Inhalt

VG München, Urteil v. 25.02.2025 – M 1 K 22.209
Titel:

Untätigkeitsklage, Antrag auf Erlaubnis, ein Baudenkmal zu beseitigen, Wirtschaftlichkeitsberechnung, Nachweis von Verkaufsbemühungen, Erhaltungsmaßnahmen

Normenketten:
VwGO § 75
BayDSchG Art. 6
BayDSchG Art. 4 Abs. 2
BayDSchG Art. 15
Schlagworte:
Untätigkeitsklage, Antrag auf Erlaubnis, ein Baudenkmal zu beseitigen, Wirtschaftlichkeitsberechnung, Nachweis von Verkaufsbemühungen, Erhaltungsmaßnahmen
Fundstelle:
BeckRS 2025, 10985

Tenor

I. Soweit die Hauptsache für erledigt erklärt wurde, wird das Verfahren eingestellt.
II. Der Beklagte wird verpflichtet, den Antrag des Klägers vom 14.7.2020 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
Im Übrigen werden die Klagen abgewiesen.
III. Von den Kosten des Verfahrens hat der Kläger 3/4 und der Beklagte 1/4 zu tragen.
IV. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1
Der Kläger wendet sich zum einen gegen ihm aufgegebene denkmalrechtliche Erhaltungsmaßnahmen an einem in seinem Eigentum stehenden ehemaligen Wohn- und Wirtschaftsgebäude („… … …“), zum anderen begehrt er die denkmalrechtliche Abbrucherlaubnis für dieses Gebäude.
2
Im Jahr 2012 erbte der Kläger das Grundstück FlNr. 114/4 Gem. … … … Er ist zwischenzeitlich alleiniger Eigentümer. Das darauf befindliche, seit dem Erbfall leerstehende Gebäude ist in die Denkmalliste des Freistaats Bayern eingetragen mit der Beschreibung „Wohnhaus, Einfirstanlage, zweigeschossiger Flachsatteldachbau, 18. Jh.“. Laut Einschätzung des Landesamtes für Denkmalpflege (im Folgenden: Landesamt) ist das einen erheblichen Instandhaltungs- und Modernisierungsrückstand sowie Feuchteschäden aufweisende Gebäude im dichten Überlieferungszustand erhalten, wobei die erdgeschossigen Anbauten des Westteils nicht Teil des Denkmals sind. Der Westteil des Gebäudes ist teilweise auf den Ufermauern des Flusses Prien gegründet.
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Etwa seit Anfang 2020 ist das Gebäude zu einem Kaufpreis von 950.000,- EUR in der „Denkmalbörse“ inseriert.
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Bei einem Unwetter im Juni 2020 wurde das Dach des Gebäudes durch umstürzende Bäume beschädigt.
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Mit Antrag vom 14. Juli 2020 (Eingangsdatum beim Beklagten: 12. August 2020) beantragte der Kläger beim Beklagten (Landratsamt Rosenheim) die denkmalschutzrechtliche Erlaubnis zur Beseitigung des Gebäudes. Die Standsicherheit sei, insbesondere aufgrund der Sanierungsbedürftigkeit der Kaimauer der Prien, auf den das Gebäude zum Teil gründe, nicht gewährleistet. Untersuchungen des Gebäudeuntergrundes existierten nicht. Das Gebäude sei einsturzgefährdet. Ferner sei die Erhaltung bzw. Sanierung des Gebäudes wirtschaftlich nicht zumutbar. Es sei wirtschaftlicher, ein neues Gebäude zu errichten, zumal das Gebäude seine Nutzungshöchstdauer überschritten habe. Einen Steuervorteil könne er angesichts eines Jahreseinkommens unterhalb des Steuerfreibetrages nicht geltend machen. Seinen Lebensunterhalt beziehe er im Wesentlichen aus dem von seiner Frau erzielten Familieneinkommen. Zudem habe er Kinder, für die er unterhaltspflichtig sei. Anfragen bei Banken zur Finanzierung seien ergebnislos gewesen. Es gebe keine Kaufinteressenten, aber er wolle ohnehin nicht verkaufen.
6
Dem Abbruchantrag wurden u.a. eine vom Kläger selbst erstellte Wirtschaftlichkeitsberechnung mit einem jährlichen Saldo von 72.617,96 EUR, eine Schadensanalyse und Grobkostenschätzung der Sanierung von Dipl.-Ing. … vom 30. Januar 2019, der als Nutzungskonzept die letzte historische Nutzung – zwei Läden und eine Wohnung im EG, eine weitere Wohnung im OG – zugrunde gelegt wurde und in der die Gesamtkosten für eine Sanierung auf 1.810.384,35 EUR geschätzt wurden, ein Schreiben von Architekt Dr. … vom 6. Dezember 2017, wonach die Sanierungskosten aufgrund der vorhandenen Unwägbarkeiten nicht kalkulierbar erschienen und nicht ausgeschlossen werden könne, dass sie einen hohen 6-stelligen oder niedrigen 7-stelligen Betrag erreichten, ein Gutachten über den Verkehrswert nach § 194 BauGB u.a. zum Stichtag 22. Dezember 2013 von … …, Sachverständiger für die Bewertung von bebauten und unbebauten Grundstücken, wonach der Verkehrswert zum Stichtag 530.000,00 EUR betragen habe, eine selbst erstellte Zinsberechnung (Tilgungsplan) zu einem Darlehensbetrag von 1.810.000,- EUR bzw. 2.810.000,- EUR und ein Gutachten über den Verkehrswert i.S.d. § 194 BauGB zum Zwecke der Erbauseinandersetzung von … … und … … (letzterer Sachverständiger für die Bewertung von bebauten und unbebauten Grundstücken), wonach der Verkehrswert zum Stichtag 22. Dezember 2013 lediglich 200.000 EUR betragen habe, beigefügt. Weiterhin wurden im Nachgang u.a. eine Erklärung der Hausbank des Klägers vom 6. Juli 2021, in der eine Finanzierungsanfrage in Höhe von 2 Mio EUR abgelehnt wurde, eine Dokumentation der Verkaufsbemühungen für den Zeitraum vom April 2020 bis August 2021 sowie ein Schreiben des Klägers an den Beklagten vom 7. Juni 2020, in dem auf die im Gutachten Dipl.-Ing. … vorgeschlagene Beibehaltung des bestehenden Nutzungskonzept hingewiesen und um Stellungnahme hierzu gebeten wurde nebst Erinnerungsschreiben, eine „Sachwertschätzung“ („…“) vom 4. August 2021, die von einem Verkehrswert von 1.950.000,- EUR ausgeht, eine „Verkehrswertexpertise“ vom 23. Juni 2022, die den Verkehrswert mit 1.700.000,00 EUR ausweist, eine Altersruhegeldbescheinigung vom 24. November 2024 über monatlich 1.260,79 EUR, sowie der Einkommensteuerbescheid des Klägers für das Jahr 2023 eingereicht.
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Mit bei Gericht am 28. November 2024 eingegangenem Schriftsatz wurde die Wirtschaftlichkeitsberechnung insbesondere hinsichtlich der Kapitalkosten und des Einkommens aktualisiert, wobei ein jährlicher Verlust von 30.005,- EUR kalkuliert wurde (Anlage K1, S. 24 ff.).
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Der Marktgemeinderat lehnte den Abbruchantrag mit Beschluss vom 22. Juli 2020 ab.
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Das Landesamt nahm zu dem Antrag Stellung und bat, ihn abzulehnen. Die bloße Behauptung der Einsturzgefahr könne nicht als Grundlage für die Abbrucherlaubnis herangezogen werden. Eine Unverkäuflichkeit sei auszuschließen, zumal dem Landesamt Interessenten bekannt seien.
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Mit Schreiben vom 15. Juni 2021 und 2. August 2021 wurde der Kläger zur beabsichtigten Ablehnung des Abbruchantrages und zum Erlass einer Sicherungsanordnung angehört. Er äußerte sich mit Schreiben vom 29. Juni 2021 und 10. August 2021, in denen er u.a. mitteilte, dass die Bank die Finanzierung von Sanierungskosten in Höhe von 2.000.000,- EUR nicht übernehme und er ein Kaufangebot über 1.125.000,- EUR abgelehnt habe.
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Das Wasserwirtschaftsamt teilte dem Landratsamt unter dem 25. Juni 2021 u.a. mit, dass das Haus augenscheinlich nicht auf standsicherem Untergrund stehe und unabhängig von der Ufermauer unterfangen werden müsse. Eine Statikberechnung der Ufermauer liege nicht vor; sie sei sanierungsbedürftig bzw. zu erneuern.
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Mit Bescheid vom 13. Dezember 2021, dem Kläger zugestellt am 15. Dezember 2021, wurde dieser zur Aufbringung einer regendichten und langfristig haltbaren Dacheindeckung (Ziff. 1.2), zur substanzschonenden Ertüchtigung des Dachtragwerks, um eine dauerhafte Dachabdichtung zu tragen (Ziff. 1.3), Installation eines funktionierenden Systems zur Ableitung des Dachwassers (Ziff. 1.4), dem Freihalten des Gebäudes von Bewuchs und Ausschluss weiterer Gefährdung durch brechende oder umstürzende Bäume (Ziff. 1.5) sowie zur Sicherung des Gebäudes, insbesondere seiner Tür- und Fensteröffnungen vor unbefugtem Zutritt und Vandalismus (Ziff. 1.6) verpflichtet. Für die Maßnahmen wurde eine Frist von sechs Wochen ab Zustellung des Bescheids gesetzt (Ziff. 2) und jeweils ein Zwangsgeld in Höhe von 3.000,- EUR angedroht „und festgesetzt“ (Ziff. 3) sowie die sofortige Vollziehung der Maßnahmen angeordnet (Ziff. 4). Das Denkmal zeige erheblichen Erhaltungsrückstand, sei jedoch sanierungsfähig. Belegbar sei davon auszugehen, dass das Grundstück unter der Voraussetzung des Denkmalerhalts veräußerbar sei. Persönliche Umstände, die einen Verkauf unzumutbar machen würden, seien nicht ersichtlich. Belege über eine technische Nichtinstandsetzungsfähigkeit und Nachweise, dass das Gebäude nicht mehr standsicher sei, seien nicht vorgelegt worden. Da der Eigentümer seiner Instandhaltungspflicht nicht nachkomme, sei es zu einem bestandsgefährdenden Zustand gekommen. Die Anordnung von Sicherungsmaßnahmen sei erforderlich, um einen Denkmalverlust zu verhindern. Die geforderten Maßnahmen seien bei Ausübung des Ermessens auch angesichts der hohen Wertigkeit des Baudenkmals geeignet, notwendig und verhältnismäßig. Zwar stehe die Erhaltungspflicht unter dem Vorbehalt der Zumutbarkeit. Allerdings sei eine Berufung auf die Unzumutbarkeit verwehrt, wenn – wie hier – realistische Verkaufsmöglichkeiten, die sich angeboten hätten, nicht genutzt würden.
13
Mit Beschluss vom 7. Juni 2022 (M 1 S 22.210) hat das Gericht einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz u.a. hinsichtlich der Ziffern 1.2-1.6, 2 und 3 des Bescheids vom 13. Dezember 2021 abgelehnt. Die daraufhin erhobene Beschwerde wurde mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 9. September 2022 (1 CS 22.1517) zurückgewiesen. Auf die Entscheidungen und ihre Begründungen wird verwiesen.
14
Zur Erfüllung der Ziffer 1.1 des Bescheids vom 13. Dezember 2021 wurde vom Kläger (nach Bezuschussung) ein am 19. Januar 2023 erstelltes Gutachten von Diplom-Holzwirt … … zu den im Gebäude befindlichen Holzbauteilen vorgelegt.
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Mit Schreiben vom 15. Februar 2023 stellte der Kläger einen Antrag auf Enteignung. Weiterhin wies er darauf hin, dass ihm nicht nur die Mittel für Sanierungsmaßnahmen allgemein, sondern auch für die Herstellung einer regendichten Dachabdeckung fehlen würden.
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Am 21. Februar 2023 beantragte der Kläger beim Landesamt einen Zuschuss zur Dachsanierung. Dem Antrag beigefügt war u.a. ein Schreiben einer Bank vom 16. Februar 2023, wonach ein Kredit für die Dachreparatur in Höhe von 50.000 EUR abgelehnt wurde.
17
Mit Schreiben vom 22. April 2024 wies der Beklagte den Kläger darauf hin, dass aufgrund der Gesamtbewilligung von Zuwendungen in Höhe von 73.000 EUR „die Zumutbarkeit der Sicherungsanordnung vom 13. Dezember 2021 hergestellt sei“. Der Kläger wurde aufgefordert, die Maßnahmen in Bezug auf die Nrn. 1.2-1.5, gemäß der Anordnung vom 13. Dezember 2021 bis zum 31. September 2024 umzusetzen.
18
Im Nachgang wurde im Oktober 2024 die Sanierung des Daches – Aufbringung eines Trapezblechs – auch auf Grundlage von weiteren bewilligten Zuschüssen (insgesamt 87.050,- EUR) begonnen. Aufgrund auf das Dach aufgebrachter Asbestplatten (der fachgerechte Abbau wurde mit weiteren 96.893,45 EUR bezuschusst), konnten die Sanierungsarbeiten bislang nicht abgeschlossen werden.
19
Am 23. Juli 2024 wandte sich der Kläger an den Beklagten. Auf seine wiederholten Schreiben bezüglich des vorgeschlagenen Nutzungskonzepts vom 7. Juni 2020 habe es keine Reaktion gegeben. Der Beklagte werde gebeten mitzuteilen, welche Unterlagen fehlten. Daraufhin teilte der Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 1. August 2024 und 20. August 2024 mit, dass ein Nutzungskonzept sowie ein Baualtersplan mit einer Schadenskartierung des Objekts erforderlich seien, auf deren Grundlage eine Planung zur denkmalgerechten Nutzung abgestimmt werden könne. Mit dem Gutachten des Sachverständigen … … liege nunmehr eine Schadenskartierung der Holzbauteile vor. Zur Gesamtbeurteilung sei eine Ergänzung um die noch nicht betrachteten Bereiche erforderlich.
20
Mit E-Mail vom 31. Januar 2025 wandte sich der Beklagte an den Kläger und teilte diesem mit, dass eine Abänderung der Sicherungsmaßnahmen (Abplanen) gegenüber der ursprünglich beauftragten Maßnahme (Trapezblech) aufgrund der Kostenmehrung durch die Asbestthematik als Notsicherung mit Anpassung des Maßnahmenziels befürwortet werde.
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Der Kläger, vertreten durch seinen Prozessbevollmächtigten, hat am 14. Januar 2022 Klage gegen den Bescheid vom 13. Dezember 2021 erhoben. Ferner erhob er mit Schriftsatz vom 21. Juli 2022 Untätigkeitsklage Er beantragt,
22
Der Bescheid des Landratsamts Rosenheim vom 13.12.2021, Az. … … …, wird aufgehoben.
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Der Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger die am 14.07.2020 beantragte Erlaubnis nach dem Denkmalschutzgesetz zum Abriss und zur Beseitigung des Gebäudes auf der Fl.Nr. 114/4 der Gem. … … …, Anwesen H* …straße 14, zu erteilen.
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Er beantragt weiter hilfsweise:
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Der Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger ein zumutbares und wirtschaftliches Nutzungskonzept für das Gebäude aufzuzeigen.
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Die Klage sei als Untätigkeitsklage zulässig, da bisher nicht über den Antrag des Klägers entschieden worden sei. Der Kläger habe einen Anspruch auf förmliche Bescheidung. Den Abrissantrag habe er mit der nicht gewährleisteten Standsicherheit sowie mit der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit des Erhalts begründet. Das Gebäude sei einsturzgefährdet. Der Beklagte substantiiere die Behauptung, dass das Gebäude sanierungsfähig sei, nicht. Das Wasserwirtschaftsamt habe bestätigt, dass zwei Kaufinteressenten vom Erwerb Abstand genommen hätten, weil die Frage der Standfestigkeit mit unkalkulierbaren Risiken verbunden sei. Ihm sei die Erhaltung des Denkmals zudem wirtschaftlich nicht zumutbar. Das Grundstück sei der einzige Vermögenswert. Die Sanierung übersteige seine finanziellen Möglichkeiten. Er habe keinen Instandhaltungsrückstand zu vertreten. Der Kläger bemühe sich, die Unverkäuflichkeit des Grundstücks nachzuweisen. Allerdings sei der Nachweis einer negativen Tatsache ausgeschlossen. Ein Verkauf komme mangels Kaufinteressenten nicht in Betracht. Außerdem wolle der Kläger nicht verkaufen. Zudem sei ungeklärt, was der angemessene Kaufpreis sei. Der Verkehrswert habe am 28. Mai 2021 ausweislich einer fachkundigen Stellungnahme eines ortskundigen Maklers ca. 1.740.000,- Euro betragen, das Kaufangebot über 1.125.000,- Euro habe daher nur 65% des angemessenen Preises betragen. Der Kläger sei grundsätzlich Willens, das Gebäude zu erhalten, wenn der Beklagte seiner Mitwirkungspflicht Folge leiste und Vorgaben zur künftigen Nutzung und zur Bezuschussung des Anwesens mache. Auf die Anfragen des Klägers zur Mitwirkung bei der Erstellung eines Nutzungskonzepts sei keine Reaktion erfolgt. Der Bescheid vom 13. Dezember 2021 sei rechtswidrig, weil er dem Kläger und nicht dem Verfahrensbevollmächtigten zugestellt worden sei. Die Behörde hätte vor der Anordnung prüfen müssen, ob der Kläger finanziell in der Lage sei, die geforderten Maßnahmen zu erbringen oder selbst tätig werden müssen. Die Höhe der angedrohten Zwangsgelder sei unangemessen. Weiterhin könne ein Zwangsgeld lediglich angedroht, jedoch nicht bereits fällig gestellt werden. Die Frist von sechs Wochen sei unangemessen kurz. Dem beigefügt waren u.a. weitere Belege zu den angestrengten Verkaufsbemühungen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Die Sicherungsanordnung werde als konkludente Ablehnung des Antrags auf Abriss des Baudenkmals gesehen. Dem Kläger sei zweifellos erkennbar, dass sein Abbruchantrag nicht genehmigt werde. Deshalb sei bisher kein förmlicher Ablehnungsbescheid erlassen worden. Zwischenzeitlich seien mehrere Förderungsanträge für Erhaltungsarbeiten genehmigt worden. Der Kläger habe mehrfach betont, dass er keine Eigenmittel besitze und keine Kredite gewährt bekomme. Eine weitere Beratung seitens der Denkmalbehörden erscheine daher nicht zielführend, da seitens des Klägers keine Aussicht auf Umsetzung der Maßnahme (Gesamtsanierung) bestehe. Zielführend sei derzeit die Sicherung des Baudenkmals, um den Bestand für die Zukunft vor dem weiteren Verfall zu schützen.
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Am 25. Februar 2025 hat das Gericht eine mündliche Verhandlung durchgeführt, in der die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache hinsichtlich der Ziffer 1.1. des Bescheids vom 13. Dezember 2021 übereinstimmend für erledigt erklärt haben.
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Zu den weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte, auch im Verfahren M 1 S 22.210, und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.
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Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache hinsichtlich der Ziffer 1.1. des Bescheids vom 13. Dezember 2021 übereinstimmend für erledigt erklärt haben, war das Verfahren in entsprechender Anwendung von § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen. Da sich die Hauptsache nur teilweise erledigt hat, war kein gesonderter Beschluss zu erlassen, sondern die Entscheidung über die Verfahrenseinstellung und die Kostentragung zusammen mit der Sachentscheidung über den nicht erledigten Teil im Urteil zu treffen (vgl. BVerwG, B.v. 7.8.1998 – 4 B 75.98 – juris Rn. 2; Eyermann, Verwaltungsgerichtsordnung, 16. Auflage 2022, § 92 Rn. 24f., § 161 Rn. 14).
II.
33
Bei verständiger Würdigung des Klageziels in den Hauptanträgen, § 88 VwGO, begehrt der Kläger neben der Aufhebung des Bescheids vom 13. Dezember 2021 – soweit dieser nicht für erledigt erklärt wurde und der Anfechtung unterliegt – die Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung der beantragten denkmalrechtlichen Erlaubnis zur Beseitigung und, sofern dies bei fehlender Spruchreife nicht möglich sein sollte, eine Verpflichtung des Beklagten zur Entscheidung über den denkmalrechtlichen Antrag auf Beseitigung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts (Verbescheidung). Ein Verpflichtungsantrag enthält regelmäßig auch den in dieselbe Richtung zielenden und nur inhaltlich hinter der erstrebten Verpflichtung zurückbleibenden Antrag auf Neubescheidung (BVerwG, U.v. 31.3.2004 – 6 C 11/03 – BVerwGE 120, 263-276 = juris Rn. 43). Es besteht daher grundsätzlich kein Erfordernis, einen solchen Antrag (wie gleichwohl in der Praxis üblich) hilfsweise neben dem Verpflichtungsantrag zu stellen (Schmidt-Kötters in: Posser/Wolff/Decker, BeckOK VwGO, Stand: 1.1.2024, § 42 Rn. 62 m.w.N.).
III.
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Die so verstandenen zulässigen Klagen erweisen sich lediglich im tenorierten Umfang als begründet.
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1. Die Klage auf Erteilung einer denkmalrechtlichen Erlaubnis zur Beseitigung des Baudenkmals hat insoweit Erfolg, als der Beklagte zwar nicht zu verpflichten war, die beantragte Erlaubnis für die Beseitigung des streitgegenständlichen Gebäudes zu erteilen, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO, der Kläger aber beanspruchen kann, dass sein Antrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts beschieden wird, § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO (IV.). Der Kläger hat einen Anspruch auf (ermessensfehlerfreie) Entscheidung über diesen Antrag. Im Übrigen war die Klage als unbegründet abzuweisen.
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2. Die Klage, die sich auf Aufhebung des noch in Streit stehenden Bescheids vom 13. Dezember 2021 richtet, ist unbegründet (V.). Der Bescheid ist insoweit rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
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3. Über den Hilfsantrag war mangels Bedingungseintritt nicht zu befinden (VI.).
IV. 
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1. Die mit Schriftsatz vom 21. Juli 2022 erhobene Verpflichtungsklage ist als Untätigkeitsklage zulässig. Der Beklagte hat über den Antrag des Klägers auf Erteilung der denkmalrechtlichen Erlaubnis ohne zureichenden Grund in angemessener Frist nicht sachlich entschieden, § 75 Satz 1 VwGO.
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1.1. Der Kläger hat seit Einreichung des Antrags vom 14. Juli 2020 (Eingangsdatum beim Beklagten: 12. August 2020) bis zur Erhebung der Klage mehr als zwei Jahre auf Verbescheidung seines Antrags zugewartet. Die in § 75 Satz 2 VwGO normierte Dreimonatsfrist zur Klageeinreichung ist damit ohne Weiteres eingehalten. Zudem ist die Klage regelmäßig sofort zulässig, wenn sich die Behörde – aus welchen Gründen auch immer – weigert, sich mit der Sache zu befassen. In diesem Fall fehlt es schon allein deshalb an einem zureichenden Grund (Schenke in: Kopp/Schenke, VwGO, 29. Aufl. 2023, § 75 Rn. 12 u. 15; VG Kassel, U.v. 19.12.1983 – II/V E 1513/83 – NVwZ 1985, 217). So liegt es hier. Der Beklagte hat sich (mit einer nicht nachvollziehbaren Begründung) auf den Standpunkt gestellt, dass aufgrund der „konkludenten Ablehnung“ durch Bescheid vom 13. Dezember 2021 („Sicherungsanordnung“) die weitere Bearbeitung des Antrags nicht erforderlich sei.
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1.2. Zwar steht im Raum, dass die Antragsunterlagen unvollständig sind (vgl. zur Frage, ob ein an formellen oder inhaltlichen Mängeln leidender Antrag grundsätzlich geeignet ist, die Frist des § 75 VwGO in Gang zu setzen: BayVGH, B.v. 3.6.2016 – 15 BV 15.2441 – juris Rn. 14 f.; VGH BW, U.v. 27.2.2003 – 5 S 1279/01 – BauR 2003, 1345 = juris Rn. 24). Sofern die Behörde den gesetzlich geregelten Abläufen bzw. Vorgaben zur Bearbeitung eines Antrags (Art. 15 Abs. 6 BayDSchG) – wie hier – nicht entspricht, bleibt dem Antragsteller jedoch kein anderer Weg, als das Ersuchen um gerichtlichen Rechtsschutz. § 75 VwGO soll verhindern, dass die Behörde durch Untätigbleiben dem Bürger die Möglichkeit eines wirksamen Rechtsschutzes nehmen kann (BayVGH, B.v. 3.6.2016 – 15 BV 15.2441 – juris Rn. 16 m.w.N.).
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2. Die Verpflichtungsklage ist nur teilweise begründet. Der mit der Klage verfolgte Anspruch auf Erteilung der denkmalschutzrechtlich erforderlichen Erlaubnis für die Beseitigung des Denkmals (2.2.) steht dem Kläger nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung nicht zu, sodass der Beklagte nicht zu verpflichten war, die Abbruchgenehmigung zu erteilen (2.3.). Der Kläger hat allerdings einen Anspruch auf erstmalige Entscheidung des Beklagten über seinen Antrag (2.4.).
42
2.1. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist der Tag der letzten mündlichen Verhandlung (BayVGH, U.v. 18.10.2010 – 1 B 06.63 – juris Rn. 23). Für die Entscheidung kommt es mithin darauf an, ob die Anspruchsvoraussetzungen zur Erteilung der Erlaubnis zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts erfüllt sind.
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2.2. Die Beseitigung des Gebäudes bedarf nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Alt. 1 BayDSchG der Erlaubnis, da es sich bei dem streitgegenständlichen Gebäude im Wesentlichen (nicht Teil des Denkmals sind unstreitig die erdgeschossigen Anbauten des Westteils, vgl. Stellungnahmen des Landesamts vom 7.2.2014, 27.10.2017 und 23.2.2021) um ein Baudenkmal i.S.v. Art. 1 Abs. 2 Satz 1 BayDSchG handelt, dessen Erhalt im öffentlichen Interesse liegt.
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2.2.1. Die Erlaubnispflicht entfällt auch nicht nach Art. 6 Abs. 3 Satz 1 BayDSchG, da für den Abbruch keine Baugenehmigung erforderlich ist. Der Abriss von Gebäuden ist nach Art. 57 Abs. 5 Satz 1 BayBO verfahrensfrei, bzw. in bestimmten Fällen anzeigepflichtig, Art. 57 Abs. 5 Satz 2 BayBO. Die Anzeige nach Art. 57 Abs. 5 Satz 2 BayBO fällt nicht unter die eine Erlaubnis ersetzenden baurechtlichen Entscheidungen i.S.d. Art. 6 Abs. 3 BayDSchG, weil die Anzeige selbst keine Entscheidung enthält oder erfordert (Busse/Kraus, Bayerische Bauordnung, Stand: 156. EL Dezember 2024, Art. 57 Rn. 427).
45
Art. 42a BayVwVfG (Genehmigungsfiktion) wurde im BayDSchG nicht umgesetzt.
46
2.2.2. Das Gebäude ist unter der Nr. D-1-87-162-24 in die Liste der Baudenkmäler des Freistaats Bayerns eingetragen. Nach Art. 2 Abs. 1 BayDSchG hat diese Eintragung für die Denkmaleigenschaft jedoch keine rechtsbegründende Wirkung, sondern erfolgt nur nachrichtlich (vgl. Eberl/Spennemann, Schindler-Friedrich/Gerstner, Bayerisches Denkmalschutzgesetz, 8. Aufl. 2019, Art. 2 Rn. 2). Ob ein Baudenkmal vorliegt, richtet sich allein nach Art. 1 Abs. 1 und 2 BayDSchG. Nach Art. 1 Abs. 1 BayDSchG sind Denkmäler von Menschen geschaffene Sachen oder Teile davon aus vergangener Zeit, deren Erhaltung wegen ihrer geschichtlichen, künstlerischen, städtebaulichen, wissenschaftlichen oder volkskundlichen Bedeutung im Interesse der Allgemeinheit liegt. Nach Art. 1 Abs. 2 BayDSchG sind Baudenkmäler bauliche Anlagen oder Teile davon aus vergangener Zeit, soweit sie nicht Bodendenkmäler sind (Abs. 4), einschließlich dafür bestimmter historischer Ausstattungsstücke und mit der in Art. 1 Abs. 1 BayDSchG bezeichneten Bedeutung. Art. 1 BayDSchG enthält mehrere unbestimmte Rechtsbegriffe, deren richtige Anwendung der vollen verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterliegt (vgl. BVerwG, U.v. 22.4.1966 – IV C 120/65 – juris Rn. 27; BayVGH, U.v. 27.3.1979 – 305 I 74 – BayVBl. 1979, 616).
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2.2.3. Das streitgegenständliche Gebäude, das sich in einen Wohn- und Wirtschaftsteil gliedert, wurde wohl schon im 18. Jahrhundert errichtet und war bis 1873 Sitz des örtlichen Baders, später des Arztes (vgl. Stellungnahme des Landesamtes vom 23.2.2021). Allerdings vermag die historische Einordnung eines Bauwerks die Denkmaleigenschaft noch nicht zu begründen. Neben dem Kriterium „aus vergangener Zeit“ muss dafür ein weiteres Bedeutungskriterium nach Art. 1 Abs. 1 BayDSchG hinzukommen.
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Hier liegt die Erhaltung des streitgegenständlichen Denkmals aufgrund seiner städtebaulichen und volkskundlichen Bedeutung im Interesse der Allgemeinheit. Dies ergibt sich zur Überzeugung des Gerichts aus den nachvollziehbaren Ausführungen des Landesamts und den vorgelegten Behördenakten.
49
Das Landesamt ist die zur fachlichen Einschätzung des Denkmalwerts eines Baudenkmals und seiner Beeinträchtigung berufene Fachbehörde (Art. 12 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 3 Nr. 5 BayDSchG). Die Gerichte sind rechtlich zwar nicht an die fachliche Beurteilung des Landesamts gebunden, sondern haben deren Aussage- und Überzeugungskraft nachvollziehend zu überprüfen und sich aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens eine eigene Überzeugung zu bilden. Hierbei kommt den fachlichen Einschätzungen des Landesamts jedoch ein tatsächliches Gewicht zu (vgl. BayVGH, U.v. 18.7.2013 – 22 ZB 12.1741 – juris Rn. 27 m.w.N.).
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Der Vertreter des Landesamts erläuterte in der mündlichen Verhandlung auf die gerichtlichen Fragen hin ausführlich und anschaulich, dass zum einen die städtebauliche Bedeutung des Denkmals darin bestehe, dass es prominent zwischen Pfarrkirche und Museum in einer Art „Brückenkopffunktion“ an der Brücke zum Denkmalensemble „… …“ stehe und das Denkmal zum anderen deswegen volkskundliche Bedeutung habe, weil es sich aus einem regional-typischen Bauernhaus (Einfirsthof) durch die Funktion als Bader- oder Arzthaus zu einem Gebäude mit besonderer, gebietstypischer Ausprägung entwickelt habe. Überdies seien zahlreiche Ausstattungsdetails wie historische Fenster und Türen erhalten. Auch das Gebäudeäußere zeige insbesondere mit der Putzfassade Merkmale des mit seiner Funktion einhergehenden höheren Sozialprestiges.
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Die Einschätzung des Landesamts wird bestätigt durch die vorgelegten Behördenakten, insbesondere die sich darin befindlichen Gutachten/fachliche Stellungnahmen (u.a. vom 7.2.2014 und 23.2.2021) und Lichtbilder. Das Gericht konnte daher von der Einnahme eines Augenscheins absehen. Gerade die Lichtbilder verdeutlichen die dichte Überlieferung des Gebäudes und geben einen Gesamteindruck der denkmalwerten Anschaulichkeit, insbesondere auch hinsichtlich der überkommenen Ausstattungsstücke.
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Auch der in der inneren Aufteilung zum Ausdruck kommende Grundriss des Denkmals ist hier eines seiner wesentlichen Merkmale (vgl. hierzu: VG München, U.v. 14.3.2022 – M 8 K 20.6357 – juris Rn. 23 m.w.N.). In den Behördenakten findet sich ein Aufmaßplan, dem entnommen werden kann, dass das Denkmal seine historische Identität, welche ihren Ausdruck gerade auch in der Erschließung durch einen Mittelflur sowie die Gliederung in Wohn- und Wirtschaftsteil nebst Stall findet, auch in den das Innere prägenden Teilen bis in die Gegenwart hinein bewahren konnte.
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2.2.4. Die Erhaltung des Gebäudes liegt auch im öffentlichen Interesse. Dies setzt voraus, dass die Denkmaleigenschaft einer Sache und die Notwendigkeit ihrer Erhaltung in das Bewusstsein der Bevölkerung oder mindestens eines breiten Kreises von Sachverständigen eingegangen sind (VGH BW, U.v. 22.11.2019 – 1 S 2984/18 – juris Rn. 54). Dass dies hier der Fall ist, zeigt sich nicht zuletzt an der ablehnenden Stellungnahme des Gemeinderates zum Abbruchantrag.
54
Das Interesse der Allgemeinheit an der Erhaltung beurteilt sich ferner für jedes Objekt nach seiner konkreten Bedeutung (VGH BW, U.v. 10.5.1988 – 1 S 1949/87 – NVwZ-RR 1989, 232). Um einen möglichst breiten Einblick in die Geschichte zu möglichen, liegt es im Interesse der Allgemeinheit, Zeugnisse der Vergangenheit in möglichst großer Vielfalt zu erhalten. Dieses Interesse wird daher umso größer sein, je kleiner die Zahl der vorhandenen Exemplare eines Typs ist (vgl. Eberl/Spennemann, Schindler-Friedrich/Gerstner, Bayerisches Denkmalschutzgesetz, 8. Aufl. 2019, Art. 1 Rn. 11a m.w.N.). Beim streitgegenständlichen Gebäude handelt es sich um das für die Geschichte des Ortes … eine Sonderstellung einnehmende „Bader- bzw. Arzthaus“. Ein vergleichbares Objekt war dem Vertreter des Landesamts lediglich in einem Nachbarort, jedoch nicht im selben Ort bekannt (vgl. Protokoll der mündlichen Verhandlung).
55
2.2.5. Das Gericht verkennt nicht, dass das Gebäude einen beträchtlichen Instandhaltungs- und Sanierungsrückstand und Gründungsschäden aufweist. So wird die Substanz im Bericht Dr. … vom 1. Dezember 2017 bis zur Unterkante Obergeschoss als „nass“ bezeichnet und auf ausgeprägte Rissebildungen an Innen- und Außenbauteilen hingewiesen, ebenso auf Feuchteschäden durch Wassereinbrüche im Obergeschoss und Dachboden. Die letzten Instandhaltungs- / Sanierungsmaßnahmen liegen Jahrzehnte zurück (vgl. u.a. das Sachverständigengutachten … vom 22. März 2017). Die Grobkostenschätzung Dipl.-Ing. … vom 30. Januar 2019 beziffert die erforderlichen Sanierungskosten auf 1.810.384,35 EUR.
56
Der Erhaltungszustand eines denkmalwerten Gebäudes hat jedoch grundsätzlich keinen Einfluss auf dessen Schutzwürdigkeit, denn auch ein schlecht erhaltenes Denkmal ist erhaltenswert. Nur ein nicht erhaltungsfähiges, „rettungslos abgängiges“ Gebäude ist nicht denkmalfähig (vgl. OVG Hamburg, B.v. 5.7.2022 – 3 Bs 259/21 – juris Rn. 31). Die Denkmaleigenschaft wird auch durch Verstöße des Denkmaleigentümers gegen die ihm obliegende Erhaltungspflicht erst dann in Frage gestellt, wenn das Gebäude akut einsturzgefährdet oder die Schäden an den für die Denkmaleigenschaft relevanten Bauwerksteilen ein Ausmaß erreicht haben, dass eine Sanierung einer Neuerrichtung des Gebäudes gleichkäme (BayVGH, U.v. 18.10.2010 – 1 B 06.63 – BeckRS 2011, 45917 Rn. 32). Die Frage der Erhaltungsfähigkeit beurteilt sich dabei weder nach dem bautechnischen Aufwand der Sanierung noch nach den damit verbundenen Kosten, sondern allein aus denkmalfachlicher Sicht (vgl. OVG Hamburg, B.v. 5.7.2022 – 3 Bs 259/21 – juris Rn. 31). Insbesondere haben Fragen der Zumutbarkeit, der Kosten und der Finanzierung von Instandsetzungsmaßnahmen bei der Anwendung des Denkmalbegriffs außer Betracht zu bleiben (vgl. Eberl/Spennemann, Schindler-Friedrich/Gerstner, Bayerisches Denkmalschutzgesetz, 8. Auflage 2019, Art. 1 Rn. 16 m.w.N.). Der Nachweis der fehlenden technischen Erhaltungsfähigkeit obliegt überdies dem Eigentümer (* …, Abbruch – Zu einem zentralen Thema des Denkmalschutzes – NVwZ 2014, 24 m.w.N.).
57
Bei Berücksichtigung der in den Behördenakten befindlichen Gutachten ist zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nicht ersichtlich, dass das Denkmal i.d.S. „unrettbar“ verloren bzw. akut einsturzgefährdet wäre. Das Sachverständigengutachten … vom 16. Oktober 2014, die Berichte des Architekten Dr. … vom 1. und 6. Dezember 2017, das Gutachten des Sachverständigen … … vom 22. März 2017 sowie die Grobkostenschätzung der Sanierungsleistungen vom 30. Januar 2019 von Dipl.-Ing. … gehen allesamt von der grundsätzlichen technischen Sanierungsfähigkeit des Gebäudes aus, da sie entweder Sanierungskosten beziffern oder deren Rahmen zumindest grob abschätzen. Gleiches gilt für das Gutachten des Diplom-Holzwirts … … vom 19. Januar 2023. Der Gutachter geht darin davon aus, dass die festgestellte Holzzerstörung (insbesondere starke Durchfeuchtung und Schimmelbefall) grundsätzlich sanierbar ist.
58
Dies gilt auch hinsichtlich des Wirtschaftsteils, auch in Ansehung der (teilweisen) Gründung auf der Kaimauer der Prien. Das Landesamt nahm unter dem 14. Februar 2014 Stellung zu dem Anwesen und kam u.a. zu dem Schluss, dass zwar an der technischen und denkmalfachlichen Instandsetzungsfähigkeit des Wohnteils keine Zweifel beständen, dies bezüglich des Wirtschaftsteils jedoch sorgfältig zu prüfen sei. Obschon das Landesamt sich auch in Folge, nicht zuletzt aufgrund der vom Kläger nicht beigebrachten Schadenskartierung, nicht dazu in der Lage sah, abschließend zu bewerten, ob der ehemalige Wirtschaftsteil erhaltungsfähig ist (vgl. Feststellungen des Landesamts in der E-Mail vom 27.10.2017 sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung) sind für das Gericht aufgrund der sich in den Behördenakten befindlichen Gutachten und Feststellungen der Sachverständigen, welche sich jeweils auf das Gesamtgebäude, also auf den Wohn- und Wirtschaftsteil, beziehen, keine durchgreifenden Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Wirtschaftsteil technisch nicht erhalten werden kann. Im Gegenteil geht der Sachverständige Dipl.-Ing. … in seiner „Grobkostenschätzung der Sanierungsleistungen“ vom 30. Januar 2019 insbesondere davon aus, dass eine Unterfangung bzw. Ertüchtigung der Gründung möglich ist. Für die Stabilisierung der Gründung (inklusive der erdgeschossigen Anbauten) setzt der Gutachter Kosten in Höhe von 20.000,- EUR an (S. 2 des Gutachtens). Dies umfasst die Instandsetzung aller Innen- und Außenwände und die Ertüchtigung der Gründung des tragenden Mauerwerks (S. 4 des Gutachtens). Auch hinsichtlich der Ufermauer der Prien wird von der Sanierbarkeit ausgegangen, es wird lediglich festgestellt, dass deren Sanierung weitere Kosten verursachen könne, die ggf. vom Vorhabenträger auf den Kläger umgelegt werden könnten (S. 4 des Gutachtens).
59
Überdies hat der Vertreter des Landesamts zur Überzeugung des Gerichts dargelegt, dass selbst für den Fall, dass der Wirtschaftsteil nicht erhalten werden könnte, die Denkmaleigenschaft des Wohnteils davon nicht berührt würde (vgl. das Protokoll der mündlichen Verhandlung). Dem trat der Kläger nicht entgegen.
60
2.2.6. Die erforderlichen Erhaltungsmaßnahmen kommen auch keiner Neuerrichtung gleich oder haben einen Identitätsverlust zur Folge. Ein solcher tritt nur dann ein, wenn die Eingriffe in das Denkmal unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls derart einschneidend sind, dass die Denkmalaussage verloren geht. Auszugehen ist hierbei von den Gründen für die Unterschutzstellung des Denkmals (vgl. OVG Hamburg, B.v. 5.7.2022 – 3 Bs 259/21 – juris Rn. 39).
61
Die Unterschutzstellung fußt hier insbesondere auf der städtebaulichen und volkskundlichen Bedeutung des Denkmals. Die Durchführung von Sanierungsarbeiten hat auf die Denkmalaussage, insbesondere hinsichtlich der ortsgeschichtlichen Bedeutung als zeit- und regionaltypischer Bau, dessen Erscheinungsbild neben der ländlichen Bautradition auch durch die „nicht bäuerlichen“ Bewohner (Bader, Arzt) und das Umfeld des Markttores geprägt ist (vgl. insbesondere Stellungnahme des Landesamts vom 23.2.2021), keinen dergestalt durchgreifenden Einfluss, dass die Denkmaleigenschaft in Abrede gestellt werden müsste. Dieses Ergebnis deckt sich auch mit der Einschätzung des Landesamts (vgl. die Ausführungen in der mündlichen Verhandlung zum Gutachten Dr. …).
62
2.3. Gewichtige Gründe des Denkmalschutzes sprechen für die Beibehaltung des bisherigen Zustands, Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayDSchG.
63
Die Erlaubnis kann nach Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayDSchG im Fall des Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayDSchG versagt werden, soweit gewichtige Gründe des Denkmalschutzes für die unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustands sprechen. Ob gewichtige Gründe i.d.S. vorliegen, ist ein uneingeschränkt gerichtlich nachprüfbarer unbestimmter Rechtsbegriff auf der Tatbestandsseite der Norm (BayVGH, U.v. 27.09.2007 – 1 B 00.2474 – juris).
64
Beim beabsichtigten Abbruch eines denkmalgeschützten Gebäudes sprechen die gewichtige Gründe des Denkmalschutzes in der Regel für die unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustands (BayVGH, B.v. 20.12.2016 – 2 ZB 15.1869 – BayVBl 2017, 529 m.w.N.). Allenfalls bei völlig unbedeutenden Baudenkmälern, deren Verfall so weit fortgeschritten ist, dass eine Sanierung von vornherein unmöglich ist, mag dies anders sein (BayVGH, U.v. 12.8.2015 – 1 B 12.79 – NVwZ-RR 2016, 88). Gewichtige Gründe des Denkmalschutzes ergeben sich dabei in aller Regel aus der die Eigenschaft als Baudenkmal begründenden Bedeutung des Bauwerks (vgl. BayVGH, U.v. 18.10.2010 – 1 B 06.63 – juris Rn. 35). So liegt der Fall auch hier. Die gewichtigen Gründe des Denkmalschutzes, die gegen einen Abbruch sprechen, ergeben sich aus den unter 2.2 dargestellten, die Denkmaleigenschaft begründenden Umständen. Eine Sondersituation ist nicht erkennbar.
65
2.4. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung der denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis. Die Voraussetzungen, unter denen die Erlaubnis für die Beseitigung trotz Vorliegens gewichtiger Gründe, die für die Beibehaltung des bisherigen Zustands sprechen, erteilt werden muss, liegen nicht vor. Die Erlaubnis muss weder deswegen erteilt werden, weil sich die Ziele des Denkmalschutzes schon wegen des Zustands des Gebäudes oder aus anderen „tatsächlichen“ Gründen nicht mehr verwirklichen ließen, noch weil es dem Kläger wirtschaftlich unzumutbar wäre, das Baudenkmal zu erhalten. Insbesondere konnte der Kläger die Unverkäuflichkeit des Baudenkmals nicht nachweisen.
66
2.4.1. Trotz des Vorliegens gewichtiger Gründe des Denkmalschutzes für die Beibehaltung des bisherigen Zustands kann das den Behörden nach Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayDSchG eingeräumte Ermessen aus Gründen der Verhältnismäßigkeit unter angemessener Berücksichtigung der nach Art. 14 GG geschützten Belange des Denkmaleigentümers jedoch in der Weise reduziert sein, dass die Erlaubnis zum Abbruch zu erteilen ist. Ist dem für Denkmalbelange aufgeschlossenen Eigentümer, auf den bei der Zumutbarkeitsprüfung abzustellen ist, die (unveränderte) Erhaltung des Baudenkmals nicht zuzumuten, so besteht kein Ermessensspielraum. In diesem Fall muss dem Antrag entsprochen werden, weil die Versagung der Erlaubnis unverhältnismäßig wäre (BayVGH, U.v. 27.9.2007 – 1 B 00.2474 – BayVBl 2008, 141).
67
2.4.2. Die Erhaltung eines Baudenkmals kann etwa nicht verlangt werden, wenn das Gebäude in absehbarer Zeit ohnehin verfallen würde und als Ruine nicht erhaltungswürdig wäre, wenn bei einer Sanierung nur so wenig Substanz erhalten bliebe, dass die Identität des Bauwerks verloren ginge oder wenn eine den Anforderungen des Art. 5 BayDSchG entsprechende Nutzung nicht in Betracht kommt (BayVGH, U.v. 18.10.2010 – 1 B 06.63 – juris Rn. 40 m.w.N.). Wie bereits ausgeführt, ist vorliegend nichts dafür ersichtlich, dass das Denkmal alsbald „ohnehin verfallen“ würde und die Erhaltung des Gebäudes objektiv, d. h. unabhängig von Kostenhöhe und Rentabilität unmöglich ist. Weiterhin ist nicht ersichtlich, dass das Denkmal keiner substanzerhaltenden, denkmalgerechten Nutzung zugeführt werden kann.
68
2.4.3. Wirtschaftliche Unzumutbarkeit liegt vor, wenn der Erhalt des Denkmals auf Dauer nicht aus den Erträgen zu finanzieren ist, das Objekt sich also wirtschaftlich nicht „selbst trägt“. Zwar muss es der Eigentümer eines Baudenkmals angesichts des hohen Rangs des Denkmalschutzes und mit Blick auf die Sozialpflichtigkeit des Eigentums (Art. 14 GG) grundsätzlich hinnehmen, dass ihm eine rentablere Nutzung des Grundstücks verwehrt wird. Andererseits kann ihm nicht zugemutet werden, dauerhaft defizitär zu wirtschaften (BayVGH, U.v. 12.8.2015 – 1 B 12.79 – NVwZ-RR 2016, 88 m.w.N.).
69
2.4.3.1. Die Frage der wirtschaftlichen Zumutbarkeit unterliegt im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung zwar der vollen gerichtlichen Kontrolle, es handelt es sich insoweit insbesondere nicht um bloße Ermessenserwägungen (vgl. BayVGH, U.v. 12.8.2015 – 1 B 12.79 – NVwZ-RR 2016, 88 m.w.N.). Der Umfang, in dem die wirtschaftliche Zumutbarkeit zu prüfen ist, hängt jedoch davon ab, in welchem Umfang der Denkmaleigentümer seinen Mitwirkungspflichten entspricht (BayVGH, U.v. 27.9.2007 – 1 B 00.2474 – Juris Rn. 82). Nur wenn der Denkmaleigentümer seiner Darlegungspflicht nachkommt, haben die Verwaltungsgerichte die Sache – gegebenenfalls durch Einschaltung von Sachverständigen – spruchreif zu machen und aufzuklären, ob der Erhalt des Baudenkmals wirtschaftlich unzumutbar ist (vgl. BayVGH, U.v. 12.8.2015 – 1 B 12.79 – NVwZ-RR 2016, 88 m.w.N.; U.v. 27.9.2007 – 1 B 00.2474 – Juris Rn. 82).
70
Die Erteilung der Genehmigung zum Abriss eines sanierungsfähigen Denkmals erfordert in der Regel, dass der Eigentümer des Denkmals die wirtschaftliche Unzumutbarkeit der Erhaltung darlegt (VGH BW, U.v. 22.11.2019 – 1 S 2984/18 – juris Ls. 1). Der Eigentümer hat hierfür die (nach Möglichkeit mit dem Landesamt für Denkmalpflege abgestimmten) erforderlichen Sanierungsmaßnahmen für eine zeitgemäße Nutzung und den daraus resultierenden Aufwand sowie den mit dem Objekt zu erzielenden Ertrag in einer alle relevanten Faktoren in nachvollziehbarer Weise ermittelnden und bewertenden Wirtschaftlichkeitsberechnung darzulegen, die einen prognostischen Zeitraum von etwa 15 Jahren erfasst. Die den Eigentümer treffende Mitwirkungs- und Darlegungspflicht entspricht der zwischen Denkmaleigentümer und Denkmalbehörden nach Art. 4 und 5 BayDSchG bestehenden Aufgabenverteilung. Denn regelmäßig ist nur der Eigentümer in der Lage, ein geeignetes Nutzungs- und Sanierungskonzept für das Denkmal zu entwickeln und auf die Informationen zuzugreifen, die eine Bewertung der Sanierungsmaßnahmen in denkmalpflegerischer und wirtschaftlicher Hinsicht ermöglichen (BayVGH, U.v. 12.8.2015 – 1 B 12.79 – NVwZ-RR 2016, 88 m.w.N.).
71
2.4.3.2. Der Kläger ist diesen Mitwirkungspflichten bislang nur unzureichend nachgekommen. Die vorgelegte Wirtschaftlichkeitsberechnung ist, auch in der aktualisierten Fassung (vgl. Anlage K1 zum Schriftsatz vom 28.11.2024) bei Berücksichtigung der dargestellten Anforderungen defizitär. Dementsprechend bestand für das Gericht kein Grund, die wirtschaftliche Zumutbarkeit im Einzelnen zu prüfen. Insbesondere musste das Gericht keine eigene Wirtschaftlichkeitsberechnung, etwa durch Einholung eines Sachverständigengutachtens durchführen.
72
Welche Kosten und Erträge (etwa Investitions-, Sanierungs- und Bewirtschaftungskosten, Nutzungserträge, Zuschüsse und Steuervorteile) im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsberechnung anzusetzen sind, ist mangels gesetzlicher Vorgaben jeweils eine Frage des Einzelfalles (vgl. zum Inhalt der Wirtschaftlichkeitsberechnung u.a. BayVGH, U.v. 18.10.2010 – 1 B 06.63 – juris Rn. 47; Eberl/Spennemann, Schindler-Friedrich/Gerstner, Bayerisches Denkmalschutzgesetz, 8. Auflage 2019, Art. 4 Rn. 68). Regelmäßig zu fordern ist jedoch eine nachvollziehbare Bezifferung der Sanierungskosten.
73
Daran fehlt es hier. Eine realistische Kostenschätzung der erforderlichen Sanierungsmaßnahmen setzt eine sämtliche Bauteile des Gebäudes erfassende Schadenskartierung (mit Baualtersplan), welche vom Kläger zu erstellen ist (vgl. VGH BW, U.v. 22.11.2019 – 1 S 2984/18 – juris Rn. 74), voraus. Die der Wirtschaftlichkeitsberechnung zugrunde gelegte Grobkostenschätzung … vom 30. Januar 2019 wurde ohne detaillierte Schadenskartierung auf Grundlage einer Ortsbesichtigung erstellt und ist daher insoweit nicht tragfähig. Die vorgelegte Schadenskartierung betrifft lediglich die Substanz der (zugänglichen) Holzbauteile, weist jedoch keine Sanierungskosten aus (Gutachten … vom 19.1.2023).
74
Die Wirtschaftlichkeitsberechnung ist zudem deswegen unbrauchbar, weil verabsäumt wurde, den unterlassenen Bauunterhalt anzusetzen (vgl. Abbruchantrag S. 11: „2.8 Schäden infolge Verletzung der Erhaltungspflicht, keine“ – sowie „3. Wirtschaftlichkeitsberechnung“). Aus der Wirtschaftlichkeitsberechnung sind jedoch zwingend die Kosten für diejenigen Maßnahmen auszuscheiden, die erforderlich werden, weil der Eigentümer Erhaltungsmaßnahmen unterlassen hat, zu denen er nach Art. 4 Abs. 1 BayDSchG oder aus sicherheitsrechtlichen Gründen (Art. 54 BayBO) verpflichtet war. Würden die sog denkmal- und sicherheitsrechtlich veranlassten Kosten für pflichtwidrig unterlassene Maßnahmen den Sanierungsaufwand nicht mindern, könnte der Eigentümer durch Vernachlässigung seiner Erhaltungsverpflichtungen letztlich eine Beseitigung des Denkmals erreichen (vgl. BayVGH, U.v. 12.8.2015 – 1 B 12.79 – NVwZ-RR 2016, 88 m.w.N.). Der Kläger muss sich neben dem von ihm verabsäumten Bauunterhalt auch den jahrzehntelangen unterlassenen Bauunterhalt seiner Rechtsvorgänger zurechnen lassen (vgl. BayVGH, B.v. 19.2.2008 – 14 ZB 07.3069 – juris Rn. 17). Dies gilt auch für Belastungen, die auf das ungehinderte Fortwirken von Schadensursachen zurückzuführen sind (BayVGH, B.v. 24.7.2017 – 1 CS 17.843 – juris Rn. 7).
75
Das Gutachten des Sachverständigen … vom 22. März 2017 stellt fest, dass das Gebäude bereits zum Stichtag 22. Dezember 2013 einen baulichen Zustand aufgewiesen habe, bei dem ohne umfassende Sanierungsmaßnahmen eine weitere wirtschaftliche Nutzung nicht mehr möglich sei (S. 16f). Nahezu der gesamte Innenausbau sei erneuerungsbedürftig. Ebenso befinde sich der Rohbau zum überwiegenden Teil in einem baulichen Zustand, bei dem erhebliche Sanierungsmaßnahmen erforderlich seien, insbesondere weise das Gebäude erhebliche Feuchtigkeitsschäden, teilweise mit massivem Pilzbefall auf. Auf S. 48 des Gutachtens wird überdies festgestellt, dass das Gebäude bereits im Jahr 1968 einen baulichen Zustand aufgewiesen habe, bei dem die erforderlichen Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen nur im notwendigsten Umfang durchgeführt worden waren. Gleiches ist dem Gutachten des Sachverständigen … zu entnehmen. Danach wurde das Gebäude, bei dem die letzten Renovierungsmaßnahmen im Jahr 1972 stattgefunden haben, „über einen nicht unerheblichen Zeitraum vernachlässigt“ (S. 11, 13 u. 14). Hinzu treten die Schäden, die seit dem Erbfall, nicht zuletzt durch die schadhafte Dacheindeckung entstanden sind.
76
Anhaltspunkte dafür, dass der verabsäumte denkmalpflegerische Bauunterhalt (der sicherheitsrechtliche Bauunterhalt unterliegt nicht dem Vorbehalt der Zumutbarkeit) dem Kläger oder seinen Rechtsvorgängern nicht i.S.d. Art. 4 Abs. 1 Satz BayDSchG zumutbar gewesen wäre, ergeben sich anhand der vorgelegten Behördenakten nicht, zumal zu berücksichtigen ist, dass der Kläger die Darlegungs- und Beweislast für die Unzumutbarkeit trägt (vgl. Eberl/Spennemann, Schindler-Friedrich/Gerstner, Bayerisches Denkmalschutzgesetz, 8. Auflage 2019, Art. 4 Rn. 30 m.w.N.). Die Ausführungen des Klägers im Abbruchantrag hierzu sind unsubstantiiert (vgl. dort S. 9 – „meiner Mutter fehlten die Mittel, das Haus entsprechend den steigenden Wohnbedürfnissen zu modernisieren“). Hinzu kommt, dass sich der Kläger auch zurechnen lassen muss, dass er oder seine Rechtsvorgänger sich nicht um Entschädigungsmittel für eventuell nicht zumutbare Instandsetzungsmaßnahmen gekümmert haben (BayVGH, U.v. 18.10.2010 – 1 B 06.63 – juris Rn. 65; vgl. auch BayVGH, B.v. 23.11.2017 – 1 ZB 17.935 – juris Rn. 9, wonach der Bauunterhalt dem Eigentümer grundsätzlich ohne Ausgleichanspruch oder Zuwendungen zuzumuten ist).
77
In der Wirtschaftlichkeitsberechnung zu berücksichtigen sind auch Förderbeträge der öffentlichen Hand, die verbindlich zugesagt oder mit Sicherheit zu erwarten sind (vgl. BayVGH, U.v. 12.8.2015 – 1 B 12.79 – NVwZ-RR 2016, 88 m.w.N.). Gleiches gilt für solche Förderbeträge, die bereits ausbezahlt wurden (hier allein für die Dachsanierung rund 194.000,- EUR). Da es – wie bereits ausgeführt – für die Frage, ob dem Kläger die Erhaltung des Denkmals zumutbar ist, auf die letzte mündliche Verhandlung ankommt, hätte die Wirtschaftlichkeitsberechnung auch hinsichtlich der zu erwartenden oder bereits ausgezahlten Fördermittel ergänzt werden müssen (vgl. Wirtschaftlichkeitsberechnung S. 11: „2.7. Zuschüsse der öffentlichen Hand – keine“).
78
2.4.4. Von der Zumutbarkeit der Erhaltung des Denkmals ist überdies grundsätzlich – selbst dann, wenn eine objektbezogene Wirtschaftlichkeitsberechnung zu einem negativen Ergebnis gelangt – auszugehen, wenn der Eigentümer nicht substantiiert dargelegt hat, dass er das Denkmal nicht zu einem angemessenen Kaufpreis an einen zur Erhaltung bereiten Käufer veräußern kann (VGH BW, U.v. 22.11.2019 – 1 S 2984/18 – juris Ls. 2 u. Rn. 86). Der Kläger blieb diesen Nachweis schuldig.
79
2.4.4.1. Wenn die Unzumutbarkeit der Erhaltung auf andere Weise ausgeglichen werden kann, etwa durch die Möglichkeit der Veräußerung, fehlt es an der unverhältnismäßigen Eigentumsbeschränkung, die einen Abbruch rechtfertigen würde (OVG NW, U.v. 19.9.2024 – 10 A 1397/22 – juris Rn. 67). Fehlende Verkaufsbemühungen stehen der Berufung auf die wirtschaftliche Unzumutbarkeit der Denkmalerhaltung daher grundsätzlich entgegen, wenn der Eigentümer das Denkmal aus wirtschaftlichen Gründen beseitigen will (OVG NW, U.v. 19.9.2024 – 10 A 1397/22 – juris Rn. 67). Eine Verpflichtung zum Verkauf besteht indes nicht (vgl. OVG NW, U.v. 19.9.2024 – 10 A 1397/22 – juris Rn. 67).
80
Der Nachweis von Verkaufsbemühungen ist allenfalls dann entbehrlich, wenn diese von vornherein hoffnungslos erscheinen, etwa weil der Erhalt des Denkmals von vornherein für jedermann auch unter Berücksichtigung besonderer Affektionsinteressen offensichtlich unwirtschaftlich ist (vgl. BVerwG, B.v. 28.7.2016 – 4 B 12/16 – NVwZ 2017, 641). Der Verkauf erscheint hier nicht i.d.S. von vornherein „hoffnungslos“. Im Gegenteil gab es Interessenten und Kaufangebote (vgl. statt vieler Anlage ASt 18 im Verfahren M 1 S 22.210). Das Gericht ist daher weiterhin der Auffassung, dass es einen Markt für das Objekt gibt und eine Veräußerung nicht bloß eine rein theoretische Möglichkeit darstellt.
81
2.4.4.2. Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass er von seinem Baudenkmal keinen vernünftigen Gebrauch machen und es praktisch auch nicht veräußern kann, trägt der Eigentümer (BVerwG, B.v. 28.7.2016 – 4 B 12/16 – NVwZ 2017, 641). Dies gilt auch dann, wenn die Denkmalschutzbehörde nach Eingang des Antrags auf Erteilung einer denkmalrechtlichen Abbruchgenehmigung keine weiteren Unterlagen nachfordert (OVG RhPf, U.v. 17.6.2015 – 8 A 11062/14 – NVwZ-RR 2015, 843, Ls 1).
82
Welche Darlegungen für das Bestehen einer Verkaufsmöglichkeit gefordert sind, ist eine Frage des Einzelfalls (vgl. BVerwG, B.v. 28.7.2016 – 4 B 12/16 – NVwZ 2017, 641: „entzieht sich rechtsgrundsätzlicher Klärung“). Zum Nachweis der Unverkäuflichkeit, insbesondere gescheiterter Verkaufsbemühungen, genügt eine schriftliche Dokumentation etwaiger Verhandlungen oder die Vorlage von Listen mit Kaufinteressenten jedoch nicht, da sich daraus nicht ergibt, inwieweit das Denkmal zu einem angemessenen Preis angeboten wurde (OVG RhPf, U.v. 17.6.2015 – 8 A 11062/14 – NVwZ-RR 2015, 843; VGH BW, U.v. 22.11.2019 – 1 S 2984/18 – juris Rn. 87). Vorzulegen ist eine an Tatsachen orientierte fachliche Stellungnahme, etwa ein Wertgutachten oder ein vergleichbarer Nachweis. Dies ist erforderlich, um der Denkmalbehörde die Feststellung zu ermöglichen, ob das Denkmal tatsächlich unverkäuflich ist oder ob seine Veräußerung allein an den nicht angemessenen Preisvorstellungen des Eigentümers gescheitert ist, der letztlich auf die lukrativere Verwendung des Grundstücks ohne das Denkmal spekuliert. Bei der Bewertung der Angemessenheit der Preisvorstellungen sind sämtliche Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen (OVG NW, U.v. 19.9.2024 – 10 A 1397/22 – juris Rn. 66 m.w.N.).
83
2.4.4.3. Vorlegend fehlt eine solche, eine an Tatsachen orientierte fachliche Stellungnahme, insbesondere ein aktuelles Verkehrswertgutachten, das als Grundlage für die Bestimmung eines angemessenen Verkaufspreises dienen könnte.
84
Die vom Kläger vorgelegte „Sachwertschätzung“ der „…“ vom 4. August 2021, die von einem Verkehrswert von 1.950.000,- EUR ausgeht, ist bereits deswegen unbrauchbar, weil der Wert des freigelegten Grundstücks ohne das Denkmal ermittelt wurde. Der Eigentümer eines Denkmals kann nicht verlangen, dieses mit denselben Renditeerwartungen zu verwerten wie eine beliebige andere Immobilie (OVG NW, B.v. 22.8.2007 – 10 A 3453/06 – NVwZ-RR 200 8,306, Ls 3). Gleiches gilt für die „Verkehrswertexpertise“ – …, Sachverständiger für Immobilienbewertung – vom 23. Juni 2022 (Anlage ASt 21 zur Beschwerdebegründung vom 11.11.2022), welche „den Denkmalschutz unberücksichtigt“ lässt und den Verkehrswert mit 1.700.000,- EUR ausweist. Das Gutachten … vom 12. Oktober 2014, das den Verkehrswert/Marktwert auf 200.000,- EUR beziffert, kann deswegen nicht herangezogen werden, weil es den Wert zum Stichtag 22. Dezember 2013 ermittelt und mithin nicht aktuell ist. Gleiches gilt für das (im Widerspruch zum Gutachten … stehende) Gutachten … vom 22. März 2017, das den Verkehrswert des Grundstücks zum Stichtag 22. Dezember 2013 auf 530.000,00 EUR beziffert. Laut eigenen Angaben hat der Kläger das Denkmal mit einem Preis von 950.000,- EUR zum aktuellen Bodenpreis in der Denkmalbehörde inseriert (Abbruchantrag S. 11). Ein Nachweis dieses „aktuellen Bodenpreises“ findet sich in den Akten nicht.
85
2.4.4.4. Überdies ist das Gericht zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger das mit dem Denkmal „belastete“ Grundstück schlicht nicht veräußern will. So hat das Inserieren des Denkmals in der Denkmalbörse nach seinen Angaben allein den Zweck, dessen Unverkäuflichkeit zu belegen, nicht jedoch, das Denkmal zu verkaufen (Schriftsatz vom 28.11.2024, Anlage K1, vgl. auch das Protokoll der mündlichen Verhandlung). In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass der Kläger ein Kaufangebot vom 20. Mai 2021 über 1.125.000,- EUR abgelehnt hat.
86
Das Verhalten des Klägers lässt eher darauf schließen, dass dieser zur Verwertung seines Erbes alles daransetzt, entweder durch Nichterfüllung seiner Pflichten als Denkmaleigentümer den Verfall des Gebäudes herbeizuführen und dadurch den Abriss zu erzwingen oder durch bloßes Nichtstun die (Gesamt-)Sanierung des Denkmals durch die öffentliche Hand zu ertrotzen. Der Kläger hat insbesondere jegliche Maßnahmen zum Schutz des Denkmals unterlassen, die ihm – auch in Ansehung seiner geringen Mittel – ohne weiteres möglich waren, etwa das Entrümpeln des Dachraums, um weitere Feuchtigkeitsschäden und Schimmelbildung durch durchfeuchtete Gegenstände zu vermeiden oder das Entfernen von schädigendem Bewuchs (vgl. Gutachten Dr. …, S. 2: „Eine Vielzahl der Räume war nahezu vollständig mit Hausrat verstellt. Das galt insbesondere für das Dachgeschoss“). Dieses Verhalten macht es ebenfalls unmöglich festzustellen, ob das Denkmal tatsächlich unverkäuflich ist oder ob die Veräußerung an den Spekulationen des Eigentümers scheitert. Insoweit kann es keinen Unterschied machen, ob der Eigentümer von einer überzogenen Preisvorstellung getragen wird oder darauf spekuliert, dass die Allgemeinheit sein Denkmal instand setzt.
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2.4.5. Dass die Erhaltung des Denkmals dem Kläger gegenüber aus anderen Gründen unzumutbar ist – dies kann etwa der Fall sein, wenn der Eigentümer ein über wirtschaftliche Belange hinausgehendes schützenswertes Interesse an einer von Anforderungen des Denkmalschutzes unbelasteten Nutzung des Grundstücks hat (vgl. OVG NW, U.v. 19.9.2024 – 10 A 1397/22 – juris Rn. 74 m.w.N.) – ist nicht zu erkennen, auch nicht angesichts dessen, dass der Kläger in dem Denkmal aufgewachsen ist und das Grundstück „für seine Kinder erhalten“ möchte. Der Wunsch, ererbtes Vermögen innerhalb der eigenen Familie weiterzugeben ist nicht dergestalt ungewöhnlich, dass es den Abriss des Denkmals rechtfertigen würde. Es liegen auch darüber hinaus keine Anhaltspunkte für eine atypische Fallgestaltung vor.
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2.5. Obwohl die Voraussetzungen, unter denen die Erlaubnis erteilt werden muss, nicht vorliegen, kann sie gleichwohl nach Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayDSchG erteilt werden. Der Beklagte hat von dem ihm eingeräumtem Erlaubnisermessen jedoch noch keinen Gebrauch gemacht. Der Kläger hat daher einen Anspruch darauf, dass der Beklagte unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts über den Erlaubnisantrag unter Ausübung pflichtgemäßen Ermessens erstmals entscheidet, § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO.
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2.5.1. Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayDSchG ist als präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt ausgestaltet. Wenn die tatbestandliche Versagungsmöglichkeit vorliegt, rechtfertigt dies allein noch nicht die Ablehnung eines Genehmigungsantrags. Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayDSchG eröffnet vielmehr ein Ermessen, ob die denkmalschutzrechtliche Erlaubnis dennoch erteilt oder ob diese aufgrund der Betroffenheit denkmalschutzrechtlicher Belange versagt werden soll. Die Behörde trifft eine rechtsgestaltende Entscheidung, welche die Belange des Denkmalschutzes auf der einen sowie widerstreitende öffentliche Belange und die betroffenen privaten Belange auf der anderen Seite unter Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Vorgaben ausgleichen muss (BayVGH, U.v. 27.9.2007 – 1 B 00.2474 – juris Rn. 87). Diese Abwägung ist nicht dem Tatbestand der Norm zuzuordnen (Eberl/Spennemann, Schindler-Friedrich/Gerstner, Bayerisches Denkmalschutzgesetz, 8. Aufl. 2019, Art. 6 Rn. 29 m.w.N.). Das angerufene Gericht kann die erforderliche Ermessensausübung – schon aufgrund der Gewaltenteilung – daher für den Beklagten weder vornehmen noch diese ersetzen.
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Der Eigentümer hat sofern – wie hier – keine Ermessensreduktion auf Null in Betracht kommt, einen Rechtsanspruch darauf, dass der Beklagte vom Ermessen pflichtgemäß Gebrauch macht (BayVGH, B.v. 23.10.2019 – 15 ZB 18.1275 – juris Rn. 5 m.w.N.; Eberl/Spennemann, Schindler-Friedrich/Gerstner, Bayerisches Denkmalschutzgesetz, 8. Aufl. 2019, Art. 6 Rn. 23 ff.). Nicht tragfähig ist vor diesem Hintergrund die Ansicht des Beklagten, er habe den Anspruch des Klägers auf ermessensgerechte Entscheidung „konkludent“ durch die Anordnung von Sicherheitsmaßnahmen erfüllt bzw. eine solche Entscheidung sei schon deshalb nicht mehr erforderlich, weil der Kläger wisse, dass seinem Anspruch nicht entsprochen werde. Gleiches gilt für den sinngemäßen Vortrag, dass eine weitere Beratung des Klägers durch den Beklagten (Landratsamt und Landesamt) nicht zielführend sei, da dieser aufgrund Mittellosigkeit die geforderten Maßnahmen sowieso nicht umsetzen könne. In diesem Zusammenhang sei der Beklagte an seine gesetzlichen Aufgaben und Pflichten, insbesondere normiert in Art. 5 Satz 5, Art. 11 Abs. 1 Satz 1 und Art. 12 Abs. 2 Satz 3 Nr. 5 BayDSchG erinnert.
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2.5.2. Die vom Kläger eingereichten Nachweise und Belege sind auch nicht dergestalt unvollständig, dass dem Beklagten eine ermessensgerechte Entscheidung nicht möglich wäre.
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Anders als manche Denkmalschutzgesetze weiterer Bundesländer (vgl. etwa § 13a RhPfDSchG, § 19 BbgDSchG) kennt das BayDSchG weder eine Auflistung der erforderlichen Unterlagen, noch – wie etwa die BayBO – eine Rücknahmefiktion. Ministerielle Schreiben (vgl. etwa Bekanntmachung der Bayerischen Staatsministerien des Innern und für Unterricht und Kultus von 27. Juli 1984 – MABl. S. 421, KMBl. I S. 561) oder Urteile können als Arbeits- bzw. Entscheidungshilfe eine gesetzliche Normierung der erforderlichen Unterlagen ebenfalls nicht ersetzen. Wenn im Einzelfall „Unterlagen fehlen“ entbindet dies den Beklagten daher nicht von seiner Pflicht, entsprechend dem in Art. 15 BayDSchG beschriebenen Verfahren vorzugehen und den Antrag zu verbeischeiden.
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Wie bereits ausgeführt, ist die Vorlage von Unterlagen eine Obliegenheit des Eigentümers, der sein Denkmal beseitigen möchte. Auch im Rahmen der Ermessensausübung hat er lediglich einen Anspruch darauf, dass auf Grundlage der von ihm eingereichten Belege eine Entscheidung getroffen wird. Je weitreichender und ausführlicher die Unterlagen sind, desto weitreichender und ausführlicher werden die Ermessenserwägungen sein müssen. Je oberflächlicher und wenig aussagekräftig die Unterlagen sind, desto weniger „Tiefe“ der Ermessensentscheidung kann der Eigentümer beanspruchen. In jedem Fall hat er jedoch einen Anspruch darauf, dass seine privaten Belange, die sich aus den eingereichten Nachweisen ergeben, dem eingeräumten Ermessen entsprechend fehlerfrei gewürdigt werden.
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2.5.3. Im Rahmen der Abwägung wird der Beklagte insbesondere zu berücksichtigen haben, dass das gem. Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Eigentum an einem Baudenkmal zwar einer gesteigerten Sozialbindung unterliegt, der Eigentümer im Gegenzug aber gewissermaßen als Kompensation in bestimmtem Umfang steuerliche und andere finanzielle Förderungen beanspruchen kann (vgl. BayVGH, U.v. 19.12.2013 – 1 B 12.2596 – NJOZ 2014, 832). Bejaht die Denkmalschutzbehörde die Eigenschaft eines Gebäudes als Denkmal, hat sie mithin zu prüfen, ob die Versagung der Zustimmung unverhältnismäßig ist, und gegebenenfalls nach pflichtgemäßem Ermessen darüber zu befinden, ob eine unzumutbare Belastung des Eigentümers durch Zusage entsprechender Zuschüsse auszugleichen ist, ob die Zustimmung wegen nicht ausgleichsfähiger Belastung erteilt wird oder ob von der Möglichkeit der Enteignung Gebrauch gemacht werden soll (VGH BW, U.v. 10.5.1988 – 1 S 1949/87 – NVwZ-RR 1989, 232, Ls. 4; vgl. weiter zu den in die Abwägung einzustellen Punkten: VG Augsburg, U.v. 9.5.2008 – Au 4 K 06.1260 – BeckRS 2008, 44423).
V.
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Die Klage gegen den Bescheid vom 13. Dezember 2021 ist nicht begründet. Die dort angeordneten Sicherungsmaßnahmen mit Nebenentscheidungen sind, soweit sie angefochten sind, rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
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1. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt das Gericht auf die Gründe des Beschlusses vom 7. Juni 2022, M 1 S 22.210, die es sich endgültig zu eigen macht, Bezug (§ 117 Abs. 5 VwGO analog).
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2. Lediglich ergänzend ist festzustellen:
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2.1. Nach Art. 4 Abs. 2 Satz 1 BayDSchG können Eigentümer verpflichtet werden, bestimmte Erhaltungsmaßnahmen im Sinn des Art. 4 Abs. 1 Satz 1 BayDSchG ganz oder zum Teil durchzuführen, soweit ihnen das insbesondere unter Berücksichtigung ihrer sonstigen Aufgaben und Verpflichtungen zumutbar ist. Die angeordneten Erhaltungsmaßnahmen müssen geeignet und erforderlich sein und dürfen daher nicht lediglich unzureichende Maßnahmen umfassen. Sie sind auf das umständehalber Notwendige zu beschränken (BayVGH, B.v. 24.7.2017 – 1 CS 17.843 – juris Rn. 4 m.w.N.).
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Entscheidender Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit ist derjenige der letzten Behördenentscheidung, also der Erlass der Anordnung (Eberl/Spennemann, Schindler-Friedrich/Gerstner, Bayerisches Denkmalschutzgesetz, 8. Aufl. 2019, Art. 4 Rn. 92 m.w.N.). Auf die nachträglichen Entwicklungen, insbesondere die Verteuerungen der Maßnahmen am Dach kommt es daher nicht an, zumal insoweit umfangreiche Zuschüsse gewährt wurden (vgl. das missverständliche Schreiben des Beklagten vom 22.4.2024, wonach „aufgrund der Gesamtbewilligung von Zuwendungen in Höhe von 73.000 EUR die Zumutbarkeit der Sicherungsanordnung vom 13.12.2021 hergestellt sei“). Dies gilt auch bei Berücksichtigung der Asbestproblematik. Dabei handelt es sich um ein sicherheitsrechtliches Problem, das jeden Eigentümer unabhängig von der Denkmaleigenschaft seines Hauses betreffen würde und die daher auf die Rechtmäßigkeit der denkmalrechtlichen Anordnung keinen Einfluss haben kann.
100
Bei den hier in Streit stehenden Anordnungen handelt es sich um auf das Notwendigste beschränkte Sicherungsmaßnahmen. Dies gilt zweifelsfrei für die Anforderung, das Gebäude von Bewuchs freizuhalten (Ziffer 1.5.) und Türen und Fensteröffnungen zu sichern (Ziffer 1.6.), jedoch auch für die Aufbringung einer regendichten Dacheindeckung mit Ableitung des Dachwassers und die substanzschonende Ertüchtigung des Dachtragwerks (Ziffern 1.2. – 1.4.). Die Anforderung „langfristig haltbar“ bzw. „dauerhaft“ an Dacheindeckung und Ertüchtigung des Dachtragwerks kann unter Heranziehung der Bescheidsbegründung, wonach der „bestandsgefährdende Verfall des Gebäudes zu stoppen sei“ bzw. die Maßnahmen der Gewährleistung des Substanzerhalts „für einen überschaubaren Zeitraum“ dienen sollen, gerade noch so ausgelegt werden, dass nur eine Notreparatur und nicht eine Erneuerung von Dach und Dachtragwerk gefordert wird. Die zwischenzeitlich ins Spiel gebrachte „Abplanung“ des Daches ist nach den nachvollziehbaren Ausführungen des Beklagten in der mündlichen Verhandlung nicht geeignet, das Regenwasser (vollständig) abzuleiten, so dass die Geeignetheit und Erforderlichkeit der geforderten Dacheindeckung auch in Ansehung der Möglichkeit einer temporären notsichernden Abplanung nicht in Zweifel zu ziehen ist.
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2.2. Die Anordnungen sind dem Kläger auch wirtschaftlich zumutbar.
102
Für die Bewertung, ob sich die in einer Sicherungsanordnung angeordneten Maßnahmen im Rahmen des Zumutbaren halten, kommt es grundsätzlich nicht darauf an, ob eine Sanierung des Denkmals im Ganzen zum Zwecke der Erhaltung zu unzumutbaren Belastungen führen würde. Maßgeblich ist allein, ob die konkret angeordnete Maßnahme zur vorübergehenden Sicherung des Denkmals vor Gefährdungen als solche zumutbar ist. Die Tatsache, dass ein Abbruchantrag gestellt wurde, hat ferner keinen Einfluss auf die Möglichkeit der Anordnung von Erhaltungsmaßnahmen, denn es kann im Interesse des Gemeinwohlbelanges des Denkmalschutzes und der Erhaltung des Denkmalbestandes nicht hingenommen werden, dass vor oder während eines noch nicht abgeschlossenen Erlaubnisverfahrens, in dem gerade geprüft und geklärt werden muss, ob die Erhaltung des Denkmals zumutbar ist, infolge fehlender vorläufiger Sicherungsmaßnahmen ein Substanzverlust des Denkmals eintritt oder droht (vgl. OVG Hamburg, B.v. 5.7.2022 – 3 Bs 259/21 – juris Rn. 55 m.w.N. u. Ls. 3; Spennemann in: Martin/Krautzberger, Denkmalschutz und Denkmalpflege, 5. Auflage 2022, Teil F. Zumutbarkeit im Denkmalrecht, Rn. 40).
103
Die Darlegungslast für die Unzumutbarkeit der Erhaltungsmaßnahmen liegt beim Eigentümer. Die aus seiner Sicht zur Unzumutbarkeit führenden Aspekte und die dafür erforderlichen Unterlagen kann dieser im Rahmen der Anhörung (Art. 28 BayVwVfG) einbringen (Martin/Krautzberger, Denkmalschutz und Denkmalpflege, 5. Auflage 2022, Teil F. Zumutbarkeit im Denkmalrecht, Rn. 40). Legt der von einer denkmalschutzrechtlichen Maßnahme Betroffene nicht dar, dass die ihm auferlegten Maßnahmen wirtschaftlich nicht zumutbar seien, kommt er seiner Mitwirkungspflicht nicht nach. In einem solchen Fall ist eine Prüfung der wirtschaftlichen Zumutbarkeit im Einzelnen nicht zu erwarten (vgl. BayVGH, B.v. 3.8.2022 – 9 CS 22.1573 – juris Rn 15).
104
Im Rahmen der Anhörung zur Sicherungsmaßnahme – Schreiben vom 15. Juni 2021 und von 2. August 2021 – äußerte sich der Kläger zwar u.a. mit Schreiben vom 10. August 2021. Allerdings ging er in seiner Stellungnahme nur darauf ein, dass ihm der Erhalt des Denkmals im Ganzen wirtschaftlich unzumutbar sei, nicht jedoch auch die angekündigten Sicherungsmaßnahmen. Der Kläger hatte insbesondere selbst Angebote von Dachdeckern eingeholt und beim Beklagten vorgelegt (vgl. etwa Angebot Zimmerei-Holzbau … GmbH vom 3.6.2020 über ca. 55.000,00 EUR), sodass ihm der Kostenrahmen – in Abzug zu bringen wären noch die Kosten, die auf unterlassenen Bauunterhalt sowie auf das ungehinderte Fortwirken von Schadensursachen zurückzuführen sind (vgl. BayVGH, B.v. 23.11.2017 – 1 ZB 17.935 – juris Rn. 8) – bekannt war.
105
Auf das Schreiben des Klägers vom 15. Februar 2023, in dem er darauf hinweist, dass ihm die Mittel für die Dachsanierung fehlen würden, sowie das Schreiben der Bank vom 16. Februar 2023, wonach für Sanierungskosten des Dachs in Höhe von 50.000 EUR kein Kredit gewährt werden könne, kommt es insoweit nicht an, da diese erst nach Anhörung und Anordnung vorgelegt wurden.
106
Soweit der Kläger in seiner Stellungnahme verabsäumt hat, substantiiert darzulegen, dass ihm (auch) die angedrohten Erhaltungsmaßnahmen unzumutbar seien und es ebenso verabsäumt hat, zur (vermeintlichen) Herstellung der Zumutbarkeit um Zuschüsse zu ersuchen, muss er sich dies zurechnen lassen. Das Risiko, dass sich die Unkenntnis der Behörde von Tatsachen, die in die Sphäre des Pflichtigen fallen, zu Lasten des Pflichtigen auswirken, trägt nach der Risikoverteilung des Art. 26 Abs. 2 BayVwVfG der Pflichtige (BayVGH, B.v. 28.10.2021 – 12 BV 20.1243 – juris Rn. 38 m.w.N.). Das Beantragen von Zuschüssen ist zudem eine Obliegenheit des Erhaltungspflichtigen (BayVGH, B.v. 23.11.2017 – 1 ZB 17.935 – juris Rn. 9).
107
2.3. Besondere Umstände, aufgrund derer die angeordneten Notsicherungsmaßnahmen unverhältnismäßig sein könnten, sind nicht ersichtlich. Insbesondere ist das Denkmal – wie bereits ausgeführt – auch nicht offensichtlich nicht mehr erhaltungsfähig bzw. abgängig.
108
2.4. Das auf der Grundlage der Art. 19, 29, 31, 36 VwZVG angedrohte Zwangsgeld (Ziff. 3) ist nicht zu beanstanden. Dies gilt insbesondere für die Höhe, welche mit 3.000,- EUR je Handlungspflicht eher moderat bemessen ist, Art. 31 Abs. 2 VwZVG. Auch die Fristsetzung – diese wurde mehrfach verlängert, zuletzt mit Schreiben vom 22. April 2024 bis zum 31. September 2024 – begegnet insbesondere angesichts der Wertigkeit des Denkmals und der massiven Schädigung im Dachbereich mit der damit einhergehenden Gefahr des Verlusts denkmalwerter Substanz keinen Bedenken, Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZG. Soweit im Bescheid die missverständliche Formulierung „wird ein Zwangsgeld angedroht und festgesetzt“ verwendet wurde, ist diese unter Heranziehung der Bescheidsbegründung der Auslegung zugänglich. Dort wird klargestellt, dass das Zwangsgeld entsprechend Art. 36 Abs. 1 Satz 1 VwZVG lediglich angedroht wird und erst beigetrieben werden kann, wenn es fällig wird. Überdies wird ein Zwangsgeld durch Fristablauf fällig, einer weiteren „Festsetzung“ bedarf es hierfür nicht (Art. 23 VwZVG).
VI.
109
Der Hilfsantrag, den Beklagten zu verpflichtet, dem Kläger ein zumutbares und wirtschaftliches Nutzungskonzept für das Gebäude aufzuzeigen, soll bei verständiger Würdigung des Klageziels, § 88 VwGO, nur für den Fall gestellt sein, dass die Verpflichtungsklage vollumfänglich abgewiesen wird. Dies ist nicht der Fall.
110
Lediglich klarstellend ist anzumerken, dass es gerade wegen der Privatnützigkeit des Eigentums Sache des Eigentümers ist, ein Nutzungskonzept für das Denkmal zu entwickeln und auf seine Realisierbarkeit zu prüfen, und sich nicht ein solches Konzept von der Denkmalbehörde vorgeben zu lassen (VGH BW, U.v. 22.11.2019 – 1 S 2984/18 – juris Rn. 68 m.w.N.). Überdies findet sich bereits in der Stellungnahme des Landesamts vom 7. Februar 2014 eine Passage, wonach „die vorhandenen Einbauten für Ladengeschäfte eine Nutzung als Einfamilienhaus mit nicht störendem Gewerbe als gut mit der Bausubstanz vereinbar erscheinen lassen“.
VII.
111
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 161 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 VwGO.
112
Für den übereinstimmend für erledigt erklärten Teil entsprach es der Billigkeit, dass der Kläger auch diese Kosten trägt, da er insoweit voraussichtlich im Rechtsstreit unterlegen wäre.
113
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.