Inhalt

VG München, Beschluss v. 04.04.2025 – M 6 S 24.7710
Titel:

Entziehung der Fahrerlaubnis wegen Konsums von Amphetamin

Normenketten:
StVG § 3 Abs. 1 S. 1
FeV § 46 Abs. 1, Anl. 4 Nr. 9.1
Leitsätze:
Die Entziehung der Fahrerlaubnis ist bereits dann gerechtfertigt, wenn einmalig harte Drogen wie Amphetamin im Körper des Betroffenen und damit deren Einnahme nachgewiesen worden sind, ohne dass es auf die Höhe der Btm-Konzentration ankommt. Auch der Nachweis kleinster Mengen führt zum Ausschluss der Fahreignung. (redaktioneller Leitsatz)
1. Nach Nr. 9.1 der Anlage 4 zu § 11, § 13 und § 14 FeV ist in der Regel ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, wer Betäubungsmittel (hier Amphetamin) im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes einnimmt – unabhängig von der Häufigkeit des Konsums, der Höhe der nachgewiesenen Betäubungsmittelkonzentration, von einer Straßenverkehrsteilnahme im berauschten Zustand und unabhängig davon, ob konkrete Ausfallerscheinungen im Sinne von Fahruntüchtigkeit beim Betroffenen zu verzeichnen waren. (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Entziehung der Fahrerlaubnis ist bereits dann gerechtfertigt, wenn einmalig sogenannte harte Drogen im Körper des Betroffenen und damit deren Einnahme nachgewiesen worden sind oder wenn der Betroffene die Einnahme solcher Substanzen eingeräumt hat. (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Entziehung der Fahrerlaubnis, Amphetamin, Geringe Amphetaminkonzentration, Fahrerlaubnis, Entziehung, Fahrungeeignetheit, Konsum von Betäubungsmitteln, Entbehrlichkeit eines Gutachtens
Fundstelle:
BeckRS 2025, 11595

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 3.750,- € festgesetzt.

Gründe

I.
1
Der Antragsteller wendet sich gegen die sofortige Vollziehbarkeit der Entziehung seiner Fahrerlaubnis der Klassen B und A2 mit Bescheid des Antragsgegners vom … Dezember 2024.
2
Die Fahrerlaubnisbehörde erlangte durch eine Mitteilung des Kraftfahrt-Bundesamtes vom … November 2024 Kenntnis von einer Ordnungswidrigkeit des Antragstellers. Dieser führte am … Juli 2024 ein Kraftfahrzeug unter der Wirkung von Alkohol, THC und Amphetamin.
3
Die Analyse der am … Juli 2024 entnommenen Blutprobe ergab ausweislich des Befundberichts der Medizinischen Universität L … vom … August 2024 einen Wert von ca. 5,2 µg/l Amphetamin. Hiernach sei der Konsum von Amphetaminen gesichert. Mit der quantitativen Bestimmung von Amphetamin mittels GC-MS habe das Ergebnis der Screeninguntersuchung auf Amphetamine bestätigt werden können. Die ermittelte Konzentration sei sehr gering und liege unterhalb des Kalibrationsbereiches, so dass die Angabe als „ca.“ erfolge.
4
Mit Schreiben vom … November 2024, zugestellt am … November 2024 hörte die Fahrerlaubnisbehörde den Antragsteller zur geplanten Entziehung der Fahrerlaubnis wegen des Konsums von Amphetamin an. Dem Antragsteller wurde Gelegenheit gegeben, sich bis zum … November 2024 zu der Angelegenheit zu äußern. Dem Antragsteller wurde zudem die Möglichkeit eingeräumt, freiwillig auf seine Fahrerlaubnis zu verzichten.
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Mit Bescheid vom …Dezember 2024, zugestellt am … Dezember 2024, entzog die Fahrerlaubnisbehörde dem Antragsteller die Fahrerlaubnis aller Klassen und wies darauf hin, dass die Gültigkeit der Fahrerlaubnis am Tage der Zustellung des Bescheids erlösche (Ziffer 1 des Bescheids), gab ihm auf, seinen Führerschein unverzüglich, spätestens innerhalb einer Woche nach Zustellung des Bescheids beim Landratsamt E. abzugeben (Ziffer 2), drohte ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000 EUR für den Fall der nicht fristgerechten Befolgung der Aufforderung unter Ziffer 2 an (Ziffer 3), ordnete die sofortige Vollziehung der Ziffern 1 und 2 an und wies darauf hin, dass die in Ziffer 3 angedrohte Vollstreckungsmaßnahme kraft Gesetzes sofort vollziehbar sei (Ziffer 4). Die Ziffern 5 und 6 enthalten die Kostenentscheidung.
6
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, nach § 3 Abs. 1 StVG und § 46 Abs. 1 FeV sei die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich jemand als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen erweise. Dies gelte insbesondere, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 der FeV vorliegen. Nach § 46 Abs. 1, Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV bestehe bei der Einnahme von Betäubungsmitteln – hier Amphetamin – keine Fahreignung. Die Fahreignung entfalle in diesem Fall unabhängig von der Höhe der Betäubungsmittelkonzentration, von einer Straßenverkehrsteilnahme in berauschtem Zustand und unabhängig davon, ob konkrete Ausfallerscheinungen beim Betroffenen zu verzeichnen waren. Die Fahrerlaubnisentziehung nach der Regelvermutung der Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV sei bereits dann gerechtfertigt, wenn der Betroffene einmalig harte Drogen einnehme. Die Nichteignung stehe durch den nachgewiesenen Konsum von Amphetamin fest, so dass gemäß § 11 Abs. 7 FeV die Anordnung zur Beibringung eines Gutachtens unterbleiben müsse. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung wurde insbesondere damit begründet, dass nicht auszuschließen sei, dass der Antragsteller nach dem Konsum von Betäubungsmitteln bzw. gegebenenfalls unter dem Einfluss von Betäubungsmitteln ein Kraftfahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr führen und damit Leben und Eigentum anderer Verkehrsteilnehmer konkret gefährden könnte. Es sei weiterhin gerechtfertigt, die Abgabeverpflichtung hinsichtlich des Führerscheins für sofort vollziehbar zu erklären, da dieser anderenfalls einen über den tatsächlichen Umfang der Fahrberechtigung hinausgehenden, unzutreffenden Rechtsschein erzeugen würde.
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Am … Dezember 2024 ließ der Antragsteller Widerspruch gegen den Bescheid vom … Dezember 2024 erheben. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, es seien keine Zweifel an der Eignung des Antragstellers zum Führen von Kraftfahrzeugen ersichtlich, geschweige denn würde die Ungeeignetheit feststehen. Zwar gebe der Befundbericht der Medizinischen Universität L … vom … August 2024 an, dass ein Konsum von Cannabinoiden und Amphetamin stattgefunden habe, der Bericht sei jedoch ersichtlich nicht belastbar. Es werde betont, dass keine Konzentration im messbaren und kalibrierten Bereich habe ermittelt werden können.
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Mit Schreiben vom 20. Dezember 2024, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München am selben Tag eingegangen, ließ der Antragsteller beantragen,
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„Die aufschiebende Wirkung des gegen den zum Aktenzeichen …[…] erlassenen Entzugsbescheid der Antragsgegnerin vom 10.12.2024 zur Entziehung der Fahrerlaubnis des Antragstellers erhobenen Widerspruchs des Antragstellers vom …12.2024 wird angeordnet.“
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Die Begründung entspricht im Wesentlichen der Begründung des Widerspruchs. Zudem wird insbesondere ausgeführt, dass der Antragsteller auf seinen Führerschein angewiesen sei und der Antragsgegner bislang die sofortige Vollziehbarkeit des Bescheids nicht hinreichend begründet hat.
11
Am … Dezember 2024 ging der Führerschein des Antragstellers bei dem Antragsgegner ein.
12
Der Antragsgegner legte die Akten elektronisch vor und beantragte mit Schreiben vom 9. Januar 2024,
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den Antrag abzulehnen.
14
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass es irrelevant sei, dass der Wert unterhalb des Kalibrationsbereiches liege. Unter Kalibrierung sei der Prozess gemeint, bei dem die Genauigkeit eines Messgerätes überprüft werde, indem dessen Messwerte mit denen eines Referenzgerätes verglichen würden, dessen Genauigkeit bekannt sei. Dabei würden keine Veränderungen am Messgerät selbst vorgenommen, sondern lediglich die Abweichungen dokumentiert. Wie genau der Messwert war, sei jedoch nicht beachtlich, da bereits die kleinstmögliche Konzentration von Amphetamin die Fahreignung ausschließe. Hätte kein Konsum stattgefunden, hätte der Test kein Ergebnis geliefert.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakte und die übermittelte Behördenakte Bezug genommen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – analog).
II.
16
Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO bleibt ohne Erfolg.
17
1. Der nicht zwischen den Ziffern des Bescheids differenzierende Antrag ist mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig, soweit er darauf gerichtet ist, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Zwangsgeldandrohung in Ziffer 3 des Bescheids anzuordnen. Der Führerschein ist am … Dezember 2024 bei dem Antragsgegner eingegangen. Der Antragsteller ist seiner Verpflichtung aus Ziffer 2 des Bescheids zur Abgabe des Führerscheins somit nachgekommen, so dass sich die Zwangsgeldandrohung erledigt hat. Es ist nicht ersichtlich, dass der Antragsgegner das angedrohte Zwangsgeld entgegen der Vorschrift des Art. 37 Abs. 4 Satz 1 Bayerisches Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz – VwZVG – gleichwohl beitreiben will.
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2. Im Übrigen ist der Antrag zulässig, aber unbegründet.
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Gemäß § 80 Abs. 1 VwGO haben Klage und Widerspruch grundsätzlich aufschiebende Wirkung, die aber entfällt, wenn die Behörde nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten angeordnet hat. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs hinsichtlich Ziffer 1 und 2 des Bescheids war nicht wiederherzustellen. Gleiches gilt hinsichtlich einer Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage hinsichtlich der Kostenentscheidung.
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2.1. Die Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung in Ziffer 4 des Bescheids genügt den formellen Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Nach dieser Vorschrift ist die Anordnung der sofortigen Vollziehung schriftlich zu begründen. Dabei hat die Behörde unter Würdigung des Einzelfalls darzulegen, warum sie abweichend vom Regelfall der aufschiebenden Wirkung, die Widerspruch und Klage grundsätzlich zukommt, die sofortige Vollziehbarkeit des Verwaltungsakts angeordnet hat. An den Inhalt der Begründung sind dabei allerdings keine zu hohen Anforderungen zu stellen (vgl. Hoppe in: Eyermann, 16. Aufl. 2022, § 80 Rn. 55). Im Bereich des Sicherheitsrechts ergibt sich im Übrigen das besondere öffentliche Interesse regelmäßig – so auch hier – gerade aus den Gesichtspunkten, die für den Erlass des Verwaltungsakts selbst maßgebend waren (vgl. BayVGH, B.v. 9.2.2012 – 11 CS 11.2272 – juris). Dem genügt die Begründung im streitgegenständlichen Bescheid. Die Sicherheitsrecht vollziehende Behörde hat ausreichend dargelegt, warum sie im konkreten Einzelfall des Antragstellers im Interesse der Sicherheit des öffentlichen Straßenverkehrs die sofortige Vollziehung angeordnet hat. Insbesondere hat sie Bezug genommen auf den Konsum von Betäubungsmitteln, insbesondere in Form von Amphetamin und die damit verbundenen Gefährdungen anderer Verkehrsteilnehmer. Es sei insbesondere nicht auszuschließen, dass der Antragsteller nach dem Konsum von Betäubungsmitteln bzw. gegebenenfalls unter dem Einfluss von Betäubungsmitteln ein Kraftfahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr führen und damit Leben und Eigentum anderer Verkehrsteilnehmer konkret gefährden könnte. Weiterhin würde ohne die Anordnung der sofortigen Vollziehung hinsichtlich der Verpflichtung zur Abgabe des Führerscheins ein über den tatsächlichen Umfang der Fahrberechtigung hinausgehender, unzutreffender Rechtsschein erzeugt werden. Im Übrigen kann sich die Behörde, wenn immer wiederkehrenden Sachverhaltsgestaltungen eine typische Interessenlage zugrunde liegt, zur Rechtfertigung der Anordnung der sofortigen Vollziehung wie hier darauf beschränken, die für diese Fallgruppe typische Interessenlage aufzuzeigen und deutlich machen, dass diese Interessenlage nach ihrer Auffassung auch im konkreten Fall vorliegt (vgl. BayVGH, B.v. 27.10.2016 – 11 CS 16.1388 – juris).
21
2.2. Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung im Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ganz oder teilweise wiederherstellen. Das Gericht trifft eine originäre Ermessensentscheidung und hat abzuwägen zwischen dem von der Behörde geltend gemachten Interesse an der sofortigen Vollziehung ihres Bescheids und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs. Bei dieser Abwägung sind auch die Erfolgsaussichten des eingelegten Rechtsbehelfs – hier des Widerspruchs – zu berücksichtigen. Ergibt die im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO allein mögliche, aber auch ausreichende summarische Prüfung, dass der Rechtsbehelf offensichtlich erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid schon bei summarischer Prüfung als offensichtlich rechtswidrig, besteht kein öffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens dagegen nicht hinreichend absehbar, verbleibt es bei einer Interessensabwägung.
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2.3. Unter Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall war der Antrag abzulehnen, weil sich die in Ziffer 1 des Bescheids vom … Dezember 2024 enthaltene Entziehung der Fahrerlaubnis nach der hier gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung als rechtmäßig darstellt und den Antragsteller nicht in seinen Rechten verletzt (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
23
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist vorliegend der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung über den Eilantrag, da noch kein Widerspruchsbescheid ergangen ist.
24
Die Fahrerlaubnisbehörde durfte zurecht von der Nichteignung des Antragstellers ausgehen. Das Gericht folgt den zutreffenden Ausführungen im streitgegenständlichen Bescheid und macht sich diese zur Begründung der vorliegenden Entscheidung zu Eigen (vgl. § 117 Abs. 5 VwGO). Lediglich ergänzend wird ausgeführt:
25
Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Straßenverkehrsgesetz – StVG – und § 46 Abs. 1 Satz 1 Fahrerlaubnisverordnung – FeV – hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich ihr Inhaber als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Dies gilt insbesondere, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 der FeV vorliegen oder erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen wurde und dadurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist (§ 46 Abs. 1 Satz 2 FeV). Nach Nr. 9.1 der Anlage 4 zu §§ 11, 13 und 14 FeV ist in der Regel ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, wer Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes einnimmt – unabhängig von der Häufigkeit des Konsums, der Höhe der nachgewiesenen Betäubungsmittelkonzentration, von einer Straßenverkehrsteilnahme im berauschten Zustand und unabhängig davon, ob konkrete Ausfallerscheinungen im Sinne von Fahruntüchtigkeit beim Betroffenen zu verzeichnen waren (stRspr, vgl. BayVGH, B.v. 5.2.2018 – 11 ZB 17.2069; BayVGH, B.v. 09.01.2024 – 11 CS 23.2041). Die Entziehung der Fahrerlaubnis ist bereits dann gerechtfertigt, wenn einmalig sogenannte harte Drogen im Körper des Betroffenen und damit deren Einnahme nachgewiesen worden sind oder wenn der Betroffene die Einnahme solcher Substanzen eingeräumt hat (vgl. stRspr, BayVGH, B.v. 5.10.2023 – 11 CS 23.1413; BayVGH, B.v. 09.01.2024 – 11 CS 23.2041).
26
Es steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Antragsteller zumindest einmal Amphetamin und damit ein Betäubungsmittel i.S.v. § 1 Abs. 1 des Gesetzes über den Verkehr mit Betäubungsmitteln – BtMG i.V.m. Anlage III zum BtMG eingenommen hat. Ausweislich des Befundberichts der Medizinischen Universität L … vom … August 2024 ist der Konsum von Amphetaminen gesichert. Im Rahmen des Screeningtests wurde positiv auf Amphetamine getestet. Das Ergebnis der Screeninguntersuchung auf Amphetamine konnte mit der quantitativen Bestimmung von Amphetamin mittels GC-MS bestätigt werden. Der Nachweis des Konsums von Amphetamin wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass die ermittelte Konzentration von ca. 5,2 µ/L sehr gering ist und unterhalb des Kalibrationsbereiches liegt (vgl. VG Schwerin, U.v. 28.10.2022 – 6 A 285/22 SN, VG Regensburg, B.v. 8.6.2022 – RN 8 S 22.876). Weiterhin kommt es wie oben dargestellt für den Ausschluss der Fahreignung aufgrund der Einnahme von Betäubungsmitteln im Sinne des BtMG nicht auf die Höhe der nachgewiesenen Betäubungsmittelkonzentration an. Auch der Nachweis kleinster Mengen führt zum Ausschluss der Fahreignung.
27
Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Ausnahmefalls nach Nummer 3 der Vorbemerkung zur Anlage 4 zur FeV sind nicht ersichtlich und wurden auch nicht vorgetragen.
28
Im vorliegenden Falls ist auch nicht davon auszugehen, dass der Antragsteller bis zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts über den Eilantrag seine Fahreignung wiedererlangt hat.
29
In materieller Hinsicht kann die wegen Betäubungsmittelkonsums verloren gegangene Fahreignung gemäß Nr. 9.5 der Anlage 4 zur FeV grundsätzlich frühestens nach einjähriger, nachgewiesener Abstinenz wiedererlangt werden.
30
Im vorliegenden Fall vermag der Antragsteller bis zum maßgeblichen Zeitpunkt schon deshalb keine entsprechend lange, grundsätzlich einjährige Abstinenz aufzuweisen, weil seit dem letzten nachgewiesenen Konsum von Amphetamin am … Juli 2024 weniger als ein Jahr verstrichen ist. In verfahrensrechtlicher Hinsicht darf die Behörde jedenfalls bis zum Ablauf der oben genannten Einjahresfrist ohne weiteres davon ausgehen, dass der Betroffene weiterhin fahrungeeignet ist (BayVGH vom 9.5.2005 – 11 CS 04.2526 – juris Rn. 25).
31
Es sind vorliegend weder besondere Umstände vorgetragen noch erkennbar, die es ausnahmsweise, d.h. abweichend von der Regelbeurteilung rechtfertigen könnten, einen kürzeren Zeitraum der Abstinenz für die Wiedererlangung der Kraftfahreignung als ausreichend anzusehen bzw. auf den diesbezüglichen Nachweis zu verzichten.
32
Auf eine weitere Ermittlung des aktuellen Drogenkonsums (z.B. durch fachärztliches Gutachten) oder auf den Nachweis eines Einstellungswandels (z.B. durch ein positives medizinisch-psychologisches Gutachten) kommt es daher nicht an, § 11 Abs. 7 FeV.
33
Angesichts der mangelnden Erfolgsaussichten des Widerspruchs und der Gefahren für Leben, körperliche Unversehrtheit und Eigentum anderer Verkehrsteilnehmer durch fahrungeeignete Personen hat es bei der sofortigen Vollziehung der Aberkennung zu verbleiben und müssen die beruflichen und privaten Interessen des Antragstellers am Erhalt der Fahrerlaubnis zurücktreten.
34
2.4. Somit ist auch die – auf die Entziehung gestützte – Anordnung zur Abgabe des Führerscheins in Ziffer 2 des streitgegenständlichen Bescheids nach § 3 Abs. 2 Satz 3 StVG in Verbindung mit § 47 Abs. 1 Satz 1 und 2 FeV rechtmäßig und verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
35
2.5. Rechtliche Bedenken gegen die Festsetzungen zu den Kosten des Verwaltungsverfahrens im streitgegenständlichen Bescheid wurden weder vorgetragen noch sind solche sonst ersichtlich.
36
3. Der Antrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.
37
4. Die Festsetzung des Streitwertes ergibt sich aus §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz – GKG – i.V.m. den Empfehlungen Nr. 1.5 Satz 1, 46.2, 46.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (abgedruckt in Kopp/Schenke, VwGO, 28. Aufl 2022, Anhang § 164 Rn. 14).