte und zweckdienliche Tätigkeiten eines verständigen Verteidigers erst dann ange- zeigt sein können, wenn feststeht, dass die Staatsanwaltschaft das von ihr eingelegte Rechtsmit- tel nach näherer Überprüfung der Erfolgsaussichten überhaupt weiterverfolgt und wenn an Hand der Anträge und der Begründung (§ 344 StPO) das Ziel und der Umfang der Revisionsangriffe feststellbar sind. Der dann feststehende Gegenstand der Revisionsrügen ermöglicht erst eine auf den Einzelfall bezogene und das weitere Vorgehen präzisierende Beratung des Angeklagten durch den Verteidiger. Vor Zustellung einer Revisionsbegründung kann der Angeklagte sich mit seinem Verteidiger nur über potentielle und hypothetische Revisionsangriffe beraten und theore- tisch eine bestimmte Verteidigungsstrategie entwerfen; eine diesbezügliche Tätigkeit des Vertei- digers wäre nur spekulativ, also gerade nicht zweckentsprechend und sachgerecht (vgl. nur OLG Koblenz, Beschluss vom 03.07.2006 – 2 Ws 424/06).
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Auch unter Beachtung des konkreten Einzelfalles ändert sich an dieser Beurteilung nichts. Es ist für die Kammer nicht ersichtlich, weshalb im vorliegenden Fall ausnahmsweise ein Tätigwerden des Verteidigers vor Begründung der Revision notwendig gewesen sein sollte. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass allgemeine prozessuale Fragen zum Prozessfortgang noch im Rahmen der Mandatierung des Ausgangsverfahrens zu beantworten sind, da diese Tätigkeiten – entgegen der Ansicht des Pflichtverteidigers – auch über die Verkündung des Urteils hinausgehend noch von der Gebühr des Ausgangsprozesses erfasst werden (vgl. LG Amberg, Beschluss vom 21.10.2021, Az.: 11 Qs 63/21; OLG Köln, Beschluss vom 03. Juli 2015 – III-2 Ws 400/15, Rn. 22).
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2. Das Erinnerungsverfahren ist gebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet, § 56 Abs. 2. Satz 2 und 3 RVG.