Inhalt

LArbG Nürnberg, Beschluss v. 02.01.2025 – 2 Ta 90/24
Titel:

Gegenstandswert eines (betriebsverfassungsrechtlichen) Statusverfahrens

Normenketten:
RVG § 23, § 33
BetrVG § 5 Abs. 3, § 99, § 100, § 101
Leitsätze:
Wird um den betriebsverfassungsrechtlichen Status eines bestimmten Arbeitnehmers gestritten, ist das Begehren des Betriebsrats weder auf Geld noch auf eine geldwerte Leistung gerichtet. Es hat keinen vermögensrechtlichen Charakter. Ein solches Statusverfahren ist regelmäßig mit dem Hilfswert des § 23 Abs. 3 Satz 2, 2. Halbsatz RVG zu bewerten (vgl. II.16 Streitwertkatalog für die Arbeitsgerichtsbarkeit vom 01.02.2024). (Rn. 12)
In Beschlussverfahren zur Einstellung nach § 99, § 100 und 101 BetrVG spielen weder die Wirksamkeit des Arbeitsvertrags noch die Höhe des vereinbarten Gehalts eine Rolle. Es handelt sich vielmehr um nichtvermögensrechtliche Streitigkeiten, sodass eine Wertfestsetzung nach Maßgabe des Hilfswerts des § 23 Abs. 3 S. 2 RVG gegenüber einer Wertfestsetzung nach § 42 Abs. 2 S. 1 GKG vorzugswürdig erscheint (Anschluss an LAG München BeckRS 2023, 37753 Rn. 13 mwN; s. auch LAG Nürnberg BeckRS 2021, 3077). (Rn. 11) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Statusverfahren, Gegenstandswert, leitender Angestellter, Betriebsrat
Vorinstanz:
ArbG Nürnberg, Beschluss vom 18.11.2024 – 7 BV 245/23
Fundstellen:
NZA-RR 2025, 282
FDArbR 2025, 001067
BeckRS 2025, 1067

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellervertreters gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 18.11.2024, Az. 7 BV 245/23, wird zurückgewiesen.

Gründe

A.
1
Der Vertreter des Antragstellers wendet sich mit seiner Beschwerde vom 03.12.2024 gegen die Festsetzung des Gegenstandswerts mit Beschluss vom 18.11.2024, zugestellt am 19.11.2024, auf 10.000,- €.
2
Der Antragssteller begehrte mit dem Antrag zu 1), die personelle Maßnahme der Einstellung des Beteiligten zu 3) aufzuheben. Mit dem Antrag zu 2) begehrte der Antragssteller die Feststellung, dass der Beteiligte zu 3) nicht leitender Angestellter im Sinne des § 5 Abs. 3 BetrVG ist.
3
Auf Antrag des Antragsstellers wurde das Verfahren mit Beschluss vom 10.10.2024 eingestellt.
4
Der Beschwerdeführer hält den Gegenstandswert für zu niedrig bemessen. Gerechtfertigt sei hier ein Wert in Höhe von 30.000,00 €. Es handele sich um eine nichtvermögensrechtliche Streitigkeit. Entscheidend für die Festsetzung des Gebührenstreitwerts seien die Aspekte des Einzelfalls gemäß Ziff. II.14.1 des Streitwertkatalogs für die Arbeitsgerichtsbarkeit. Anhaltspunkt sei dabei der Hilfswert gem. § 23 III 2 RVG 5.000,- € (Ziff. II.14.2.1 Streitwertkatalog für die Arbeitsgerichtsbarkeit), andererseits der 2-fache Monatsverdienst des Arbeitnehmers, § 42 II GKG (Ziff. II.14.2.2 Streitwertkatalog für die Arbeitsgerichtsbarkeit). Da vorliegend der Beteiligte zu 3 als Senior Vice President für die Leitung des Bereichs „Global Consumer Experience and E-Commerce“ der F.-Gesellschaften mehrerer Länder zuständig war, sei davon auszugehen, dass sein Gehalt über 5.000,- € im Monat gelegen haben dürfte, wohl bei 15.000,- € im Monat. Es ergebe sich daher gemäß § 42 II 1 GKG i.V.m. Ziff. II.14.2.2 Streitwertkatalog für die Arbeitsgerichtsbarkeit ein Gebührenstreitwert in Höhe von 30.000,- €.
5
Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 06.12.2024 nicht abgeholfen und das Verfahren dem Landesarbeitsgericht Nürnberg zur Entscheidung vorgelegt. Das Arbeitsgericht ist in Anlehnung an die Empfehlungen in II.14.2.1 und II.16. des Streitwertkatalogs für die Arbeitsgerichtsbarkeit bei einer Bewertung der beiden Anträge von jeweils 5.000,- € geblieben. Wegen der Einzelheiten wird auf die ausführliche Begründung im Nichtabhilfebeschluss Bezug genommen.
6
Das Landesarbeitsgericht räumte den Beteiligten eine Frist zur Stellungnahme bis 30.12.2024 ein. Soweit Stellungnahmen erfolgt sind, wird auf diese verwiesen.
B.
7
I. Die Beschwerde des Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers ist zulässig.
8
Gegen einen Beschluss, durch den der Gegenstandswert für die anwaltliche Tätigkeit gemäß § 33 Abs. 1 RVG festgesetzt worden ist, findet gemäß § 33 Abs. 3 Satz 1 RVG eine Beschwerde dann statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,- € übersteigt. Dies ist hier der Fall, denn bereits die einfache Gebührendifferenz nach Anlage 2 zum RVG beläuft sich auf 341,- €. Die Beschwerde ist auch innerhalb von zwei Wochen nach Zuleitung des angegriffenen Beschlusses beim Erstgericht eingegangen, § 33 Abs. 3 Satz 3 RVG. Dem Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers steht ein eigenes Beschwerderecht zu, § 33 Abs. 3 Satz 1 iVm Abs. 2 Satz 2 RVG.
9
II. Die Beschwerde ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat den Gegenstandswert zu Recht auf insgesamt 10.000,- € festgesetzt. Das Landesarbeitsgericht nimmt daher Bezug auf die ausführlichen und zutreffenden Gründe im Nichtabhilfebeschluss und macht sich diese zu eigen. Im Hinblick auf die Ausführungen des Beschwerdeführers im Beschwerdeverfahren sind lediglich noch folgende Ergänzungen veranlasst:
10
1. Die seit 01.01.2020 für Streitwertbeschwerden allein zuständige Kammer 2 des Landesarbeitsgerichts Nürnberg folgt grundsätzlich den Vorschlägen der auf Ebene der Landesarbeitsgerichte eingerichteten Streitwertkommission. Diese sind im jeweils aktuellen Streitwertkatalog für die Arbeitsgerichtsbarkeit niedergelegt (derzeitige Fassung vom 01.02.2024, NZA 2024, 308). Im Gegensatz zur Auffassung des Beschwerdeführers ist die Streitwertkommission aber kein „Normgeber“. Der Streitwertkatalog entfaltet daher keine Bindungswirkung. Er stellt aber aus Sicht des erkennenden Gerichts eine ausgewogene mit den gesetzlichen Vorgaben übereinstimmende Orientierung für die Arbeitsgerichte dar.
11
2. Den Wert des Antrags zu 1 auf Aufhebung der Einstellung des Beteiligten zu 3 hat das Arbeitsgericht zutreffend mit 5.000,- € entsprechend der Empfehlungen in Ziff. II. 14.6.1 iVm 14.2.1 des Streitwertkatalogs bewertet. Nach ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammer handelt es sich um eine nichtvermögensrechtliche Streitigkeit, bei dessen Bewertung vom Hilfswert des § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG und nicht vom zu zahlenden Entgelt auszugehen ist (z.B. LAG Nürnberg 18.01.2021 – 2 Ta 154/20 – Rn 11 mwN, juris; ebenso LAG München 12.12.2023 – 3 Ta 220/23 – juris). Die Beschwerdekammer folgt somit dem Bewertungsvorschlag unter II.14.2.1 des Streitwertkatalogs und nicht dem Alternativvorschlag („oder“) unter II.14.2.2 des Streitwertkatalogs. In den Beschlussverfahren zur Einstellung nach §§ 99, 100 und 101 BetrVG spielen nämlich weder die Wirksamkeit des Arbeitsvertrags noch die Höhe des vereinbarten Gehalts eine Rolle. Es handelt sich vielmehr um eine nichtvermögensrechtliche Streitigkeit, sodass eine Wertfestsetzung nach Maßgabe des Hilfswerts des § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG gegenüber einer Wertfestsetzung nach § 42 Abs. 2 Satz 1 GKG vorzugswürdig erscheint (LAG München aaO).
12
3. Den Antrag zu 2 hat das Arbeitsgericht ebenfalls zutreffend mit 5.000,- € entsprechend Ziffer II.16 des Streitwertkatalogs mit dem Hilfswert des § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG bewertet. Wird um den betriebsverfassungsrechtlichen Status eines bestimmten Arbeitnehmers gestritten, ist das Begehren des Betriebsrats weder auf Geld noch auf eine geldwerte Leistung gerichtet. Dem Betriebsrat geht es allein darum zu klären, ob ein einzelner Arbeitnehmer in seinen Zuständigkeitsbereich fällt. Die Wahrnehmung betriebsverfassungsrechtlicher Aufgaben hat keinen vermögensrechtlichen Charakter. Der Wertigkeit eines derartigen Statusverfahrens wird regelmäßig dadurch ausreichend Rechnung getragen, dass der Hilfswert des § 23 Abs. 3 Satz 2, 2. Halbsatz RVG in Ansatz gebracht wird (LAG Hamm 28.11.2011 – 10 Ta 627/11 –, Rn. 8 f., juris). Besondere Verfahrensumstände, wie etwa besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten, die eine höhere Bewertung fordern und damit einen höheren Gegenstandswert rechtfertigen, waren im vorliegenden Fall nicht ersichtlich.
C.
13
Die Entscheidung konnte ohne mündliche Verhandlung durch den Vorsitzenden alleine ergehen, § 78 Satz 3 ArbGG.
14
Für eine Kostenentscheidung bestand kein Anlass, da das Beschwerdeverfahren gebührenfrei ist und eine Kostenerstattung nicht stattfindet, § 33 Abs. 9 RVG.