Titel:
Unbegründeter Asylantag (Uganda)
Normenketten:
AsylG § 3, § 4
AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7 S. 1
GG Art. 16a Abs. 1
Schlagworte:
Asylklage, Ugander, FDC, Inhaftierung, Uganda, Forum for Democratic Change, Red Card Front, unglaubhafter Vortrag
Fundstelle:
BeckRS 2025, 11011
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
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Der 1984 geborene Kläger ist ugandischer Staatsangehöriger, reiste am … März 2022 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte hier am … April 2022 einen Asylantrag.
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Bei seiner Anhörung am ... Dezember 2022 trug er vor, dass er für die Partei „Forum for Democratic Change (FCD) aktiv gewesen sei. Er sei seit 2011 Mitglied dieser Patei. Er habe Menschen auf die Partei aufmerksam gemacht, habe in WhatsApp-Gruppen für die Partei geworben, sie finanziell unterstützt und auch Parteiversammlungen organisiert. Er habe innerhalb der Partei Versammlungen der „Red Card Front“ – die symbolisch dem Präsidenten und dessen Sohn die rote Karte gebe – organisiert. Es habe bereits 2012, 2016 und 2017 Verhaftungen gegeben. Im Jahr 2021 sei er von Leuten der Sicherheit gewarnt worden, dass er entweder Teil der Regierung werden oder seine Hände von der Politik lassen solle. Entgegen seiner Ankündigung habe er sich weiter für die FDC engagiert. Er sei am ... Februar 2022 sei er zunächst von der Polizei festgenommen worden. Gegen Unterzeichnung eines „Release on Bond“ sei er freigelassen worden. Er sei beim Verlassen der Polizeistation in einen Minibus geschubst und entführt worden. Er sei von denselben Polizisten verhört und geschlagen worden. Nach zwei Wochen sei er hinausgeworfen worden und ein einem Krankenhaus aufgewacht. Er sei am … März 2022 offiziell aus dem Krankenhaus entlassen worden, habe aber ein Privatzimmer verlangt, da er befürchtet habe, dass nach ihm gesucht werde. Sein Bruder habe seinen Platz eingenommen und er habe mit der Kleidung seines Bruders das Krankenhaus verlassen und sei mit einem zuvor besorgten Visum ausgereist. Seine Frau sei am ... April 2022 an Stelle des Klägers verhaftet worden.
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Mit Bescheid vom ... Februar 2024 lehnte das Bundesamt den Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Nr. 1), auf Asylanerkennung (Nr. 2) sowie auf subsidiären Schutz (Nr. 3) als unbegründet ab, stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen (Nr. 4). Es forderte die Klagepartei auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen, anderenfalls wurde die Abschiebung nach Uganda oder in einen anderen Staat, in den eingereist werden darf oder der zur Rückübernahme verpflichtet ist, angedroht (Nr. 5). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 6).
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Die Klagepartei hat am 20. März 2024 Klage erhoben und beantragt,
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I. Der Bescheid der Beklagten vom ... Februar 2024 wird aufgehoben.
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II. Die Beklagte wird verpflichtet, den Kläger als Asylberechtigten anzuerkennen.
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III. (Hilfsweise:) Die Beklagte wird verpflichtet festzustellen, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen.
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IV. (Hilfsweise:) Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen.
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V. (Hilfsweise:) Die Beklagte wird verpflichtet, das Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5, 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) festzustellen.
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Das Bundesamt hat die Akten vorgelegt und beantragt,
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Nach einer Auskunft des Auswärtigen Amtes vom … Oktober 2024 betreffe das Aktenzeichen des vom Kläger vorgelegten „Released on Bond“ den Vorwurf des Diebstahls eines Motorrads durch eine Person anderen Namens. Die Entlassung des Verdächtigen sei am ... März 2022 erfolgt. Auch die Bezeichnung der Polizeistation auf dem Stempel auf dem Formular sei nicht korrekt. Eine „Red Card Front“ der FDC sei dem Auswärtigen Amt nicht bekannt. Allein die aktive Mitgliedschaft in der FDC ziehe kein staatliches Verfolgungsinteresse nach sich.
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Am 17. März 2025 fand mündliche Verhandlung statt.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte in diesem Verfahren, die vorgelegte Behördenakte sowie auf die Niederschrift vom 17. März 2025 verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage ist unbegründet.
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1. Die Anerkennung als Asylberechtigter (Art. 16a Abs. 1 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland – Grundgesetz/GG) wie auch die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§ 3 des Asylgesetzes/AsylG) scheitern daran, dass der Kläger kein Verfolgungs- oder Lebensschicksal geschildert hat, das die Zuerkennung des jeweiligen Rechts rechtfertigen würde.
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a) Der Vortrag des Klägers ist unglaubhaft. Das gilt insbesondere für seinen Vortrag, er sei ins Visier des Regimes geraten, verhaftet und misshandelt worden, weil als Mitglied der FDC diese Partei unterstützt habe.
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Zentraler Punkt für die Bewertung der Unglaubhaftigkeit des Vortrags des Klägers ist der Umstand, dass er entführt, zwei Wochen gefangen gehalten und dabei verhört und geschlagen worden sein, er aber zu einem Krankenhaus zur Behandlung der ihm zugefügten Verletzungen gebracht worden sein und es in der Kleidung seines Bruders verlassen haben will. Dieser Vortrag ist unlogisch und unplausibel. Wenn der Kläger illegal zwei Wochen entführt und dabei erheblich verletzt worden sein soll, dann legt eine offizielle Behandlung in einem Krankenhaus das gerade offen. Eine solche Behandlung konterkariert das Ziel, die Illegalität des Handelns nicht zu offenbaren. Das gilt erst recht, wenn während der Behandlung der Kontakt mit Angehörigen ermöglicht wird. Auch das Verbleiben im Krankhaus in einem Privatzimmer nach dem eigentlich medizinisch erforderlichen Zeitraum ist unplausibel. Denn durch diese Besonderheit lenkt der Kläger erst recht Aufmerksamkeit auf sich.
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Unterstrichen wird die Unglaubhaftigkeit des Vortrags dadurch, dass der Ausgangspunkt, die (offizielle) Verhaftung und Freilassung durch die Polizei gegen ein „release on bond“ durch die Auskunft des Auswärtigen Amtes vom … Oktober 2024 als unglaubhaft zu werten ist. Nach dieser Auskunft ist unter dem Aktenzeichen, das in dem „release on bond“ genannt ist, ein Motorraddiebstahl mit einer anderen Person als dem Kläger als Verdächtigen verzeichnet. Die Entlassung des Verdächtigen in diesem Verfahren erfolgte am ... März 2022, während in dem Dokument als Entlassungstag der … März 2022 angegeben ist. Außerdem müsste die Bezeichnung der Polizeistation in einem echten Dokument anders lauten als der erfolgte Stempelabdruck. Damit erweist sich das als Beleg für die angebliche Inhaftierung vom Kläger vorgelegte Dokument als nicht authentisch.
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Soweit dagegen vom Kläger vorgebracht wird, dass er dieses Dokument von der Polizei so erhalten habe und es in Uganda bei Verhaftungen nicht immer ganz korrekt zugehe, so überzeugt das nicht. Es ist kein Grund dafür ersichtlich, warum die ugandische Polizei ein nicht authentisches Dokument über die Haftentlassung ausgeben sollte. Insbesondere gilt das mit Blick auf den auffälligen Stempelaufdruck. Das gilt auch für den Einwand des Klägerbevollmächtigten, dass es sich dabei um eine Vertuschungsstrategie gegenüber missliebigen Oppositionellen handeln könnte.
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Schließlich ist nicht ersichtlich, aus welchem Grund die Auskunft des Auswärtigen Amtes unzutreffend sein könnte. Darin ist das Vorgehen – die Erkundigung durch eine Kooperationsanwaltskanzlei durch Suche im Protokollbuch der Polizeistation im gesamten Jahr 2022 – genau geschildert. Der pauschale Vortrag, dass diese Auskunft in Zweifel zu ziehen sei, kann daher nicht geteilt werden. Das gilt auch mit Blick darauf, dass eine „Red Card Front“ nach Aussage des Klägerbevollmächtigten schon nach einer einfachen Internetrecherche in Uganda als Oppositionspartei wahrgenommen und verfolgt werde. Eine einfache Internetrecherche durch das Gericht ergab gerade nicht, dass eine Bewegung mit diesem Namen eine Oppositionspartei sei, die verfolgt werde. Konkrete Angaben hierzu hat der Klägerbevollmächtigte in der mündlichen Verhandlung auch nicht gemacht.
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Auch der Hinweis des Klägers, dass mittlerweile seine Frau von der Polizei inhaftiert und wieder freigelassen worden sei, bedingt nicht, dass dadurch ein massives Verfolgungsinteresse des ugandischen Staates ihm gegenüber belegt werden könnte. Insbesondere hat der Kläger genauere Angaben zu den Umständen und der Dauer der Verhaftung nicht gemacht. Warum das in Zusammenhang mit seiner Person stehen sollte, ist nicht ersichtlich. Andererseits konnte der Kläger das Land ohne weiteres offiziell über den Luftweg verlassen.
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b) Nach der Auskunft des Auswärtigen Amtes vom … Oktober 2024 zieht allein die aktive Mitgliedschaft in der FDC kein staatliches Verfolgungsinteresse nach sich. Es ist nicht ersichtlich, dass der Kläger ein exponiertes Mitglied der FDC gewesen wäre. Der Kläger hat ausdrücklich angegeben, dass er kein Vorsitzender dieser Partei gewesen sei, sondern ein „Mobilisierer“: Er habe versucht, die Leute zu Versammlungen zusammenzubringen und finanzielle Hilfe geleistet.
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c) Das Bundesamt hat im Übrigen auch zu Recht die Zuerkennung subsidiären Schutzes (§ 4 AsylG) und das Vorliegen von Abschiebungsverboten gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG abgelehnt. Insbesondere für das Vorliegen von krankheitsbedingten Abschiebungshindernissen ist konkret weder etwas vorgetragen noch ersichtlich.
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d) Es sind daher auch keine Gesichtspunkte ersichtlich, die ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG begründen könnten. Zur weiteren Begründung wird auf den Bescheid des Bundesamtes verwiesen (§ 77 Abs. 2 Asylgesetz/AsylG).
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2. Auch gegen die Rechtmäßigkeit des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 AufenthG bestehen keine Bedenken.
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Zur weiteren Begründung wird auf den Bescheid des Bundesamtes vom ... Februar 2024 verwiesen (§ 77 Abs. 2 AsylG).
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3. Der Kläger hat als unterlegener Beteiligter nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen.
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Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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Nach § 83 b AsylG ist das Verfahren gerichtskostenfrei.