Inhalt

OLG Bamberg, Beschluss v. 19.05.2025 – 2 UF 28/25 e
Titel:

Mutwilligkeit der Rechtsverfolgung

Normenketten:
FamFG § 113 Abs. 1
ZPO § 114
Leitsatz:
Unterlässt ein Beteiligter im erstinstanzlichen Verfahren ihm möglichen erfolgversprechenden Vortrag und unterliegt deshalb, ist das von ihm hiergegen mit nunmehr erstmals nachgeholter erfolgversprechender Begründung geführte Rechtsmittelverfahren mutwillig veranlasst, so dass hierfür keine Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen ist. (Rn. 6)
Schlagworte:
Mutwilligkeit der Rechtsverfolgung, Verfahrenskostenhilfe, Rechtsverfolgung, erstinstanzliches Verfahren, unterlassener Vortrag, Nachholung, Beschwerdeverfahren, Rechtsmittelverfahren, Mutwilligkeit
Vorinstanz:
AG Forchheim vom 14.05.2025 – 3 F 525/23
Fundstelle:
BeckRS 2025, 10488

Tenor

Der Antrag des Beschwerdeführers vom 14.05.2025 auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird zurückgewiesen.

Gründe

1
Dem Antragsteller und Beschwerdeführer kann Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren nicht bewilligt werden, da seine Rechtsverfolgung im Beschwerdeverfahren als mutwillig einzuordnen ist, §§ 113 Abs. 1 FamFG, 114 ZPO.
2
1. Mutwilligkeit liegt vor, wenn ein verständiger, nicht hilfsbedürftiger Beteiligter bei sachgerechter und vernünftiger Einschätzung der Prozesslage seine Rechte nicht in gleicher Weise verfolgen würde. Aus der gemäß Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG verfassungsrechtlich gewährleisteten weitgehenden Rechtsschutzgleichheit folgt, dass der mittellose Beteiligte nur einer solchen „normalen“ Partei gleichgestellt werden muss, die ihre Prozessaussichten vernünftig abwägt und dabei auch das Kostenrisiko berücksichtigt. Es ist nicht Zweck der Prozesskostenhilfe, auf Kosten der Allgemeinheit bedürftigen Personen Prozesse zu ermöglichen, die ein wirtschaftlich leistungsfähiger Beteiligter bei vernünftiger und sachgerechter Einschätzung der Sach- und Rechtslage nicht führen würde (st. Rspr., vgl. BGH, Beschluss v. 09.01.2020, Az. III ZA 18/19, Juris Rn 6 mit weiteren Nachweisen).
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2. Dies ist vorliegend hinsichtlich des vom Antragsteller geführten Beschwerdeverfahrens der Fall. Den ausweislich der Sitzungsniederschrift im Beschwerdeverfahren vom 15.05.2025 erzielten Teilerfolg bezüglich der geltend gemachten Abänderung der Unterhaltsvereinbarung vom 20.04.2022 hätte der Antragsteller bei sachgerechtem Vortrag bereits erstinstanzlich erreichen können.
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a) An dem für die Zulässigkeit eines Abänderungsantrags erforderlichen Vortrag zur Darstellung der Vergleichsgrundlage gemäß § 239 Abs. 1 S. 2 FamFG hat es erstinstanzlich gefehlt, trotz mehrfacher rechtlicher Hinweise des Erstgerichts und Beschwerdeentscheidung im Verfahren 2 WF 50/24e. Auch mit Beschwerdeschrift vom 28.01.2025 wurden die Versäumnisse nicht nachgeholt. Dies geschah – in ausreichendem Umfang – erst auf Hinweis des Beschwerdegerichts vom 04.02.2025 mit Schriftsatz vom 14.03.2025. Durch entsprechenden Vortrag bereits im erstinstanzlichen Verfahren hätte der Antragsteller die Zurückweisung seines Abänderungsantrags verhindern und damit das Beschreiten eines weiteren Rechtszugs vermeiden können. Hierbei muss sich der Beschwerdeführer etwaiges Verschulden seines Verfahrensbevollmächtigten gemäß §§ 113 Abs. 1 FamFG, 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen.
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b) Möglichen Sachvortrag trotz gerichtlicher Hinweise erstinstanzlich zu unterlassen und ihn nach Antragsabweisung auf ein Beschwerdeverfahren zu verschieben, entspricht nicht der Vorgehensweise eines Beteiligten, der sein Verfahren auf eigene Kosten führt. Dies wird auch deutlich in der Kostenregelung aus §§ 68 Abs. 3 S. 1, 113 Abs. 1 FamFG, 97 Abs. 2 ZPO, wonach im Rechtsmittelverfahren dem Rechtsmittelführer die Kosten ganz oder zum Teil aufzuerlegen sind, wenn er aufgrund neuen Vorbringens obsiegt, welches er im früheren Rechtszug geltend zu machen imstande gewesen ist. Entsprechend hat der Antragsteller auf Hinweis des Senats die Kosten des Beschwerdeverfahrens übernommen (vgl. Ziffer 2 der Vereinbarung vom 15.05.2025).
6
Ein Verschieben des erstinstanzlich notwendigen und möglichen Vortrags in die Beschwerdeinstanz stellt ein mutwilliges Verhalten dar, für welches Verfahrenskostenhilfe nicht bewilligt werden kann (vgl. OLG Köln, 17.08.2018, 10 UF 35/18, Juris Rn 9 mit weiteren Fundstellen sowie Senatsbeschluss vom 14.02.2023, 2 WF 216/22, FamRZ 2023, 1303 zum vergleichbaren Fall eines angestrebten Abänderungsverfahrens gemäß § 240 FamFG, nachdem der Einwand fehlender Leistungsfähigkeit im vereinfachten Unterhaltsverfahren nicht vorgebracht worden ist).