Titel:
Zweitwohnungsteuer, Leerstand, Vorhalten für persönliche Lebensführung
Normenketten:
Zweitwohnungsteuersatzung der Gemeinde B. W. vom 16. März 2018
Zweitwohnungsteuersatzung der Gemeinde B. W. vom 22. Februar 2019
VwGO § 84
Schlagworte:
Zweitwohnungsteuer, Leerstand, Vorhalten für persönliche Lebensführung
Fundstelle:
BeckRS 2025, 10976
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
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Die Kläger wenden sich gegen die Heranziehung zur Zweitwohnungsteuer für eine Eigentumswohnung im Gemeindegebiet der Beklagten.
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Die Beklagte erhebt aufgrund ihrer Satzung über die Erhebung einer Zweitwohungsteuer (Zweitwohnungsteuersatzung – ZwStS) vom 19. Februar 2019 im Gemeindegebiet eine Zweitwohungsteuer als örtliche Aufwandsteuer. Zweitwohnung ist danach jede Wohnung im Gemeindegebiet, die eine Person, die in einem anderen Gebäude ihre Hauptwohnung hat, zu ihrer persönlichen Lebensführung oder der ihrer Familienangehörigen innehat (§ 2 ZwStS). Die Steuer wird nach dem jährlichen Mietaufwand berechnet (§ 4 Abs. 1 Satz 1 ZwStS). Für Wohnungen, die im Eigentum des Steuerpflichtigen stehen oder die dem Steuerpflichtigen unentgeltlich oder zu einem Entgelt unterhalb der ortsüblichen Miete überlassen sind, ist die Nettokaltmiete in der ortsüblichen Höhe anzusetzen. Sie wird von der Beklagten in Anlehnung an die Nettokaltmiete geschätzt, die für Räume gleicher oder ähnlicher Lage, Art und Ausstattung regelmäßig gezahlt wird (§ 4 Abs. 3 ZwStS). Die Steuer beträgt jährlich 20% der Bemessungsgrundlage (Jahresnettokaltmiete – § 5 Abs. 1 ZwStS). Bis zum 31. März 2019 betrug die Steuer jährlich 12% der Bemessungsgrundlage (Satzung über die Erhebung einer Zweitwohnungsteuer vom 16. März 2018).
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Die Wohnung der Kläger befindet sich in der A-Straße 14. Es handelt sich um eine Zwei-Zimmer-Wohnung mit einer Größe von 61,57 m². Die Wohnung wurde vom Vater des Klägers zu 1. bewohnt und von den Klägern an diesen vermietet. Dieser zog krankheitsbedingt im Jahr 2015 in eine Pflegeeinrichtung um und wurde zum 26. Oktober 2015 abgemeldet. Bis zum 1. Januar 2017 war dort auch die Lebenspartnerin des Vaters mit Hauptwohnsitz gemeldet. Mit Maklervertrag vom 26. April 2022 wurde die Wohnung über einen Makler zum Verkauf angeboten. Zum 22. Mai 2023 erfolgte eine Verkaufsmitteilung durch das zuständige Finanzamt. Der notarielle Kaufvertrag datiert auf den 4. Januar 2023. Die Übergabe der Wohnung fand am 26. März 2023 statt. Die Eigentumsumschreibung erfolgte zum 1. Januar 2024.
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Unter dem 23. Januar 2018 übersandte die Beklagte dem Kläger zu 1. das Formblatt zur Steuererklärung zur Zweitwohnungsteuer. Der Kläger zu 1. teilte am 15. Februar 2018 mit, dass er die Wohnung verkaufen wolle. Am 26. Juli 2018 teilte der Kläger zu 1. mit, dass er die Wohnung in ein bis zwei Monaten verkaufe. Am 29. November 2018 teilte er schließlich telefonisch mit, dass seine Schwägerin Anfang 2019 die Wohnung kaufe.
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Mit Bescheid vom 12. Juli 2022 setzte die Beklagte für die streitgegenständliche Wohnung Zweitwohnungsteuer für das Jahr 2019 mit einen Gesamtbetrag von 2.337,12 Euro (für den Zeitraum vom 1.1.2019 bis 31.3.2019 einen Betrag von 389,52 Euro und für den Zeitraum vom 1.4.2019 bis 31.12.2029 einen Betrag von 1.947,60 Euro) sowie für das Jahr 2020 sowie die Folgejahre jeweils einen Betrag von 2.596,80 Euro fest. Als jährliche Nettokaltmiete wurde ein Betrag von 12.984,- Euro angesetzt. Nach dem beigelegten Berechnungsblatt wurde als erzielbarer Mietpreis pro Monat je Quadratmeter Wohnfläche ein Betrag von 10,82 Euro geschätzt und eine Wohnfläche von 100 m² zugrunde gelegt.
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Mit Schreiben vom 12. August 2022 erhob der Kläger zu 1. durch seine Bevollmächtigen Widerspruch. Seit dem Auszug des Vaters im Jahr 2015 werde die Wohnung nicht für die persönliche Lebensführung des Klägers zu 1. oder eines Familienangehörigen genutzt. Vielmehr sei die Wohnung leer gestanden und stehe zum Verkauf. Seit dem 26. April 2022 sei ein Makler beauftragt. Zudem habe die Wohnung nur eine Wohnfläche von 61,57 m² und nicht von 100 m². Zum Nachweis, dass die Wohnung ab 2015 unbewohnt war, legte der Kläger in der Folge Nebenkostenabrechnungen für Strom, Warmwasser und Heizung für die Jahre 2015 bis 2021 vor, woraus sich ein deutlicher Rückgang des Verbrauchs ab 2017 ergibt.
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Mit erstem Änderungsbescheid vom 13. September 2022 setzte die Beklagte für die streitgegenständliche Wohnung Zweitwohnungsteuer für das Jahr 2019 in Höhe von 1.494,82 Euro sowie für die Jahre 2020 bis 2022 in Höhe von jeweils 1.660,91 Euro fest. Berücksichtigt wurde insoweit die mitgeteilte Wohnfläche von 61,57 m². Als jährliche Nettokaltmiete wurde ein Betrag von 8.304,56 Euro angesetzt. Nach dem beigelegten Berechnungsblatt wurde als erzielbarer Mietpreis pro Monat je Quadratmeter Wohnfläche ein Betrag von 11,24 Euro geschätzt und eine Wohnfläche von 61,57 m² zugrunde gelegt.
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Mit zweitem Änderungsbescheid vom 24. November 2022 setzte die Beklagte für die streitgegenständliche Wohnung Zweitwohnungsteuer für den Zeitraum vom 1. Januar 2022 bis 30. April 2022 auf 553,64 Euro fest. Berücksichtigt sei der Maklervertrag vom 26. April 2022.
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Mit weiterem Bescheid vom 24. November 2022 setzte die Beklagte für die streitgegenständliche Wohnung Zweitwohnungsteuer für den Zeitraum vom 1. Januar 2018 bis 31. Dezember 2018 auf 996,55 Euro fest.
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Adressat aller Bescheide der Beklagten war ausschließlich der Kläger zu 1., der in allen Bescheiden als Steuerschuldner benannt wird. Die Klägerin zu 2. wird lediglich als Miteigentümerin benannt.
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Mit Widerspruchsbescheid vom 25. Juli 2024, zugestellt gegen Empfangsbekenntnis am 29. Juli 2024, wies das Landratsamt M. den Widerspruch der Kläger zurück, soweit ihm nicht bereits durch die Änderungsbescheide abgeholfen wurde. Zwar sei der Leerstand ab 2017 nachgewiesen, jedoch müssten weitere objektive Umstände vorliegen. Dies sei erst mit der Vorlage des Maklervertrags vom 26. April 2022 gegeben. Ab diesem Zeitpunkt könne von einer reinen Kapitalanlage ausgegangen werden. Bis dahin sei der Beklagten lediglich fernmündlich eine Verkaufsabsicht mitgeteilt worden. Belege wie Zeitungsinserate, Auftritte in Internetportalen oder ähnliches seien nicht vorgelegt worden. Auch eigene Recherchen der Beklagten hätten keine Belege für eine Verkaufsabsicht ergeben.
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Mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 29. August 2024 erhoben die Kläger Klage zum Verwaltungsgericht München und beantragen,
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den Heranziehungsbescheid der Beklagten vom 12. Juli 2022 nebst der Änderungsbescheide vom 13. September 2022 und 24. November 2022 sowie den Bescheid vom 24. November 2022 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. Juli 2024 aufzuheben.
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Zur Begründung führen die Kläger aus, es bestünden ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Heranziehungsbescheids. Es habe sich nach dem Auszug des Vaters um eine reine Kapitalanlage gehandelt. Die Wohnung habe nie der persönlichen Lebensführung gedient. Der Kläger zu 1. habe zunächst versucht, die Wohnung auf privatem Weg zu verkaufen. Dies sei trotz dreier Interessenten nicht gelungen. Die Beklagte habe dazu nie die benannten Kaufinteressenten befragt.
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Die Beklagte beantragt,
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Zur Begründung wird ausgeführt, die Klage sei unbegründet. Die Kläger verkennen, dass es bei der Abgrenzung von privater Lebensführung und reiner Kapitalanlage nicht auf ihre unüberprüfbare, innere Absicht ankomme, sondern auch insoweit der Verwendungszweck auf der Grundlage objektiver, nach außen in Erscheinung tretender, verfestigter und von Dritten nachprüfbarer Umstände im jeweiligen Einzelfall zu beurteilen sei. Dazu werde es regelmäßig erforderlich sein, einen Maklervertrag abzuschließen und die Eigennutzungsmöglichkeit der Wohnung gleichzeitig auszuschließen. Die Benennung dreier Kaufinteressenten genüge bei Weitem nicht, um den Nachweis einer reinen Kapitalanlage zu erbringen. Die eidesstattliche Versicherung des Klägers zu 1. sei bereits in zeitlicher Hinsicht völlig unbestimmt, da aus ihr nicht hervorgehe, wann die drei genannten Besichtigungen durchgeführt worden seien. Systematische, ernsthafte und langandauernde Verkaufsbemühungen könnten durch solche, sporadischen Verkaufsbemühungen nicht nachgewiesen werden.
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Mit Schriftsatz vom 3. September 2024 (Az. M 10 S 24.5328) beantragten die Kläger zudem die Anordnung der aufschiebenden Wirkung. Mit Beschluss vom 27. November 2024 hat das Gericht den Antrag abgelehnt. Beschwerde wurde nicht erhoben.
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Mit Beschluss vom 10. Februar 2025 hat das Gericht das Verfahren auf den Einzelrichter übertragen. Mit gerichtlichen Schreiben vom 11. Februar 2025 wurden die Beteiligten zum Erlass eines Gerichtsbescheids angehört. Mit Schriftsatz vom 12. Februar 2025 erklärte sich die Beklagte mit dem Erlass eines Gerichtsbescheids einverstanden. Die Kläger äußerten sich mit Schriftsatz vom 4. April 2025 inhaltlich nochmals zur Sache.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte, die Gerichtsakte im Eilverfahren (Az. M 10 S 24.5328) sowie die vorgelegte Behördenakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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1. Über die Klage konnte nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 84 VwGO ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entschieden werden, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist.
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2. Die Klage bleibt ohne Erfolg.
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a) Es bestehen Zweifel an der Zulässigkeit der Klage der Klägerin zu 2.. Diese war nicht Adressatin der vier Bescheide der Beklagten vom 12. Juli 2022, 13. September 2022 und 24. November 2022. Sowohl im Adressfeld als auch im Bescheid selbst ist lediglich der Kläger zu 1. als Steuerschuldner genannt. Die Bescheide enthalten zudem den Satz „Dieser Bescheid ergeht an den vorgenannten Steuerschuldner als Miteigentümer“. Weiterhin wird die Klägerin zu 2. unter „weitere Miteigentümer“ aufgeführt. Erst im Rahmen des Widerspruchsverfahrens wurde auch die Klägerin zu 2. Als Adressatin des Widerspruchsbescheids genannt, obwohl nur der Kläger zu 1. Widerspruch erhoben hat. Da die Klägerin zu 2. aber nicht Adressatin der ergangenen Ausgangsbescheide war, stellt sich die Frage ihrer Klagebefugnis, da eine Rechtsverletzung nicht möglich erscheint.
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b) Die Zulässigkeit der Klage der Klägerin zu 2. kann jedoch dahinstehen, da die Klage jedenfalls unbegründet ist. Der angefochtene Bescheid vom 12. Juli 2022 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 13. September 2022 und 24. November 2022 sowie der Bescheid vom 24. November 2022 – jeweils – in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. Juli 2024 sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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Das Innehaben einer weiteren Wohnung für den persönlichen Lebensbedarf (Zweitwohnung) neben der Hauptwohnung ist ein besonderer Aufwand, der gewöhnlich die Verwendung von finanziellen Mitteln erfordert und in der Regel wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zum Ausdruck bringt. Das nach dem Aufwandsbegriff im Sinn des Art. 105 Abs. 2a GG gebotene Innehaben einer weiteren Wohnung für die persönliche Lebensführung setzt eine dahingehende Bestimmung des Verwendungszwecks der Zweitwohnung voraus (vgl. BVerwG, U.v. 10.10.1995 – 8 C 40.93 – BVerwGE 99, 303). Demzufolge liegt eine steuerbare Zweitwohnung dann nicht vor, wenn sie nach dem Verwendungszweck nicht der persönlichen Lebensführung dient, sondern der reinen Geld- oder Vermögensanlage in der Form des Immobiliarbesitzes (vgl. BVerwG, U.v. 26.7.1979 – 7 C 12.77 – juris; U.v. 10.10.1995 – 8 C 40.93 – BVerwGE 99, 303). Die Antragsgegnerin nimmt insoweit zutreffend an, dass für die im Ausgangspunkt subjektive Bestimmung des Verwendungszwecks der Zweitwohnung nicht die – unüberprüfbare – innere Absicht des Zweitwohnungsinhabers maßgeblich ist, sondern dass diese innere Tatsache nur auf der Grundlage objektiver, nach außen in Erscheinung tretender, verfestigter und von Dritten nachprüfbarer Umstände im jeweiligen Einzelfall zu beurteilen ist (vgl. BVerwG, U.v. 10.10.1995 – 8 C 40.93 – BVerwGE 99, 303; U.v. 15.10.2014 – 9 C 5.13 – juris).
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Eine Gemeinde darf an das Innehaben einer Zweitwohnung bei bestehendem Nutzungsrecht und der offen gehaltenen Nutzungsmöglichkeit grundsätzlich zunächst die Vermutung knüpfen, dass die Wohnung zumindest auch für Zwecke der persönlichen Lebensführung vorgehalten wird. Es ist gerade der Leerstand der Zweitwohnung trotz rechtlich bestehender Nutzungsmöglichkeit, der in der Regel auf die der Besteuerung zugrundeliegende Leistungsfähigkeit des Wohnungsinhabers schließen lässt (vgl. BVerwG, U.v. 27.10.2004 – 10 C 2.04 – juris; U.v. 15.10.2014 – 9 C 5.13 – juris). Dies gilt, solange der Zweitwohnungsinhaber keine objektiven Umstände vorträgt, die diese Vermutung erschüttern. Hierfür genügt einerseits nicht die bloße Behauptung, die Zweitwohnung nicht zu nutzen und auch künftig nicht zum Wohnen nutzen zu wollen. Andererseits steht der fehlende vertragliche Ausschluss einer objektiven Eigennutzungsmöglichkeit allein der Annahme einer reinen Kapitalanlage nicht entgegen (vgl. BVerwG, U.v. 26.9.2001 – 9 C 1.01 – BVerwGE 115, 165). Auch in einem solchen Fall muss dem Wohnungsinhaber der Nachweis gestattet sein, dass seine Wohnung entgegen einer möglicherweise zunächst begründeten Vermutung nicht der persönlichen Lebensführung dient (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss v. 29.6.1995 – 1 BvR 1800/94, 1 BvR 2480/94 – NVwZ 1996, 57; BVerwG, U.v. 10.10.1995 – 8 C 40.93 – BVerwGE 99, 303). Dieser Nachweis kann nicht nur dadurch geführt werden, dass die Wohnung mehr oder weniger regelmäßig vermietet wird. Die Kapitalanlageabsicht kann sich auch aus anderen Umständen ergeben. Es kommt deshalb auf eine umfassende Würdigung aller objektiven Umstände des Einzelfalles an (vgl. BVerwG, U.v.10.10.1995 – 8 C 40.93 – BVerwGE 99, 303; U.v. 27.10.2004 – 10 C 2.04 – juris). Die von einem Zweitwohnungsinhaber vorgetragene Absicht, die Wohnung nur aus Kapitalanlagegründen vorzuhalten, erfordert einerseits eine in die Zukunft gerichtete Beurteilung. Andererseits können aber die Verhältnisse vergangener Veranlagungszeiträume wichtige Anhaltspunkte bieten und die behaupteten Tatsachen plausibilisieren (vgl. BVerwG, U.v.10.10.1995 – 8 C 40.93 – BVerwGE 99, 303). Dabei dürfen die Anforderungen an die Darlegung der Kapitalanlageabsicht nicht überspannt werden, denn die Erhebung einer Aufwandsteuer stellt keine Sanktion für fehlende Vermietung oder eine unwirtschaftliche Kapitalanlage dar, sondern eine Besteuerung eines bestimmten, persönlichen Wohnzwecken dienenden Aufwands.
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Die bloße Behauptung eines Zweitwohnungsinhabers, die Wohnung weder selbst noch für seine Familie nutzen und auch künftig nicht zum Wohnen nutzen zu wollen, reicht als bloße Äußerung einer subjektiven Vorstellung grundsätzlich nicht aus, die Vermutung des Vorhaltens für die persönliche Lebensführung zu erschüttern (vgl. BVerwG, U.v. 15.10.2024 – 9 C 6.13 – juris). Dabei kann ein mehrjähriger Leerstand, der durch Verbrauchsabrechnungen für Strom, Wasser oder Heizung nachgewiesen wird, einen solchen objektiven Anhaltspunkt darstellen, der einen wichtigen Anhaltspunkt auch für das Verhalten in der Zukunft bietet (vgl. BVerwG, U.v. 15.10.2024 – 9 C 6.13 – juris). Ein (einzelner) ganzjähriger Leerstand ohne das Hinzutreten weiterer objektiver Umstände reicht jedoch nicht zur Widerlegung der Vermutung aus, die Wohnung werde zu Zwecken der persönlichen Lebensführung vorhgehalten (vgl. BayVGH, U.v. 22.6.2007 – 4 BV 06.2954 – BayVBl 2007, 724; U.v. 27.6.2013 – 4 B 12.2270 – juris). Fügen sich hingegen mehrere, objektiv nachprüfbare Umstände zu einer in sich widerspruchsfreien Gesamtschau, kann diese Vermutung bei einem nachgewiesenen Leerstand erschüttert werden.
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Ein weiterer, objektiv nachprüfbarer Umstand, der im Rahmen einer Gesamtschau zu berücksichtigen ist, ist eine bestehende Verkaufsabsicht (vgl. auch BVerwG, U.v. 15.10.2014 – 9 C 5.13 – juris). Diese wurde vorliegend von den Klägern zwar pauschal vorgetragen, aber nicht weiter detailliert. Verkaufsanzeigen in Tageszeitungen oder Online-Portalen wurden ebenso wenig vorgelegt wie ein Maklervertrag, obwohl die Beklagte und auch die Widerspruchsbehörde dazu mehrfach aufforderten. Dies ist insbesondere deshalb erforderlich, weil der Leerstand von Anfang 2017 bis Anfang 2023 andauerte. Ein Maklervertrag wurde erst am 26. April 2022 abgeschlossen und die Wohnung innerhalb von weniger als einem Jahr verkauft. Für den Zeitraum ab dem 1. Januar 2017 bis zum 26. April 2022 wurden der Leerstand und auch die Verkaufsabsichten hingegen nicht hinreichend dargelegt. Benannt wurden lediglich drei Kaufinteressenten mit Namen und Kontakttelefonnummer. Weitere Ausführungen oder gar zeitliche Angaben, wann diese Verkaufsverhandlungen liefen, erfolgten zunächst nicht. In der letzten Stellungnahme der Kläger im gerichtlichen Verfahren (vgl. Schriftsatz vom 4.4.2025) werden weiterhin nur vage Zeitangaben getätigt. So heißt es nun, dass im Jahr 2019 die Wohnung zwei namentlich benannten Interessenten und im späten Frühjahr 2020 einem dritten namentlich benannten Interessenten angeboten worden sei. Hinsichtlich des weiteren Jahre von 2020 bis 2022 wird lediglich auf die Corona-Pandemie sowie sinkende Kaufpreise verwiesen. Für den Nachweis der bestehenden Verkaufsabsicht ist jedoch der Zweitwohnungsinhaber darlegungs- und beweispflichtig. Es ist weder Aufgabe der Behörde noch des Gerichts die genannten Kaufinteressenten zu kontaktieren und selbst weiter zu ermitteln, solange kein schlüssiger Vortrag von Seiten des Zweitwohnungsinhabers vorliegt. Die Behörde ist zwar nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 a) cc) ccc) KAG i.V.m. § 88 Abs. 1 Satz 1 AO grundsätzlich verpflichtet, den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln. Die Ermittlungspflicht bestimmt sich jedoch nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 a) cc) ccc) KAG i.V.m. § 88 Abs. 2 Satz 1 AO hinsichtlich Art und Umfang der Ermittlungen nach den Umständen des Einzelfalls sowie nach den Grundsätzen der Gleichmäßigkeit, Gesetzmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit. Nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 a) cc) ccc) KAG i.V.m. § 88 Abs. 2 Satz 2 AO kann die Behörde bei der Entscheidung über Art und Umfang der Ermittlungen allgemeine Erfahrungen sowie die Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit berücksichtigen. Den Steuerschuldner trifft daher auch eine Mitwirkungspflicht durch Darlegung eines schlüssigen Sachverhalts, um unwirtschaftliche Ermittlungen möglichst zu vermeiden. Gerade im Rahmen einer Massenverwaltung, wie die der Steuerverwaltung, sind umfangreiche eigenständige Ermittlungstätigkeiten der Behörde wie die von den Klägern genannte Kontaktierung der Kaufinteressenten, deren Namen und Kontaktdaten bis heute nicht vollständig übermittelt worden, in der Regel nicht wirtschaftlich. Eine substantiierte Darlegung der Verkaufsabsichten erfolgte auch jetzt durch den weiteren Schriftsatz vom 4. April 2025 nicht, dies obwohl sowohl die beteiligten Behörden als auch das Gericht im Eilverfahren mehrfach darauf hingewiesen haben. Zwar werden nun zu den privaten Verkaufsabsichten „Daten“ benannt, die sich jedoch auf die Nennung von Jahreszahlen beschränken. Weiterhin wird nur pauschal auf die Corona Pandemie und sinkende Kaufpreise verwiesen. Anders als im Verfahren des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. U.v. 15.10.2014 – 9 C 5.13 – juris; vorgehend BayVGH, U.v. 27.6.2013 – 4 B 13.592 – juris und VG München, U.v. 19.4.2012 – M 10 K 11.4145 – juris), wo der Leerstand und die fehlenden Verkaufsbemühungen in dieser Zeit bedingt waren durch einen Rechtsstreit der Wohnungseigentümergemeinschaft betreffend Baumängel, fehlt im vorliegenden Fall gerade ein schlüssiger Vortrag des Zweitwohnungsinhabers hinsichtlich des über fünf Jahre andauernden Leerstands und der in dieser Zeit getätigten Verkaufsbemühungen oder sonstigen Gründe.
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Nach Würdigung aller nachprüfbarer Gesamtumstände des vorliegenden Einzelfalls kann daher die Vermutung, dass die Kläger die Wohnung zur persönlichen Lebensführung vorhielten, vorliegend im Klageverfahren nicht erschüttert werden. Mit Vorlage des Maklervertrags vom 26. April 2022 hat die Beklagte den Bescheid für das Jahr 2022 (Bescheid vom 12.7.2022 in der Fassung vom 13.9.2022) mit Bescheid vom 24. November 2022 abgeändert und auf den Zeitraum vom 1. Januar 2022 bis 30. April 2022 beschränkt und diesen neuen, objektiven Umstand berücksichtigt.
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3. Die Kostentragung ergibt sich aus § 84 Abs. 1 Satz 3, § 154 Abs. 1, § 159 Satz 2 VwGO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.