Titel:
Beamter auf Probe, Fachliche Eignung, Praktikum II, Zweimaliges Nichtbestehen
Normenketten:
BeamtStG § 23 Abs. 3 S. 1 Nr. 2
VwGO § 80 Abs. 5
Schlagworte:
Beamter auf Probe, Fachliche Eignung, Praktikum II, Zweimaliges Nichtbestehen
Fundstelle:
BeckRS 2025, 11004
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 9.996,59 EUR festgesetzt.
Gründe
1
Der Antragsteller wurde zum 1. März 2022 als Beamter auf Widerruf für die Ausbildung zum Einstieg in die zweite Qualifikationsebene bei der Bayerischen Polizei eingestellt. Mit Wirkung zum 1. März 2023 wurde er unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zum Polizeioberwachtmeister (Besoldungsgruppe A 5) ernannt. Der Beamte hat seine Ausbildung noch nicht abgeschlossen.
2
Das im 4. Ausbildungsabschnitt vorgeschriebene dreimonatige Praktikum II wurde vom Antragsteller im Zeitraum vom 11. November 2023 bis 4. Februar 2024 bei der PI N. absolviert. Im Praxisbegleitheft (Bl. 119 bis 131, in Teilen auch Bl. 33 bis 40 der Behördenakte) für dieses Praktikum sind monatlich Zusammenfassungen des Leistungs- und Eignungsbilds aufgeführt. Es sind in den Berichten für den ersten und zweiten Monat des Praktikums im Wesentlichen Defizite in der Teamfähigkeit sowie der Handlungskompetenz mit Beispielen angegeben. Am 29. Januar 2024 wurde ihm eröffnet, dass er noch nicht geeignet sei und gehofft werde, dass er an sich arbeite und im nächsten Praktikum durch mehr Erfahrung wachsen könne.
3
Dem Beamten wurde auf seinen Antrag die Wiederholung des 4. Ausbildungsabschnitts bei der PI S. genehmigt. Im Praxisbegleitheft für die Wiederholung des Praktikums II vom 4. Mai 2024 bis 28. Juli 2024 bei der PI S. (Bl. 132 bis 143, auch Bl. 13 bis 29 mit Beiblättern, in Teilen auch Bl. 58 bis 73) sind bei den Berichten für jeden Ausbildungsmonat erhebliche Defizite mit Beispielen angegeben. Diese lägen vor allem in der Kommunikation mit Bürgern und Kollegen sowie der Schwierigkeit, seine theoretischen Kenntnisse in die Praxis umzusetzen. Es sei auffallend, dass er zu kompliziert und umständlich denke. Eine Besserung sei trotz monatlicher Kritikgespräche nicht zu verzeichnen gewesen. Am 23. Juli 2024 wurde dem Antragsteller eröffnet, dass der Antragsteller als für den Polizeiberuf noch nicht geeignet bewertet werde. Er verweigerte die Unterschrift unter diese Feststellung in seinem Praxisheft (Bl. 19 der Behördenakte).
4
Mit Schreiben vom 12. September 2024 wurde der Antragsteller zu einer beabsichtigten Entlassung angehört und auf die Möglichkeit hingewiesen, die Beteiligung des Personalrats zu beantragen. Der Antragsteller gab an, dass einige Sachverhalte nicht detailliert geschildert würden, andererseits in dramatisierender Weise dargestellt. Einige Vorkommnisse würden bestritten. Von der Möglichkeit, den Personalrat zu beteiligen, wurde nicht Gebrauch gemacht.
5
Mit für sofort vollziehbar erklärtem Bescheid vom 19. November 2024 wurde der Antragsteller wegen fachlicher Nichteignung mit Ablauf des 31. Dezember 2024 aus dem Beamtenverhältnis auf Probe entlassen. Aufgrund der zweimal erfolgten Feststellung im Rahmen des Praktikums II, dass der Beamte für den Polizeiberuf „noch nicht geeignet“ sei, führe das zu begründeten Zweifeln an der fachlichen Eignung des Antragstellers. Die Defizite seien in den jeweiligen Praxisbegleitheften sowie den Beiblättern hierzu festgestellt. Soweit der Antragsteller den dort getroffenen Feststellungen entgegenträte, begründe das keine andere Sichtweise. Im Praxisbegleitheft des Praktikums II bei der PI S. seien eine Vielzahl von Beispielen für die Defizite des Probebeamten genannt. Soweit der Antragsteller diese angreife, handle es sich lediglich um einzelne, bruchstückhafte Situationen. Die Defizite seien auch gravierend und mit dem Beamten jeweils besprochen worden, was auch dokumentiert worden sei. Eine Entlassung sei auch ermessensgerecht. Da keine Gründe für eine ausnahmsweise zweite Wiederholung des Praktikums II ersichtlich seien, komme eine solche nicht in Betracht, was auch nicht beantragt worden sei. Angesichts der fachlichen Nichteignung seien die Interessen des Beamten an einem Verbleib im Beamtenverhältnis geringer zu bewerten als die Interessen des Dienstherrn, insbesondere an der weiteren Besetzung der Planstelle. Für den 20-jährigen Antragsteller sei eine berufliche Neuorientierung nicht unverhältnismäßig schwierig. Das besondere öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Entlassungsverfügung sei ebenfalls gegeben. Es sei weder der Allgemeinheit noch dem Dienstherrn zuzumuten, dass ein Beamter, der fachlich nicht geeignet sei, bis zum Abschluss eines Rechtsmittelverfahrens im Beamtenverhältnis verbleibe, wenn die Erfolglosigkeit des Rechtsmittels aller Wahrscheinlichkeit nach feststehe.
6
Der Antragsteller hat am 23. November 2024 Widerspruch eingelegt, über den nach Aktenlage bislang nicht entschieden ist. Ein an das Präsidium gerichteter Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs wurde mit Bescheid vom 18. Dezember 2024 abgelehnt.
7
Der Antragsteller hat am 24. Februar 2025 einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs vom 23. November 2024 gegen die Entlassungsverfügung vom 19. November 2024 beantragt. Der Antragsteller habe sich bei der Wiederholung des Praktikums II bemüht, die Kritikpunkte aus dem ersten Praktikum II zu beheben. Als ihm am Ende des zweiten Praxismonats dann mitgeteilt worden sei, dass keine Leistungssteigerung wahrzunehmen sei, habe ihn das überrascht. Das gelte auch für die negative Einschätzung anlässlich des Praktikumsgesprächs am 30. Juni 2024. Mit der angespannten Personalsituation sei wohl die widersprüchliche Aussage des Praxisbegleiters zu erklären, dass dieser angegeben habe, dass eine „Rundumbetreuung“ des Probebeamten erforderlich gewesen sei, andererseits aber konstatiert werde, dass zu wenig Nachfragen gestellt und Rückversicherungen eingeholt worden seien. Es sei nicht berücksichtigt worden, dass die wesentlichen Kritikpunkte beim ersten Praktikum (Selbstüberschätzung, fehlende Handlungskompetenz und unbewusst eskalationsförderndes Verhalten im Kontakt mit Bürgern) bei der Wiederholung des Praktikums gerade nicht aufgetreten seien. Dort sei vielmehr eine zu große Zurückhaltung im Kontakt mit Bürgern und Kollegen im Raum gestanden sowie eine starke Herausforderung, theoretisches Wissen in praktisches Handeln umzusetzen, was sich in erster Linie an einer zu langen Anpassungszeit an veränderte Umstände gezeigt habe. Damit stellten sich die Defizite in der Praktikumswiederholung als Überkompensation der Kritikpunkte des ersten Praktikums dar. Da beide Dienststellen die Bewertung „noch nicht geeignet“ abgegeben hätten, sei eine realistische Aussicht auf eine Leistungssteigerung gegeben. Es hätte daher geprüft und begründet werden müssen, warum eine rechtlich mögliche zweite Wiederholung des Praktikums ausgeschlossen und sogleich auf die fachliche Nichteignung geschlossen worden sei. Der Antragsteller sehe eine gewisse Beeinflussung der zweiten Praktikumsstelle darin, dass eine Informationsweitergabe von der ersten an die zweite Praktikumsstelle erfolgt sei. Die vorgehaltenen Mängel an eigenem Mitdenken und Mitarbeiten, Kommunikationsdefizite und Beratungsresistenz würden ausdrücklich bestritten. Der Antragsteller habe vielmehr jede Kritik ernstgenommen und angegeben, alles tun zu wollen, um die Kritik auszuräumen. Wohl aufgrund einer Überlastung seines Praxisbegleiters sei auf die Nachfragen des Antragstellers mit unzureichenden bzw. ausweichenden Antworten reagiert worden. Es sei auch auf die positive Kommunikationsleistung des Beamten zu verweisen, als er bei der Überbringung einer Todesnachricht an Angehörige nach einem Unfall die Gesprächsführung mit diesen übernommen und er auch weitere Rettungskräfte habe einweisen können. Andere Praktikanten mit deutlich geringeren Leistungen hätten das Praktikum problemlos erfolgreich absolviert.
8
Der Antragsteller hat beantragt,
9
die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 23. November 2024 gegen die Entlassungsverfügung vom 19. November 2024 wiederherzustellen.
10
Das Präsidium der Bayerischen Bereitschaftspolizei hat beantragt,
11
den Antrag abzulehnen.
12
Die Nichtbewährung des Antragstellers gründe auf Schilderungen von zwei unterschiedlichen Praktikumsdienststellen. Zum Teil würden ähnliche Defizite festgestellt (u.a. Mangel an eigenem Mitdenken und Mitarbeiten, Kommunikationsdefizite, Beratungsresistenz), teilweise würden auch erheblich divergierende Defizite beobachtet. Dadurch werde deutlich, dass es der Antragsteller nicht verstanden habe, das richtige Maß bezüglich der Handlungs-, Fach- und Sozialkompetenz zu finden. Das rechtfertige den Schluss auf die fehlende fachliche Eignung des Probebeamten. Der Antragsteller sei auch wiederholt auf die Defizite hingewiesen worden.
13
Bezüglich weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten verwiesen.
14
Der zulässige Antrag ist unbegründet.
15
1. Für den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die Entlassungsverfügung vom 19. November 2024 besteht ein Rechtsschutzbedürfnis. Auch wenn der vorliegende Antrag erst nach dem Termin, zu dem die Entlassung wirksam geworden ist (31.12.2024) gestellt worden ist, so würde bei einem Erfolg des Antrags das Dienstverhältnis bis zu einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren fortgesetzt.
16
2. Nach § 80 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) haben Widerspruch und Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung. Diese Bestimmung stellt eine zentrale Norm der Verwaltungsrechtspflege dar, denn der Bürger hat nach Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland (GG) Anspruch auf eine tatsächlich wirksame Kontrolle der Verwaltung. Art. 19 Abs. 4 GG gewährleistet die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage aber nicht schlechthin. Die Behörde darf sie gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO durch Anordnung der sofortigen Vollziehung beseitigen, wenn dafür ein besonderes öffentliches Interesse besteht, das grundsätzlich über jenes Interesse hinauszugehen hat, welches den Verwaltungsakt selbst rechtfertigt.
17
Dieses besondere öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts ist nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO schriftlich zu begründen.
18
Die Begründung der in Nr. 2 des angefochtenen Bescheids vom 19. November 2024 geregelten Vollzugsanordnung genügt diesem gesetzlichen Erfordernis. Sie ist nicht lediglich formelhaft, sondern lässt erkennen, dass die Behörde eine Einzelfallprüfung vorgenommen und die unterschiedlichen, einander widerstreitenden Interessen der Beteiligten gegeneinander abgewogen hat. Insbesondere hat die Behörde nicht nur einseitig auf die Interessenlage der öffentlichen Hand abgestellt, sondern auch die Interessen des Antragstellers berücksichtigt.
19
Über diese Feststellung hinaus bedarf es keiner weiteren Erörterung der von der Behörde genannten Gründe, da das Gericht nicht auf die Überprüfung dieser Gründe beschränkt ist, sondern im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO unter Abwägung der öffentlichen Belange gegen den Rechtsanspruch des Einzelnen selbst zu beurteilen hat, ob ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts besteht. Soweit dabei die Erfolgsaussichten des eingelegten Rechtsbehelfs oder der Klage bereits absehbar sind, hat das Gericht sie zu berücksichtigen. Ergibt diese im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes notwendigerweise summarische Prüfung, dass der Rechtsbehelf oder die Klage voraussichtlich erfolglos sein wird, so scheidet, sofern ein öffentliches Interesse für den sofortigen Vollzug spricht, ein Vorrang der privaten Interessen von vornherein aus, da an der Aussetzung eines offensichtlich rechtmäßigen Verwaltungsakts in der Regel kein überwiegendes privates Interesse bestehen kann (vgl. BayVGH, B.v. 4.10.1982 – 19 AS 82 A.2049 – BayVBl 1983, 23).
20
Die Begründung, dem Dienstherrn sei nicht zuzumuten, dass ein Beamter, bei dem bereits aktuell feststehe, dass seine Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit nicht infrage komme, weiterhin im Beamtenverhältnis auf Probe verbleibe, bis ein eventuelles Rechtsmittelverfahren abgeschlossen sei und für diesen Zeitraum weiterhin Bezüge erhalte, ist tragfähig, weil diese Argumentation der Behörde in Kombination mit dem sich anschließenden Argument zu sehen ist. Der Verbleib im Beamtenverhältnis auf Probe würde verhindern, dass der Dienstherr die Planstelle an einen anderen, geeigneteren Bewerber vergeben könnte; angesichts der begrenzten Zahl der Planstellen wäre dies ein nicht hinnehmbarer Eingriff in die Personalhoheit des Dienstherrn (BayVGH, B.v. 17.5.2017 – 3 CS 17.26 – juris Rn. 5 m.w.N.). Mit der Erwägung, es stehe bereits fest, dass eine Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit nicht infrage komme, sodass eine vorübergehende Fortsetzung des Dienstverhältnisses für das weitere berufliche Fortkommen des Antragstellers nicht von Nutzen sei (vgl. BayVGH, B.v. 17.5.2017 a.a.O.), hat der Antragsgegner eine Interessenabwägung in seine Argumentation aufgenommen. Denn er hat ausgeführt, auch unter Berücksichtigung der Interessen des Beamten sei es sinnvoll und notwendig, die Entlassung und die Anordnung der sofortigen Vollziehung zu verfügen, um den Antragsteller über seine berufliche Zukunft nicht im Unklaren zu lassen. Dass diese Erwägungen in nahezu allen Fällen der Entlassung eines Probebeamten herangezogen werden können, ist unschädlich. Die Gründe, die die Entlassung des Probebeamten rechtfertigen, fordern zugleich auch deren Vollzug (vgl. zum Ganzen auch: BayVGH, B.v. 16.8.2017 – 3 CS 17.1342 – juris Rn. 3; VG München, B.v. 13.1.2025 – M 5 S 24.7282 – juris Rn. 24; B.v. 5.4.2024 – M 5 S 24.1048 – juris Rn. 20 ff.).
21
3. Die summarische Überprüfung der angefochtenen Entlassungsverfügung vom 19. November 2024 ergibt im vorliegenden Fall, dass keine durchgreifenden Bedenken gegen deren Rechtmäßigkeit bestehen.
22
Der Antragsgegner hat ohne Rechtsfehler die Entlassung auf § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Gesetz zur Regelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamten in den Ländern (Beamtenstatusgesetz/BeamtStG) gestützt. Nach dieser Vorschrift kann ein Beamter auf Probe entlassen werden, wenn er sich in der Probezeit hinsichtlich seiner Eignung, Befähigung oder fachlichen Leistung nicht bewährt hat.
23
Das Gericht hat im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO unter Abwägung der öffentlichen Belange gegen den Rechtsanspruch des Einzelnen zu beurteilen, ob ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts besteht. Soweit dabei die Erfolgsaussichten des eingelegten Rechtsbehelfs oder der Klage bereits absehbar sind, hat das Gericht sie zu berücksichtigen. Ergibt diese im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes notwendigerweise summarische Prüfung, dass der Rechtsbehelf oder die Klage voraussichtlich erfolglos sein wird, so scheidet – sofern ein öffentliches Interesse für den sofortigen Vollzug spricht – ein Vorrang der privaten Interessen von vornherein aus, da an der Aussetzung eines offensichtlich rechtmäßigen Verwaltungsakts in der Regel kein überwiegendes privates Interesse bestehen kann (Schmidt in Eyermann, VwGO, 16. Auflage 2022, § 80 Rn. 89 ff.; vgl. BayVGH, B.v. 4.10.1982 – 19 AS 82 A.2049 – BayVBl 1983, 23; VG München, B.v. 13.1.2025 – M 5 S 24.7282 – juris Rn. 26).
24
a) Es bestehen keine Zweifel an der formellen Rechtmäßigkeit des Bescheids.
25
Dem Antragsteller wurde Gelegenheit zur Stellungnahme zu den Vorwürfen des Dienstherrn gegeben (Art. 28 des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes/BayVwVfG). Der Personalrat musste nicht beteiligt werden, da der Beamte das nicht beantragt hat (Art. 76 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5, Satz 3 des Bayerischen Personalvertretungsgesetzes/BayPVG).
26
Die Entlassungsfrist von sechs Wochen zum Kalendervierteljahr wurde – noch – eingehalten (Art. 56 Abs. 5 Satz 1 des Bayerischen Beamtengesetzes/BayBG). Der Entlassungsbescheid vom 19. November 2024 wurde den früheren Bevollmächtigten des Antragstellers am 19. November 2024 gegen Telefax zugestellt (Bl. 182 der Behördenakte).
27
b) Auch materiell ist gegen den streitgegenständlichen Bescheid rechtlich nichts zu erinnern.
28
aa) Rechtlicher Prüfungsmaßstab für die Rechtmäßigkeit der Entlassungsverfügung ist im vorliegenden Fall die Vorschrift des § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BeamtStG i.V.m. Art. 12 Abs. 5 des Gesetzes über die Leistungslaufbahn und die Fachlaufbahnen der bayerischen Beamten und Beamtinnen (Leistungslaufbahngesetz/LlbG). Nach dieser Vorschrift kann ein Beamter auf Probe entlassen werden, wenn er sich in der Probezeit hinsichtlich seiner Eignung, Befähigung oder fachlichen Leistung nicht bewährt hat. Der Entlassungstatbestand steht im Zusammenhang mit § 10 Satz 1 BeamtStG, wonach in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit nur berufen werden darf, wer sich in der Probezeit hinsichtlich Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung bewährt hat. Steht die fehlende Bewährung fest, ist der Beamte zu entlassen, Art. 12 Abs. 5 LlbG.
29
Die beamtenrechtliche Probezeit soll dem Beamten die Möglichkeit geben, während des gesamten Laufs der Probezeit seine Eignung und Befähigung zu beweisen. Die Entscheidung des Dienstherrn darüber, ob sich der Beamte bewährt hat, ist ein Akt wertender Erkenntnis eines für die Beurteilung zuständigen Organs, die von den zahlreichen Anforderungen des konkreten Aufgabengebiets sowie von der Beurteilung der Persönlichkeit des Beamten abhängt. Dabei genügen bereits begründete ernstliche Zweifel des Dienstherrn, ob der Beamte die Eignung und Befähigung besitzt und die fachlichen Leistungen erbringt, die für die Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit notwendig sind, um eine Bewährung zu verneinen (Baßlsperger in Weiß/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Stand: November 2024, § 23 BeamtStG Rn. 136 m.w.N.). Diese Entscheidung ist gerichtlich nur daraufhin überprüfbar, ob der Begriff der mangelnden Bewährung und die gesetzlichen Grenzen des Beurteilungsspielraums verkannt worden sind, ob der Beurteilung ein unrichtiger Sachverhalt zugrunde liegt und ob allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt worden sind (BVerwG, U.v. 18.7.2001 – 2 A 5/00 – ZBR 2002, 184, juris Rn. 15).
30
bb) Nach diesen Grundsätzen hält es sich im Rahmen des gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Ermessensspielraums des Dienstherrn (§ 114 Satz 1 VwGO), dass das Präsidium der Bayerischen Bereitschaftspolizei die fachliche Nichteignung des Antragstellers angenommen hat.
31
Im Bescheid vom 19. November 2024 hat der Antragsgegner angegeben, dass erhebliche begründete Zweifel an der fachlichen Eignung des Beamten für den Polizeiberuf vorlägen. Es sei nicht davon auszugehen, dass das Ziel der Ausbildung künftig erreicht werde. Dies ergebe sich aus einer Gesamtschau der bisherigen fachlichen Leistungen des Beamten. Gegen diese Bewertung ist rechtlich nichts zu erinnern.
32
(1) Der Ausbildungsplan für den Vorbereitungsdienst für die zweite Qualifikationsebene fachlicher Schwerpunkt Polizeivollzugsdienst (Ausbildungsplan) führt die Regelungen in der Verordnung über die Fachlaufbahn Polizei und Verfassungsschutz (FachV-Pol/VS) über den Vorbereitungsdienst für die zweite Qualifikationsebene für die Beamtinnen und Beamten des Polizeivollzugsdienstes aus. Nach Nr. 3 des Ausbildungsplans (so auch § 22 Abs. 2 S. 2 Nr. 4 FachV-Pol/VS) ist im 4. Ausbildungsabschnitt ein 12-wöchiges Praktikum bei einer Polizeidienststelle der Landespolizei zu absolvieren (Praktikum II). Nach Nr. 6.4 des Ausbildungsplans bewertet die Dienststelle der Landespolizei beim Praktikum II zusammenfassend, jedoch mindestens einmal monatlich, die Handlungs- und Fachkompetenz sowie die soziale Kompetenz der Beamten und Beamtinnen in Ausbildung. Am Ende der Ausbildung ist eine schriftliche Feststellung zu treffen, ob das Praktikum erfolgreich abgeschlossen wurde. Von der möglichen Gesamtbewertung „gut geeignet“, „geeignet“, „noch nicht geeignet“ und „nicht geeignet“ ist mindestens die Gesamtbewertung „gut geeignet“ oder „geeignet“ zu erreichen. Das Leistungs- und Eignungsbild ist den Beamten und Beamtinnen unterschriftlich zu eröffnen. Nach Nr. 8 des Ausbildungsplans (so auch § 26 Abs. 2 FachV-Pol/VS) ist das Ausbildungsziel des 4. Ausbildungsabschnitts u.a. nicht erreicht, wenn im Leistungs- und Eignungsbild über das Praktikum II nicht die Gesamtbewertung „gut geeignet“ oder „geeignet“ attestiert wurde. Nach Nr. 9.2 des Ausbildungsplans wird eine Ausbildungsbildungswiederholung genehmigt, wenn das Ausbildungsziel des jeweiligen Ausbildungsabschnitts nicht erreicht wurde und Eignung, Befähigung und Leistung erwarten lassen, dass das Ziel der Ausbildung künftig erreicht wird. In den ersten vier Ausbildungsabschnitten sind insgesamt zwei Ausbildungswiederholungen zulässig, wobei ein Ausbildungsabschnitt nur einmal wiederholt werden darf (so auch § 26 Abs. 3 S. 2 und 3 FachV-Pol/VS). Nach Nr. 9.3 bestehen bei Beamten und Beamtinnen, die ein vorgeschriebenes Ausbildungsziel nicht erreichet haben und denen durch das Präsidium der Bereitschaftspolizei eine Ausbildungswiederholung oder eine Fristverlängerung versagt wird, bzw. wenn die Qualifikationsprüfung auch nach Wiederholung nicht bestanden wurde, regelmäßig Zweifel an der Eignung, Befähigung oder fachlichen Leistung. Bei begründeten Zweifeln an der Eignung, Befähigung oder fachlichen Leistung wird ein Beamter oder eine Beamtin in Ausbildung nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften entlassen.
33
(2) Die Bewertung, dass der Antragsteller für den Polizeiberuf „noch nicht geeignet“ ist, unterliegt keinen Rechtsfehlern. Es hält sich im gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Beurteilungsspielraum des Dienstherrn, dass die beiden Polizeidienststellen N. und S. jeweils zu dieser Bewertung gelangt sind.
34
Die für diese Bewertung maßgeblichen Umstände sind insbesondere im Praxisbegleitheft für den Antragsteller und dort in den Eintragungen zum zweiten Praktikum II bei der PI S. angegeben. Als wesentlichste Mängel sind dort mangelhafte Kommunikation sowie fehlende Eigeninitiative genannt. Der Beamte denke zu kompliziert und umständlich. Er brauche auch für einfach gelagerte Vorgänge sehr lange. Korrekturen seien von ihm nur teilweise umgesetzt worden, teils dann auch mit neuen Fehlern. Dazu hat der Praxisbegleiter der PI S. auf fünf Seiten die Kritikpunkte konkret benannt und anhand von Beispielen erläutert (Beiblatt zu S. 8 des Praxisbegleithefts, Bl. 20 ff. der Behördenakte).
35
Soweit der Antragsteller der Darstellung im Beiblatt zu S. 8 des Praxisbegleithefts insoweit widerspricht, dass er lediglich die Primärsicherung der Waffe geöffnet habe und die Waffe durch die Sekundärsicherung im Holster gesichert geblieben sei, so entspricht das der Darstellung des Praxisbegleiters im Beiblatt, dort Nr. 3. Gerade das Lösen der Primärsicherung wurde – mehrfach – bemängelt. Dem Gericht ist bekannt, dass der Umgang mit geladenen Waffen in geschlossenen Räumen eine besondere Sorgfalt erfordert, um Unfälle strikt zu vermeiden. Wenn der Antragsteller darauf verweist, dass die Waffe nach dem Lösen der Primärsicherung durch die Sekundärsicherung im Holster weiter gesichert gewesen sei, so zeigt das, dass dem Antragsteller das Verständnis für eine Doppelsicherung für eine geladene Waffe in Innenräumen fehlt.
36
Wenn der Antragsteller darauf verweist, dass er jede Kritik ernstgenommen und angegeben habe, alles tun zu wollen, um die Kritik auszuräumen, so kann das die Einschätzung, es fehle dem Beamten an eigenem Mitdenken und Mitarbeiten, es lägen Kommunikationsdefizite und Beratungsresistenz vor, nicht erschüttern. Denn trotz – wie aus dem Praxisbegleitheft ersichtlich – durchgehenden Kritikgesprächen während des Praktikums ergaben sich für die Dienststelle keine Verbesserungen. Soweit der Antragsteller meint, dass auf seine Nachfragen – wohl aufgrund einer Überlastung des Praxisbegleiters – mit unzureichenden bzw. ausweichenden Antworten reagiert worden sei, wird das durch die Darstellung im Beiblatt zu S. 8 des Praxisbegleithefts Nr. 10 entwertet. Dort ist angegeben, dass mit dem Antragsteller sämtliche Situationen und Momente, in denen er unsicher gewirkt und Fehler gemacht habe, nachbesprochen und Verbesserungen angeboten worden seien. Danach habe er aber oft dieselben Fehler wieder gemacht. Nur ein Vorgang im dritten Monat des Praktikums II sei vom Antragsteller von vornherein ohne größere Beanstandung abgearbeitet worden (Beiblatt zu S. 8 Nr. 8). Wenn vom Antragsteller bemängelt wird, dass die Zeit zur Verbesserung der Leistungen zu kurz bemessen gewesen sei, ist darauf hinzuweisen, dass die festgestellten Leistungsmängel nach den im Praxisbegleitheft wiedergegebenen monatlichen Besprechungen des „Eignungs- und Leistungsbildes für das Praktikum II“ dort dokumentiert sind. Der Antragsteller hatte nach der ersten Besprechung – und auch nach den sonstigen Hinweisen auf Leistungsmängel – Anlass und genügend Zeit, die Kritikpunkte abzustellen.
37
Soweit der Antragsteller dem entgegenstellt, dass er während Streifenfahrten konkrete Fahrzeuge für eine Kontrolle vorgeschlagen habe, er ohne Aufforderung auf der Dienststelle Telefonate entgegengenommen und den Parteiverkehr betreut, Anzeigen aufgenommen sowie den Wachdienst verrichtet habe, bedingt das nichts Anderes. Auch wenn der Beamte während des Dienstes Aufgaben erledigt hat, so hat er ein Gesamtbild gezeigt, das erhebliche Defizite beinhaltet hat. Das gilt auch für die von ihm hervorgehobene Betreuung von Angehörigen nach einem Unfall mit Todesfolge. Diesem Gesamteindruck kann auch nicht die eigene Bewertung des Antragstellers entgegengestellt werden. Das gilt etwa für die Argumentation, er habe – anders als der Vorhalt durch den Praxisbeamten (Beiblatt zu S. 8 des Praxisbegleithefts Nr. 14) – bei unvorhergesehenen und nicht eingeplanten Entwicklungen gerade nicht „den roten Faden“ verloren. Erst recht kann der Beamte seine eigene Wertung – etwa dass andere Praktikanten mit deutlich geringeren Leistungen das Praktikum problemlos erfolgreich absolviert hätten – nicht an die Wertung der Dienststelle setzen. Es kann auch keine Voreingenommenheit durch den Umstand festgestellt werden, dass die zweite Praktikumsstelle von der ersten Praktikumsstelle über die dort festgestellten Defizite informiert wurde. Es ist nichts konkret dafür ersichtlich, dass keine unvoreingenommene Bewertung des Antragstellers erfolgt wäre. Die Bewertung des Beamten als „noch nicht geeignet“ ist durch den Praxisbegleiter, den zuständigen Dienstgruppenleiter wie auch die Dienststellenleiterin verantwortlich unterzeichnet (Bl. 19 und 142 der Behördenakte) und wurde umfangreich und mit Beispielen benannt vom Praxisbegleiter begründet (Beiblatt zu S. 8 des Praxisbegleithefts). Soweit der Antragsteller im Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 28. März 2025 auf „kritische Sicherheitsfehler“ seines Praxisbegleiters verweist, so geht diese Argumentation völlig an der Sache vorbei. Es geht vorliegend um die Bewertung des Antragstellers, nicht um die Leistungen des Praxisbegleiters.
38
Soweit der Antragsteller meint, dass sich die festgestellten Defizite bei der Wiederholung des Praktikums als Überkompensation der Kritikpunkte des ersten Praktikums darstellten, so zeigt das, dass es dem Beamten nicht gelungen ist, eine Leistung zu zeigen, die zu einer Bewertung geführt hätte, dass er für den Polizeiberuf „geeignet“ erscheint. Auch wenn unterschiedliche Leistungsdefizite – übertrieben selbstsicheres Auftreten im ersten Praktikum, zu wenig Eigeninitiative und Kommunikationsdefizite im zweiten Praktikum – festgestellt wurden, so ist es Sache des Probebeamten, hinreichende Leistungen zu erbringen. Insoweit sind keine sich widersprechenden Eindrücke über das Eignungs- und Leistungsbild der unterschiedlichen Dienststellen gegeben. Denn die Bewertungen sind im Gesamtergebnis „noch nicht geeignet“ gleichlautend. Es wäre Aufgabe des Beamten gewesen, diese Defizite – auch wenn sie sich unterschiedlich manifestiert haben – zu beheben.
39
cc) Die Entlassungsverfügung ist auch nicht ermessensfehlerhaft. Bei der Annahme einer fachlichen Nichteignung ist die Entlassung eines Probebeamten rechtlich nicht zu beanstanden. Das wird in Art. 12 Abs. 5 LlbG für das Beamtenverhältnis auf Probe ausdrücklich als Grundsatz angegeben.
40
Es sind auch keine Rechtsfehler bei der Entscheidung des Antragsgegners ersichtlich, dass nach zweimaligem Verfehlen des geforderten Leistungsziels des Praktikums II eine weitere Wiederholung nicht gewährt wurde. Nach Nr. 9.2 des Ausbildungsplans und § 26 Abs. 3 S. 2, 3 FachV-Pol/VS darf ein Ausbildungsabschnitt bei den ersten vier Ausbildungsabschnitten nur einmal wiederholt werden. Bereits aus diesem Grund bestand kein Anlass für die Gewährung einer weiteren, im Ausbildungsplan nicht vorgesehenen Wiederholung. Wie das Präsidium in seinem Schriftsatz vom 14. März 2025 unterstrichen hat, liegt kein Härtefall vor, der eine über die Möglichkeit einer einmaligen Wiederholung hinausgehende zweite Wiederholung des Praktikums II rechtfertigen könnte. Grundsätzlich ist bei der Prüfung der Wiederholung eines Ausbildungsabschnitts Kernpunkt die Frage, ob eine günstige Prognose dahingehend gestellt werden kann, dass mit Hilfe der Wiederholung die Ausbildung letztlich erfolgreich abgeschlossen werden wird (BayVGH, B.v. 2.7.2012 – 3 CE 12.1032 – juris Rn. 19; B.v. 24.1.2022 – 3 CS 21.2824 – juris Rn. 8; VG München, U.v. 21.6.2022 – M 5 K 21.4711 – juris Rn. 36). Die hierzu in vertiefender Ergänzung des Entlassungsbescheids durch das Präsidium in seinem Schriftsatz vom 14. März 2025 gegebene Begründung, dass sich angesichts der gezeigten Leistungen und Defizite im Bereich der Handlungs-, Fach- und Sozialkompetenz eine negative Prognose ergebe, sodass keine weitere Wiederholung des Ausbildungsabschnitts gewährt werde, unterliegt keinen Rechtsfehlern.
41
4. Der Antragsteller hat als unterlegener Beteiligter nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen.
42
Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 und 3 Gerichtskostengesetz (GKG) i.V.m. den Empfehlungen in Nr. 1.5 Satz 1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (ein Viertel der maßgeblichen Jahresbezüge – 12 Monatsgehälter zuzüglich jährliche Sonderzahlung – in Höhe von 39.386,38 EUR = 3.011,29 EUR x 12,7).